Ronahî Nr. 31
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Ronahî Nr. 31
RONAHÎ INHALTSVERZEICHNIS Editorial 2 MtueCCeS /'PoCm îraul^eşe^c^ 29 Vergewaltigungskultur DieLynchangrifFewer(lenvonBeşir AtalaysLeutcngeplant 3 Intervievv m i t D u r a n K a l k a n J^/(pieües / 'Po[itiJ(_ C E N I e.V. frau / QeseC[scfiaft 32 Kurdische Fraucn in Deutschland FreihdtfikdieinhafacrtenKindcrinKurclist^unddcrTürkci! 7 Y X K Frankfurt Mtueûes / ToCitit S o z i o l o g i n Fadime Ş e n p ı n a r Jrau / QeseUscfmft Qerckoldn D i Serd Jinan De Öcalan:OhncDialogistkeinFriedenmöglich! 35 9 Gesprachsnotizen A b d u l l a h Ö c a l a n Mm^ks /ToCitifç, A m a r g î - Y X K Kaiserslautern ÖfçoCogü. p^^^^f 11 Grauc Wölfe heulcn wieder • ^ 7 ^ / ' ^ ^ I ^ r ~ ^ j Xem - Y X K Dortmund K i a n K u r t z - Y X K Marburg MtueCks / 9oCitif(, y 14 M i t jedem Tod entsteht cin ncues Lcbcn .. ^ ^ OKoLogte \û İD 3o Frcan A y b o ğ a - Hasankeyf İnitiative Arno-Jermaine L a f f i n - Y X K Marburg c.j. cL \t a- D oeıt dıe Donau ıns ochwarzc Mcer mcist.. ^ Bau dcs Ilisu Staudammes geht weiter Ndrînekli ser dîroka'Şanoya Kurd' ^ ı 41 K i a n K u r t z - Y X K Marburg GeseCCscfıaft / ^ ^ ^ " ^ ^''^'^ AncUyse Lehten der Kommune 18 ^KM^şUM^İtuT DasMietshaus Dr. N i c k Brauns GtseCCscfiaff / RnaCyse 42 Jaklin Ç e l i k 'Kunst / %ji[tur DieEziden 22 Das Problem mit der Sprache Kaptan Ö z d e m i r - Y X K H a m b u r g ÜeseOsçâafiJ^gnalyse 44 Musa Anter %unst / futtur Feuer,Hofinung,Widerstand-EinTagin Amed 25 Bdvankes 46 Abdullah Oe^easctmfr / Anatyse ^'"^'^^ ^7 Hcibcst G ü l ş e n Sevindiren - F m e l Fngintepe frau / Gesekscdaft Bericht über das Bildungsseminar der Y X K - Frauenkommission bei Utaama e.V. Giinay 'KunştİJKultnr 28 Y X K Frauenkomission RONAHÎ - Zeitschrift der Studierenden aus Kurdistan Postfach 103831, 50478 Köln Internet: http://www.yxk-online.com e-mail: [email protected], [email protected] Spas ji bo alîkaıiye edîtora Sterka Cîwan Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! 48 Liebe Freundinnen und Leserlnnen! Seit nunmehr zwei Jahren ist keine Ausgabe der Ronahî mehr erschienen. Auch wir, die jetzige Ronahî-Kommission, haben lange auf unsere Arbeit warten lassen. Mit dem Hinweis des Schrumpfens unserer Kommission auf nunmehr zwei Mitglieder möchten wir dies nicht entschuldigen, aber vielleicht einen AnstoB zur vermehrten YXK-intemen Unterstützung geben. Unsere wertvollen und konstruktiven Potenziale im Kampf für die Befreiung der Kurdinnen sollten weiterhin aufrecht erhalten werden. Mit dieser Ausgabe rufen wir aile Freundinnen der YXK dazu auf, von ibrem unerlâsslichen Engagement für die Freiheit und den gerechten Frieden niemals abzuweichen. Unsere Freundinnen und Freunde aus Kurdistan brauchen unsere Unterstützung mehr denn je. Wir befinden uns seit dem 1. Juni 2010, der Aufkündigung des einseitigen Waffenstillstands durch die Volksverteidigungskrâfte HPG in einer neuen, für die Geschichte des kurdischen Freiheitskampfes bedeutenden Phase politischer und kriegerischer Auseinandersetzungen. Der Krieg ist auf ailen Fbenen eskaliert und forderte nur im Monat Juli in 45 Operationen des türkischen Militârs und 64 Aktionen der kurdischen Guerilla 174 Soldaten-, 9 Polizisten und 38 Guerillaleben. Zu den Schrecken des Krieges gesellen sich Lynchmobs und Pogrome türkischer Faschistinnen gegenüber der kurdischen Bevölkerung, die der türkische Staat durch seine Rhetorik ignoriert oder gar legitimiert. Büros der prokurdischen Partei BDP werden in Brand gesetzt; der lândlichen Bevölkerung durch die Besetzung ihrer Felder und Obsthaine und der Zerstörung von Wâldem und Viehherden die Lebensgrundlage entzogen. Nicht zuletzt nehmen die Aktivitâten der paramilitârischen Finheiten zu, die durch ihre gezielten Morde einzelner Kurdinnen wieder Praktiken der '90er Jahre anwenden. Besonders dramatisch ist es jedesmal, wenn Kinder in die Fânge der Repression hineingerissen werden, so wie vor einigen Tagen ein 10jâhriger kurdischer Junge in Gever, der wegen des Werfens eines Molotow-Cocktails festgenommen und aufs Schwerste gefoltert wurde. Die neue Phase ist aber auch eine Phase der Konstituierung der kurdischen Selbststândigkeit, die nach der Ablehnung einer politischen Lösung der kurdischen Frage durch den türkischen Staat auf den Aufbau eigener politischer Werte und Institutionen setzt. Die derzeitige Politik in Kurdistan basiert auf der Überzeugung, geschaffene Werte zu schützen und die Freiheit zu erzwingen. Diesem Credo versucht der Demokratische Gesellschaftskongress (DTK) im Sinne Abdullah Öcalans und des kurdischen Volkes mit unermüdlicher Arbeit gerecht zu werden, in dem er sich verstârkt um die basisdemokratische Organisierung der kurdischen Gesellschaft kümmert. Die aktüelle Ausgabe beschâftigt sich nicht nur mit politischen aktuellen Geschehnissen, sondern bringt auch diesmal eine inhaltsreiche Rubrik über die Frau und Gesellschaft mit, die sowohl mit interessanten Berichten von YXKlerlnnen als auch mit tollen Gastbeitrâgen sich erhellend in Szene setzen kann. Auch die Rubrik Kunst und Kultur trâgt spannende Beitrâge bei, wie der Artikel über kurdisches Theater oder die Gedichte der Gewinner des letztjâhrigen Hüsseyin-CelebiGedichtwettbewerbs. Zudem wird auf die aktüelle bundesweite Kampagne TATORT-Kurdistan, die seit Frühjahr diesen Jahres angelaufen ist und zur Zeit einen groBen Teil der Kapazitât der YXKlerlnnen einnimmt, mit einem Beitrag aus Marburg eingegangen. İn Gedanken bei den Freundinnen in den Bergen wünschen wir ailen YXKlerlnnen alles Gutç und neue Kraft auf dem gemeinsamen Weg zur Frkâmpfung von Gerechtigkeit und Freiheit. Mit solidarischen Grûfien, Eure Ronahî-Kommission 2 Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! Aktuelles / Politik RONAHI „Die Lynchangriffe werden von Beşir Atalays Leuten geplant" "Mittels Druck, Gewalt und Krieg kann man uns nicht vernichten. Das kurdische Volk steht hinter uns. Solange sie es nicht schaffen, die Gesellschaft auszurotten, werden sie es nicht schaffen uns zu vernichten" lnterview mit Duran Kalkan* Baki Gül sprach für die Nachrichtenagentur Firat (ANF) mit dem KCK-Exekutivratsmitglied Duran Kalkan. Kalkan erklârte in dem am 03. August 2010 veröffentlichten Interview, dass Angriffe auf das kurdische Volk vom türkischen Innenminister Beşir Atalay organisiert worden sind. „Nach der Anweisung, raumt das Nur-Gebirge auf hat man angefangen, die Region in Flammen aufgehen zu lassen. Momentan brennen überall die Wâlder. Nach dieser Anweisung ist auch der Angriff in Hatay/Dörtyol geschehen. Die Angriffe in Bur sa/inegöl und Hatay/Dörtyol 1 tragen die Handschrift der AKP und des Innenministers Atalay", so Kalkan. Kalkan wamte das kur dische Volk und rief es dazu auf, sich Yor Angriffen zu schützen. Der momentane Umgang mit der kurdischen Frage bringt kritische Ereignisse in Kurdistan und der Türkei mit sich. Die Lage nach dem 1. Juni 2010 führte dazu, dass der Krieg sich von Kurdistan in die Türkei ausweitete. Angriffe der Guerilla gelangten zuletzt an das Schwarze- bzw. Mittelmeer. An der Grenze zum Irak musste das türkische Militar wegen der extremen Angriffe durch die Guerilla einige Stützpunkte râumen. Jede Aktion der Gue rilla brachte schnelle politische Reaktionen mit sich. Das kurdische Volk beerdigte gefallene Guerilleros und schrie dabei ein einziges Wort: "Rache!" Auf Seiten des Staates hat die Regierungspartei AKP zusammen mit den Oppositionsparteien MHP und CHP, dem Generalstab und der türkischen Presse, die für ihre Spezialkriegsmethoden bekannt sind, eine Front gebildet. Letzte Woche wurden in inegöl, Dörtyol und in einigen örten Erzîroms die Angriffe der Guerilla als Vorwand vorgeschoben, um Kurdinnen zu attackieren. In der Vergangenheit wurde ahnliches dem armenischen, griechischen und assyrischen Volk 3 angetan. Somit wurde der Genozid, der an den genannten Völkem verübt wurde, in die Gedâchnisse der Menschen zurück gerufen. ANE sprach über die kurdische Frage in der Türkei, Lynchversuche auf das kurdi sche Volk, die Nachrichten über die PKK von den türkischen Medien, die Verfassungsânderungen der AKP, die Zielvorstellungen der AKP durch diese Ânderungen und über die Meinung der KCK mit KCK-Exekutivratsmitglied Duran Kal kan. Hier das komplette Interview: ANF: Sie haben die Phase nach dem 1. Juni als „ vierte Phase " bekannt gegeben. Seitdem sind zwei Monate vergangen. Militarische Gefechte haben sich ausgweitet und zuletzt haben sich auch aufgesellschaftlicher Basis einige Sachen geândert. Hierbei sind inegöl und Dörtyol als Beispiele zu erwâhnen. Wie hat der Staat, die türkische Öjfentlichkeit und das kur dische Volk dies alles aufgefasst? Wie werten Sie die Vorkommnisse der letzten zwei Monate aus? Duran Kalkan: Vorerst möchte ich ali meine Ereunde, die in den letzten zwei Mo- naten gefallen sind, mit Respekt gedenken, leh teile das Leid der Familien unserer Mârtyrer. Diese Phase ist eine sehr wichtige. Ein Krieg ist immer eine schwere Angelegenheit. Er ist niemals der Wunsch von jedem bzw. wird nicht immer von jedem akzeptiert. Unsere Meinung über Krieg ist, dass wir ihn nicht befünvorten, wenn er nicht der letzte Ausweg ist und er nicht für sehr wichtige Sachen herangezogen werden muss. Das Volk befünvortete ihn auf dieser Basis. Die Probleme solken auf demo\ kratischer Basis zusammen mit dem Volk gelöst werden. Das ist unser Wunsch. An diesem Punkt kann die Vergangenheit der PKK erforscht werden. Zu verschiedenen Zeitpunkten haben wir den Krieg erklârt. Man kann sich die Kriegsgründe anschauen. Wir haben eine Phase gehabt, die 17 Jahre unter schwersten Bedingungen und zahlreichen Verlusten andauerte. Diese wurde unsererseits „Phase der demokratischen Lösung und des Friedens" genannt. Das Volk und die Bewegung haben sich um den Vorsitzenden herum versammelt und ihn unterstützt. Wir wollten, angefangen bei der kurdischen Frage und der Demokratisierung, auch nur den kleinsten Funken Hoffnung ausnutzen und auf friedlicher bzw. demokratischer Weise die Pro bleme lösen. Doch haben die jeweiligen Beteiligten nicht mitgemacht. Im Gegenteü, das alles wurde als Schwache unserer Bewegung und unseres Volkes gewertet. An diesem Punkt wollen verschiedene Spielchen getrieben werden. Des Weiteren wird die Gewalt ununterbrochen auf die Spitze getrieben. Alles wird in die Lânge gezogen und mittels ausgeübtem Druck wrrd versucht, uns auszurotten. So sollen die Lösungen verhindert werden, der Reaktionismus, Despotismus und Faschismus am Leben gehalten werden. Diese Fakten zwangen uns dazu, solch einen neuen Beschluss zu fassen. Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Aktuelles / Politik Dies wird jedoch keinesfalls von unserer Seite akzeptiert. Wir waren gezwungen solch einen Schritt zu machen. Unser Exekutivrat hat dies in der Erklârung vom 1. Juni auch offen dargelegt. Der Vorsitzende wertet diese Sache ebenso. Das Volk ist der gleichen Meinung. Wenn dies nicht der Fail wâre, hâtten wir diesen Beschluss gar nicht gezogen. Er wâre andernfalls vom Volk auch nicht unterstützt worden. Die vergangenen zwei Monate waren sehr belastend. A u f beiden Seiten gab es militârische Verluste. Es wurde ganz klar, dass Behauptungen wie „Wir vernichten die PKK" sich als ausweglos entpuppt haben. Solche Behauptungen werden seit 1925 gemacht, aber das kurdische Volk steht immer noch auf den Beinen. Das, was den Kürden aufgezwungen wurde und wird, wurde keiner anderen Gesellschaft je aufgezwungen. Die A k zeptanz dessen würde bedeuten, seine Würde als Gesellschaft und Mensch zu verlieren. Das kurdische Volk, das eines der altesten der Geschichte ist, hat dies nicht akzeptiert und wird es auch niemals tun. Seit mehr als neun Jahren werden in ailen Tellen Kurdistans jegliche Art von Massakern, Assimilation und Spielchen getrieben, aber gegen ali diese Sachen ist cin Dauerwiderstand vorhanden. Die Gesellschaft wird dies alles niemals akzeptieren! Sie hat Widerstand geleistet und hat auf diesem Wege zehntausende von Mârtyrem opfem müssen. Das kurdische Volk wurde in aile Teile der Welt zerstreut. Viele leben im Ausland. Dennoch haben sie an jedem ö r t , an dem sie sich befinden, den Widerstand der Heimat gelebt. Jetzt wollen sie ihre Früchte ernten. Sie sehen ihre Vertretung in diesem Widerstand und haben ali ihre Hoffnung an ihn gebunden. Kurz gefasst also, sollte man so langsam aufhören Verrâter in dem kurdischen Volk zu suchen. Einige Presseorgane, die noch von sich behaupten, dass sie demokratisch seien, klappem die jeweiligen Lânder der Welt ab und locken aile Verrâter, die sie ausfindig machen können, auf ihre Seiten. Angenommen sie haben cine Person auf dieser Weise gewonnen. Kann sie in Kurdistan dann jemals noch Fu6 fassen? ANF: Ganz besonders in dieser Zeit wird wohl versucht, solche Verrâter heraufzubeschwören... 4 Kalkan: Genau das meine ich. Nach ihren Berechnungen wollen sie die Kurdlnnen in die Hoffnungslosigkeit stürzen. „Logisch schlussfolgemd" soll sich die PKK davon provoziert fühlen bzw. negativ beeinflusst werden, Fehler machen und somit den Widerstand aufgeben. Mittels Druck, Gewalt und Krieg haben sie es jedoch nicht geschafft. Dagegen leistet die Gesellschaft Widerstand. Die ganze Welt greift die PKK an aber sie steht immer noch auf den Beinen. Der Reaktionismus der NATO, USA, Europas und des Mittleren Ostens steht hinter ihnen, die PKK kann aber trotzdessen nicht vemichtet werden. Fin solch altes Volk der Geschichte kann nicht einfach so ausgelöscht werden. Wenn das kurdische Volk vemichtet wird, dann wird gleichzeitig cin Stück Menschheit vemichtet. Der Widerstand des kurdischen Volkes ist cin Widerstand des freien Menschen. Zusammengefasst kann nochmals folgendes envâhnt werden: aile Methoden, die bis heute angewandt wurden, haben kein Ergebnis erbracht und das ist ailen bekannt. Seit 85 Jahren wird das kurdische Volk angegrilfen. Nach dem Militârputsch vom 12. September hat sich dies auf verschiedene Art und Weise gezeigt. Doch führte es zu nichts. Die Widerstandskraft der PKK ist sehr stark. Man könnte gedacht haben, dass die alte Kraft nicht mehr vorhanden sei und hat daraufhin verschiedene Methoden angewandt.(l) Aber sie haben letzten Endes auch gesehen, dass dem nicht so ist. ANF: Es ist erkennbar, dass die Guerilla sich im Gegensatz zur Vergangenheit in weiteren Teilen des Landes stationiert hat. ist das ein neues Niveau des Widerstands? Kalkan: Ja, das ist Fakt. Sie hat ihre Heldenhaftigkeit in weitere Gebiete ausgeweitet. Die Guerilla umfasst Menschen aus ailen sozialen Schichten und verschiedenen Gebieten; aus der Türkei, Nordkurdistan, den anderen Teilen Kurdistans und von auBerhalb. Die NATO und der Generalstab der Türkei können versuchen was sie wollen, dies kann nicht verhindert werden. Solange sie es nicht schaffen, die Gesellschaft auszurotten werden sie es auch nicht schaffen, uns zu vemichten. Wir haben zwar Fehler gemacht, aber durch die stetige Selbstkritik konnte die Guerilla ihre Reife und Entwicklung beweisen. Seit zwei Monaten versucht das Regime, durch Verleugnung und Ausrottung einen Genozid an uns zu begehen, doch es wurde emeut bewiesen, dass unsere Guerilla bis zum Ende Widerstand leistet, Stârke zeigt, weiter in Richtung Sieg marschiert und das Volk auf seiner Seite hat. Das ist das, was zahit. Presseorgane können diese Wahrheit so oft verzerren, wie sie wollen. Das Volk leistet den Widerstand. Das ist Fakt. Das kurdische Volk wei6 ganz genau, dass der Vorsitzende und unsere Bewegung sich ganz fest an die demokratischen Lösung der kurdischen Frage und die Demokratisierung klammem, selbst wenn auch nur der kleinste Hoffnungsschimmer vorhanden ist. Das zeigt unser 17-jâhriger Widerstand. Das alles geschah vor den Augen des Volkes. Es hat selbst gesehen, dass die K C K keine andere Wahl als den letzten Beschluss hatte. Dem Volk ist klar, dass es Widerstand leisten muss, um die eigene Würde und Freiheit nicht zu verlieren. Der Widerstand widemm ist zur Kultur des kurdischen Volkes geworden. Das Massaker wurde wâhrend des ersten Weltkriegs und desweiteren von 1925 bis in die 60er und 70er Jahre verübt. Dem Volk wurde das kollektive Bewusstsein ihrer historischen Vergangenheit genommen. Dadurch hat das kurdische Volk ein Trauma erlitten. Âhnlich einem Vogel, dem der Kopf abgerissen wird, verlor das kurdische Volk sein Gleichgewicht. Zusammen mit der PKK und dem Vorsitzenden Apo hat es sein Gedâchtnis wieder zurück bekommen. Nun müssen die Gegenwart und die Kraft dieser Gesellschaft endlich akzeptiert werden. ANF: Sie haben eben erwâhnt, dass die Guerilla sich angefangen vom Schwarzen Meer bis zu den Nur-Gebirgen ausgeweitet und stationiert hat. Diesbezüglich haben AKP-Funktionâre und Innenminister Atalay verschiedene Kommentare abgegeben. Im Besonderen sei hier auf die Aussage Atalay s aufmerksam zu machen, der sagte, man müsse diese Region von den Kürden „reinigen'\ Anschliefiend passierte das Bekannte in Bursa/inegöl, HataylDörtyol und Erzîrom. Wie kann dies alles auf gefasst werden? Kalkan: Ja, er sagte: „Egal was gemacht wird, dieses Gebiet muss gereinigt werden!" Diese Worte gehören eigentlich Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Aktuelles / Politik verurteilt. leh möchte sie aber eher verstehen als verurteilen. Wieso wurde diese Person nicht seines Amtes enthoben? Seine Aussagen bedeuten „verbrennt, stürzt nieder, bringt um und vemichtef. So etwas kann niemand nirgends in den Mund nehmen. Bisher hat kein Faschist solches ausgesprochen. Nicht einmal in den 90em, als der spezielle Krieg im Gange war, wurde so etwas erwâhnt. Anweisungen und Befehle dazu wurden zwar gegeben aber niemand brachte den Mut auf so etwas in den Mund zu nehmen. Dieser Vorfall im Zusammenhang mit Atalay bringt Fragen auf wie „welche Macht besitzt er?", „wie ist er zum Innenminister geworden?" und „was ist die A K ? für eine Regierung?" Das Nur-Gebirge umfasst Mersin, Dîlok, Mereş und Meletî. Jetzt heiBt es also, dass ali diese Orte verbrannt und zerstört werden sollen. Mittlerweile wird erwâhnt, dass überall Wâlder brennen. Nach der erwâhnten Anweisung ist auch die Sache in Dörtyol geschehen. Die Vollstrecker dessen sind zweifelsohne aus der Organisation Atalay s. Offiziell ist er als Innenminister dafür verantwortlich. Wenn so etwas nicht verhindert werden kann, dann ist eben der Innenminister verantwortlich. Schlimmer noch, er hat die Anweisung dazu gegeben! Auch wenn nun die MHP diese Sache als eigenes Handeln benennen sollte. Dem ist nicht so. Die Vollstrecker dieser Tat sind der Staat und die Konter-Guerilla höchstpersönlich, de ren Chef Atalay selbst ist. Nur deswegen konnte Atalay den Mut fassen und diese Worte aussprechen. Weil Atalay also der Chef der Konterguerilla ist wurde er zum Innenminister, MGK(2)-Mitglied und zum so genannten Koordinatör der Initiative ernannt. Er ist effektiver als Premierminister Tayyip Erdoğan. Aus diesem Grunde kommen mir Fragen, ob die AKP-Regierung eher von Erdoğan und [Vize-Premierminister] Bülent Annçs geführt wird, oder vielmehr eine Organisa tion Beşir Atalays, [Vize-Premierminister] Cemil Çiçeks und [Verteidigungsminister] Vecdi Gönüls ist. Wenn man vom „Sicherheitskomitee" spricht, dann versammeln sich eben jene Menschen. Eigentlich ist etwas klar geworden, nâmlich dass Erdoğan einen Teil seiner Regierung an die Konter-Guerilla verkauft hat. Es ist jedem bekannt, das Cemil Çiçek zur „Spezialkriegsabteilung" gehörte, vom .3 Militâr zur Zivilperson gemacht und für die Regierung beauftragt wurde. Egal wo eine Regierung gebildet wird, immer ist er da. Als ob er ein unânderbarer Funktionâr des Staates ist. Parteien wechseln, aber Cemil Çiçek und Abdulkadir Aksu - seit neuesten jetzt Beşir Atalay bleiben. Wir haben es also nicht mit einer Re gierung sondem mit einer Konter-Gueril la, der Ergenekon, einer Spezialkriegsregierung zu tun. Menschen wie Erdoğan ha ben diesen Personen Zugestândnisse ge geben und so konnten diese Âmter erlangen. Dies taten sie um weiter regieren zu können bzw. sich finanziell abzusichem. Die jüngsten Vorkommnisse brachten dies etwas ans Tageslicht. Dieser Punkt wird immer klarer. Beispielsweise hatte die demokratische Öffnung nichts inne. Ata lay war verantwortlich für die Initiative. Aber sie hatte weder Inhalt, noch einen gewissen Plan. Die Initative war das, was Atalay gedacht und gesagt hatte. Woher nimmt er diese Befugnis und so viel Kraft? Nicht einmal Erdoğan ist so. Die Lage zwischen Türken und Kürden spannt sich weiter an. Solange die kurdische Frage nicht gelöst und die Demokratisierung nicht geschieht, wird das so bleiben. Weitere Angriffe sind geplant und werden organisiert. Vollstrecker des sen sind wie schon erwâhnt die Organi sation Atalays. Erdoğan sagte schon in Colemerg: „Wem es nicht passt kann gehen." Des Weiteren sagte Cemil Çiçek, sie seien an der armenischen Grenze angekommen. Atalays Worte sind Drohungen. Mittels derer will er das Volk beangstigen, damit es vom Widerstand abweicht und die Guerilla nicht mehr unterstützt. Im Anbetracht dessen ist auch erkennbar, dass weitere Plâne vorhanden sind. voUzog man einige Beschlüsse. Vorher aber haben auch andere Kreise ihre Meinungen kundgegeben. Beispielsweise hat der MHP-Vorsitzende Devlet Bahçeli die Pufferzone an der Grenze vorgeschlagen. Başbuğ erwâhnte seine Spezialkriegstheorien ja schon vorher. Er sagte in einer Rede z.B., dass der Kampf gegen die PKK nicht einseitig verlaufen kann. In ihren Versammlungen also besprachen sie, welche MaBnahmen noch ergriffen werden sollen. Diese Versammlungen geschahen in Leitung des Staatsprasidenten Abdullah Güls. AnschlieBend traf er sich mit Joumalisten. Sie bekamen in diesen Versammlungen die Anweisung von Gül, psychologischen Druck durch die Presse auszuüben. AnschlieBend sagte Erdoğan das genannte in Colemerg. Verteidi gungsminister Gönül sagte in einer Rede: „Hâtten wir in der Vergangenheit den Armeniem und Griechen kein Leid angetan, ware das türkische Volk heute nicht in die ser Lage". Das war die Offenbarung des Planes auf einer anderen Weise. Ein Massaker wurde geplant. Wir wissen nicht in welchem Rahmen dies ge schehen sollte. Wir haben diesbezüglich unsere Haltung der Öffentlichkeit mitgeteilt. AnschlieBend wurde die Pufferzone an der türkisch-iranisch bzw. türkisch-irakischen Grenze errichtet. Sie leben in den Hoffnungen die PKK zu vemichten. leh empfehle der Presse dies zu erforschen. Wenn eigentlich eine Demokratisiemng gewollt ist, dann sollte dies ans Tageslicht gelangen. Verschiedene Putschplâne, wie Ba lyoz und Sari Kiz wurden erforscht. Hier waren sie effektiv. Das gleiche sollten sie mit dem eben erwâhnten machen. Sie werden sehen, dass die Regierung in die se Plane mit verwickelt ist und diese noch viel gefahrlicher sind. Die zuletzt erlebten Dinge sind ein Teil dieser Plane. ANF: Von welchen sprechen Sie genau? Kalkan: i l k e r B a ş b u ğ sprach mit Erdoğan bevor er selbst zum Generalstabschef wurde. Nachdem er zum Generalstabschef ernannt wurde, ist er nach Amed und Colemerg gegangen. Er spazierte durch Kurdistan und offenbarte seine Meinung über den Krieg. A n schlieBend ging er zurück nach Ankara und nahm an unzâhligen Versammlungen teil. Die Regierung und das Komitee für die Bekampfung des Terrors versammelten sich. Wâhrend dieser Versammlungen ANF: Was werden die Kürden gegen ali diese Gefahren tun? Kalkan: Natürlich im Widerstand sein. Einen anderen Ausweg gibt es auch nicht. Niemand wird das kurdische Volk auch vom Widerstand abhalten können. Es ist sehr wichtig zu erkennen wer Ereund und Feind ist. Man sollte die Sache auch nicht aus nationalistischer Brille betrachten. Tâglich können Angriffe geschehen, man muss vorbereitet sein. Bewahren w ir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Aktuelles / Politik fassung auch befürwortet. Die AKP sagt nur „Nein" zu den Artikeln, gegen die sie auch schon im Parlament war. Anstelle Kalkan: Wenn ihre Kraft ausreicht, dessen hat sie ihr eigenes Paket gebracht. dann ja. Niemand hat die Grenzen gesperrt. Somit will sie „Nein" zur Verfassung des Doch sie schaffen es nicht, ihre Kraft reicht 12. Septembers sagen. Die MHP sagt auch nicht aus, sie erzielen kein Ergebnis und „Nein". Zu was? Zu den Ânderungen der können deswegen nichts machen. Jetzt AKP. Sie befürwortet die momentane können einige Prognosen gemacht werden. Verfassung. „Ja" und „Nein" bedeutet beiAber das Ergebnis kann man sich aus der des nichts weiter als die Befürwortung der Vergangenheit holen. Unsere Kraft ist im Verfassung vom 12. September. Sie soll Vergleich zur Vergangenheit gestiegen. Die nur noch einmal vom Volk „bestâtigt" werGuerilla ist gut vorbereitet. In solch einem den. Das ist ein sehr hinterhâltiges Spiel. Fail ist die Guerilla eine nationale Kraft; Der 12. September soll legitimiert werden. die Kraft der Verteidigung der nationalen Dafür soll die Unterstützung des Volkes Demokratie und Verteidigung. Gegen An- gewonnen werden. Deswegen werden griffe jeglicher Kreise wird sie das kurdi- Briefe der Opfer dieses Putsches gelesen. leh möchte keinen harten Ton annehmen sche Volk schützen. aber das Geplante ist sehr billig und ANF: In der Türkei ist momentan das oberflâchlich. Gleichzeitig ist es sehr geReferendum aktüeli. Der Militârputsch vom fâhrlich. Man kann prinzipienlos und be12. September wird diskutiert. Die AKP Re- leidigend sein aber nicht in diesem Ausgierung betrachtet sich als Opfer dieses ma6! Als diese Opfer mit der TodesstraPutsches. Erdoğan hat geweint und ver- fe bestraft wurden, befürwortete Erdoğan schiedene Funktionâre haben verschiedene die Verfassung! Wieso erforscht die Pres Kommentare von sich gegeben. Was soll se das nicht? Wieso wird das nicht hintermit diesen Diskussionen erreicht wer- fragt? Mit welchem Mut kann er jetzt einfach weinen? Meiner Meinung nach ist das den? nur Theater. ANF: Sind z.B, Operationen im Süden denkbar? Kalkan: Letztens habe ich von der Presse erfahren, dass Erdoğan und seine Leute im Jahre 1982 der Verfassung [die vom damaligen Generalstabschef und anschlieBenden Bundesprâsidenten Kenan Evren angefertigt wurde] zugestimmt ha ben. Das sollte ebenfalls erforscht werden. Wenn das wirklich so ist, muss die Wahrheit ans Tageslich gebracht werden. Sei ne Maske muss fallen. Wenn er ein Befürworter war, kann er jetzt nicht für De mokratie sorgen. Erdoğan venveist auf diejenigen, die ihre Kraft aus diesem Putsch nehmen. leh schaue zurück in die Ver gangenheit und sehe, dass Erdoğan auch einer von denen ist, die ihre Kraft daher nehmen. Er nimmt seine Kraft vom 12. September, 12. Mârz und am meisten vom 28. Februar; er stürzte Erbakan und nahm seinen Platz ein.(3) Wen will er denn hinters Licht führen? Wir durchschauen dies sehr gut. Das Referendum ist natürlich die Abstimmung der Verfassung vom 12. Sep tember. Wir können es nicht verstehen, wie der Tag des Referendums ausgerechnet auf den 12. September fâllt. Als ob das auch eine Art von Rache wâre. Wenn „Ja" gesagt wird, dann wird der Rest der Ver 6 Das kurdische Volk wird weder Ja noch Nein sagen. Eine Akzeptanz dessen ist nicht möglich. Der Militârputsch vom 12. September hat Kurdistan noch einmal besetzen lassen, tausende Menschen verhaften und foltem lassen. Tausende wurden massakriert und werden es heute immer noch. Alles wurde verboten, eingeschlossen der Muttersprache. Auch nach der Ânderung ist das kurdische Volk nicht vertreten. Diese Verfassung ist eine, die das Massaker befürwortet. Wieso soll das kurdische Volk dazu Ja sagen? Keiner, der von sich behauptet Mensch zu sein wird das tun. Mit einer umfassenden Kampagne solken diese Ânderungen boykottiert werden. Somit sollte der Demokratisierung der Weg geebnet werden und die Basis ei ner nenen und zivilen Verfassung geschaffen werden. Die AKP will ihre Regierung mit dieser Ânderung an der Macht halten. AuBerdem soll die Verfassung vom 12. September, die sich nicht mehr legitimieren kann, am 30. Jahrestag wieder am Leben gehalten werden. Das muss boy kottiert werden. Diese Boykottskampagne könnte sich auch zu einer Kampagne für eine neue Ver fassung umwandeln. ANF: Je intensiver die Aktionen der Guerilla werden, deste mehr wird seitens der türkischen Medien versucht, sie mit dem tiefen Staaten und der Ergenekon in Verbindung zu bringen. Wie werten Sie das aus? Was denken Sie über jene, die an die ser Sache eifrig mitarbeiten? Kalkan: Diese Sachen sind uns bewusst und im Rahmen der Spezialkriegskampagne zu betrachten. Jene, die das versuchen, sind sich der Wahrheit bewusst. Trotzdessen machen sie es, da der psychologische Kampf dies verlangt. Somit wollen sie das Volk tâuschen. Ansonsten haben diese Sachen keinen anderen Sinn. Jeder weiB ganz genau, dass die PKK die Organisation war, die gegen die Ergenekon gekâmpft hat. Wenn heu te die Ergenekon vor Gericht kommt, dann nur wegen ihrer Niederlage gegen die PKK. Doch wer damals in die Machenschaften der Ergenekon vervvickelt war, ist heute mit uns verfeindet. Die AKP-nahe Presse hat ebenso wie die AKP keine Prinzipien. Die einzige Maxime ist der eigene Profit. leh sage zu ihnen nur folgendes: Der Hund belit, die Masse lâuft weiter!(4) Sie bellen, die Freiheitsbewegung lâuft weiter! Man sagt, dass sie auch über uns einiges berichten. Unsere Bewegung ist bekannt. Das kur dische Volk, die Arbeiterkrâfte und patriotische Demokraten stehen immer positiv zu der Bewegung, selbst wenn die Presse solches schreibt. ANE NEWS AGENCY Fufinoten: 1- In der Vergangenheit hat der türkische Generalstab das „Verhindem der Beitritte zur Guerilla" als Ziel erklârt. 2- „Nationaler Sicherheitsrat" der Türkei. 3- 12. September und 12. Marz sind zwei ver schiedene Militarputsche. Am 28. Februar 1997 trennte sich Erdoğan von der damaligen 'Refah Par ti si'(Wohlfahrtspartei) und gründete die AKP. Dies wird 'postmodemer Putsch' genannt. 4- türkisches Sprichwort: it ürür, kervan yürür. "^Das Interview wurde sinngemâfi übersetzt von Dogancan - YXK Frankfurt Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! R O NA H Î Çj- Aktuelles / P o l İ t İ k Freiheit für die inhaftierten Kinder in Kurdistan und der Türkçü Bis zu 3.000 Kinder sitzen in der Türkei derzeit im Gefângnis, angeklagt wegen Beteiligung an Demonstrationen und wegen Steinewurfs. Dabei werden sie wie Terroristen behandelt. YXK-Frankfurt Die Kindheit stellt für jeden erwachsenen Menschen die Phase seines Lebens dar, an die er am meisten zurückdenkt, denn unsere Kindheit ist unsere unschuldigste Zeit. Es ist die Zeit, in der wir trâumen, ohne uns von angeblichem Realismus einengen zu lassen. Es ist die Zeit, an der wir am stârksten den Moment leben. Es ist die Zeit, in der wir vielleicht am meisten weinen, aber auch am herzlichsten lachen. Es ist unsere Kindheit. Unsere Insel der Ereiheit. Manche Menschen erleben ihre Kindheit unbeschwerlicher, andere verlieren das Kindsein schon mit Beginn der Kindheit, denn es gibt Dinge, die fragenden Kinderaugen nicht leicht zu erklâren sind. Der Krieg beispielsweise. Kinder in den Fângen des Krieges In Kurdistan verliert nunmehr schon die zweite Kindergeneration ihre Kindheit inmitten eines Krieges als Resultat der Leugnung des Rechts auf freies Leben für das kurdische Volk. Einerseits sind diese Kinder zu jung, um die AusmaBe dieses Krieges wirklich verstehen zu können, aber andererseits sind diese Kinder in diesen 7 Krieg hineingeboren worden. Von Geburt an befmden sie sich in einem Land, das von Panzem besetzt ist und in dem diese Pan zer auch stets als „Gefahr" oder „Bedrohung" gesehen werden - auch von Kindem. Denn die Menschen haben nicht vergessen, wie wâhrend des Aufstands von Cizre 1992 Kurdinnen mit Gewalt in deutsche Panzer gezerrt und anschlieBend niemals wiedergesehen wurden. Sie haben nicht verges sen, wie der 16-jâhrige Yahya Menekşe auf offener StraBe von einem Panzer überrollt und getötet wurde. Diese Panzer sind die Verkörperung von Krieg, Tod und Eolter. Aus diesem Grund wird in einem Land, in dem die Kinder als Terroristinnen bezeichnet und die kleinen Körper von 12jâhrigen mit unzâhligen Schüssen durchsiebt werden, auf Kugelgeschosse mit Steinen geantwortet. Deshalb werden Steine auf Panzer geworfen. Nun ist es aber so, dass der türkische Staat und Militârapparat in Kurdistan auch Kindem das Recht auf Leben nicht eingesteht. Infolge des Krieges in Kurdi stan haben unzâhlige Kinder üır Leben verloren, wurden schwer verletzt, wurden Opfer von Eolter, Zeugen von Dorfzerstö- rungen und Exekutionen und dementsprechend stark traumatisiert. Man erinnere sich beispielsweise an die 12-jâhrige Cey lan Önkol. Ihr Körper wurde wurde beim Weiden des Viehs durch ein von Soldaten abgefeuertes Projektil zerfetzt. Ceylan ist dabei nur ein Beispiel für eine enorm hohe Zahi der durch türkische Sicherheitskrâfte getöteten Kinder in Kurdistan. Kinder als ^Terroristen" inbaftiert Dazu kommt die Situation der inhaf tierten Kinder. Aufgrund einer Gesetzesânderung im letzten Jahr, sind seit 2008 mehrere hundert Kinder und Jugendliche bei StraBenprotesten gestützt auf das „Antiterrorgesetz" (TMK) verhaftet worden. Die Eâlle dieser Kinder, denen die Mitgliedschaft oder durch das Zeigen des Peace-Zeichens, das Werben für eine terroristische Organisation vorgeworfen wurde, wurden keinesfalls in entsprechenden Kinder- oder Jugendgerichten behandelt, sondem von GroBen Strafkammem. Auf grund der Willkür des TMK sind unzâh lige Kinder zu einer Gefângnisstrafe, die höher als ihr Alter liegt, vemrteilt worden. Hunderte warten seit Monaten in den Gefângnissen auf ihren Prozess. Der Jugendliche U.S.K. ist vom Gericht in Urfa zu 11 Jahren und 3 Monaten Haft vemrteilt worden, weil er beschuldigt wurde, wâhrend einer Protestaktion, bei der 2 Demonstranten getötet worden waren, mit Steinen auf Sicherheitskrâfte geworfen zu haben. Obwohl diese Tat noch nicht einmal bewiesen werden konnte, wurde der Jugendliche aufgrund der „Begehung ei ner Straftat im Namen einer terroristischen Organisation ohne selbst Mitglied zu sein" zu einer Haftstrafe vemrteilt, die der Zerstörung seiner Zukunft gleich kommt. Ein prominentes Beispiel, dass sogar in deutschen Medien(l) thematisiert wurde, ist die 15-jâhrige Berivan Sayaca aus Batman, die am 26. Januar 2010 im Trubel einer Demonstration von Polizisten zu- Bewahren wir unser Dasein und eıTangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Aktuelles / Politik FREE BERIV^ nâchst verfolgt und spâter verprügelt und in ein Wagen Richtung Wache gezerrt wurde. Das Urteil: 7 Jahre und 3 Monate Haft, angeklagt wegen angeblichen Steinewurfs, verurteilt wegen Beschâdigung öffentlichen Eigentums, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Propaganda für eine terroristische Organisation. Das Mâdchen beteuerte verzweifelt ibre Unschuld: „Ich verstehe nicht, warum sie mir so eine Strafe geben, obwohl ich keine Straftat begangen habe. leh verstehe nicht, was die Polizisten von mir wollten. Was habe ich ihnen getan? leh wollte lemen, zur Schule gehen. Warum haben die Polizisten mein Gesicht vermummt und Fotos gemacht?"(2) Als Beweis diente dem Gericht lediglich ein Foto, auf dem ein Schuh zu sehen war, der Berivans Schuh glich. Frst Yor kurzem konnte die Regelung, Kinder nach dem Terrorismusparagraphen zu verurteilen, aufgrund des groBen Drucks durch die kurdische Bevölkerung und einer Initiative der AKP wieder rükkgângig gemacht werden. Fs bleibt abzuwarten, was jedoch folgen wird, ob ali die Kinder, die noch immer in den Gefângnissen sitzen und deren Kindheit dadurch zu einer grausamen Frfahrung des Krieges zu verkommen droht, auf die Revidierung ihrer Urteile hoffen können. Wohlmöglich wird es auch abhângig von enormen bürokratischen Hürden sein, die in solchen Prozessen entstehen werden. Wâhrend nun so in Kurdistan Kinder und Jugendliche zu extremen Gefângnisstrafen verurteilt wurden, weil sie mit Steinen geworfen haben oder hâtten, können im Westen der Türkei Nationalistlnnen auf Kurdinnen, ihre politischen Vertreterlnnen oder kurdische Institutionen schieBen, ohne überhaupt mit Frmittlun8 gen rechnen zu müssen. Man erinnere sich daran, wie die Zentrale der kurdischen Partei für eine Demokratische Gesellschaft mit einer Waffe mehrmals beschossen wurde, ohne dass der Tâter jedoch belangt wurde. Noch weiter ging es in izmir. Wâhrend einer Veranstaltung der DTP wurde dessen Konvoi von einer Gruppe mit Steinen angegriffen. Der Prâsident der Wache von izmir, Ercüment Yilmaz, sprach von einem „plötzlichen Vorfall", den man nicht überbewerten sollte. Deshalb wurde in izmir auch niemand aus der 30-köpfigen Gruppe festgenommen. Fs wurden auch keine Personalien aufgenommen. Aber hier stellt sich doch folgende Frage: Warum ist es eine Straftat, die mit mehreren Jahren Gefângnis bestraft wird, wenn kurdische Kinder mit Steinen auf Panzer werfen? Und warum ist es keine Straftat, wenn erwachsene Menschen in der Türkei mit Steinen auf kurdische Abgeordnete werfen? Dies zeigt sich auch an der Behandlung des KCK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan. Öcalan, der seit fast 11 Jahren in völliger Isolation auf einer Gefângnisinsel gehalten wird, wurde im November 2009, nach der Ankündigung einer angeblichen „Verbessemng seiner Haftumstânde" in noch stârkere Isolation verabschiedet. In Folge der Protestaktionen gegen diesen Umstand sind in den darauffolgenden Wochen über 1000 Menschen, darunter zum gröBten Teil Kinder und Jugendliche verhaftet worden. Öcalan stellt den wichtigsten politischen Gefangenen in der Türkei dar - sowohl für die Kurdinnen, als auch für den türkischen Staat. Auch bei den inhaftierten Kindem und Jugendlichen handelt es sich um politische Gefangene, die zum gröBten Teil auf Protestaktionen gegen seine Haftbedingungen verhaftet worden sind. Deshalb fordem wir mit unserer Aktion Freiheit für aile politischen Gefangenen in Kurdistan, der Türkei und weltweit. Wir, die YXK und YDG haben gemeinsam eine Initiative für die Freilassung der Kinder gegründet und fordem aile demokratisch Denkenden dazu auf, ein Teil unserer Initiative zu werden. Freiheit für die inhaftierten Kinder!! Schluss mit der Isolationshaft gegen Öcalan!!! FuBnoten: 1- Süddeutsche Zeitung vom 28.4.2010: „Das Mâdchen Berivan", S. 3 2- http://de.indymedia.org/2010/02/274265. shtml Bevvahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHI Aktuelles / Politik ö a b : ölıne Oialof İ5t kein Frieiefi müeliclı! Abdullah ÖCALAN A bdullah Öcalan kam am 28.07.10, auf der Gefangnisinsel Imralı mit seinen Anwâltlnnen zusammen. Öcalan sprach wiederholt über mögliche Wege ftir einen gerechten Frieden an. Die Nachrichtenagentur Firat (ANF) veröffentlicht Auszüge aus den Anwaltsnotizen des Rechtsbüros Asrin: Der eigentliche Diskussionspunkt der BDP wâhrend des Referendums sollte sein: Werden die Kürden anerkannt oder nicht? Wichtig ist nicht, ob ein Boykott beschlossen wird oder nicht [Die Partei für Frieden und Demokratie, BDP, hat beschlossen, das Referendum, mit dem die Verfassungsândemngen beschlossen werden sollen, zu boykottieren. Nach Meinung der BDP hat die Ândemng der AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) keinen Inhalt für Kurdlnnen, Arbeiterlnnen, Schülerlnnen, Studentenlnnen ete.]. Wichtig ist, ob das Pro blem in der Gesamtheit angegangen wird. leh gehe das Problem allumfassend an. Bezüglich dieses Themas wird in der Öffentlichkeit viel zu beschrânkt diskutiert. Die Diskussionen haben einen viel zu einfachen StU und beschrânken sich auf „Ja" oder, J^ein". Das ist aber nicht besonders wichtig. Das wichtigere ist, dass man den historischen Kontext bzw. die Gesamtheit bei dieser Sache nicht aus den Augen verliert. Man muss sehr gut wissen, wie und wo die Kür den verloren haben. Wie will man ohne die ses Wissen unsere Gegenwart bestimmen? Was ist in den 88 Jahren seit 1922 passiert? Wieso haben die Kürden immer ver loren? Welchen Platz besetzen die Kürden momentan in dieser Republik? Verluste haben nicht nur einen Grund. Soziale, politische, wirtschaftliche, kültürelle und viele andere Gründe haben mitgewirkt. Das ist das, was ich meine, wenn ich sage, man muss darüber diskutieren und sich das historische Wissen aneignen. Mein Wunsch ist, dass jedes Problem auf jeder Plattform untereinander und mit der Bevölkerung zusammen angesprochen und gelöst wird. Wenn sechs Monate lang diskutiert wird, wird sich jedes Problem lösen. Wer hat die 9 Kürden ausgeschlossen und wamm? Die Re publik haben wir zusammen gegründet. Es wird gesagt, dass die Kürden Mitgründer der Republik sind. Wenn das behauptet wird, wenn gesagt wird, dass die Republik zu sammen gegründet wurde, dass wir Geschwister sind - wo werden dann die Kurdlnnen in der Verfassung vertreten? Fin neuer Prozess, der sich eine demokratische Ver fassung zur Grundlage nimmt, muss eingeleitet werden. Fine ganz neue Verfassung. droht aus dem Gefangnis." Das ist nicht so einfach! leh nenne das, was passieren kann. Wenn das Problem auf politischer Basis nicht gelöst wird, dann kommt es zur Stagnation und gleitet in militârische Auseinandersetzungen. Âhnlich wie in Hatay/Dörtyol und Bursa/inegöl werden die Angriffe und Ge fechte sich auf Orte ausweiten, in denen Zivilistlnnen leben. Das kann dann im Gegensatz zu den militârischen Gefechten auf den Bergen zu viel schlimmeren Frgebnissen führen. leh habe gewamt, es wurde als Drohung aufgefasst. Was ist schlieBlich passiert? So, wie ich es vorher gesagt habe. Und das an örten, an denen es keiner erwartet hatte. Was würde passieren wenn so etwas angenommen in Colemerg/Gever passieren würde? Hunderttausende von Menschen würden auf die StraBe geben. Bekannter weise sind die Stâmme dort bewaffnet. Wenn sich die Guerilla unter das Volk mischt, werden Kriegsfiugzeuge, Bomben, Panzer ete. sprechen. Von einem Moment auf den anderen können dann Zehntausende von Menschen sterben. Wer kann die Jugend aus Amed aufhalten, wenn so etwas dort pas sieren sollte? leh kenne Amed. Wenn die Ju Wir haben nicht einmal eine Grund- gend aus Amed einmal aufgestanden ist, sich schule, die in unserer Muttersprache unter- auf aile StraBen verteilt hat und die Gueril richtet. Was ist das für eine Geschwister- la sich ebenso in diesen StraBen befindet, lichkeit? Die Kürden haben in Çanakkale dann kann diese Jugend von keinem mehr [Befreiungskrieg, angeleitet von Mustafa Ke aufgehalten werden. Wenn so etwas pas mal] mitgekâmpft, im Freiheitskampf und sieren sollte, wird eine „Fin-Tages-Bilanz" in Sakarya [ein wichtiger Teil des Canakkale- gleich mit der ,,30-Jahre-Bilanz" sein. In Kriegs] unterstützten die Kürden aktiv, wir solch einer Situation kann die Polizei oder waren wâhrend der Gründung der Republik das Militâr nichts machen. Fher werden mit dabei. Aber was ist danach passiert? Was Kriegsfiugzeuge, Helikopter und Panzer einist passiert, dass auf einmal die Kürden al- greifen. leh weise auf diese Gefahren hin. Das sage ich dem Staat und der PKK. Das les verloren haben? Das ist das erste. Das zweite ist die Grundlage dieses Pro- sind soziologische Feststellungen, mehr zesses: Dialog. Ohne den Dialog wird sich nicht. dieses Problem nicht lösen. Wenn kein Wie lange wird diese Gesellschaft dies AlWaffenstillstand bzw. die Grundlage für ei les noch aushalteh? leh trauere. Nicht allein nen Waffenstillstand geschaffen wird, kann um die PKK-Guerillas sondem auch um stergar nichts passieren. leh sagte vorher schon, bende Polizisten und Soldaten. Das reicht dass auch in den Stâdten Gefechte werden aber nicht. Dieses Problem wird entweder stattfmden können. Diese Worte wurden aber gelöst oder solche Dinge werden ,4iatürlich" der Wahrheit entstellt und man sagte: „Apo geschehen. Dies muss auch die türkische Be- Bewahren wir ıınser Dasein und erlangen wir unsere Freıheit! RONAHÎ Aktuelles / Politik völkerung verstehen. leh deute auf Gefahren hin! Demokraten, Sozialisten, Intelektuelle aus der Türkei sollten nicht nur bezüglich dieses Themas ihre Gedanken aussprechen sondem etwas Verantwortung übemehmen. leh befürehte auf Grund der ganzen Ereignisse sehlimmes. Um dem ein Ende zu setzen, bemühe leh mieh Tag und Naeht und sehlafe nieht einmal eine Stunde. Die jüngsten Ereignisse sind Gmnd meiner Sorgen und ieh versuehe den momentanen Zustand zu überwinden. Der Staat und die PKK maehen ihr eigenes Ding. Beide Seiten hören nieht einmal auf ein Wort, das ieh ausspreehe. Momentan ist der Frieden auf sehr dünnem Eis. Jeden Moment droht die Einsturzgefahr. Wenn keine Lösung kommen sollte, werden der Staat und die PKK untergehen. Eür die Lösung habe ieh vorher sehon meine Vorsehlâge in Worte gefasst. Das Parlament muss dieses Problem auf die Tagesordnung setzen und einige prinzipielle Besehlüsse fassen. Danaeh stehen zwei Dinge an: erstens, ein Aufbaurat muss erstellt werden und zweitens eine Wahrheits- und Gereehtigkeitskommission. Ohne dies wird die Lösung nieht kommen. Wenn dies gemaeht wird, dann wird eine gewisse Gmndlage gesehaffen, ansehlieBend kann die KCK ihre bewaffneten Einheiten an einen Ort zurüek ziehen, der unter der Kontrolle der Vereinten Nationen steht. Dafür reieht meine Kraft. leh kann das maehen. Wenn der nötige Zustand ausgerufen wurde, kann ieh dies maehen. Ansonsten wird sieh die Situation, den wir die letzten Tage erlebt haben, weiter zuspitzen. Unter diesen Umstânden kann man von mir niehts erwarten. leh appelliere an beide Seiten: Unter diesen Umstânden irgendetwas von irgendjemanden zu erwarten ist weder ethiseh, noeh mensehlieh, noeh demokratiseh. Unter die sen Umstânden kann eine so groBe Verantwortung nieht auf die Sehultem einer Person geladen werden. Der Staat lâdt die Verantwortung seiner Erfolgslosigkeit und die PKK der ihrer Inkompetenz auf meine Sehultem. Wenn das Problem mit der BDP gelöst werden kann, dann soll es getan werden. Man kann es mit der PKK versuehen, aber der Staat bekommt das nieht hin. Wenn ieh als Anspreehperson genommen werden soll, dann müssen einige Besehlüsse im Parlament gefasst werden. Dafür gibt es Beispiele aus der Welt. leh kann unter den jetzigen Umstânden keine Verantwortung 10 übemehmen; leh muss die Guerilla erreiehen. Wenn ieh darüber spreehe, wird es als Sünde aufgefasst. leh kann darüber nieht nor mal spreehen. Deswegen muss das Parlament einiges entseheiden. Seit zwölf Jahren ist hier nieht einmal ein Femseher. Die anderen Freunde können te lef onieren, ieh kann nieht einmal das! Wie soll ieh da Verantwortung übemehmen? AuBerdem werde ieh immer âlter. Wenn da noeh die Haftbedingungen dazu kommen, mit denen ieh lebe, wird es immer sehwieriger Initiative zu ergreifen. Eins muss noeh gut gewusst werden: Mein Körper hâlt das alles nur his zu einem gewissen Punkt aus. leh werde nieht für immer leben. Als ieh envâhnte, ieh werde mieh am 31. Mai zurüekziehen, sagte ieh das aueh ein wenig wegen meines Alters und meiner Umstânde. Von mir wird sehr viel erwartet. Wenn ieh mieh auf einmal zurüek gezogen hâtte, dann könnte sehlimmeres passieren. leh habe daher eher gedaeht, meinen Rükkzug Sehritt für Sehritt zu vollziehen. leh weiB nieht, wie lange ieh das noeh aushalte. Weder der Staat hat die Absieht die ses Problem zu lösen, noeh will die PKK eine Revolution maehen. Das Volk hat wahrseheinlieh aueh keine Kraft mehr. Das Volk ist arm, ermüdet, gereizt und will endlieh eine Lösung. Wie envâhnt, können Lan sende von Mensehen in Colemerg sterben. In der Region sind einige GroBfirmen. Diese werden ihre Saehen paeken und von dort gehen. Deswegen ist es wiehtig Initi ative zu ergreifen. Erklâmngen abgeben reieht nieht. leh appelliere an den Staat: Wenn er die Lösung oder die Vemiehtung der PKK wUl, dann soll er das tun! Ahnliehes güt aueh für die PKK: Wenn sie eine Revolution ma ehen oder sieh ergeben will, dann soll sie es aueh endlieh tun. Es soüte nieht weiter in die Lânge gezogen werden. Die Geseüsehaft hâlt eine solehe Lösungslosigkeit nieht mehr aus. Innerhalb von sieben/aeht Jahren hat man mir vier Mal „waıte ein bissehen. Einige Altemativen sind vorhanden" gesagt. Das Ergebnis ist bekannt. Wir werden hingehalten, mehr nieht. leh habe zwölf Jahre abgewartet und Tag und Naeht für die Lösung gearbeitet. leh habe versueht den Frieden und die gesellsehaftliehe Lösung zu verwirkliehen. leh habe aber aueh eine Grenze. leh kann mit einem Satz alles zerstören, kann sagen, dass jeder tun soll, was er nieht lassen kann. Man kann mieh ansehlieBend aueh innerhalb einer Stunde umbringen; interes- siert mieh überhaupt nieht. leh habe davor keine Angst. Naeh dem Referendum werde ieh einer Hinhaltetaktik keine Chanee ge ben. Naeh dem Referendum stehen Wahlen an. AnsehlieBend wird „wartet die Wahlen ab" gesagt werden. Auf dieses Hinhalten werde ieh mieh nieht einlassen. Cemil Bayik spraeh davon, die „demokratisehe Autonomie" auszumfen. Wenn kei ne Lösung kommen sollte, haben wir das Beispiel Kosovo. So etwas kann passieren. Das ist das, wenn ieh sage, die Kürden sollen sehauen, wie sie zureehtkommen. Die Kürden wollen ein gemeinsames Le ben. Wir wollen sogar das alte „Misak-i Milli" aktualisieren und zusammen leben. Aber das alleinige „wollen" hat keinen Wert. Das muss gegenseitig und auf reehtlieher Basis sein. Wenn wir zusammen le ben, dann muss das eine „reehtliehe Ehe" sein. Die Verfassung muss das vviderspiegeln. Wenn in einer Ehe die Frau tâglieh gesehlagen wird, dann wird sie eines Tages abhauen. Ahnliehes güt aueh für die Kürden. Wenn sie üıre Reehte nieht bekommen, dann haben sie das Reeht darauf, das für sie Nö tige zu tun. Bezüglieh der nationalen Konferenz habe ieh einen Vorsehlag, der dem der PLO âhnelt. Unsere Organisation sollte nieht nur bewaffnet sein, sondem aueh ein Organ für Diplomatie, Exekutive und Verteidigung haben. leh habe drei Vorsehlâge: Die nationale Konferenz sollte sieh versammeln. Eine Exekutive muss gebildet vverden. Keine riehtige Regiemng. Eine einfaehe Exekutive, die ihre Arbeit maeht und diplomatisehe Beziehungen aufbaut. Verteidigung: Die Verteidigungskrâfte müssen koordiniert und in Einklang miteinander sein. Die Einheiten sollten nie wieder wie früher gegeneinander stehen bzw. gegeneinander Krieg führen. Neben dem sind die Vorsehlâge, die ieh vorher nannte vorhanden. Diese könnten ausdiskutiert werden. Man kann sieh im Sinne des „demokratisehen Konföderalismus" organisieren, ohne die vorhandenen Grenzen anzutasten. Dafür gibt es Beispiele aus der Welt wie^Südafrika. Sie haben aueh ei nen nationalen Kongress. Diese Beispiele kann man sieh als Gmndlage nehmen. Bewahren wir ıınser Dasein und erlansen w ir unsere Freilıeit! Aktuelles / P o l i t i k RONAKÎ GRAUE WOLFE HEUEEN WIEDER Über die Geschichte der "Grauen Wölfe" in der Türkei und Deutschland Kian Kurtz-YXK Marburg Dieser Beitrag soll einen Überblick über die Ideologie und Geschichte der „Grauen Wölfe", einer radikal faschistischen, türkischen Organisation, und ihren Einfluss in Deutschland bieten. Der Inhalt basiert hierbei auf einem Vortrag Alî Shîıins, den er am 27.4.2010 im Marburger Orientzentrum hielt. Grundlage des Vortrags ist das bald in einer nenen Auflage erscheinende Buch „Graue Wölfe heulen wieder - Türkische Faschisten und ihre Vernetzung in der BRD" von Kemal Bozay und Fikret Aslan (u.a.)l. Anlass für die Finladung des Referenten war für die Marburger YXKOrtsgruppe cine in Deutschland bzw. Hessen deutlich wahrzunehmende Prâsenz türkischer, faschistisch geprâgter, vernetzter Jugendlicher, welche als potentielle Gefâhrdung ziviler Strukturen in Deutschland gesehen werden, jedoch als durch die deutsche Politik und Ge- II sellschaft nach unsrer Auffassung zu wenig beachtet betrachtet werden bzw. verharmlost dargestellt werden. Um die Fntstehung und das Wesen der militanten Bewegung „Grauen Wölfe" (trk.: Bozkurtlar) zu verstehen, muss cin Blick in die Geschichte der Türkei geworfen werden. Eine faschistische Organisation Fnde des 19. Jhd. galt das Osmanische Reich als der „kranke Mann vom Bosporus", was aus seinen verkrusteten Strukturen, seiner hohen Verschuldung und den Abspaltungstendenzen ethnischer Minderheiten resultierte. Die Integritat des riesigen Imperiums war in groBer Gefahr und damalige imperiale Mâchte benutzten es als Spielball ihrer Politik. In diese Zeit fiel der Aufstieg der Jungtürken, welche dem Reich durch milita- rische, wirtschaftliche und politische Reförmen zu alter imperialer Stârke verhelfen wollten um damit erstmals eine neue „erhabene" Identitât des Türkentums zu schaffen. Sie verfolgten die Ideologie einer Finheit aller Turkvölker („Pan-Turanismus"), was in einem GroBreich namens „Turan" aufgehen sollte. Mit der Niederlage im 1. Weltkrieg an deutscher Seite zerfiel jedoch der Traum Turans, welcher aber unter Mustafa Ke mal „Atatürk", der sich siegreich gegen die Kolonialmâchte durchsetzten konnte und 1923 die Türkische Republik gründete, von rechten Gruppen wieder aufgegriffen wurde. Der staatlich verordnete Nationalismus unter Atatürk fiel jedoch mit einer Türkisierungspolitik aller ethnischen Minderheiten zusammen, zu deren Zwecken enorme Zwangsumsiedlungen der Kürden durchgeführt wurden. Nach dem 2. Weltkrieg betrat Alpars lan Türkes die politische Bühne, cin ehemaliger ausgezeichneter Offizier der türk. Armee, der sich am ersten Militârputsch 1960 beteiligte um den damaligen Ministerprâsidenten Menderes zu stürzen, jedoch mit dem Ziel der Frrichtung eines autoritaren und repressiven Regimes. Türkes wurde zunâchst ins indische Fxil verbannt, kehrte jedoch '63 zurück und gründete die "Republikanischen BauemVolkspartei", die spâter in die neofaschistische „Partei der Nationalistischen Bewegung" (MHP ) umbenannt wurde. Zusammen mit anderen Offizieren baute Türkes in den '60er Jahren auch die ersten rechtsextremen Kommandolager auf, aus denen nationalistisch eingeschworene, paramilitarische Schlâgertruppen hervorgingen, die „Grauen Wölfe". Der Name entstammt der Leğende nach vom „Grauen Wolf', der die frühen Türken vor der Unterjochung durch die Chinesen gerettet haben soll, bevor die se westwârts in ihre neue Heimat Kleinasien wandern konnten. Fingesetzt wur- Bewahreıı wir unser Dasein uııd erlanaen wir unsere Freiheit! RONAHr Aktuelles / Politik i POLIZEI den die Grauen Wölfe offiziell gegen die „Bedrohung durch den Kommunismus'', faktisch aber fungierten sie als Instrument der Hoheit über den StraBenkampf. Durch die gezielte Ermordung linker Oppositioneller reprâsentierten sie die militante und kriminelle Rechtsbewegung in der Türkei. Durch StraBenterror, Massaker und Provokationen ermordeten die "Grauen Wölfe" zwischen 1974 und 1980 nahezu 5000 Menschen. Sie schufen die Voraussetzung für den Militârputsch vom 12. September 1980. Instrument der Feindbildprojektion Die MHP unter Türkes schaffte es Anfang der 70er Jahre unterdes Kontakte zu Regierungsparteien und zur Nationalen Heilspartei zu knüpfen und kaufte parteilose Abgeordnete, wodurch sie einen erheblichen Zuwachs an Macht erringen konnte. 1975 wurde die MHP zum Bündnispartner der konservativen "Gerechtigkeitspartei" (AP) und damit auch zur Regierungspartei. Türkeş wurde stellvertretender Ministerprâsident und hatte damit volle staatliche Rückendekkung für den organisierten Terror. Durch den Kontakt zum türkischen Geheimdienst MİT konnte sie weiterhin zahlreiche verdeckte Morde an politische und kurdische Oppositionelle durchführen. Die MHP war cin willkommenes In strument des kemalistischen Staates bzw. 12 des Militârs, um die Angst vor der elin ken Bedrohung" zu schüren. Als der Konflikt zwischen rechtsextremen Gruppen und dem linken Widerstand in den 70er Jahren schlieBlich entbrannte, entschloss sich das Militâr zum Putsch, in dessen Zusammenhang viele Mitglieder der Grauen Wölfe und Aisparslan Türkes verhaftet wurden. Die Situation der Inhaftierung rechtsextremer Politiker führte zu einem „Kulturschock" der MHP, die behauptete, dass sie die erste Bewegung sei, dessen Kader im Gefângnis sitzen aber deren Ideologie an der Macht ist. 1997 starb Türkes, die MHP konnte sich jedoch trotz der Abspaltung eines islamistischen Flügels '92 politisch stabilisieren. Die Beliebtheit Türkes war so groB, dass zu seinem Tod viele Beileidsbekundungen von prominenten Politikern ausgesprochen wurden. Dies lâsst erkennen, dass seine Ideologie des radikalen Nationalismus auch in den übrigen politischen Lagern verbreitet war. In den 1980er Jahren wechselte das Feindbild vom Kommunismus weg hin zur neu entstandenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, mit der sich das Militâr in den 90er Jahren schwere Gefechte lieferte. Die MHP und die Grauen Wölfe dienten hierbei wieder als geeignetstes In strument der heraufbeschworenen Furcht vor „Feinden der nationalen Finheit". Der entbrennende Krieg im Südosten der Türkei führte zu einer „nationaiistischen Fkstase" der türkischen Gesellschaft. Der Staat spielte hierbei bewusst mit dem Bild der Bedrohung durch die „kurdischen Separatisten", um die „chronische Fxistenzangst" der türkischen Bevölkerung neu zu beleben. Das Frreichen der 10%-Hürde und da mit der Finzug der MHP ins Parlament 1999, zur Zeit Öcalans Festnahme und Inhaftierung, zeigt, inwieweit Nationa lismus und Furcht vor dem „Separatismus" in die türkische Gesellschaft verankert werden konnten. Die Verstrickung der MHP und der Grauen Wölfe in die mysteriösen Vorfâlle des „Frgenekon" machen ihre radikalen und brutalen Machenschaften jedoch evident. „Frgenekon" beschreibt den „tiefen Staat" in der Türkei, der in den 70er Jahren durch geheime Organisationen wie die JITFM entstanden ist, und nach 2002, naeh der Machterlangung der AKP, aktiv wurde. Der tiefe Staat in der Türkei hat sich mit dem Anspruch gegründet, die ursprünglichen Prinzipien des Kemalismus zu verteidigen und cine „islamistische Unterwanderung" des Staates (gemeint ist heute die AKP) zu verhindern. Zu diesem Zweck organisierte sie unzâhlige politische Morde an kurdischen und anderen prominenten Politikern und Journalisten (z.B. Hrant Dink), verübte Anschlâge an Christen (z.B. in Malatya) und führte Massaker un ter der zivilen Bevölkerung durch. Dies vollzog sich innerhalb eines taktischen Manövers, bei dem die Schuld an den Morden der PKK und anderen politischen Feinden zur Last gelegt werden sollte, in dessen Folge cin gesellschaftliches Chaos entstehen sollte. Im Zusammenhang mit dem entstehenden Chaos sollte daraufhin die AKP mit dem Vorwurf der po litischen Inkompetenz und des Kontrollverlusts über die Staatssicherheit gestürzt werden. Veröffentlichte Dokumente und die ak tüeli laufenden Frgenekonprozesse, die von der AKP initialisiert wurden und der Aufdeckung und Verurteilung der Vor fâlle dienen, bringen die Verflechtung zwischen der Politik, dem Militâr, den Medien, der Mafia und den Grauen Wölfen ans Tageslicht. Frgenekon besitzt cin breites Spektrum von Mitgliedern bestehend aus Politikern, Professoren, Journalisten, Offizieren, Militârangehö- Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Aktuelles / Politik rigen und Mitgliedern der Grauen Wölfe, die bis heute ca. 17000 Tote zu verantworten haben. Die Ergenekonprozesse verdeutlichen neben dem aktuellen Machtkampf der AKP mit dem Militâr auch die Herangehensweise der rechtsextremen Strukturen der Türkei. Durch das Teile-undHerrsche-Prinzip versuchen sie die Macht im Staat wiederzuerlangen. Auch in Deutschland bemühte sich die MHP schon früh Fu6 zu fassen. 1978 entstand die MHP unter dem Decknamen „Türk Föderation" mit dem Hauptsitz in Frankfurt a.M.. Sie organisiert sich auf Basis von Vereinsstrukturen, alicin 180 Verbünde sind in der Bunderepublik tâtig. Sie versuchte dabei stets gute Kontakte zu deutschen Parteien zu knüpfen, vorrangig mit der CDU, was cin Treffen Alparslan Türkes' mit dem damaligen bayrischen Ministerprâsidenten Franz Josef StrauB zeigte. StrauB lobte damals in einem Zitat den türkischen Nationalismus. Auch andere Politiker der CDU verharmlosten die Aktivitâten der Türk-Föderation mit der bloBen Feststellung ihrer Interessensvertretung im Rahmen der Gesetze. In den '90er Jahren entdeckte die Türkei besonders in der Regierungszeit 13 Tansu Cillers (1993-96) die im Ausland lebenden „Landsleute" für sich ais wichtige Reprâsentationsbasis neu. Türkinnen in Furopa sollten wichtige Lobbyarbeit für den türkischen Staat leisten, um dessen Image zu verbessem und um den tür kischen Nationalismus zu verbreiten. Auch die türkischen Medien sind hierbei zu beachten, die mit 9 in Deutschland empfangbaren Sendem einen hohen (politischen) Finfluss besonders auf türkische Jugendliche ausüben können. Çil ler rief zur Beteiligung im Kampf gegen den (kurdischen) Terrorismus auf, worauf aile türk.-nationalistischen und türk.islamistischen Organisationen in der BRD zu Bündnissen zusammengeschlossen wurden, um aktiv zu werden und um cine geschlossene Prâsenz gegen cine kritische Haltung gegenüber der Tür kei zu zeigen. Einfluss des türk. Staates in der BRD Fine Finflussnahme von in der Türkei stattfindenden Prozessen auf türkische Ju gendliche in Deutschland zeigt insbesondere der Fail Abdullah Öcalan, dessen Verhaftung auf zahireichen Massendemonstrationen türkischer Faschisten in ganz Deutschland gefordert wurde. Hetzaktionen gegen die kurdische Freiheitsbewegung oder Angriffe auf kur dische Finrichtungen, wie z.B. in Brüssel, wurden gezielt vom türkischen Geheimdienst MİT organisiert. Letzterer konnte in den 90er Jahren seinen Finfluss auf türkische Strukturen in Deutschland durch gezielte Finschleusung seiner Agenten enorm erhöhen. So sind in der DITIB, dem gröBten islamischen Verbund in Deutschland Mitarbeiter des MİT tâtig, um die Organisation staatlich zu kontroUieren und um Informationen für den türkischen Staat zu beschaffen. Auch Lehrstellen der türkischen Sprache an deutschen Schulen werden gezielt durch das türkischen Bildungsministerium besetzt, um nationale Gefühle und Werte der Kinder aus der Türkei zu fördem und zum anderen um 'verdâchtige' Personen den offiziellen Stellen zu melden. Die Grauen Wölfe stützen sich in ihrer Arbeit in Deutschland verstârkt auf cine Kooperation mit dem MİT In zahireichen Stâdten besonders in Nordrhein-Westfalens konnten und können auch heute noch zahireiche faschistisch geprâgte, türkische Studenten durch die Frlangung von Positionen in der Hochschulpolitik wie zum Beispiel dem ASTA cine Aufdeckung und Bekâmpfung ihrer faschistischen Strukturen und allgemein den Finsatz für den kur dischen Freiheitskampf auf universitârer Fbene blockieren. Die Unterwanderung ziviler, univer sitârer und politischer Strukturen in Deutschland durch faschistisches Gedankengut erfolgt oft verdeckt und unauffâllig. Da wo sie auffallen, werden sie verharmlost dargestellt, was cine Bekâmpfung erschwert. Finzig von linken Parteien und Organisationen ist cin aktiver Protest gegen diese Tendenzen zu erwarten. Wir, der Verband der Studierenden aus Kurdistan sind entschlossen, uns weiterhin für die Fnttarnung und Bekâmpfung faschistischer Strukturen in Deutsch land einzusetzen. Diesem Zweck galt auch unsere gut besuchte Veranstaltung über die „Graueh Wölfe" in Marburg. Wir rufen aile solidarischen Gruppierungen und besonders aile YXK-Ortsgruppen dazu auf, sich diesem Fngagement anzuschlieBen. Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ A k t ü e l l e : / Politik „Mit jedem Tod entsteht ein neues Leben^^ Staatlich legitimierter Mord als herrschaftssichernde Praxis und der Widerstand gegen ihn Arno-Jermaine Laffin - YXK Marburg Gibt man in der gröBten Online-Enzyklopâdie den Namen der Stadt Sine ein, werden die ereignisreiche alte Geschichte und die Handwerkskunst der ostkurdischen Stadt angepriesen. Doch mittlerweile steht die Stadt für mehr als für Perserteppiche und historische Brücken, sie steht auch für nichts anderes als Mord; Mord, der vom iranischen Regime an dem Kürden ihsan Fetahiyan begangen wurde. ihsan Fetahiyan wurde am frühen Morgen des 11. November 2009 im iranischen Gefângnis von Sine in Ostkurdistan hingerichtet. In einem politisch motivierten Verfahren wurde er zu zehn Jahren Haft verurteilt. Dieses Urteil wurde spâter im Berufungsverfahren in eine Todesstrafe umgewandelt. gegen das er entgegen internationaler Vereinbarungen (internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte), denen sich auch der Iran verpflichtet hat, keine Rechtsmittel einlegen durfte. ihsan war aufgrund seiner Teilnahme am kurdischen Widerstand gegen die Unterdrückung durch das iranische Regime der „Feindschaft gegen Gott" angeklagt worden. Sofort nach der Verkündung des Todesurteils wurde internationaler Druck auf das Regime ausgeübt, um die VoUstreckung zu verhindern, was nicht gelingen sollte. Fin Zusammentreffen zwischen ihsan und seiner Familie vor seinem Tod wurde ihnen verweigert. Nach der Frmordung durch Frhângen wurde sein Leichnam ohne angemessen würdevolle Trauer- feierlichkeiten begraben und die Familie des Frmordeten erst im Nachhinein über den Verbieib des Leichnams in Kenntnis gesetzt. Dieser Finzelfall ist ein Beispiel für den Umgang des iranischen Regimes mit seinen politischen Gefangenen. Gipfel der Repressionspraxen des Re gimes sind zweifellos das Inhaftiere, Foltern und Fxekutieren von Gegnerlnnen. Den kurdischen Widerstand trifft dies besonders hart. Zurzeit sitzen 18 politische Gefangene mit kurdischer Herkunft in iranischen Todeszellen. Diese Haft in Anbetracht einer baldigen Frmordung ist Folter, aber nicht nur in Todeszellen wird grausam gefoltert. Die Morde an den 18 sind absehbar, Versuche sie zu verhindern sind bis jetzt erfolglos geblieben, nur einige Aufschübe der VoUstreckung konnten erstritten werden. Doch der Kampf gegen Hinrichtungen von Gefangenen ist so alt wie der Kampf um Freiheit selbst und nicht von ihm zu trennen. Wie die gesamte kurdische Bewegung wird auch der Protest gegen die Todesurteile gegen die poli tischen Gefangenen im Iran zu einem groBen Teil von den kurdischen Frauen getragen, so organisierte etwa die Frauenplattform von Mersin Fnde Januar ein breites Protestspektrum und forderte vor allem demokratische und progressive Frauengruppierungen weltweit auf, sich an diesem zu beteiligen. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zur Internationalisierung des Kampfes ge gen die Todesstrafe, eine Symbolfigur für diesen Kampf ist der afroamerikanische Joumalist und politische Aktivist Mumia Abu-Jamal. Die Stimme der Unterdrückten Mumia wurde 1982 in einem politisch motivierten und rassistischen Verfahren schuldig gesprochen einen Polizisten er14 Bewahren w i r unser Dasein und erlangen wir ımsere Freiheit! Aktuelles / Politik RONAHÎ Gewalt erzeugt Gegengevvalt Doch die Herrschenden sollten wissen, dass Repression und Todesurteile sie nicht schützen können. Gewalt schlagt unweigerlich in Gegengewalt um zumindest werden Bedrohte zur legitimen Selbstverteidigung greifen und wird Forderungen nach Frieden und Freiheit nicht ersticken können. Die HRK (Hezen Rojhilata Kurdistane, Einheiten aus Ostkurdistan) haben sich zu dem tödlichen Attentat auf den iranischen Staatsanwalt Weli Heci Qulizade in der Stadt Xoy bekannt. Dieser Staatsanwalt war maBgeblich an den Todesurteilen gegen die Kürden Hasan Hikmet Demir und Fesih Yasemini beteiligt; die HRK bewertet das Attentat als Akt legitimer Selbstverteidigung. Fine Forderung, die sie mit der Aktion bekrâftigen wollten, ist eine menschliche Behandlung von Gefangenen in iranischen Gefângnissen, ein Ende von Folter und Repression. Wahrung von Werten und Trâumen schossen zu haben und zum Tode verurteilt. Viele Ungereimtheiten im Verfahrensablauf und die Motivation der Richter lassen starke Zweifel an der RechtmâBigkeit des Schuldspruches nach bloBem US-Recht bestehen, von internationalem Recht oder einer Legitimitât ganz zu schweigen. Zur Zeit seiner Inhaftierung war Mumla Aktivist der Black Panthers Party, die sich militant und selbstbewusst vor allem für die Rechte der schwarzen Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Nordamerika einsetzte. Durch seine Tâtigkeit als Journalist war er zu einer bedeutenden Figür des Widerstandes geworden, ihm wurde der Beiname „Stimme der Unterdrückten" gegeben. Der Protest einiger Freundinnen und Mitstreiterlnnen Mumias gegen seine Ermordung ist zu einer weltweiten, gut vemetzten Initiative gewachsen, die von der Basis aus Druck ausübt und die Todesstrafe generell angreift. Von Anfang an war der Kampf um das Leben von Mumia ein Kampf gegen die Herrschenden der Vereinigten Staaten und hat sich mittlerweile in den weltweiten Kampf gegen Unterdrückung eingereiht. Der Mord an Mumia ist bis heute ausgeblieben; 15 richten die Herrschenden ihn hin, wird er zu einem Mârtyrer, lassen sie ihn frei, gestehen sie ihr eigenes Unrecht ein. An der Todesstrafe lâsst sich gut der Charakter von Interessenpolitik der Herrschenden ablesen. Die Vereinigten Staaten, die selbsternannten weltweit vorbildlichen Demokratinnen und Menschenrechtlerlnnen werden nicht müde den Iran aufgrund seiner Atom- oder Israelpolitik zu verurteilen, doch bleibt ihre Kritik an dem Morden von politischen Gefangenen leise, denn an der Praxis der Todesstrafe halten sie selber fest. Die Stellung der EU oder ihrer Mitgliedsstaaten sieht nicht anders aus; auch wenn sie mittlerweile Mord als Bestrafung selbst nicht mehr offen praktizieren und den 10. Oktober zum „Tag gegen Hinrichtungen" erklârt haben, erheben sie ihre Stimme nicht gegen die Todesurteile, die gegen den kurdischen Widerstand gesprochen werden. Ein Einsatz für Menschenrechte und Menschlichkeit gegenüber Kurdinnen lehnen sie ab, solange diese ihren Kampf um ein anderes Leben nicht aufgeben oder sich die Interessen der Herrschenden und die Strategie zu deren Verfolgung nicht andern. Eine Bestârkung im Einsatz um das Leben der Aktivistinnen ist deren eigener Mut und Wille, mit denen sie bis zu ihrem viel zu frühen und unnötigen Ende ihres Lebens für die gerechte Sache und eine bessere Welt kâmpften. Trotz aussichtsloser Situation weigerte sich ihsan bis zu seiner Ermordung seine Werte und Trâume zu verraten; indem er öffentlich Reue geheuchelt hâtte, wâre er der Ermordung entgangen. Stattdessen blieb er seinen Überzeugungen treu und ging für sie in den Tod. In seinem letzten Brief schrieb er: „Wenn die Herrschenden denken, sie könnten die kurdische Frage und Kurdistan aus dem Weg schaffen, indem sie mich töten, so ist das eine leere Illusion. Dieses Ziel werden sie niemals erreichen, auch nicht mit meinem Tod oder dem Tod weiterer tausender Jugendlicher. Mit jedem Tod entsteht ein neues Leben." Bevvahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Aktuelles / Politik Seit die donm ins Sâmm Meer ML. Ein Beitrag zur aktuellen Kampagne TATORT-KURDISTAN(l) Klan Kurtz -YXK Marburg „Seit die Donau ins Schwarze Meer flieBt sind die Deutschen und die Türkei gezwungen, in einem sich ergânzenden Wirtschaftsraum zu leben. Die Welt muss der Realitât entsprechend gesehen werden/X2) Dieser Ausspruch der türkischen Zeitung Cumhurriyet aus dem Jahre 1941 bezieht sich auf die enge wirtschaftliche Verflechtung des damaligen faschistischen Deutschlands mit der Tür kei. Er verweist auf die lange Tradition der besonderen deutsch-türkischen Beziehungen seit dem 19 Jahrhundert, die seit jeher verschiedene Ausprâgungen militârischer und wirtschaftlicher Art annahmen. Ordnungsmacht im Nahen Osten Wenn man sich dem Wesen der da maligen Kooperationen nâhert, stöBt man unausweichlich an einige heikle Parallelen zur heutigen Zeit: Der wirtschaftliche VorstoB der deutschen Industrie Ende des 19. Jhd. z.B. im Rahmen des Eisenbahnlinienbaus (Bagdad-Bahn) diente der Expansion des deutschen Imperialismus und mündete in ein militârisches Bündnis im Ersten Weltkrieg, unter dem u.a. der Völkermord an den Armeniern durchgeführt wurde - unter Mitwissen oder gar Mithilfe deutscher Militârs.(3) Schon damals galt die Tür kei als wichtiges Standbein deutscher Interessensicherung im Nahen Osten und genoss daher die besondere Sympathie der deutschen AuBenpolitik. Spâter, in Zeiten der Eingliederung der Tür kei ins das westliche Militarbündnis NATO versorgte man die Türkei im Rahmen der unentgeltlichen Rüstungshilfe mit einem groBen Volumen an Kriegsmaterial, dass spâtestens nach dem Putsch 1980 durch die Militârjunta massiv gegen die neu entstandene kurdische Widerstandsbewegung eingesetzt wurde. Die Türkei rückte nach dem Kalten Krieg als geostrategisch wichtiger Partner Deutschlands und der Nato in das Zentrum der Nahost-Politik, da man ihr einen stabilisierenden Wert als Ord nungsmacht im Nahen Osten beimaB. Ungeachtet der in den 90er Jahren evident auftretenden Menschenrechtsverletzungen der Türkei in der Bekampfungspraxis gegen Kurdinnen lieferte Deutschland weiter Rüstungsmaterial zunâchst enorme Bestânde der aufgelösten Nationalen Volksarmee der DDR, nach 1995 dann in privatwirtschaftlichem Rahmen (z.B. durch Firmen wie ThyssenKrupp, Hecklar & Koch, Krauss-Maffei u.w.). Heute ist Deutschland laut dem „Stockholm Intemational Peace Research Institute" SIPRI nach den USA und Russland weltweit der drittgröBte Waffenexporteur. Die Türkei ist dabei der gröBte Waffenabnehmer deutscher Rüstungsgüter. Vor dem Hintergrund der alljahrlich von Menschrechtsvereinen wie dem IHD oder Amnesty Intemational veröffentlichen Berichten über die massiven Menschrechtsverletzungen der Türkei, die sich nicht nur gegen die PKK sondem z.B. durch Folterpraxis und Dorfniederbrennungen auch gegen die Zivilbevölkerung richten, stellt dies eine aufs Schârfste zu verurteilende Praxis dar. Waffen, Repression und Energie Aus diesen und anderen Gründen formierte sich Anfang dieses Jahres ein Gmppe deutscher linksautonomer Amedcampbesucherlnnen mit dem Ziel, die Verantwortung und die Rolle deutscher Unternehmen und der Bundesregierung an geeigneten Örten sichtbar zu machen. Es entstand dabei eine bundesweite Kampagne mit dem Namen „Tatort-Kurdistan", deren Zahi an Unterstützerlnnen sich his zum heutigen Tage entscheidend vergröBern konnte und über ein facettenreiches Qutput verfügt. Nach his heu te drei bundesweiten Vemetzungstreffen, an denen sich Menschen aus vielen verschiedenen Hintergründen und Organisationen beteiligten, konnte ein umfangreiches Programm von Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit geplant und 16 Bewahreıı wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Aktuelles / Politik teilweise bereits umgesetzt werden. In zahireichen Stâdten Deutschlands fanden bis heute verschiedene Aktivitâten wie Demonstrationen, Kundgebungen, Vortrâge und kreative Aktionen zum Thema statt. Die Kampagne erweiterte dank der vielen fachkundigen Aktivistinnen ihr Themenspektrum. Im wirtschaftlichen Bereich kam neben den Rüstungsexporten, die im übrigen auch die Verwicklung deutscher Unternehmen am HalabjaGiftgasanschlag 1988 thematisieren, auch die Beteiligung deutscher bzw. eu- ropâischer Unternehmen an umstrittenen Staudammprojekten wie dem Ilisu-Staudamm hinzu. Auch das europâische Projekt der Nabucco-Pipeline, an deren Bau Deutschland erhöhtes Interesse bekundet und es maBgeblich unterstützt, wird beleuchtet und dessen konfliktverschârfendes Potenzial und zweifelhafte wirtschaftliche Erfolgsaussichten an geeigneten Punkten kritisiert. Ein weiterer Fokus liegt auf der Kriminalisierung der kurdischen Bevölkerung in Deutschland. Hier steht insbesondere der „Terror-Paragraph" 129 ff. des StrGBs im Visier, auf dessen Berufung zahireichen in der Bundesrepublik lebenden Kurdinnen vermehrt das eventuell seit Jahr(zehnt)en bestehende Asylrecht aberkannt werden kann, oder aber Gefângnisstrafen von zweieinhalb bis zu vier Jahren verhângt werden, ohne das individuelle Straftaten nachgewiesen werden können. Besonders nach dem 1993 in Deutschland erfolgten Verbot der PKK müssen hiesige Kurdinnen mit erhöhter staatlicher Repression rechnen, wenn sie sich in Bezug auf Kurdistan auf irgendeine Weise politisch interessieren oder engagieren. Die im Frühjahr ausgeführten Razzien gegen kurdische Yercine in Deutschland, die Festnahmen von kurdischen Exilpolitikem und besonders der NATO-geführte Angriff auf den kurdischen Femsehsender Roj-TV im Mârz in Brüssel zeigen, inwiefern auch Furopa seine Antwort auf den Friedens- wunsch der kurdischen Bevölkerung gegeben hat. Tretboote und Flashmobs Fin motivierten Beitrag zur Kampagne versuchen wir als der Verband der Studierenden aus Kurdistan zu leisten. Wir, die YXK-Marburg, führten in Zusammenarbeit mit andern Freundinnen bereits zwei erfolgreiche Aktionen zum Thema durch. So schipperten wir am 6. Juli mit zwei Tretbooten und ausgerüstet mit einem groBem Transparent und einem Megafon auf der Lahn auf Höhe der Mensa herum, um lautstark auf die Themen der Kampagne aufmerksam zu machen. Mit einer Aktion des symbolischen Sterbens machten wir dann am 31.7. in zwei Flashmobs, einmal auf dem Marburger MarktpIatz und spâter an der zentralen Finkaufspassage, auf uns aufmerksam. I.9., Tag des Antimilitarismus Zum 1.9.2010, dem internationalen Antikriegstag und zudem bundesweiter Hauptaktionstag der Kampagne, wird die YXK in Zusammenarbeit mit anderen unterstützenden Gruppen in zahireichen Stâdten Deutschlands gröBere Aktionen durchführen. Im Namen der Kampagne laden wir aile Gruppen und Finzelpersonen herzlich dazu ein, sich an dieser Kampagne mit kreativen Aktionen, Veranstaltungen, Recherchearbeiten oder Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu beteiligen, um zur demokratischen und friedlichen Lösung der kurdischen Frage beizutragen. Weitere Informationen zu den Themen und zum Fortschritt der Kampagne findet ihr auf der oben angegebenen Internetprâsenz. FuBnoten: 1 - http://tatort-kurdistan.blog.de/ 2- Brauns, Nikolaus und Brigitte Kiechle (2010): PKK - Perspektiven des kurdischen Freiheitskampfes: Zwischen Selbstbetimmung, EU und islam. Stuttgart: Schmetterling 3 Vgl. Ebd. S. 385 17 Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! Gesellschaft / Analyse RONAHÎ Lehren der Kommune Ein Überbiick über die Gescbichte und Gegenwart der Râtedemokratie Dr. Nick Brauns „Die Kommune war cine Revolution gegen den Staat selbst, gegen diese übematürliche Fehlgeburt der Gesellschaft; sie war eine Wiederbelebung durch das Volk und des eigenen gesellschaftlichen Lebens. Sie war nicht eine Revolution, um die Staatsmacht von einer Fraktion der herrschenden Klassen an die andere zu übertragen, sondem eine Revolution, um diese abscheuliche Maschine der Klassenherrschaft selbst zu zerbrechen. ... Die Kommune war die entschiedene Negation jener Staatsmacht und damm der Beginn der sozialen Revolution des 19. Jahrhunderts. Was daher immer ihr Geschick in Paris ist, sie wird ihren Weg um die Welt machen." (Kari Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, geschrieben April/Mai 1871, MEW 17,541f.) „Es sollte unser grundlegendstes Para digma werden: Das Volk in Form von Kommunen von der Basis bis an die Spitze organisieren. Das muss in der Praxis so aussehen, dass praktische Lösungen für alltâgliche Probleme gefunden werden. Nur so können wir den Sozialismus ins Leben mfen. Die Pariser Kommune war ein guter Ansatz, doch wurde sie nicht gut verstanden. Wenn sie erfolgreich gewesen wâre, wâre der Sozialismus entstanden, den Marx wollte. Spâter kam jedoch ein Sozialismusverstândnis auf, dass der Sozia lismus mit Hilfe des Staates aufgebaut werden sollte. Der Staat kann aber nicht sozialistisch sein, nur die Gesellschaft kann sozialistisch sein." (Abdullah Öcalan, görüş me notlari, Eebruar 2010) Unter dem Namen „demokratischer Konföderalismus" wird in Nordkurdistan eine radikaldemokratische Reformbewegung durchgefiihrt. Eine Gesellschaft, die seit Jahrtausenden von einem allmâchtigen Staat formieıt und unterdrückt wurde, beginnt mit basisdemokratischer Selbstorganisation und damit mit ihrer Selbstbefreiung. Bei ailen Besonderheiten der kurdischen Situation gab es in der neueren Gescbichte der Menschheit bereits eine Vielzahi von Versuchen der Selbstbefreiung durch radikale Demokratisierung und Selbstregierung, aus denen 18 wertvolle Lehren für die heutigen und zukünftigen Befreiungskâmpfe gezogen werden können. Insbesondere die Pariser Kom mune von 1871 diente Kari Marx, aber auch Lenin und heute Abdullah Öcalan als ein leuchtendes Vorbild. Mitten im deutsch-französischen Krieg des Jahres 1871 ergriff das werktâtige Volk von Paris die Macht. Nach der Niederlage in Sedan im September 1870 hatte die französische Armee kapituliert, Kaiser Napoleon III war in deutsche Gefangenschaft geraten, die Republik wurde ausgemfen. Im Januar 1871 drohte Paris die Besetzung durch die Deutschen. Die konservative bürgerliche Regiemng unter Adolphe Thiers hatte sich nach Versailles abgesetzt. In Stich gelassen von seinen bürgerlichen Herren, die aus Angst um ihre Privilegien lieber mit den deutschen Besatzem koUaborierten, als sich bei der Verteidigung von Paris auf das bewaffnete Volk zu stützen, nahmen die in der Nationalgarde organisierten Werktatigen von Paris den Schutz der Stadt in die eigene Hand. Der Versuch der Thiers-Regierung, die Kanonen der Natio nalgarde durch regulâre Soldaten zu rauben, scheiterte an der Verbrüderung der Solda ten mit den Nationalgardisten. Nun ergriff das Zentralkomitee der Nationalgarde in Pa ris die Macht, lieB aber gleich darauf Wahlen zum Gemeinderat - zur Kommune durchführen. Dieser revolutionâre Pariser Stadtrat herrschte vom 18.Mârz bis 28.Mai 1871. »Die Kommune bildete sich aus den durch allgemeines Stimmrecht in den verschiedenen Bezirken von Paris gewâhlten Stadtrâten«, heiBt es in Kari Marx' berühmter Beschreibung der in Paris verwirklichten Râtedemokratie, an deren Prinzipien sich aile spâteren sozialistischen Versuche messen lassen müssen. »Sie waren verantwortlich und jederzeit absetzbar. Ihre Mehrzahi bestand selbstredend aus Arbeitem oder anerkannten Vertretem der Arbeiterklasse. Die Kommune sollte nicht eine parlamentarische, sondem eine arbeitende Körperschaft sein, vollziehend und gesetzgebend zu gleicher Zeit. Die Polizei, bisher das Werkzeug der Staatsregiemng, wurde sofort aller ihrer politischen Eigenschaften entkleidet und in das verantwortliche und jederzeit absetzbare Werkzeug der Kommune venvandelt. Ebenso die Beamten aller anderen Verwaltungszweige. Von den Mitgliedem der Kommune an abwârts, musste der öffentliche Dienst für Arbeiterlohn besorgt werden. Die erworbenen Anrechte und die Reprâsentationsgelder der hohen Staatswürdentrâger verschvvanden mit diesen Würdentrâgem selbst. Die öffentlichen Âmter hörten auf, das Privateigentum der Handlanger der Zentrairegiemng zu sein. Nicht nur die stadtische Venvaltung, sondem auch die ganze, bisher durch den Staat ausgeübte Initiative wurde in die Hande der Kommune gelegt.« Die Kommunarden setzten eine Reihe radikaldemokratischer und sozialreformerischer Programmpunkte um. Hierzu gehörte die Trennung von Staat und Kirche, unentgeltlicher Unterricht an ailen Lehranstalten, der ErlaB der Mieten, die Unterstützung der legitimen und illegitimen Witwen und Waisen gefallener Kommunarden, die unentgeltliche Rücknahme verpfândeter Gegenstânde aus Pfandleihanstalten, das Verbot von Nachtarbeit in Bâckereien und die Sozialisiemng der von ihren Besitzem verlassenen Betrieben. Fortbestand des revolutionâren Geistes Doch die Bank von Frankreich, die das entscheidende Pfand in ihren Handen gewesen wâre, wagte die Kommune nicht anzutasten. Der Ausbmch der Bürgerkriegshandlungen verhinderte zudem den sozia listischen Elügel der Kommunarden an der weiteren Durchführung seines sozialen Programms. SchlieBlich war die Kommu ne als »Diktatur des Proletariats« gezwungen, eine Reihö von autoritaren MaBnahmen gegen ihre Eeinde zu treffen, wie das Ver bot konterrevolutionârer Presse. Gegen die in Frankreich isolierte Kommune verbündeten sich selbst die eben noch im Krieg gegeneinander stehenden Herrscher Frank- Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Gesellschaft / Analyse ökonomischen Gmndlagen umzustürzen, auf denen der Bestand der Klassen und damit der Klassenherrschaft mht. Einmal die Ar beit emanzipiert, so wird jeder Mensch ein Arbeiter, und produktive Arbeit hört auf, eine Klasseneigenschaft zu sein." Als „endlich entdeckte Form" der Befreiung der Arbei terklasse und damit aller anderen Unter drückten hatte Marx die Kommune bezeichnet. Damit machte er deutlich, dass es sich hier nicht einfach um eine „gute Idee" oder ein utopisches ideal handelt. Vielmehr zog Marx seine Lehren aus der Realitat, dem Die ökonomische Befreiung der Arbeit wirklichen Verlauf der Geschichte. Entsprechend bildeten sich in den Revolutionen Die besondere Bedeutung der Pariser des 20.Jahrhunderts immer wieder Râte nach Kommune lag nicht in ihrer aktiven Politik dem Modeli der Kommune. Nicht, weil dies oder auf sozialem Gebiet. »Ihr wahres Ge- in den Programmen kommunistischer Parheimnis war dies«, erkannte Marx, »Sie war teien so geschrieben war, sondem weil wesentlich eine Regierung der Arbeiter- diese Form der basisdemokratischen Selbstklasse, das Resultat des Kampfs der her- organisation sich immer dann im praktischen vorbringenden gegen die aneignende Klas- Kampf als notwendig envies, wenn die bese, die endlich entdeckte politische Form, un- stehenden Staatsapparate versagten oder sich ter der die ökonomische Befreiung der Ar offen gegen die Interessen der Masse der Bebeit sich vollziehen konnte." Die Arbeiter- völkemng stellten. klasse konnte nicht einfach die fertiğe Staatsmaschinerie in Besitz nehmen und fur "Aile Macht den Râten" ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen, sondem musste diese zuerst zerbrechen. DieAls der autokratische mssische Zar 1905 se Erkenntnis - die zugleich der wesentli- - nach der Niederlage Russlands im Krieg che Unterschied der kommunistischen zu ai gegen Japan - auf eine Demonstration len reformistischen sozialdemokratischen hungemder Arbeiter schieBen lieB, führte Strömungen in der Arbeiterbewegung wur- dies zu einer breiten Streikbewegung, in de de - war die einzige Korrektur, die Marx und ren Rahmen sich zur weiteren Koordination Engels nach der Erfahrung der Kommune Rate (mssisch: Sowjets) aus Delegierten der am Kommunistischen Manifest von 1848 groBen Betriebe bildeten. Noch waren die vomahmen. SchlieBlich war der bürgerliche Râte zu schwach beziehungsweise die in ihStaat nicht nur ein Instrument der Emanzi- nen organisierten politischen Strömungen zu pation des Bürgertums gegen den Feudala- zerstritten und zu zögerlich, um den zaridel, sondem zugleich eine Apparatur zur stischen Staat zu stürzen. So endete diese GeUnterdrückung der Arbeiterklasse. Aus- neralprobe der mssischen Revolution mit der gangsbedingung für die Kommune von Zerschlagung der Râte. Der Vorsitzende des Paris war daher die Ersetzung des stehen- Petersburger Arbeitersowjets, der junge des Heeres durch das bewaffnete Volk in Revolutionâr Leo Trotzki, wurde ebenso wie Form der Föderation der Nationalgarde. Und viele weitere Râteaktivisten inhaffiert. 1917 Marx betonte eine weitere Lehre, ohne die bildeten sich Anfang Mârz emeut Arbeiterdie Kommunalverfassung „eine Unmög- und Soldatenrâte, als es zu einer Hungerlichkeit und eine Tâuschung" bleiben mus revolte und Streiks der Arbeiter gegen den ste: die Notwendigkeit, auch die materiel- Zarismus kam. Zwar wurde der Zar gestürzt, len Bedingungen für die radikale Demo- doch es bildete sich parallel zu den Râten kratisiemng der Gesellschaâ durch eine Um- eine Provisorische Regiemng aus bürgerwâlzung der wirtschaftlichen Besitzver- lichen und sozialdemokratischen Parteien, hâltnisse zu schaffen. Eben dies hatten die die auch in den Râten noch die Mehrheit hat Kommunarden noch versaumt: „Die poli ten. Diese Parteien waren für eine Fortsettische Herrschaft des Produzenten kann nicht zung des Krieges. Auch sahen sie in den Râ bestehen neben der Verewigung seiner ge- ten nur eine vorübergehende Erscheinung, sellschaftlichen Knechtschaft. Die Kom die möglichst schnell zu Gunsten eines normune sollte daher als Hebel dienen, um die malen bürgerlichen Parlaments ersetzt wer- reichs und PreuBen-Deutschlands. Die Preu6en gaben den französischen Generâlen, die sie eben noch unterworfen hatten, grünes Licht zur Niederschlagung der Kommune. In der letzten Maiwoche drangen die gegenrevolutionâren französischen Truppen in Pa ris ein und metzelten 25.000 Kommunarden nieder. Die Kommune wurde zerschlagen, aber ihr Andenken lebte in ailen weiteren revolutionâren Kâmpfen der Unterdrückten weiter und ihre Lehren prâgten die nâchsten Versuche der Befreiung. den sollten. Nur die kommunistischen Bolschewiki, die anfangs nur eine Minderheit der Râtedelegierten stellten, vertraten die Losung, Aile Macht den Râten". Lenin, der aus seinem Schweizer Exil ins revolutionâre Russland zurückkehrte, formulierte im April 1917 in seinen Aprilthesen Programmpunkte, fur die die Bolschevviki in den Râten werben sollten. Nicht zufâllig knüpfte er hier an den Lehren der Pariser Kom mune an: „Nicht parlamentarische Republik - eine Rückkehr von den Arbeiterdeputiertenrâten zu dieser wâre ein Schritt rükkwârts -, sondem eine Republik von Ar beiter-, Landarbeiter- und Bauemdeputiertenrâten im ganzen Lande, von unten bis oben. Abschaffung der Polizei, der Armee, des Beamtentums. Entlohnung aller Beamten, die durchweg wâhlbar und jederzeit absetzbar sein müssen, nicht über den Durchschnittslohn eines qualifizierten Arbeiters." Diese demokratischen Fordemngen ergânzte Lenin durch die wirtschaftlichen Fordemngen der „Nationalisiemng des gesamten Bodens im Lande" unter Kontrolle von Landarbeiterrâten, der Verschmelzung aller Banken des Landes zu einer Nationalbank, die der Kontrolle des Arbeiterdeputiertenrates untersteht sowie der sofortige Übemahme der Kontrolle der gesellschaftlichen Produktion und Verteilung der Erzeugnisse durch den Arbeiterdeputiertenrat. Als sich im Laufe des Jahres 1917 zeigte, dass die bürgerlichen und sozialde mokratischen Parteien nicht gewillt waren, die drângendsten Fordemngen der Masse der Bevölkemng nach Brot, Land und Frieden zu erfüllen, sondem den Krieg weiter anheizten und die bisherigen Ermngenschaften der Revolution gefâhrderten, wuchs die Unterstützung für die Bolschewiki. Es war eine Zeit der Doppelherrschaft. Der bür gerliche Staat existierte mit der provisorischen Regiemng an der Spitze vveiter und setzte zunehmend repressive MaBnahmen gegen Arbeiter und Bauem durch, die ihre Rechte einforderten. Gleichzeitig existierten die Râte als eine Altemative. Nachdem die Bolschewiki dann noch an vorderster Front den Widerstand gegen den vom so zialdemokratischen Ministerprâsidenten Kerenski unterstützten Putschversuch des Generals Komiklow organisierten, hatten sie soviel Zustimmung unter den Arbeitem, Soldaten und Bauem gewonnen, dass sie bei den nâchsten Wahlen zu den Râtedelegierten gemeinsam mit dem linken Flügel der bâuerlichen Sozialrevolutionâre die Mehrheit Bewahreıı wir unser Dasein und erlangen wir linsere Freiheit! RONAHÎ Gesellschaft / Analyse stellten. Erst in dieser Situation, in der sie in den Râten die Mehrheit gewonnen hatten, entschieden sich die Boischewiki zum bewaffneten Aufstand zum Sturz der provisorischen Regierung und der Übemahme der ganzen Macht durch die Râte. Die Doppelherrschaft wurde durch die Oktoberrevolution beendet und Russland zur Raterepublik. Der auf Râte im ganzen Land gestützte Rat der Volksdeputierten mit Lenin an der Spitze führte eine Reihe demokratischer und sozialer MaBnahmen durch. So wurden sofortige Friedensverhandlungen aufgenommen, der GroBgrundbesitz an die landlosen Bauem verteilt, die Banken verstaatlicht und die Kontrolle über die Industrie den Arbeiterrâten übergeben. "Der Staat stirbt ab" Lenin und die Bolschewiki wollten nicht einen nenen starken Staat errichten. Sie verstanden die Râterepublik schon als einen ersten Schritt zur Abschaffung des Staates überhaupt. Denn im marxistischen Verstândnis hat sich der Staat in der Geschichte als Unterdrückungsinstrument der jeweils herrschenden Klasse über die Ausgebeuteten gebildet. Die Voraussetzung für cin Ende eines jeden Staates ist damit das Ende der Klassengesellschaft im Kommunismus. Doch solange es noch Klassen mit unterschiedlichen, ja gegensâtzlichen Interessen gibt, wird auch eine Râterepublik noch cin Staat in dem Sinne sein, dass sie ZwangsmaBnahmen gegen Menschen anwenden muss. Dies ist die, J)iktatur des Proletariats'', die zwar eine weitestgehende Demokratie für die Mehrheit der Bevölkerung ist, aber gegenüber ibren Feinden sich auch autoritâr zu wehren weiB. Lenin zitiert in seinem grundlegenden staatstheoretischen Werk „Staat und Revolution" Engels: "Indem er (der Staat) endlich tatsâchlich Reprâsentant der ganzen Gesellschaft wird, macht er sich selbst überflüssig. Sobald es keine Gesellschaftsklasse mehr in der Unterdrückung zu halten gibt, sobald mit der Klassenherrschaft und dem in der bisherigen Anarchie der Produktion begründeten Kampf ums Einzeldasein auch die daraus entspringenden Kollisionen und Exzesse beseitigt sind, gibt es nichts mehr zu reprimieren, das eine besondere Repressionsgewalt, einem Staat, nötig machte. Der erste Akt, worin der Staat wirklich als Reprâsentant der ganzen Gesellschaft auftritt - die Besitzergreifung der Produktionsmit- 20 tel im Namen der Gesellschaft - ist zugleich sein letzter selbstândiger Akt als Staat." Das heiBt: "An die Stelle der Regiemng über Personen tritt die Verwaltung von Sachen und die Leitung von Produktionsprozessen. Der Staat wird nicht 'abgeschafft' er stirbt ab." Die Realitât in der Sowjetunion war leider eine andere, da die geschilderten Voraussetzungen zur Schaffung der klassenlosen Gesellschaft weder ökonomisch noch politisch gegeben waren. Nachdem sich die anderen Partein mit der auslândischen Gegenrevolution verbündeten und Attentate gegen die Sowjetmacht und Lenin begingen, wurden sie als eine eigentlich nur vorübergehend gedachte MaBnahme verboten und die Bolschewiki damit zur einzigen Partei im Land. Die Verwüstungen durch Krieg und anschlicBenden von den imperialistischen Staaten unterstützten Bürgerkrieg führten in Verbindung mit der Rükkstândigkeit des Landes und seiner Isolation sowie der fortgesetzten feindlichen Belagerung und Kriegsdrohung durch das kapitalistische Ausland zu einer Deformation der Râtemacht bereits in der ersten Hâlfte der 20er Jahre. Viele der aktivsten und bewusstesten Revolutionâre aus der Arbeiterklasse waren im Bürgerkrieg gefallen. Die Râte bluteten regelrecht aus. Innerhalb der Mangelwirtschaft in dem bis zur Industrialisierung Ende der 20er Jahre weitestgehend agrarischen Land bildete sich eine materiell privilegierte Staats- und Parteibürokratie heraus, die die Arbeiterklasse entmündigte. Anders, als von Marx, vorhergesagt starb der Staat im Realsozialismus nicht ab, sondem erstarkte immer weiter. Demokratische Eigeninitiative der Werktâtigen wurde von der Bürokratie als Gefahr für die eigene privilegierte Stellung angesehen und unter der Herrschaft Stalins und seiner Nachfolger mit Repressalien bis hin zu Hinrichtungen oder Arbeitslager für oppositionelle Kommunisten beantwortet. Die Sowjetunion und die nach ihrem Sieg gegen den Hitlerfaschismus in Osteuropa entstandenen Arbeiterstaaten bewiesen die groBartigen Möglichkeiten einer nach rationalen Kriterien geplanten statt nach Profitmaximierung strebenden Wirtschaft. Doch gleichzeitig erwürgte der bürokratisierte Staatssozialismus eben dieses Potential und bereitete damit letztIich der kapitalistischen Konterrevolution den Weg. Als 1989/90 der Realsozialismus von innen her zusammenbrach, rührten die von ihren Arbeiterstaaten entfremdeten und in Passivitât verharrenden Arbeiter keinen Finger zur Verteidigung der sozialistischen Errungenschaften. „Ohne Demokratie kann weder Sozialismus, noch Kommunismus entstehen" - diese Erkenntnis Abdullah Öcalans entspricht den gleichlautenden Gedanken von Rosa Luxemburg und Leo Trotzki, die schon früh auf die Gefahr einer solchen Degeneration des Sozialismus hingewiesen hatten. Beispiele von Râten weltweit Arbeiter- und Soldatenrâte bildeten sich auch in Deutschland in der Revolution von 1918/19, durch die der Kaiser gestürzt und der Krieg beendet wurde. Doch in diesen Râten hatten Sozialdemokraten die Mehrheit, die in den Râten nur eine Zwischenetappe auf dem Weg zum Parlamentarismus sahen. Die Anhânger einer reinen Râterepublik nach russischem Vorbild um Rosa Luxemburg und Kari Liebknecht verfügten im Unterschied zu Lenins Bolschewiki noch über keine starke kommunistische Partei. Versuche, dennoch mit einer Minderheit die Râterevolution weiterzutreiben, wurden von der sozialdemokratischen Regierung im Bündnis mit protofaschistischen Armeeeinheiten blutig niedergeschlagen. Liebknecht, Luxemburg und Lansende weitere Arbeiter wurden 1919 von der Soldateska unter Verantwortung des sozialdemokratischen Kriegsministers Gustav Noske ermordet. Diejenigen Râte, die sich nicht selbst aufgelöst hatten, wurden bis zum Frühjahr zersehlagen und die Weimarer Republik als bürgerlieh-parlamentarischer Staat gegründet. Unter der Losung ,Uand und Freiheit" bildeten sich emeut im spanischen Bürgerkrieg 1936 in Katalonien Arbeiter- und Bauemrâte, als Anarchisten und linke Sozialisten den Kampf gegen die faschistischen Truppen des General Franco mit dem Kampf für eine Landreform und den Sozialismus verbanden. Doch diese Râte wurden nicht nur von den Faschisten attackiert, sondem auch von der Kommunistischen Partei, die eine sozialistische Revolution zu diesem Zeitpunkt ablehnte, weil die Sowjetunion auf cin Bündnis mit den Westmâchten Frankreich und GroBbritannien hoffte. Dies sollte nicht das letzte Mal bleiben, dass Râtebevvegung und Parteikommunisten unterschiedliche Wege gingen. In Ungam 1956 und in Polen 1980 bildeten Arbeiter in den realsozialistischen Staaten Râte, um gegen die bürokratische Entmündigung für vvirkli- Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir un sere Freiheit! RONAHÎ Gesellschaft / Analyse Verhaftung oder sogar Frmordung durch staatliche Krâfte droht. Zudem wird cin un ter staathcher Repression leidendes und möglicherweise nur im Untergrund organisiertes Râtesystem nur die bewusstesten Teile der Bevölkemng erreichen und organisieren. Für eine lebendige Râtedemokratie ist aber die Organisiemng der gesamten Gesellschaft in Râten notwendig. * Solange cin Râtesystem isohert und von feindlichen Krâften umgeben ist, wird es nicht sein volles Potential entfalten können. Anstatt aile Krâfte in den Aufbau einer freien und sozialen Gesellschaft zu stecken, werden viele Fnergien in die Verteidigung gelegt werden müssen. Auch kann cin in feindlicher Belagerung existierendes Râte system nicht volle demokratische Freiheiten nach irmen gewâhren, da es sich seiner inneren Feinde envehren muss. Hier drohen ebenfalls undemokratische Deformationen. * Die radikale Demokratisierung der Gesellschaft durch Râte darf nicht nur auf den politischen Bereich beschrânkt bleiben. Sie darf nicht am Fabriktor oder vor der Farm enden. Solange die Râte in wirtschaftlichen Fragen keine Fntscheidungsbeftıgniss haben, werden sie keine Sozialprogramme zur nachhaltigen Verbesserung der Lebenssituation der Bevölkerung umsetzen können. Fntscheidungsbefugniss in Wirtschaftsfragen setzt allerdings Fingriffe in das Privateigentum an Produktionsmitteln und Gmnd und Boden voraus. Solche Fragen lassen sich auch in einem Râtesystem nicht im Konsens lösen, da die besitzenden Klassen sich ihren Besitz kaum durch demokratische Mehrheitsentscheidungen nehmen lassen werden. Dafür brauchen die Râte auch die Möglichkeit, Zwang auszuüben durch eine beLehren der Geschichte waffnete Fxekutive. Den je nach Bedürfnis Aus der bisherigen Geschichte der Râ- föderalistisch oder zentralistisch aufgebautebewegung lassen sich einige grundle- ten Râten auf politischem Gebiet - von der StraBen- und Stadtviertelebene his zu Progende Lehren ziehen. * Fine dauerhafte Doppelherrschaft zwi- vinz- und Landesebene - entsprechen damit schen dem bürgerlichem Staatsapparat, der im wirtschaftlichen Bereich genossenja cin Unterdrückungsinstrument der herr- schaftlich organisierten Kooperativen und schenden Klassen gegen die arbeitende vergesellschafteten Industriebetriebe unter Bevölkerung ist, und den Râten eben dieser Arbeiterselbstverwaltung. werktâtigen Menschen kann es nicht geben. * Wirkliche lebendige Râte bilden sich Fntweder wird der bürgerhche Staat die Râte nicht auf Befehl einer Partei oder eines Fühzerschlagen oder zu machtlosen Diskus- rers, sondem sind Produkte des praktisionsgremien degradieren, oder die Râte- schen Kampfes von Arbeitem und anderen bewegung muss den bürgerlichen Staat Unterdrückten. Ohne eine Partei oder idezerschlagen und sich zur Râterepublik er- ologische Führung, die für eine Ausweitung heben. Die Fortexistenz des bürgerlichen und Verallgemeinerung der Râtemacht einStaates bedeutet eine permanente Schwâ- tritt und das Ziel einer Râterepublik ausgibt, chung der Râte, deren Aktivisten Verfolgung, werden solche Râte jedoch früher oder che Arbeiterdemokratie und Sozialismus von unten zu kâmpfen. Râte blieben keineswegs nur auf Europa beschrânkt. Heute ist nur noch wenigen bewusst, dass die iranische Revolution 1979, in der der Schah gestürzt wurde, als eine Re volution der Arbeiter begann und sich Arbeiter- und Volksrâte bildeten. Doch Fehler groBer Teile der Linken, die wie die „kommunistische'' Tudeh-Partei Illusionen in Ajatollah Khomeini als ,4iatürlichen Führer der Revolution" und, Antiimperialisten" hatten, ermöglichte es den Mullahs, die Arbeiterrâte zu zerschlagen und die Volksrâ te in den Stadtteilen zu übemehmen, um sie anschlieBend abzuschaffen. Khomeini war eben nicht der Führer der Revolution, sondem ihr Totengrâber. Auch Kurdistan hat seine Râtetradition. Als zu Fnde des Golfkrieges 1991 die Diktatur der Baath-Partei in den kurdischen Landesteilen des Irak unter dem Ansturm der Massen zusammenbrach, bilde ten sich kurdische Volksrâte, die vorübergehend die Macht übemahmen, ebe sie der Kontrolle der groBen südkurdischen Parteien untenvorfen und wenig spâter unter dem Ansturm der zurückkehrenden Truppen des Baath-Regimes zerschlagen wurden. So, wie der preuBisch-deutsche Militarismus seinen gerade besiegten Feind Frankreich die Frmâchtigung zur Niederschlagung der Pariser Kommune gab, so erteilte US-Prâsident George W. Bush sen. seinem gerade be siegten Saddam Hussein grünes Licht für die Zerschlagung der kurdischen Freiheitsrâte. Fine emanzipatorische Selbstbefreiung der Kürden war von den USA nicht envünscht. 21 spâter wieder zerfallen oder sich zugunsten des bürgerlichen Staates wieder auflösen. Fine Partei, die die Râtemacht propagiert, muss durch ihr praktisches Beispiel und Vorbild Mehrheiten in den Râten gewinnen. Weltweit ist die bürgerlich-parlamentarische Herrschaftsform heute in einer tiefen Krise. Auch in Deutschland beteiligen sich immer weniger Menschen an Wahlen oder fühlen sich durch die gewâhlten Parlamentarier vertreten. Die sozialistische Râtede mokratie wird damit emeut zur Altemative sowohl zum zunehmend autoritâren bür gerlichen Staat im Neoliberalismus als auch zu den auch am Mangel echter Ar beiterdemokratie gescheiterten staatssozialistischen Systemen. Die Râteidee lebt somit auch im 21.Jahrhundert weiter - und Kurdistan ist hier cin Teil der Avantgarde. In nordkurdischen Stâdten, die von demokratischen Volksparteien wie der inzwischen verbotenen DTP und ihrer Nachfolgerin BDP verwaltet werden, bilden sich unterstützt von den Stadtverwaltungen Râtestrukturen für einen demokratischen Kommunalismus heraus. Noch fmdet der Aufbau dieser Râte inmitten feindlicher Belagemng durch den türkischen Staat statt und kann darum vorerst nur eine Minderheit der Be völkerung erreichen. Und noch wurde die Figentumsfrage nicht gestellt. Der GroBgrundbesitz der Aghas wurde nicht angetastet. Für die kurdische Revolution wird es zur strategischen Frage, ob es gelingt, eine demokratische Autonomie soweit zu erkâmpfen und zu verteidigen, dass der türkische Staat die Râtestrukturen nicht mehr angreifen kann. Und das System des de mokratischen Konföderalismus muss um eine wirtschaftliche Komponente enveitert werden. Das bedeutet, über eine Landreform ebenso nachzudenken, wie über eine demokratisch geplante und durchgeführte nichtkapitalistische Fntwicklung des Landes durch Kooperativen. Solange aber der türkische Kolonialismus über Kurdistan herrscht, ist der demokratische Konfödera lismus eine Schule der radikalen Demokratie und eine Kulturrevolution, durch die immer weitere Teile der Bevölkerung aktiv in den Kampf um Befreiung und Selbstbestimmung einbezogen wird. Das Frbe der Kommunarden von 1871 lebt heute weiter - in den Guerillacamps in Kandil ebenso wie im Hüchtlingslager Maxmur und in der Stadtverwaltung von Amed. *** Bewahren wir uııser Dasein und eriangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Gesellschaft / Analyse Die Eziden Religionshistorische Herkunft des Ezidentums / Tausi Meleks Kaptan Özdemir - YXK Hamburg Es gibt verschiedene Theorien aber kein Schriftmaterial über die Herkunft der Eziden (=„Der, der mich erschaffen haf). und der Entstehung der ezidischen Religion, deshalb ist es schwierig, genau zu bestimmen wie alt diese Religionsgemeinschaft ist: Eine unter dem ezidischen Volk stark verbreitete Theorie ist die der Verbindung zum Zoroathrismus, der durch die Reform Zarathustras entstand. Indizien für Gemeinsamkeiten gibt es viele, wie beispielsweise die von den Eziden gesprochene Sprache. Als viele Zarathustrier nach den arabischen Eroberungen aus Persien flüchteten, wurden die, die in den Norden Emigrierten „Yezdan Perest", also Gottesanbeter genannt, was wiederum die Verbindung über den Namen der Eziden darstellt. Viele Elemente, oder gar der Ursprung der ezidischen Religion sollen, so eine weitere Theorie, von der Mitras-Religion abstammen. Âhnlichkeiten gibt es bei dem Namen der Eziden, der Yazata, dem im alten Iran für die Mitras-Religion ver- wandten Begriff âhnelt. Weiter ist die Sonne, die bei den Eziden von Sheikh Schems symbolisiert wird in beiden Religionen heilig. Charakteristisch bei der ezi dischen Feier für „Izîd" und bei der Mitrasfeier zu Geburtstag Mithras, was zur gleichen Zeit stattfmdet ist die Zündung des Feuers. Genau so, wie die Anhânger der Mitras-Religion zu Ehren Mithras, opfem auch die Eziden im heiligen Lalish zu Eh ren Sheikh Schems einen BuUen bei den Herbstfeierlichkeiten. Eine weitere Theorie ist, dass der Tausi-Melek von seiner religionshistorischen Herkunft her der sumerische Gott Nabo sei, Hauptfigur in der babylonischen Reli gion. Der Gott der Sumerer im alten Mesopotamien, 6000 bis 7000 vor Christus, sei für die Babylonier wie Tausi-Melek für die Eziden der Ursprung der Weisheit, der Herr der Landwirtschaft und der Belehrer der Menschheit. Zudem sei die Funktion des Tausi-Melek beim ezidischen Jahreswechsel identisch mit der des Nabo im ba bylonischen Jahreswechsel. Wie die Ezi den begingen die Babylonier ihr Neu- jahrsfest im April. Mittwoch, der heilige Tag der Eziden, der in Verbindung mit Tau si-Melek steht, war auch den Babyloniem heilig und steht in Verbindung mit Merkür, dem Planeten, der Nabo symbo lisiert. Tausi Melek - Engel Pfau AuBer Gott existieren in der ezidischen Religion die sieben Erzengel. Auch in den drei groBen Weltreligionen begegnet man fast den gleichen Personalitâten. Tausi Me lek, der als Engel Pfau personifiziert wird, ist das Oberhaupt der anderen sechs Engel und er ist an der Gestaltung der Welt und an der Schöpfung von Adam und Eva beteiligt. AuBerdem herrscht er im Auftrag Gottes über die Welt. Nach Ansicht der Eziden ist der Tausi Melek der Ursprung für Weisheit, denn er ist der Stellvertreter Gottes. Es wird berichtet, dass der gefallene En gel 7000 Jahre im höllischen Feuer verweilte - den er weigerte sich vor Adam niederzuknien, da er aus Feuer bestünde und Adam nur aus Lehm - und füllte aus Reue über seine vorhergegangenen Handlungen sieben groBe Tonnen mit seinen Tranen. Gott gerührt durch die Reue und das Weinen, verbesserte sein Naturell und sein Inneres, lieB ihn ins Paradies zurükkkehren und liebte ihn vor ailen übrigen Engeln. Danach übertrug er ihm den Vorstand über die Engel. Mit den Tranen des gefallenen Engels, die in den Tonnen waren, soll das HöUenfeuer gelöscht worden sein. Pfauen-Symbolik In der Religionsgeschichte hatten die Völker für den Sonnengott verschiedene Vogelsymbole; bei den Âgyptem war es; der Falke, bei den Griechen der Schwan und bei den Indem der Adler. Bei den Ezi den ist es bis heute der Pfau. 22 Bewalıren wir unser Dasein und erlaııgen wir uıısere Freiheit! RONAHI Gesellschaft / Analyse Es wird durchweg angenommen, dass das Symbol Tausi-Meleks der Pfau (Vogel) ist. In der Mythologie der Eziden spielt die Geştalt des Pfaus zweifelsohne eine wesentliche Rolle. Dieser Vogel symbolisiert aber weder Tausi-Melek noch wird er als Gottheit verehrt. Vielmehr wird er als Sym bol des Sonnengottes Schemesch aus der Zeit der alten Völker Mesopotamiens ü b e r n o m m e n . Die Earbenvielfalt und Schönheit des Pfaus übertrugen die Eziden auf Tausi Melek. Die Tatsache, dass die Eziden eine Parallele zwischen der Symbolik des Pfaus und Tausi Melek herstellen, widerspricht nicht der alten Idee, dass der Pfau ein Symbol des Sonnengottes ist. SheikhAdi Über die Herkunft des Sheikh Adi gibt es viele Spekulationen und Vermutungen. Eine Variante ist die Erforschung des ehemaligen französischen Vizekonsuls in Mosul, Sioffi N . Dieser offenbart, dass Sheikh A d i , den die Ezidis als den zweiten Stifter ihrer Religion verehren, der zu seiner Zeit hochberühmte Sufi A d i ben Musafir al-Hekkari (ca. 1070 - ca. 1160 n. Chr.) war. Dieser Adi ben Musafir zog sich den Beinamen al-Hekkari zu, da er sich auf Grund einer Offenbarung, die ihm zuteil wurde, in das Hekkari -Gebirge bei Mo sul zurückzog. Diese Offenbarung geschah in Eorm einer Erscheinung des Tausi Melek; dieser soll ihm kultische und ethische Vorschriften offenbart haben, woraufhin er nach Mosul zurückgekehrt sei. Nach diesen Vorschriften sollte er seine Jünger lehren. Diese ihm zuteil gewordenen Vorschriften habe er mit Strenge und Energie als durchgreifende Reformen bei den Eziden einzuführen. Einige dieser Reformen waren: Das Verbot der Heirat zwischen nahen Verwandten, Ordnung der Eunktionen und Rangstufen der Kulturdiener, Einführung der Kindertaufe, Verbot von Mord Diebstahi und Meineid und dem bis heute bestehenden Brauch, sich aus den Angehörigen der Gemeinde „Schwester oder Bruder für das Jenseits" zu wâhlen. Die Heiligen Bücher Die Geschichte und Leğenden der Ezi den bestehen nicht ausschlieBlich aus Überlieferungen, die heute noch durch die mündliche Eorm weitergegeben und erlebt werden. Neben den mündlichen Überlie ferungen existieren zwei religiöse Bücher, das Buch der göttlichen Offenbarung und das Schwarze Buch. Die Weitergabe der religiösen Traditionen erfolgt in der ezidischen Gesell schaft mündlich. Es fehlt eine verbindliche schriftliche Eixierung der religiösen Überlieferung, die durch die Geschichte hindurch hâtte befragt und Quelle für die Reflexion hatte werden können. Auch die beiden Heiligen Bücher der Eziden besitzen in ihrer Aussagekraft über das Ezidentum keinen allgemeinverbindlichen Charakter. Teilweise entsprechen die beschriebenen Inhalte nicht den ezidischen Vorstellungen. Trotzdem kann diesen Büchem als Zeitdokumente der ezidischen Theologie eine groBe Bedeutung beigemessen werden. Die in den Büchem enthaltenen Mythen über die Weltschöpfung, die Entstehung der Engel mit Tausi Melek an deren Spitze sowie in Teilen die als verbindliche Gesetze formulierten Taburegeln und Meidungsgebote lassen sich auch heute in der ezidischen Lehre wiederfinden. Die Religiösen Klassen Die yezidische Gesellschaft unterteilt sich seit Scheikh Adi in drei streng endogame Kasten. Die Gmppen sind unterteilt in Laien - die kurdische Bezeichnung lautet „Mirid" (das allgemeine Volk) - und die Kaste der Geistlichen, die sich dann noch in zwei weitere Kasten unterteilt - die Kaste der „Sheikh" und die der „Piri'. Die Zuordnung der Kasten erfolgt nach dem Vererbungsprinzip. Die Geistlichen haben die Eunktion, die Laien zu betreuen und in der religiösen Lehre zu unterweisen. Darüber hinaus übemehmen sie wichtige soziale Eunktionen. Im Gegensatz zum Kastenwesen im Hinduismus haben die Ka sten im Ezidentum nicht die Eunktion, eine weltliche Hierarchie herzustellen, sondern sie leğen hauptsachlich religiöse Eunktionen fest. Jeder Ezide - auch ein Sheikh oder Pir - muss einen Sheikh oder Pir haben, der für üın zustândig ist und ihm als spiritueller Eührer dient. Durch ihre Einführung wurde eine komplexe Gesellschaft geschaffen, die aufgrund der gegenseitigen Abhângigkeit zu einer star ken Zusammenhalt unter den Eziden geführt hat. 23 Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Gesellschaft / Analyse vergleichbar mit dem Ereitag für die Muslime oder Sonntag für die Christen. Mittwochs und im April sind Hochzeiten untersagt. In der ezidischen Mythologie ist der April selbst eine Braut; die Erde darf in diesem Monat nicht bestellt werden, da sie zu dieser Zeit schwanger ist. Der Bau von Hâusern ist in diesem Monat zu unterlassen, da er als ein besonders religiöser Monat aufgefasst wird. Zusammenfassung Das Lalish Tal Im Lalish Tal befınden sich, die als Heilig geltenden Wasserquellen Kaniya Sipi (Wei6e Quelle), Kaniya Zemzem (Zemzem Quelle), Sikefta Berat (Berat Höhle) und die Pira Silat (Silat Brücke). Hier liegt auch das Grab von Sheikh Adi sowie anderer ezidischer Heiliger. Die Silat Brücke trennt im Lalish Tal den Heiligen Bereich vom restlichen Tal. Die Brücke darf nur Barfuss nach einer religiösen Waschung. überquert werden. Der Heilige Bereich des Lalish Tals darf nur Barfuss betreten werden. Das Tal liegt nordöstlich von Mesul im heutigen Irakisch-Kurdistan. In der Ezidischen Schöpfungsgeschichte wird die wichtige Bedeutung folgendermaBen angepriesen: „Gott hat die Ferle angepustet, dadurch wurde die Ferle erwârmt. Sie wurde rot und zerplatzte in mehrere Stücke. Aus dem gröBten Stück entstand die Sonne, aus anderen Stücken die Steme und Dampf. Aus dem Dampf entstanden Wolken, es regnete und das Meer entstand. Gott schuf dann ein Schiff und setzte die sieben Engel in das Schiff. Daraufhin fuhr das Schiff in aile Himmelsrichtungen aus. Da zu diesem Zeitpunkt die Welt ausschlieBlich aus Meer bestand, wollte Gott festen Boden schaffen. Er warf Lalish (die 24 Materie Lalish) ins Meer und an dieser Stelle wurde das Meer fest. Nachdem Teieres zu festem Boden geworden waren, strandeten die sieben Engel in Lalish''. Tabus, Essen und Speise-Verbote An erster Stelle ist das Endogamiegebot zu erwâhnen, d.h. ein Ezide kann nur innerhalb der ezidischen Gemeinschaft und innerhalb der religiösen Klassen heiraten, ein Ezide der auBerhalb der Gemein schaft heiratet, ist im strengen Sinne kein Ezide mehr. Eine Missachtung hat in der Regel den Ausschluss aus der ezidischen Gemeinschaft zur Eolge. Eine weitere Besonderheit der ezidi schen Religion ist das Verbot das Wort „Teufel" oder andere Worte mit gleicher Bedeutung oder mit âhnlichem Klang auszusprechen. Allein schon durch die Aussprache des Wortes Teufel erkennt man an dass es neben Gott eine weitere Macht gibt. Das Eluchen ist ebenfalls tabuisiert. Verbotene Nahrungsmittel sind Okraschoten, Kürbis, Kohl, grüner Salat, Fisch, Gazellen- und Schweinefleisch, Die Zwiebel dagegen hat eine hohe Be deutung. Die Zwiebel spielt im Totenkult der Eziden eine Rolle, indem sie ihre Toten mit Zwiebelsaff einreiben und ihre Grâber mit Zwiebeln bepfIanzen. Der Mittwoch ist für die Eziden ein heiliger Tag, Die ezidische Religion kennt - anders als der islam und das Christentum - nicht die Vorstellung von einem Widersacher gegenüber dem göttlichen Willen. Die Vorstel lung der Existenz einer bösen Kraft ist bei den Eziden nicht vorhanden. Vielmehr ist Gott einzig, allmâchtig und allwissend. Nach ezidischer Vorstellung kann keine zweite Kraft neben Gott existieren, die ohne seinen Willen etwas verrichten kann. Die Aussprache des Wortes des Bösen wâre gleichbedeutend mit der Akzeptanz der Existenz dieser bösen Kraft und stellt eine Gotteslâsterung dar. Der Begriff wird von Eziden daher nicht ausgesprochen. In diesem Zusammenhang sei ervvâhnt, dass die Eziden keine Faradies-Höllen-Theorie haben. Eziden glauben an Seelenvvanderung (kurdisch: kirasguhertin, Wiedergeburt). Der Mensch ist in erster Linie selbst verantwortlich für sein Wirken. Aus ezidischer Sicht hat Gott dem Menschen die Möglichkeit gegeben, zu sehen, zu hören und zu denken. Er hat ihm den Verstand ge geben und damit die Möglichkeit, für sich den richtigen Weg zu gehen. So symbolisiert Tausi-Melek in der ezidischen Theologie nicht das Böse und ist auch kein in Ungnade gefallener Engel. Aufgrund der Weigerung, Adam anzubeten, steht er für die Anerkennung der Allmacht Gottes. Er wurde von Gott zum obersten der sieben Engel erkoren und steht somit im Mittelpunkt des ezidischen Glaubens. Nach der Schöpfungsgeschichte der Eziden ist Tausi-Melek an der gesamten Schöpfung, an dem göttlichen Flan aktiv beteiligt. Eolglich verkörpert Tausi-Melek nicht den \Viderpart in einem dualen Weltbild, sondem ist der Bevveis für die Einzigartigkeit Gottes. *** Bevvahren wir unser Dasein und erlangen wir uıısere Freiheit! RONAHr Gesellschaft / Analyse Feuer, H o f f n u n g , W i d e r s t a n d Ein Tag in rned Ein Bericht der Newroz-Delegation 2010 Can Melita Der Blick in die Augen der Jugendlichen das Gesicbt ibrer Genossin zu zaubem. Docb ge; dass „solange die Frau in der kurdiscben aus Kurdistan spricht Bânde. Er lâsst den Ein- die eigentlicbe Bedrückung ist damit be- Gesellschaft nicbt befreit ist, es aucb kein freies blick in unschuldige Seelen gewâhren. See- gründet, dass Berivan die Erzâblung nicbt ver- Kurdistan geben kann", keine Sympatbien auf- len, welche geprâgt sind von Leid, Pein und steben konnte, weil in ibrem Hause ein an- bauen können. Gülistan fügt ergânzend die bi- Schmerz. Doch ist ebenfalls eine lodemde derer Dialekt gesprocben wird. Plötzlicb storiscben Erzeugnisse der Frau seit der Zeit Flamme zu erkennen. Glimmendes Eeuer taucbt der 7 Jâbrige Scbubputzer Firat auf, und des Neolitbikum binzu, und defıniert ge- zeichnend für Hoffnung, Glauben und Mut. teilt den beiden Damen auf eine cbiffrierte sonderte Cbarakteristika für die Frau, wie bei- Das Blut pulsiert, in den Venen ist ein Krib- Weise mit, dass ein Zivilpolizist ibnen auf den spielsweise bobes Empatbievermögen, In- beln zu spüren, der Wille zur Verânderung ist Versen liege. Impulsiv trennen sicb ibre novationskraft und Kreativitat. Ebenfalls unermesslich. Berxwedan (deut.: Wider- Wege, obne dass nocb ein Wortwecbsel werden an die legendaren Mârtyrerinnen Be- stattfindet. Im Parteigebâude angekommen, rîtan, Züan, Vîyan Soran und die deutscb-stam- Beide Zeiger der Uhr stehen auf sechs, wird gerade die aktüelle Ausgabe der Publi- mige Ronabî gedacbt, dessen Portrats an wenn Berivan am frühen Morgen das Haus kation „Yurtsever Gençlik" (deut.: Patrioti- den Wânden im Zimmer angebracbt sind. verlâsst. Beim Abschied, wünscht ibre Mut- scbe Jugend) verteilt. Dabei erwâbnt der aus stand) lautet die Lebensphilosophie. ter ihr viel Erfolg in der Schule und küsst sie Colemerg stammende Bote namens Botan, auf die Augen. Nach etwa 500 Metem weicht dass in Wan,2 Tage zuvor 9 von 10 Kurieren Berivan vom Schulweg ab und klopft an der von der Polizei aufgespürt und verbaftet Tür von Ronahi. Die beiden 17 Jâhrigen jun- worden sind. gen Erauen begrüBen sich so, als ob sie sich Bilder des Widerstands Beim anscblieBenden Frübstück wird darüber gestritten, wer mebr von den Teigwaren Spontan ruft die Jugend- Regionalvorsit- essen soll, welcbe Berfin von zu Hause mit- seit Jahren nicht mehr gesehen hatten. Ro zende Rojgul zu einer Sitzung im Konfe- gebracbt bat. Jede der Anwesenden teilt die nahi ist Waise, ibre Eltem karnen wâbrend der renzraum auf. Es werden einige Artikel aus der Meinung, dass sie selbst gesattigt genug Dorfverbrennungen durcb das türkiscbe M i - neuen Ausgabe der Yurtsever Gençlik laut vor- wâre, aile anderen aber nocb etwas mebr es litar Mitte der 90er Jabre ums Leben. Seitdem getragen, um sie anscblicBend gemeinsam zu sen solken. lebt sie mit ibren drei jüngeren Gescbwistem analysieren. Dabei entstebt in einem der Elendsviertel von Amed, in ei- ein Diskurs zwiscben Ave- nem Haus, dessen Wânde aus ein paar sta und Dilciwan bezüglicb scbimmligen Holzplatten besteben, und in eines Essays über die Po- dem weder Strom nocb Wasser flieBen. sition der Frau in der kur- Nacbdem Berivan ibre Scbuluniform durcb discben Freibeitsbewegung. eine Jeans und ein scbwarzes Hemd (bezüg- Auf die Tbese von Dilci- licb des Gedenken an den 16. Marz, dem 22. wan, wonacb die Füb- Jabrestag des Giftgasangriffs auf die süd- rungsroUe durcb einen ein- kurdiscbe Stadt Halabja) ersetzt bat, macben zelnen Mann getragen wür- sicb beide auf den Weg ins Gebâude der Par- de, und es aus diesem tei. Als ein Militarpanzer an ibnen vorbei rast, Aspekt keiner administrie- kommt Ronabi eine bumorvoUe Anekdote in renden Eraueninitiative be- den Sinn. Berivan zeigt drauf bin ein trüb- darf, entgegnet Avesta mit sinniges Gesicbt. Auf die Befürcbtung bin, dem Eaktum, dass ein dass die traurige Mimik damit zusammen- GroBteü der Manner der pa- bangen könnte, dass der Vater von Berivan triarcbal geprâgten Gesell dem Militar als Eeldwebel dient, versucbt Ro schaft Kurdistans mit Öca- nabi mit einem Scberz wieder ein Lacben auf lan aufgrund seiner Aussa- 25 Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Gesellschaft / Analyse Kontrollkameras installiert sind. Unter den Aktivistinnen sind auch Berivan und Ronahi vertreten. Am Vortag hatte Berivan unter einem Müllcontainer in der Nahe ihrer Schule eine Tüte mit Wechselkleidung platziert. Nachdem sich die beiden Freundinnen umgezogen haben, machen sie sich im schnellen Schritt auf den Weg nach Hause. Berivan besorgt auf dem Weg ein paar Sesamringe für die Geschwister von Ronahi, dessen Magen vor Hunger plarren müsste. Menschliche Liebe Die Sonne in Amed neigt sich ihrem Untergang. Man meint den Geruch von qualmender Asche zu duften. Ein Duft, der einem das Gefühl von Freiheit verleiht. Ein Schwarm weiBer Tauben schwebt durch die Lüfte der Abenddammerung. leh schlieBe Cane, Zana und Serxwebûn bereiten Mitte 30 Jâhriger Mann vorbei, in seinen wâhrenddessen Plakate für die anstehende Handen ein Plakat. „Edî bese!- Es reicht! Halabja- Gedenkdemonstration vor. Vor Schluss mit Krieg und Vemichtung" steht auf dem Parteigebâude haben sich tausende dem Plakat geschrieben. Die Sehnsucht Frauen, Mânner, Jugendliche und Kinder nach Erieden und dem Stopp des Blutver- versammelt. gieBen ist in seinen Augen zu erkennen. Aus den Lautsprechem des BDP-Busses Wenige Sekunden spâter beginnt der De- ertönen die Klânge eines alten Volksliedes monstrationslauf. Es erscheint einem so, als von Sivan Penver, in dem an den Angriff auf ob der Boden unter einem beben würde. Die die Stadt Halabja durch die irakische Armee Menge verleiht ihrem Streben durch Parolen gedacht wird. Waren es in Halabja irakische den Ausdruck. Parolen, dessen Klangfar- Soldaten, die das Massaker verschuldeten, be von einer facettenreichen Melancholie sind es heute in Amed türkische Streitkrâf- gepragt sind. Schreie aus der Seele lassen te, welche durch ihre Prâsens bei der De- die unterschiedlichsten Gefühle wie Wut, monstration für Verangstigung sorgen. Trauer, Schmerz, Hass und auch Liebe in- Trânen tropfen ihre Wangen herunter, als einander verschmelzen. eine âltere Frau kurz vor Demonstrations- Mit jedem Schritt, den die Masse tatigt, beginn ein Klagelied vortrâgt. Ihr Gesicht ist wachst der Demonstrationszug. Die La- gezeichnet von tiefen Wunden und von denbesitzer schlieBen ihre Geschafte, die Schmerzen erzahlenden Narben. Zwei ihrer Schülerlnnen strömen aus den Klassen- Töchter hatten sich der Guerilla ange- raumen und die Kinder beim FuBbalIspiel schlossen. Im letzten Jahr sind beide inner- gehen in die Halbzeit, um an dem Volks- halb eines kurzen Zeitraums im Sarg liegend marsch mit teilnehmen zu können. in ihre Heimat zurückgekehrt. In einer Pe- Kurz vor Ende der Demonstration taucht riode, welche der türkische Staatsprasident eine Gruppe camouflierter Jugendliche auf, mit den Satz einleitete, in dem es heiBt, dass welche sich binnen weniger Sekunde zu ei gute Dinge geschehen werden. Am Stra- ner Menschenpyramide positioniert hat. Die Benrand steht ein kleines Kind, welches Person an der Spitze hisst eine Flagge, auf wahrscheinlich in diesem Moment seine welcher Abdullah Öcalan abgebildet ist. Es ersten Schritte tatigt, und hebt dabei eine ertönen Rufe, in denen das Volk ihre Ver- Hand, geformt zum intemationalen Peace- bundenheit zu üırem Reprâsentanten zu Aus Zeichen, in die Luft. Ob es zukünftig in ei druck bringt. Blitzartig ist die Gruppe auch ner friedlichen Gesellschaft aufwachsen schon wieder verschwunden. In zweier Teams wird, bleibt ungewiss. Neben ihm lâuft ein werden Zielpunkte anvisiert, in denen keine 26 meine Augen, spreize meine Flügel und lasse mich vom Wind treiben. Ein Bild sagt manchmal mehr als tausend Worte aus. Um die Atmosphare von Amed so authentisch wie möglich dem Beobachter zu veranschaulichen, wurden versucht Bilder zu malen, in denen die Emotionen, Umstânde, Beweggründe und Aktivitâten an Ausdruck gewinnen. Die Erzahlung richtet dabei ihr Hauptaugenmerk auf die Jugend, deren Lebenssichtweise grenzenlose Faszinationen auslöst. Trotz gröBter Barrieren und Risiken, trotz den Hürden, die auf individuellen Schicksalsschlâgen basieren, strahlen die Gesichter der Jugendlichen aus Kurdistan vol1er Motivation, Optimismus und Hoffnung. Selbst in Situationen in denen alles schief zu verlaufen erscheint, ist eine Erfolg versprechende Atmosphare zu spüren. Nie ist auch nur der kleinste Wermutstropfen zu verzeichnen. Bemerkenswert ist in gleicher Weise der Gemeinschaftsgeist, welcher dem Ausdmck 'menschlicher Liebe' eine neue Bedeutung beimessen lasst. Uns haben die Eindrücke, welche wir wâhrend unserer Amed-Reise gevvonnen ha ben stark gepragt. Wir von der Y X K hoffen und erwarten, dass die Leserlnnen von der gleichen Motivierung wie wir profitieren werden, um zukünftig im gröBeren Rahmen noch effektiver und organisierter zu agieren. *** Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHI Gesellschaft / Analyse Netzwerk kurdischer Akademikerlnnen KURD-AKAD Netıw€rk kurdischer Akademikerlnnen e.V. Gülşen Sevindiren - Emel Engintepe demikerlnnen in Deutschland und Europa und dient somit dem Transfer von Erfahmngen in Pohtik und Profession. Einerseits ist es uns ein An liegen, wissenschaftliche Arbeiten zu den Themenfeldem Kurdinnen und Kurdistan zu fbrdem. Andererseits soll die Arbeits weise nicht auf theoretischer Auseinandersetzung verharren, sondem gesammelte Bildungsressourcen bündeln und zum Einsatz innerhalb der kurdischen Bevölkerung verhelfen, um Bildungskompetenzen zu potenzieren. Eines der bedeutsamsten Zie le ist die Schaffung einer adaquaten Interessenvertretung kurdischer Migrantinnen auf deutscher bzw. europaischer Ebene. Zugegeben ein sehr anspruchsvolles, aber dennoch erstrebenswertes Ziel. Nicht zu vergessen ist die Unterstützung be reits bestehender Hilfsorganisationen, sprich sozialer Projekte, in Kurdistan aber auch hier in der Bundesrepublik Deutschland. Die Satzung und ein Informationsflyer des Netzwerks sind über die Intemetseite www.kurd-akad.com einsehbar. Nach einjahriger Vorbereitungsarbeit, in der die Ziele und Zweck des Vereins konkretisiert wurden, erfolgte der Schritt der Vereinsgrün dung, der mit einem Gründungskongress im Februar 2009 bestatigt wurde und aus dem der derzeitige Vorstand hervorging. Mit der Grün dung wurde ein weiteres Kapitel zur ProfiDie Suche nach Betâtigungs- und Artikula- lierung des Vereins erölînet, das über konkrete tionsfeldem veranlasste einen Kreis ehemaliger Arbeitsgmppen und Aktivitaten zur FortbilStudentinnen, damnter viele ehemalige YXKler, dung und Mitarbeit in den Vereinsstmkturen ihre gesellschaftspolitische Arbeit fortzusetzen anregte: Zunachst wurden vier Arbeitsgmppen, und auszuweiten. Im Winter 2007 fand sich eine die an die Satzungsziele anknüpfen, eingeGruppe von Gleichgesinnten zu einem „Ehe- richtet. Eine Arbeitsgmppe zur ,fördemng von mahgentreffen" zusammen. Dort wurde die Idee Wissenschaft und Forschung", eine zur „Bileines Netzwerks von Akademikerlnnen geâu- dungsarbeit für Frauen und Jugendliche", Bert und eine Vorbereitungskommission ge- eine zur „Sicherung der politischen Interesgründet, die sich im Jahr 2008 regelmaBig traf. sensvertretung" und schlieBlich eine AG zur Bei den Treffen wurden die ersten Ansâtze für „Unterstützung soziale Projekte". Die Ar thematische Arbeitsgmppen eines Netzwerks ge- beitsgmppen richten sich an Mitglieder und schaffen und konkrete Projektideen entwickelt. Interessierte und bieten ein geeignetes Fomm, Zudem wurde die Intention eines Netzwerkes sich an der Vereinsarbeit zu beteiligen und sie kurdischer Akademikerlnnen prâzisiert und inhaltlich mitzugestalten. Im Zuge der Aktivitaten, die sich dem formuliert. Das Netzwerk steht in erster Linie für eine so- Gründungskongress anschlossen und vom zialpolitische Vemetzung der kurdischen Aka Vorstand organisiert wurden, konnte im Mai Vıelleicht haben einige von Euch bereits von der Gründung des Netzwerkes kurdischer Aka demikerlnnen im Februar 2009 gehört. Möglichenveise stoBt Ihr aber das erste Mal auf den Vereinsnamen und habt Interesse zu erfahren, was sich dahinter verbirgt. Wir, vom derzeitigen Vorstand, möchten Euch die Gründungsintention, Ziele und Arbeiten des Vereins an dieser Stelle nâher bringen. Das Netzwerk kurdischer Akademikerlnnen (Kurd-Akad) ist eine Vereinigung von Hochschulabsolventen und die Vereinsgründung ist ver dem Hintergrund unterschiedlichster Erfahrungen entstanden. Viele der Absolventen, die sich wâhrend des Studiums für die gesellschaftspolitischen Belange der Kurdinnen eingesetzt hatten, wollten Ihr Engagement fortführen. Dies lag überwiegend in der kontinuierüchen Teünahme an Diskussions- und Weiterbildungsveranstaltungen begründet, die im Studium für politische Beteüigung- und Ausdrukksmöghchkeiten sorgte. Andere Absolventinnen konnten sich erst nach dem Studium ihren politischen Interessen widmen und waren auf der Suche nach Organisationen und Institutionen, die Ihnen und Diren Anliegen gerecht werden soUten. Mit Abschluss der Bemfsausbildung bot sich Zeit und MuBe für cin professionelles En gagement, aber es mangelte an geeigneten Plattformen zur politischen Artikulation. 2009 eine Studienreise zum kurdischen Institut in Wien, das unter der Leitung von Prof. Dr. Jelile Jelil steht, durchgeführt werden. Spater im Oktober 2009 folgte ein Jahresempfang in Köln, bei dem sich Mitglieder und Interessierte zum 'social networking' trafen. Krönender Ab schluss der Vereinsarbeiten im Jahr 2009 bildete die Fachtagung in Kasbach-Ohlenberg un ter dem Titel „KurdInnen in Wissenschaft und Politik" im Dezember. Auf unserer Intemetseite www.kurd-akad.com liegen der Verlauf und ein Bericht der Tagung veröffentlicht vor. Mit dem Gründungsjahr 2009 ist das Fundament für eine solide und anspmchsvoUe Ver einsarbeit gelegt worden. Die Planung des derzeitigen Vorstands sieht die Vorbereitung der nachsten Mitgliedervollversammlung im Marz 2010, eines Workshops zu den Arbeitsgmppen im April und die Organisation einer nachsten Studienreise zum kurdischen Institut in Paris im Mai 2010 vor. Da ein Teil der Kurd-Akad Mitglieder vormals im YXK aktiv war und die Studenten von heute die Akademiker von morgen sind, sind Erfahmngsaustausch und gemeinsame Arbeiten ausdrücklich envünscht. Aufgmnd dessen ha ben erfreulichenveise einige YXKler die Fach tagung in Kasbach-Ohlenberg besucht. Zu dem nahmen Vorstandsmitglieder und Bochumer Ortsgmppensprecher des YXK an der sich anschlieBenden Vorstandssitzung teil, bei der wir uns einvemehmlich auf eine Kooperation beider Organisationen geeinigt haben. Im Zuge dessen wird erstens eine Zusammenarbeit bei der Gestaltung der Bildungsseminare des YXKs vorbereitet und zweitens werden regelmâBige Treffen geplant, die sich an aile politisch engagierte Studentinnen richten. Diese Treffen werden über die Email-Verteiler beider Orga nisationen bekanntgegeben. Eine solche Form der Kooperation güt es auszubauen und die Studierenden sind frei nach dem Motto „Studenten ^nd unsere Zukunft", herzhch dazu eingeladen, unsere Vereinsarbeit zu bereichem.. Vereinskonto: Sparkasse Dortmund Kontonummen: 911002469 BLZ: 44050199 Bewahreıı wir ııııser Dasein und eıiangen wir unsere Freiheit! Irau / Gesellschaft RON AHÎ Bericht über das Bildungsseminar der YXK-Frauenkommission bei Utamara e.V. YXK - Frauenkommission Im Zeitalter des Liberalismus werden Menschen als Individuen vereinzelt. Zunâchst hat jeder Mensch die Chance sich zu venvirklichen und seine Trâume zu erfüllen. Allerdings kâmpft „jeder gegen jeden" und das Konkurrenzverhalten unter Menschen wird in die Höhe getrieben. Natürlich bleiben wir kurdische Studentinnen davon nicht verschont. Deswegen liegt es an uns, die notwendigen Fragen zu stellen, zu diskutieren und unsere Sichtweisen von der herrschenden Logik zu befreien. Daher haben sich YXKlerinnen von 24. his 25. Juli 2010 in der Frauenbegegnungsstâtte Utamara e.V. getroffen. Die YXKFrauenkommission hat die Organisation durchgeführt. Utamara wurde 2006 durch die IFF gegründet (Internationale Freie Frauenstiftung). Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Frauen mit unterschiedlicher Identitât zu star ken und den Austausch unter ihnen zu fördem. Insbesondere sollen sie ermutigt werden, ihre Begabungen und Fahigkeiten zu entdecken und weiterzuentwickeln. Des Weiteren soll die Solidaritat unter Frauen gefördert werden, um sich gegen jegliche Gewalt in der Gesellschaft zu schützen und zu Wehr zu setzen. Weiterhin haben wir uns mit den folgenden Themen im Rahmen von Seminaren, die von Genossinnen aus der Frauenbegegnungsstatte geleitet wurden, auseinandergesetzt. 1) Kapitalistische Modemitât und die Wirkung auf das Studentenleben 2) Frauenorganisation in der kurdischen Freiheitsbewegung 3) Vorstellung der Kampagne: „Unser Freiheitskampf wird der Vergewaltigungskultur ein Ende bereiten!" und Vorstellung des Aufrufes zur gemeinsamen Organisierung eines Weltfrauenkongresses anlâsslich des 100. Jahrestages des Intemationalen Frauentages am 8. Mârz 2010. Im ersten Seminar wurden die BegriffIichkeit „Kapitalistische Modemitât" defmiert. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass der Kapitalismus im 19. Jahrhundert durch die Industrialisiemng entstanden ist. Allerdings hat die Referentin angeführt, dass der Urspmng des Kapitalismus schon 5000 Jahre zuvor in der summerischen Zivilisation anzusetzen ist. Zu jener Zeit haben Mönche durch das Anhâufen von Mehrprodukt/Mehrwert Kapital gesammelt und dadurch Reichtum erlangt. Bereits damals fıng die Ausbeutung der Menschheit an. In diesem Zusammenhang ging die Referentin auf die Jungsteinzeit ein und machte Ausfühmngen zu der Lebensweise der Menschen. Diese Zeit wird auch als Neolithikum bezeichnet. Die neolithische Zeit war dadurch geprâgt, dass die Frau Ackerbau, Viehzucht etabliert hat. Zum ersten Mal wurde durch Ackerbau und Viehzucht mehr produziert als es Bedarf gab. Menschen glaubten an viele ver- 28 schiedene Göttinnen. Diese neuen Lebensformen hatten Einfluss auf weitere Stâmme. Das Mehrprodukt wurde den Göttinnen als Opfergabe in den entsprechenden Tempeln überbracht und anschlieBend wurde das Mehrprodukt an aile verteilt. Mit der Zeit ahmten die Mânner diesen Kult nach. Das Mehrprodukt wurde nun nicht mehr verteilt, sondem sich zu Eigen gemacht und zur Stârkung der Macht genutzt. Diese Entwicklung geschah mit einer langen Anlaufzeit. Zu jener Zeit sind die Gmndbausteine des Kapitalismus gelegt worden. Die Ideologie des Kapitalismus ist heute der Liberalismus. Im Liberalismus wird gepriesen, dass es Freiheiten gâbe, aber in Wirklichkeit besteht eher eine weitgehende Assimilation. Es vverden künstliche Grenzen geschaffen und Menschen werden un ter dem Deckmantel der „Toleranz" also durch individualistische Scheinfreiheit ausgebeutet und in Abhângigkeit gebracht. Im Kapitalismus wird nichts Neues erschaffen; Konsum und Geld stehen im Mittelpunkt und man denkt, dass man frei wâre. Geld heiBt dementsprechend auch Macht und Menschen verhalten sich entsprechend des jeweiligen Einkommens, welches sie verdienen. In der kapitalistischen Modeme wird alles zum Objekt. Überall auf der Welt wird Sport, Sex und Kunst instmmentalisiert. Der liberalistische Gedanke der Menschen lâsst Widersprüche einfrieren. Nur sehr wenige Gegebenheiten werden hinterfragt. Insbesondere sind junge Menschen in dem System der 3 S (Spor, Sanat, Sex) integriert. Allerdings haben jun ge Menschen mit Migrationshintergmnd in Bezug hierauf eine eher konservative Einstellung. sie werden durch ihren kulturellen Hintergmnd (Einfluss der Religion) stark beeinflusst und werden zu meist auch aus der Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen. Das führt zu konservativen Einstellungen. Früher gab es Jugendbewegungen, die auch was „bewegf' haben. Sie haben auch hierfür viel Opfer geben müssen. Heute hingegen sind sie eher passiv und zeigen keine Dynamik. Die Jugend von heute kann die eigenen Pro bleme nicht defmieren. Sie stehen in einer Einengung zwischen dem traditionellen und dem kapitalistischen System. Besonders das Verstândnis von Gleichheit ist problematisch: Die Frau soll dem Mann angeglichen vver den. Es kommt zu keiner individuellen Entfaltung als Erau. Es herrscht eine unvvirkliche Gleichheit. SchlieBlich wurde sehr lange über die Rolle der freien Persönlichkeit einer Erau diskutiert. Zu dem Thema „Frauenorganisation in der kurdi schen Freiheitsbevvegung" hat eine Genossin, die seit über 16 Jahren in der Frauenbevvegung ist, referiert. Sie erklârte, dass die Entvvicklung der kurdischen Frauenbevvegung sowohl von groBen Schmerzen und Aufopfemng als auch von Hinterfragung von beste- henden Umstânden und Widerstand dagegen gekennzeichnet ist. Sie betonte die Wichtigkeit der Organisiemng von Frauen, um menschliche Werte wie Solidaritat, gegenseitige Unterstützung und Vertrauen zu fördem. Am Sonntag dem 25. Juli referierte ebenfalls eine Genossin aus der Frauenbegegnungsstatte über die aktuellen Kampagnen gegen sexistische Gewalt und zur Stârkung der Frauenorganisiemng. Die Referentin ist auf die Kampagne eingegangen, die seit dem 8. Mârz 2010 gestartet ist. "Unser Freiheitskampf wird der Vergevvaltigungskultur ein Ende bereiten!"(Örgütlülügümüzü yükseltelim, tecavüz kültürünü aşalim). Sie erlâuterte die Ziele der Kam pagne. Sie sagte, dass trotz über 100 Jahren des organisierten, politischen Kampfes von Frauenbevvegungen weltweit geistige, seelische und physische Massaker an Frauen weder aufgehalten und reduziert, noch überwunden seien. Daher bestehe die Notvvendigkeit einer umfassenden Systemkritik. Frauenbevvegungen, die den Anspmch haben, eine radikale Altemative zum herrschenden System sein zu wollen, müssen ihre Analyse der kapitalistischen Zivilisation und "Modemitât'' einschlieBlich der historischen und gesellschaftlichen Entvvicklungen verfeinem, unabhângig des Diktats von systemeigenen Wissenschaftseinrichtungen und Auffassungen. AnschlieBend wurde nach den Seminaren Vorschlâge für die vveitere Planung der YXK- Frauenarbeit gesammelt. Es wurde der Vorschlag gemacht, die Arbeit der YXK-lerinnen nicht auf eine Kommission zu reduzieren, da es die Gefahr in sich verbirgt, dass sich lediglich eine kleine Gmppe an der Arbeit beteiligt und nicht aile Mitgliederinnen umfasst sind. Desvvegen sollte eine Ândemng der YXK-Satzung vorgenommen vverden, sodass aile Genossinnen mit ihrem Beitritt in die YXK auch gleichzeitig Mitglied der YXK-Frauen-AG vverden. Weiterhin sollen Seminare an Universitâten zum 25. November organisiert vverden. Insbesondere sollen Bündnisse mit anderen Frauenorganisationen eingegangen vverden. Der Aufmf zur gemeinsamen Organisiemng eines Welt-Frauen-Kongress anlâsslich des 100. Jahrestages des Intemationalen Frauentages am 8. Mârz 2010 soll inhaltlich angegangen und ausdiskutiert vverden. Eine YXK-Frauen AG sollte sich bei der Vorbereitung des Welt-Frauen-Kongresses einbringen. AuBerdem bietet Utamara im Herbst einen Selbstverteidigungskurs für junge Frauen an und aile Freundinnen können sich daran beteiligen. Aile Freundinnen sind dazu aufgemfen, sich mit ihren Ideen und Vorschlâge in die YXK-Frauenarbeit einzubringen. *** Bewahren wir unser Dasein und erlangen wîr unsere Freiheit! R O NAHÎ Frau / Gesellschaft Verge vvaltigungskultur Über die Kampagne des Kurdischen Frauenbüros für Frieden Cenie.V. jede Erscheinung und jeden Sinn vor dem te aufgezwungene. Die erste IntervenKontext der Entstehungszeit und in ihrer tion in die gesellschaftliche Fntwicklung jeweiligen Gesellschaft zu darzulegen. und damit die Installation dieser Mentalitât Tatsâchlich ist die Ausblendung des hi- im System, war, wie oben angeführt, die storischen Hintergrunds eine Herange- in die von der Frau hervorgebrachten Gehensweise der autoritâren bzw. herrsch- sellschaftsform. Diese einschneidende süchtigen Mâchte gewesen, um die Ver- Verândemng der Gesellschaft griff von der gewaltigungskultur zu verbergen. ökonomischen Ordnung auf die zwischenGmndsâtzlich dienen die sexistische Ide- menschlichen Beziehungen, die Natur, ologie und ihre Ableitungen (Pseudo- die Wissenschaft, die Kultur und sogar auf Wissenschaft, Nationalismus, Religio- die Gedankenwelt über. Dies war die Versitât, Kunst im industriellen Sinne) der wirklichung einer Art Gegenrevolution. Konkretisierung der Raubkultur. Die Vergewaltigungs- und Raubkultur fâllt zeitlich „Unsere Ehre ist unsere Freiheit" gesehen in die Übergangsphase von der Naturgesellschaft zur autoritâren, hierarUnserer Konzeptualisierung folgend chischen und in Klassen aufgeteilten Ge ist die Vergewaltigungskultur eine dem sellschaft, also in die Anfangszeit der su- mânnlichen System immanente Grundeimerischen Zivilisation. Die Klassenbildung genschaft, daher auch die Zielsetzung in der bis dahin existierenden Naturge unseres Kampfes, nâmlich die völlige sellschaft führte zum Zerfall dieser und lei- Verdrângung des mânnlichen Systems tete die Vergewaltigungskultur ein. Auf die aus der Mentalitât. Auf Grund dieser Tatser strukturellen Fehlentvvicklung beruht sache ist der zuführende Kampf eine kül die von uns kritisierte Mentalitât. Der Zer türelle Revolution, die die auf Vergewalfall der Gesellschaft von innen heraus tigung und Raub aufgebaute Mentalitât abdurch aile Schichten hindurch und die Ent lösen wird. stehung der Vergewaltigungs- und Raub Am Anfang dieser Ausarbeitung hatten kultur, welche bis heute andauert, fallen wir angeführt, dass die Missstânde haus zeitlich gesehen zusammen. Folglich kön gemacht sind. Insofem ist eine grundlenen in der heutigen Gesellschaft Freiheit gende Umwâlzung des Systems notwenund Gerechtigkeit nur dann verwirklicht dig. Frst kürzlich hatten wir, als die Freiwerden, wenn vorher die Vergewalti- heitsbewegung der Frauen aus Kurdistan, gungskultur aus der gesellschaftlichen die Kampagne „Unsere Ehre ist unsere Realitât entfemt worden ist. Aus diesem Freiheit" gestartet. Grunde bildet dieses den Endzweck des Man muss auch anerkennen, dass man ideologischen Fundaments der Freiheits- lediglich mit ein Paar Kampagnen keine bewegung der Frau. Die Vergewaltigung besondere Schlagkraft aufweist, um die lediglich als eine sexuelle Handlung zu fundamentalen gesellschaftlichen Miss quittieren, würde den Blick auf die der- stânde zu beheben. Die regierungszeitigen Missstânde versperren. Die Ver- freundlichen Krâfte haben sich nicht nur gewaltigung als Begriff, kann gleichzeitig auf jeder Ebene, wie z.B. in der Bürokraauch als eine weitere Facette des Raubs an- tie, in den Gerichten und im Staatswesen Facetten der Vergewaltigung gesehen werden. Vor diesem Hintergrund ausgebreitet, sondöm auch in den UniHeutzutage ist die konzeptionelle Her- betrachten wir die heutige Gesellschaft als versitâten. Diese Verflechtungen begünangehensweise so, dass die Vergewaltigung eine ailen Lebensbereichen, wie der Spra- stigen vor allem das Fortbestehen des Sy als ein sexueller Übergriff eingeordnet che, der Nation, der Frau, dem Kind, der stems und dadurch auch die überdauemwird. Aber unser Anspruch ist doch in un- Kultur, den religiösen Vorstellungen, kurz de Versklavung der Frau. Für die Sicherseren Auslegungen jeden Begriff, Vorfall, ailen materiellen und immateriellen Wer- heit des System sorgt die Armee und Raub und Vergewaltigung scheinen systembedingtes gesellschaftliches Faktum zu sein. Durch Gewahrwerden können sie überwunden werden. In der heutigen Gesellschaft sind die Notlage der Frau und aile anderen sozialen Probleme hausgemacht. Egal wie oft das System reformiert wird, oder die Menschen für das neue System indoktriniert werden, wenn die sozialen Missstânde, die mit dem Tod von Menschen verbunden sind, zur Tyrannei und Barbarei führen, dann karnı doch nur das System als die Quelle derartiger Auswüchse verantwortbar gemacht werden. Es güt das Sy stem und die Entstehung der aktuellen so zialen Missstânde vor dem Kontext ihrer Entstehungszeit zu sehen, d.h. also besonderes Augenmerk auf die Quellen zu le ğen. Die Organisierung der ursprünglichsten Form einer Gesellschaft, nâmlich die Naturgesellschaft, beruhte auf dem Zeitgeist der werteschaffenden Produktivitât der Frau. Die Vergewaltigung an der weiblichen Gesellschaftsordnung vollführten die Priester in Sümer, die stellvertretend für die List der Mânner stehen. Mit dieser Vergewaltigungskultur hat man, das System inbegriffen, jedes neu in die Gesellschaft eintretende Individuum manipuliert. Selbst die heutigen ausgrenzenden, destruktiven, verfremdenden, entartenden und autoritâren Annâherungen darf man nicht ohne Bezug zu der ersten Vergewaltigung und dem ersten Ausraub betrachten. Wenn doch, dann würde man sich der Ge sellschaft und unserer eigenen Geschichte völlig falsch annâhem. 29 Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Frau / Gesellschaft nicht zuletzt die Verfassung. Demzufolge richtet sich unser Kampf gegen die grundlegenden Strukturen der Regierung und er beansprucht die Verânderung aile Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. M i t Kampagnen kann man bestimmte Wirkungen erzielen. Sie verdeutlichen die Tragweite bestimmter Missstânde und erwecken die gesellschaftliche Sensibilitât. Insofem sind Kampagnen eine bewâhrte Methode in ailen Freiheitsbewegungen. Die nun schon seit einem Jahr andauemde Kampagne „Unsere Ehre ist unsere Freiheit" hat innerhalb der Bevölkerung ein nicht zu unterschâtzendes Wachrütteln ausgelöst. Der von den Frauen in den mittlerweile traditionsreichen Serhildans gestartete Aufruf "Niemandems Fhre zu sein" ist ganz besonders in Kurdistan ein emst zu nehmender Schritt. Was das betrifft ist im letzten Jahr eine wichtige Beschleunigung vollbracht worden und aus der Perspektive der kurdischen Frau ist eine nicht minderwichtige Diskussion bezüglich Fhre, Geschlecht und Sexualitât angestoBen worden. Nicht zuletzt ist anlâsslich der Auswertungen der Führung eine entscheidende Klarheit bzgi. des Begriffs der Fhre vollbracht. Der Jahresrückblick der Freiheitsbewegung der Frau kulminiert in dem Aus- ruf „Die Freiheit von Serok Apo ist die Freiheit der Frau". Dieser Ausmf steht kurz und knapp für den Kem des Fundaments unserer gesellschaftlichen Freiheitsbewegung. Diesem Konzept folgend sollten wir aile unsere Arbeit und Organisation gestalten. Die Frfahrungen aus dieser Kampagne bekrâftigen uns in unserem Vorhaben, nun einen weiteren Schritt zu machen. Wir werden nâmlich 2010 zu der Forderung „Intensivierung unseres Freiheitskampfes" und "Überwindung der Vergewaltigungskultur" übergehen. Wie weiter oben schon angedeutet, kann die Frau und die Gesellschaft sich der Vergewaltigungs- und Raubkultur nicht mit einer kurzatmigen Phase des Kampfes erfolgreich entledigen. Fs müssen aile gesellschaftlichen Bereiche angesprochen und sensibilisiert werden. Letztendlich führt man einen stândigen und intensiven Kampf gegen das von Mânnem dominierte System. Fntscheidend hierbei ist, dass wir erkennen, dass die gesellschaftliche Realitât Opfer von Vergewaltigung und Raub ist. AnschlieBend muss eine notwendige gesellschaftliche Aufklârung folgen. Das mânnliche dominierte System suggeriert uns, dass es schon immer dagewesen sei. Dass es eine andere Welt gegeben hat, in der die Frauen mit ailen anderen Identitâten gerecht und gleich miteinander leben konnten, gilt es denn Menschen aufzuzeigen. Hicran schlieBt sich ein bestimmtes Geschichtsbewusstsein an. Man war entsprechend der gesellschaftlichen Schicht, des Alters, des Geschlechts den unterschiedlichen Vorgaben durch den Staat ausgesetzt. Reproduktion des Patriarchats Fin bestimmtes Bewusstsein in der Gesellschaft zu schaffen bedeutet z.B. auch zu erkennen, dass die Vereinnahmung des Bildungswesens durch den Staat wieder rückgângig gemacht werden muss. Das sogenannten Bildungsbürgertum ist eine Weiterentwicklung des in der von der Frau geschaffenen Naturgesellschaft vorhandenen Bewusstseins. Die Vereinnahmung der Bildung bewirkt regierungsfreundliche Finstellungen bei den Bürgem und die Anpassung aller neuen „Mitglieder" an das gegebene System. Durch die Institutionalisiemng des Bildungswesen hat man viele Ftappensiege davongetragen. Die Frziehung des Kindes erfolgte durch die Frau auf ein demokratisches Fundament, durch die Versklavung der Frau hingegen erfolgte ein anderer Verlauf der Gesellschaft. Das Kind, das auf die Stufe einer Ware reduziert war, durchlauft aile Stufen des staatlichen Bildungsvvesens, um dann wiederum zur treibenden Kraft dieser zu werden. Unsere Arbeit für ein neues Freiheitsbewusstsein wird diese verinnerlichte Reduzierung zurückdrângen. Aber eigentlich leidet die Gesellschaft im Ganzen unter diesen systemimmanenten Fehlentvvicklungen. Um diese Last abzulegen muss die ganze Gesellschaft gegen die Vergewaltigungs- und Raubkultur des Staates sensibilisiert werden. Das MaB des Organisierungsgrads, die die gesellschaftliche Sensibilitât und den Kampf weitertreibt, ist Gradmesser für den ausgedehnten Kampfes gegen die herrschende Riege. Unser Verstandnis von weitlaufiger Organisiemng hat zur Folge, dass aile nur erdenklichen gesellschaftlichen Bereiche vereinnahmt werden und auch jede einzelne Frau. Selbstverstândlich muss auch die Familie für den Kampf gewonnen werden. Jede gewonnene Familie macht ein Ftappensieg des Systems zunichte. Die Gewinnung der Familie als Keimzelle des Staates ist mit dem Zerbröckeln des Fundaments des Staates 30 Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Frau / Gesellschaft gleichzusetzen. Die Unterbindung der Gewalt innerhalb der Familie führt zur Überwindung der Gewalt innerhalb der Gesellschaft an sich. Wenn die Freiheitsbewegung der Frau entgegen dem Vorhaben des Systems aile gesellschaftlichen Bereiche unter ibre Kontrolle zu bringen, aile Frauen organisieren würde, dann hâtte sie gewaltige Schlagkraft. Denn damit verbunden ist auch eine an der Basis der Organisierung zu verankernde Beteuerung der Befreiung der gesamten Gesellschaft und natürlich die Errichtung eines Verteidigungsmechanismus. Als Folge würde man eine ausgezeichnete Widerstandskraft erhalten. Das Infragestellen der sexistischen Identitât beginnt auch innerhalb der Fa milie. Die Reduzierung der Frau zur Ware kann nur durch eine Demokratisierung der Familienstrukturen rückgângig gemacht werden. Der Besitzanspruch des Mannes auf die Frau kann auch nur auf diesem Wege behoben werden. Die Versklavung innerhalb der Familie bildet die Projektion der Versklavung durch den Staat. Ehemann und Staat Ganz besonders in Kurdistan wird tagtâglich die Sprache, die Kultur und der politische Wille vemichtet. Die Assimilationsversuche zeigen auf welch eine Mentalitât aufgebaut werden soll. 31 Es besteht eine gewisse Abhângigkeit zwischen den Handlungen des Mannes innerhalb der Gesellschaft und der des Staates und mit dem Erkennen dieses Faktums durch die Menschen aus Kur distan wird ein brandheiBer Nâhrboden für Verânderungen geschaffen. Eine Bewertung, die z.B. einen Angriff auf unsere Sprache gleichzeitig als eine auf die Person der Frau auffasst, würde ein gewisses Bewusstsein gegenüber dem Staat erschaffen. In diesem Zusammenhang würde man auch einen noch weiter verstârkten Kampf gegen die Vergewaltigungs- und Raubkultur des Systems führen können. Der Ehrenmord, die Belâstigung der Frau unterscheiden sich nicht von den tagtâglich verübten Angriffen der Polizei in den StraBen Kurdistans gegen die Demokratie. Dieses Verstândnis muss in aile gesellschaftliche Ebenen getragen werden. Aus Sicht der Frau gibt es im Grunde genommen keinen besonderen Unterschied zwischen den gesellschaftlichen Beziehungen des Ehemannes und des Staa tes und es gilt dieses ins Bewusstsein der zu organisierenden Menschen zu verankem. Der Übergriff des Staats an einen Menschen aus Kurdistan unterscheidet sich nicht im geringsten von der hâuslichen Gewalt gegen die Frau. Im Femsehen solche Übergriffe verdammen aber zu hause Gewalt anwenden bezeugt nur die gelebten Widersprüche. An sich kann unserem Widerstand gegenüber dem Staat folgend dem Ehemann auf die eine oder andere Art eine gewisse Haltung eingenommen werden. Eine organisierte und aufgeklârte Macht erlangt auch im gesellschaftlichen Bereich Fâhigkeit Politik zu machen. Dadurch dass die Gesellschaft das Bewusstsein erlangt, dass es in der Vergangenheit ein egalitâres System gegeben hat, erkennt es auch den Bedarf nach Menschlichkeit und es wâchst der Wille danach. Hier muss man beachten, dass wir sagen, dass es ei nen Bedarf nach Menschlichkeit gibt, denn wenn das Individuum die Gegenwart mit der Geschichte vergleicht, dann wird er versuchen das schöne, bessere zum Leben zu erwecken. Gewiss, die Geschich te ist verdreht, zerstört, ausgeraubt und vergewaltigt und wenn das Individuum dem gegenüber nicht bewusst ist, dann wird könnte es verstummen. Dort wo ein Bewusstsein für die Geschichte entsteht, wâchst auch gleichzeitig der Drang nach Freiheit. Der Drang nach Freiheit trâgt Kampf und Widerstand in sich. Tatsâchlich versuchen wir innerhalb der Gesell schaft eine Front aufzubauen, die gegen über dem System den politischen Kampf angehen kann. Die Vergewaltigungskultur des staatlichen Systems aus dem gesellschaft lichen Leben zuentfemen, demokratische Politik einzuführen, gegen das System ei nen Kampf zuführen und die systembedingten Mangel zu beheben würde eine Neutralisierung herbeiführen. Mit der Entwicklung einer demokratischen Politik geht eine fortschrittlichere Widerstandskultur einher. Wenn im gesellschaftlichen Leben der Widerstand nicht verinnerlicht worden ist, dann wird es gegen auBere sowie innere Angriffen wehrlos bleiben und es wird Gefahr laufen zerstört zu werden oder zu verfallen. Diese Situation wâre ganz besonders in Kurdistan ein vertrauter und zerstörerischer Zustand. In ailen vier Teilen werden wir wegen unserer Spra che, Identitât, unseres Geschlechts verhaftet und Unterdrückung, Krieg und Assimilation stehen an der Tagesordnung. Ge gen diese Vemichtungen können nur wir Frauen eine gesellschaftliche anerkannte Gerechtigkeit sicherstellen. In dem MaBe wie wir die herrschsüchtigen Annâhemngen identifızieren, können wir im Kampf erfolgreich sein. B e w a h r e ı ı w i r unser Dasein und erlangen w i r linsere Freiheit! Frau / Gesellschaft RONAKI KURDISCHE FRAUBN İN DBUTSCHLAND Migration, Exil und Lebensmittelpunkt Soziologin Fadime Şenpmar Vorab ist es angebracht zu erwâhnen, dass zur Situation kurdischer Frauen in der Bundesrepublik Deutschland kaum Lite ratür oder spezifische Untersuchungen vorhanden sind. Deshalb ist es selbstverstândlich, dass meine Beschreibungen und Analysen in diesem Vortrag keinen Anspmch auf Vollstândigkeit oder Reprâsentativitât erheben. leh werde lediglich versuchen Einblicke in das Leben von Frauen in der Migration zu skizzieren, die ich im Rahmen meiner Forschung und langjâhrigen Arbeit mit kurdischen Frau en gewinnen konnte. Aufgrund der Komplexitât des Themas werde ich mich ausschlieBlich auf die Si tuation kurdischer Frauen konzentrieren, die ailesamt aus dem türkischen Teil Kurdistans stammen und nun in Deutschland leben. Heterogene Migrantengruppen Zunâchst möchte ich kurz die Migrationsgeschichte der Kurdinnen und Kür den in Deutschland nâher bestimmen, die mittlenveile in der dritten Generation in der Bundesrepublik leben, um die dabei zutage tretenden Unterschiede und Wandlungen skizzieren zu können. Den Angaben von Navend (Zentrum für kurdische Studien) zufolge bilden die Kürden, neben den Türken, einer der gröBten Migrationsgruppen in Deutsch land. Schâtzungsweise 700.000- 800.000 Menschen mit kurdischem Hintergrund le ben in der Bundesrepublik. land lebenden Kurdinnen und Kürden aus der Türkei. Ihre Zahi wird mit einer halben M i l l i o n geschâtzt. Weitere siebzigtausend stammen aus dem Irak. Fin weiterer geringerer Teil aus Syrien, Iran und dem Libanon. Der Anteil an yezidischen Kurdinnen und Kürden variiert je nach Schâtzungen zwischen fünf und fünfzigtausend. (vgl. Ammann 2001) Auffâllig hierbei ist, dass die Kürden trotz der GröBe ihrer Gmppe bis heute nicht als eigenstândige Migrantengruppe erfasst worden sind. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Einer der Gründe dürfte das Fehlen eines eigenen kurdischen Staates sein, weshalb Kurdinnen und Kürden in den hiesigen Statistiken als Türken, Araber und Perser geführt werden. Auch in akademischen Untersuchungen werden sie kaum als ei genstândige Migrantengruppe wahrgenommen. In politischer Hinsicht werden Kurdin nen und Kürden oftmals mit gewalttâtigen Protesten in Verbindung gebracht, die sich in den neunziger Jahren auf deutschen StraBen ereigneten. Mehrheitlich stammen die in Deutsch- Aufgmnd der territorialen Zersplitterung Kurdistans leben die Kurdinnen und Kür den, welche verschiedenen Religionsgruppen wie den Suniten, Aleviten, Yeziden und Christen angehören, unter unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Bedingungen. Dies ist auch ei ner der Gründe, warum die in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kürden keine homogene Gruppe bilden. Da die kurdische Community in Deutschland nicht als homogene Gruppe gesehen werden kann, lâsst sich auch nur schwerlich von einer einheitlichen Situa tion kurdischer Frauen sprechen. Ihre Stellung in ihren Familien variiert je nach Herkunftsiand, Religion, Stamm, Stadt, Dorf oder Bildungshintergrund. Auch die politische Partizipation spielt eine nicht unwichtige Rolle. Der Ehrbegriff scheint jedoch in ailen kurdischen Gemeinschaften einen herausragenden Stellenwert in der Werteskala einzunehmen, der sich vonviegend über die sexuelle Unberührtheit oder sexuelle Disziplin von Frauen und Mâdchen definiert. Dabei spielen Herkunft oder Religion eine eher untergeordnete Rolle. Jene Wertevorstellungen haben auch in der Diaspora Gültigkeit, wenn auch in leicht modifizierter Form. Jungfrâulichkeit vor deı Ehe kommt eine zentrale Bedeutung zu Den Frauen wird absolute sexuelle Treue abverlanğt, was auf die Mânner wenigeı zutrifft. Selbst geringste Abvveichunger von dieser Norm genügen, um ein Mâd chen oder eine Frau in Misskredit zı bringen oder gesellschaftliche Sanktio nierung nach sich zu ziehen. 32 Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! Frau / Gesellschaft RONAHI Das Phânomen der so genannten „Ehrenmorde", das mittlerweile auch in Deutschland hâufiger auftritt, lâsst sich letztendlich nur im Zusammenhang mit diesen teils archaischen Wertevorstelllungen erklâren. Hierbei lassen sich jedoch auch vorwârts gewandte Verânderungen und Entwicklungen feststellen. Kurdische Erauenverbânde oder auch einzelne Aktivistinnen leisten zu der oben angesprochen Problematik wertvolle Aufklâmngsarbeit. Festzustellen ist auch, dass politisch und gesellschaftlich sensibilisierte Kurdinnen vieles in ibren Familien verândert haben. Die meisten Autorinnen und Autoren, die zur kurdischen Thematik veröffentlicht haben, bezeichnen kurdische Studenten, die im 18. Jahrhundert aus dem osmanischen Reich nach Europa kamen, als die erste kurdische Immigrantengruppe. (vgl.Kiziihan 1995; Ammann 2001) Jene galten als kleine Elite, welche zu Studienzwecken oder zur beruflichen Weiterbildung nach Europa kam. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich diese Einwanderung fort. Bedingungen im Exil Ob sich unterhalb dieser Studenten auch kurdische Frauen befanden ist nicht belegt. Es ist jedoch davon auszugehen. 33 dass Erauen von den Möglichkeiten der Weiterbildung ausgeschlossen waren, weshalb diese ausschlieBlich den jungen kurdischen Mânnem vorbehalten waren. Erst mit dem Beginn der sechziger Jahre kamen im Zuge des so genannten Gastarbeiterprogramms auch sozial schlechter gestellte Kürden nach Deutschland, die vorwiegend aus den lândlichen Gebieten Kurdistans stammten. Von nun ab bildeten sie den GroBteil der kurdischen Einwanderer. Im Rahmen der letzten groBen Welle von kurdischen Einwanderem, die im Rahmen des Gastarbeiterprogramms angeworben waren, wurden vorwiegend Frauen rekrutiert, welche in den Bereichen der Eeinmechanik, Elektro- und Textilindustrie zum Einsatz kamen. Ab den siebziger Jahren nahm der Anteil der kurdischen Frauen zu, die ihm Zuge der Familienzusammenführung in die Bundesrepublik Deutschland kamen. Schon nach kurzer Zeit stellten sie die Hâlfte aller kurdischen Einwanderer, da insbesondere Frauen als billige Arbeitskrâfte galten, welche sich vorwiegend in den untersten Rângen der beruflichen Hierarchie wieder fanden. (vgl. Kizilhan 1995) Charakteristisch für die erste Generation kurdischer Gastarbeiter war die Vorstellung, wie auch bei ailen anderen Gastarbeitem, in kürzester Zeit Geld zu verdie- nen, um wieder in die Heimat zurückzukehren und eine gesicherte Lebensexistenz aufbauen zu können. Die Situation der Frauen der ersten Finwanderergeneration war durch harte Arbeit und Mehrfachbelastung gekennzeichnet. Finerseits arbeiteten sie in der Fabrik, nahmen Putzstellen an oder führten für andere meist deutsche Frauen den Haushalt. Anderseits erledigten sie die komplette Hausarbeit und Kindererziehung. Zusâtzlich zu dieser Mehrfachbelastung kamen soziale Probleme hinzu, die im direkten Zusammenhang mit der Migration standen. Sprachschwierigkeiten, Integrationsprobleme und die Überforderung im Umgang mit völlig unterschiedlichen Normen und Werten waren nur einige dieser Probleme. Viele Mânner oder Frauen sahen sich gezwungen, über langere Zeit von ihrer restlichen Familie getrennt zu leben. Meistens blieben die Kinder bei der in der Heimat verbliebenen GroBfamilie zurück. Dies führte oft zu Brüchen in der Biographie der betroffenen Personen, die mit Fntfremdung zum Fhepartner oder Fltern und Kindern einherging. Sowohl staatliche Stellen als auch die Gastarbeiter selbst, sahen den Aufenthalt der Arbeitsmigranten als vorübergehend an, weshalb einer Integration der Finvvanderer in die deutsche Gesellschaft nur wenig Aufmerksamkeit beigemessen wurde. Schnell bildeten sich Siedlungsgebiete, in denen sie teils heute noch leben; weshalb es wenig verwunderlich ist, dass dort lebende Finwanderer noch heute mit sprachlichen Problemen zu kâmpfen haben. Die Kinder dieser Finwanderer werden allgemein als zweite Generation bezeichnet. Fntweder sind sie in Deutschland aufgewachsen oder im Zuge der Familienzusammenführung in jungen Jahren nach Deutschland gekommen. Trotz vieler Gemeinsamkeiten und Âhnlichkeiten ihrer Lebensbedingungen, lassen sich zwischen der ersten und zweiten Generation Unterschiede feststellen. Spâtestens mit der zweiten Generation wurde deutlich, dass kurdische Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter nicht in die Türkei zurückkehren werden, sondern Deutschland als neuen Lebensraum auserkoren hatten. Die Kinder dieser Generation besuchten deutsche Bildungseinrichtungen. Nicht wenige absolvierten höhere Schulabschlüsse. Bewahren wir un ser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Frau / Gesellschaft Dies ist jedoch nicht der einzige Grund für die Entscheidung zum Verbieib in der Bundesrepublik Deutschland. Der bewaffnete Konflikt im Herkunftsiand erschwert maBgeblich bis heute eine Rückehr. Zwischen den Kulturen Charakteristisch für die zweite Generation ist ibre Ambivalenz zur Tradition und Modeme. Gleichzeitig fungiert diese Generation als Brücke zwischen den Kulturen des Herkunft- und Aufnahmelandes. Dies hat zur Folge, dass sie sowohl den traditionellen Normen und Werten ihrer Eltem und der kurdischen Community, als auch den Erwartungen der deutschen Gesellschaft gerecht werden muss, was zwangslâufig zu Konflikten führt. Andererseits steht dieser Generation vieles offen, da ein direkter Zugang zu beiden Kulturen und Gesellschaften besteht. Das Aufwachsen in zwei Kulturen brachte letztendlich auch zwei Identitâten hervor, d.h. sowohl die Kurdische als auch die Deutsche, die durchaus nebeneinander bestehen können. Neben den zahireichen negativen psychosozialen Folgen, die aus der M i gration resultierten, entstand auch eine Vielfalt neuer Chancen und Möglichkeiten, was insbesondere für Frauen die Möglichkeit mit sich brachte, abweichend von den traditionell vorbestimmten Lebenskonzepten, neue respektive altemative Lebenskonzepte zu entwickeln. Letztendlich ist eine Synthese entstanden, die Normen und Werte beider Gesellschaften und Kulturen beinhaltet. Anhand verschiedener Biographien von kurdischen Frauen kann festgestellt werden, dass es möglich ist, den hohen Anforderungen einer bikulturellen Lebensrealitât gerecht zu werden und erfolgreich altemative Lebenskonzepte umzusetzen. Andere wiederum sind von dieser Situation überfordert, was sich oftmals in innerer Zerrissenheit dieser Frauen ausdrückt. Fs kann daher nicht von einem einheitlichen Bild der Situation von kurdischen Frauen in Deutschland gesprochen werden. Zu sehr hângt ihre Fntwicklung von institutionellen Möglichkeiten und individuellen Bemühungen ab, als dass sich ihre Biografien verallgemeinem lassen. Zu beobachten ist jedoch auch, dass der Bildungstand von kurdischen Frauen der zweiten Generation steigt, was sich in vermehrt höheren Schulabschlüssen und in verstârkter Partizipation am gesellschaftlichen und politischen Leben in Deutschland manifestiert. Auch sind heute an Universitaten kurdischstâmmige Dozentinnen tâtig. Andere kurdische Frauen üben Berufe wie Ârztinnen, Rechtanwâltinnen, Lehrerinnen, Pâdagoginnen oder Frzieherinnen aus. Dennoch sind solche Frauen nach wie vor die Minderheit. Der GroBteil kurdischer Frauen, die der zweiten Generation entstammen, ist mehrheitlich in unterbezahlten Berufen oder Jobs tâtig. Interessant wâre es zu diesem Thema spezifischer zu forschen, um zu aussagekrâftigeren Frgebnissen über die gesellschaftliche und berufliche Situation von kurdischen Frauen in Deutschland zu kommen. M i t dem derzeitigen begrenztenWissensstand lâsst sich nur schwerlich ein genauerer Überblick gewinnen. Trotzdem kann ein Wandel innerhalb dieser Generation festgestellt werden. Da nur noch wenige Kurdinnen und Kürden beabsichtigen in 34 ihr Herkunftsiand zurückzukehren, sind sie derweil zu einem objektiven Bestandteil der Gesellschaft dieses Landes geworden, was sich auch an der steigenden Zahi von Finbürgerungen bemerkbar macht. Mittlerweile leben Kurdinnen und Kürden in der vierten Generation in Deutschland. Die Kinder und Jugendliche, die auch als dritte Generation bezeichnet werden, sind in Deutschland geboren und besitzen nur noch rudimentâre Kenntnisse der Muttersprache der Fltem. Inwieweit von einer ldentitâtsentwikklung dieser Jugendlichen gesprochen werden kann bleibt derzeit offen, da eine solche Identitâtsentwicklung stets einem Wandel unterliegt und vor allem von soziostrukturellen Begleitumstânden bestimmt wird. Dennoch ist davon auszugehen, dass Jugendliche mit einem M i grationshintergrund speziellen Bedingungen unterworfen sind, die einer erfolgreichen Integration im Wege stehen können. Oftmals sind es die prekâren soziostmkturellen Begleitumstânde, die sich auf die Ausbildungschancen dieser Jugendlichen nachteilig auswirken. Im Fail der Kurdinnen und Kürden wirken sich Unwissenheit und klischeehafte Wahrnehmung der Mehrheitsgesellschaft, sowie Polarisierung oder Ausgrenzung durch Finwanderer türkischer Herkunft zusâtzlich negativ aus. Finige der Jugendlichen werden so bereits im Lauf ihrer Identitâtsfindung oder "Positioniemngsprozesse" an den Rand der Gesellschaft gedrângt. Andere Jugendliche entwickeln wiederum Gegenstrategien oder besondere Fâhigkeiten, um diesen Begleitumstânden zu trotzen. Oftmals drückt sich dies in Frfolgen der eigenen Bildung aus, mittels denen sie aus dem familiâren Bildungshorizont ausbrechen können. (vgl. Schmidt 2000) Verwendete Literatür: Kizilhan 1995: Kizilhan, ilhan: Der Sturz nach oben (Frankfurt 1995) Ammann Birgit 2001: Ammann Birgit: Ammann Birgit: Kürden in Furopa (Münster 2001) Schmidt, Susanne 2000: Schmidt, Susanne: Kurdisch-Sein, mit deutschem Pass (Bonn 2000) *** Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! Frau / Gesellschaft QEREKOLEN DI SERE JINAN DE "Keçikek hej dest pe peyvandine nekiriye re te gotin ev şerm e, ew şerm e" Amargî - YXK Kaiserslautern Masiye mezin a biçûk daqurtîne. Ev bûye zagona xwezaye û ji hela mirovahî jî te bikaranîn. Ev babet te vî wateye ku kî/e bi hez be her re ji re vekirî û zagonî ye. Li hemberî vî helweste bertek û hewldaneke ji hela qelsan de ten nîşan dan.. Helbet carinan bi ser dikevin carinan jî dibin em. ji tekiliya mar û mişke di hawirdore de neçîr û neçîrvane ye Piranî mişk dibin neçîr. Mar jî ji teyran re dibin neçîr. Dema sewalek xwe ne karibe bipareze an jî li hember dijmine xwe ber xwe bide nû tebikoşe ew çaxe winda dike nû edî dikeve deva sa tebatî (passiv). Mînak di xwezaye de pir in nû mirov dikare le zede bike. Ziman jî dikeve vî çîna (kategorie). Zanyar nû rewşenbîr jî di yek ramane de ne nû zanist jî pejirandiye ku cihetiya ya sewal û mirovan fikirîn e. mirov behremendî ya fikirandine di ceribandinen xwe ye di nav dîroka mirova hî de xelata me kiriye. Her wiha ev bi reyeke peresî pek batiye. Ji zilme her tim raperîn nû teslîmî dize. En ku li hem bere zext û zorî derten an rizgar dibin an jî bi rûmete tune dibin. En li hember nasekine ji wan jî cerdewan, xayîn, diz hwd derten. Hebûna xwe be rûmet dimeşînin. Li cem sewalan ne wisa ye ji ber ku mirovahî bi perasandina xwe re rewişt nû wijdan jî afırandiye. Ev jî bi me re dijîn nû em jî bi tecrûbeyen xwe ye zanistî, olî civakî le zede bikin nû ji bo nifşe veguhezînin. Li hemberî vî pergala tund de hejmara xwendekare zede dibe. Herweke di civaka kurdan de xwendekaren jinen ciwan behtir dibe. Bi zedebûna xwendekaren jin çiqas civak diguhere? Dema malbaten kurd zaroken xwe bi re dikin zanîngehan temeh dikin ku ciwan xwe winda nekin. Tirsa xwe windakirina netewetiye ye. Netewe ji bo malbate namûs e. pişt re ol pişt re jî ziman te. Ev xweste li ser jinen ciwan behtir bandor dike. Dive ku 'namûsa navbera du şeqan' biparezin. Dema jineke ciwan be zewac bikeve tekiliya zayendî edî benamûs e. bona xortan ev zagona civakî cezakî din didin. Weke tif kirine an jî xwe ker û lal di kin. Bi vî helweste wan diyarî dikin. Xe- zile kurt vedigirin nû her tim tengezar in. lata jinan kuştin e yan jî neletkirin e. Di zayine keçan de jiyana wan bi çew- çawa mislimanekî li gorî ole şaşitîyekî çeke sandina malbate dest pe dike nû bi mezin ji tirsa xwede dîn nû şaş dibe ev jî di nav bûyîna wan de jî civak jî tevle dibin pişt derûniyekî wiha de ne. keçen me nexweş re heval dûv re jî mer. Di vî pevajoya zor- in. dema meda wan an jî sere wan bieşe di daıiye de bûyeren eceb nûû bandor derten çin bijîjke. Le bele ji bo vî mijare çareseriye xwe di teslîmbûniye dibînin. Mirov ne mişk hole û rewiştekî pe re dize. Keçikek hej dest pe peyvandine nekiriye e ne jî mar e. dikare xwe di neçariye de riz re te gotin ev şerm e, ew şerm e. dema pi- gar bike. Wisa nebû ya niha mirovahî ne hatik İaşe xwe vedibîne pe re jî ji re qedexe tibû vî aste. Belkî jî em hej jî sewal bûn. Di xwezaye de xwe parastin nû jiyan din te. Mînakek berbiçav ev e: ew dema deste xwe avete lebate xwe ye zayendî, malbat heye weke destpeke de jî hat nivîsandin. agir li sersere we dibarîne. Bifıkirin ew ke- Jinen me yen ciwan çiqas li xwedî azadî çik bi kîjan tirawman mezin dibin. Helbet nû hebûna xwe ye zayendî derdikevin. Berev di jiyana wan de pir roleke kûr dilîze. siva vî pirse pir vekirî li hole ye. Ew ne diHer wiha bi xwe re jî hîn reftaran derdi- karin weke xwe bimînin ne jî weke ewrûxe hole. Weke derew kirine. Mirov dika- piyan ne jî di rastiye xwe de. re bi lev bike ku keçen kurdan ji ciwanan Dema mirov xwe xwedî dernekeve behtir derewan dikin. Dema dibistane de ku hemû bûyeran re vekiriye jiyan. Mînakek daxwaz dikin derkevin derve bi hevalen ji nezik de, cerdevvanen kurd. Li hem bere xwe yen xoıt re fîlmekî temaşe bikin dibejin xwe şer dikin, ji ber ku xwe teslime dij em bi gule re bi bese re nû hwd diçin. Bi mine xwe kirine nû wisa jî dijîn. vî re dest pe dike. Dive ku derewen xwe bi Di hawirdore de teslim bûn ew qas heserkeftî bi re bixin nû peşeroje de ti pirs- san nîn e weke di nav mirovan de. Tesgirek demekeve. Ji ber ku di civakek di nav lîmbûna di sewalan de bi mirenen wan de xwe de girtî de mijaren wiha veşartî na- derbas dibe. mîne. Dive ku keçik wisa çîroken xwe ama Ev çewisandina malbate qerekolen wisa de bikin ku ti pirsgirek di nav salan de der- bi dîwaren stûr di sere mirov de didin hûnekeve. Ku derket bi helwesteke tundî re nandin ku keçik nikarin bi dilekî xweş bi hev rû dimînin. Carinan jî ten kuştin an jî bikîniyen xwe avjenî bikin. Gelo dikariji dibistane ten girtin nû bi temene zarok- bin bi birayen xwe re avjenî bikin an jî bi tiye de be dile xwe ten zewicandin. ap nû xalen xwe re? Civaka mer jinan xiJinen ciwan bi vî derûniya mezin dibin stiye bin sitemkare ye xwe. Jin nikarin bi nû aferînek jî pi wan re mezin dibe. Gele hevalekî xwe re derve çayek jî vexwin. kurd ne tene di nav civake xwe de ye. HinDive ku keçikek heta zewace çermika ek derketine derve ye welat. Malbaten der- xwe ji bo mere xwe veşere. Dema ku ev veyî welat edî behtir tirsa wan e xwe win- çermik di poze jinan de be çi çebe? Hej da kirine heye. Ji ber ve yeke jî çewsan- funksiyona vî ji hela zanyaran de bi aradina dijwartir dibe. Jin jî hela deq û dol- mî ne zelal e. le bele hinek jinekolog nû aban de pispor dibin weke xwedewan zanyar di vî ramane de ne ku ev çermik di Hera. ezebtiya keçan de ji bo dema jîvane Xwendekaren jin piranî daxwazen mal (Menstruation) wande înfeksiyone nebate tînin cih. Hinek ji wan dimîne navber girin e. de hinek jî li hember disekine ji bo rizgagelo jinen ciwan bikaribin li hem bere l i ya jine tedikoşe. Ev alî pir kem e. ew jî malbat nû civaka xwe ber xwe bidin nû dixwazin weke elmanan fransiyan kincan zayenda xwe rizgar bikin. Ev mijareke devegirin herin lotikxane. Hinek van tiştan di rûn û civaknasî ye. Helbet ev milen vî zakin. Cem malbat weke xwesteka malbat in. niste jî dive ku xwe ji hela zayend de riz le derve ye malbat li gorî dile xwe ne. ber- gar kiribe. Bewalıreıı wir unser Dasein ımd erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Ö kologie HEZKEF Hez je/ji hezdikim û Kef je/ji kefdikim Xem-YXK Dortmund Destpeke de ez hewes dikim, bira xwendevanen Kurd û Kurdistane nave Heskîf bi Hezkef binin ziman, ji ber ku Hezkef, ware de û bave me ye. Mirov ji cîhek pîroz hez û kef bike, gele xerib jî je hez û kef dike. Wekî din dîroka Hezkefe pir kevin û dewlemende. Kesek dîroka xwe bizanibe, ew xwe jî dizane. Di ve mesele de dîroka te hebûna te ye. Ji xwe Kurd gişt ji dil û can de xwedi li kesîbtîya xwe derketiban (bûyîn), tu kes nikariba tim rewşa welate roje xirab bike (nebûyîn). Rojek bere Newroza eme li Amede pî roz bikin, di biste meha Adare sala 2010'an de, carayekem ez bi komek ji Yeketiya Xwendekaren Kurdistane (YXK) re diçim bajare Hezkefe. Ve deme em hemû heval pir dilşah û dilxweş in, ku em nû tîrejek dîroka xwe di binin. Hezkef bajareke pir kevnar, û ber Çeme Dicle li herema Batmane ye. Ji xwe gelek xezînen we yen çand û hünere henin. Bona ve yeke Hezkef ji alîye arxolojî de gelek dewlemende û bi nave "mûzeya vekirî" te nasîn. Li dor û nav bajar de bi he- zaran şkeft batinin ava kirin. Ji van şkeftan binek jî hunerxane û bîren ave nin. Der û mizgeft li Qela Hezkefe pir benin. Goristan jî li ve dere kem nînin. Ji xwezayî de Qela Hezkefe ji kevire, dused metre blindî ya xwe beye û bema li ser qîjik (kendal) û ber qiraxa Çeme Dicle ye. Teketina we di reke xwar, le di çar derîyan de derbas dibe. Bi sedsalan Qela Hezkefe bûye cîware gelek çand û gelan. îro bîna jî di şkeftan de malbaten kurd kem zede bi aweke asayî dijîn. Di Çaxa Navîn de Pira Dicle ya berî mezin bûye. Quba Pira Dicle ji dar û texten li ser du stûnan bûye, pe dema şer çeba, bibatiba rakirin û bive dijmin nikariban biketiban nav bajare Hezkefe. Xirbe Qesira Piçuk xwe bi şiklek beşmetîn li ser keleka kendale rojbilata bakûr bil tine û newala şenayî ya Hezkefa rengîn li ber çavan dixe. Wekî din xirbe Qesira Mezin li bakûre qîjike, bin Mizgefta Mezin de cî digire û bircek we ya çarkoşe beye. Loma mina bircek nöbete te xuya kirin. Mizgefta Mezin li ser efaren derek bate lekirin û wek afirandinek boste bi nav û denge. Ji 1232'an virde van avabî gişt ji bela Eyûbîyan (zureta Selabedîne Eyûbî) bati- nin çekirin. Ji ber hacet, cîb û qîmeta ba jar, danûstandina Hezkefe di Riya Hevrîşime de pir beja bû. Eyûbîyan, malbateke kurd, Hezkef kiribûn navenda aborî û îslame. Ne ji alîye ole, le ji alîye zanîne mi rov pewiste jiyana civake şirove bike. Loma "Tir kiye?" jî dixwaze vî ware dîroke bike bin ave. Di 1982'an de komara Tirkiye biryar dabû, ku bi proja anatoliya rojbilata başûr nave xwe GAP (tirkî: Güneydoğu Anadolu Projesi) bendavan li beremen Kurdistana Bakûr çeke. Derengî an neçekirina bendava Ilisuye beta niba ji ber astengen aborî ne. Ji xwe gerîla yen Partiya Karkeren Kurdistan (PKK) mina di 1984'an de nabelin Tirkiye ve proja xwe pek bine. Dîsa jî ko mara Tirkiye wek gurek çavsor dev ji ve qeste bemade. Niba bendava Ilisuye ji bela Tirkiye de be avakirin, wee Çeme Dicle bike gölek nezikî 2 km fıreb û 140 m blind. Bi ve awaye bendav bim ji bo pekanîna ronîya Tirkiye dixebite, pe ew ji alîye şiyane de serxwe bin, bim bona avdana zevîyan bikar te. Le bele Hezkef jî di bin ava Çeme Dic le de winda dibe. Hinek zanyar dibejin, siv sere mînara Mizgefta El-Rizke li ser ave dimine. îjar wee bibe bendava berî mezin a Kurdistane û bela berî xemgîn a Kurd û Kurdistane. Rebere Gele Kurd, Evdila Ocalan, li ser mijare got:" Tu eleqeya ve bendave bi avdane re nîne. Armancen we leşkerî ne û projeyeke stratejik e." Dewa Civake Gundîyen Hezkefe wisa der bare avakirina bendave de difikirîn:" Ne tene rewşa me, a bawir û bey wanan jî xirab ben. Çima ware de û bave me dikin bin ave? Wekî dixwazin ave li ser zeviyen me jî bigirin. Ve çaxe komaren rojbilata navîn jî edî be av diminin. Komara Tirkiye ji 8 firmen ewrûpî 80 milyon ewro deyn ji bo avakirina 80 cîben leşkerî li dora Hezkefe kiriye. Tirki ye bin nikare bi ciranen xwe re xer bike. 36 Bewahren w ir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Ökologie îjar wee çer deyne Ewrûpaye bide? Li çekirina bendave zede mal tere û kara we keme, lebele "komara tirker" dîsa jî pe quna bendave girtiye." Nerînen gel nişan didin, ku ew him ji bendava Ilisuye be xeber û him jî bezarin. Bi windabûna bajare Hezkefe nasnama gele Kurd jî winda dibe. Veqetandina gele Efrîqa Başûr (nîjadperestî) li Kurdistane jî li ber çava ye, Kurd fena mirove çîna duyem te xuyandin. Loma 55 hezar Kurd ji ber bendave ji xan û günden xwe ten derxistin û talankirin. Diraven ji bo derxistina gundiyan tera qet kesek nakin û çûyina bajaren wek Amed an Batman ji malbaten kurd re dibe sereşek nû. Ewe bi bekaıi, pirsgireken civakî û derûnî re rû bi rû bin. Xisusî baren jinan edî gran dibin, ji ber ku ewe di nav çar dîwaran de ben girtin. Bajar bona zarokan jî ji alîye xebat û jiyana li ser kolanan dibin xeter. Piştî Germanya, Awistriya û Swed (Germanya Mezin) di havîna 2009'an de deyn edî nedan Tirkiye, ji ber ku we şert û mercen avakirina bendava Ilisuye neanîye cîh, di meha sibate 2010'an de komara Tirkiye da ber çavan, ku we şîriken nû peyda kiriye û ewe bi hev re bendave çekin. Dewa Çande Bendava Çeme Dicle li Mezopotamya Bakûr te lekirin. Deh an danzdeh hezar sal bere miroven ewlîn li vir, Hezkefe, cîh gir tin. Li bajare Hezkefe çanden ewlîn jî, wek yen Sümer (irqek gele kurd), mezinbûn. Destana Gilgameş dide zanîn, merxase dine Gilgameş di wexta xwe de nedihişt qet yek waren dîrokî yen di nav welaten du çe- 37 man de, Eirat û Dicle, biherimanda. Ji xwe wî Sûra Urûke jî ji ber Tofana Mezin û pe şaristan şen be, çekir. Piştî mehşera tofane ew bi xwe diçe welate dûr û xerib malen giran tine, pe bajare Urûke ter û xemilî be. Wekî dibejin, key Urûke, Gilgameş xwe ji Qela Hezkefe avîtiye Çeme Dicle û ajbeıi kiriye. Heta niha dîroknasan li Hez kefe 208 dewsen dîrokî keşf kirinin. Axir çardeh dews kolandinin. Ji ber ku komara Tirkiye dixwaze ben dava Ilisuye bi lezûbez avake û kare kolîne pir çetîne, hela di wextek kin de, 194 dewsen din ben bin ave. Ev bûyer ji bo dîroka mirovatîye be kemasîya herî mezin. Li Hezkefe yek dikare bi çavek tene bist hev şûnen çandî yen cuda bibine. Vira bere navenda dîne Aşuren xristî (4-7. sedsal), paşe paytexta Artûqîda bû. Wekî din li ba jare Hezkefe şehaden Eyûbîyan û yen gelek xelke din jî manin. Dive ta 300 der, mizgeft û afirandinen din henin. Qela Hezkefe heşmetîne. Le Pira Dic le ya kevir û 800 salî, di dema xwe de ya herî mezin bûye. Dîsa jî dû çend salan ji hela Mongolen weşî (irqek tirka) de hate xirab kirin. Ji ber ve yeke qîmeta Hezkefe hedî hedî winda dibe. Bi kurtî û kurdî: Avakirina ben dava Ilisuye, herimandina malmîrata çan dî ya Kurdistane ye. Dewa Hawire Bendav nîzama hawira baş diherimine û Çeme Dicle dike goristana sewalan. Çeme Dicle û Firate mina nîzamek hawir in. Sewal û gîya yen li der û dore Firate nemayin, niha li çardora Dicle henin. Wekî mînak kûsîya Firate ya metrek direje, edî tene li ber Çeme Dicle dihewire. Ji xwe bi nek cinsen çûka siv li Hezkefe dijîn. Pirinîya masîyan di Çeme Dicle de ben mirin. Flora û fauna ya devereke pir mezin, Hezkef, giredayî vî nîzama hawire. Ji ber bendave risqen heywanan ben bi rin. Her wiha nem jî zede dibe. Dema gola bendave tijî be û zad û cotkarî ji niha şûnde zedetir bin, jiyana heywanane xweş di bin û pe re nîzama hawir dibe xirecir. Dewa Ave Komara Tirkiye çiqas ave di Çeme Dicle de dihele? Çeme Dicle di ber sînore Sûrîye de diherike nav Iraqe. Nangira sale Çeme Dic le bi xwe re dibe ber qiraxen îraqe, le wee edî di bendave de derbas nebe. Ango bendava Ilisuye ji îraq û Kurdis tane re dibe pirsgirekek heri giran: Ava wan edî giredayî Tirkiye ye. Ijar komara Tirkiye kenge xwast, we çaxe wee ave ser de berde. Dawî de şer û dewa ave jî diqewime! Bona ve yeke hinek çavderen sîyasî lome dikin, ku Tirkiye bendava Ilisuye ne ji hela aborî de, le ji hela geostratejîk de çedike. Firsend Agahîyen li ser mijare destnişan didin, komara Tirkiye tew firsendek bona ben dava Ilisuye ravenake. Doza rastî ya ben dave hilberîna ronîye ye (12000 MW).Ma fen û heşen îro didin zanîn, ku zef firsend ji bo çareserkirina astengen ronîye henin.Mirov dikare ronîye ji roje, baye û germahîya erde jî pek bine. Li Kurdistane hersal 300 roj tava roje heye. Dema komara Tirkiye dixwaze Hezkefe şen bike, bira bi diravnameya proje (kem zede du mîlyar ewro) alîkarî bide turizma çandî ya Hez kefe. Bi vî rengî gelek cihen xebate jî çedibin, malmîrata çandîya Kurdistane, ba jare Hezkefe, dipareze û hawir qet zerare nakişine. Tişta herî giıing, qe kesek ji günden xwe naye derxistin. Ez ji gelen Kurd û Kur distane dixwazim li ber avakirina benda va Ilisuye rabin ser xwe û bejin:" Edî bese!" Paşeroja xwe bizanibe, pe peşeroja te ronî be. Nivîsa Xem ji bona Hezkefa şerîn Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! Ö kologie RONAHI Bau des Ilisu Staudammes geht weiter Ohne China, aber nun mit türkischen Banken und Andritz Ercan Ayboğa - HasankeyMnitiative Wie der Öffentlichkeit bekannt ist, zogen am 7. Juli 2009 die drei europâischen Regierungen von Deutschland, Österreich und der Schweiz ihre Kreditbürgschaften fiir das Disu Staudammprojekt am Tigris zurück. Zwei Tage spâter folgten ihr die drei euro pâischen Banken Societe Generale, Dekabank und Bank of Austria, welche die Kredite für die europâischen Untemehmen übemehmen wollten. Damit brach die Finanzierung aus Europa auseinander. Die eu ropâischen Untemehmen stellten ihr Engagement ein, doch gaben sie in den folgenden Monaten keine eindeutige Aussage ab, wie sie zukünftig weiterverfahren werden. Nach dem Ausstieg der europâischen Regierungen verkündete die türkische Regierung, dass sie unter ailen Umstânden Ilisu bauen will und eine Finanziemng anderweitig finden würde. Als die Mittel der Türkei und andere Faktoren es nicht erlaubten, für den europâischen Part des Projekts - etwa 500 Mio. Euro - eine Kreditbürgschaft zu übemehmen, begab sich der türkische Finanzminister im September 2009 nach China, wo er mit dem chinesischen AmtskoUegen nach eigenen Aussagen auch über Ilisu geredet hat. Doch in den kommenden Monaten tat sich in dieser Richtung kaum etwas. In diesem Sinne ist die Antwort des chinesischen Botschafters an unsere Initiative zur Rettung von Hasankeyf im Dezember 2009 zu verstehen. In ihr sagte die chinesische Regiemng, dass keine chinesische Firmen am Ilisuprojekt beteiligt wâren. Wir erinnem uns gut daran, dass die türkische Regiemng den drei europâischen Regierungen indirekt immer gedroht hat, Ilisu mit chinesi schen Untemehmen und Exportkreditgarantien zu bauen. Es ist bekannt, dass chi nesische Untemehmen in immer mehr Projekten weltweit verwickelt sind und dabei keine Skrupel kennen. Doch in etwas überraschender Weise haben sie sich von Ilisu zurückgezogen, was in erster Lirde auf die starke regionale und intemationale Kampagne zurückzuführen ist. 38 Ab dem Jahreswechsel bahnte sich jedoch eine neue bedrohliche Entwicklung an. Dass die Chinesen nicht mitmachten, war eine weiterer Rückschlag für die tür kischen Regiemng. Doch die Türkei lies nicht locker und spannte im Januar/Febmar 2010 drei türkische Banken in die Finanzierung ein. Und zwar handelt es sich um die beiden privaten türkischen Banken Akbank und Garantibank - die dritte beteiligte Bank ist die staatliche Halkbank. Ironisch dabei ist, dass die Akbank in der Tür kei für die Unterstützung von gewissen Kulturprojekten - natürlich bürgerliche und gesellschaftsunkritische! - bekannt ist. Die Garantibank nennt sich „Grüne Bank", weil sie einige Umweltschutzprojekte finanziert, vor allem von konservativen Naturschutzorganisationen wie der WWFTürkei. Im Febmar 2010 wurden die Vertrâge zwischen den beiden Banken, der türkischen Regiemng und den Untemeh men unterschrieben. Akbank und Garan tibank gehören etwa zur Hâlfte intemationalen Banken, womit es eine indirekte auslândische Finanziemng des Ilisu-Projektes ist. Die Kreditbürgschaften kommen nun von der türkischen Regiemng, was in dieser Höhe und mit diesem Risiko einmalig ist. Da es sich um ein strategisches und Prestigeprojekt für die Türkei handelt und die finanziellen Kapazitâten der Tür kei sich in den letzten Jahren etwas erhöht haben, hat sich die türkische Regiemng zu diesem Schritt entschlossen. Aufgmnd dieser Entwicklung haben im Frühling 2010 die Bauarbeiten am seit Jah ren stilistehenden Projekt im Dorf Ilisu wieder begonnen. Im Mai 2010 wurden Fotos bekannt, die den Baufortschritt zeigten. Eine weitere wichtige Frage an diesem Punkt ist die folgende: Das Know-How der türkischen Untemehmen ist nicht soweit entwickelt, dass groBe Turbinen - wie für das Ilisu-Projekt vorgesehen - produziert und errichtet werden können. Insofem musste ein intemationales Untemehmen frü- her oder spâter einspringen. Wâhrend angenommen wurde, dass dies in etwa zwei Jahren der Fail sein würde, hat sich im Juni 2010 vieles getan. Mitte Juni 2010 erklârte das österreichische Untemehmen Andritz, dass sie elektromechanische Ausrüstung vor allem Turbinen - in Höhe von 340 Mio. Euro für das Ilisu-Projekt liefem würden. Nach dem Rückzug der europâischen Kre ditbürgschaften im Juli 2009 waren bekanntlich die europâischen Untemehmen de facto aus dem Projekt raus. Wâhrend Alstom aus der Schweiz und Züblin Anfang 2010 offiziell auch mitteilten, dass sie aus dem Projekt raus sind, hat dies Andritz nie getan. Denn sie hofften, wie jetzt geschehen, dass sie wieder einspringen könnten. In ihrer Erklâmng spricht sie davon, dass „nach der zwischenzeitlichen Suspendiemng der Liefervertrâge sâmtliche Voraussetzungen für die Wiederaufnahme geschaffen seien." In ihrer Begründung verdreht Andritz ganz offen die Realitâten („funktionierendes Rechtsystem", „besonders modemes Kraftvverk mit hoher sozialer und umweltmâ6iger Absichemng", „Bau von Klâranlagen in Stâdten der Region"), womit sie der Öffentlichkeit praktisch aussagt, dass für sie nur der Profıt und weitere ökonomische Interessen in der Türkei ausschlaggebend sind. Wâhrend viele Konzeme nach so viel Kritik in der Öfientlichkeit und Widerstand an einem destmktiven Projekt sich zurückziehen, um etwas Gesicht zu wahren, ist Andritz besonders arrogant und unverschâmt. Interessant ist auch, dass weitere europâische Untemehmen im Projekt verblieben sein soUen. Dabei kommen nur die kleineren schweizerischen Untemehmen Colenco und Maggia ins Spiel. Oder sind doch andere europâische Untemehmen eingesprungen? Das wird sich im Laufe der Zeit zeigen. Der Verbieib von Andritz hat noch einen anderen wichtigen Aspekt. Andritz ist zusammen mit dem türkischen Bauunternehmen Nurol Konsortialleiter bei diesem Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! Ökologie RONAHI Projekt. Weil Andritz im Projekt geblieben ist, existiert trotz gescheiterten intemationalen Kreditbürgschaften und Rückzug von Alstom und Züblin nach Auffassung der türkischen Regierung das Ilisu-Konsortium. Dieser Punkt ist kritisch, weil nach dieser Meinung keine nene Ausschreibung durchgeführt werden muss. Wenn cine neue Ausschreibung angegangen wird, würdc sich das Projekt um 1-2 Jahre verspâten. Dies war Gegenstand vieler Diskussionen in der Türkei. Es ist geplant, dass Anwâlte der Initiative zur Rettung von Hasankeyf in Kürze deswegen cine Klage gegen die Regierung starten, denn es gab erhebliche Verânderungen am Projekt. Wâhrenddessen sollen die Bewohner vom Dorf Ilisu und Karabayir - dem Baustellenort - in diesem Sommer aus ib ren Hâusem umziehen. Für sie wurden neue Hâuser in der Nâhe errichtet, die aber viel teurer als die Entschâdigungssumme für die jetzigen Hâuser sind. So müssen sie für die neuen Hâuser 70.000 TL (35.000 Euro) zahlen, wâhrend sie für die bestehenden Hâuser 20.000-30.000 TL erhielten. Ungeklârt, wovon sie cin Einkommen haben sollen. Die Bewohner von Ilisu teilen mit, dass viele weitere Versprechen nicht eingehalten wurden. So würden auf der Baustelle fast aile Arbeiter von auBerhalb kommen. Mit dieser Umgehensweise werden sie deutlich schlechter gestellt und nicht im geringsten nach inter- nationalen Standarts umgesiedelt - von den durch die europâischen Regierungen gestellten Auflagen ist nichts zu sehen. Neben den Bauarbeiten in Ilisu haben im Juni 2010 vorbereitende Bauaktivitâten für „Neu-Hasankeyf' 2 km nördlich vom jetzigen Hasankeyf begonnen. Die Türkei macht somit emst und versucht das Projekt in jeden Fail voranzutreiben. Obwohl über 90 % der Bewohner von Has ankeyf klar gesagt haben, dass sie nicht in den neuen Ort aus mehreren Gründen um ziehen werden, wird dort gebaut. Die Bewohner sind einfach gegen die Flutung ihres Ortes. Hinzukommt, dass sie wie in Ili su bei einem Umzug verschuldet würden. Ausserdem würde es dort keine Finkommensmöglichkeiten geben. Auch cin anderes Versprechen bricht die Türkei im Ilisu-Projekt: Aus einem Artikel der Hürriyet Daily News vom 24.5. geht hervor, dass nun auch Hasankeyfs antike Brücke und die antike Fİ Rizk Moschee nach den Plânen der türkischen Behörden in den Fluten des Ilisu-Staudamms versinken sollen. Bisher hatten die türkischen Behörden versichert, Hasankeyf werde „gerettet", indem die wichtigsten zwölf Monumente im Original abgetragen und wieder aufgebaut werden. Jetzt ist nur noch von „Nachbildungen" die Rede. (siehe link: http://www.hurriyetdailynews.com/n.php?n=hasankeyf-to-be-moved-2010-05-24) Die Kampagne gegen den Ilisu-Staudamm ist an einem kritischen Punkt. Fs wird gebaut. Direkter Protest muss gezeigt werden, cin neues Niveau im Protest, sonst ist der Kampf verloren. Auch wenn bisher in der Türkei/Kurdistan gegen zerstörerische Staudâmme kein Protest sehr direkt wurde und die Frfahrung dabei fehlt, müssen neue Aktivitâten her. Daran arbeitet die Initiative und weitere Gruppen. Frschwert wird die Kampagne durch die zunehmenden militârischen Auseinandersetzungen und Menschenrechtsverletzungen. Fs ist schwer geworden, in die Dörfer und nach Ilisu zu gehen. Angesichts von Festnahmen, Folter, Repression gegen Demonstrationen und vielfachem Tod ist es schwieriger geworden, sich cine Stimme in der Öffentlichkeit zu verschaffen. Hinzukommt, dass am 13. Juli 2010 in Hasankeyf cin Felsbrocken herabstürzte und dabei einen Menschen in den Tod riss. Dies nahm der Gouvemeur zum Anlass, den Zugang zur Burg und ihre nâhere Umgebung zu sperren, was den Tourismus in Hasankeyf komplett zum Frliegen gebracht hat. Dagegen haben die Bewohner mehrmals lautstark protestiert. Fs wird befürchtet, dass der Staat die Bewohner der Stadt schleichend hinausdrângen will. Perspektiven für die staudammkritische Bewegungen Die Initiative zur Rettung von Hasan keyf war und ist sich auch bewusst, dass das Thema der zerstörerischen Staudâm me nicht kurzfristig gelöst werden kann und es sich um cine lange Auseinandersetzung handelt, da diese türkische Re gierung immer die gleiche undemokratische Politik so lange wie möglich vveiterverfolgen will. Nur cine breite soziale Bewegung im ganzen Land kann langfristig an der zerstörerischen Wasserpolitik etwas ândem. Deshalb schlossen sich 13 talsperrenkritischen Bewegungen zusammen und machten am 12. Januar 2010 in istanbul einen Aufruf für cine neue Wasserpolitik. Sie lehnten in einer gemeinsamen Stellungnahme die Talsperren- und Wasserkraftwerkprojekte der türkischen Regierung ab, weil diese zu gravierenden sozialen, kulturellen und ökologischen Kösten führen. Unter der Bezeichnung „Akarsu Ha reketleri" (Fluss Bewegungen) haben sich inzwischen über 25 staudammkriti- 39 Bewahren wir unser Daseio und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHI Ökologie 3. Unsere Intention zum Start eines Dische Bewegungen zusammengeschlossen. Die meisten Bewegungen sind aus den skussionsprozesses ist es, die soziale und kurdischen Regionen am Tigris, Munzur ökologische Nutzung der Wasserressourund Zap und von der östlichen Schwarz- cen für die Menschen sicherzustellen, meerregion, darunter viele Bewegungen basierend auf den Prinzipien der sozialen aus dem Coruh-Fluss Einzugsgebiet, Gleichheit und egalitâren Partizipation. Als aber auch aus der Âgais-Region. Am Schlussfolgerung fordem wir die Über14.3.2010 demonstrierten diese Bewe- tragung der Verantwortung für den Gegungen gleichzeitig in mehreren Örten. brauch der Wasserressourcen im Rahmen Am 25.4.2010 fand in istanbul eine gro- eines „demokratischen Wasser-Manage6e Demonstration mit 5000 Teilnehmern statt, die von mehreren Bewegungen organisiert wurde. Vor etwa zehn Jahren begannen die ersten Proteste gegen zerstörerische Talsperren, die in den letzten zwei-drei Jah ren zugenommen haben, auch weil L i zenzen für immer mehr kleinere und mittelgroBe Wasserkraftwerksprojekte an Untemehmen vergeben werden. Über 400.000 Menschen wurden bisher vertrieben, meistens endeten sie in der Ar mut. Hunderte historische Orte mit einer Vergangenheit von bis zu 12.000 Jah ren wurden überflutet. Viele Flussökosysteme wurden zerstört. Da die türkische Regierung noch 2000 weitere Projekte plant, stehen noch weitere groBe Zerstörungen an, wenn nicht Einhalt geboten wird. Die genannten Bewegungen schlieBen sich zusammen, weil nur sie es gemeinsam schaffen können, diese Zer störungen in der Öffentlichkeit bekannt zu machen und eine Verândemng der Po litik zu bewirken. Die talsperrenkritischen Bewegungen haben auf der Pressekonferenz angekündigt, zukünftig verstârkt dagegen vozugehen und die fol- ments" an die lokalen Behörden und lokale genden Vorschlâge für eine neue partizi- zivilgesellschaftliche Organisationen. pative und ökologisch orientierte Was4. Es müssen kompetente Institutioserpolitik unterbreitet: nen und Organisationen etabliert werden, die mit den notwendigen finanziellen 1. Die Regierung der Türkei muss Mitteln ausgestattet sind, um zu den verdringend ibre falsche Wasser-Politik be- schiedenen Aspekten der mit Wasser verenden und aile Staudamm- und Wasser- bunden Ökosysteme Daten zu erheben und kraftwerkprojekte, die sich in Bau oder Pla- Forschungen zu betreiben; z.B. zum nung befinden, stoppen. Schutz der Funktion der Ökosysteme, zur Biodiversitat, zu den Siedlungen, zur 2. Gemeinsam mit der Gesellschaft Bewâsserung, zum Öko-und Gesundheits- eingeschlossen die von Staudammen Tourismus. und Wasserkraftwerken betroffenen Men schen, lokale Behörden, Umweltschutz5. Im Licht der oben genannten Forund Menschrechtsorganisationen, Ex- derungen beabsichtigen wir die Grünpertlnnen, Berufsverbânden usw. - muss dung einer „Wasser-Arbeitsgruppe", um eine neue Diskussion mit dem Ziel der den Diskussionsprozess zu einer neuen Entwicklung einer neuen Wasser-Politik Wasserpolitik voranzutreiben. Jeder Bebeginnen. reich und jede Organisation der Gesell 40 schaft müssen die Möglichkeit haben,j auf gleichberechtigter Basis an dieser Arbeitsgmppe mitzuwirken. Langfristig muss| diese Kommission die Umsetzung der| angestrebten neuen Wasser-Politik über-; wachen. AUFRUFZURSPENDE Anfang des Jahres 2010 wurde deri „Verein zum Erhalt von Hasankeyf und| des Tigristales" in Batman gegründet, um die Ziele der Initiative zur Rettung von I Hasankeyf zu unterstützen. In den vergangenen 5 Jahren hat die Intiative eine lang andauemde Kampagne auf die Beine gestellt, die Betroffenen über ihre Rechte informiert, die Öffent-ı lichkeit zur kritischer Haltung gegenüber dem zerstörerischen Ilisu-Projekt aufgerufen, Berichte erarbeitet und auch in entscheidender Weise die drei europâischen Regierungen dazu gezwungen, ihre Kreditbürgschaften zurückzuziehen. Weiterhin hat sie erheblich dazu beigetragen, dass sich türkeiweit ein Netzwerk von staudammkritischen Bewegungen gebildet hat. Doch der Bau der Ilisu-Staudammes geht vveiter, wogegen der Widerstand weiter ausgebaut vverden muss. Die bisherige Arbeit haben wir durch ehrenamtliche Arbeit und durch Zuwendungen unserer Mitgliedsorganisationen finanziell bewâltigt. Doch angesichts der kritischeren Lage, sind immer moht Ressourcen notwendig. Deshalb rufen; wir aile Menschen und Organisationen auch in Europa auf, eine Spende an unseren Verein zu richten. Eure Spende wird dazu beitragen, dass wir das kültürelle und ökologische Erbe des Tigristals und diel Rechte seiner Bewohner besser verteidigen können. Hier die Daten des Euro-Kontos un- i seres Vereins: | Bank Name: Fortis Bank Batman ; Branch Turkey ; Kontoinhaber: Hasankeyf ve Dicle Vadisini Yaşatma Demeği Euro-Kontonr: 301080056EUR \ IBAN I Code:TR360007100296301080056EURı Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Kunst / Kultur Nerınek li ser dıroka 'Şanoya Kurd "Koka şano ya kurd kevin û dewlemend e. Dîsa jî em nikarin behsa şanoya dramatik bikin. Şano ya kurdî di sala 1918'an de weke tekstekî yekemin bi Rehmî Hekarî te nivîsandin'' Aydın Orak Beriya ku însan şareza bibin bi rîtuelan dijîn. Ji bo ku neçîra xwe bikin diketin eyaren heywanan û teqlîden wan dikirin û neçîra xwe bidest dixistin. Mirovahî bi rîtuelen weke; taziya, aşûra, qesîde û hwd. re nîşaneya şanoye didin. Şano bi van mînakan dikeve şeweyekî din. Piştre şahiyen Dîonîsos derdikevin li Yewnana Antîk. Di nava deme de şano peş dikeve û gelek merheleyan derbas dike. Çeşîden cur bi cur derdikevin. Ji wan; tragedya, komedya, dram, fars, vodvîl, muzîkal, ope ra, kabare, absürd, epîk, ajît-prop û hwd. derdikevin. Ji bo ku batiye nivîsîn, ji dîroka Beriya Zayîne beta îroyîn bi materyal bingeba dîroka şanoye li Yewnana Antîk batiye avetin. Em werin ser mijara xwe; Şanoya Kurd. Dîroka şanoya kurd çiye û neçiye? Weke ku em dizanin; Mezopotamya an jî Kurdistan ji gelek gelan re bûye şaristaniyeke dewlemend. Destanen weke Gilgameş, Newroz, Mem û Zîn, Siyabend û Xece û bwd. bene. Dîsa lîstiken ku di nav gel de ten lîstin mijaren şano ya gelerî ne. Zargotin, reqs û mûzîk... Le dive em dengbejan jibîr nekin. Dengbejan çanda kurdan bi devkî beta îroyîn anî ne. Dengbej, vebej û çîrokbej ji bo şanoya kurd dewlemendîne. Em berçiqas bejin koka şanoya kurd pir kevin û dewlemend e jî, ji bo ku di wan deman de şano bi zanyarî nebatiye çekirin, em nikarin ji bo şanoya dramatîk bebsa dîrokeke kevin bi kin. Herçiqas bingeb û çavkaniya Şanoya Kurd dengbejî be jî beta îroyîn, motîf û materyalen di Şanoya Kurd de nebatine ceribandin. Ev naye we wateya ku çavkaniya Şanoya Kurd ne dengbejî ye. Di sala 1918'an de kurdekî bi nave A. Rebmî Hekarî(Zapsu), teksteke bi nave Meme Alan dinivîse û di kovara Jîne de 41 diweşîne. Ev tekst di şanoya kurdî de weke teksta yekemîn te pejirandin. Ev tekst piştre gelek caran bat çapkirin. Te gotin ku di salen 1918-1919'an de li Stenbole Komela Jinen Kurd du lîs tiken şanoye derdixin bole. Mixabin ev çi lîstikin û bi çi awayî batine afirandin û mijara wan çiye nayen zanîn. Em ji kür den başûr bîn dibin ku di sala 1920'an de lîstiken kurdî li Başûre Kurdistane peşkeş kirine. Di salen 1960'an de lîstiken li dijî pergale derxistine. Di sala 1930'î de Kürden li Rusyaye perwerde bûne, li bajare Elegeze lîstika Mem û Zîn derdixin ser dike. Di sala 193re de Ereb Şemo lîstikeke bi nave Koçeken Derewîn amade dike û te lîstin. Di sala 1946'an de di dema Komara Mababade de lîstikek bi nave Dayika Niştiman te afirandin. Lîstik muzîkaleke ku çar perçeyan dike mijar e. Ev lîstik kengî, di çi rewşe de derketiye ser dike em nizanin, teskta lîstike jî neketiye deste me. Dîsa nivîskare bemdem û nemir Musa Anter di sala 1959'an de li Girtîgeba Harbiyeye berbemeke şanoye bi nave Birîna Reş dinivîse. Ji salen 1970'yî û vir ve li Rusyaye ronakbîren kurd kare şanoye peş dixin û di we deme de gelek berbeman di afirînin. U gelek berbemen şanoye ji bo radyoya Erîwane weke şanoya radyaye amade dikin. Di we deme de gelek lîstiken klasîk jî werdigerînin zimane kurdî. Ji wan; Gogol "Hesebger" û Vîktor Hugo "Beçare" çend mînakin. Di wan salan de li Silemaniye dibistana Hünere te avakirin. Ev dibistan ji bo peşketina şano û lîstikvanan roleke mezin dilîze. Gelek nivîskar û lîstikvan ji we dibistane derdikevin. Heta ve dere em ji bin go tin, bevpeyvîn, lekolîn û nivîsinan bînbûn. Dibe ku ev dîrok ji sedî sed ne rastbin. Ji bo kürden bakûr; di sala 1988'an de Mamoste Cemîl û bevalen xwe li metropole Tirkiye di cematen kurdan de lîstiken gel ango gelerî ye şanoye dileyîzin. Şanoyen odeyan çedikin. Ev agabî Mamos te Cemîl di bevpeyvîna xwe ya 2005'an de ku min pe re kiribû dabûn min. Le bi rexistin di sala 1990199re de bi damezrandina Navenda Çanda Mezo potamya û Kay-Der e şanoya kurdî bi bez dibe. Teatra Jiyana Nû bi reberiya Mamoste Cemîl lîstika xwe ya yekemîn "Mişko" dileyizin. Heta îroyîn zedeyî 50 lîstikan derdixin ser texte şanoye û di gelek mîbıicanen navnetewî de derdikevin ser dike. Gelek tumeyan pektînin. Klasîken cîbane werdigerînin şanoya kurdî. Niba li gelek ciban şanoya kurd tâ çekirin. Him sazî bim jî şanoyen taybet yen weke; Teatra Jiyana Nû, Seyrî Mesel, Teatra Avesta, Teatra Destar, Şanoya Baja re Mezin A Amede, Şanoya Şaredariya Sure, Şano ya Şaredariya Nisebîne, Teatra Arşen Poladov ku Şanoya Kurd dikin bene. Bewahren wir uııser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Kunst / Kultur Das Mietshaus Jaklin Çelik* Die junge Frau blieb vor dem Holzhaus mit dem Erker stehen und betrachtete das vierstöckige Gebâude aufmerksam. Vor der Tür mit den zwei Flügeln sah das kleine Kind, das die Hand der Frau hielt, regelrecht winzig aus. Die Frau dachte sich ,4ıier muss es wohl sein." Sie zog zwei Mal an der Schnur neben der Tür, und die Klingel lâutete drei, vier Mal. Das Kind richtete seine Augen auf die Schnur, doch vergebens; es konnte die lâutende Glocke nicht entdecken. Hastig zupfte sich die Frau noch einmal zurecht, und ging sicher ob das Taschentuch noch in der Tasche des Kindes ist. „Mein Mâdchen, putz dir auch ja die Nase wenn sie lâuft, in Ordnung?" Das Mâdchen nickte mit Einverstândnis den Kopf, steckte ihre Hand in ihre Tasche und hielt ihr Tuch fest. Kurz darauf öffnete sich dir Tür mit einem "klock" und einem "klack". Die Schnur, die zur Decke hinein fiel, war an die sich öffnende Seite vor der Tür gebunden, sodass wenn sie von oben gezogen wurde, die feste Türseite aus ihrer eisemen Schiene fuhr und bis zum Anschlag geöffnet werde konnte. Das kleine Mâd chen spürte die kalte Briese auf ihrem Gesicht als sich die Tür öffnete. Der Anblick, den sie erhaschen konnte verzauberte sie. ihre Mutter tat einen Schritt in den steinemen Vorraum mit einer hoher Decke und Marmorboden und zog vorsichtig die Holztür hinter sich zu. Diesmal schloss sich die Tür mit einem „klack". Links und rechts erstreckten sich zwei Holztreppen in den ersten Stock. Vor ihnen lagen zwei Stufen aus Stein, die hinunter zu einem zwei- Quadratmeter- gro6en Treppenabsatz führten, an dessen Seiten jeweils rechts und links zwei mit Holztüren abgetrennte Bereiche waren. Diese Bereiche, die angelegt wurden um überschüssigen Raum im Treppenhaus zu verwerten dienten zuvor als Bad und nun als Kammer für Brennholz. 42 Man hörte Schritte einer Person, die gemâchlich die Treppe herunter kam. „ Das muss die Eigentümerin sein", dachte sich die Frau. Als sie nur mit einer Stufe zum zweiten, groBen, steinemen Vestibül hinab gingen, befreite sich das Kind behutsam aus der Hand der Mutter und wandte sich der Gartentür am linken Ende des Raumes zu. Fine Mischung aus feuchtem Geruch von Innen und Sonnenstrahlen streichelten ihr Gesicht. Gleich auf der linken Seite entdeckte sie einen bunten Teller, der auf ei nem mit Spinnenweben umwobenem Regal aus Stein lag. Kaum als sie ihre Hand ausstreckte um nach dem Teller zu greifen, war er auch schon runtergefallen. Als von hinten eine alte, raue und hohe Stimme, „fass das nicht an, schau an was du angerichtet hast!" schrie, war das Erste was sie sah der verlegene Gesichtsausdruck ihrer Mutter. Die junge Frau biss sich auf die Unterlippe, las den Teller vom Boden auf und legte ihn behutsam zurück auf den einzigen sauberen Platz des verstaubten Regals. Als sich die Blicke der al- ten Frau, der die Stimme gehörte, und dem kleinen Kind trafen, bemerkte es, dass es ihren Gesichtsausdruck genauso wenig mochte wie den Klang ihrer Stimme. Der Körper unter dem hellen Morgenmantel der Frau schien steif, ihre Hânde zitterten. Sie verstand, dass diese Frau mit den grauen Haaren und dem wei6en Teint sie nicht besonders mochte, welches sie zu Genüge zu spüren bekam. Die alte Frau wandte sich den Jungen, die das Haus mieten wollten, zu und sagte in nur einem Atemzug: „Ich möchte keine Familie mit Kindem in meinem Haus." Die junge Frau blickte nicht mehr vorwurfsvoll auf ihr Kind, das an ihrem Rockzipfel klebte. Die alte Frau wollte auf keinen Fail Kinder in ihrem Haus. Der Versuch sie zu überreden wâre vergebens. Wie hâtte die junge Frau angesichts dieser strikten Reaktion offenbaren können, dass sie ihre anderen zwei Kinder, die unbedingt mitkommen wollten aus Verlegenheit zu Hause gelassen hatte. Die kurze Stille wurde von den schlurfenden Schritten durchbrochen, die die Treppe herunter kamen. „ Digin Azat, ur es*?" „ Hoş em Kayane, yegur*?" Das Kind riss die Augen auf und horchte den Schritten. Eine Person, deren Sprache sie nicht verstand nâherte ihr sich. Erst richtete sie ihre Blicke auf die schvvarzen Netzpantoffeln, dann auf das Gesicht der zweiten alten Dame. Kayane vvandte sich zu Azat und sagte mit einem Dialekt der Armenier aus istanbul: „ Sind sie wegen des Hauses gekommen?" Azat erwiderte mit einem unzufriedenen Tonfall einfach nur: „E he..." Nachdem sie die Antwort erhalten hatte, wandte sich Kayane der jungen Frau zu und fragte: "Haysınız*? " Venvirrt versuchte sie ihre Frage zu korrigieren ,Also, seid ihr Armenier wollte ich wissen..." Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Kunst / Kultur Die junge Frau schien nicht besonders angetan von dieser Frage zu sein. „Mein Mann ist Hay, ich bin Aramaerin." Nun machten die beiden alten Damen groBe Augen. Zwei paar venvirrte Augen blickten auf die junge Frau. Kayane fragte: „Werdet ihr auch getauft?" Die junge Frau war verwundert. „Selbstverstândlich, wie aile anderen Christen auch." Die junge Frau, die kam, um das Haus zu mieten war auf Grund dieser Fra ge, der sie keinen Sinn zuordnen konnte verwundert und blickte auf die zwei alten Damen. Kayane riss sich rasch zusammen. „Entschuldige unsere Unwissenheit, mein Kind. Azat und auch ich haben noch nie zuvor Aramâer kennengelemt. ist das dein Junge?" Die angespannte Atmosphâre lokkerte sich mit dieser Frage etwas auf. „Sie ist kein Junge sondem cin Mâdchen" erwiderte die junge Frau. Die Augen, die sich hinter den Gla sem der groBen Erille von Kayane verbargen, waren feucht geworden. Als sie an das Kind herantrat und ihre Wangen küsste, unterdrückte der Geruch von Mottenkugeln und Knoblauch den vorherigen Gemch von Feuchtigkeit, der aus dem Vorraum kam. Sie wandte sich der jungen Frau zu: „Sind da noch weitere Kinder?" Die junge Frau erwiderte in einem Atemzug: „Eine âltere Tochter und cin Sohn warten zu Hause." Kayane wandte sich wieder Azat zu und sagte: „Azat ka, nun sich, wie fröhlich es in unserem Haus zugehen wird!" Azat blickte regungslos in Kayanes Gesicht. Sie war wütend geworden. Die junge Frau fing an in nur einem Atemzug von den guten Eigenschaften ihrer Kinder zu berichten. Gleichzeitig holte das kleine Mâdchen ihr Tuch aus der Tasche und putzte sich ihre Nase, die gar nicht lief. Wâhrend sie das tat, schaute sie mitten in die Augen der alten Frau mit der hohen Stimme. Eher unfreiwillig willigte die Hausherrin Azat cin, dass cine Familie mit drei Kindem in ihr Haus einzog. Gleich darauf begann sie ihre Bedingungen aufzuzâhlen. „Ein Mal die Woche werden die Treppen und der Vorraum geputzt. Der Lâufer muss sorgfâltig getrocknet werden. Wenn er feucht bleibt, würden die Stufen anfangen zu modern, weil sie aus Holz sind. Und der Boden im Vorraum ist aus Marmor, er würde dreckig wenn man ihn betritt. Die Fenster im Innenhof, die zur StraBenseite gerichtet sind müssen einmal im Monat sauber gemacht werden und die Spinnweben entfernt werden. Die Tür wird nicht hastig zugeschlagen und die Kinder sollen die Treppen langsam auf- und absteigen. Verhaltet euch in meinem Haus ja nicht, wie auf den StraBen drauBen! Darüber hinaus, zieht erst einmal cin und vveiteres besprechen wir dann. Jetzt fâllt mir nicht mehr viel cin..." Kayane drehte sich um und sagte mit einem etwas verlegenen Tonfall: „Beângstige doch das Mâdchen nicht so sehr, sie wird noch denken dass du sie als dein Dienstmâdchen einstellst." Azat blickte etwas unbesonnen auf Kayane. Die junge Frau erwiderte rasch: "Geht in Ordnung, ich bin einverstanden." Kayane war erleichtert. Wie hâtte es sein können? Wer hâtte geahnt, dass die alte Azat die junge Frau adoptieren würde, mit der sie fünf Jahre zu vor so grob umgegangen war? Dass die junge Frau 30 Jahre lang in diesem Haus leben konnte und nur wegen des Andenkens an Azat das ihr hinterlassene Haus nicht verkaufen wollen würde? Das einzig Absehbare zu diesem Zeitpunkt war, dass Azat und das kleine Mâd chen sich nie wirklich wohl gesinnt waren. Und selbst als die StiefgroBmutter auf dem Sterbebett im Krankenhaus ihre letzten Tage verlebte, verflog sie nicht aus dem Gedâchtnis des Kindes: die Erinnemng an die ersten - jedoch unbeschreiblichen Blicke. Kayane würde die Antwort von ihrem ach so geliebten kleinen Mâdchen auf die Frage „Würdest du mich vergessen wenn ich sterbe?" erst nach ihrem unervvarteten Tod erhalten. Das kleine Mâdchen durfte nun hinaus in den Garten. Doch der erste Schritt den sie über die Schwelle tat, brachte wieder die alte, hohe Stimme zum erklingen: "Tritt da nicht drauf! Du holst noch den ganzen Dreck hincin!" „Digin Azat, ur es?" [Arm.: „Wo bist du. Madam Azat?"] „Hoş em Kayane, yegur!" [Arm.: „Hier bin ich Kayane, komm!"] „Haysınız?" [Trk./Arm.= „Hay mısınız?" = „Ermeni misiniz?": „Seid ihr Armenier?"] ""Ûbersetzt von Eda - YXKFrankfurt *** 43 Bewahren w ir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Kunst / Kultur Das Problem mit der Sorache Ein Ausschnitt aus Musa Anters Werk „Meine Memoiren", übersetzt von Ernst Tremel Ein Jahr folgte dem anderen. Eine neue Epoche entstand. Das Volk verânderte sich: „Die Welt wurde zu Staaten, das Kurdentum erhob sich/' SchlieBlich wurde die Republik organisiert. Man bildete Amtsbezirke, neue Landkreise und neue Regierungsbezirke. Jetzt war es den Gendarmenl, den Steuereinnehmem und anderen Beamten ohne weiteres möglich, in die Dörfer zu kommen. Nicht nur das. Diesmal tyrannisierten sie sogar Orte, die früher für sie unerreichbar waren. Das Dorf gehörte uns, ich hatte keinen Vater. Da es in der Familie aber keinen Mann gab, der das Dorf hatte vertreten können, übernahm meine Mutter selbst das Amt des Ortsvorstehers. Leider gab es weder im Dorf noch in seiner Umgebung jemanden, der auch nur ein Wort türkisch sprach. Die Steuereinnehmer waren Einheimische, Kürden. Deshalb war es einfach, sich mit ihnen zu verstândigen. Sobald jedoch die Gendarmen kamen, begannen die Schwierigkeiten. Was sie wollten, konnten wir überhaupt nicht verstehen: Wollten sie Hühner, Eier, Geld oder Brennholz für die Wachstuben? Wir wussten es nicht. Ein Dörfler aber, der nichts verstand, wurde verprügelt und verflucht. Wir waren bereit, ihnen alles, was sie haben wollten, zu geben; denn so war es üblich. Wir waren der Meinung, dies sei eben die Regierung. Dieses Sprachproblem aber brachte uns arg in Bedrângnis. Besonders meine Mutter ging fast daran zugrunde. BloB um verstehen zu können, was die Gendarmerie forderte, beabsichtigte sie, mich zur Schule zu schikken, damit ich dort türkisch lemte. Das Telefon, den Jeep und den berittenen Kurierdienst gab es damals noch nicht. Deshalb organisierte man den amtlichen Schriftverkehr zwischen unserer Kreisstadt Nusaybin und unserem Amtsbezirk Akarsu auf folgende Weise: Aile zwei Wochen trafen sich zwei Gendarmeriesoldaten aus Nusaybin mit zwei Soldaten aus Akarsu auf den Lândereien, die zu unserem Dorf gehörtenm und überreichten sich dort die entsprechenden amtlichen Schreiben. Tellaki nannte man diesen amtlichen Austausch auf Arabisch, was soviel wie Entgegennahme bedeutet. Meistens fand das auf unseren Zuckerbzw. Wassermelonenfeldem statt. Sobald wir Kinder die vier Gendarmen erblickten, versteckten wir uns und schlichen lautlos hinter ihnen her. Manchmal suchten sie nach ein paar essbaren Melonen. Dazu zerhackten sie mit ihren Bajonetten etwa fünfzehn bis zwanzig Honigmelonen in Stücke. Einfach so, ohne sie vorher zu pflücken. Sie konnten namlich reufe Früchte nicht von unreifen unterscheiden. Nur, weil sie groB war, dachten sie, die Melone sei reif und zerschnitten sie. War sie aber unreif, gaben sie ihr einen FuBtritt und verfluchten sowohl die Melone, als auch den, dem sie gehörte. Wir Kinder wussten zwar, wie man reife von unreifen Melonen unterscheidet. Doch da wir des Türkischen nicht machtig waren, konnten wir es den Gendarmen nicht erklâren. AuBerdem hatten wir Angst vor ihnen. Auch nahmen sie uns sowieso nicht für voli. Wenn dann unsere Erwachsenen auf die Felder kamen, brachten sie aile zwei Tage diese in Stücke gehauenen Melonen ins Dorf und fütterten damit die Tiere. Wir sagten ihnen: „Die Gendarmen haben diese Zerstörung angerichtet." Sie sagten nichts dazu, auch regten sie sich nicht auf.Uns kam das sehr sonderbar vor. Offenbar glaubten sie, so vermute ich, dass alles, was die Gendarmen taten, richtig sei und auf Befehl der Regierung geschahe: selbst, dass man die verprügelte und verfluchte und ihre Melonen in Stücke zerhackte... Romi, „den Türken", nannte man den Gendarmen, auch jetzt wird er noch so genannt. Spâter untersuchte ich diese Bezeichnung und kam zu folgendem Ergebnis: Unser groBer Dichter Ehmede Xanî spricht im Vdrwort seines berühmten klassischen Werkes Mem û Zîn vom „Rum û Ereb û Ecem", d.h. „vom Türken, vom Araber und vom Perser". Rom und Byzanz sind historisch die ersten, die Kurdistan auf grausame Weise besetzten. AuBer Unter- 44 Bewahren w i r unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! Kunst / Kultur RONAHÎ drückung, Verachtung und Schamlosigkeit haben diese Menschen vermutlich nichts gebracht, die lediglich als Soldaten, ohne Bindung an eine Familie, in unser Land ka rnen. Auch die muslimischen Türken (Seldschuken) berührten auf ibrem Durchmarsch Kurdistan, unterstützt durch den Ferman der abbasidischen Kalifen in Bagdad auf der einen, sowie durch kurdische Prinzen und Fürstentümer auf der anderen Seite. Dabei blieb es nicht. Die Türken siedelten sich in den Teil des Landes an, den wir Anatolien nennen, und machten ihn zum Familienbesitz für sich selbst. Dabei stieBen sie auf den Widerstand der dort sesshaften Rum, der Byzantiner. Wie die römischen und byzantinischen Soldaten kamen auch die Türken lediglich als Solda ten, ohne Familien. Wie diese benahmen sie sich den Kürden gegenüber. Wie die se missachteten sie die kurdische Tradition und Erziehung. So ist es nur folgerichtig, dass sie von den Kürden ebenso romî gennant wurden. Selbst heute sagen die Kür den, sobald sie mit vergleichbaren Situationen konfrontiert werden: „Die romî besitzen keine schâtzenswerte ethische Qualitâf. Und sie meinen die Türken damit. Nun, solche Vorfâlle, wie die mit den vier Gendarmen, machten es für mich geradezu lebensnotwendig, dass ich die Schule besuchte und Türkisch lernte. Doch bevor ich von meinen Erfahrung in der Schule berichte, möchte ich noch auf eine eigenartige Vorstellung eingehen, die mir in unserer Gegend aufgefallen ist: Seit JahrJahrhunderten werden einige handwerkliche Tatigkeiten sowie ein Studium, dass nicht theologisch ist, von den einfachen Leuten als ungehörig, mehr noch als schândlich angesehen. Einige Beispiele: Das Handwerk eines Verzinners, die Tâtigkeit eines Hufschmiedes, die Weberei, dass Trennen von Baumwollfasem von den Samen und auch das „Efendi-Sein'', d.h. lesen und schreiben zu lemen. Freundschaftlich besorgt und aufrichtig fragten mich viele Leute wâhrend meiner Studienzeit: „Sag doch selbst, Sexo (Musa), ist es nicht eine Schande, wenn du studierst? Kurz gesagt, wirst du uns nicht aile zum Gespött werden lassen, wenn du le sen und schreiben lemst?" In einer Hinsicht hatten sie sogar recht. Denn nicht wenige dieser „Studierten", auf die sie zu sprechen kamen, waren nichts weiter als Intriganten, Bestechliche, Feiglinge und KoUaborateure. 45 Im Eebruar 1927 schickte mich meine Mutter zur Schule nach Kercows, das heute Gercüş heiBt. ibrahim Hoca (der spater Oğuz zu seinem Familiennamen machte), nahm mich als Gastschüler auf. Sobald die Schule schlossen, kehrte ich ins Dorf zurück. Einzelne Wörter wie „Brot, Wasser, Brennholz, komm! - geh!, Wie heiBt du?" hatte ich gelemt. Weil sie in unserer Fibel standen, kannt eich auch die Wörter „Hahn, Huhn, Truthahn, F i " . Meine Mut ter hatte sich darüber sehr gefreut. Wegen der Gendarmen, die diesen Sommer ins Dorf kamen, hatten wir überhaupt keine Schwierigkeiten mehr. Auch verprügelten sie uns nicht mehr. Unser Problem hatte ohnehin nicht darin bestanden, ibnen etwas zu geben, als vielmehr darin, nicht verstanden zu haben, was sie forderten. Im nâchsten Jahr lieB ich mich in der Grundschule in Nusaybin einschreiben. Die Schule hatte fünf Klassen und zwei Lehrer. Der eine war Tabir Halebiye, der andere der berüchtigte Sagir Hamdi. Sagir Hamdi Bey unterrichtete die erste, zweite und die dritte Klasse. Die Kinder waren laut und beschimpften sowohl sich gegenseitig als auch den Lehrer. Doch der hörte es nicht. Diesen Zustand konnte ich nur zwei Monate lang ertragen. leh war fıx und fertig. leh ging nach Hause und kehrte nie wieder zurück. Ohnehin war Nusaybin damals ein heruntergekommener, malariaverseuchter ö r t . Es war nichts Ungewöhnliches, fast tâglich einige Sârge zu Gesicht zu bekommen. Es existierte zwar ein medizinisches Gutachten, das Gesetzeskraft besaB und Reisanbau nur in fünf Kilometer von Wohngebieten erlaubte. Dennoch kamen Nedim Bey, ein Spross der Pirincciogullari aus Diyarbakir, und Mahmud Advan, der sich spater den Fa miliennamen Deveci zulegte, daher und bauten selbst mitten in Nusaybin Reis an. Das genannte Gutachten hatte sie nâmlich durch Bestechlichkeiten und andere Gefâlligkeiten auBer Kraft gesetzt. Wegen dieses Durcheinanders also und der Angst vor Malana und dem Tod, stimmte meine Mut ter mit mir überein und schickte mich nicht weiter nach Nusaybin. Wahrenddessen eröffnete man in Kurdistan mehrere Dorfintematsschulen. Zweck des Ganzen war die Assimilation. Auch in Mardin gab es solch eine Schule. In diese nahm man aber nicht die Kinder der Armen, sondem die der Agas und die reicher Familien aus dem Regierungsbezirk Mardin und seiner Pe- ripherie auf. Dazu gehörten: der Sohn, die beiden Neffen und die Cousins und Cousinen Ahmet Süleymans, eines Stammesführers der Omeriyan; die drei Söhne îsa Agas vom Stamm der Surguci; zwei K i n der von den Avenas; zwei Kinder aus der Familie Kercows Ekmen; die zwei Söhne Mahmut Agas vom Stamm der Kikan; zwei Kinder aus Semimax (Mazidagi). Mit diesen und den vier Kindem aus Derik, K i ziltepe und Mahserte (Ömerli) und mir zusammen, dürften wir an die neunzig Schü1er gewesen sein. Wie gesagt, die Absicht, die die Regierung mit diesen Dorfintematsschulen verfolgte, war die Assimilierung: die Kürden solken zu Türken erzogen werden. Wenn erst einmal der Stammesführer assimiliert sei, so glaubte die Regierung, dann würde sich der gesamte Stamm sozusagen ganz von selbst assimilieren. M i t Genugtuung jedoch kann ich sagen, dass es nicht so kam, wie sie sich das vorstellten. Weder ich noch irgendeiner meiner jetzt noch lebenden Freunde, und auch keiner meiner bereits verstorbenen, vvurde jemals zum cahs. Selbstvestandlich konnten wir Dorfkinder mit unsreren geringen Türkischkenntnissen diese Politik noch nicht durchschauen. Hatten doch selbst unsere Erwachsenen ibre Schwierigkeiten damit. So bald die Planer eingesehen hatten, dass ibre Assimilationsvorhaben zu nichts führten, lieBen sie 1935 aile diese Intematsschulen in Kurdistan wieder schlieBen. Und doch, um mal ganz offen darüber zu sprechen, mussten sie wohl gedacht haben, diese Schulen hatten eine Art Weiterführung der unglückseligen Hamidiye-Ausbildungsanstalten sein können. Unser Schulgebaude war das spater in Staatsbesitz übemommene Haus des Armeniers Kendir. Er hatte zu den bekanntesten armenischen Familien Mardins gehört, von den einen Teil wâhrend des Armenienmassakers umgebracht vvorden war, der Rest jedoch nach Aleppo hatte fliehen können. Es war ein sehr schönes Haus. Man hatte es aus den berühmten cremefarbigen Mardin-Steinen erbaut, die man würfelförmig zugehauen und mit Steinmetz-Omamenten verziert hatte. Es war schön, dass im Vergleich zu ihm sowohl der Mecidiye- als auch der BagdadKöskü im Topkapi-Sarayi geradezu wie eine Armenhaus aussahen. ^ Bevvahren wİT unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Kunst / Kultur 1. Piatz der Kategorie "Kurdische Erzâhlungen" des Hüseyin Celebi Gedichte- und Erzâhlungswettbewerbs 2009 Abdullah Günay Ji rojan ku haye min je çebûye wilo ye. Dengeke sanîyeke nasekine. Zimane wî se çar cara ji ye min direjtir e. Ji şeveqa sere sibe heta nîve şeve di hindire sere min de vir vir vir diaxive. Ne zane behvedan çîye û ne zane rehet rehetberdan. Bûye be sine ber lingen min û ez hertim le dilikumim. Ez diçim ku bi min re ye, weke benîşte dara bi min zeliqîye. Difikirim çareserîyek ku ez xwe je xelasbikim nabînim. Carna xwe li kerî derînim qet le guhdar nakim,carna pere hers dibim; bi qerîn û dijûna wî diçewsenim,carna jî besinci û ezezîya wî li ser çave wî dixim. Le tu jî wî nasekinenin. Qet ne xema wî ye, ne tiştek li zora wî diçe,ne j j i min dixeyîde. Ango piçek xurûr û rûmet pere nine. Ez dibejim „law kuro here ji xwe re li cîhekî din b i g e r e . . T u li ku cîhekî din li ku? Ne ew li min guhdarî dike ne jî ez li wî guhdarî dikim. Le.... Le carcara ew hest û beşe min tevlî hev dike, carna jî ez aqile wî yî eletewş serobinî dikim. Şere me hîn jî didome... Je dipinsi "tukîyî?" Dibeje, wî beaqilo ma tu nizanî ez kîme, ez tu me, tu jî ezim, em herkesin. De ka werin û ji nav ve bobelate derkevin. Sed, hezar car mixabin ez nikarim hawar û awaze xwe jî bighenim kesekî. Ma eze ji dost û dijmin re bejim çi...? We roje di tarîya şeve de li qiraxa rîya ereba ez dimeşiyam. Bayekî henuk ji alî çîyaye cûdî dihat. Wisa bi kefxweşî min xwe bera himbeza wî bayî dabû. Min dixwest hindire min bi wî baye henik be şûştin û ez jî teve reşbînî û valahîya xelasbim. Le lik u, bi denge wî yî ne xweş re ez veceniqîm. Waye dîsa ez dîtim. Dîsa şîyar bûye û we bi xeyal û hevîye min bilîze. Ve care derdekî wî yî cuda hebû. Na ne derd biryareke wî yî nu bû hebû. Bi quretîyeke behawe got, "eze çîroka biniviSim. Min le meyzand û kenîyam. Ji bo xwede ma ez wekî din çi bejim je 46 re.Le kene min tera wî nekir. Tew hîn betir li fikre xwe sor bû û jehra xwe bera dile min da. Got, Tu bawer nakî ku ez e karibim tiştekî wisa bikim ne? Ma qey ew e ku çîroka dinivîsin ji min girtir, zanatir û baqiltirin? Na. Qet tunebe min bîhîst pirtûk xwendin. Min dit ku nivisandin tiştekî çiqas hesan e. Lewre min re û reçiken nivîsandine jî baş dahurand. Ji car heye rondika ji çave min dibarîne. Li min dinere, bersiveke dixwaze. "Raste" dibejim, ji bok u ve gotû beja badihewa bişemirîne. Le belqitîyo li fik re xwe bûye agir. Daxwaze ez ji bi agire wî bişewitim. Got: "Madem raste tu çima bi kenekî biçûk dîrî li min dinerî. Dîsa ji te dipirsim; çi wan mirove ku çîroka dinivîsin jî yen min zedetir e. Ez edî ziver bûm, çav di sere min de dilîzin. Heta ez wî neçewsenim, stuşikesto dev ji min bemade. Ez çave xwe digirim û deve xwe vedikim: "Bi te re qabîlîyeta nivîse tune. Bejevanî tune. Teş û pîvan tune. A herî girîng jî hestete tunin. Tu be heştî. E ku hene jî betore û xwexwazin. Kes tiştekî te naxwene. Ez jî naxwenim..." Bi riwekî şaşbûyli û heyirî li min di nere. Le ev pir nakşîne. Disa bi dengekî ji xwe bawer dibeje; "Hesûdî. Tene hesûdî. Ji te naye ku tu binivsî "lewre ji tu bi hesûdî nezîkî min dibî. Le ku tu piçekî xiret bikî û dev ji hesûdîya berdî te jî binivisî. Bi riwekî ku min bibexşîne li min di nere. Xwedeyo min xelaske ji deste vî kûçikbavî. Xwede jî razaye, min xelas nake. Ew jî didome; "Meyze, çirok nivîsandin ne tiştekî zor û zahmete. Dile min bi te şewiti, ez e niha hebo hebo xale re û re çika nivisandine ji te re vebejim. Baş guhdarî bike. "Ez ji qehra mirim. Berûtîya vî xwede nehiştî ez fetisandim. Le wî dest bi pey ve xwe kir jî; "Berî her tiştî rune û çi hat heşe te binivîse. Li du hevok û peyve xweş baz- nede. Be çawa tu bi mirovekî re diaxivî wisa binivîse. We peyv xweber te bibenim. Ne hewce ye keleka hev. Hemû peyv di hindire te de li bendî te ne." Ji min re dibeje; "Te got ere." Bi behkişandineke neçarî sere xwe dihejînim. Ew jî peyve xwe yî vala bi coş didomîne. "Le ev tene te nake. Di hindire nivîse de bi hinek peyva bilîze. Paşgire "-İstan", "baz", "firoş" û hwd. Bi qûna hinek bejeya ve gire bide. Wekî; zidanîstan, Merîstan, hestbaz, jinbaz, zimanfiroş, hevîfiroş... ku tu karibî baş bi peyva bilîzî û wateya wan firehtir bikî te nevîye çîroke xelas kir. Ew wilo. Le ev jî ne bes e. Mijar lazim e. Mijara herî başbemijariye. Tene bila li ser tişte kî vala be. Mijar çiqas vala û lis er kîtekîte jîyana takekesi be, we çîrok hewqes gerdûnî be. Heta ji te te bi zimanekî girtî, tevlihev û ku neye femkirin binivîse. Çîrok çikas neye femkirin we hewqas be girtin. Bila di her çîroka te de jinek û merek hebe û di her fersendede wan baveje ser hev... Dîsa li min dinere. Çave wi pahn bûne. Bi xwe emin didomene. Edî ez wî guhdar dikim an nakim ne xem e. Ji xwere diaxife. Ez ji bû me hesîre wî. "Felbazîye çîrok nivîsandine gelek in. Ha j i te re yek din: Ji bo ku tu paze xwe bilind bikî û bejî" bi rastî min ddi van çîrokan de şewazeke xweber afirandîye" gerek di hindire çî rokan de tu hinek tişte eceb bikî. Mese la ez e di çîroken xwe de dijûre wisa binivîsim ku ki bixwene riwe wî/we sor bibe. Kes nikaribe bid eng ji yekî/e din re bixwene. Ji xwe tuk es nikare ji tere tişkî jî beje. Heke yek bi şaşî beje "ev çi ne?" we deme te bejî "dev ji van kevneşopî û eybâ berdin. Ez hunermendim û hüner dikim. Di hüner de fedîkirin û xeme civakî nig-giredan e. Hüner û hunermend azad e. "Di çîrok nivîsandine de xaleke bingehîn jî ev e: Ger tu rojeve baş taqîb bikî Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Kunst / Kultur û mijare ku dikevin rojeva gel û civake tu xweş bişopenî û şîrove bikî. Mîsal ku kuştina jina ket rojeve te li ser ve mijare çirokeke binivîsî, bi hewar û ban gewazî te bejî: - wax l i min! Rûsipî û livsipîye me, bi deve demonçe çarde derb, di nav şeqe keçe çardeh salî de li namûse diğerin.. Sedhezar car tifî li ve namûs û meranîye... Wax li min! Agir bi wîjda û meranîya me bikeve! Bi vî hawî te çîrok bidemenî. Hevok û beje çikas tûnd werin honandin we hewqas bale bikşîne û bandar bike. An jî em bejin van roja li ser gerîla niqaş ten kirin, te bikî? Ma qey te rabî geıilayekî/e ji reze bikî mijara çîroka xwe. Na. Herkes kare ve ya bike. Te tişte cuda û balkeş binivî sî. Mîsal te jîyana du geıilayen jin î ku lezbîyenin binivîsî. Meyze, him gerîla, him jin, him jî lezbîyen. Tene ev her se xal we çîroke bide xwendin. Çima? Ku mijar çiqas li derveye jîyana civakî be we hewqas bala civake bikşene. Direj direj dikuxe. Jib o peyve xwe yî qirej qirika xwe vedike. Wek wan mirove ku ke denin şîreta li wan dikin be yî ku li min binere şîret û peywe^xwe be ser min de digindirene. "Dû re dema ku ji te re gotin çîroken te dikevin nav kîjan ekole çîrokan. Te beıi kenekî zanyar derî ser leve xwe, wek hawe ku tu difikirî demeke li cave mirove hemberî xwe binere û bi nefsbûçûkîyek pozbilind biaxifî: Bi rastî ez jî dibenim ku şewas, teşe, terz û honandina çîroken min nakevin nav tu ekole. Lewra ev ekol hemi bi tena sere xwe ji min re teng û yekalî ten. Di çiroken min de civakî j î , rasteqînî j i , rasteqinî-civakî jî, takekesî û ser-realîzm jî beye. Aya ez ne lid û ekoleke me. Çi te beşe min, ez li gor beş û beste xwe wan dibanim û li ber we detînim. Kî çawa dixwaze bila wisa bibene. Ez batim xala berî girîng. Ev tişte ku min gotin bemû alîyekî çîrokene. Le tu kes tene jib o xwe çirokananivîse. Ku wisa bûna kes lid û berikbarî û nîzam çi nedigerîya. Ango armanca ber çîrokvanî ew e ku çîroke wî bigbe mirove din. We çîrok çawa bigben mirove din, bi alîkarîya weşanxana. Le weşanxane ne li bend ate û çîroke te ne. Ji bo ku nase te tune. We deme te çiroke xwe bixî bin47 çenge xwe û pere xwe bixî berika xwe û bere xwe bidî weşanxane ye ke. Te bejî: - Birez felankes, ez bevankes, dosyayek çîroken min bene. Ka jî kerema xwe re li wan bimyzene be tiştek ji wan dere an na. Birez felankes mirovekî baş e. We rabeje dosyaya çîroke te, çend bevoka ji rûpela çîroka ewil bixwene, dûre we li ser bev çend rûpela dawî bibe û deve dosyaye bigere. En dawî jî bi riwekî xemgîn û dengekî neçar we beje: Kek bevankes ez yeqîn dikim ku te çî roken gelekî bedew û sîpebî û xweşik û baş û rind nivîsîye. Le bawer y ate bi xwede be zayf dosya di deste me de bene. Dîsa jî bila ev dosya li cem me be em bebekî le bi meyzenin...!! Ew denge malkambax bi coş û qerîn dibeje: "babb" û tilîya xwe dibejene. Av ji deve wî yî bi girez diberike. Bi zimane xwe yî direj derdora leven xwe dialese û peyve xwe li ser cave min dixe." "Ku felankes wilo got, tu zanibe ku dem dema bazareye. Hisab bike ku tu çûyî terzîxane û te ji xwe re şalekî bidî dirûtîn. Te qumaşe xwe birîye, tene te beqe keda terzî bidî. Lewra terzî li qalîteka qumaş nameyzene; bevrîşim, keten, naylon an jî pembo ferq nake. Ew li dirûtina xwe dimeyzene. Ji ber ve jî dem dema bazare ye. Di ve bazare de te destfireb nezik bibî û bejî: - Bele ez jî rewşa weşanxana zanim. Û zanim be li vî welate belengaz û feqîr û nexwende û cabîl bi besanî pirtûk nayen xwendin. Ji ber van dijwarîya di bela aborî de ez jî dixwazim bibim alîkar... (Bi ber peyve xwe re te deste xwe bixi berîka xwe û pera - bûbaye keda terzî denî ser mase) ...Tene yek armanca min beye; ez dixwazim çîroken min bigben gele min î belengaz, feqîr nexwende û cabîl. Ka ez binerim be we çiqas tişten ku min nivîsine meraq bikin û bixwenin. Di dû van peyve te yî destfireb û ciwamer re we felankes deste xwe dene ser dosya ya çîroken te û piçekî din bi ber xwe de bikşene. Bi dengekî kelecanî û bestîyarî û tertije we beje: - Kek bevankes xuyaye ku tu mirove kî bunerbezî ye me jî çi ji deste me be em texsîr nakin. Ger ev çîrok bigben gele me yî feqîr û belengaz û perîşan û penaber û mibacir û nizam çi....^ Aba temam bû çû. Edî tu jî buy î ni- vîskar û çîrokvan. Ji xwe ku pirtûkek te bat weşandin û peve te pirtûke xwe yî din belaş bidî weşandin." Sere xwe yî be rû li min dizivirene. Û dibe; ^ "Tu zanî wejeya me xwe nû diafirene. Û avadike û pekte. Lewra jî berbema naneqene. Ku Piçekî dirûve çîroka bebe bes e. We ew çîrokbibin pirtûk û xwedîye wan bibe çîrokvan û nivîskar. Le ger tu jî li ber xwe bidî. Li ce xwe rûnene yî. Piçekî xîet... Te bibenî di bindire çend meba de we pirtûka min î çîroka derke ve... Tene nivisandin û qabîliyeta nivisandine tera ber tiştî nake. Gerek mirov bebekî jî çav vekirî be. An na bebremendî we bibe bare pişta te. Ez metal mayî le dinerim. Tişte ku dibeje dibe ku bemû ji rastbin. Le mirovek incax bewqas rastîya serobin bike. Merev nikare jîyana xwe û nîşaneye xwe li ser rastîyen çewt ava bike. Aya rastîyen çewt, encamen çewt derdixin bole... made min li bev dikeve. Ez dixwazim şevek û rojeke bi darekî sitûr lexim û lexim. Li derdora xwe dinerim, le kes tune. Tene ez û ez im. Ez ji xwe ditirsim! ... l-7Tebax09 Kurte Jîyan Ez di sala 1979"an deli navşeya Merdîn stewre batime dinye. Bi esle xwe ez ji günde stewre Barman'im (niba bûye bajarek) Min dibistana serateyî beta çîna seyemîn li gund xwend. Dûre me koçî navenda Merdîn kir, ji ber sedemen aborî. Dibis tana serayî, navîn û lîse min li navende xelas kirin.Di 1997'an de ketim nav refe tevgera azadîye.Di avrela 1999'an de ez batim girtîn. Min cezaye muebeta giran xwar. Ez niba li girtîgeba Kirikkale me.Berîya ve li kartal û Tekîrdax mam. Ev neb sal çe bû ku ez çîroka dinivîsim. Le li girtîgebe din çîroken kurdî nedişandin. Ez bevî dikim ku ev çîrok bigebe we. Silav û rezen şoreşgerî Kirikkale F Tipi cezaevi B-20 Hacilar Kirikkale 10.08.2009 Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit! RONAHÎ Kunst / Kultur CIGERXWIN Di dema heşe min wenda dibûyî Mizgînek ji min re hat û got: bixwîn Min cegerperitî, min dilhilûyî, Meze kir ev mizgin i nave Cegerxwîn Hevale xoşewîst pesna günde min, Bi ah û keseran peşkeş didî min. Ji nû ve petek ar, da ser daxe min Derd û kul tevdayîn tewşe Cegerxwîn! Derik pir xweş e heja ye pesne; Çi bikim nakev dest; ji ber ve xesme Bi dil birîndar in kürden ve nesle Ne ez û tu tene hemî Cegerxwîn! Ma Maden hindik e ji daren heran Osmanye, Sewerk, Mûşa-Serhedan. Ji çaye Toroze het Deşî-Rewan, Gi xabin! Hin çetir bizan Cegerxwîn. Dizanim tu zanî, welat giş xweş e. Hin bajar hene ko tu le na meşe Mesela Elezîz çi lawkeleş e Bidîta bi çave şihre Cegerxwîn. Hevalo tu xweş bi; tim bi dile xwe. Welate bihuştin tim bi saze xwe. Saz bikî di nava tilyen deste xwe Da nezan bizanin tu yî Cegerxwîn. Qedrîcan Hewar Sal 1-1932 Hejmar 12 48 Fragen eines lesenden Arbeiters Wer baute das siebentorige Theben? In den Büchem stehen die Namen von Königen. Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt? Und das mehrmals zerstörte Babylon Wer baute es so viele Male auf7 In welchen Hâusem des goldstahlenden Lima wohnten die Bauleute? Wohin gingen an dem Abend, wo die Chinesische Mauer fertig war die Maurer? Das groBe Rom ist voli von Triumphbögen. Wer errichtete sie? Über wen triumphierten die Câsaren? Hatte das vielbesungene Byzanz nur Palâste für seine Bewohner? Selbst in dem sagenhaften Atlantis brüllten in der Nacht, wo das Meer es verschlang die Ersaufenden nach ihren Sklaven. Der junge Alexander eroberte Indien. Er allein? Câsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich? Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte untergegangen war. Weinte sonst niemand? Friedrich der Zweite siegte im siebenjâhrigen Krieg. Wer siegte auBer ihm? Jede Seite ein Sieg. Wer kochte den Siegesschmaus? Aile zehn Jahre ein groBer Mann. Wer bezahlte die Spesen? So viele Berichte. So viele Fragen Berthold Brecht Bewahren wir unser Dasein und erlangen wir unsere Freiheit!