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Der Klügere zieht aus
Tragikomödie
Donnerstag, 25. Oktober 2012, 20.15 Uhr
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Trennung ist nichts für Feiglinge
Vorwort von Nele Willaert
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Der Klügere zieht aus
Stab, Besetzung, Inhalt
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Schatz, sie spielen unser Lied
Drehbuchautor David Ungureit über die
Bedeutung der Musik in Beziehungen
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"Das Vorhaben, sich wie vernünftige, kultivierte
Erwachsene zu trennen, bietet enorm komisches
Potenzial"
Interview mit Produzent Hubertus Meyer-Burckhardt
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"Trennungen laufen grundsätzlich nie ganz ohne
Schmerz ab"
Interview mit Julia Richter und Matthias Koeberlin
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"Ein Gegenentwurf zum Rosenkrieg"
Interview mit Julia Koschitz und Simon Böer
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Kontakt, Bildhinweis, Impressum
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14. September 2012
Trennung ist nichts für Feiglinge
Der Mythos der einen, großen, ewigen, wahren Liebe bröckelt angesichts des Familienalltags in Deutschland: Serielle Monogamie mit sogenannten Lebensabschnittspartnern ist die Regel, Kinder wachsen in
neuen Familienzusammenhängen auf – Trennungen wohin man
schaut.
Da gehört der Satz "Lass' uns Freunde bleiben" zum festen Wortschatz, fast jeder hat ihn schon mal gesagt oder gehört. Fast immer
klingen dabei zwei gegensetzliche Bedürfnisse an: die Sehnsucht zu
bewahren und die Notwendigkeit sich zu trennen. Ein Dilemma, weswegen dieses ehrenwerte Vorhaben oft genug scheitert.
Peter und Nina Fischer versuchen es in unserem Film "Der Klügere
zieht aus" trotzdem: Doch immer wieder wird das Vorhaben einer harmonischen, erwachsenen und vor allem für die Kinder untraumatischen Trennung von der bösen Realität durchkreuzt, die sich einfach
nicht harmonisch und erwachsen benehmen möchte. Aus Sicht von
Peter wird die Zeit nach der großen Liebe, die Beziehungen nach der
Beziehung, der Schritt in ein neues Leben erzählt. Doch dieser ist
eben nicht einfach, denn die emotionalen Bindungen sind ja immer
noch da: Wie soll man mit ihnen umgehen? Wie soll man das alte Leben in das neue integrieren? Und das neue ins alte? Und überhaupt:
Wieso tut das alles so weh?
In diesem hochkarätig besetzten Film spielen Matthias Koeberlin und
Julia Richter das Ehepaar Fischer mit einem präzisen Gespür für das
Komische in dieser doch so tragischen Situation. Julia Koschitz und
Simon Boër als neue Partner sowie Tim Seyfi und Christina Große als
beste Freunde bilden das sympathische, menschliche Fundament, auf
dem das Paar schließlich lernt, dass man sich als Mann und Frau
trennen kann, nicht jedoch als Eltern.
Zu verdanken sind diese authentischen, liebenswerten Figuren mit
Profil aber ohne Überzeichnung dem genauen Hinschauen von Drehbuchautor David Ungureit und Regisseur Christoph Schnee.
"Der Klügere zieht aus" – ein zugespitzter Blick auf die Wirklichkeit
von Trennung und Neuanfang, der gleichzeitig komisch, emotional und
nachvollziehbar ist.
Nele Willaert
Hauptredaktion Unterhaltung-Wort
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Donnerstag, 25. Oktober 2012, 20.15 Uhr
Der Klügere zieht aus
Tragikomödie
Buch
Regie
Kamera
Musik
Music Supervision
Schnitt
Szenenbild
Kostüm
Maske
Ton
Aufnahmeleitung
Produktionsleitung
Produzenten
Redaktion
Länge
David Ungureit, Mitarbeit: Marc Terjung
Christoph Schnee
Diethard Prengel
Sebastian Pille
Kai Schoormann
Guido Krajewski
Cordula Jedamski, Cora Pratz
Gitti Fuchs
Iris Müther, Simone Schlimm
Hank Trede, Jascha Schulze
Anita Schenk, Manuel Mützner,
Kai Hülsmann
Jörg Kuhlmann
Hubertus Meyer-Burckhardt, Uwe Urbas
Nele Willaert
90'
Die Rollen und ihre Darsteller:
Peter Fischer
Nina Fischer
Joshua Fischer
Laura Fischer
Julia
Thorben
Bora
Kerstin
Nadine
Apotheker
und andere
Matthias Koeberlin
Julia Richter
Marius Haas
Alina Ben Larbi
Julia Koschitz
Simon Böer
Tim Seyfi
Christina Große
Lena Amende
Peter Prager
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Inhalt:
Nach 15 Ehejahren zieht Peter Fischer aus dem gemeinsamen Haus
aus und trägt seine Umzugskisten ein paar Meter weiter ins Gartenhaus, wo er vorerst wohnen wird. Schon der Kinder wegen soll die
Trennung von Nina harmonisch über die Bühne gehen. Doch schon
ganz am Anfang ihres neuen Lebens wird deutlich, dass Peter diese
Trennung nicht ganz so ernst nimmt wie seine Frau, die eindeutig die
treibende Kraft hinter Peters Auszug ist.
Peter kennt Ninas Vorwürfe: Er sei nicht erwachsen, er sei unzuverlässig, er kümmere sich nicht um die Finanzen und die Steuererklärung. Seitdem Nina sich vor einiger Zeit als Architektin selbständig
gemacht und einen ersten Auftrag erfolgreich übernommen hat, wurden ihre Vorwürfe ernster und massiver. Sie hatte sich verändert, er
nicht. Sie war erwachsen(er) geworden, er nicht. Die Folge: Streit,
Vorwürfe, mehr Streit, mehr Vorwürfe, Aussprachen, noch mehr Streit,
Auszug, Gartenhaus.
Peter ist zunehmend irritiert. Soll er um Nina kämpfen? Wenn ja, wie?
Ist das noch Liebe, die er für sie empfindet, oder ist es nur die Gewohnheit? Will er nur nicht, dass sich etwas ändert? Auf jeden Fall will
er sein altes Leben zurück.
Da erfährt Peter, dass es einen gewissen Thorben in Ninas Leben gibt
– der Zahnarzt, dessen Praxis Nina als Architektin neu gestaltet hat.
Kann denn ausgerechnet so einer eine ernsthafte Konkurrenz für Peter
sein? Ein Mann, der gefühlte 50 ist? Aber Thorben trifft sich mit Nina,
kocht für Nina und schläft mit Nina – und trägt auch noch Peters Morgenmantel!
Es war zwar nicht Ninas Absicht, Peter zu verletzen, aber da es nun
schon mal passiert ist, nimmt sie es zum Anlass, ihrem Noch-Ehemann ganz deutlich zu machen, dass man sich, verdammt noch mal,
getrennt hat! Peter schwankt zwischen Zorn und Verzweiflung. So
hatte er sich das alles nicht vorgestellt. Was soll denn nun werden? Er
gehört doch noch zur Familie! Oder etwa nicht?
Könnte es helfen, wenn er sich ebenfalls eine Affäre zulegen würde,
wie sein Kumpel Bora ihm rät? Kommt auf einen Versuch an, der sich
durch eine junge – sehr junge – Frau namens Nadine dann auch tatsächlich bietet. Doch Nina reagiert auf die sehr junge Blondine, die
morgens aus Peters Gartenhütte kommt, nicht auf die erhoffte Weise –
zumindest nicht Peter gegenüber. Ihrer Freundin Kerstin beichtet sie
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hingegen, dass es ihr doch einen unerwartet schmerzhaften Stich versetzt hat. Kerstin rät: "Hart bleiben." Nina bleibt hart.
Peters und Ninas pubertierende Tochter Laura geht mit der ganzen
Situation nur scheinbar ganz pragmatisch um. Nach und nach zeigt
sich, dass sie durchaus unter der Trennung leidet. Auch ihr jüngerer
Bruder Joshua kämpft mit der neuen Familiensituation. Dies merkt
Peter spätestens, als er von Joshuas Lehrerin Julia in die Schule bestellt wird.
Peter und Mathelehrerin Julia verstehen sich auf Anhieb, reden über
die familiäre Situation im Hause Fischer und deren Auswirkungen auf
Joshuas schulische Leistungen. Am Ende des Tages haben Peter und
Julia ein seltsam warmes Gefühl im Bauch. Sie sehen sich wieder,
lernen sich noch besser kennen, irgendwann folgt ein erster Kuss und
mehr. Es dauert nicht lange, und Nina, der die Veränderungen an Peter nicht verborgen bleiben, erfährt von Julia. Sofort weiß sie, dass
dies ernster ist, als die Sache mit Nadine. Hier geht es nicht nur um
die Auffrischung des Egos, sondern um... Liebe? So genau weiß Peter
das auch noch nicht, aber es fühlt sich gut an. Laura allerdings ist
entsetzt und macht ihrem Vater Vorwürfe, dass er ausgerechnet mit
Joshuas Mathelehrerin herummacht. Als gäb’s keine anderen Frauen!
Nina würde so gerne souverän mit der Situation umgehen, muss aber
zugeben, dass ihr Peters Verhältnis zu Julia zu schaffen macht. Peter
gegenüber macht sie gute Miene zum Liebesspiel. Man trinkt zusammen ein Glas Wein, macht irgendwann die zweite Flasche auf, versteht sich plötzlich wieder richtig gut – das ist so eine seltsame Leichtigkeit, die beide daran erinnert, wie es früher mal war – und plötzlich,
ohne dass man es geplant oder gewollt hätte, liegen Peter und Nina
zusammen im Bett.
Am nächsten Morgen ist klar: Das war eine einmalige Angelegenheit –
Abschied sozusagen. Nina will Thorben auf keinen Fall verlieren und
hat das Bedürfnis, ein Zeichen zu setzen: Sie reicht die Scheidung ein.
Und auch Peter trifft eine Entscheidung.
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Schatz, sie spielen unser Lied
Drehbuchautor David Ungureit über die Bedeutung der Musik
in Beziehungen
Weit oben auf der Liste der konstituierenden Elemente einer Paarbeziehung steht das gemeinsame Lied. Fast immer ein Song, den man
vornehmlich in der Anfangszeit der Zweisamkeit hörte und der zum
Soundtrack für die ganz großen Gefühle wurde: "Unser Lied". Es ist
dafür da, uns daran zu erinnern, warum man zusammengekommen ist,
wie schön alles mal war. Und es sagt durchaus etwas über ein Paar
aus, ob das gemeinsame Lied "My heart will go on" ist oder "Highway
to hell" oder die Vereinshymne des Wuppertaler SV.
Das Gemeine an diesen "Unser Lied"-Songs ist: Sie sind immer noch
da, wenn der Partner/die Partnerin schon längst wieder weg ist und
erinnern uns an das, was wir verloren haben. Darum darf in Ricks
Café ja auch "As time goes by" nicht mehr gespielt werden.
In der ersten Szene von "Der Klügere zieht aus" sitzen Peter und Nina
zusammen und sortieren die CD-Sammlung auseinander. Prompt geraten sie darüber in Streit, wer die erste Coldplay-CD behalten darf.
Damals sei die Band noch aufregend und neu und frisch gewesen,
während danach irgendwie die Luft raus war und nix wirklich Tolles
mehr kam, finden sie. Peter sieht darin eine Parallele zur eigenen Ehe
– eigentlich zu allen Beziehungen – und fragt sich, warum das so ist.
Während der Arbeit am Drehbuch redeten Nele Willaert (verantwortliche ZDF-Redakteurin), Uwe Urbas (Produzent) und ich oft stundenlang leidenschaftlich über Musik. In vielen Filmen, die wir besonders
mögen, (z. B. "Juno" und "The kids are alright") ist die Musik nicht nur
Soundtrack, sondern hat direkten Einfluss auf die Handlung. Wir wollten, dass unsere Figuren auch musikalisch zu verorten waren, dass
Musik in ihrem Leben eine Rolle spielt. Peter wünscht sich eigentlich
eine Beziehung, die so ist wie die Beatles, denn die seien schließlich
mit den Jahren auch immer besser geworden. Ninas Hinweis, dass die
sich aber auch getrennt hätten und nie wieder zusammengekommen
seien, kontert Peter mit der Behauptung, das liege nur daran, dass
John Lennon erschossen wurde.
Als Peter später Julia kennenlernt, kommt es zum ersten Kuss, nachdem die beiden in einem Plattenladen feststellen, dass ihr Musikgeschmack absolut kompatibel ist. Für Peter ist sowas eine Art Lackmustest für die Möglichkeit großer Gefühle. Obwohl man sich erst kurz
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kennt, hat man über die Musik doch plötzlich eine gemeinsame Vergangenheit. Dazu passt auch, dass Julia die gleichen Fernsehserien
mag wie Peter und sogar ihrer Katze den Namen Jack Bauer gegeben
hat, des Helden aus "24". Was soll da noch schief gehen?
Und Peter und Nina bleibt ja immer noch ihr Lied. Das kann ihnen keiner nehmen.
"Das Vorhaben, sich wie vernünftige, kultivierte Erwachsene zu
trennen, bietet enorm komisches Potenzial"
Interview mit dem Produzenten Hubertus Meyer-Burckhardt
Herr Meyer-Burckhardt, wie kamen Sie auf die Idee, einen Film
über eine versöhnliche, nahezu friedliche Trennung zu produzieren?
Ich kam auf die Idee, als ich vor fünf Jahren bei einem Screening in
Los Angeles die sitcom "Gary Unmarried" sah, die von einem geschiedenen Paar erzählt, das sich das Sorgerecht für seine beiden Kinder
teilt, während beide neue Beziehungen eingehen. Ich lebte damals in
Scheidung und habe mich gefragt, warum wir uns immer so viel Mühe
geben, wenn wir jemand Neues kennenlernen, wenn wir das erste gemeinsame Wochenende miteinander verbringen, wenn wir heiraten …,
warum wir uns aber keine Mühe geben, wenn es darum geht, eine
Trennung so hinzubekommen, dass sie menschlich kultiviert, akzeptabel und friedlich abläuft. Aus dieser Idee einen Stoff für einen Film
entwickeln zu lassen, fand ich sehr reizvoll und ich habe David
Ungureit gebeten, sich einmal Gedanken zu machen.
Wie schätzten Sie die Gefahr ein, dass eine solche Geschichte
nicht ins Klamaukartige oder ins Tragische abgleitet, sondern die
Balance behält?
Das Vorhaben, sich wie vernünftige, kultivierte Erwachsene zu trennen, bietet enorm komisches Potenzial. Das war mir von Anfang an
klar. Dadurch aber, dass das Drehbuch von David Ungureit eine
Klasse hat, war diese Gefahr gebannt. Hinzu kam die Wahl des Regisseurs und die wirklich kongeniale Zusammenarbeit mit unserem Producer Uwe Urbas und der Redakteurin Nele Willaert. An diesem Projekt waren also mehrere Menschen beteiligt, die alle die gleiche Vision
hatten: eine klassische Komödie über den Versuch einer versöhnlichen Trennung zu machen, die ein dramatisches, tragisches Thema
behandelt. Schauen Sie sich zum Beispiel die Komödien von Woody
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Allen an: Sie befassen sich immer mit ernsthaften Themen wie Einsamkeit oder Verlust, mit Problemen oder Trennungen zwischen Männern und Frauen – und er erzählt sie komisch.
Ihr Buch „Die Kündigung“ war "Spiegel"-Bestseller und befasst
sich auch auf eine komische Weise mit dem Thema Trennung,
wenn auch im beruflichen Sinne …
Als Autor und Produzent reizen mich Brüche im Leben von Menschen,
und dazu gehören auch Zurückweisungen, die jeder im Verlauf seines
Lebens erfährt. Es gibt doch zwei Dinge, an die man sich mit den Jahren gewöhnen muss: Dass man sich von Menschen verabschiedet,
dass man sich trennt und dass man andere enttäuscht und dass man
auf der anderen Seite selber verabschiedet, zurückgewiesen oder
enttäuscht wird. Der Film "Der Klügere zieht aus" thematisiert die
Trennung zwischen Mann und Frau, mit all ihren Höhen und Tiefen.
Simon Kannstatt, der Protagonist in meinem Buch, muss die Zurückweisung im Beruf verarbeiten: Ihm, dem Top-Manager einer internationalen Investmentfirma, wurde gekündigt. Auch das erzähle ich auf
eine komische, überzeichnete Weise, obwohl es sich schließlich auch
um ein tragisches Schicksal handelt.
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"Trennungen laufen grundsätzlich nie ganz ohne Schmerz ab"
Interview mit Julia Richter und Matthias Koeberlin
Frau Richter, Herr Koeberlin, wie geht der Film Ihrer Meinung
nach mit dem Thema Trennung und mit dem Versuch um, sich
versöhnlich, man kann auch sagen: erwachsen zu trennen?
Julia Richter (J. R.): Für mich verbindet der Film schöne Leichtigkeit
mit Tiefgang und eine gewisse Komik, die manchmal auch tragikomische Elemente hat. Trennungen laufen grundsätzlich nie ganz ohne
Schmerz ab. Beim Zuschauen dieses Films und bei unserem Spielen
merkt man, dass es einfach weh tut, wenn eine Beziehung vorbei ist –
das berührt.
Matthias Koeberlin (M. K.): Eigentlich war der Film im Ursprung sehr
viel komödiantischer angelegt. Doch die Komik in diesem Film beinhaltet ja eine gewisse Dramatik, und deshalb ist er tatsächlich so etwas wie eine Tragikomödie mit leisen Untertönen. Denn bei dem Versuch, sich freundschaftlich zu trennen, entsteht ja eher eine unfreiwillige Komik und durch das Scheitern wiederum eine gewisse Tragik.
Das tragische Element wird noch dadurch verstärkt, dass Kinder involviert sind.
J. R.: Die beiden Produzenten Hubertus Meyer-Burckhardt und Uwe
Urbas und der Autor David Ungureit haben das Buch über eine lange
Zeit hinweg gemeinsam entwickelt und genau hingeschaut. Das merkt
man dem Film auch an. Sie haben die Geschichte und die Figuren
sehr ernst genommen. Genau darüber, über das genaue Hinschauen,
entsteht diese feine, eher leise Komik.
M. K.: Für mich als Schauspieler stellt es eine große Herausforderung
dar, komödiantisch zu spielen. Eine Komödie ist die Königsklasse, die
mir sehr viel Spaß macht. Aber es ist ganz schön knifflig, Komik zu
erzeugen, wo eigentlich gar keine ist. Auf die Komik sollte man sich
nie "draufsetzen", sondern sie für sich selbst entstehen lassen, eben
aus der Situation heraus.
J. R.: Genau diese Situationskomik war es, die mich bei diesem Film
so begeistert hat. Der Film arbeitet zwar mit Klischees, wirkt aber aufgrund der Tragikomik nie kitschig, weil es eben ein Stück Leben ist.
Ist es denn möglich, sich harmonisch zu trennen?
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M. K.: Wahrscheinlich hat jeder schon einmal versucht, sich freundschaftlich zu trennen, weil der Wunsch danach natürlich groß ist. Aber
nicht alle schaffen es. Das hängt auch davon ab, wieviele Gefühle
noch im Spiel sind und was der Grund für die Trennung war.
J. R.: Ich habe einmal versucht, mich freundschaftlich zu trennen, und
musste feststellen, dass das gar nicht so einfach geht.
Was müssen Paare aus Ihrer Sicht haben, um zusammen alt zu
werden? Oder sagen wir mal: Alte Liebe rostet nicht … Stimmt
das?
J. R.: Dieses Credo, zusammen alt werden zu wollen, hat sich für
mich verändert. Inzwischen möchte ich mit meinem Partner mehr im
Jetzt leben, ohne zu sehr auf die Zukunft zu bauen. Dann baut sich
keine falsche Erwartungshaltung auf. Oft hält man an Beziehungen zu
lange fest, obwohl es eigentlich längst vorbei ist, weil man an diese
große Idee, an das gemeinsame Zukunftskonzept, glaubt. Ich hoffe
und wünsche mir sehr, dass mein Freund und ich noch lange zusammen glücklich bleiben. Ein Patentrezept dafür gibt es natürlich nicht.
M. K.: Eine schwierige Frage. Ich finde, eine Beziehung hat sehr viel
mit Respekt zu tun und mit gegenseitigem Vetrauen. Und auch mit der
Fähigkeit, Kompromisse einzugehen und dem Willen, den anderen zu
verstehen. Man muss einfach an einer Beziehung arbeiten wollen und
Veränderung als Chance und Prozess sehen.
J. R.: Aber dafür sollte jeder den Mund aufmachen und bereit sein für
Veränderungen und Entwicklungen. Sich eingestehen, dass auch der
Partner andere Bedürfnisse und Wünsche als man selber hat. Das ist
zwar manchmal anstrengend, aber auch eine tolle Chance. Es ist gut,
wenn der Motor immer am Laufen bleibt. Solange man in Auseinandersetzungen den Partner verstehen will und wissen möchte, warum er
so handelt oder denkt, ist das für mich ein Zeichen von Neugier, Interesse und Liebe.
M. K.: Und das Fundament muss stimmen, und eine große Prise Humor sollte dabei sein! Wenn der Humor weg ist, geht es nur noch abwärts ...
J. R.: Oh ja – gemeinsam lachen können ist soo wichtig! Obwohl es in
unserer Generation nicht mehr selbstverständlich ist, möchte ich daran
glauben, dass eine lange Beziehung möglich ist.
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Was zeichnet Ihre Figuren aus?
J. R.: Der Film und meine Rolle haben mir sehr viel Spaß gemacht,
obwohl es am Anfang gar nicht so leicht war, die Figur Nina sympathisch zu finden. Das resultiert wohl eher aus der Angst, wie die Rolle
von den Zuschauern aufgenommen wird. Man möchte ja, dass die Zuschauer mitgehen. Das versucht man umzusetzen, obwohl man vielleicht selbst denkt: "Mensch, ist die zickig und spießig". Doch man darf
sich als Schauspielerin nicht auf die Figur "draufsetzen", man muss
seine Rolle ernst nehmen, man muss sie verstehen wollen. Auch wenn
mein Part als Nina vielleicht der etwas unsympathischere ist. Wenn ich
eine Rolle annehme, verteidige ich sie mit allen Sinnen, sozusagen mit
Haut und Haar. Ich muss ihre Sehnsüchte suchen, um ihr Verhalten
nachvollziehen zu können.
M. K.: Alle vier Hauptfiguren waren toll angelegt. Sie wirken wie ganz
normale Menschen. Keine davon wird der Lächerlichkeit preisgegeben.
Auch meine Figur Peter nicht, obwohl das leicht hätte der Fall sein
können. Ich mochte meine Figur sehr. Peter ist nicht böse und handelt
nicht aus niederen Beweggründen. Er kann einfach nicht anders.
J. R.: Wie Nina eben. In jeder Beziehung gibt es bestimmte Muster
und gewisse Rollenverteilungen. Nina ist in einer Rolle gefangen, die
ihr selbst nicht gefällt. Sie muss sich immer um alles kümmern, die
Familie organisatorisch zusammenhalten und die Kontrolle behalten.
Sie findet wenig Unterstützung bei Peter, da er eher wie ihr drittes
Kind ist.
M. K.: Da finde ich mich übrigens auch in meinem wahren Leben wieder. Ich fühle mich manchmal wie ein Achtjähriger, der in einem falschen Körper gefangen ist. Ich konnte Nina gut verstehen, die sich
einen verantwortungsvolleren Partner wünscht, aber genauso gut
konnte ich auch meine Figur Peter verstehen.
J. R.: Natürlich denkt man zuerst: Peter, das arme "Opfer", ist viel
sympathischer. Er steckt auch erst einmal den Kopf in den Sand und
möchte und kann die Trennung am Anfang nicht akzeptieren. Denn
wenn er es wirklich glauben würde, würde er gehen und nicht vorübergehend in das Gartenhäuschen ziehen und sich damit noch mehr dem
Schmerz aussetzen, indem er Nina mit ihrem neuen Freund Thorben
zusehen kann.
M. K.: Das ist echt schon fast masochistisch, was Peter macht! Ins
Gartenhaus auf dem Grundstück seiner Noch-Ehefrau zu ziehen. Aber
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Peter glaubt eben, dass es sich nur um eine kurze, vorübergehende
Trennung handelt und Nina auf jeden Fall bald wieder zu ihm zurückkommt. Das ist ja auch das Tragische. Irgendwann versteht Peter: Hier
gehen zwei Menschen lange Zeit einen gemeinsamen Weg, dann wird
die Kluft immer größer, und die Wege gehen so weit auseinander,
dass die beiden Welten nicht mehr zusammenführen.
Frau Richter, was hat Thorben für Nina, das Peter nicht hat?
J. R.: Thorben ist Arzt, ein Mann, der im Leben steht, da kann Nina
auch endlich mal wieder weicher sein und loslassen, mehr Frau sein
und auch etwas kindlicher und unorganisierter. Denn in Nina schlummerte diese Sehnsucht, mal wieder klein und schwach sein zu dürfen
und nicht immer nur diese toughe organisierte Frau spielen zu müssen. Dadurch wird die Figur wieder durchlässiger. Innerhalb der Beziehung zwischen Nina und Peter gab es keine Veränderung mehr.
Beide sind in ihrem Verhalten festgefahren. Ninas Stärke besteht
darin, das zu erkennen und den schmerzhaften Schritt der Trennung
konsequent durchzuziehen, obwohl auch sie darunter leidet. Aber so
viel man auch darüber grübelt: Für mich persönlich bleibt die Beziehung zwischen Mann und Frau immer ein großes Mysterium...
Und was glauben Sie, warum die meisten Scheidungen von den
Frauen ausgehen?
J. R.: Ist das so? Vielleicht weil sich Frauen schon viel länger mit einer Trennung befassen, wenn die Beziehung bröckelt, und sich innerlich entfernen, bevor sie endgültig Schluss machen. Bei Männern ist
es vielleicht eher so, dass sie ganz plötzlich empfinden, dass etwas
nicht mehr stimmt und es dann schneller aussprechen. Oder wie siehst
du das, Matthias?
M. K.: Ich glaube auch, dass sich Frauen früher und länger Gedanken
machen, ob und was in einer Beziehung nicht stimmt. Sie sprechen es
aber eher an. Und wir Männer lassen uns erst mal nicht in die Karten
schauen und schleppen es mit uns rum. Und dann auf einmal platzt
alles raus. Das kommt dann manchmal für die Frauen sehr unerwartet.
Werden Männer später erwachsen als Frauen?
M. K.: Ich habe den Eindruck, dass Männer später oder nie erwachsen
werden. Das finde ich aber gar nicht schlimm. Es ist doch schön, sich
die kindliche Sicht auf die Dinge zu bewahren und das Unbeschwerte
zu behalten, was Kinder haben. Klar, das sollte nicht ausschließen,
auch Verantwortung zu übernehmen.
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J. R.: Die Frage, ob Männer später erwachsen werden als Frauen,
würde ich mir gar nicht stellen. Was ist das eigentlich, "erwachsen
werden"? Ich hoffe, dass ich nie erwachsen werde, ich möchte nicht
"fertig" werden. Deshalb kann ein Mann auch gerne kindliche Anteile
haben, was nicht heißt, dass er nicht auch Verantwortung übernehmen
kann und sollte.
Sind Sie eifersüchtig, und was wäre für Sie ein Scheidungsgrund?
J. R.: Jahrelang kannte ich gar keine Eifersucht. Das habe ich erst in
einer Beziehung mit einem eifersüchtigen Mann kennengelernt. Unbegründete Eifersucht ist ein ernst zu nehmendes Problem, über das
man mit seinem Partner offen reden sollte. Ich könnte nicht pauschal
sagen, was für mich ein Scheidungsgrund wäre, das kommt wohl immer auf den Mann und die Beziehung an.
M. K.: Was Eifersucht anbelangt, liege ich wohl in der goldenen Mitte.
Ein bisschen eifersüchtig sein, finde ich gar nicht schlecht, sonst zeugt
das doch von Desinteresse. Ich möchte nur kein Drama darum machen, da es sonst um Besitzansprüche geht. Um mich scheiden zu
lassen, müsste etwas sehr Elementares vorfallen, was ich mir so jetzt
gar nicht vorstellen kann. Der Peter in unserem Film ist ja auch eifersüchtig, versucht aber, sich im Griff zu haben, obwohl er den neuen
Lover seiner Frau am liebsten zusammenfalten würde …
Das Modell Patchworkfamilie, wie im Film erzählt, ist heutzutage
mehr oder weniger normal …
J. R.: Ich finde es toll, dass Patchworkfamilien inzwischen etwas ganz
Normales sind und man nicht mehr stigmatisiert wird. Ich möchte nicht
mit jemandem zusammen bleiben, nur weil Kinder da sind. Ich frage
mich manchmal aber, ob Paare heutzutage nicht schneller aufgeben
und vielleicht nicht genug um die Beziehung kämpfen. Klar, wenn man
sich entliebt hat, sollte man aufgeben. Ich kenne das Konzept Patchworkfamilie ein bisschen von meinem Vater, der noch Kinder aus einer
anderen Beziehung hat. Wenn es diese großen Treffen mit meinen
Halbgeschwistern gab, war das natürlich immer toll, aber so frisch
nach einer Trennung eine zweite Patchworkmama neben dem Ex zu
akzeptieren, stelle ich mir nicht so einfach vor …
M. K.: Das sehe ich ähnlich. Ich weiß nicht, ob man Kindern einen
Gefallen tut, nur ihretwegen zusammen zu bleiben. Man sollte Kindern
auf keinen Fall etwas vorspielen. Ihre Antennen sind so fein und sie
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bekommen ja doch alles mit. Wenn die Beziehung gar nicht mehr
stimmt, tut man wahrscheinlich besser daran, sich zu trennen und einen guten Weg zu finden, damit die Kinder nicht so darunter leiden.
Ich selbst kann nicht beurteilen, ob ich persönlich der Richtige wäre
für eine Patchworkfamilie. Ich müsste mich erst mit dem Gedanken
anfreunden, mein Kind bei einem anderen Mann aufwachsen zu sehen.
Im Film spielt auch die Musik eine wichtige und tragende Rolle –
als verbindendes Element verstärkt sie die nostalgischen Momente und Erinnerungen an die Jugend. Welche Rolle spielt Musik in ihrem Leben?
M. K.: Oh, Musik spielt eine ganz große Rolle in meinem Leben! Eigentlich begleitet sie mich den ganzen Tag. Schon morgens beim Aufstehen höre ich Musik, und abends nach Drehschluss muss ich mindestens eine Stunde Musik hören. Ich interessiere mich einfach
wahnsinnig dafür und stöbere immer noch gern in Plattenläden herum.
Musik begleitet mich schon mein ganzes Leben lang. Deshalb habe ich
es auch immer sehr geliebt, selbst Musik zu machen. Lange Zeit war
ich Schlagzeuger in unterschiedlichen Bands. Was die Musikrichtung
anbelangt, bin ich sehr offen und breit gefächert. Meine Frau und ich
haben übrigens ein gemeines Lied, das ich nur empfehlen kann: "I
hope, that I don’t fall in love with you" von Tom Waits auf dem Album
"Closing Time". Das ganze Album ist fantastisch.
J. R.: Mein Freund und ich sind uns da nicht so einig, was wieder typisch für uns ist. Bei mir ist die Musik von Lauryn Hill bezeichnend für
das Kennenlernen, weil ich die Musik durch und mit ihm kennengelernt
habe. Für ihn ist es Nelly Furtado, die er durch mich zum ersten Mal
gehört hat ...Ich mag Musik, um Erinnerungen auszulösen oder Emotionen.
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Interview mit Julia Koschitz und Simon Böer
Frau Koschitz, Herr Böer, wie geht der Film Ihrer Meinung nach
mit dem Thema Trennung und mit dem Versuch um, sich versöhnlich, man kann auch sagen: "erwachsen" zu trennen?
Julia Koschitz (J. K.): Ich mochte an dem Drehbuch, dass etwas verhandelt wird, was erst einmal nicht sonderlich aufbauend oder unterhaltsam scheint, nämlich "das Ende einer Beziehung" und der damit
zusammenhängende Versuch einer freundschaftlichen, respektvollen
Trennung, die eine gemeinsame Zukunft zumindest in Betracht zieht.
Quasi ein Gegenentwurf zum Rosenkrieg. Es ist ein wichtiges
Wunschziel in dieser Situation, wenn man bedenkt, dass man sich für
den (Ex-)Partner auch mal bewusst entschieden hat. Bei diesem hehren Vorhaben stolpern die Protagonisten über ihre eigenen Erwartungen an sich selbst und an den anderen, machen einander wie sich
selbst was vor, werden natürlich dabei entlarvt und wachsen genau
daran. Ich mochte an dieser Arbeit, dass ich bei all dem auf humorvolle Weise berührt wurde.
Simon Böer (S. B.): Wir haben bei den Dreharbeiten trotz des eher
traurigen Themas viel Spaß gehabt, und ich denke, das überträgt sich.
Viele kennen ja zumindest den Versuch, sich freundschaftlich zu trennen. Den Satz "Lass uns doch bitte Freunde bleiben" hat fast jeder
schon mal gesagt oder gehört. Nur funktioniert das in der Praxis eher
selten, da mindestens auf einer Seite meist immer noch mehr Gefühl
ist als bloße Freundschaft. Der Film bietet auf sehr humorvolle Art und
Weise viele Identifikationsflächen, eben weil wir dieses Thema so gut
kennen. Oft bleibt einem allerdings das Lachen im Hals stecken, und
das finde ich an diesem Drehbuch so toll!
Was müssen Paare aus Ihrer Sicht haben, um zusammen alt zu
werden?
J. K.: Ich bin kein Experte, was lebenslange Beziehungen angeht,
aber ich glaube, dass man einen ehrlichen und respektvollen Austausch finden muss. Man sollte die Möglichkeit geben und auch haben,
sich zu ändern, ohne den anderen dabei zu verlieren, im besten Falle,
mit- und aneinander wachsen – also neugierig und offen bleiben und
mit Sicherheit nicht zu früh aufgeben. Aber ich glaube auch, dass es
nicht jedem Paar gegeben ist, zusammen alt zu werden, was noch
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nichts über die Qualität der Beziehung aussagt – manchmal dauert‘ s
eben nur kurz und war trotzdem wertvoll und schön.
S. B.: So abgedroschen es klingt: Das Wichtigste in einer Partnerschaft sind doch Kommunikation, Toleranz, Respekt und Humor. Wenn
die irgendwann auf der Strecke bleiben, ist auch alte Liebe nicht vor
Rost gefeit.
Was zeichnet Ihre Figuren aus?
J. K.: Julia ist ein eigenwilliger Charakter. Sie ist angenehm undogmatisch, lässt ihr Gegenüber sein, bevormundet niemanden, nimmt
sich aber ebenfalls Freiraum für ihre Eigenheiten. Verantwortung
übernehmen ist nicht ihre Stärke, aber weniger aus Egozentrik als aus
Angst, sich zu sehr festzulegen. Sie hat sich noch nicht wirklich entschieden "erwachsen" zu werden. Aufgrund ihres latenten Fluchtverhaltens ist sie auch noch nicht bei dem "einen" Mann gelandet, sondern in ständig wechselnden Beziehungen und ist zwischendrin auch
ziemlich einsam. Ich schätze an dieser Figur sehr, dass sie nicht vorgibt zu wissen, wie das Leben geht – sie sucht sich ihren Platz in dieser Welt, meint aber niemanden von ihren Erkenntnissen überzeugen
zu müssen.
S. B.: Oh, ich weiß gar nicht, ob diese Figur unbedingt sympathisch
ist. Gut, da ist jemand, der sagt, hier bin ich, ich liebe diese Frau, ich
kann nicht anders. Das ist pur und mag sympathisch sein. Unumstritten ist das aber in der Situation nicht.
Frau Richter, wie war es für Sie, die Rolle einer Frau zu spielen,
die sich in einen verheirateten Mann verliebt, der sich gerade in
Trennung befindet, zwei Kinder hat und noch dazu im Gartenhäuschen auf dem Grundstück seiner Noch-Ehefrau wohnt?
J. K.: Ich glaube, dass es für meine Figur zunächst keine Rolle spielt,
ob sie sich in einen Mann verliebt, der noch verheiratet ist und im
Gartenhäuschen seiner Noch-Ehefrau lebt. Natürlich bezweifelt sie, ob
das eine gesunde Dauerlösung für ihn sein kann, wenn er seinem
"Nachfolger" ständig begegnet, aber sie hat keine moralischen Bedenken damit, weil sie annimmt, dass die Trennung der beiden vollzogen
ist. Das hat also keine Konsequenz auf ihr Handeln. Sie verliebt sich
einfach und stürzt sich wie in alle anderen Beziehungen oder Affären
hinein, ohne nachzudenken. Erst als sie merkt, dass die Sache mit
Nina doch nicht ganz so ausgestanden ist, wie sie dachte, fängt sie
an, sich zu schützen und zieht sich zurück.
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Und wie war es für sie, Simon Böer, die Rolle des Mannes zu
spielen, der sich in dieses doch eher ungewöhnliche Lebensmodell einfügt?
S. B.: Ich persönlich würde mich in einer solchen Situation wahrscheinlich schnell zurückziehen. Abgesehen davon, dass da Kinder im
Spiel sind, wohnt der Ehemann noch in der Gartenlaube – wie skurril!
Oh Gott, ich liebe dieses Drehbuch!
Thema: "Patchworkfamilie". Wie stehen Sie persönlich dazu?
J. K.: "Patchworkfamilie" ist ein dehnbarer Begriff, aber nachdem wir
uns heutzutage viel schneller trennen, als es noch vor einigen Jahrzehnten denkbar gewesen wäre, ist es meiner Meinung nach unumgänglich, einen "gemeinsamen" also einen "patchgeworkten" Weg zu
suchen. Wenn Kinder noch nicht erwachsen sind und noch voll in den
Elternalltag integriert sind, muss man einen neuen familiären Mittelpunkt finden, der sich möglichst genau so selbstverständlich anfühlt
wie die "richtige" Familie. Ich sage nicht, dass das immer möglich ist,
noch kann ich da aus eigenen Erfahrungen sprechen, aber ich denke,
dass man als Elternteil die Pflicht hat, es zumindest zu versuchen.
S. B.: Wohl wahr! Ich selber bin ein stolzer Patchworkpapa. Als ich
Anne, meine Frau, kennenlernte, war Mia gerade vier Jahre alt. Jetzt
ist sie 13. Ein umwerfend tolles Mädchen und eine bezaubernde große
Schwester. Ich bin sehr dankbar, dass sie ein Teil meines Lebens ist
und ich ihr Papa sein darf. Ich glaube, dass die "Patchworkfamilie"
heutzutage fast normal geworden ist. Das Phänomen begegnet mir
jedenfalls immer öfter, und das ist schön. Jemand übernimmt Verantwortung für andere Kinder – finde ich großartig!
Das klappt nicht immer …
S.B.: Ich glaube, dass es für Kinder immer traumatisch ist, wenn die
Eltern sich trennen. Auch wenn objektiv alles für eine Trennung spricht
– der Bund Mama und Papa symbolisiert Sicherheit und Geborgenheit.
Wenn dieser Bund zerbricht, bricht auch etwas in den Kindern. Ich
halte es aber auch für schwierig, nur wegen der Kinder zusammenzubleiben. Wichtig ist, dieses Trauma erwachsen zu begleiten und die
Kinder zu schützen. Ihr Wohl sollte immer an erster Stelle stehen,
wenn Eltern auseinander gehen.
Sind Sie beide eifersüchtige Menschen?
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J. K.: Ich halte mich selber für einen "durchschnittlich" eifersüchtigen
Menschen, was auch immer das über mich aussagt. Ich sehe nicht
überall Gefahr lauern, aber ich renne auch nicht blind vor Selbstgewissheit durch die Gegend. Ich finde, man sollte den anderen nie für
selbstverständlich nehmen – ich will es schließlich auch nicht sein.
Dadurch ergibt sich automatisch eine andere Aufmerksamkeit, die ich
für gesund halte.
S. B.: Na ja, sagen wir mal so: Ich habe einen Weg gefunden, um diesem Gefühl Herr zu werden, wenn es vorkommt. Und genau darum
geht es doch: dass man dieses Gefühl beherrschen lernt und nicht von
ihm beherrscht wird. Man muss versuchen, für seine Eifersucht Verantwortung zu übernehmen und nicht dem Partner die Schuld zu geben. Das gilt für begründete wie für unbegründete Eifersucht.
Was wäre denn für Sie ein Scheidungsgrund, Herr Böer?
S. B.: Für mich persönlich bedeutet das Ausbleiben der Kommunikation Entfremdung. Das wäre für mich der einzige Scheidungsgrund.
Im Film spielt auch die Musik eine wichtige und tragende Rolle.
Was bedeutet Ihnen Musik?
J. K.: Ich kann dazu nicht viel sagen, Musik hat für mich nicht so einen
großen Stellenwert.
S. B.: Ich habe schon als Neunjähriger meiner damals heimlich Angebeteten, Mix-Kassetten aufgenommen. Das war ein Statement und ich
konnte auf diesem Weg Vieles sagen, was ich mich so direkt nie getraut hätte. Ich höre gerne Songs, die ein ganz bestimmtes Gefühl verstärken, mich in vergangene Momente zurückversetzen und etwas
ausdrücken, was anders nicht zu sagen, zu beschreiben ist. Ich finde
dieses Erinnernde, verbindende Element "Musik" in unserem Film
ganz wundervoll und nachvollziehbar. Natürlich haben auch meine
Frau und ich einige Lieder, die uns verbinden und uns an Stationen
unseres gemeinsamen Weges erinnern. Und das Schöne ist: Es kommen immer Neue dazu. Abgesehen davon kann ich nur jeden ermutigen, auch selber zu musizieren. Das hat einen unbedingten Mehrwert
an guter Energie.
Die Interviews führte Gitta Deutz
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