ESSLINGER BAUHERRENPREIS 05

Transcrição

ESSLINGER BAUHERRENPREIS 05
STADT ESSLINGEN AM NECKAR
E SSLINGER
B AUHERREN P R E I S 05
AUSZEICHNUNG VORBILDLICHER „KLEINER BAUMASSNAHMEN AN WOHNGEBÄUDEN
IM RAHMEN DES „ARCHITEKTURHERBSTES ESSLINGEN 05“
STADTPLANUNGS- UND STADTMESSUNGSAMT ESSLINGEN AM NECKAR
G R U S S W O RT D E R B Ü R G E R M E ISTER
E
OB Dr. Jürgen Zieger
sslinger
B
auherrenpreis 05
Erster BM Wilfried Wallbrecht
Mit der Auslobung und Verleihung des Esslinger Bauherrenpreises für „kleine“ Bauaufgaben möchten wir das bereits seit
einigen Jahren in den einschlägigen Fachkreisen diskutierte Thema der „Baukultur“ auf die lokale Ebene transportieren.
Zugleich soll es einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Baukultur meint weder kunstvolles Bauen noch
kann sie auf das reine Ergebnis einer Bautätigkeit reduziert werden. Baukultur umfasst vielmehr die Auseinandersetzung mit
unserer gebauten und gestalteten Umwelt und ist in diesem Sinne als Prozess zu verstehen, bei dem es darum geht, die beste
Lösung für eine Planungs- oder Bauaufgabe zu entwickeln. Diese Auseinandersetzung darf nicht ausschließlich Gegenstand
der Diskussionen unter Fachleuten sein. Vielmehr geht sie uns alle an, die wir auf vielfältige Art und Weise mit der gebauten
Umwelt konfrontiert werden. Insofern ist dem äußerst lesenswerten Beitrag von Prof. Klumpp am Ende dieser Broschüre nur
zuzustimmen, der deutlich macht, dass Bauen eben keine reine Privatsache, sondern eine ausgesprochen öffentliche Angelegenheit ist, da jedes Gebäude auch nach außen in den öffentlichen Raum wirkt.
Die Bemühungen des Bundes, per Gesetz eine „Bundesstiftung Baukultur“ einzurichten, die sich als zentrale Einrichtung
dieses Themas annimmt, sind – zumindest vorerst – leider gescheitert. Nicht etwa, weil das Anliegen der Stiftung in Frage
gestellt wird, sondern weil der Bundesrat aufgrund der Kulturhoheit der Länder dem Bund die Kompetenz für das Gesetz
abgesprochen hat. Umso wichtiger ist es daher, sich weiterhin vor Ort mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Diese Aufgabe
nehmen wir in Esslingen nicht nur im Umgang mit unserer historischen Bausubstanz, sondern auch bei Neubauvorhaben sehr
engagiert wahr.
Die Verleihung des Esslinger Bauherrenpreises und die anschließende Ausstellung sind in unserer Stadt auf eine sehr große
Resonanz gestoßen. Deshalb sind wir dem vielfach geäußerten Wunsch, die prämierten Arbeiten in einer kleinen Dokumentation zusammenzustellen, mit der Herausgabe dieser Broschüre sehr gerne nachgekommen. Zugleich wollen wir in unserer
Stadt den Dialog über Baukultur verstärken. Dazu wird es mit Sicherheit auch in Zukunft genügend Anlässe geben - und
zwar nicht erst dann, wenn wir in einigen Jahren erneut einen Bauherrenpreis ausloben.
Wir möchten uns bei allen Bauherren bedanken, die den Mut hatten, ihr privates Bauvorhaben öffentlich zu machen – auch
bei denen, deren Projekte nicht prämiert wurden. Unser Dank gilt weiterhin den Preisrichtern, die die Aufgabe hatten, die
eingereichten Projekte zu bewerten und zu prämieren. Herzlichen Dank sagen wir auch der Kammergruppe Esslingen I der
Architektenkammer Baden-Württemberg, die zusammen mit dem Stadtplanungs- und Stadtmessungsamt die Auslobung und
Preisverleihung organisiert hat.
Dr. Jürgen Zieger
Oberbürgermeister
Wilfried Wallbrecht
Erster Bürgermeister
01
E S SL I N G E R B A U HE R R E N P R EI S 0 5
Auszeichnung vorbildlicher „kleiner“ Baumaßnahmen an Wohngebäuden
initiiert von der Stadt Esslingen am Neckar
und der Kammergruppe Esslingen I der
Architektenkammer Baden- Württemberg
im Rahmen des „Architekturherbstes Esslingen 05“
Initiatoren des
Esslinger Bauherrenpreises 05:
Erster Bürgermeister Wilfried Wallbrecht und Architekt Gottfried Mueller,
Vorsitzender der Kammergruppe
Esslingen I der AKBW
Das Erscheinungsbild einer Stadt wird neben Straßen und Plätzen ganz entscheidend auch von der Vielzahl der privaten Gebäude geprägt. Dabei unterliegen die
Gebäude einer permanenten Veränderung, nicht nur bedingt durch den Alterungsprozess sondern - viel stärker - durch bauliche Maßnahmen, die erforderlich
werden, um die „bauliche Hülle“ neuen Bedürfnissen und Ansprüchen anzupassen.
Auch in einer „alten Stadt“ wie Esslingen wird viel gebaut - Neues wird geschaffen
und vor allem Altes ergänzt, verändert oder angepasst. Jedes Mal sind Bauherren
und Architekten gefordert, für die formulierte Bauaufgabe eine Lösung zu entwickeln, die unter Berücksichtigung des finanziellen Budgets den gewünschten Nutzen bringt. Dabei sehen viele Bauherren leider nur den reinen Gebrauchswert ihrer
Investitionen und kümmern sich weniger darum, wie das fertige Bauwerk über
den reinen Nutzen hinaus nach außen wirkt. Es sind jedoch gerade die kleinen,
unspektakulären Bauaufgaben wie Dachaufbauten, Vordächer, Anbauten etc., die
das Erscheinungsbild eines Gebäudes oder gar eines ganzen Straßenzuges prägen
oder verändern – in positivem wie in negativem Sinne.
Der Esslinger Bauherrenpreis, den die Stadt Esslingen und die Kammergruppe
Esslingen I der Architektenkammer Baden-Württemberg 2005 zum ersten Mal
verliehen hat, zeichnete „kleine“ Baumaßnahmen an Wohngebäuden aus, die sich
in vorbildlicher Weise sowohl mit den Anforderungen der Bauaufgabe als auch
mit ihrem städtebaulichen Umfeld auseinandergesetzt haben und im Ergebnis eine
überzeugende Lösung mit architektonischen Qualitäten entwickelt und umgesetzt
haben. An der Auslobung dieses Preises beteiligten sich insgesamt 23 Bauherren
mit ihren in den letzten fünf Jahren realisierten Bauvorhaben. Nach ausführlicher
Beratung prämierte das Preisgericht elf Arbeiten – fünf Preise und sechs Anerkennungen.
Neben der Würdigung der prämierten Arbeiten konnten wir mit der Ausstellung
zeigen, welche architektonische Qualität entsteht, wenn ein aufgeschlossener
Bauherr und ein engagierter Architekt sich finden und gemeinsam eine Lösung
entwickeln, die auf hohem Niveau den an sie gestellten Anforderungen genügt.
Zudem möchten wir die Bürger - sei es als Bauherr oder täglicher Nutzer von Gebäuden und öffentlichen Räumen - für die Bedeutung unserer gebauten Umwelt
sensibilisieren, da nur so auf lange Sicht Veränderungen möglich sind.
Die Auslober
02
Stuttgarter Zeitung | 09. November 2005
Deutsches Architektenblatt | Dezember 2005
Eßlinger Zeitung | 08. April 2005
03
A U S L O B U N G & E I N G E R E I C H T E O BJEKTE
Esslinger Bauherrenpreis für „kleine“ Baumaßnahmen an
Wohngebäuden
Öffentliche Aufforderung zur Bewerbung
Gegenstand des Wettbewerbs
Ausgezeichnet werden sollen „kleine“ Baumaßnahmen an
Wohngebäuden und deren Umfeld, die sich in vorbildlicher
Weise sowohl mit den Anforderungen der Bauaufgabe als
auch mit ihrem städtebaulichen Umfeld auseinandergesetzt
haben und im Ergebnis eine überzeugende Lösung mit architektonischen Qualitäten entwickelt und umgesetzt haben.
Mit dieser Auszeichnung, die an die Bauherren verliehen
wird, soll die gelungene „Alltagsarchitektur“ in Form von Anund Umbauten, Dachausbauten, Veränderungen der Hauszugänge, Umgestaltung der Vorgärten, etc. gewürdigt werden.
Teilnahme
Teilnahmeberechtigt sind alle Bauherren, die seit dem
01.01.2000 An- und Umbauten, Ergänzungen oder sonstige
nach außen wirkende Maßnahmen an ihrem Wohngebäude
oder in den Freiflächen fertiggestellt haben.
Jury
Über die Verleihung der Preise entscheidet eine von der
Stadt Esslingen eingesetzte unabhängige Jury.
Preise
Die prämierten Arbeiten werden mit einer Auszeichnung
und Anerkennung gewürdigt und in einer Ausstellung der
Öffentlichkeit vorgestellt. Alle prämierten Arbeiten werden
in einer Dokumentation zusammengefasst. Den Bauherren
der prämierten Arbeiten wird eine Urkunde als Auszeichnung und die Dokumentation überreicht.
Bewerbungsunterlagen
Die Bewerbungsunterlagen werden zweckmäßigerweise vom
Architekten/von der Architektin der Bauaufgabe erstellt.
Neben dem beiliegenden Formblatt sollen die Bewerbungsunterlagen maximal 2 DIN A3 Seiten mit Erläuterung der
Bauaufgabe, typischen Lösungselementen, Plänen, Skizzen
etc. enthalten. Die Bewerbungsunterlagen sind bis zum 15.
Juli 2005 beim Stadtplanungs- und Stadtmessungsamt,
Pulverwiesen 15, 73728 Esslingen am Neckar, einzureichen.
Die Preisträger werden nach der Sitzung der Jury schriftlich
benachrichtigt. Die Preisverleihung erfolgt am 07.11.2005
in der Schickhardthalle im Alten Rathaus. Danach werden
die prämierten Arbeiten bis zum 11.11.2005 in einer Ausstellung gezeigt.
Der vollständige Auslobungstext für den Bauherrenpreis
kann auf der Internetseite der Stadt Esslingen (www.esslingen.de - Stadt & Verwaltung – Planen & Bauen – Stadtplanung) heruntergeladen werden oder beim Stadtplanungs- und Stadtmessungsamt angefordert werden.
04
Eßlinger Zeitung | 12. Juli 2005
01
B
A
Keuperstraße 3 | 73734 Esslingen
Ulrike & Achim Herdtle
Thiele-Höfler & Höfler Architekten und Stadtplaner | Esslingen
02
B
A
Obertorstraße 21/1 / 73728 Esslingen
Restora GmbH Eberhard Scharpf
Dipl. Ing. Dietmar Schneck | Esslingen
03
B
A
Obertorstraße 46 | 73728 Esslingen
Eveline Gärtner
Thiele-Höfler & Höfler Architekten und Stadtplaner | Esslingen
04
B
A
Paulinenstraße 41 | 73730 Esslingen
Peter Funk
Thiele-Höfler & Höfler Architekten und Stadtplaner | Esslingen
05
B
A
Eschenweg 6 | 73728 Esslingen
Gerhard Friesch
Gerhard Friesch | Esslingen
06
B
A
Heckenweg 15 | 73730 Esslingen
Thomas Letsch
Fuchs, Wacker Architekten BDA | Stuttgart
07
B
Diakonissenweg 15 | 73730 Esslingen
Roland Daiß
08
B
A
Stöckenbergweg 36 | 73732 Esslingen
Birgit und Thomas Heubach
Thiele-Höfler & Höfler Architekten und Stadtplaner | Esslingen
PREISGERICHT
Protokoll der Preisgerichtssitzung vom 29.09.2005
Auslober
Stadt Esslingen am Neckar und
Kammergruppe Esslingen I der
Architektenkammer Baden-Württemberg
Preisgericht
Frau Professor Ursula Steinhilber
Herr Professor Hans Klumpp
Herr Dr. Markus Bleistein
Herr EBM Wilfried Wallbrecht
Herr Amtsleiter Frank Eberhard Scholz
Baubürgermeister Wallbrecht begrüßt im Sitzungssaal des Technischen Rathauses die Mitglieder der Jury sowie als Vertreter
der Auslober Herrn Mueller (Architektenkammergruppe Esslingen I) und Herrn Schneider (Stadtplanungs- und Stadtmessungsamt). Anschließend wird Frau Prof. Steinhilber einstimmig zur Vorsitzenden des Preisgerichts gewählt.
Für die Auslober erläutert Herr Schneider, dass insgesamt 24 Arbeiten abgegeben wurden, davon jedoch eine Arbeit ausgeschieden werden musste, da es sich um ein Bauvorhaben in Nürtingen-Zizishausen handelt. Somit verbleiben 23 Arbeiten im
Wettbewerb.
In einem ersten Rundgang werden alle Arbeiten einzeln vorgestellt und diskutiert. Am Ende dieser Runde werden neun Arbeiten ausgeschieden, 14 Arbeiten verbleiben zur weiteren Prüfung in der engeren Wahl. Für diese 14 Arbeiten wird festgelegt,
sie vor Ort zu besichtigen.
Nach Abschluss der Besichtigungen und einer zweiten Bewertungsrunde entscheidet das Preisgericht, weitere drei Arbeiten
auszuscheiden, so dass noch elf Arbeiten zur Prämierung im Wettbewerb verbleiben. Aufgrund der unterschiedlichen Qualitätsmerkmale dieser Arbeiten wird festgelegt, fünf Arbeiten mit einem Preis (2, 6, 10, 17, 20) sowie sechs Arbeiten mit einer
Anerkennung (1, 12, 14, 18, 22, 23) auszuzeichnen.
Für jede dieser prämierten Arbeiten wird von den Preisrichtern eine schriftliche Bewertung angefertigt.
Die Sitzung des Preisgerichts endet gegen 15.30 Uhr.
09
B
A
Brinzingerweg 10 | 73732 Esslingen
Ulrich und Susanne Diener
Thomas Mühleisen Freier Architekt | Esslingen
17
B
A
Seracher Straße 209 | 73732 Esslingen
Ulla Neigenfind
Claudia Garello und Ekkehardt Weiss | Esslingen
10
B
A
Neue Straße 74/1 | 73732 Esslingen
Werner Barth
Barth Architekten Dipl. Ing. Werner Barth | Esslingen
18
B
A
Hertfelder Straße 15 | 73733 Esslingen
Jürgen und Brunhilde Clauss
Architekturbüro Gaysert | Esslingen
11
B
A
Anna-Schieber-Weg 20 | 73728 Esslingen
Ruth und Matthias Simon-Weidner
Architektenbüro Falch | Egon Mack | Esslingen
19
B
A
Maienwalterstraße 22 | 73733 Esslingen
Ursula Werner
Architekturbüro Gaysert | Esslingen
12
B
A
Hölderlinweg 78 | 73728 Esslingen
Maren und Randolf Musmann
Thiele-Höfler & Höfler Architekten und Stadtplaner | Esslingen
20
B
A
Butzenmannweg 13 | 73733 Esslingen
Familie Sohn
Architekturbüro Schneider, Sohn und Weizenegger | Ravensburg
13
B
A
Mülberger Straße 140 | 73728 Esslingen
Dr. Wolfgang Schlotterbeck
Bruno Fischer Freier Architekt | Esslingen
21
B
A
Kelterstraße 28 | 73732 Esslingen
Christine und Hans-Peter Knödler
Thiele-Höfler & Höfler Architekten und Stadtplaner | Esslingen
14
B
A
Lenzhalde 19 | 73732 Esslingen
Heike und Dr. Gerd Glaser
Thiele-Höfler & Höfler Architekten und Stadtplaner | Esslingen
22
B
A
Bergstraße 7| 73732 Esslingen
Bettina und Stefan Knaur
Thiele-Höfler & Höfler Architekten und Stadtplaner | Esslingen
15
B
A
Wittumhalde 6 | 73732 Esslingen
S. Mielenz | M. Ziemski
Petra Zimmermann-Reiner Freie Architektin | Hochdorf
23
B
A
Bahnhofstraße 26 | 73728 Esslingen
Wolfgang Seifried
Dipl. Ing. Dietmar Schneck | Esslingen
16
B
A
Seracher Straße 123 | 73732 Esslingen
Kurt Baur
Bruno Fischer Freier Architekt | Esslingen
24
B
A
Finkenweg 3 | 72622 Nürtingen-Zizishausen
Kathrin und Steffen Übele
Dipl. Ing. Robert Tappert | Tübingen
05
PREIS
OBERTORSTRASSE 21/1
73728 ESSLINGEN
BAUHERR
Restora GmbH
Eberhard Scharpf
Fritz-Müller-Straße 115
73730 Esslingen
ARCHITEKT
Dipl. Ing. Dietmar Schneck
Rathausplatz 7
73728 Esslingen
DAS PREISGERICHT
Ein mutiger, in seinem Ausdruck zeitgemäßer An- und Umbau bereichert
auf überzeugende Weise die räumliche
und optische Qualität des Hofbereiches
im ehemaligen St. Klara Kloster. Die
verwendeten Materialien - auch das
großflächige dunkelgraue Plattenmaterial - die gesamte Farbigkeit und die
einfachen aber schönen Details sind die
Folge einer genauen und sensiblen Beobachtung des historischen Kontextes.
Die Wohnqualität ist insgesamt deutlich gesteigert worden. Ein bemerkenswertes Beispiel, wie mit den Mitteln
des Kontrastes Harmonie und Einklang
erzielt werden kann.
06
PREIS
HECKENWEG 15
73730 ESSLINGEN
BAUHERR
Thomas Letsch
Heckenweg 15
73730 Esslingen
ARCHITEKTEN
Fuchs, Wacker
Architekten BDA
Am Westkai 9A
70327 Stuttgart
DAS PREISGERICHT
Der Umbau von zwei 30er-Jahre-Häusern in der Esslinger
Gartenstadt zu einem großzügigen Einfamilienhaus überzeugt durch seine Zurückhaltung, die sorgfältige Materialwahl und Detailausbildung.
Beispielhaft ist der Respekt, der dem Charakter des Hauses
entgegengebracht wurde. Architekt und Bauherr sahen ihre
Aufgabe im Erkennen der vorhandenen Qualitäten, von Proportion, Baukörper und Material. Durch die Gestaltung der
Gartenzone wird vorbildlich gezeigt, dass auch die bescheiden-zurückhaltende Architektur der 30er-Jahre qualitätvolle
und großzügige Bezüge zwischen innen und außen ermöglicht.
Kritisiert wird die Vorzone, da hier das typische Straßenbild
zugunsten einer sehr individuellen, fremden Formensprache
aufgegeben wurde, anstatt sie zu interpretieren.
07
PREIS
NEUE STRASSE 74/1
73732 ESSLINGEN
BAUHERR
Werner Barth
Neue Straße 74/1
73732 Esslingen
ARCHITEKT
Barth Architekten
Dipl. Ing. Werner Barth
Neue Straße 27
73732 Esslingen
DAS PREISGERICHT
Der Bauherr und zugleich Architekt liefert mit dem Neubau
eines Gartenhauses einen hervorragenden Beitrag für eine
gängige „kleine“ Bauaufgabe.
Dabei überzeugt das Gebäude nicht nur in der Materialwahl
(Holz stellt einen selbstverständlichen Bezug zum Garten
her), sondern ebenso in der Schlichtheit seiner Formensprache, die sich wohltuend von üblichen, in der Regel „Baumarkt- Lösungen“ des Themas abhebt.
Interessant ist auch das auf einem Grundmuster basierende
Konstruktionsprinzip. Der modulare Ansatz ist beispielhaft
und bietet sich je nach Erfordernis auch für andere Gartennutzungen an.
08
PREIS
SERACHER STRASSE 209
73732 ESSLINGEN
BAUHERRIN
Ulla Neigenfind
Seracher Straße 209
73732 Esslingen
ARCHITEKTEN
Claudia Garello
Ekkehardt Weiss
Franziskanergasse 19
73728 Esslingen
DAS PREISGERICHT
Die Lösung für den Anbau eines Ateliers an ein kleines
Wohnhaus ist unkonventionell in der Gestaltung, aber auch
im Vorgehen. Bauherrin, Architekten und Handwerker haben
in einem integrierten Prozess und im Einklang mit Bestand,
Topografie und Vegetation ein bemerkenswertes Ergebnis
erzielt. Das neue Atelier umschlingt in freier Form an der
Hangseite das bestehende Haus, ohne ihm die Würde zu
nehmen. Unterschiedliche Formen und unterschiedliche
Materialien werden - architekturprofessionell gesehen - eher
unkonventionell zusammengefügt; im Ergebnis entstehen
lebendige und funktionierende Innen- und Außenräume von
überraschender Qualität. Die Außenanlagen fügen sich mit
viel Rücksicht auf Topografie und bestehende Vegetation in
dieses Bild ein.
09
PREIS
BUTZENMANNWEG 13
73733 ESSLINGEN
BAUHERR
Familie Sohn
Butzenmannweg 13
73733 Esslingen
ARCHITEKTEN
Architekturbüro Schneider, Sohn
und Waizenegger
Adlerstraße 2
88212 Ravensburg
DAS PREISGERICHT
Auf unspektakuläre Art ist es gelungen, eine Wohnung eines typischen
Mehrfamilienhauses der 60er-Jahre
zum Garten hin zu erweitern. Durch
die bandartige Einbindung des Anbaus
über die vorhandenen Balkone integriert sich dieser wie selbstverständlich.
Hierzu trägt auch der zurückhaltende
Umgang mit Material und Farbe bei.
Eine beispielhafte Lösung, die den
Wohnwert erhöht und gleichzeitig der
vorhandenen Bausubstanz gerecht
wird.
10
ANERKENNUNG
KEUPERSTRASSE 3
73734 ESSLINGEN
BAUHERREN
Ulrike und Achim Herdtle
Keuperstraße 3
73734 Esslingen
ARCHITEKTEN
Thiele-Höfler & Höfler
Architekten und Stadtplaner
Neckarstraße 87
73728 Esslingen
DAS PREISGERICHT
Ein durchaus interessantes Beispiel, wie auf einfache Weise
die Grundqualitäten dieses Haustyps der 50er-Jahre modernen Wohnbedürfnissen angepasst werden können. Überzeugend wirken die schlanken französischen Fenster und die
generelle Verwendung des klassischen Klappladens.
Leider lassen die neu dazugekommenen Elemente wie
Balkongeländer und Windfang kein durchgängiges Gestaltungskonzept erkennen. Gewürdigt wird das grundsätzliche
Verständnis, durch kleine Veränderungen und Anbauten das
Haupthaus nicht zu dominieren.
11
ANERKENNUNG
HÖLDERLINWEG 78
73728 ESSLINGEN
BAUHERRREN
Maren und Rudolf Musmann
Hölderlinweg 78
73728 Esslingen
ARCHITEKTEN
Thiele-Höfler & Höfler
Architekten und Stadtplaner
Neckarstraße 87
73728 Esslingen
DAS PREISGERICHT
Die Zurückhaltung in der Wahl der Mittel bei den Eingriffen in die Substanz
der 30er-Jahre-Architektur überzeugt.
Der Umbau der Terrasse zum Wintergarten verbessert zwar das Raumangebot, verunklart jedoch durch die
Dachform die Baukörperkomposition
des Bestands.
Die Gestaltung der Freiflächen entspricht nicht der sensiblen Vorgabe von
Form- und Materialwahl der vorgegebenen Substanz.
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ANERKENNUNG
LENZHALDE 19
73732 ESSLINGEN
BAUHERREN
Heike und Dr. Gerd Glaser
Lenzhalde 19
73732 Esslingen
ARCHITEKTEN
Thiele-Höfler & Höfler
Architekten und Stadtplaner
Neckarstraße 87
73728 Esslingen
DAS PREISGERICHT
Die Modernisierung eines Wohnhauses
aus den 50er-Jahren besticht durch die
Rücksichtnahme und den Respekt vor
der vorgefundenen Formensprache. Die
modernen Veränderungen der Dachgaube und der Balkongeländer bringen
eine sichtbare Veränderung; eine abgestimmtere Farbgebung der Klappläden
wäre wünschenswert.
Die Gestaltung der Gartenterrasse
schafft eine überzeugende Verbesserung der Freiraumnutzung.
13
ANERKENNUNG
HERTFELDER STRASSE 15
73733 ESSLINGEN
BAUHERRREN
Jürgen und Brunhilde Clauss
Hertfelder Straße 15
73733 Esslingen
ARCHITEKT
Architekturbüro Gaysert
Hellerweg 63
73728 Esslingen
DAS PREISGERICHT
Das Haus aus den 50er-Jahren wurde von Grund auf renoviert. Die Jury
erkennt an, dass Architekt und Bauherr
sich mit besonderer Sorgfalt den Dingen gewidmet haben, die oft vernachlässigt werden: Garage, Carport, Müllplatz, Eingang usw. Ob der Aufwand in
Material und Gestaltung durchgängig
angemessen ist, sei dahingestellt. Im
Grundsatz sind die Nebenbauten jedoch
bewusst und qualitätsvoll angegangen
worden.
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ANERKENNUNG
BERGSTRASSE 7
73732 ESSLINGEN
BAUHERREN
Bettina und Stefan Knaur
Bergstraße 7
73732 Esslingen
ARCHITEKTEN
Thiele-Höfler & Höfler
Architekten und Stadtplaner
Neckarstraße 87
73728 Esslingen
DAS PREISGERICHT
Durch zwei Anbauten auf kompliziertem Grundstückszuschnitt musste ein Wohnhaus aus der Jahrhundertwende den
heutigen Ansprüchen einer vierköpfigen Familie angepasst
werden. Dennoch gelingt es, zur Straße hin den maßstäblichen Charakter des Altbaus wieder zu verdeutlichen. Die
beiden Erweiterungen bedrängen zwar den Charakter des
Altbaus, fügen sich dann doch durch die Homogenität von
Material und Farbe wieder ein.
So wie das ganze Haus sind auch der Treppenaufgang und
die übrigen Freianlagen sehr zurückhaltend und anspruchsvoll detailliert.
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ANERKENNUNG
BAHNHOFSTRASSE 26
73728 ESSLINGEN
BAUHERRR
Wolfgang Seifried
Bahnhofstraße 26
73728 Esslingen
ARCHITEKT
Dipl. Ing. Dietmar Schneck
Rathausplatz 7
73728 Esslingen
DAS PREISGERICHT
Das Gebäude Bahnhofstraße 26 ist unter den eingereichten
und prämierten Objekten insofern ein Sondertyp, als dass es
sich hierbei nicht um ein reines Wohngebäude sondern um
ein innerstädtisches Wohn- und Geschäftshaus handelt.
Mit der Umbaumaßnahme ist es dem Bauherren und seinem
Architekten gelungen, aus einem unauffälligen bzw. gestalterisch anspruchslosen Gebäude ein zeitgemäßes Stadthaus
zu machen, das sich ohne gestalterische Allüren selbstverständlich in den Gestaltungsrahmen des öffentlichen Raumes
der Bahnhofstraße einfügt.
16
PREISVERLEIHUNG
07. November 2005
Altes Rathaus | Schickhardthalle
VORTRAG PROF. HANS KLUMPP
„Guten Abend meine Damen und Herren,
einige Gedanken zum Thema „Herausforderung kleiner
Architekturaufgaben“.
Lassen Sie mich zunächst beginnen mit der lapidaren Feststellung, dass Architektur und Stadtplanung, egal ob große
oder kleine Themen, damit verbunden sind, in dieser Gesellschaft eine sehr geringe bis gar keine Rolle spielen. Dieser
Gesellschaft ist das Bewusstsein dafür abhanden gekommen,
welch zentrale Bedeutung die Qualität der gebauten Umwelt
für ihre Existenz als Mensch, für ihr Wohlbefinden und somit
auch für ihr Verhalten hat.
Der Ulmer Hirnforscher Prof. Spitzer hat unlängst nach einer
mehrjährigen wissenschaftlichen Studie festgestellt:
„Fernsehen macht dick, dumm und gewalttätig.“
Es wäre von hohem Interesse zu erfahren, welchen Einfluss
die Qualität der Räume, in denen wir uns bewegen, aufhalten, wohnen und arbeiten, ausüben. Und ich meine dabei
ganz besonders Räume in unseren neuen, modernen Häusern, Siedlungen, Wohngebieten.
Ich meine ganz bewusst neue Häuser, neue Siedlungen,
Neubaugebiete, denn ich glaube, die alten Häuser unserer
älteren Dörfer und Städte unterscheiden sich ganz wesentlich durch Folgendes:
Sie sind homogener, sie lieben mehr das Kollektiv, sie wirken geschlossener, ruhiger und damit beruhigender, auch
beschützender, das Besondere ist seltener, es scheint eine
Bereitschaft zu geben, sich als Teil eines Ganzen zu sehen.
Das Kleine ist zwar klein und das Große ist groß, aber klein
und groß sprechen eine ähnliche Sprache, eine gegenseitig
verständliche; das Kleine bildet in seiner Mehrzahl Raum
und Rahmen für das seltenere Große, damit es wirken kann,
damit es seine Bedeutung zum Ausdruck bringen kann.
Die Kirche, das Rathaus, die Post, das Kornhaus, das Pfarrhaus (stellvertretend für groß und bedeutend).
Manchmal sind sie sogar ganz eng aneinander gebaut, sie
scheinen sich an die Hand zu nehmen.
Nicht nur, dass sie keine Berührungsangst haben, sie passen
einfach formal gut zueinander, trotz dieser Unterschiede
in Größe, Ausdruck und Detail; sie bringen eine verwandte
geistige Haltung zum Ausdruck, man spürt den gemeinsamen
Willen, Straße, Platz, Dorf oder Stadt bilden zu wollen, ein
Gemeinschaftsprodukt also, das so angelegt ist, dass Eigenständigkeit im Ganzen, Charakter, Identität entsteht.
Das ist es, was uns fasziniert und was viele von uns (um es
vorsichtig auszudrücken) in unseren Dörfern und Städten
vermissen, da wir vermutlich alle in den letzten Jahrzehnten kräftig dazu beigetragen haben, dass es diese wichtigen
Merkmale nicht mehr gibt. Und wieder mal müssen wir
feststellen, dass die Wertschätzung alltäglicher Dinge leider
erst mit ihrer plötzlichen Abwesenheit beginnt.
Doch, da die Architektur immer ein Spiegel der Gesellschaft
war und ist, ist Kritik an Architektur und Stadtplanung immer auch und zuallererst Kritik an der Gesellschaft.
Diese Ich-Gesellschaft ist das eigentliche Problem von
Städtebau und Architektur. Diese Ichbezogenheit, ja diese
Überbewertung des Ichs wirkt sich so zerstörerisch auf unsere gebaute Umwelt aus und zwar gleichermaßen in der Stadt
wie auf dem Lande, manchmal hat man sogar den Eindruck,
als sei der ländliche Raum noch empfindlicher.
Unser Gesellschaftssystem ist auf die Förderung des Individualismus angelegt. Jede Form von Andersartigkeit wird
unterstützt. Jeder Unterschied zum Nachbarn wird kultiviert,
jeder Verdacht kollektiven Geschmacks wird zwanghaft und
übermäßig sichtbar aus dem Weg geräumt. Dieser gewollte
Individualismus lässt keine zusammenhängenden, unverwechselbaren Baustrukturen entstehen, wirkt – und das ist
das wirklich schlimme daran – völlig identitätshemmend,
reißt stadträumliche Löcher und produziert stattdessen optische, von Mode und Kurzlebigkeit gekennzeichnete Gewitter.
Ohne Respekt und Verantwortung gegenüber der Notwendigkeit eines qualitätsvollen öffentlichen Raumes.
Dieser „öffentliche Raum“ gehört allen und müsste zentrales
Anliegen und Aufgabengebiet von Architekten und Stadtplanern gleichermaßen sein.
Da dieser öffentliche Raum aber in erster Linie von privat
genutzten Gebäuden, die natürlich auch in Privatbesitz sind,
begrenzt wird und das Äußere dieser Häuser somit entscheidenden Einfluss auf Atmosphäre und Charakter des öffentlichen Raumes hat, muss ganz deutlich gesagt werden und ich
zitiere Manfred Sack von der Zeit:
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„Wer für sich baut, baut für einen Anderen. Das Bauen ist
von vornherein und ganz unvermeidlich eine öffentliche Angelegenheit. Auch das private Haus ist nie nur eine Privatangelegenheit sondern immer auch eine der Öffentlichkeit.“
Und der Schweizer Miroslav Sik:
„Das Gesicht deines Hauses ist nicht deine Privatsache. Ob
Fassade, Struktur, Material, Farbe, Kubatur oder Silhouette,
alles Äußere gehört dem Allgemeinen der Stadt oder des
Ortes an.“
Wie sagt man das in unserer Zeit dem Bauherrn? Sind wir
überhaupt noch in der Lage, diese einleuchtende Feststellung
einzufordern?
Ist ein Großteil der Architekten nicht schon längst den
Geschmackslaunen ihrer Bauherren ausgesetzt und scheinen
Städte und Kommunen nicht hoffnungslos den rein auf Rendite ausgerichteten Investoren und Bauträgern ausgeliefert?
„ Wer zahlt, sagt wie’s geht bzw. aussieht!“
Die sichtbaren Folgen können wir leider mittlerweile an
jedem Ort unserer Republik wahrnehmen. Kaum ein Bauherr
versteht mehr, weshalb seine Investition gleichzeitig eine für
die Allgemeinheit sein soll.
Solidarität, Engagement für die Gemeinschaft, sich und seine
kleine private Welt als wichtigen Teil in ein größeres Ganzes
einbringen, das zeichnet diese Gesellschaft nicht aus.
Ich glaube es ist wichtig, mit und in dieser beschriebenen
Gesellschaft an „kleinen Themen“ zu arbeiten, an kleinen,
überschaubaren Problemen zu zeigen, wie man sicht- und
spürbar verbessern kann. Gerade deshalb finde ich es so
bemerkenswert, welch unterschiedliche Aktivitäten auf dem
Problemfeld Architekturqualität und Baukultur in Esslingen
unternommen werden.
Jede Stadt braucht Monumente und architektonische
Identifikationspunkte, doch ebenso unverzichtbar sind ganz
viele „bescheidene, normale, unauffällige aber anständige
Bauten“, die die Krönung, den Charakter und meist ihre
Liebenswürdigkeit ausmachen.
Faszinieren darf nicht nur, was durch formale Extrovertiertheit auf sich aufmerksam macht, nein, mehr sogar jene vielen sich zurücknehmenden, sich einfügenden und somit dem
Gewebe und der räumlichen Struktur dienenden Baukörper,
viele davon physikalisch betrachtet kleine, ja sogar sehr
18
kleine Bausteine, solche um die es ging bei diesem Esslinger
Bauherrenpreis 2005 und die in unseren Städten und Dörfern
nahezu 90 Prozent der baulichen Interventionen und Investitionen ausmachen.
Ihre Bedeutung für die optische Qualität unserer gebauten
Umwelt und somit auch für unser Wohlbefinden habe ich
versucht darzustellen, wahrgenommen werden sie leider bei
weitem nicht ausreichend.
Ein guter Anlass dieser Bauherrenpreis also, damit zu beginnen. Entscheidend mithelfen kann dabei die Tagespresse,
nicht die Fachpresse.
Die Tagespresse könnte weit stärker als bisher mithelfen,
Architektur und Stadtplanung im Bewusstsein dieser Gesellschaft als entscheidenden Lebensgestaltungsbereich zu
positionieren. Viel zu wenig wird über Architektur berichtet,
ausreichend ausführlich meist nur dann, wenn es um große
und spektakuläre Bauten oder um Bauskandale geht. Die
eine oder andere Zeitung hat auch das seltene Glück, einen
kunst- und architekturinteressierten Redakteur zu haben.
Insgesamt muss aber festgestellt werden: Das Unspektakuläre, das Normale, das Rücksicht-Nehmende, das einfach nur
Schöne und Sinnfällige findet kaum Erwähnung.
Muss das so sein? Könnte es nicht für eine Zeitung eine
besondere Herausforderung sein, dies zu ändern? Erst recht
wenn wir doch feststellen, wie sehr eine Gesamtqualität von
der Summe der vielen kleinen, zueinander passenden und
sich ergänzenden Bausteine abhängt.
Nicht nur das Spektakel, das Außergewöhnliche darf hervorgehoben werden, auch das Angemessene, das scheinbar
Unspektakuläre, Selbstverständliche sollte ausreichend
gewürdigt werden.
Die Attraktivität von Esslingen hängt doch viel weniger von
seiner neuen Stadthalle und dem zugehörigen Hotel ab als
von dem Gesamtkunstwerk Altstadt, seinen Hanglagen und
der Wohnqualität in seinen Teilorten mit den zugehörigen
Plätzen, Straßenräumen und Freiflächen.
Und dennoch:
In ungewohnt ausführlicher Weise begann 40 Tage vor
Eröffnung des zuvor genannten Großprojekts die Tagespresse
darüber zu berichten.
Täglich wurden einzelne Bereiche beschrieben, wurde der
Architekt genannt, wurde die Bevölkerung auf scheinbar
außergewöhnliche Qualitäten hingewiesen.
Gut war das, weil in dieser Zeit Architektur und Bauen, ein
neues, wichtiges Gebäude für die Stadt, zum Thema gemacht
wurden.
Warum aber nur in diesem Falle? Warum versucht man nicht
viel öfter, überhaupt über Bauvorgänge in der Stadt zu
berichten? Über wesentlich kleinere und unspektakulärere,
die aber so eminent wichtig sind, damit das eine „Große“
überhaupt wirken und existieren kann.
Ohne die Einzigartigkeit des „kleinen, alten Esslingen“ ist
die neue Stadthalle mit ihrem unmittelbaren Umfeld eine
austauschbare, modische, leblose, allenfalls funktionierende
Maschine.
Wie wäre deshalb der Vorschlag, in den kommenden Wochen
jeweils über eines der kleinen hier ausgezeichneten oder
in die engere Wahl gekommenen Projekte ausführlich zu
berichten? Zu beschreiben, was das Besondere an ihnen ist,
worin die Leistung besteht und worin ihr wichtiger Beitrag
für den öffentlichen Raum und somit für das Gemeinwohl
besteht?
Ganz sicher könnte man dadurch vermehrtes Interesse und
Verständnis für die kollektive Bedeutung von diesen kleinen
Bauaufgaben wecken. Man könnte vermitteln, dass zu den
großen Projekten nur quantitative, nicht aber qualitative
Unterschiede bestehen. Und es ist dringend an der Zeit zu
vermitteln, dass auch diese „kleinen Aufgaben“ sehr schwierig sein können und meist für alle Beteiligten eine große
Herausforderung darstellen. Ganz besonders für den Architekten, den man eben gerade wegen der Herausforderungen
auch immer für diese Bauaufgaben braucht.
Und er wird gerne ein zuverlässiger Fachmann und Partner
sein, auch wenn sein Honorar meist nicht mit dem tatsächlichen Aufwand übereinstimmt.
solche Interventionen erfordern vom Architekten vielfach
eine besondere Form der Kreativität, nämlich Zurücknahme. Manche Um- und Erweiterungsbauten sind besonders
deshalb gelungen, weil man die Maßnahme fast – oder gar
nicht wahrnimmt.
Darüber sollte verstärkt berichtet werden. Über die gemeinsame Leistung von Architekt und Bauherr, über ihren wertvollen Beitrag für eine lebenswerte Umweltgestaltung. Dann
besteht auch die Chance, dem bereits mehrfach kritisierten
Hang zum Auffallen um jeden Preis wirksam zu begegnen.
Diese kleinen Architekturaufgaben verlangen einen
respektvollen und sensiblen Umgang mit dem Bestehenden.
Deshalb helfen hier auch meist nicht die allgemein gültigen,
überall anzutreffenden und damit austauschbaren formalen
Rezepte. Die Besonderheiten, die konkrete Lösung, sind das
Ergebnis einer individuellen Auseinandersetzung mit der
ganz besonderen Situation. Und insofern unterscheidet sich
jede dieser „kleinen Aufgaben“ von der anderen und stellt
jedes Mal eine neue Herausforderung dar, vor allem dann,
wenn das gemeinsame Ziel das ist, was Romano Guardini so
formulierte:
„Ziel ist, nicht ein ganz Neues, sondern ein neues Ganzes
schaffen.“
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.“
Eine scheinbar kleine Aufgabe sehr gut zu lösen, ist vielfach
schwieriger als ein größerer Neubau. Es handelt sich dabei ja
meist darum etwas zu ergänzen, etwas auszubauen, umzubauen, zu erneuern, neu zu organisieren, bautechnisch zu
ertüchtigen.
Das verlangt immer genaues Hinsehen, das Vorhandene
genau zu studieren, es auf seinen Wert und seine Bedeutung
für den größeren Zusammenhang (Nachbarschaft, Straße, Platz) abzufragen, die Angemessenheit zu finden. Und
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Eßlinger Zeitung | 04. November 2005
Zwiebel | 03. November 2005
Eßlinger Zeitung | 09. November 2005
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IMPRESSUM
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Regine Zinz, Stuttgart
Franz Schneider, Roland Karpentier, Regine Zinz
Regine Zinz
Kommunikation für Architektur, Stuttgart
März 2006

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