Was zeichnet exzellente Kommunikationsfunktionen aus?
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Was zeichnet exzellente Kommunikationsfunktionen aus?
Der Vorsitzende der Jury des Internationalen Deutschen PR-Preises über Bestleistungen in der Kommunikation Was zeichnet exzellente Kommunikationsfunktionen aus? Von Ansgar Zerfaß > In der Informationsgesellschaft mit weltweiten Nachrichtenflüssen rund um die Uhr sind Kreativität und die Fähigkeit zum Framing von Botschaften, zur gezielten Adressierung von Stakeholdern und zur globalen Umsetzung integrierter Kampagnen unverzichtbar. Echte Wettbewerbsvorteile erlangt man allerdings nur durch die Etablierung von Governancestrukturen und -prozessen, die nicht ohne weiteres kopierbar sind. Die Identifikation von Exzellenzmustern in diesem Bereich hilft Unternehmen dabei, das ganze Potential der strategischen Kommunikation zu nutzen. Exzellenzmerkmale leiten sich aus der Praxis ab Bislang wurde die Diskussion um Erfolgsfaktoren der strategischen Kommunikation vor allem durch die Erfahrungen von Praktikern und normative Theorien wie die international einflussreiche „Excellence Theory“ von James Grunig und Mitautoren (2006) geprägt. Diese Ansätze leiten Kriterien aus Fallbeispielen oder aus der Wissenschaft ab und untersuchen dann empirisch, inwiefern reale Organisationen diesen Vorgaben entsprechen. In der Praxis zeigt sich Exzellenz allerdings vor allem darin, dass man in einem Bereich besser aufgestellt ist und erfolgreicher arbeitet als vergleichbare Organisationen und Wettbewerber. Die Managementforschung identifiziert Exzellenzmerkmale daher mit Hilfe von Benchmarks und Selbsteinschätzungen aus der Praxis heraus. Das setzt große Stichproben sowie Theoriekonstrukte, Forschungsfragen und Befragungsinstrumente voraus, die nicht als „Standalone“-Studien entwickelt werden, sondern auf Erkenntnissen und Ergebnissen der vorliegenden internationalen Forschung aufbauen. Alignment of the communication function: Significant differences between departments with excellent communication functions and others The top communication manager/chief communication officer … Excellent communication functions 36,5 57,7 5,9 % Other communication functions … is a member of the executive board (strongly aligned function) 24,7 … reports directly to the CEO or top decision maker (aligned function) 57,4 17,9 … does not report directly to the CEO or top decision maker (weakly aligned function) Quelle: www.communicationmonitor.eu / Zerfass et al. 2014 / n = 2.090 PR professionals in communication departments across Europe. Q 29: Within your organisation, the top communication manager or chief communication officer … is a member of the executive board / reports directly to the CEO or highest decision maker on the executive board / does not report directly to the CEO or highest decision maker. Highly significant differences (chi-square test, p ≤ 0.01, Cramér‘s V = 0.156). 40 – IV 2014 Fragen an Univ.-Prof. Dr. Ansgar Zerfaß, Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft, Universität Leipzig „Exzellente Kommunikation ist mehr als ein Handwerk“ Der European Communication Monitor 2014 hat diesen Ansatz verfolgt. Die Studie identifiziert exzellente Kommunikationsabteilungen und fragt nach Unterschieden zwischen diesen und anderen, normalen Abteilungen. Hierfür wurden im Frühjahr 2014 insgesamt 2.777 Kommunikationsmanager aus 42 Ländern in Europa befragt (Zerfass et al., 2014). Exzellenz wurde durch mehrere Kriterien operationalisiert − zum einen durch das interne Standing der Kommunikationsfunktion innerhalb der Organisation (Einfluss) und zum anderen durch die grundlegenden Kompetenzen und die extern wirksamen Ergebnisse der Kommunikationsarbeit (Performance). Jeder der Aspekte wurde in zwei Dimensionen überprüft. Nur Organisationen, die eindeutig in allen Dimensionen überdurchschnittlich abschnitten, wurden im Benchmark als exzellent betrachtet. An der Spitze stehen börsen notierte Unternehmen Es konnte ungefähr ein Fünftel aller Kommunikationsabteilungen in der Stichprobe als exzellent bezeichnet werden (21,2 Prozent). Der höchste Anteil fand sich in börsennotierten Unternehmen (24,9 Prozent). Am wenigsten häufig war Exzellenz in staatlichen und politischen Organisationen anzutreffen GESPROCHEN KM: Als ein Exzellenzmerkmal haben Sie das interne Standing identifiziert. Wie erreichen Kommunikationsverantwortliche diesen Einfluss? KM: Herr Professor Zerfaß, sind exzellente Kommunikationsabteilungen an ihrer kreativen Arbeit zu erkennen? Wir haben die statistische Korrela tion zwischen der Organisationsebene, auf der Kommunikationsverantwortliche operieren, und den Exzellenzfaktoren interne Akzeptanz und externe Performanz untersucht. Diese Korrelation kann in zwei Richtungen interpretiert werden: Einflussreiche Kommunikatoren erreichen eine hohe hierarchische Position, weil sie gute Arbeit geleistet haben – oder Macht und Einfluss ihrer Position ermöglichen ihnen erst, exzellente Arbeit zu leisten. Von wo der Wirkungszusammenhang ausgeht, lässt sich nicht beweisen. In der Praxis beobachten wir eine Spirale: Fähige Kommunikatoren steigen durch gu- Nein, auch wenn sie in aller Regel operativ sehr gut sind. Sehr viele Kommunikationsabteilungen sind in der Lage, auf der instrumentellen Ebene hervorragende Arbeit zu leisten, wie wir z.B. bei der Juryarbeit zum Deutschen PR-Preis erfahren. Aber dieses handwerkliche Level beherrschen fast alle Unternehmen ab einer gewissen Größe. Was die Elite wirklich ausmacht, sind strukturelle Merkmale: Wie ist die Kommunikationsabteilung in die Gesamtorganisation integriert? Nach welchen Prioritäten richtet sie sich aus? Wie analysiert und evaluiert sie ihre Arbeit? > Lesen Sie weiter auf Seite 43 IV 2014 – 41 Professionals working in organisations with excellent communication functions report a higher level of job satisfaction Assessment of the job situation My tasks are interesting and manifold ** Overall, I am satisfied with my job ** Superiors and (internal) clients value my work ** The job has a high status ** My job is secure and stable ** My work-life balance is all right The salary is adequate ** I have great career opportunities ** 2,50 3,00 Other communication functions 3,50 4,00 4,50 Excellent communication functions Quelle: www.communicationmonitor.eu / Zerfass et al. 2014 / n = 2.090 PR professionals in communication departments. Q 3: How do you feel about your actual job situation? Scale 1 (strongly disagree) – 5 (totally agree). Mean values. ** Highly significant differences (Kendall rank correlation, p ≤ 0.01). (16,0 Prozent). Es gibt mehrere sta tistisch signifikante Unterschiede zwischen exzellenten und normalen Kommunikationsfunktionen. Exzellente Kommunikationsabteilungen sind strukturell stärker an das Topmanagement angekoppelt. Der Kommunikationschef ist häufiger Teil der Geschäftsleitung, oder es gibt einen direkten Berichtsweg an die oberste Führungskraft (CEO). In den entsprechenden Abteilungen verstehen sich 81,1 Prozent der Kommunikatoren als „Strategic Facilitators“, die nicht nur Kommunikation planen und umsetzen, sondern zugleich einen Beitrag zur Entwicklung der Geschäftsstrategie leisten. In normalen Organisationen findet sich dieses ambitionierte Rollenverständnis nur bei 52,7 Prozent der Kommunikatoren. Exzellente Kommunikationsabteilungen setzen außerdem andere Prioritäten. Sie betrachten die Verknüpfung von Unternehmensund Kommunikationszielen weniger stark als Herausforderung, weil sie womöglich schon entsprechende Steue- 42 – IV 2014 rungsprozesse etabliert haben. Allerdings sind sie stärker mit CSR-Themen und der CEO-Positionierung befasst. Kommunikatoren in exzellenten Abteilungen wissen besser mit neuen Technologien im Arbeitsalltag umzugehen. Sie berichten allerdings auch über mehr Leistungsdruck, und es werden mehr Überstunden gemacht. Zugleich ist die Arbeitszufriedenheit signifikant höher, und es gibt ein größeres Ausmaß an Gendergerechtigkeit in exzellenten Kommunikationsfunktionen. < Univ.-Prof. Dr. Ansgar Zerfaß ist Professor für Strategische Kommunikation an der Universität Leipzig sowie Präsident der European Public Relations Education and Research Association (EUPRERA), Brüssel und Vorsitzender der Jury des Internationalen Deutschen PR-Preises Literatur: Grunig, J. E., Grunig, L. A., Dozier, D. M. (2006). The Excellence Theory. In C. H. Botan & V. Hazleton (Eds.), Public Relations Theory II (S. 21–62). Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum Associates. Holtzhausen, D. & Zerfass, A. (Eds.) (2015). Routledge Handbook of Strategic Communication. New York, NY: Routledge. Zerfass, A., Tench, R., Verčič, D., Verhoeven, P. & Moreno, A. (2014). European Communication Monitor 2014. Excellence in Strategic Communication – Key Issues, Leadership, Gender and Mobile Media. Results of a Survey in 42 Countries. Brussels: EACD/EUPRERA, Helios Media (verfügbar unter: www.communicationmonitor.eu). te Arbeit in den Berichtslinien auf und nutzen den hinzugewonnenen Einfluss zur Erweiterung des Arbeitsfeldes und der Budgets. Beobachten lässt sich das z.B., wenn dem Kommunikationschef die Verantwortung für die CSR-Abteilung übertragen wird. CSR ist streng genommen kein Kommunikationsthema, sondern betrifft im Alltag den Einkauf, die Produktion, die Personalabteilung usw. Die Schnittmenge besteht lediglich darin, über CSR zu kommunizieren. Wenn also diese beiden unterschiedlich geprägten Abteilungen unter dem Dach der Kommunikation zusammengefasst werden, ist das eine strukturelle Ausweitung der Macht der Kommunikationsabteilung und ein Signal dafür, dass sie sich intern profiliert hat. zellente Kommunikationsfunktionen haben mehrere dieser Strategien implementiert, während andere in einzelnen sehr gut sein mögen, die anderen aber gänzlich vernachlässigen, z.B. weil sie kein Monitoring und kein Issues-Management betreiben. Ein breiteres professionelles Verständnis bezieht sich also darauf, was KM: Ist das das breitere Verständnis der professionellen Rolle, das Sie in der Studie ansprechen? KM: Welche anstehenden Herausforderungen meistern exzellente Kommunikationseinheiten denn besser – und wie? Als Kommunikator können Sie ihren Beitrag zum Erfolg in verschiedener Weise erklären. Die häufigste Story lautet: „Ich erschaffe immaterielle Werte“, also Reputation, Markenimage, Unternehmenskultur. Es gibt aber auch die Story: „Ich helfe dabei, Geschäftsprozesse zu unterstützen“, in der Kommunikation den Verkauf zu unterstützen oder die Mitarbeiter zu motivieren. Das ist die klassische Geschichte des Marketings. Eine dritte Story heißt: „Ich höre zu“. Das ist die Story von Issues-Monitoring und Public Affairs. Die erste Strategie ist eine Investition, die sich hoffentlich später durch ein Preispremium oder beim Employer-Branding auszahlt. Die zweite schafft unmittelbare Wertschöpfung. Die dritte führt vielleicht zu einer Geschäftsidee oder hilft, eine Krise durch gutes Beziehungsmanagement abzufedern. Ex- strumente und Kanäle zu beherrschen ist vergleichsweise einfach. Die größere Aufgabe besteht darin, sie zu bewerten und zu entscheiden, welche man überhaupt einsetzt und mit welchem Ziel, ihre Nutzung zu evaluieren und daraus einen Lebenszyklus abzuleiten, um nicht immer mehr Kanäle bedienen zu müssen. „Was die Elite wirklich ausmacht, sind strukturelle Merkmale: Wie ist die Kommunikationsabteilung in die Gesamtorganisation integriert? Nach welchen Prioritäten richtet sie sich aus? Wie analysiert und eva luiert sie ihre Arbeit?“ Kommunikation zur Gesamtorganisation beiträgt. Zum Ersten das Talent- und Kompetenzmanagement. Die guten Köpfe werden knapp auf dem Markt, deshalb muss man nicht nur die richtigen Leute gewinnen, sondern diese auch weiterentwickeln und ihnen helfen, sich an neue Gegebenheiten anzupassen. Das gilt vor allem für die zweite Herausforderung, die Internationalisierung. In diesem Punkt hinken viele deutsche Mittelständler, auch große, den Konzernen noch weit hinterher. Sie sind zwar genau wie diese zum Beispiel auf dem chinesischen Markt präsent und vertreiben dort ihre Produkte. Aber sie sind damit überfordert, sich gegenüber Banken und Politikern oder zu CSR-Themen kommunikativ zu positionieren. Die dritte Herausforderung ist die instrumentelle. Neu aufkommende In- Um auf den Anfang zurückzukommen: Die Bedienung neuer Instrumente stellt ein Handwerk dar. Exzellente Kommunikationsmanager werden aber auch die Managementstrukturen schaffen, um sie möglichst effektiv zur Zielerfüllung der Gesamt organisation einzusetzen. Die Fragen stellte Jan P. Sefrin IV 2014 – 43