Stellungnahme zu Sicherheitsdatenblätter für Bitumen
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Stellungnahme zu Sicherheitsdatenblätter für Bitumen
Gesprächskreises BITUMEN Stellungnahme zu Sicherheitsdatenblätter für Bitumen (Bitumen 20/30, 30/45, 40/60, 50/70, 70/100, 160/220) Vorbemerkung a) Für Bitumen, ein nicht gekennzeichneter, nicht eingestufter Stoff, muss kein Sicherheitsdatenblatt geliefert werden. Es könnte ein Papier, etwa unter dem Titel ‚Informationen zu Bitumen’, erstellt werden, das optisch wie ein Sicherheitsdaten-blatt aufgebaut ist, sich aber nicht am Anhang II der REACH-VO orientieren müsste. b) Wenn ein Sicherheitsdatenblatt geliefert wird, muss es dem Anhang II der REACHVO entsprechen. Dazu gehört u.a., dass es in der Sprache und mit den Regelungen des Landes formuliert wird, in das das Bitumen geliefert wird. "The safety data sheet shall be supplied in an official language of the Member State(s) where the substance or preparation is placed on the market." (REACH, Article 31(5)). "Also mention, where possible, the national laws which implement these provisions and any other national measures that may be relevant." (REACH, Annex II Safety Data Sheet, 15. Regulatory Information). c) Die hier aufgeführten Anmerkungen gehen davon aus, dass in dem Produkt tatsächlich nur „straight-run-bitumen“ enthalten ist, also weder „angeblasenes Bitumen“, noch Oxidationsbitumen, noch Vakuumrückstände. Oft entsteht wg. CAS-Nummern der Eindruck, dass das ‚Primär-Bitumen’ diese Stoffe enthält. Unter diesen Voraussetzungen wird zu Sicherheitsdatenblättern für Bitumen Stellung genommen. Viele der aufgeführten Punkte lassen sich dadurch lösen, dass das Sicherheitsdatenblatt nur für die unmittelbaren Kunden erstellt wird, die Asphaltmischanlagenbetreiber, die Bitumenbahnenhersteller usw. Für die Endanwendung (z.B. Einbau von Walz- und Gussasphalt, Verschweißen von Bitumenbahnen) erstellen die Hersteller dieser Produkte Informationen. Abschnitt 1.1 In Deutschland heißt der Stoff Bitumen. Asphalt ist das Gemisch, das als Walz- oder Gussasphalt eingebaut wird. Daher muss hier Bitumen stehen. Dies gilt auch für die Fußzeile auf jeder Seite des Sicherheitsdatenblattes. Es wird meist beschrieben, dass das Sicherheitsdatenblatt für den Feststoff gilt. Sehr viele der Angaben im Sicherheitsdatenblatt beziehen sich aber auf das flüssige Bitumen. Abschnitt 1.2 Hier werden meist sehr viele Anwendungsgebiete aufgelistet, in denen Bitumen sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Dies hat zur Folge, dass die Angaben im Sicherheitsdatenblatt sehr allgemein gehalten sind und nur eine geringe Hilfe für den Downstream User bei der Gefährdungsbeurteilung sind. Es werden auf Grund dieser vielen Anwendungsgebiete Gefahren und Maßnahmen aufgelistet, die z.B. beim Einbau von Walz- und Gussasphalt sowie beim Verschweißen von Bitumenbahnen nicht auftreten (vor allem die Gefahren durch H2S). Im Zusammenhang mit den Anwendungsgebieten, in denen H2S ein Problem sein könnte (Transport und Lagerung) ist die Angabe unter 1.1 Produkttyp (Feststoff) zudem falsch. Denn nur wenn Bitumen flüssig ist, kann ein H2S-Problem auftreten. Abschnitt 2.3 1 Gesprächskreises BITUMEN Beim Einbau von Walz- und Gussasphalt sowie beim Verschweißen von Bitumen-bahnen treten Gefahren durch H2S nicht auf. Die wesentliche Gefahr bei diesen Arbeiten besteht beim Berühren der heißen Massen. Dies sollte auch in 2.3 deutlich werden. Soweit uns bekannt und auch im Papier von Eurobitume zu H2S beschrieben, ist H2S nicht im festen Bitumen enthalten, sondern „Bei längerer Lagerung und Transport von heißem Bitumen kann sich giftiger und entzündlicher Schwefelwasserstoff (H2S) bilden”. Dies sollte den Hinweisen auf H2S immer vorangestellt werden. Dann sind Maßnahmen insbesondere in Abschnitt 4 und 7 beachten. Abschnitt 3 Die angegebene EG-Nr. ist die Nummer für Oxidbitumen, sie weicht von der (richtigen) EGNr. unter Abschnitt 1.1 ab (ein solcher Fehler darf bei einem sorgfältig erarbeiteten Sicherheitsdatenblatt nicht vorkommen; oder ist doch Oxidationsbitumen in diesem Produkt enthalten?). Auch hier wieder der Hinweis, dass in Deutschland der zur CAS-Nr. 8052-42-4 gehörende Stoff Bitumen heißt und nicht Asphalt (s. z.B. die MAK-Liste). Das ist eine nationale Regelung und eine nationale Sprachregelung, die einzuhalten ist. Abschnitt 4.1 Ein Hinweis auf „Arzt“ steht nur unter kaltem Produkt und Hautkontakt, ist er nicht bei Augenkontakt mit heißem Bitumen noch sehr viel wichtiger? Die Hinweise unter ‚Einatmen’ sind wenig hilfreich für das feste Bitumen. Gemeint ist wahrscheinlich doch eher etwas wie „Falls Dämpfe oder Aerosole aus Bitumen in hohen Konzentrationen eingeatmet wurden, Person an die frische Luft bringen.“ Wobei zu definieren ist, was hohe Konzentrationen sind. Auch wieder der Hinweise auf die für den Einbau von Walz- und Gussasphalt sowie das Verschweißen von Bitumenbahnen überflüssige Warnung vor H2S. Abschnitt 4.3 Die wesentliche Gefahr sind Hautverbrennungen. Dies sollte hier deutlich werden. Beim Einbau von Walz- und Gussasphalt sowie beim Verschweißen von Bitumenbahnen treten Gefahren durch H2S nicht auf. Abschnitt 6.1 Aufgrund dieses Hinweises, müssen alle Kunden, die dieses Produkt kaufen, umgebungsluftunabhängige Atemschutzgeräte vorrätig halten sowie Personal, das entsprechend arbeitsmedizinisch untersucht ist (ein Hinweis: mindestens ein Drittel aller Beschäftigten ist körperlich nicht befähigt, diesen Atemschutz zu tragen). Sind die Vertreter der Bitumenhersteller auf entsprechende Nachfragen vorbereitet? Zudem fehlt der Hinweis „Bei längerer Lagerung und Transport von heißem Bitumen kann sich giftiger und entzündlicher Schwefelwasserstoff (H2S) bilden”. Abschnitt 7.1 Bislang ist der Gesprächskreis BITUMEN immer davon ausgegangen, Bitumen sei für die Umwelt nicht gefährlich, würde im Asphalt sogar beim Bau von Trinkwasserreservoirs usw. eingesetzt. Was kann denn in den „Abwässern“ an umweltgefährlichen Stoffen vorkommen? Abschnitt 7.2 2 Gesprächskreises BITUMEN Die Gefahren von H2S werden immerhin erst am Schluss dieses Abschnittes erwähnt, sie sind aber zumindest für den Einbau von Walz- und Gussasphalt sowie das Verschweißen von Bitumenbahnen überflüssig. Zudem fehlt der Hinweis „Bei längerer Lagerung und Transport von heißem Bitumen kann sich giftiger und entzündlicher Schwefelwasserstoff (H2S) bilden”. Die erwähnten Messinstrumente sind konkret anzugeben. Auch der Hinweis auf ‚angemessene Schutzmaßnahmen’ und ‚gesetzliche Vorschriften’ ist konkreter zu fassen. Schließlich ist zu prüfen, warum einige der im Eurobitume-Papier zu H2S aufgeführten Maßnahmen hier nicht erwähnt werden. Abschnitt 7.3 Entsprechend Anhang II 7.3 der REACH-VO (If possible, reference shall be made to industry – or sector – specific approved guidance.) sollte hier auf branchenbezogene Hilfen hingewiesen werden. Ein solcher Hinweis könnte etwa wie folgt lauten: „Der Gesprächskreis BITUMEN (www.gisbau.de/bitumen.html) informiert über mögliche Gefahren und die notwendigen Schutzmaßnahmen beim Umgang mit bitumenhaltigen Substanzen (Walz- und Gussasphalt, Bitumenbahnen, Fugenmassen, Bitumendämpfungsfolien, …).“ Die BG BAU bietet WINGIS-Informationen zu Bitumen, Walz- und Gussasphalt an sowie Betriebsanweisungen in mehreren Sprachen (www.wingis-online.de). Abschnitt 8.1 In Deutschland muss es heißen ‚Es gibt keinen Arbeitsplatzgrenzwert (AGW).’ In den Fällen, in denen H2S ein Problem darstellt (nicht bei Walz- und Gussasphalt, Verschweißen von Bitumenbahnen, usw.), ist es sicherlich sinnvoll, hier auf den AGW für Hydrogensulfid zu verweisen, In der Tabelle muss es Dämpfe und Aerosole aus Bitumen statt Asphalt heißen. Es gibt keinen Beurteilungsmaßstab für Bitumen, nur für Dämpfe und Aerosole aus Bitumen. Die beiden angegebenen DNEL beziehen sich auf einen Bitumenkonden-sat-Analysenstandard, die in Deutschland ermittelten und bekannten Expositionen auf einen MineralölAnalysenstandard. Daher müssen die aufgeführten Werte durch 1,5 dividiert werden. Die im Absatz vor der Tabelle aufgeführte Norm EN 689 wird in der im letzten Absatz des Abschnittes 8.1 erwähnten ‚Richtlinie’ (ist diese Bezeichnung gewählt worden, um einen ähnlichen Stellenwert wie EU-Richtlinien vorzutäuschen?) von Eurobitume nicht erwähnt. In der im letzten Absatz des Abschnittes 8.1 erwähnten Richtlinie zu Messverfahren von Eurobitume wird das nationale deutsche Messverfahren nicht erwähnt. Damit werden nationale Regelungen ignoriert und die Downstream-User können nicht auf die Expositionsdaten des Gesprächskreises BITUMEN zurückgreifen. Die Downstream-User sind auf Grund dieser Angaben gezwungen, selbst Messungen vorzunehmen. Es fehlt die Vorgehensweise, wie in Deutschland mit dem DNEL für Arbeiter umgegangen wird. In Deutschland werden alle Beschäftigten, die über diesem DNEL exponiert sind (u.a. alle Asphaltarbeiter), alle zwei Jahre arbeitsmedizinisch untersucht. Daher sollte unter der Tabelle etwa folgender Satz stehen: „Der DNEL ist kein staatlicher Grenzwert, er muss aber bei der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden. In Deutschland hat dies zur Konsequenz, dass alle Asphaltarbeiter alle zwei Jahre arbeitsmedizinisch untersucht werden.“ Abschnitt 8.2 3 Gesprächskreises BITUMEN Was soll der Hinweis, generell Entlüftungsanlagen oder andere technische Einrichtungen vorzusehen? Für Asphaltmischanlagen usw. ist der Hinweis sicher sinnvoll, aber wir verlangen in Deutschland beim Einbau von Walz- und Gussasphalt sowie beim Verschweißen von Bitumenbahnen keine entsprechenden Maßnahmen, insbesondere keine Absaugung am Fertiger. Wieder gilt, nationale Regelungen sind zu berücksichtigen. Die ausführlichen Hinweise zum Atemschutz sind verwirrend und wenig hilfreich. Sie helfen nur dem Hersteller, die Verantwortung auf den Downstream-User abzuwälzen. Die Messungen des Gesprächskreises zeigen, dass der DNEL-Wert beim Asphalteinbau in der Regel überschritten wird. Daher bedeutet die Formulierung „Besteht das Risiko einer Überschreitung ... muss... Atemschutzgerät getragen werden“, dass die Verarbeiter stets Atemschutz zu tragen haben, was aber gemäß Gefahrstoffverordnung nicht der Fall sein darf. Die Angaben zum Körperschutz sollten konkreter sein. Man fragt sich, warum für kaltes, also festes, Bitumen chemikalienbeständige Handschuhe zu tragen sind, für flüssiges Bitumen dagegen lediglich „undurchdringliche, wärmebeständige“ Handschuhe gefordert werden. Undurchdringlich bezieht sich worauf? Gibt es solche Handschuhe überhaupt? Ebenso bei thermischen Gefahren: Gibt es hitzebeständige Stiefel, die zugleich „hochresistent“ gegen Chemikalien sind? Falls ja: Vielleicht für Feuerwehrleute, aber auch für Straßenbauarbeiter „zumutbar“ bzw. erforderlich? Es werden chemikalienfeste Stiefel für kaltes Material verlangt; kommt das dem Verbot von Barfuss laufen auf Asphalt für die Allgemeinbevölkerung gleich? Mit Bitumen verschmutzte (=kontaminierte) Arbeitskleidung darf nur von Fachfirmen gereinigt werden. Hat das ggf. (wie schon mal bei Asbest) Einfluss auf Hausfrauen, die bislang die Kleidung für ihre im Straßenbau arbeitenden Männer gewaschen haben? Abschnitt 9.1 Wenn das Sicherheitsdatenblatt sich auf den Feststoff Bitumen bezieht, entfallen im Prinzip viele alle Angaben im Sicherheitsdatenblatt. Zumindest die DNEL wurden bei Tierstudien mit Dämpfen und Aerosolen aus dem flüssigen Bitumen ermittelt – wofür ist nun das Sicherheitsdatenblatt? Sollte es nicht für den Stoff in der Form sein, wie er „in Verkehr gebracht“ wird? Die Angabe des Dampfdrucks bei 20°C mit < 1 mbar ist nicht präziser anzugeben? Die Dichteangabe mit 0,925 bis 1,07 bei 15°C passt zwar zu Abschnitt 12.6 aber irgendwie nicht so ganz zu der Aussage in Abschnitt 6.2 „...hat höhere Dichte als Wasser und sinkt langsam auf den Grund“. Abschnitt 10 „Unter normalen Lagerbedingungen keine ... gefährlichen Reaktionen ...“ passt irgendwie nicht so ganz zu den selbstentzündlichen (!) Ablagerungen bei Zutritt von Luft beim Entleeren aus Abschnitt 7.2. Abschnitt 11 Alle Angaben in diesem Abschnitt beziehen sich nicht auf Asphalt, mit Asphalt wurde keine der erwähnten Studien durchgeführt. Die Studien, deren Ergebnisse hier zitiert werden, wurden mit Dämpfen und Aerosolen aus Bitumen/Oxidbitumen durchgeführt. Das muss auch deutlich werden. Warum werden Angaben zu Oxidationsbitumen und Vakuumrückständen angegeben - diese sollten doch in diesem Produkt gar nicht enthalten sein – oder sind sie es doch? Ergebnisse von Untersuchungen mit Stoffen, die nicht der CAS-Nr 8052-42-4 entsprechen, haben nichts in diesem Sicherheitsdatenblatt zu suchen. 4 Gesprächskreises BITUMEN Abschnitt 11, Verzögerte und sofortige chronische … Wann sind thermische Zersetzungsprodukte zu erwarten? Was sind Rauche? Diese Hinweise sind sehr verwirrend. Abschnitt 11, Mögliche chronische … Was sind ‚hohe Temperaturen’? Warum können nur Dampf, Nebel oder Rauch PAK enthalten - die feste Substanz enthält diese doch auch. Wie kann man direkt aufeinanderfolgend konstatieren, dass PAK da sind, die bekanntermaßen krebserzeugend sind, und Gefahren bei „Kanzerogenität“ ausschließen (hier wird somit nicht auf die Studienergebnisse mit Oxidationsbitumen Bezug genommen)? Abschnitt 12 Ergebnisse von Studien mit Oxidationsbitumen haben hier nichts zu suchen. Abschnitt 13.1 Der Hinweis „Beachtliche Rückstandsmengen des Abfallprodukts ... in einer geeigneten Abwasserbehandlungsanlage behandelt ...“ könnte vielleicht auf Löschwasser o.ä. bezogen sein, macht doch aber unter „Produkt“ an dieser Stelle nicht wirklich Sinn. Abschnitt 15 Was sollen die Angaben zu australischen, kanadischen, japanischen, usw. Bestimmungen? Es fehlt die Einstufung der MAK-Kommission von Dämpfen und Aerosolen aus Bitumen in K2 (das ist eine Einstufung, an der sich laut Gefahrstoffverordnung der Arbeitgeber bei seiner Gefährdungsbeurteilung zu orientieren hat). Gesprächskreis BITUMEN Januar 2011 5