Mit Vollgas in die Krise - Verband der Privaten Krankenversicherung

Transcrição

Mit Vollgas in die Krise - Verband der Privaten Krankenversicherung
Risiko
Semesterstart
Qualitäts-Check
Krankenversicherungen
aus dem europäischen
Ausland bringen viele
Unsicherheiten mit sich
Eine Private Krankenversicherung ist eine
interessante Alternative
für Studienanfänger
Das ZQP hat deutschsprachige Pflegeleitlinien und -standards
vergleichen lassen
Ausgabe 2 | März 2014
Das Magazin des
Verbandes der Privaten
Krankenversicherung e.V.
Mit Vollgas in die Krise
Eine neue Studie zeigt gravierende
Folgen des demografischen Wandels für die Gesetzliche Krankenversicherung
EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,
das Jahr 2013 hat die Private Krankenversicherung vor große Herausforderungen
gestellt. Das lag nicht nur am Bundestagswahlkampf, der mit einer Grundsatzdiskussion über die Zukunft des deutschen
Gesundheitssystems einherging und damit
viele Menschen verunsicherte. Auch der
Auftrag des Gesetzgebers, eine staatlich
geförderte Pflegezusatzversicherung einzuführen, und die Pflicht zur Kalkulation
von geschlechtsunabhängigen Tarifen waren für die Branche ein wahrer Kraftakt.
Volker Leienbach, Direktor des Verbandes
der Privaten Krankenversicherung e.V.
Die nun vorliegenden Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr zeigen, dass die
Private Krankenversicherung all diese
Herausforderungen gut meistern konnte.
Denn das Neugeschäft hat auch im Jahr
2013 insgesamt deutlich zugenommen:
Mit 32,43 Millionen Versicherungen gab
es in der Voll- und Zusatzversicherung
zusammen rund 400.000 Verträge mehr
als im Vorjahr.
Allein die Zahl der Pflegezusatzversicherungen stieg um 24,1 Prozent auf rund
2,7 Millionen Verträge an. Davon entfielen mehr als 350.000 Abschlüsse auf die
staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung. Das ist vor allem deswegen beachtlich, weil dieses Vorsorgeprodukt erst zu
Jahresbeginn eingeführt wurde. Diese
Zahlen belegen, dass die Menschen dem
System der PKV vertrauen und die Probleme der demografischen Entwicklung
erkannt haben.
gerversicherung“ – hat viele potenzielle
Kunden verunsichert und zu einer abwartenden Haltung geführt.
Zudem sind immer mehr Menschen durch
eine Pflichtversicherung an die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gebunden, dürfen also gar nicht in eine private
Vollversicherung wechseln. So gab es laut
Statistischem Bundesamt 2013 gegenüber dem Vorjahr rund 65.000 weniger
Selbstständige, die ja bekanntlich unabhängig von ihrem Gehalt in die PKV wechseln können. Gleichzeitig befanden sich
fast 300.000 Menschen mehr in einem
abhängigen Beschäftigungsverhältnis –
die meisten davon mit einem Einkommen
unter der Versicherungspflichtgrenze.
Zudem wurde diese Grenze in den Jahren 2012 und 2013 mit jeweils rund 2,7
Prozent recht deutlich angehoben: Wer
heute als Arbeitnehmer zur PKV wechseln
will, muss 2.700 Euro im Jahr mehr verdienen als noch 2012.
Doch trotz dieser Entwicklung zeigen die
Zahlen ein ungebrochenes Interesse der
Menschen an der PKV. Das belegt nicht
zuletzt die langfristige Entwicklung: Mit
8,89 Millionen Menschen gab es Ende
2013 rund 780.000 mehr Vollversicherte
als 10 Jahre zuvor. Die Private Krankenversicherung ist und bleibt damit eine
begehrte Alternative zum Einheitsschutz
in der GKV.
Mit freundlichen Grüßen, Ihr
In der Krankenvollversicherung verzeichnete die PKV hingegen einen Rückgang
um rund 66.000 Personen. Das verwundert nicht, denn die Diskussion über
die Zukunft des Gesundheitssystems im
Bundestagswahlkampf – Stichwort „Bür-
Impressum ISSN 0176-3261
Volker Leienbach
PKV publik | Ausgabe 2 | März 2014
Herausgeber Verband der Privaten
Krankenversicherung e.V.
Postfach 51 10 40 · 50946 Köln
Gustav-Heinemann-Ufer 74 c · 50968 Köln
Telefon (0221) 99 87-0 · Telefax -39 50
www.pkv.de · [email protected]
Erscheinungsweise 10 Ausgaben / Jahr
Verantwortlich Dr. Volker Leienbach
Redaktion Stephan Caspary, Stefan Reker,
Anne Timm, Jens Wegner
Weitere Autoren Dirk Lullies, Gerd Nettekoven,
Nina Schultes
Fotos Getty Images: L. Hawker, WholeGrainPhotography.net; Chris Ryan; Jon Schulte; STasker /
Plain Picture: D. Wein
Verlag Versicherungswirtschaft GmbH
Klosestr. 20-24 · 76137 Karlsruhe
Druckerei Rotadruck, Berlin
Abonnementpreis Jährlich 11,00 Euro
inkl. Versand und MwSt.
Nachdruck der Texte nach Absprache
Nächste Ausgabe am 15.04.2014
I N H A LT
Eine Studie des Kieler Gesundheitsökonomen Prof. Fritz Beske
zeigt einmal mehr, dass die jüngere Generation durch die
Alterung der Bevölkerung später extrem hohe Belastungen
schultern muss.
4
In dieser Ausgabe
Mit Vollgas in die Krise
4
Studie: Die demografische Entwicklung hat gravierende
Folgen für die Gesetzliche Krankenversicherung
Spiel mit dem Feuer
8
Mit Versicherungspolicen aus anderen europäischen
Staaten erweisen sich die Kunden einen Bärendienst
Gelegenheit für Studenten
10
Die Private Krankenversicherung ist eine interessante
Alternative für Studienanfänger
8
Weniger Sicherheit: Krankenversicherungen aus dem EU-Ausland
Qualitäts-Check12
Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) hat Pflegeleitlinien und -standards vergleichen lassen
Meldungen14
Mehr Sicherheit für Prostatakrebs-Patienten
15
Ein Gastbeitrag von Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe e. V.
13
10
Entscheidung zu Studienbeginn: Privat oder gesetzlich versichern?
PKV publik | März 2014
3
TITEL
Mit Vollgas in die Krise
Eine neue Studie zeigt gravierende Folgen des demografischen
Wandels für die Gesetzliche Krankenversicherung
Wenn man auf einen Abgrund zufährt, ist es im Allgemeinen wenig
hilfreich, einfach wegzuschauen. Doch
so ähnlich handelt die Bundesregierung
mit Blick auf die künftige Finanzierung
der Gesundheitsleistungen. Und schlimmer noch: Sie tritt sogar aufs Gaspedal.
Denn obwohl die alternde Gesellschaft
die Gesetzliche Krankenversicherung
(GKV) und Soziale Pflegeversicherung
zunehmend vor Herausforderungen
stellt, für die deren demografieanfällige
Finanzierungsweise keine Lösung bietet,
verweigert sich die Bundesregierung den
nötigen Reformen – mit drastischen Folgen für alle Versicherten.
Diesen Vorwurf erhebt der renommierte
Gesundheitsökonom Prof. Fritz Beske in
seinem neuesten Buch mit dem Titel „Gesundheitsversorgung von morgen“. Der
Wissenschaftler führt darin aus, welche
4
Auswirkungen der demografische Wandel auf die künftige Zusammensetzung
des Versichertenkollektivs in der Gesetzlichen Krankenversicherung hat und
auf welche Weise das System auf diese
Veränderungen reagieren muss. Beskes
Fazit: „Der Zeitpunkt, an dem das Dach
einstürzt, ist nicht mehr weit von uns
entfernt.“
Genau das ist angesichts des demografischen Wandels in Deutschland zu erwarten. Während heutzutage knapp drei
Erwerbstätige auf eine Person im nicht
mehr erwerbsfähigen Alter kommen,
wird es 2060 nur noch ein Erwerbstätiger sein.
Nach Prognosen des Statistischen Bundesamtes wird die Bevölkerung in Deutschland bis zum Jahr 2060 um etwa 17 MilDenn in der GKV tickt systembedingt eine
lionen Menschen abnehmen. Besonders
Zeitbombe: Ihre sogenannte Umlagefinanzierung ist darauf angewiesen, dass
stark sinkt dabei der Anteil der 20- bis
66-Jährigen an der Bevölkerung – also
die Erwerbstätigen die Kosten der älteren
und dann häufig
genau derjenigen
„Der Zeitpunkt, an dem das
kränkeren VersiAltersgruppe, die
Dach einstürzt, ist nicht mehr
cherten mittragen.
als Erwerbstätige
Je weniger Erdie Sozialversicheweit von uns entfernt.“
werbstätige und je
rungen zum Großteil finanziert. Während es also künftig
mehr Ältere und Kränkere es gibt, umso
teurer wird es somit für die Erwerbstätiimmer weniger Netto-Zahler in der GKV
geben wird, steigt die Zahl derjenigen, die
gen – die Folge sind höhere Beiträge oder
im Alter höhere Leistungen in Anspruch
Leistungskürzungen für alle.
März 2014 | PKV publik
TITEL
Bleibt das Gesundheitswesen wie es ist, müssen Kassenpatienten mit starken Leistungskürzungen rechnen. Die Lösung liegt
in mehr privater Vorsorge.
nehmen: Bis 2060 wird es etwa fünf Millionen Deutsche mehr in einem Alter von
67 Jahren und höher geben. Grund für
die alternde Bevölkerung ist nicht nur die
geringe Geburtenrate, sondern auch die
steigende Lebenserwartung.
bis 2060 auf bis zu 19,3 Prozent steigen.
Eine jährliche Kostensteigerung von zwei
Prozent mit eingerechnet, würde der
Beitragssatz rechnerisch sogar eine astronomische Höhe von bis zu 52 Prozent
erreichen.
Infolgedessen nimmt auch die Zahl der
altersbedingten Krankheiten zu. Beske
zufolge steigt beispielsweise die Zahl der
jährlichen Herzinfarkte bis 2050 um 75
Prozent, die Zahl der Schlaganfälle um 62
Prozent; Krebs- und Demenzerkrankungen werden ebenfalls stark zunehmen.
Damit wachsen auch der Versorgungsbedarf und die entsprechenden Kosten.
Ein solcher GKV-Beitragssatz ist natürlich vollkommen illusorisch. Beske geht
daher davon aus, dass es stattdessen zu
Der Rat des Wissenschaftlers an die gegravierenden Leistungskürzungen in der
setzlichen Kassen lautet also: verzichten lernen. Die von
GKV kommen wird.
SPD, Grünen und
Wegen der zu erwarDie konjunkturbedingten
Linkspartei in ihren
tenden Widerstände
GKV-Überschüsse werden
Wahlprogrammen
in der Bevölkerung
sich in ein Milliardendefizit
befürchtet er allergeforderte Bürgerverwandeln.
dings, dass die Poliversicherung bietet
tik die konkrete Umsetzung dieser Spardagegen keine Lösung für das demografimaßnahmen den einzelnen Ärzten und
sche Dilemma der Gesetzlichen Krankenversicherung: „Kein einziger gesetzlich
Krankenkassen überlassen könnte.
Versicherter wird dadurch eine bessere
Versorgung erhalten, dass zehn Prozent
Eine solche „ungeordnete“ Rationierung
der Bevölkerung die Private Krankenvervon Leistungen wäre die „ungerechteste,
sicherung entzogen wird“, so Beske.
unsozialste und unsolidarischste Anpassung des Leistungskatalogs der GKV an
begrenzte Mittel“, die es geben könne,
Im Gegenteil: Statt zu kürzeren Warwarnt Beske. Statt jedem einzelnen Arzt
tezeiten für Kassenpatienten dürfte es
Die Folge: Die aktuellen, konjunkturbedingten Überschüsse der Gesetzlichen
Krankenversicherung werden sich in den
kommenden Jahrzehnten unausweichlich in ein immer größer werdendes Milliardendefizit verwandeln. Selbst wenn
es keine Kostensteigerungen durch den
medizinischen Fortschritt gäbe – was absolut unrealistisch ist –, müsste der GKVBeitragssatz nach Beskes Berechnungen
PKV publik | März 2014
die Entscheidung zu überlassen, welche
Leistung im Einzelfall gewährt wird, sieht
er die Politik in der Pflicht, die GKV-Leistungen den künftig knapper werdenden
Kassen anzupassen und beispielsweise
die beitragsfreie Familienversicherung
oder Präventionsleistungen in der GKV
abzuschaffen.
5
TITEL
in diesem Fall eher dazu kommen, dass
künftig alle Patienten noch länger warten
müssen. Denn die Erfahrung aus anderen
Ländern zeigt: In Einheitssystemen entsprechen die Leistungen oft nur noch einer reinen Grundversorgung auf niedrigem Niveau. Den gesetzlich Versicherten
würde eine solche Radikalreform einen
Bärendienst erweisen. Jenseits aller ideologischen Schaukämpfe sieht daher auch
der Koalitionsvertrag von Union und SPD
keine Veränderungen an der Dualität von
Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung vor.
Genauso töricht wie in der Krankenversicherung wäre es auch in der Pflegeversicherung, rein auf die schwächelnde Umlagefinanzierung zu setzen. Denn auch
hier wird der demografische Wandel unausweichlich zu einer Kostenexplosion
führen, die das Finanzierungssystem der
Sozialen Pflegeversicherung nicht abfedern kann.
Beske warnt: Bis zum Jahr 2060 wird sich
die Zahl der Pflegebedürftigen auf rund
4,5 Millionen annähernd verdoppeln.
Da die Gesamtbevölkerung gleichzeitig im selben Zeitraum erheblich sinkt,
6
springt der Anteil der Pflegebedürftigen
zur Sozialen Pflegeversicherung (SPV)
an der Bevölkerung von derzeit 2,9 auf
soll steigen, um Leistungsverbesserundann 7 Prozent. Besonders stark wird dagen zu finanzieren und um einen neuen
bei die Zahl der Schwer- und Schwerst­
Pflegebedürftigkeitsbegriff umzusetzen.
Jede Erhöhung
pflegebedürftigen
zunehmen – also
des SPV-BeitragsDie geplante Rücklage in der
satzes weitet aber
die besonders ausSozialen Pflegeversicherung
das demografiegabenintensiven
ist nicht einmal ein Tropfen
anfällige UmlaFälle.
auf den heißen Stein.
geverfahren aus
Je mehr Pf legeund bildet damit
letztlich Schulden zu Lasten kommender
bedürftige es künftig gibt, umso mehr
Generationen.
steigt auch der Bedarf an Pflegern und
Pflegeheimplätzen. Deren Zahl muss sich
Auch die von der Bundesregierung gebis 2060 ebenfalls verdoppeln, wenn die
plante Kapitalrücklage in der Sozialen
Bürger auf dem bestehenden Niveau weiter versorgt werden sollen. Als Ergebnis
Pflegeversicherung kann nach Beskes
Einschätzung dieses grundlegende Fidürften die Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung von 19,7 auf 41,6 Millinanzierungsproblem nicht lösen. Angearden Euro klettern, ohne dass es auch
sichts der zu erwartenden Kostenexplosion sei sie „nicht einmal der Tropfen auf
nur eine einzige Leistungsverbesserung
gäbe. Es wäre sogar fatal, warnt Beske,
den heißen Stein“.
„die Ansprüche an die Versorgung Pflegebedürftiger auszuweiten... und nicht
Darüber hinaus besitzt der geplante
mit auch nur einem Gedanken zu berück„Pflegevorsorgefonds“ einen grundsätzlisichtigen, wie diese Ansprüche erfüllt
chen Konstruktionsfehler: Eine staatliche
werden können“.
Kapitalreserve ist niemals vor der Gefahr
einer Zweckentfremdung sicher. Das beweisen schon die aktuellen KoalitionsUnion und SPD haben nun in ihrem Koalitionsvertrag verabredet: Der Beitragssatz
pläne zu Lasten der Reserven der Renten-
März 2014 | PKV publik
TITEL
versicherung. Die „Fonds“-Pläne zeugen
daher zwar von der richtigen Erkenntnis,
dass die Umlagefinanzierung der Pflegeversicherung an ihre Grenzen stoßen
wird und deswegen mehr finanzielle
Vorsorge nötig ist. Aber das Instrument
ist falsch. Nur privatrechtlich garantierte
Eigentumsansprüche können eine langfristige Vorsorge sichern.
her, noch mehr Menschen und Leistungen kapitalgedeckt abzusichern.
die Große Koalition zum einen die außerordentliche Anhebung der Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeitnehmer rückgängig machen und die Grenze wieder auf
das Niveau der Beitragsbemessungsgrenze absenken.
In der Pflegeversicherung hat der Gesetzgeber das bereits erkannt und die
Branche 2013 mit der Einführung einer
staatlich geförderten PflegezusatzverErforderlich ist darüber hinaus auch eine
sicherung betraut. Das große Interesse
klare Trennung zwischen den Grundder Menschen an diesem neuen Vorsorgeprodukt zeigt, dass viele Bürger die ableistungen einer Sozialversicherung und
Aus diesem Grund sollte die Bundesresehbaren Probleme der demografischen
höherwertigen Leistungen, wie sie in
Zusatzversicherungen angeboten wergierung in der Pflege- wie in der KranEntwicklung bereits erkannt haben und
selbst Vorsorge treffen: Allein im ersten
kenversicherung auf einen Ausbau der
den. Solche Zusatzversicherungen sollte
Jahr wurden über
kapitalgedeckten
es wie früher nur noch kapitalgedeckt in
„Mehr als schöne Reden
Absicherung setder Privaten Krankenversicherung geben
350.000 Verträge
brauchen die Erkrankten ein
zen. Denn das ist
dürfen – und nicht mehr als sogenannte
der staatlich geförsolide finanziertes System.“
derten
Pf
legezudas beste Mittel,
der umlagefinanzierten gePflegezusatzversicherungenWahltarife
im Aufwind
um unser Gesatzversicherung
setzlichen
Kassen.
Nachfrage wächst stetig, Verbreitung aber noch immer gering
sundheitswesen auf die Folgen des deabgeschlossen. Aber auch eine klassische
Pflegezusatzversicherung
haben im ver- ...Die
Private Krankenversicherung steht
mografischen Wandels vorzubereiten.
79 Mio. Pflegepflichtversicherte,
Pflegezusatz-Verträge
gangenen
174.100
Menschen
neu
für
kapitalgedavonJahr
haben
2013 nur
...
(ineinen
Mio.) solchen Ausbau der2,7
Anders als in GKV und SPV sind die Beideckten Vorsorge bereit.
abgeschlossen. Mit 527.500 Policen ins2,2 In Zeiten des
1,9
träge in der Privaten Kranken- und Pflegesamt verzeichnete die Pflegezusatz- 2,0 demografischen Wandels
ist sie nicht Teil
1,7
3,4 %
des1,5
Problems, sondern der Lösung. Oder
geversicherung generationengerecht: Sie
versicherung damit einen Wachstums1,5
sprung von 24,1­Prozent. Das ist zwar
um es mit Beskes Worten zu sagen: „Mehr
sind schon bei Vertragsbeginn so kalkuliert, dass sie Vorsorge für die steigenden
eindrucksvoll, darf aber nicht darüber 1,0 als schöne Reden und Verständnis brauhinwegtäuschen, dass insgesamt erst 0,5 chen die Erkrankten ein entsprechend
Gesundheitskosten der älter werdenden
Versicherten treffen. Kurz gesagt: In der
3,4 Prozent der Pflegepflichtversichersolide finanziertes System.“
ten eine zusätzliche Vorsorge für eine im
PKV sorgt jede Versichertengeneration
2009 2010 2011 2012 2013
Pflegefall drohende Finanzierungslücke
für sich selbst vor und belastet nicht die
Quelle:haben.
PKV
Davon
353.400 Verträge mit staatlicher
Förderung
getroffen
Generationen ihrer Kinder und Enkel.
Eine
Zusammenfassung
der Studie
„Gesundheitsversorgung von morgen“ von Prof. Fritz
Dabei wird das Geld der Versicherten
Beske finden Sie im Internet unter: Zur Stärkung der kapitalgedeckten Vornicht nur durch den Zinseszinseffekt
www.dggpp.de/docs/presse/PM_Beske_
sorge in der Krankenversicherung sollte
vermehrt, sondern es ist auch vor einer
lang_120214.pdf
späteren Zweckentfremdung durch den
Staat sicher.
Mit ihrer kapitalgedeckten Vorsorge vermindert die Private Krankenversicherung
daher den Druck auf die umlagefinanzierte GKV und stärkt die Nachhaltigkeit
des gesamten Systems. Bislang haben die
Privatversicherten eine Demografie-Reserve von rund 182 Milliarden Euro
aufgebaut. Ungeachtet aller Eurokrisen
wächst dieser Kapitalstock von Jahr zu
Jahr weiter. Das nutzt auch der gesamten
Volkswirtschaft, da ihr damit mehr Kapital für Investitionen zur Verfügung steht.
Je weiter der demografische Wandel voranschreitet, umso wichtiger wird es da-
PKV publik | März 2014
Pflegezusatzversicherungen im Aufwind
Nachfrage wächst stetig, Verbreitung aber noch immer gering
Pflegezusatz-Verträge
2,5
2,0
1,5
Davon 353.400 Verträge
mit staatlicher Förderung
2,7
2,2
Mio.
3,4 %
Mio.
1,0
0,5
2012
Das sind aber gerade einmal ...
2013
der 79 Mio.
Pflegepflichtversicherten
Quelle: PKV
7
INTERVIEW
Spiel mit dem Feuer
Mit Versicherungspolicen aus anderen europäischen
Staaten erweisen sich die Kunden einen Bärendienst
Helga W. ist 50 Jahre alt. Obwohl
die Gesundheitskosten in Deutschland seit Jahren nur langsam steigen,
wird ihre Krankenversicherung jedes
Jahr deutlich teurer. Denn anders als
in Deutschland üblich, ist ihre private
Krankenversicherung ohne Alterungsrückstellungen kalkuliert. Bald wird sich
Helga W. die Beiträge nicht mehr leisten
können. Sie würde ihren Versicherer
gern um einen günstigeren Tarif bitten,
hat aber kein Tarifwechselrecht. Außerdem spricht sie die Geschäftssprache des
Unternehmens nicht. Als sie dann auch
noch an Krebs erkrankt, kündigt ihr der
Versicherer – und die schwerkranke Frau
hat plötzlich gar keinen Schutz mehr.
Dieses Schicksal ist fiktiv, aber leider
nicht unrealistisch. Denn einige Vermittler nutzen die Niederlassungs- und
Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union für ein fragwürdiges Geschäftsmodell aus: Sie vertreiben Kran-
8
kenversicherungen aus anderen Staaten
der Europäischen Union (EU) und des
Europäischen Wirtschaftsraums (EWR).
Die Policen wirken zwar zunächst recht
günstig, bieten aber nicht die gesetzlich
festgeschriebenen Verbraucherrechte für
Privatversicherte in Deutschland.
Die Vermittler berufen sich dabei auf das
Herkunftslandprinzip in der europäischen Versicherungsaufsicht. Es besagt,
dass ein Versicherer, der in seinem Heimatland zum Geschäftsbetrieb zugelassen ist, auch in allen anderen Mitgliedsund Vertragsstaaten der EU und des EWR
ohne neues Zulassungsverfahren tätig
sein darf. Dadurch hat er bereits eine wesentliche Vorgabe des Versicherungsvertragsgesetzes erfüllt, damit seine Produkte der deutschen Pflicht zur Versicherung
genügen.
Aus Sicht des PKV-Verbandes kann das
aber kein Freibrief sein: In Gänze be-
trachtet erfüllen die angebotenen Policen
nämlich keineswegs die Pflicht zur Versicherung. Denn sie verstoßen in ihrer
konkreten Ausgestaltung sowohl gegen
das Versicherungsvertragsgesetz als auch
gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz.
Anders als für eine private Krankenvollversicherung nach deutschem Recht
zwingend vorgeschrieben, bilden die
ausländischen Produkte in aller Regel
keine Alterungsrückstellungen, um die
Versicherten davor zu bewahren, dass
ihr Versicherungsbeitrag im Alter allein
dadurch stark ansteigt, dass ältere Menschen mehr medizinische Leistungen in
Anspruch nehmen als jüngere. Denn diese Produkte sind oft nach Art der Schadens- und nicht der Lebensversicherung
kalkuliert. Die Folge: Gerade im fortgeschrittenen Alter, wenn das Einkommen
der meisten Versicherten als Rentner
oder Pensionäre zurückgeht, werden die
Beiträge explodieren – und das selbst
März 2014 | PKV publik
KRANKENVERSICHERUNG
Manche Vermittler verkaufen Produkte aus anderen europäischen
Staaten als Alternative zur deutschen Krankenversicherung. Davor
muss dringend gewarnt werden.
wenn die Gesundheitskosten in Deutschland wider Erwarten nicht weiter steigen
sollten.
surdum geführt. Auch das ist ein schwerer Verstoß gegen die Vorschriften des
Versicherungsvertragsgesetzes.
„Wer einen solchen Tarif abschließt, wird
leider mit hundertprozentiger Sicherheit
irgendwann die Rechnung dafür zahlen
müssen“, analysiert der Geschäftsführer Recht im PKV-Verband, Dr. Florian
Reuther.
Vor solchen rechtlichen Gefahren müssen die Verbraucher aus Sicht des PKVVerbandes unbedingt geschützt werden.
Darüber hinaus gibt es noch andere große Nachteile, die gegen den Abschluss
einer Krankenversicherung aus anderen
EU- und EWR-Staaten sprechen:
Wenn die Versicherten ihren Vertrag
So können sich die Versicherten weder
dann überhaupt noch besitzen: Anders
darauf verlassen, dass jede Beitragserhöals nach deutschem Recht ist das ordentliche Kündigungsrecht des Versichehung wie in Deutschland vorgeschrieben
rungsunternehmens
nur auf nachgewieDas Solidarprinzip einer
senen Kostensteibei ausländischen
Krankenversicherung
wird
Produkten nic ht
gerungen beruhen
zwangsläufig verbodarf, noch darauf,
ad absurdum geführt.
dass diese stets von
ten. Sofern es keine
einem unabhängigen Treuhänder geprüft
anderslautende Regelung im konkreten
Vertrag gibt, kann die Versicherung die
werden muss. Sie müssen außerdem auf
ein gesetzliches Tarifwechselrecht verPolice also kündigen – beispielsweise
zichten und haben keinen Anspruch dawenn der Versicherte aus Sicht des Unternehmens zu hohe Kosten verursacht.
rauf, im Fall der finanziellen Überforderung in Sozialtarife ihres Unternehmens
Damit wird das Solidaritätsprinzip
wie den Standard- oder Basistarif wecheiner Krankenversicherung – die Gesunden zahlen für die Kranken – ad abseln zu können.
PKV publik | März 2014
Darüber hinaus kann für Versicherungsverträge aus dem EU-/EWR-Raum in
der Regel kein Arbeitgeberzuschuss
verlangt werden. Auch die gesetzlichen
Beratungs- und Informationspflichten –
beispielsweise im Fall einer Beitragserhöhung – greifen für die ausländischen
Policen nicht.
Kommt es zu Konflikten mit der Versicherung, etwa über die Frage der Kostenerstattung, ist den Versicherten der
Gang zum PKV-Ombudsmann als kostenlose und neutrale Schlichtungsstelle
verwehrt. Vielen von ihnen dürfte aber
die Fremdsprachenkompetenz fehlen,
um komplexe medizinische oder rechtliche Sachverhalte mit dem ausländischen
Versicherer zu erörtern.
„Unabhängig von der Rechtslage kann
jeder Makler seinen Kunden daher mit
gutem Gewissen eigentlich nur zum Abschluss einer PKV nach deutschem Recht
raten“, resümiert Reuther. „Ansonsten
droht ihnen mit Sicherheit ein böses Erwachen – und das nicht zwangsläufig
erst im Alter.“
9
Gelegenheit für Studenten
Die Private Krankenversicherung ist eine
interessante Alternative für Studienanfänger
Im April beginnt deutschlandweit das neue Sommersemester.
Für viele Studienanfänger heißt es dann
zum ersten Mal, in eine andere Stadt ziehen, neue Menschen kennenlernen und
an der Universität vielleicht zum ersten
Mal etwas studieren, was einem wirklich
liegt. Dieser Übergang von der Schulzeit
zum Studium ist eine wichtige Zäsur im
Leben.
Auch das Sozialgesetzbuch macht beim
Übertritt in diese neue Lebensphase einen Schnitt: Wer in Deutschland ein
Studium aufnimmt, ist versicherungspflichtig in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Doch was viele nicht
wissen: Von dieser Pflicht kann man sich
befreien lassen und die Vorzüge einer
Privaten Krankenversicherung genießen.
Denn in der Regel weist keine Krankenkasse und auch keine Hochschule den
Studienanfänger darauf hin, dass er sich
entscheiden kann, ob er sich privat oder
gesetzlich versichern möchte.
10
ermöglichen es viele Krankenversicherer
Dass sich diese Abwägung jedoch lohnt,
dem einmal Versicherten, direkt nach
zeigt ein genauerer Blick auf die Versicherungsangebote in der Privaten KrankenStudienende in einen PKV-Normaltarif
versicherung. Denn neben den normalen
zu wechseln oder auf Wunsch mit einer
Tarifen für Berufstätige gibt es spezielle
Anwartschaftsversicherung auch später
Ausbildungs- und Studententarife. Mehohne erneute Gesundheitsprüfung dortrere Unternehmen ermöglichen zudem
hin zurückzukehren.
die Absicherung in der Privaten StudenDiese einmalige Chance, die Private
tischen Krankenversicherung (PSKV),
Krankenversicherung besser kennen zu
einem einheitlichen Studententarif. Diesem wie auch den unternehmensindivilernen, sollten sich gerade diejenigen
duellen Ausbildungs- oder Studententanicht entgehen lassen, die bisher noch
rifen liegt in der
nicht privat krankenversichert waren.
Regel eine besonDie Beiträge wurden für
ders günstige KalDenn der Gesetzgealle Altersstufen gesenkt.
kulation zugrunde.
ber hat für die Zeit
Trotzdem bieten sie ein Leistungsspektnach dem Studienende weit höhere Hürrum, das fast überall über dem in der Geden aufgestellt, um sich privat versichern
setzlichen Krankenversicherung liegt.
zu dürfen. Die Studienzeit ist damit eine
sehr gute Möglichkeit, die Private KranMit nur wenigen Euro mehr im Monat als
kenversicherung für eine überschaubare
in der Studentischen KrankenversicheZeit auszuprobieren.
rung der GKV hat man damit Anspruch
auf den höheren Leistungsumfang in der
Im Ernstfall die beste Behandlung zu bePrivaten Krankenversicherung. Zudem
kommen, das ist mit der PSKV finanziell
März 2014 | PKV publik
KRANKENVERSICHERUNG
Was viele nicht wissen: Studienanfänger können sich von der Pflicht
zur Versicherung in der Gesetzlichen Krankenversicherung befreien
lassen. Damit können sie schon früh die Vorteile einer Privaten Krankenversicherung erproben.
keineswegs eine Überforderung. Erst zu
diesem Jahr wurden die Beiträge über
alle Altersstufen gesenkt. So zahlen Studienanfänger bis zum 25. Lebensjahr
künftig monatlich nur noch 76,50 Euro
(statt bisher 87,30 Euro). Studierende
im Alter von 25 bis 29 Jahren können
sich für 99,50 Euro versichern (bisher
104,40 Euro). Und für die 30- bis 34-Jährigen werden lediglich 91,60 Euro fällig
(bisher 110,50 Euro). BAföG-Empfänger
erhalten zudem einen Zuschuss von 62
Euro.
Jeder, der krankenversicherungspflichtig ist, muss darüber hinaus eine
Pflegeversicherung abschließen. Das
gilt natürlich auch für Studierende.
In der Privaten Krankenversicherung
zahlt man dafür monatlich 8,37 Euro –
BAföG-Empfänger bekommen zu diesem
Betrag aber auch in der Privaten Krankenversicherung einen Zuschuss. Sich
als Student für die Private Krankenversicherung zu entscheiden, fällt demnach
gegenüber der Gesetzlichen Krankenversicherung finanziell kaum ins Gewicht
PKV publik | März 2014
– mit Sicherheit aber in der Qualität der
Versorgung.
Allerdings stellt sich diese Überlegung
nicht jedem Studenten gleich zu Beginn.
Wer zum Beispiel bisher über die Familienversicherung gesetzlich versichert
war, bei dem tritt die Versicherungspflicht erst ein, wenn er oder sie das 25.
Lebensjahr überschreitet oder das monatliche Einkommen über 395 Euro liegt
(bei einer geringfügigen Beschäftigung
liegt die Einkommensgrenze bei 450
Euro). In diesem Augenblick sollte jedem
klar sein, dass er oder sie sich keinesfalls
automatisch gesetzlich versichern muss,
sondern ebenso eine Private Krankenversicherung infrage kommt.
Gleiches gilt für das Überschreiten des
14. Fachsemesters und die Vollendung
des 30. Lebensjahres. Wer länger studiert oder älter ist, der kann sich in der
Regel nicht mehr gesetzlich als Student
krankenversichern. Die Private Krankenversicherung ist hier weniger streng
und hat die Altersgrenze heraufgesetzt.
PKV-Info
Private Kranken- und
Pflegepflichtversicherung
Die Alternative für
Studentinnen und Studenten
Studierende können sich zum Beispiel
im einheitlichen Studententarif PSKV bis
zum 34. Lebensjahr krankenversichern.
Weitere Informationen zur PKV für Studentinnen und Studenten finden Sie in unserer
Broschüre im Internet: www.pkv.de/service/
broschueren/verbraucher
11
TITEL
Qualitäts-Check
Das Zentrum für Qualität in der Pflege hat Pflegeleitlinien und -standards vergleichen lassen
Leitlinien und Standards sind in
Pflegeeinrichtungen ein wichtiges
Instrument zur Qualitätssicherung. Sie
geben die Ziele guter Versorgung vor –
etwa bei Fragen zum Wundliegen oder
zum Schmerzmanagement. In Deutschland existiert eine große Zahl dieser pflegerischen Standards und Normen. Diese
unterscheiden sich stark hinsichtlich
ihres Gültigkeitsbereichs, ihrer Verbindlichkeit sowie der methodischen Grundlagen – und somit letztlich in ihrer Güte.
Anlass für das Zentrum für Qualität in
der Pflege (ZQP), in seinem jüngsten Projekt die vorhandenen Qualitätsstandards
im deutschsprachigen Raum zu untersuchen. Das Ergebnis: In Deutschland gibt
es Nachholbedarf bei der Erarbeitung
pflegerischer Standards. Vor allem aber
wird die Perspektive von Betroffenen zu
wenig berücksichtigt.
Das ZQP hat sich zum Ziel gesetzt, die
bestehenden pflegerischen Standards
hinsichtlich ihrer methodischen Grund-
12
Wissenstransfer in die Praxis optimiert
lagen zu beleuchten und aufzuzeigen,
werden. Hier zeige sich, dass ausreichend
wie praxisrelevante Regelungen aussehen sollten, die dem aktuellen Stand der
qualifiziertes Personal eine wichtige Voraussetzung dafür sei, Leitlinien und pfleForschung entsprechen. Oberstes Ziel
ist es dabei, die Qualität im Pflegealltag
gerische Standards tatsächlich umzusetzen. Bereits in der Ausbildung müssten
zu verbessern. Hierzu untersuchten im
daher Aspekte der
Auftrag des ZQP
Eine stärkere
Qualitätssicherung
ausgewiesene ExVerbraucherbeteiligung ist
perten der Univergelehrt werden.
sitäten Witten-HerUnd nicht zuletzt
dringend notwendig.
decke und Halle/
fehlten oftmals die
Saale hunderte von Expertenstandards,
Nachweise, dass Leitlinien und StanLeitlinien und Handlungsempfehlundards tatsächlich die Versorgungspraxis
gen, um erstmalig eine Übersicht für den
verbessern. Dies gelte es zukünftig stärker zu prüfen und sicherzustellen.
deutschsprachigen Raum zu erstellen.
Zudem sollten die QualitätssicherungsinVor allem aber müsse die Patientenperstrumente hinsichtlich ihrer Güte bewertet werden. Das Fazit der Wissenschaftspektive stärker als bisher einbezogen
ler ist hierbei eindeutig: Internationale
werden. Denn: Bleiben die Verbraucher
selbst bei der Erarbeitung von PflegeleitMaßstäbe finden noch nicht genügend
Eingang bei der Entwicklung von Pflegelinien und Standards außen vor, wirkt
standards in Deutschland. Zu wenig besich dies nachteilig aus. So mahnt der
Vorstandsvorsitzende des ZQP, Ralf Suhr,
rücksichtigt werde beispielsweise, dass
dass Qualität nicht über die Köpfe derjeverschiedene Fachrichtungen bei der
Erstellung von solchen Standards zusamnigen hinweg verordnet werden dürfe,
menarbeiten müssen. Zudem müsse der
die durch Qualitätsstandards geschützt
März 2014 | PKV publik
PFLEGE
Eine Untersuchung im Auftrag des Zentrums für Qualität in der
Pflege zeigt: Bei der Erarbeitung pflegerischer Standards wird
die Perspektive der Betroffenen zu wenig berücksichtigt.
werden sollen. Als ein Projektergebnis
legt die Stiftung daher konkrete Empfehlungen für die Praxis vor, wie eine solche
Verbraucher- und Patientenbeteiligung
bei der Leitlinienentwicklung zukünftig
gestaltet werden könnte. Demnach sollen Vertreter von Patienten schon bei der
Themenfindung mit eingebunden werden. Zudem müssten klare Erwartungen an diese Vertreter formuliert sein.
„Unsere Empfehlungen zur Patientenbeteiligung sind ein wichtiger Beitrag zur
Methodenweiterentwicklung und sollten
Eingang finden in die deutschsprachigen
Handbücher zur Leitlinien– und Standardentwicklung“, so Suhr.
Ganz allgemein müsse die Verbraucherperspektive in der Qualitätsbewertung
von Pflege mehr berücksichtigt werden,
so Suhr: „Jede Leitlinie und jeder Standard muss in eine patientenverständliche
Sprache übersetzt werden. Denn nur so
können sich die Betroffenen über das
informieren, was gute Pflege ausmacht.
Jeder soll sich informiert für oder gegen
eine Maßnahme entscheiden können.“
PKV publik | März 2014
Dies sei nicht zuletzt auch ein wichtiger
Beitrag dafür, Autonomie und Lebensqualität pflegebedürftiger Menschen zu
stärken. Die Projektergebnisse wurden
vom Zentrum für Qualität in der Pflege
in einer Online-Datenbank zusammengefasst, die ab April frei zugänglich sein
wird.
Tag der offenen Tür im ZQP
Das ZQP lädt im Rahmen der Berliner Stiftungswoche am 2. April zu einem
Tag der offenen Tür ein. Unter dem Titel „Demenz erleben und verstehen“
informieren das ZQP und die Deutsche Alzheimer Gesellschaft über Symptome, mögliche Therapien und aktuelle Projekte zur rasant wachsenden
Volkskrankheit Demenz. In den Räumen der Stiftung wartet ein abwechslungsreiches Programm auf die Besucherinnen und Besucher.
So können Interessierte an einem „Demenzparcours“ nachempfinden, mit
welchen Schwierigkeiten dementiell erkrankte Menschen ihren Alltag bewältigen müssen. Jede Station vermittelt durch eigenes Erleben, wie es ist,
eine scheinbar einfache Handlung nicht problemlos ausführen zu können.
Auch für pflegende Angehörige bietet der ZQP-Demenztag viele Aufklärungsmöglichkeiten: Am Beratungsstand der Deutschen Alzheimer Gesellschaft
können Kontakte und Informationen ausgetauscht und weitere Beratungsgespräche vereinbart werden. Zudem präsentiert das ZQP ausgewählte Projekte seiner Stiftungsarbeit 2014 - auch zum Schwerpunktthema Demenz.
Einlass ist ab 11 Uhr. Ende um 18 Uhr. Ort: Geschäftsstelle des ZQP, Reinhardtstraße 45, Berlin Mitte. Der Besuch größerer Gruppen müsste vorher
angemeldet werden. Weitere Informationen: www.zqp.de
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MELDUNGEN
Kampagne informiert über die
Pflege-Kompetenz der PKV
Neue Aktion zur Organspende
Der PKV-Verband hat eine neue
Anzeigenkampagne gestartet, mit
der er die Vorzüge der Privaten Krankenversicherung in der Pflege herausstellt:
Mit ihrer nachhaltigen Finanzierung
der Pflegekosten trifft jede Versichertengeneration schon in jungen Jahren
Vorsorge für ihre Kosten im Alter. Damit
helfen die Privatversicherten, die Folgen
des demografischen Wandels für die Ge-
Die Stiftung FÜRS LEBEN setzt
sich mit einer neuen Aktion dafür
ein, dass sich mehr Menschen vorurteilslos mit der Frage nach der Organspende
auseinandersetzen. Die eindringliche
Botschaft lautet: Keiner wartet gerne,
nicht auf den Bus oder Zug und schon
gar nicht auf ein lebensrettendes Organ.
Dafür haben mehrere Menschen, die seit
Jahren auf ein Spenderorgan warten, in
außergewöhnlichen Aktionen an einer
Bushaltestelle, am Flughafen und der
U-Bahn mit der Stiftung FÜRS LEBEN auf
ihre Situation und die der 11.000 Patienten, die auf der Warteliste für ein Spenderorgan stehen, aufmerksam gemacht.
sellschaft abzumildern. Darüber hinaus
trägt die PKV mit ihrem Engagement und
vielen innovativen Ideen zu einer nachweislich besseren Pflege bei. Davon profitieren nicht nur die Privatversicherten,
sondern alle Menschen in Deutschland.
Die Anzeigen unterscheiden sich mit
ihren Kissen-Motiven bewusst von den
sonst üblichen Abbildungen älterer
Menschen beim Thema Pflege. Diese
Andersartigkeit verspricht zum einen
höhere Aufmerksamkeitswerte als die
üblichen Bildmotive der Werbung. Überdies eröffnen die „Kissen“-Motive sowie
die Gestaltung des Mottos „Wir machen
Pflege besser – für alle“ einen neuen Themenzugang, indem sie eine angenehme
Umgebung zeigen und das Thema positiv besetzen. Dies signalisiert auch: Pflege muss kein Angstthema sein, mit guter
Vorsorge und Organisation lässt sich
Pflegebedürftigkeit gut meistern.
Alle Anzeigenmotive und weitere Informationen zur Kampagne finden Sie im Internet: www.wir-machen-pflege-besser.de
Immer mehr Pflegebedürftige sind auf
staatliche Unterstützung angewiesen
Laut Statistischem Bundesamt
muss der Staat für immer mehr
Menschen für die Pflege aufkommen.
Und die Kosten dafür steigen noch stärker als die Zahl der Hilfsbedürftigen.
2012 erhielten in Deutschland 3,8 Prozent mehr Menschen sogenannte „Hilfe
zur Pflege“ als 2011 – insgesamt sind es
rund 439.000 Personen.
Die Sozialhilfe-Träger gaben dafür netto
rund 3,2 Milliarden Euro aus. Das waren
4,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Unterstützung wird Bedürftigen gewährt,
die wegen Krankheit oder Behinderung
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Aus den Aktionen sind Plakatmotive
entstanden, die bis Juni bundesweit an
Bahnhöfen sowie S- und U-Bahn-Stationen zu sehen sind. Ziel der Plakatkampagne ist es, auf die Situation der Wartepatienten aufmerksam zu machen, die vor
dem Hintergrund des aktuellen Rückgangs der Organspenden besonders dramatisch ist. Mit der Kampagne soll den
Patienten auf der Warteliste wieder eine
Stimme gegeben werden.
Weitere Informationen: www.fuers-leben.de
im täglichen Leben auf fremde Hilfe angewiesen sind. Man bekommt sie, wenn
man die Pflegeleistungen nicht selbst bezahlen kann und auch niemand anderes
– etwa die Pflegeversicherung – die Kosten vollständig übernimmt.
Zwei Drittel der Hilfeempfänger im Jahr
2012 waren Frauen. Diese waren mit 79
Jahren im Durchschnitt deutlich älter als
die männlichen Leistungsbezieher mit 68
Jahren. 71 Prozent der Leistungsbezieher
nahmen die Hilfe in Pflegeeinrichtungen
in Anspruch, der Rest wurde ambulant
betreut.
dpa
März 2014 | PKV publik
BLICKWINKEL
GASTBEITRAG
Mehr Sicherheit für Prostatakrebspatienten
Prostatakrebs ist die häufigste bösartige Tumorerkrankung des Mannes: Mehr als 70.000 Männer in
Deutschland erhalten jährlich diese Diagnose. Viele Betroffene müssen sich für eine von vier gängigen Therapiemethoden entscheiden. Welche Behandlung am besten geeignet ist, konnte bislang
jedoch noch nicht geklärt werden. Die PREFERE-Studie soll dies nun ändern und dabei helfen, für
Ärzte und Patienten zukünftig Entscheidungssicherheit zu schaffen. Von Gerd Nettekoven
In der PREFERE-Studie werden
erstmals alle vier gängigen Behandlungsmethoden bei frühen Formen
von Prostatakrebs vergleichend untersucht. Ziel der Studie ist es, in Zukunft
mehr Entscheidungssicherheit für die
betroffenen Patienten und ihre behandelnden Ärzte zu schaffen. Interessiert
sich ein Patient für die Teilnahme an der
Studie, wird er von seinem behandelnden Urologen an eines der teilnehmenden Studienzentren überwiesen.
chirurgische Behandlung des Prostatakarzinoms als auch die beiden verschiedenen Möglichkeiten der Strahlentherapie durchführen zu können. Die Zentren
müssen sich außerdem einem Verfahren
zur Qualitätssicherung unterziehen.
Die Patienten können sich also darauf
verlassen, dass sie im Rahmen der PREFERE-Studie eine optimale Behandlung
erhalten. Ein weiterer Vorteil für die Pa-
Schon jetzt haben sich zahlreiche Urologen für die Teilnahme an der Studie
entschieden. Sie empfehlen geeigneten
Patienten eines der Studienzentren zur
Behandlung und führen anschließend
die Nachsorge durch.
Dort klärt ihn der zuständige Arzt ausführlich über die Studie und die vier
möglichen Therapieoptionen auf. Wenn
sich der Patient für die Teilnahme entscheidet, wird er nach einer dieser Methoden behandelt und anschließend
über einen Zeitraum von mindestens 13
Jahren in Zusammenarbeit mit seinem
niedergelassenen Urologen und durch
ein Studienzentrum betreut. Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie ist,
dass der Prostatakrebs noch nicht weit
fortgeschritten ist, gerade diagnostiziert
und bisher noch nicht behandelt wurde.
Die Qualität der Behandlung ist gesichert:
Kliniken, die sich als Studienzentren an
der PREFERE-Studie beteiligen, müssen
bestimmte Qualitätsanforderungen wie
eine Mindestzahl von ProstatakrebsBehandlungen pro Jahr erfüllen. Zudem
müssen sie in der Lage sein, sowohl die
PKV publik | März 2014
tienten: Besonders erfahrene und spezialisierte Pathologen untersuchen das
Prostata-Gewebe der Studienteilnehmer,
das bei der Biopsie entnommen wurde,
zusätzlich noch einmal. Diese Zweitbegutachtung, die nicht zur Regelversorgung gehört, liefert nicht nur eine höhere
Sicherheit der Diagnose. Sie dient auch
gleichzeitig der Kontrolle, ob der Patient
tatsächlich für die Studie geeignet ist.
Die PREFERE-Studie wird durch ein breites Bündnis von Organisationen und Institutionen des deutschen Gesundheitswesens getragen. Finanziert wird die
Studie von der Deutschen Krebshilfe und
den gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen. An der PREFERE-Studie
sind außerdem die Deutsche Krebsgesellschaft, die Deutsche Gesellschaft
für Urologie, die Deutsche Gesellschaft
für Radioonkologie, der Berufsverband
Deutscher Urologen und der Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe beteiligt.
Gerd Nettekoven
ist Hauptgeschäftsführer der
Deutschen Krebshilfe e. V.
Weitere Informationen für Patienten und
Ärzte finden Sie im Internet unter www.prefere.de
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Unser Maßstab:
UNABHÄNGIGE
FORSCHUNG
FÜR MEHR QUALITÄT
Wir vernetzen Wissenschaft und Pflegepraxis. Unsere gemeinnützige Stiftung
gilt bereits als nationales Kompetenzzentrum. Sie stellt ihr Wissen kostenlos
zur Verfügung. Damit setzen wir Maßstäbe. Und machen Pflege für alle besser.
www.pkv.de