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Halbleiter entmystifiziert Teil 1: Die Chips im Herzen moderner Stromnetze CLAES RYTOFT, BERNHARD ESCHERMANN, HARMEET BAWA, MARK CURTIS – ABB stellt seit mehreren Jahrzehnten Hochleistungshalbleiter her. Diese Schlüsselkomponenten bilden das Herzstück zahlreicher führender ABB-Technologien wie Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs systeme und drehzahlgeregelte Antriebe. Mit ihrer hochspezialisierten Halbleiterfabrik im schweizerischen Lenzburg verfügt ABB über die erforderlichen Kapazitäten zur Entwicklung und Fertigung fortschritt licher Leistungshalbleiterelemente und kann so zur Erweiterung ihres stetig wachsenden Portfolios von leistungselektronischen Produkten stets auf die am besten geeigneten Bauelemente zurückgreifen. Halbleiter entmystifiziert 27 1 Leistungselektronik Die Leistungselektronik hat ihren Ursprung in der Entdeckung von Halbleitern und markiert eine bedeutende technologische Wende, die neue Möglichkeiten zur Veränderung von elektrischen Strömen mithilfe von elektronischen Halbleiterschaltern* hervorbrachte. Die elektrischen Eigenschaften von Halbleitern wie Silizium liegen zwischen denen eines guten Leiters (z. B. Kupfer) und eines Nichtleiters (z. B. Gummi). In einem Stromkreis verhalten sie sich die meiste Zeit wie Nichtleiter, d. h. sie sperren den Elektronenfluss. Unter bestimmten Bedingungen (höhere Temperatur, Einwirkung von elektromagnetischen Feldern usw.) verhalten sie sich jedoch eher wie Leiter, d. h. Elektronen können frei durch sie hindurch fließen. Die Leitfähigkeit eines reinen Halbleiters (der häufig auch als intrinsischer oder i-Halbleiter bezeichnet wird ➔ 1a), kann durch das Einbringen von Fremdatomen (sog. Störstellen) drastisch verändert werden. Durch dieses „Dotieren“ entsteht ein neuer Kristall mit anderen Eigenschaften. Dotierungsstoffe für siliziumbasierte Halbleiter haben entweder drei oder fünf Valenzelektronen, d. h. eins mehr oder weniger als Silizium. I n der Leistungselektronik geht es vornehmlich um die Umwandlung und Steuerung elektrischer Ströme und Spannungen mithilfe von halbleiterbasierten Schaltelementen ➔ 1, deren Anwendungsbereich sich mit den Fortschritten auf dem Gebiet der Halbleitertechnik in den vergangenen Jahren kontinuierlich erweitert hat. Eine der Triebfedern für den verstärkten Einsatz von Leistungshalbleitertechnologien ist die aus der Verbrennung fossiler Energieträger resultierende globale Erwärmung. Hier spielen Halbleiter eine entscheidende Rolle bei der Nutzung und Einbindung erneuerbarer Energien und der Steigerung der allgemeinen Energieeffizienz. Bereits in den Anfangstagen der elektrischen Energieübertragung hatte die Übertragungseffizienz einen entscheidenden Einfluss auf die vornehmlich genutzte Art der Elektrizität, d. h. Gleichstrom (DC) oder Wechselstrom (AC). Aus historischen Gründen waren die meisten Stromnetze zunächst Gleichstromnetze. Da Gleichspannungen jedoch nicht transformiert werden konnten, war die Nutzung beschränkt. So mussten die Generatoren eigens für das erforderliche Spannungs niveau der angeschlossenen Verbraucher (z. B. Beleuchtung oder Motoren) dimen sioniert werden. Aufgrund der hohen Übertragungsverluste bei derart niedrigen Spannungen mussten sich die Generatoren in der Nähe der Verbraucher befinden. 28 ABB technik 3|10 Durch das Einbringen von Phosphoratomen mit fünf Valenzelektronen wird die Menge der freien Elektronen im i-Halbleiter erhöht, da das fünfte Elektron für die Bindung nicht benötigt wird. Durch den Überschuss an negativen Ladungsträgern entsteht ein n-dotierter Kristall ➔ 1b. Die schwach gebundenen Elektronen können sich relativ frei im Kristallgitter bewegen und bei Anlegen einer Spannung Strom leiten. Durch das Einbringen von Boratomen mit drei Valenzelek tronen werden die Eigenschaften eines i-Halbleiters ebenfalls verändert. In diesem Fall fehlt für die vierte Atombindung im Siliziumkristall ein Elektron. Solche ungesättigten Bindungen werden durch Elektronen von benachbarten Bindungen „repariert“, und es entstehen sogenannte „Löcher“ oder p-dotierte Bereiche im Halbleiter ➔ 1c. Durch das kontinuierliche Auffüllen der Löcher und Entstehen neuer Löcher kommt es zu einer Kettenreaktion, bei der sich die positiv geladenen Löcher durch den Kristall bewegen. Strom kann entweder durch die Bewegung negativ geladener Elektronen oder positiv geladener Löcher im Kristall des Halbleiters fließen. Sowohl n- als auch p-dotierte Halbleiter verhalten sich unterhalb einer bestimmten Schwellspannung wie Nichtleiter und blockieren den Stromfluss. Erst oberhalb der Schwellspannung verhalten sie sich wie Leiter und lassen den Strom hindurch. Die Leitfähigkeit der n- und p-dotierten Halbleiter kann durch die Menge des in den Siliziumkristall eingebrachten Dotierstoffs zwischen nichtleitend und leitend variiert werden. Zur Steuerung der Richtung und Höhe des Stroms, der erforderlich ist, um den Halbleiter vom nichtleitenden in den leitenden Zustand zu schalten, können p- und n-dotierte Bereiche nebeneinander im selben Kristall angeordnet werden. Im Übergangsbereich zwischen den Bereichen füllen die negativ geladenen Elektronen aus dem n-dotierten Bereich die Löcher aus dem p-dotierten Bereich auf. Dadurch einsteht eine dünne nichtleitende i-Halbleiterschicht an der Grenze zwischen den leitenden n- und p-dotierten Bereichen. Diese Sperrschicht muss durch eine externe Spannungsquelle überwunden werden, damit Strom fließen kann. Durch Manipulation dieses nichtleitenden p-n-Übergangs können die elektrischen Eigenschaften des Halbleiterelements beeinflusst werden. Die Eigenschaft und Anordnung solcher dotierten Halbleiter waren das Schlüsselelement für die Entwicklung des Transistors und bilden den Grundbaustein für alle modernen elektronischen Halbleiterbauelemente. Fußnote * Schaltkreise oder -elemente, die vollständig aus Festkörpern ohne bewegliche Bauteile bestehen DonatorStörstelle liefert freie Elektronen Si Si P Si Si 1b N-dotierter Halbleiter mit Phosphor als Elektronen-Donator Si Si Akzeptor-Störstelle bildet ein Loch Si Si Si Si 1a I-Halbleiter ohne Störstellen Si B Si Si 1c P-dotierter Halbleiter mit Bor als Elektronen-Akzeptor 2 Halbleiter in der Unterhaltungs- und Haushaltselektronik 3 Halbleiter in der Leistungselektronik Strom Halbleiterstrukturen Halbleiterstrukturen Silizium Silizium Elementfunktion an der Siliziumoberfläche Mit der Entwicklung von Wechselstromgeneratoren und -transformatoren stand schließlich die erforderliche Technologie zur Verfügung, um die Spannung auf 110 kV und mehr zu erhöhen und damit eine effiziente Übertragung über weite Strecken zu ermöglichen. Dadurch mussten die Generatoren nicht mehr in der Nähe der Verbraucher platziert werden, und ihre Spannung musste nicht mehr auf die angeschlossenen Verbraucher abgestimmt sein, da nun Abspanntransformatoren zwischengeschaltet werden konnten, um die Spannung an die Last anzupassen. Diese In den letzten Jahrzehnten hatte die Entwicklung der Halbleitertechnologie entscheidende Auswirkungen auf die Architektur der elektrischen Netze weltweit. frühen technischen Errungenschaften spielten eine entscheidende Rolle für die weitere Entwicklung der Übertragungsund Verteilnetze. Mittlerweile werden neue Anforderungen an die elektrischen Netze gestellt, z. B. eine höhere Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, doch noch immer übt der technische Fortschritt einen großen Einfluss auf ihre weitere Entwicklung aus. In den letzten Jahrzehnten hatte die Entwicklung der Halbleitertechnologie entscheidende Auswirkungen auf die Architektur der elektrischen Netze weltweit. Sie lieferte die Grundlage für zahlreiche Inno- Strom Elementfunktion im Siliziumkörper vationen wie die Übertragung großer Energiemengen mithilfe der HGÜ (Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung), die Einführung energiesparender drehzahlgeregelter Antriebe, die Umwandlung der Frequenz von Wechselstrom (50/60 Hz oder 50/16,7 Hz) mithilfe von Frequenzumrichtern und die Einführung von flexiblen Drehstrom-Übertragungssystemen (FACTS) für eine verbesserte Regelung und Steigerung der Übertragungskapazität von Stromnetzen. Halbleiterbauelemente Die meisten Halbleiterbauelemente kommen heute in der Haushalts- und Unterhaltungselektronik in Produkten wie Computern, DVD-Spielern, Mobiltelefonen, Haushaltsgeräten und Videospielen zum Einsatz. Diese Elemente arbeiten in der Regel mit Leistungen im Nano- bis Milliwattbereich und werden mit steigender Komplexität immer kleiner. Moderne integrierte Schaltkreise, sogenannte Mikrochips, enthalten mehrere Hundert Millionen Schalter, die im Nanowattbereich arbeiten. Die Funktion dieser Bauelemente wird üblicherweise durch Strukturierung der Oberfläche des Halbleitermaterials realisiert ➔ 2. Daneben werden heute viele Halbleiter mit geringer Leistung zur Umwandlung von elektrischer Energie (d. h. zur Veränderung von Spannung oder Frequenz) verwendet. Hierzu gehören: – DC/DC-Wandler, wie sie in den meisten tragbaren Geräten (z. B. Mobiltelefone, MP3-Spieler) zu finden sind. Sie halten die Spannung unabhängig vom Ladezustand der Batterie konstant. – AC/DC-Wandler (Gleichrichter) werden in elektronischen Geräten verwendet, die ans Stromnetz angeschlossen werden (z. B. Computer, Fernseh geräte, Spielkonsolen). – AC/AC-Wandler, mit denen entweder die Spannung oder die Frequenz verändert wird, sind in Netzadaptern für das Ausland, Beleuchtungsdimmern usw. zu finden. – DC/AC-Wandler (Wechselrichter) werden z. B. verwendet, um AC-Geräte über das DC-Bordnetz eines Autos zu betreiben. Heutzutage kann mit ähnlichen Halbleiterbauelementen elektrische Energie auch im Megawattbereich umgewandelt werden. Bei diesen in der Regel siliziumbasierten Bauelementen wird der gesamte Halbleiterkörper genutzt, um das Sperren oder Durchlassen des Stroms zu realisieren ➔ 3. Auch wenn diese Produkte in der Regel für den Endnutzer weniger sichtbar sind als ihre miniaturisierten Gegenstücke in der Unterhaltungselektronik, verändern sie die Spannung und Frequenz weitgehend auf die gleiche Weise – allerdings in industriellem Maßstab – und bilden damit robuste Hochleistungsschalter, die sich entweder im ein- oder ausgeschalteten Zustand befinden. Obwohl die Leistungselektronik nur einen relativ kleinen Teil des Halbleitermarkts ausmacht, ist die Nachfrage nach Hochleistungs-Halbleiterbauelementen mit der Erschließung neuer Anwendungen für diese Technologie in den letzten fünf Jahren stark gestiegen. Als weltweit führendes Unternehmen in der Entwicklung und Produktion von Hochleistungs-Halbleiterelementen ist ABB in der einzigartigen Lage, den Anwendungsbereich dieser Technologie durch eine Vielzahl von Produkten zu erweitern, um eine Steigerung der Energieeffizienz zu erreichen. Leistungshalbleiterelemente Die ersten Leistungshalbleiterelemente, z. B. die 7-kW-Halbleiterdiode, tauchten Anfang der 1950er Jahre auf. Dieses Element lässt den Strom in eine Richtung durch (die sogenannte Durchlassrichtung) und sperrt ihn in der anderen Richtung (Sperrrichtung) ➔ 4. Die ABB-Vorgänger unternehmen ASEA und BBC erkannten sofort das Potenzial von Halbleitern für die Leistungselektronik und spielten ab etwa 1955 eine wichtige Rolle bei deren Entwicklung und Fertigung. Halbleiterdioden bildeten die Grundlage für die ersten Halbleitergleichrichter. Frühe Hochspannungsdioden der ABB-Vorgängerunternehmen wurden zur Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom in Elektrolyseanlagen für die Aluminiumgewinnung eingesetzt. Diese Pionierleistungen von ASEA und BBC waren auch der Grundstein für den heutigen Erfolg von ABB als weltweit füh- Halbleiter entmystifiziert 29 4 Einfacher Diodengleichrichter 5 Ein Thyristor wird durch einen Zündimpuls einund beim Stromnulldurchgang ausgeschaltet. 6 Vergleich der Verluste bei der Übertragung von 1.200 MW per Drehstrom- und HGÜ-Freileitung +Vmax 0 Zeit 0 Zeit -Vmax -Vmax 100 Zündimpuls ~ R AC 2 x 400 kV 150 Verluste (MW) +Vmax ~ Zündimpuls Gate HGÜ ± 400 kV 1.200 mm 3 1.620 mm3 50 R Terminals 500 1.000 Übertragungsentfernung (km) 7 Ein GTO-Thyristor kann mit hoher Frequenz ein- und ausgeschaltet werden. +Vmax 0 Zeit -Vmax Aus Ein ~ render Hersteller von Hochleistungshalbleitern. Ende der 1950er Jahre wurde ein neuer bipolarer Halbleiter, der sogenannte Thyristor, entwickelt. Ähnlich wie Dioden sperren auch Thyristoren den Stromfluss in eine Richtung. Aber auch in Durchlassrichtung sind sie nur leitend, wenn sie angesteuert werden. Auf diese Weise lässt sich die einem Verbraucher zugeführte Leistung (bzw. der Strom) regeln, indem der Thyris- nächsten Nulldurchgang des Stroms leitend ➔ 5. Im eingeschalteten Zustand verhält sich der Thyristor im Wesentlichen wie eine Diode. Da Thyristoren in der Lage sind, Leistungen im MW-Bereich zu schalten, können sie zur AC/DC- und DC/ACUmwandlung für die HGÜ eingesetzt werden. Im Jahr 1954 installierte ASEA die weltweit erste HGÜ-Leitung mit 20 MW und 110 kV zur Versorgung der Insel Gotland über eine Entfernung von 96 km. Dieses System basierte zunächst ausschließlich auf Quecksilberdampf-Gleichrichtern, doch im Jahr 1970 wurden die Umrichtersta tionen durch Thyristorventile erweitert, die mit den Quecksilberdampfventilen in Reihe geschaltet wurden. Dadurch wurde die Spannung auf 150 kV und die Übertragungskapazität auf 30 MW erhöht. Heute sind klassische HGÜ-Systeme (mit in Reihe geschalteten Thyristoren) in der Lage, Die ABB-Vorgängerunternehmen ASEA und BBC erkannten das Potenzial von Halbleitern für die Leistungselektronik und spielten ab etwa 1955 eine wichtige Rolle bei deren Entwicklung und Fertigung. tor an einem bestimmten Abschnitt der Sinuswelle in den leitenden Zustand geschaltet (gezündet) wird. Ist er einmal eingeschaltet, bleibt der Thyristor bis zum 30 ABB technik 3|10 R Leistungen von 6.400 MW über mehrere Tausend Kilometer zu übertragen und stellen somit eine effiziente Möglichkeit für den Transport von elektrischer Energie von entlegenen Erzeugungsquellen zu den Verbrauchsschwerpunkten dar. HGÜ-Leitungen sind mit geringeren Verlusten behaftet als optimierte Drehstromleitungen der gleichen Kapazität. Zwar müssen auch die Verluste in den Umrichterstationen berücksichtigt werden, doch da diese pro Station bei lediglich etwa 0,7 % der übertragenen Leistung liegen, sind die Gesamtverluste der HGÜ ab einer gewissen Mindestentfernung (z. B. etwa 500 km für Freileitungen) geringer als bei der Drehstromübertragung ➔ 6. Darüber hinaus ist die HGÜ die einzige praktikable Lösung für Seekabelverbindungen von über 70 km Länge. Während in Reihe geschaltete Thyristoren Leistungen von mehreren Tausend Megawatt schalten können, kann ein einzelner Thyristor ähnlicher Bauart im 10-MW-Bereich eingesetzt werden, um durch Veränderung der Spannungs- und Stromzufuhr in einem Mittelspannungsantrieb eine effiziente Drehzahlregelung von Industrie motoren zu ermöglichen. Schätzungsweise 65 % des gesamten Energieverbrauchs in der Industrie entfallen auf Anwendungen, Leistungshalbleiter bei ABB Bauelemente Komponenten Anwendungen – – – – – – – – 8 ABB-Halbleiterwerk in Lenzburg Eckdaten Produktion ab 1978 (bipolare Halbleiter), BIMOS ab 1997, wird zurzeit erweitert, Fertigstellung für 2010/2011 geplant, ca. 500 Mitarbeiter Produktions- Bipolar linien BIMOS-Wafer BIMOS-Module Schwerpunkt Bipolar (PCTs [anschnittge steuerte Thyristoren], IGCTs, Dioden, GTOs) für 1,6-8,5 kV BIMOS-Wafer (Dioden, IGBT-Chips) für 1,2-6.5 kV IGBT-Module (HiPaks, Stak Paks) für 1,7-6,5 kV Komponenten für Pulse-Power- Anwendungen die von Elektromotoren angetrieben werden. Ein großer Teil dieser Energie geht derzeit durch ineffiziente Methoden zur Drehzahlregelung verloren. Durch die Veränderung von Spannung und Frequenz mithilfe leistungselektronischer Komponenten lässt sich die Drehzahl von Wechselstrommotoren wesentlich effizienter Der Insulated-Gate Bipolar Transistor (IGBT), ein schnelles Schaltelement, das die Steuerung das Stromflusses und eine effiziente Veränderung von Spannung und Frequenz ermöglicht, veränderte die Leistungselektronik. regeln. So kann durch den Einsatz von drehzahlgeregelten Antrieben in typischen Anwendungen der Energieverbrauch um 30 bis 50 % gesenkt werden. Ein weiterer Schritt in der Entwicklung der Halbleitertechnik war der Gate Turn-Off Thyristor (GTO), der an einem beliebigen Punkt der Sinuswelle abgeschaltet werden HGÜ FACTS WindenergieUmrichter Motorantriebe Gleichrichter Bahnstromrichter Erregungssysteme Elektrische Mobilität kann und somit eine bessere Regelung der Ausgangsleistung ermöglicht ➔ 7. Solche Elemente werden zum Beispiel in Frequenzumrichtern eingesetzt, mit denen die Frequenz des öffentlichen Stromnetzes an die Anforderungen von elektrischen Zügen und Metros angepasst wird. Die ersten beiden modernen Frequenzumrichter mit GTOs mit einer Nennleistung von je 25 MVA wurden 1994 im schweizerischen Giubiasco in Betrieb genommen. Seitdem wurden viele ähnliche Geräte auf der ganzen Welt installiert, um die Elektrizität aus dem öffent lichen Netz an die Anforderungen des elektrischen Schienenverkehrs anzupassen. Schon bald nach Einführung des GTO wurde ein verbessertes Element, der Integrated Gate-Commutated Thyristor (IGCT), entwickelt. Wie GTOs können auch IGCTs ein- und ausgeschaltet werden, doch aufgrund ihrer wesentlich kürzeren Abschaltzeiten können sie mit deutlich höheren Taktraten schalten. IGCTs können schnelle Spannungsanstiege bewältigen und weisen geringere Durchlassverluste auf. Heute sind weltweit viele Tausend elektrische Antriebe auf der Basis von IGCTs in Betrieb. Der IGCT ist ein integriertes Einzelbauteil, das Ströme bei hohen Spannungen schalten kann und sich zunehmend als Schlüsselelement für statische Blindleistungskompensatoren 1 und andere Komponenten von elektrischen Netzen etabliert. Fußnote 1 Ein statischer Blindleistungskompensator besteht typischerweise aus thyristorgeschalteten Kondensatoren, thyristorgesteuerten Drosselspulen und Oberwellenfiltern und wird zur Einspeisung bzw. Aufnahme von Blindleistung zur Verbesserung der Spannungsstabilität eingesetzt. Halbleiter entmystifiziert 31 9 Die plattformbasierte HVDC-Light-Umrichterstation BorWin alpha Vor zwei Jahrzehnten begann mit dem Insulated-Gate Bipolar Transistor (IGBT) eine scheinbar einfache Variante des siliziumbasierten Leistungs-MOSFETS (Metal-Oxide-Semiconductor Field-Effect Transistor) die Leistungselektronik zu verändern. Im Jahr 1997 begann ABB, in eine Wafer-Fertigungsanlage für IGBTs in Lenzburg zu investieren ➔ 8. Der IGBT basiert auf der BiMOS-Technologie (Bipolar-Metal-OxideSemiconductor) und zeichnet sich durch seine hohe Effizienz und Schaltgeschwindigkeit (mehrmaliges Ein- und Ausschalten innerhalb einer Periode) aus. IGBTs können auf verschiedene Weise angeordnet werden, um eine Veränderung der Spannung oder Frequenz in einer Vielzahl von Anwendungen wie HVDC-Light®-Über tragungssystemen ➔ 9 oder drehzahlgeregelten Niederspannungsantrieben ➔ 10 zu ermöglichen. Sowohl bei drehzahlgeregelten Antrieben als auch bei HVDC Light sind Gleichrichter und eine Umrichtertopologie erforderlich. Wie bei allen Anwendungen wird jedoch auch hier die maximale Leistung durch die Anordnung der Halbleiterbauelemente bestimmt. Die verschiedenen Halbleiterelemente und ihre Anordnung bestimmen die Eignung für eine bestimmte Anwendung. Jedes Bauelement ist in einem sogenannten Package untergebracht, um seine Integrität und Leistungsfähigkeit zu erhalten und einen sicheren Betrieb und eine lange Lebensdauer unter rauen Umgebungsbedingungen zu gewährleisten. Die IGBT-Module der HiPakTM-Familie von ABB werden in anspruchsvollen Eisenbahn- und Industrieanwendungen eingesetzt und müssen 32 ABB technik 3|10 10Drehzahlgeregelte Antriebe nicht nur über einen großen Temperaturund Feuchtigkeitsbereich und unter starken Vibrations- und Stoßbelastungen arbeiten, sondern auch extremen zyklischen Wärmebelastungen standhalten können. HiPak-Module werden im Eisenbahnbereich, in elektrischen Anterieben und in Windkraftanlagen eingesetzt. Ein weiteres IGBT-Package von ABB, das StakPakTM, eignet sich besonders für die zuverlässige Reihenschaltung vieler IGBT-Module, wie sie bei Hochspannungsanwendungen erforderlich ist. Leistungshalbleiter sind ein Schlüsselelement in einer steigenden Zahl von Produkten und Systemen von ABB und spielen eine wichtige Rolle in nahezu allen elektrischen Anwendungen. Mit ihrer Hilfe sind elektrische Antriebe in der Lage, Motoren von 10 W bis zu mehreren Hundert Megawatt auf effiziente Weise zu betreiben. Sie ermöglichen die Übertragung von bis zu 6 GW elektrischer Leistung über HGÜ-Leitungen mit einer Spannung von 800 kV. Sie liefern die Grundlage für einen gleichmäßigen Antrieb von Zügen, Kranen und Auf zügen und ermöglichen die Anbindung von erneuerbaren Energiequellen wie Windund Wasserkraft an das Stromnetz. Selbst Radaranlagen, die Impulse mit hoher Leistung aussenden, um die Sicherheit im Flugverkehr zu gewährleisten, basieren auf Leistungshalbleitern. Dank ihrer herausragenden Stellung in der Konstruktion, Entwicklung und Produktion von Halbleitern ist es ABB gelungen, sich als führender Lieferant von leistungselektronischen Umrichtern für verschiedene Anwendungen zu etablieren. Die kontinuierliche Expansion der Produktionsanlagen in der Schweiz und die Übernahme des tschechischen Halbleiterherstellers Polovodice a.s. unterstreichen die Entschlossenheit des Unternehmens, seine Führungsposition zu stärken und zur Steigerung der Energieeffizienz und Produktivität in einer Vielzahl von Branchen beizutragen. Dieser Artikel dient als Einführung in die Leistungselektronik und ist der erste in einer Reihe von Artikeln, die sich mit der Bedeutung von Halbleitern für ABB und die Energiewirtschaft befassen. Claes Rytoft Head of Technology Power Systems ABB Power Systems Zürich, Schweiz [email protected] Bernhard Eshermann Head of Power Semiconductors ABB Power Systems Lenzburg, Schweiz [email protected] Harmeet Bawa Head of Communications Power Products and Power Systems Zürich, Schweiz [email protected] Mark Curtis Autor und Redakteur ABB Review Zürich, Schweiz [email protected]