Revue Schweiz 1/2011
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Revue Schweiz 1/2011
DIE ZEITSCHRIFT FÜR AUSLANDSCHWEIZER JANUAR 2011 / NR. 1 Die Schweiz ist auf die Ausländer angewiesen Muss sich der Bundesrat besser organisieren? Eishockey: Leidenschaft seit über 100 Jahren Kronenhof, Pontresina, Graubünden Zwischenstopp im Wellnessparadies. Erholen Sie sich in der Schweiz und tanken Sie Energie, um in Form ins neue Jahr zu starten. Benötigen Sie eine Pause und möchten Sie Ihre Batterien aufladen? In der Schweiz bieten Ihnen über 40 Destinationen und über 60 Hotels, die auf Wellness spezialisiert sind, eine umfassende Palette von Pflegeleistungen, um Körper und Seele zu verwöhnen. Ob in den Bergen, am Ufer eines Sees oder in einer Stadt – Sie finden bestimmt eine Erholungsoase, die Ihre Ansprüche erfüllt. Entspannung und Vitalität. Von Adelboden bis Zermatt, von Thermalbädern bis zu Spas in den schönsten Berglandschaften – die Schweiz ist Entspannung pur. Schönheitspflege, medizinische Behandlung, Ernährungsberatung, Sport, exotische Massagen, wohltuendes Wasser und die Harmonie der Natur: Hier trägt alles dazu bei, Sie in Form zu bringen. Das ganze Jahr über bietet Ihnen die Schweiz Einrichtungen, die ausschliesslich auf Ihr Wohlbefinden ausgerichtet sind. Entdecken Sie sie auf: MySwitzerland.com/wellness. Melden Sie sich bis 31. März 2011 auf MySwitzerland.com/aso an und gewinnen Sie drei Nächte mit Wellnesspauschale im Grand Hotel Kronenhof Ä in Pontresina, Graubünden. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Schweiz Tourismus und der Auslandschweizer-Organisation (ASO) Eingebettet in die Natur. Im Grand Hotel Kronenhof Ä in Pontresina GR geniessen Sie von den Zimmern und vom Spa aus eine einzigartige Aussicht auf Arven- und Lärchenwälder oder auf den Roseggletscher. Hier trägt der Ausblick in die Natur zu Ihrem Wohlbefinden bei. Tipp 1 Mehr Informationen: 54364 Aktive Erholung. Idyllisch über dem Vierwaldstättersee gelegen, ist der Swiss Holiday ParkÕ in Morschach ein Paradies für alle, die sich aktiv er holen möchten. Sportangebote, Schwimmbecken, römisch-irisches Bad, Saunas und Hamams versprechen ein vitalisierendes Erlebnis. Auf dem Gipfel des Wohlbefindens. Mitten in den Weinbergen des Lavaux bietet Ihnen das Mirador Kempinski Ä auf dem Mont-Pèlerin ein unvergleichliches Wellnesserlebnis: das einzige Givenchy-Spa in der Schweiz, eine raffinierte Küche und ein renommiertes medizinisches Zentrum. Tipp 2 Mehr Informationen: 36196 Tipp 3 Mehr Informationen: 54296 EDITORIAL I N H A LT Wahljahr und Abschied ist ein wahljahr und somit auch Zahltag für die eidgenössischen Parlamentarier: Am 23. Oktober werden National- und Ständerat neu gewählt. Einige Parteien haben den Wahlkampf bereits ein wenig vorgespurt: Die SPS beabsichtigt, sich eher nach links zu verschieben und den Kapitalismus zu überwinden, wie an der Delegiertenversammlung beschlossen wurde. Die FDP möchte sich von der Europäischen Union abwenden; und die SVP setzt ebenfalls auf die Themen EU-Beitritt, sowie Bildung und Ausländer. Das lässt die Vermutung zu, dass uns ein langer und intensiver Wahlkampf mit Haken und Ösen erwartet. Hinzu kommt, dass die SVP anstelle von Eveline Widmer-Schlumpf unter allen Umständen wieder ein Mitglied ihrer Wahl im Bundesrat haben will. Zur Erinnerung: Widmer-Schlumpf liess sich 2007 anstelle von Christoph Blocher in die Landesregierung wählen und wurde dafür mit dem Ausschluss aus der Partei bestraft. Sie gehört heute zur Bürgerlich-Demokratischen Partei der Schweiz, die sich nach dem Partei-Rausschmiss von Widmer-Schlumpf von der Schweizerischen Volkspartei abgesplittert hat und heute fünf Nationalräte und einen Ständerat stellt. Die «Schweizer Revue» wird im September in einer Sondernummer ausführlich über die eidgenössischen Wahlen informieren und die zur Wahl stehenden Parteien und ihre Programme vorstellen. Als 1992 das briefliche Stimm- und Wahlrecht für die im Ausland lebenden Schweizerinnen und Schweizer eingeführt wurde, waren es anfänglich 13 000, die vom aktiven Stimmrecht Gebrauch machten. Bei den eidgenössischen Wahlen 2007 waren bereits 111 250, die sich in einem Stimmregister eingetragen hatten, Ende 2009 gar 130 017. Und es sollen noch viel mehr werden, da die Stimmen der Auslandsbürger wichtig und gefragt sind. Aus diesem Grund haben wir dieser Nummer einen Flyer für den Eintrag in ein Stimmregister beigelegt für alle, die noch nicht registriert sind. Nützen Sie die Gelegenheit, schicken Sie den Talon an Ihre Vertretung und beteiligen Sie sich aktiv am politischen Leben der Schweiz. Damit verhelfen Sie den berechtigten Anliegen der Auslandsbürger zu mehr Gewicht und Erfolg. Nach sechs Jahren und 32 Ausgaben der «Schweizer Revue» verabschiede ich mich mit diesem Editorial von Ihnen und wende mich altershalber einem neuen Lebensabschnitt und neuen AufgaHeinz Eckert ben zu. Seit November 2004 durfte ich Sie zusammen mit meinen Redaktionsmitgliedern über die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ereignisse in der Schweiz auf dem Laufenden halten und versuchen, für Sie ein lesenswertes Magazin zu produzieren. Aufgrund der zahlreichen positiven Reaktionen aus aller Welt gehe ich davon aus, dass unsere Arbeit Ihr Interesse gefunden hat. Ob brieflich, elektronisch oder mündlich, der Dialog mit Ihnen war stets positiv und konstruktiv. Für das grosse Interesse und das Wohlwollen, das Sie unserer Arbeit entgegengebracht haben, und die vielen wertvollen Anregungen danke ich Ihnen ganz herzlich. Meiner Nachfolgerin, der erfahrenen Berner Journalistin Barbara Engel, wünsche ich viel Erfolg und Genugtuung als neue Redaktionsleiterin. Und Ihnen, sehr verehrte Leserinnen und Leser der «Schweizer Revue», wünsche ich viel Glück und Zufriedenheit im neuen Jahr. HEINZ ECKERT, CHEFREDAK TOR SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 2011 5 Briefkasten 5 Im Kino: Sennentuntschi 7 Urnäscher Silvesterkläuse 8 Migration schafft Wohlstand – und neue Probleme 12 CERN: Die Forschungsstadt bei Genf 15 Aus dem Bundeshaus Regionalseiten 18 Braucht die Schweiz eine Regierungsreform? Nein, sagt Politologe Leonhard Neidhart 20 Die Schweiz hat den längsten Eisenbahntunnel der Welt 22 ASO-Informationen 24 Abstimmung: Ausschaffungs- und Steuerinitiative 25 Politik 26 Seit 100 Jahren wird in der Schweiz Eishockey gespielt 28 Carlos Leal – ein Schweizer Schauspieler in Hollywood 30 Schweizer Banken erzürnen die Auslandschweizer 31 Echo Zum Titelbild: Was wäre die Schweizer FussballNationalmannschaft ohne Secondos? Xherdan Shaqiri, kosovarischer Herkunft, spielt beim FC Basel und für die Schweiz. (Foto: Schweizerischer Fussballverband SFV) IM P R E S S U M : «Schweizer Revue», die Zeitschrift für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, erscheint im 38. Jahrgang in deutscher, französischer, italienischer, englischer und spanischer Sprache in 14 regionalen Ausgaben und einer Gesamtauflage von rund 395 000 Exemplaren. Regionalnachrichten erscheinen viermal im Jahr. ■ R E DA K T I O N : Heinz Eckert (EC), Chefredaktor; Rolf Ribi (RR); René Lenzin (RL); Alain Wey (AW); Jean-François Lichtenstern (JFL), Auslandschweizerdienst EDA, CH-3003 Bern, verantwortlich für «Aus dem Bundeshaus». Übersetzung: CLS Communication AG ■ GES T ALTUNG: Herzog Design, Zürich ■ P O S T A D R E S S E : Herausgeber/Sitz der Redaktion/Inseraten-Administration: Auslandschweizer-Organisation, Alpenstrasse 26, CH-3006 Bern, Tel. +41313566110, Fax +41313566101, PC 30-6768-9. Internet: www.revue.ch ■ E - M A I L : [email protected] ■ D RU C K : Swissprinters St. Gallen AG, CH-9001 St.Gallen. ■ ADRESS ÄNDERUNG: Bitte teilen Sie Ihre neue Adresse Ihrer Botschaft oder Ihrem Konsulat mit und schreiben Sie nicht nach Bern. ■ Alle bei einer Schweizer Vertretung immatrikulierten Auslandschweizer erhalten das Magazin gratis. Nichtauslandschweizer können das Magazin für eine jährliche Gebühr abonnieren (CH: CHF 30.–/Ausland: CHF 50.–). Abonnenten wird das Magazin manuell aus Bern zugestellt. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 15.11.10 3 Vorsorgen in Schweizer Franken. Agentur Auslandschweizer Stefan Böni Dorfstrasse 140, 8706 Meilen +41 44 925 39 39, www.swisslife.ch/aso Wir bringen Sie mit einem Klick in die Schweiz. Informationen. News. Reportagen. Analysen. Aus der Schweiz, über die Schweiz. Multimedial, interaktiv und tagesaktuell in 9 Sprachen. Auf der unabhängigen Internetplattform swissinfo.ch BRIEFKASTEN Ich bin ein Leser Ihres Magazins, weil meine Frau Schweizer Bürgerin ist. Der Artikel «Weissgeld» von Lukas Hässig ist das typische Beispiel einer Beschönigung, wie sie in der gegenwärtigen Finanzwelt üblich ist. Es mag sein, dass ein solcher Tunnelblick unvermeidlich ist, wenn Fachleute über ihren eigenen engen Wissensbereich schreiben. Aber heutzutage ist es nicht schwierig, einen Schritt zurückzutreten und zu sehen, dass nun eine Zeit angebrochen ist, die von allen, die das 1972 herausgegebene Buch «Die Grenzen des Wachstums» gelesen haben, schon lange erwartet wird. Kurz gesagt: Wir haben das Ölfördermaximum erreicht, das Zeitalter der billigen Energie ist also vorbei und ohne diese kann unser industrielles System nicht funktionieren. Genauso wenig kann die Finanzwelt ohne das Pyramidensystem des steten Wachstums funktionieren. S. ALLIN, IRL AND Konto bei der BEKB SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Ich möchte mich bei H. Crabtree-Ruggli bedanken, dass sie diesen Briefkastenbeitrag über die CS-Gebühren geschrieben hat. Ich habe mich genauso über die CS und den Umgang mit ihren Auslandschweizer Kunden geärgert. Ich habe nun mein CS-Konto aufgelöst und habe bei der Berner Kantonalbank ein Konto eröffnet. Dort wurde ich sehr zu meiner Zufriedenheit bedient und kann diese Bank den CS-enttäuschten Auslandschweizern, die einfach nur ein CH-Konto haben wollen, sehr empfehlen. V. BADER, HAMBURG, DEUTSCHL AND Kindergarten Heinz Eckert hat es wirklich auf den Punkt gebracht. Der Artikel sollte in den Wandelhallen des Bundeshauses als «Spiegel» aufgehängt werden, damit sich die Damen und Herren vielleicht wieder daran erinnern, WEN und WAS sie eigentlich vertreten sollten. Eigeninteressen, Narzissmus und allgemeine Volksentfremdung (ohne Ausnahme) herrscht schon seit längerer Zeit im Bundesrat. Die Fähigkeiten der Bundesräte/innen wären ja vorhanden, aber eben, das liebe «Ego». Die Medien, hauptsächlich an Quoten und Verkaufszahlen interessiert, füttern natürlich noch so gerne die Sensationslust des inzwischen der Politik/er überdrüssigen Volkes. Vom Ausland her betrachtet kann man über diesen «Kindergarten» nur den Kopf schütteln. Die nächste Stufe, wenn’s so weitergeht: amerikanische Verhältnisse. Nein Danke. H. BLOCH, CALGARY, KANADA Wie ein Spiegel Ich habe eben Ihren Artikel «Schlechte Kolleginnen und Kollegen» gelesen und stimme Ihnen von Herzen zu. Es ist einer der besten Artikel seit Langem. Manchmal kommt es mir vor, als ob ein Virus die Welt befallen habe. Die meisten Regierungen scheinen am selben Personenkult zu leiden, anstatt für das Wohl ihres Landes zusammenzuarbeiten. Dies gilt – wie Sie wohl wissen werden – insbesondere für die USA. Herzlichen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel. Hoffen wir, dass die Bundesrätinnen und -räte ihn lesen und sich bemühen, einen gemeinsamen Nenner zu finden. S. SHIMAZU, WASHINGTON, USA Vielen Dank Vielen Dank für Ihr Editorial «Schlechte Kolleginnen und Kollegen» in der «Schweizer Revue». Sie haben wohl gesagt, was gesagt worden musste. T. WALL ACE, TEXAS, USA «Sennentuntschi», die Geschichte rund um den Film. Filmabenteuern stehen manchmal zahlreiche Hindernisse im Weg, bevor der Film schliesslich seinen Weg in die Kinosäle findet. Der Mystery-Thriller «Sennentuntschi» und sein Regisseur Michael Steiner («Grounding – Die letzten Tage der Swissair», «Mein Name ist Eugen») haben das auf harte Weise erfahren. Dem Spielfilm liegt eine im ganzen deutschsprachigen Alpenraum bekannte Sage vom Sennentuntschi, der Puppe der Alphirten, zugrunde. Bereits 1972 wurde ein gleichnamiges, vom Dramatiker Hansjörg Schneider geschriebenes Theaterstück auf die Bühne gebracht, dessen Ausstrahlung durch das Deutschschweizer Fernsehen im Jahr 1981 so viel Protest hervorrief, dass es von den SRGVerantwortlichen schliesslich zensiert wurde. In der Geschichte geht es um drei Sennen, die sich aus Stroh eine Puppe basteln, um an ihr ihre sexuellen Begierden zu stillen. Aber die Puppe wird lebendig und rächt sich furchtbar an ihren Peinigern. Mit einem Budget von 5,5 Millionen Franken scheinen die Zeichen für die reibungslose Durchführung dieser Superproduktion anfänglich gut zu stehen. Nach Abschluss der Dreharbeiten im Oktober 2008 gibt Michael Steiners Firma Kontraproduktion aber bekannt, sie habe kein Geld mehr. Schauspieler und Crew-Mitglieder erhalten ihre Löhne nicht. Die Kosten für die Verarbeitung werden nicht bezahlt, und das Berner Kopierwerk Schwarzfilm hält das Negativ zurück. Der für die Fertigstellung benötigte Betrag wird mit 2,8 Millionen Franken angegeben. Ein Gutachten bringt ein Loch von einer Million zutage. Die langen Verhandlungen zwischen dem Bundesamt für Kultur (BAK), dem Schweizer Fernsehen und der Zürcher Filmstiftung führen zu keinem Ergebnis. Avventura Films, die französische Tochter von Vega Film, zieht sich zurück, weil sie in Frankreich keine Geldgeber finden konnte. Nun wird der Film plötzlich nur noch von zwei Ländern (Schweiz und Österreich) produziert, worauf der europäische Filmfonds Eurimages die gesprochenen Beiträge nicht auszahlt. Das BAK zieht sogar in Betracht, seine bereits ausbezahlten Subventionen in Höhe von einer Million zurückzufordern. Die Fachwelt und die breite Öffentlichkeit verfolgen diesen Zusammenbruch gleichermassen konsterniert. Im Februar 2010, nach längerem Hin und Her der Investoren, rettet die Schweizer Tochter der deutschen Firma Constantin Film die in Turbulenzen geratene Produktion und stellt die Fertigstellung und Veröffentlichung des Films sicher. Sie schiesst 1,6 Millionen Franken ein, damit die Löhne und die Schulden von Kontraproduktion bezahlt werden können. Im Gegenzug dazu verpflichtet sich Michael Steiner, in den nächsten drei Jahren jährlich einen Film für Constantin Film Schweiz zu drehen. Schliesslich wird «Sennentuntschi» am 23. September 2010 als Eröffnungsfilm des Filmfestivals Zürich erstmals gezeigt. Die Kritikerinnen und Kritiker sind begeistert, und seit dem Deutschschweizer Filmstart am 14. Oktober 2010 strömt das Publikum in die Kinosäle. Anfang November verzeichnete der Film in der Deutschschweiz bereits über 100 000 Eintritte. So kommt der mit einem Fluch behaftete Film über eine fluchbeladene Schweizer Sage schliesslich doch noch zu Ehre. AL AIN WEY Sennentuntschi, Der Film Rehabilitation GELESEN 5 6 BRIEFKASTEN «AUF UND DAV ON» Neue Abenteuer von Schweizer Auswanderern Am Freitag, 7. Januar 2011 um 20.55 Uhr startet auf SF1 die zweite Staffel der erfolgreichen dokumentarischen Serie über Schweizer Auswanderer. Produziert wurde die sechsteilige Serie von der Redaktion DOK. «Uf u drvo!» – Erneut wagen vier Familien und Paare aus der Schweiz das Abenteuer und wandern aus. Christine und Hermann Schönbächler ziehen mit ihren Kindern nach Kanada. Ali und Jennifer Wettstein erhoffen sich mit ihrem Söhnchen Sven in Peru ein besseres Leben. Anja Kinsky und Claude Wegmann bauen sich in Italien ein Agriturismo. Und Anni Kuhn und Orlando Stamm planen in Bali eine Ferienanlage. Ein Jahr lang Gut oder schlecht? SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Ich bewahre die alten Ausgaben der «Schweizer Revue» auf, ich horte sie und halte sie in Ehren. Und von Zeit zu Zeit blättere ich eine alte Ausgabe durch. Kürzlich habe ich eine aus dem Jahr 2006 überflogen. Ein Artikel enthielt eine Art Jubel über die Aussicht, dass mehr und mehr Auslandschweizer an den eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen teilnehmen werden. Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Sache ist. Es wäre für mich unvorstellbar, wenn in der Schweiz wohnhafte Menschen über Angelegenheiten abstimmen, die Honolulu betreffen! Was wisst ihr über die Schlaglöcher in unseren Strassen, über unsere überfüllten Gefängnisse und die Deportation der überzähligen Gefangenen aufs Festland? Eine schändliche Sache. Wie können Leute, die in der Schweiz keine Steuern bezahlen und die Zustände nicht aus eigener Erfahrung kennen, informierte Entscheidungen darüber fällen, was gut und was schlecht ist für das Land? Ich meinerseits möchte mit meinem sehr beschränkten Wissen ganz bestimmt nicht abstimmen. Ich habe immer noch Heimweh nach dem Land meiner Kindheit, das ich seit 1985 nicht mehr besucht habe. Ich verspüre eine grosse Sehnsucht, aber ich habe nicht das Gefühl, ich sei qualifiziert abzustimmen – weil ich schlicht nicht weiss, was läuft! Nennen Sie mich «Globi in der Verbannung» (seit Januar 1947). R. H. TUCKER, HAWAII, USA Briefkastenbeitrag zur Credit Suisse Auch wir haben von der CS diesen Brief erhalten. Nach telefonischer Kontaktaufnahme mit der CS wurde der Inhalt nur bestätigt und ohne Interesse an einer weiteren Geschäftsverbindung die Lösung durch Kündigung des Kontos zur Kenntnis genommen. Dies kann man allerdings nur persönlich bei der CS-Filiale erledigen. haben DOK-Kameras die Auswanderer in der Schweiz und in ihrer neuen Heimat beobachtet. Die sechsteilige Dokserie «Auf und davon» zeigt den Alltag, die Highlights und die Tiefpunkte im neuen Leben der Auswanderer. Filmmusik und Titelsong zur Serie stammen unter anderem von Gölä und Band. In der Serie wird der Spagat zwischen Abenteuer und sicherer Existenz sichtbar. Täglich müssen sich die Auswanderer den Herausforderungen des Alltags in fremder Umgebung stellen. Mit den unbekannten Gepflogenheiten der neuen Heimat müssen sich die Helden der Serie «Auf und davon – Die Auswanderer» ebenso auseinandersetzen wie mit den eigenen finanziellen Ressourcen. Die Serie kann auch im Internet verfolgt werden: www.sf.tv Bei uns handelt es sich um zwei «Sparkonten», die meine Frau seit ihrer Kindheit, vom Vater eröffnet, ca. 30 Jahre hatte. Der letzte Kontostand war auf einem 600 und auf dem zweiten 1000 Franken, und diente uns bei unseren Besuchen in der Heimat, um Wechselspesen zu Inserat vermeiden, also zu sparen. Also buchten wir einen Flug und ein Hotel, um die Kontoverbindung zu löschen. Die Kosten für diese «Ferien»: 712 Franken. Wir sind von der CS sehr enttäuscht und hoffen, diese wird sich an ihre kleinen Sparer mal gerne zurückerinnern. T.N.&H. HAVRAN, ÖSTERREICH GESEHEN SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Fotos: Rolf A. Stähli, Winterthur Silvesterchlausen. Das Brauchtum der Urnäscher Silvesterkläuse, das seit über 200 Jahren belegt ist, hat sich im Verlaufe der letzten Jahrzehnte vom Betteln in einfachster Maskierung zu einer kunstvollen Angelegenheit entwickelt. Heute tragen die Kläuse Gewänder und Masken, deren Herstellung viel Aufwand erfordert. Das Silvesterchlausen findet in ähnlicher Form an zwei Tagen statt, nämlich an Silvester und am 13. Januar. Als Papst Gregor XIII. seine Kalenderreform einführte, wollten verschiedene reformierte Kantone nichts von dieser päpstlichen Neuerung wissen und hielten bis ins 18. Jahrhundert am alten Kalender fest, der eine Differenz von 13 Tagen gegenüber dem neuen aufwies. In einzelnen Volkskalendern waren beide Zeitrechnungen nebeneinander abgedruckt, und die Kläuse traten an beiden Silvestertagen auf. EC 7 8 EINWANDERUNGSLAND SCHWEIZ SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: aus «Il lungo addio – Der lange Abschied», Hrsg. Dieter Bachmann, Limmat Verlag, Zürich, 2003 Migration schafft Wohlstand – und bringt neue Sorgen Die Schweiz ist seit mehr als hundert Jahren ein Einwanderungsland. Mit dem Trendbruch von 2002 nahm die Zuwanderung aus dem europäischen Raum massiv zu. Die neuen Migranten tragen zum Wohlstand in der Schweiz bei. Aber neue Probleme und Sorgen sind entstanden – beim Wohnungsmarkt, im Arbeitsmarkt, bei den Sozialwerken und nicht zuletzt bei der gesellschaftlichen Integration. Von Rof Ribi Auf den schönen Schweizer Alpen gibt es ein längsten Einwanderungstradition in Europa» ernstes Problem: Wenn das Vieh im (so der frühere Schweizer Botschafter Alfred Frühsommer auf die Alpweiden geführt wird, Defago). fehlt es an Melkern, Hirten und Sennen. Die Arbeit in der einsamen Bergwelt ist hart, der Migration in Zahlen Tag dauert lang und der Lohn ist eher karg. Dies sind die wichtigsten Zahlen zur MigraUnd so gab es auch im letzten Sommer auf tion in der Schweiz: Ende 2009 lebten manchen Alpen zu wenige Männer, die zupackten. Da war man froh, dass Deutsche, Österreicher, Italiener und Polen den heimischen Älplern unter die Arme griffen. Ohne Arbeitskräfte aus dem Ausland wären die Schweizer Alpen nicht zu bewirtschaften. Was für die hiesige Alpwirtschaft gilt, trifft im Kern auf die ganze Volkswirtschaft zu. Seit mehr als hundert Jahren tragen Ausländer massgeblich zum Werk- und Bildungsplatz Schweiz bei. Es waren viele italienische Arbeiter, die Ende des 19. Jahrhunderts die grossen Tunnels in unseren Alpen bauten. Und es waren viele deutsche Arbeiter, Industrielle und KünstJunger Gastarbeiter aus Italien in den frühen Sechzigerjahren. ler, die im neuen schweizerischen Bundesstaat ab 1850 das 7,78 Millionen Personen als ständige Wohnwirtschaftliche und kulturelle Leben mitbevölkerung in der Schweiz, davon 1,71 Milprägten (wie Heinrich Nestlé und Georg lionen oder rund 22 Prozent Ausländer. Das Wander, Walter Boveri und Rudolf Diesel, waren insgesamt 84 000 Personen oder 1,1 Georg Büchner oder Richard Wagner). Bis Prozent mehr als im Vorjahr (im Jahr 2008 gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die waren es sogar 1,4 Prozent mehr gewesen). Schweiz ein klassisches Auswanderungsland Das sind deutlich höhere Zuwachsraten als gewesen. Tausende von jungen Landsleuten im übrigen Europa; sie bedeuten hochgewanderten damals vor allem nach Nord- und rechnet eine Verdoppelung der BevölkeSüdamerika aus. Mit der Volkszählung von rungszahl alle 50 bis 60 Jahre. Die massge1880 kam der Umschwung: Die Schweiz war bende Grösse ist der Wanderungssaldo, also zum Einwanderungsland geworden. «Neben der Unterschied zwischen der Zuwanderung Frankreich ist die Schweiz das Land mit der und der Abwanderung. Im Jahr 2009 stan- den 160 600 Einwanderungen den 86 000 Auswanderungen gegenüber. Das ergibt einen positiven Wanderungssaldo von 74 600 Personen. 79 000 Ausländer kamen neu als Daueraufenthalter in die Schweiz (ein Jahr zuvor waren es sogar 103 000 gewesen, das entpricht der Einwohnerzahl der Stadt Winterthur). Der Wanderungssaldo der ausländischen Wohnbevölkerung ist seit 1979 immer positiv. Bei den Schweizer Staatsangehörigen wanderten letztes Jahr 4400 Personen mehr ins Ausland ab als in die Heimat zurück. Der Wanderungssaldo der Schweizerinnen und Schweizer ist seit 1992 negativ. Im Jahr 2009 kehrten 22 400 Auslandschweizer in ihr Heimatland zurück, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. Ende des letzten Jahres lebten 684 974 Schweizer Bürger im Ausland, davon 76,5 Prozent in Westeuropa und Nordamerika. Entwicklung der Migration Überblickt man die letzten Jahrzehnte, zeigt die schweizerische Migrationspolitik im Zeitraffer dieses Bild: Nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die Sechzigerjahre führte die gute Wirtschaftsentwicklung zu einem Mangel an Arbeitskräften. Vor allem aus Italien kamen Saisonarbeiter für jeweils neun Monate in grosser Zahl ins Land. Ende der Fünfzigerjahre wurde der Familiennachzug erleichtert. Der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung stieg von sechs Prozent im Jahr 1950 auf 13,6 Prozent 1963. Wachsende Überfremdungsängste kamen auf, die SchwarzenbachInitiative «gegen die Überfremdung» wurde 1970 nur knapp verworfen. Fortan und bis in die Neunzigerjahre wurde die Einwanderung vor allem mit Kontingenten gesteuert. Dennoch nahm der Anteil der Ausländer weiter zu (Saisonarbeiter wurden zu Jahresaufenthaltern, der Nachzug der Familien wurde erleichtert). Zu Beginn der Neunzigerjahre änderte die Migrationspolitik mit dem Drei-Kreise-Modell ihren Kurs. Massgebend war nun die 9 nungsmacher einig: Ausländische Arbeitskräfte haben bis heute wesentlich zum Wohlstand in der Schweiz beigetragen. Früher waren es die Migranten aus dem Süden, welche die bei Schweizern unbeliebten Arbeiten erledigten (in der Bauwirtschaft und Landwirtschaft, in der Industrie und im Gastgewerbe). Heute sind es gut ausgebildete neue Zuwanderer aus dem Norden und Westen, welche Spitzenplätze in der Wirtschaft und Wissenschaft belegen. «Wenn wir die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft aufrechterhalten wollen, brauchen wir in Zukunft noch mehr ausländische Arbeitskräfte», sagte Francis Matthey, früherer SP-Politiker und amtierender Präsident der Eidgenössischen Kommission für Migrationsfragen. «Die Schweiz ist mit Blick auf die Geburtenrate und die demografische Entwicklung und wegen des Mangels an Fachkräften auf die Zuwanderer aus der Europäischen Union angewiesen», erklärte Bundesrätin Doris Leuthard. «Am Wirtschaftsstandort Schweiz sind Wissen und Ideen gefragt. Dank der Zuwanderung hat das Land einen Leistungsstand erreicht, der mit dem eigenen Humankapital nicht mögTrendbruch lich gewesen wäre», schreibt in der Zuwanderung die Fachzeitschrift «Der Das Jahr 2002 bedeutete Arbeitsmarkt». Für Boris im Rückblick einen wahren Zürcher von der neolibeTrendbruch: Fortan nahm ralen Denkfabrik «Avenir die Zuwanderung aus dem Suisse» zählt die Schweiz zu europäischen Raum stark den am meisten globalisierzu, und entsprechend ging ten Ländern der Welt. der Zuzug aus den übrigen «Dank ihrer Offenheit geLändern zurück. Seit 2006 genüber den Produktionswanderten durchschnittDer aus dem Libanon stammende Nicolas Hayek rettete die Schweizer Uhrenindustrie. faktoren Arbeit und Kapital lich 6 000 EU-Bürger jeverfügt sie über eine Leisden Monat in die Schweiz ein, auch in den schen Berufen (wie Wissenschaftlern, Ärz- tungsfähigkeit, die mit einheimischen ArJahren der wirtschaftlichen Rezession. «Die ten, Hochschullehrern), bei Technikern und beitskräften allein nicht gestützt werden Schweiz hat die Kontrolle über ihre Aussen- Ingenieuren und allgemein bei den Fühkann.» grenzen verloren. Sie ist ausländerpolitisch rungskräften in Unternehmungen. «Die Der Standort Schweiz weist für den Zürnicht mehr handlungsfähig», schrieb der Einwanderung verschiebt sich in Richtung cher Universitätsprofessor Beat Hotz-Hart «Weltwoche»-Chefredaktor. Stimmt diese Hochqualifizierte. Das entspricht den Beheute in der Hochschullehre, in Forschung Aussage? Gegenüber den 15 «alten» EUdürfnissen der Wirtschaft» (stellt eine Creund Entwicklung, bei Führungskräften und Staaten gab es bis Mitte 2007 Kontingente, dit-Suisse-Studie fest). Verwaltungsräten der Wirtschaft einen und für die acht «neuen» EU-Staaten gelten «ausserordentlich hohen Grad der Internasolche Begrenzungen bis 2011 (und noch länBeitrag zum Wohlstand tionalisierung» auf. Die damit verbundene ger für Bulgarien und Rumänien). Zudem Bei der ganzen Diskussion um die Zuwande- weltweite Vernetzung sei ein «enormer Vorhaben die Schweizer Diplomaten gegenüber rung aus dem Ausland sind sich linke und teil im internationalen Wettbewerb». Die Brüssel eine besondere Schutzklausel «bei rechte, progressive und konservative Meihohe Internationalisierung im Spitzenmana- SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: Keystone Herkunft der Einwanderer: der innere Kreis mit Staatsangehören aus der Europäischen Union (EU) und der Europäischen Freihandelsassoziation (Efta), der zweite Kreis mit Bürgern aus Australien, Kanada, Neuseeland und den USA sowie der dritte Kreis mit Angehörigen aller anderen Staaten. Ziel war, die Einreise aus dem ersten und allenfalls aus dem zweiten Kreis zu Lasten des dritten Kreises zu begünstigen. Ende der Neunzigerjahre wandelte sich die Migrationspolitik zum heutigen dualen System: Die Bilateralen Verträge I mit der Europäischen Union brachten den freien Personenverkehr mit dem damaligen europäischen Raum (15 EUStaaten, Efta-Länder) und eine nur noch beschränkte Zuwanderung aus allen anderen Ländern. Ziel der neuen Migrationspolitik ist es, qualifizierte Arbeitskräfte nach den Wünschen der Wirtschaft ins Land zu holen. Im Jahr 2005 stimmte das Schweizervolk der Erweiterung des Abkommens auf zehn neue EU-Mitgliedstaaten zu. Und 2009 beschloss das Volk die Fortführung der Personenfreizügigkeit mit der EU und ihre Ausdehnung auf Bulgarien und Rumänien. übermässiger Zunahme der Einwanderung» bis 2014 ausgehandelt, welche neue Kontingente erlauben würde. Und auch das gilt für alle EU- und Efta-Bürger weiterhin: In der Eidgenossenschaft bleiben darf nur, wer einen Arbeitsvertrag mit einem Schweizer Unternehmen vorweisen kann. Eines hat sich mit der Einführung der Personenfreizügigkeit in Europa grundlegend verändert: Die Migranten stammen heute zu 70 Prozent aus der Europäischen Union. Und 60 Prozent aller neuen Zuwanderer besitzen einen Hochschulabschluss (das sind doppelt so viele wie unter den Schweizern selbst). Diesen neuen Trend bestätigt das Bundesamt für Migration: «Seit 2002 sind mehrheitlich gut bis sehr gut qualifizierte Arbeitskräfte in die Schweiz eingewandert.» Markant war die Zuwanderung bei akademi- 10 EINWANDERUNGSLAND SCHWEIZ SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Fotos: Schweizerischer Fussballverband SFV gement schweizerischer Unternehmen belegt eine Erhebung der spezialisierten Guido Schilling AG in den 121 Firmen mit der grössten Anzahl Mitarbeitender: 44 Prozent der Topmanager in der Schweiz sind Ausländer – davon zu 31 Prozent aus Deutschland (auf der Stufe CEO gar zu 43 Prozent), zunehmend gefolgt von US-Amerikanern und Briten. migration bringe nicht nur Arbeitskräfte ins Land, sondern auch Konsumenten und Mieter, was das Wachstum der Binnenwirtschaft begünstige und neue Arbeitsplätze schaffe. Und der Einfluss auf die Löhne? Das Fazit des zuständigen Staatssekretariats im Bundeshaus: Lohnsenkende Folgen für Erwerbstätige mit tiefen und mittleren Einkommen sind nicht festzustellen. Bei den hochqualifizierten Arbeitskräften hat die Zuwanderung einen dämpfenden Effekt auf die Löhne, deutlich stärker bei den Ausländern als bei den Schweizern. Dass der Druck auf die Löhne nicht stärker ausfällt, hat mit «flankierenden Massnahmen» zur Personenfreizügigkeit in Europa zu tun. Diese sorgen dafür, dass die schweizerischen Lohn- und Arbeitsbedingungen in allen Branchen und Regionen des Landes eingehalten werden. Sozialtransfers «die Defizite in der Ausländerintegration und bei der Berufsbildung». Mangelnde berufliche Ausbildung führe hauptsächlich zu Arbeitslosigkeit und zum Bezug von Leistungen der Sozialhilfe und der Sozialversicherungen. Die heutigen Soziallasten haben auch einen geschichtlichen Hintergrund: Die bis ins Jahr 2002 eingewanderten Saisonarbeiter Neue Probleme, neue Sorgen aus Südeuropa und später aus dem Balkan Zuwanderung schafft Wohlstand – und neue waren überwiegend Ungelernte. Die Schweiz Sorgen und Probleme. Auf dem Wohnungshat sie als billige Arbeitskräfte ins Land gemarkt stösst die starke Einwanderung auf den holt. Dies bestätigt Alain du Bois-Reymond, begrenzten Faktor Boden, und das mit Folder Direktor des Bundesamtes für Migragen für die Preise von Wohneigentum und tion: «Der hohe Anteil von Ausländern bei Mieten. Die Migration ausländischer Arder Arbeitslosen- und bei der Invalidenverbeitskräfte war in den letzten vier Jahren der sicherung ist eine Altlast aus der Zeit des Saistärkste Antrieb für den Wohnungsbau (stelsonnier-Statuts.» Francis Matthey von der len die Immobilienberater Wüest & Partner Kommission für Migrationsfragen nennt fest). «An einigen Hotspots weitere Gründe: Die auslänim Raum Genf oder Zürich dische Bevölkerung ist jünger und weniger gut ausgespielt der Markt verrückt.» bildet, viele Migranten Vor allem bei Luxusobjekten führe dies zu Preisen arbeiten in Sektoren mit be«jenseits der Realität». Was sonderem Invaliditätsrisiko die lokale Bauwirtschaft und in konjunkturabhängiund die Immobilienhändler gen Branchen. freut, hat Folgen für die anDie Migration begünstigt sässigen Bewohner. «Wohaber auch die Sozialwerke: nungsknappheit und Preis«Durch die Zuwanderung steigerungen erhöhen den von mehrheitlich jüngeren ökonomischen Druck auf Arbeitnehmern wird bei der die sozial benachteiligten Alters- und bei der InvaliBevölkerungsschichten, denversicherung das Verwodurch im Umfeld der hältnis zwischen Aktiven grossen Städte das Armutsund Rentnern verbessert. risiko steigt», heisst es in Damit tragen die Einwandeder Studie «Immigration rer zur Finanzierung von 2030» der Zürcher KantoAHV und IV bei» (so die nalbank. «Neue Zürcher Zeitung»). Verdrängen die meist Bei der AHV allein kommen gut qualifizierten neuen rund 20 Prozent aller LohnZuwanderer die einheimiDie besten Schweizer Fussballer sind gebürtige Ausländer: Yakin, Barnetta, Behrami, beiträge von EU-Bürgern, Fernandes (v.l.) schen Erwerbstätigen (mit die aber nur 15 Prozent der und ohne Schweizer Pass) Leistungen beziehen. Übrivom Arbeitsmarkt? «Eine Verdrängung von Folgen für die Sozialwerke? gens: Anspruch auf eine AHV-Vollrente in einheimischen Arbeitskräften findet kaum Belasten oder entlasten die Immigranten under Schweiz besteht nach 44 Beitragsjahren, statt», sagte Direktor Serge Gaillard vom sere Sozialwerke und den Staat? 42 Prozent wer nur ein Jahr bei uns gearbeitet hat, beStaatssekretariat für Wirtschaft. «Entgegen der Arbeitslosen sind Ausländer, 44 Prozent kommt also nur 1/44 der Vollrente … von Befürchtungen verdrängen die Zuwander Empfänger von Sozialhilfe sind AuslänDennoch gibt es offene Fragen wie diese: derer die Schweizer gesamthaft nicht aus der (zusammen mit eingebürgerten Perso- Warum beziehen 10 Prozent der Türken im dem Arbeitsmarkt», hält das Fachorgan «Der Alter von 30 bis 39 Jahren eine IV-Rente, nen gar 60 Prozent), und 37 Prozent der Arbeitsmarkt» fest; eine gewisse Verdrän- Renten der Invalidenversicherung gehen an und nur etwa 2 Prozent der Schweizer? gung finde allenfalls beim Mittelstand statt. Ausländer. Und das bei einem ausländischen Warum ist jeder dritte Türke oder frühere Konjunkturforscher nehmen an, dass die Ar- Anteil an der Wohnbevölkerung von 22 Pro- Jugoslawe im Alter von 50 bis 59 Jahren über beitslosigkeit durch die Zuwanderung kaum zent. Der frühere Preisüberwacher Rudolf die Sozialversicherung schon frühpensiooder nur sehr schwach gestiegen ist. Die Im- Strahm nennt als wichtigste Ursache dieses niert, und nur 9 Prozent der Schweizer (wie 11 SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: Keystone eine Studie festhält)? Ist es angemessen, dass zum Beispiel ein Deutscher nach einem einzigen Arbeitstag die volle Arbeitslosenhilfe erhält, sofern er in seinem Herkunftsland genügend lange Sozialversicherung bezahlt hat? Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen zur Frage, wie viel die Ausländer an die Sozialversicherungen bezahlen und wie viel Sozialleistungen sie beziehen (den sogenannten Netto-Transfersaldo). Dabei werden auch ihre Steuerleistungen berücksichtigt und der Umstand, dass ein anderer Staat ihre Ausbildung finanziert hat. Die gründliche Immigrations-Studie der Zürcher Kantonalbank kommt für alle Personen im Erwerbsalter (Schweizer und Ausländer) zu einem positiven Saldo (also mehr Einzahlungen als Bezüge). Dieser liegt bei Personen mit ausländischem Pass etwas tiefer als bei Schweizern, was mit den niedrigeren Einkommen der Ausländer zusammenhängt. Anders gesagt: Mit Einbezug der Steuern sind die zugewanderten Ausländer aus staatlicher Sicht «rentabel». haben ihre eigenen Netzwerke und leben in Communities, sprechen Englisch und schicken ihren Nachwuchs in internationale Schulen. Es ist aber unbestritten, dass es für die «chancengleiche Teilhabe der ausländischen Bevölkerung am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben» (so der Bundesrat) noch viel zu tun gibt. Ja, es gebe Überfremdungsängste in der Bevölkerung, bestätigte Zürichs Stadtpräsidentin Corinne Mauch. Deshalb sei es «absolut zentral, dass wir eine aktive Integrationspolitik betreiben». Die höchste Stufe der Integration ist die Einbürgerung, also die Erteilung des Schweizer Bürgerrechts. Wer seit zwölf Jahren in der Schweiz wohnhaft ist, kann ein Gesuch um Einbürgerung stellen. Der Bund klärt nur zwei Fragen ab – ob der Kandidat Ausländer das Schweizer Bürgerrecht, am meisten aus dem Balkan, aus Italien und Deutschland. Die Einbürgerungspraxis in der Schweiz gilt im internationalen Vergleich nach wie vor als streng. Dennoch fordern Rechtspolitiker weitere Verschärfungen – keinen Schweizer Pass bei Arbeitslosigkeit oder bei einem Strafregistereintrag (wie das Überfahren eines Rotlichts im Strassenverkehr). Die kulturelle Dimension Im Oktober wurde Melinda Nadj Abonji auf der Frankfurter Buchmesse mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Und im November erhielt die Autorin auch noch den Schweizer Buchpreis. Die 42-jährige Schriftstellerin stammt aus Senta in der Vojvodina, einer autonomen ungarischen Provinz in Serbien, und lebt mit ihrer Familie in Zürich. Ihr preisgekrönter Roman «Tauben fliegen auf» berichtet von einer Familie, die Anfang der Siebzigerjahre aus der Vojvodina in die Schweiz kommt. Den letztjährigen Schweizer Buchpreis hatte die Autorin Ilma Rakusa Integration mit slowenisch-ungarischen und Einbürgerung Wurzeln gewonnen. Ihr au«Man hat Arbeitskräfte getobiografisches Werk rufen, und es kommen «Mehr Meer» schildert poMenschen.» Dieser beetisch die Beobachtungen rühmte Satz des Schrifteiner Eingereisten über ihre stellers Max Frisch von neue Heimat. 1965 zielt auf die soziale In«Die deutschsprachige Litegration der ausländischen teratur hat in den letzten Arbeitskräfte in unsere GeJahrzehnten von Immigransellschaft. Die Schweiz mit ten und Secondos wesentliihrer grossen Zahl an Ausche Impulse erhalten», ländern hat seit den Sechschreibt der Literaturkritizigerjahren zweifellos eine Die Schweiz zieht auch viele reiche Ausländer an: Popstar Phil Collins wohnt seit vieker Manfred Papst. Immilen Jahren in der Nähe von Genf. eindrückliche Integrationsgration hat nicht nur eine leistung erbracht. Seit eiökonomische und soziale nem halben Jahrhundert schüren indes natidie Rechtsordnung einhält und ob er ein Si- Dimension, sondern – zum Glück für unser onal-konservative Kreise immer wieder das cherheitsrisiko darstellt. Weitere Kriterien Land – auch eine kulturelle. politische Feuer mit der Ausländerfrage. Die überlässt der Bund den Kantonen und Gepolitische Rechte will nicht anerkennen, dass meinden, etwa die Vertrautheit mit den hiedie Schweiz ein Einwanderungsland ist, und sigen Lebensgewohnheiten, den Leumund, DOKUMENTATION Credit Suisse, Economic Research: Schweizer Migrativerlangt Assimilation statt Integration. Die die sprachliche Verständigung, die finanonspolitik. Erfahrungen und Aussichten, Zürich, 2008 politische Linke verklärt den Multikulturazielle Eigenverantwortung. Daniel Müller-Jentsch: Die neue Zuwanderung. Die Schweiz zwischen Brain-Gain und Überfremdungslismus oft in naiver Weise und verkennt die Waren es im Jahr 1990 noch 8658 Einbürangst. Avenir Suisse und Verlag Neue Zürcher Zeitung, alltäglichen Probleme des Zusammenlebens gerungen gewesen und zehn Jahre später Zürich, 2008 Zürcher Kantonalbank: Immigration 2030. Szenarien (namentlich in den Schulen). 28 700, stieg diese Zahl in den letzten fünf für die Zürcher Wirtschaft und Gesellschaft, Zürich, Am wenigsten Sorgen bereitet die Integ- Jahren bis auf 46 711 im Jahr 2006 massiv an. 2010 ration der neuen ausländischen Eliten – sie 2009 erhielten 43 440 Ausländerinnen und Dokumentationszentrum: www.doku-zug.ch 12 CERN – DAS ZENTRUM FÜR KERNFORSCHUNG IN GENF Das Experiment der Superlative Der kälteste Ort im Universum und der grösste Teilchenbeschleuniger der Erde befinden sich nordwestlich von Genf. Besuch in einer Parallelwelt, der Europäischen Organisation für Kernforschung CERN. Von Joel Frei werden nächstes Jahr die Protonen aufeinander krachen. Mit dem ATLAS-Detektor wollen die Physiker das sogenannte HiggsTeilchen nachweisen – es existiert heute nur in der Theorie – von dem man sich verspricht, dass es erklärt, warum die Teilchen eine Masse haben. Die Physiker Hundert Meter unter der Erde führen enge Gänge durch ein Gewirr aus Rohrleitungen, Kabeln und Schläuchen. Der Physiker Niko Neufeld grinst schelmisch: «Es ist hier ein bisschen wie in einem Harry-Potter-Film – man weiss nie so recht, wo die verschlungenen Wege enden.» Neufeld ist einer der 7000 Wissenschaftler am CERN, dem grössten Forschungszentrum für Teilchenphysik der Welt. Hier werden Antworten auf die ganz grossen Fragen gesucht: Woher kommen wir? Warum diese Welt und nicht eine andere? Wie hat sich das Universum entwickelt? Das «Labor für die Welt» – Forscher aus über 80 Ländern arbeiten hier – hat die Dimension einer kleinen Stadt. SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Das Labyrinth Die Strassen des CERN tragen Namen bekannter Physiker. Heisenberg, Curie, Einstein. Die Physikerstadt beherbergt eine eigene Post, eine Bank, ein Reisebüro und einen Theatersaal. Das CERN steht auch im Energiebedarf einer Stadt in nichts nach: Die Forschungsstätte verschlingt einen Zehntel der Elektrizität des Kantons Genf. Das Budget des gigantischen Labors beläuft sich auf rund eine Milliarde Franken. Zum Vergleich: Der Finanzhaushalt des CERN ist höher als das Bruttoinlandsprodukt des zentralafrikanischen Staats Burundi. Neufeld dringt weiter ins Labyrinth vor und geht durch einen Gang voran, der durch riesige Stahlbetonblöcke führt. «Jetzt kommen wir – wie wir das nennen – auf die schlechte Seite.» Was wie ein filmreifer Schlagabtausch zwischen Gut und Böse tönt, ist dann doch in die nüchterne Welt der Wissenschaften einzuordnen. Die Betonblöcke schützen Mensch und Elektronik – die sich auf der «guten» Seite befinden – vor der Strahlung verirrter Teilchen. Der Gang durch die Betonblöcke führt schliesslich zu einer unwirklich erscheinenden Riesenmaschine. Es ist einer der sechs Detektoren am Ring des weltweit grössten Teilchenbeschleunigers, der sogenannte LHCb. Dieser Nebendetektor soll unter anderem Licht in eines der letzten Rätsel der Antimaterie bringen: Warum wurde beim Urknall nicht alle Materie, die mit der Antimaterie in Kontakt kam, vernichtet? Warum blieb ein kleiner Rest Materie übrig, welcher unser Universum bilden sollte? Der Teilchenbeschleuniger Der neue, leistungsfähigere Teilchenbeschleuniger LHC (Large Hadron Collider) wird im ringförmigen Tunnel des alten Beschleunigers gebaut. Dieser unterirdische Speicherring kann einen Umfang von stolzen 27 Kilometern aufweisen und reicht weit ins benachbarte französische Staatsgebiet hinein. Im LHC werden Protonen auf annähernde Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und in beide Richtungen im Kreis herumgeschossen. Dabei prallen sie unweigerlich aufeinander; aus diesen Zusammenstössen entstehen neue Teilchen. Die Detektoren am Ring des Teilchenbeschleunigers erfassen diese Zusammenstösse und erzeugen eine Datenlawine, welche die Physiker dann auswerten können. Unzählige extrem leistungsfähige Magnete halten die Protonen auf ihrer Kreisbahn. Um ihre volle Leistung auszuschöpfen, werden diese auf minus 271 Grad Celsius heruntergekühlt – so kalt wird es sonst nirgends im Universum. Bei ihren Experimenten stellen die Forscher den physikalischen Urzustand des Universums nach, als die Welt eine Billionstelsekunde alt war. Wenn man den Eifer der Physiker und das Strahlen auf ihren Gesichtern sieht, glaubt man, sie reisten gleich selber mit in die Vergangenheit, mit ihrer Detektor-Zeitmaschine. Ein riesiger Koloss aus Metall hängt in einer Kaverne, zu der man nur durch einen schmalen Durchgang gelangt. Der ATLASDetektor ist der grösste der sechs Detektoren am Ring und stellt das Kernstück des neuen Teilchenbeschleunigers dar. Die Arbeiter, die an ihm herumturnen, sehen wie Zwerge aus. Im Zentrum dieses Apparats Die Gebäude des Forschungszentrums befinden sich zu einem guten Teil auf französischem Territorium. Die Grenze verläuft mitten durch das Forschungsgelände. Physiker, die ihr Büro in Frankreich haben, essen in der Kantine zu Mittag, die sich in der Schweiz befindet. Da kann es den Physikern aus aller Welt, die am CERN forschen, schon mal passieren, dass sie vergessen, in welchem Land sie sich befinden. Das Klischee des vergesslichen Professors bestätigt sich im CERN-Land: Da soll doch ein allzu passionierter Physiker an Skorbut erkrankt sein, da er zu sehr an seine Experimente dachte und nicht an gesunde Ernährung. Tourführerin Sophie Tesauri schreitet zu einer Halle auf französischem Territorium voran. Auf einer Wiese nebenan grasen friedlich Schafe. Die Halle ist heruntergekommen, die schäbigen Toiletten sind aussen am Gebäude angebaut. «Das Geld wird für die Forschung verwendet – mein Büro weist beispielsweise keine Doppelverglasung auf», lacht Tesauri. Die Grenzen der Wissenschaft Im Innern der Halle stellt der Physiker Michael Doser ein Antimaterie-Experiment vor, bei dem er vor einigen Jahren mitgeforscht hat. Dem Forscherteam war es gelungen, ein Anti-Wasserstoff-Atom künstlich zu erzeugen. Das Gespräch mit Doser gleitet in die unbekannte Welt der Metaphysik ab: Auf die Frage, ob die Physik jemals erklären kann, was zeitlich vor dem Urknall war, meint er, dass es nach dem heutigen Stand der Wissenschaft sinnlos sei, danach Fragen zu stellen, «denn Zeit ist erst mit dem Urknall entstanden und wir wissen noch nicht, was Zeit bedeutet». Dieser Generation von Physikern wird es, wie Doser meint, nicht gelingen, die Rätsel der Gravitation und der Zeit zu lösen. Die Forscher können es sich nicht erklären, warum wir an der Erde kleben. Und Zeit bleibt ein abstrakter Begriff. Doch er glaubt an die kommende Generation Physiker: «Ich glaube an den Erfindungsgeist der Menschen. Man wird neue Fragen haben und neue Hilfsmittel erfinden, 13 um diese Fragen zu beantworten». Wie man es aus Science-Fiction-Filmen kennt, glaubt er, dass der Mensch seine Intelligenz einmal künstlich erweitern kann und so auch einmal wissen wird, was vor dem Urknall war. «Zeigen, wie alles zusammenpasst und dass das Universum gar nicht anders hätte sein können, das ist das Ziel der Physik», so Doser. Das CERN bei Genf besuchen heisst eintauchen in eine Parallelwelt. Was ist Wirklichkeit, was Metaphysik? Am Ende der Führung durch die Welt der Grundlagenforschung bleiben viele unbeantwortete Fragen. Die wichtigste: Was machen die 7000 Wissenschaftler in diesem Labyrinth aus grauen Gebäuden, Detektorenkavernen und Tunnels eigentlich wirklich? SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: Keystone/CERN Bild unten: Das CERN in Genf hat die Dimensionen einer kleinen Stadt und ist der Arbeitsplatz für Forscher aus 80 Ländern. «Es passiert sicher nichts Gefährliches» Was bringt die milliardenteure Forschung am CERN? Welche Erkenntnisse erhoffen sich die Physiker in Genf von ihrer Arbeit? Der Berner Physiker Peter Jenni arbeitet seit 1980 am CERN und beantwortet Fragen zu seiner Tätigkeit. Die Fragen stellte Joel Frei. Was war für Sie der bewegendste Moment in ihrer Karriere als Physiker? Es gibt drei Momente, die mir ganz besonders wichtig waren. Das war zu Beginn der 80er-Jahre, als wir am Proton-Antiprotonbeschleuniger Experimente durchführten und die W- und Z-Bosonen (Übermittler der schwachen Wechselwirkung) gefunden haben. Das war die grosse Entdeckung am CERN. Ein grosser Moment war 1995, als Peter Jenni arbeitet seit 1980 als Physiker beim CERN. 14 CERN – DAS ZENTRUM FÜR KERNFORSCHUNG IN GENF das ATLAS-Projekt genehmigt wurde. Und natürlich die ersten Kollisionen im LHC, am 23. November 2009, ein ganz spezieller Moment nach zwanzig Jahren Entwicklungsarbeit. Gibt es schon konkrete Erkenntnisse, welche dank des neuen Teilchenbeschleunigers LHC gewonnen werden konnten? Ja, es gibt schon mehrere Publikationen zum Standardmodell in der Physik. Noch nie wurde dieses bei so hohen Energien getestet. Wir sehen, dass sich dieses Modell im Grossen und Ganzen so verhält, wie wir das erwarteten. Und wir haben auch schon Neuland beschritten; man kann beispielsweise schon gewisse hypothetische Teilchen ausschliessen. Wir können dank der hohen Energie, mit der wir arbeiten, mehr Erkenntnisse sammeln als unsere Konkurrenz am Tevatron-Beschleuniger bei Chicago. Wir haben zwar noch nichts Exotisches gefunden, sind aber weiter vorangekommen als bisher. Natürlich erhoffen wir uns vom LHC viele neue Erkenntnisse in den kommenden Jahrzehnten. Zu den Symmetrietheorien gehört auch die sogenannte String-Theorie, in der auch am CERN geforscht wird. Wird dank ihr bald die «Weltformel» gefunden? (lacht). Da ist noch ein langer Weg vor uns. Die String-Theorie macht nicht klare Aussagen darüber, was man am LHC beobach- ten könnte. Aber es gibt Folgetheorien der String-Theorie, die Voraussagen über neue hypothetische Teilchen machen, zum Beispiel die Supersymmetrietheorie. Diese Theorie ist sehr spannend, da hier der LHC zum Tragen kommt und dank ihr Forschungsresultate in der Suche nach der mysteriösen dunklen Materie erzielt werden könnten. Der Schweizer Physiker Fritz Zwicky hat schon in den 1930er-Jahren beobachtet, dass die sichtbare Materie allein nicht erklären kann, wie Galaxien zusammenhalten. Es muss da noch eine andere Materie existieren, die grundlegend anders aufgebaut sein muss. Man sieht von der dunklen Materie keine Sterne, aber sicher ist: Es gibt viel davon, viel mehr als die Materie, aus der die Sterne geformt sind. Die dunkle Materie ist eines der Hauptmysterien in Physik und Kosmologie. Wie stehen Sie zum Vorwurf, dass die Grundlagenforschung am CERN zu viel Geld, nämlich 1 Milliarde Franken pro Jahr, und zu viel Energie, 10 Prozent der Elektrizität des Kantons Genf, verschlingt? Die Grundlagenforschung ist wichtig für den technischen Fortschritt der Menschheit. Wir leben alle mit technischen Errungenschaften. Als Forscher über Elektrizität und Magnetismus geforscht haben, konnte niemand vorhersehen, welche Bedeutung diese Forschung gewinnen würde. Grundlagenforschung ist ein Motor für den Fortschritt. Es gehört zu den Grundeigenschaften des Men- schen, dass er die Naturgesetze verstehen möchte; dies unterscheidet uns unter anderem von Tieren. Ein anderer Aspekt ist, dass es viele positive Anwendungen der am CERN entwickelten Technologien gibt. Im Bereich der Medizin beispielsweise, und das World Wide Web wurde am CERN entwickelt. Aber vielleicht noch wichtiger ist die Ausbildung von vielen jungen Leuten in Spitzentechnologien, aber auch ganz einfach, indem hier international zusammengearbeitet wird. Wir sind uns schon bewusst, dass Spitzenforschung viel Geld kostet, und es ist wichtig, dass eine Kontrolle des Energieverbrauchs sowie ein Qualitätsmanagement durchgeführt wird. Was sagen Sie zu Menschen, die befürchten, dass der LHC ein Schwarzes Loch entstehen lässt? Was am LHC passiert, kommt in der Natur schon seit vielen Milliarden Jahren vor: Zusammenstösse von Teilchen geschehen im Universum ausserdem noch mit viel höherer Energie. Wir sind alle noch da, diese Gefahr besteht wirklich nicht und ist unbegründet. Das CERN hat die Warnungen ernst genommen und Expertenberichte machen lassen, die aufgrund von Wahrscheinlichkeitsrechnungen Entwarnung gaben. Diese Frage kam oft vor, aber seit der LHC in Betrieb ist, wurde es ruhig um dieses Thema, weil nichts passiert ist. GLOSSAR SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Standardmodell Dieses Modell der Elementarteilchenphysik ist eine physikalische Theorie, welche die bekannten Elementarteilchen beschreibt sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen. Das Modell beschreibt drei verschiedene Arten von Wechselwirkungen; starke Wechselwirkung, schwache Wechselwirkung und elektromagnetische Wechselwirkung. Higgs-Teilchen Benannt nach dem schottischen Physiker Peter Higgs, ist dieses bis jetzt nur in der Theorie existierende Teilchen wichtig, um die Masse von Teilchen zu erklären. Weltformel seitig zerstören. Beim Urknall wurden riesige Mengen von Mate- Auch als «Theory of Everything» rie und Antimaterie so vernichtet, bekannt, versucht diese Theorie der Physik und Mathematik alle es ging aber ein kleiner Rest an bekannten physikalischen PhänoMaterie hervor, unsere heutige Dunkle Materie mene ganzheitlich zu erklären Hypothetische Form von Materie, Welt. und zu verknüpfen. Ein einziges welche nicht gesehen werden Modell soll alle grundlegenden kann, da sie kein Licht aussendet String-Theorie Hypothetische physikalische Mo- Wechselwirkungen der Natur eroder reflektiert. Dunkle Materie delle; welche versuchen, alle bis- klären. steht in einer gravitativen Wechselwirkung mit sichtbarer Materie. her beobachteten FundamentalSchwarzes Loch kräfte der Physik einheitlich zu Ein astronomisches Objekt, das erklären. Insbesondere versucht Antimaterie eine so grosse Gravitation aufMaterie, die aus Antiteilchen auf- diese Theorie, die Gravitationsweist, dass sogar Licht von ihm theorie mit der Quantentheorie gebaut ist, die Gegenstücke «uneingesaugt wird. Die Raumzeit zu verbinden. Die Theorie geht serer» Materie, aus der die Welt wird in ihm so stark verzerrt, dass über das Standardmodell hinaus, besteht. Antimaterie ist bei uns nichts von innerhalb nach aussersehr kurzlebig, weil beim Aufein- ist aber bisher nie praktisch gehalb des Lochs gelangen kann. andertreffen eines Teilchen-Anti- testet worden. teilchen-Paares sich beide gegenEs wird im Standardmodell der Elementarteilchenphysik vorhergesagt. AUS DEM BUNDESHAUS 15 mächtigter für die Organisation des Gipfeltreffens, zeigte anhand von konkreten Beispielen, welche logistische Herausforderung in der Organisation eines solchen Gipfels steckt. Demnach mussten für das Treffen 1750 Delegierte, etwa 600 Journalisten, 1700 Angestellte, über 1000 Organisatoren sowie über 1000 Polizisten und FeuerwehrAm 23./24. Oktober 2010 fand in Montreux der XIII. Gipfel der leute akkreditiert werden. Die Chefin der Schweizer Diplomatie wies Staats- und Regierungschefs der Frankophonie unter dem Vorsitz auch auf die Bedeutung des Gipfeltreffens für das Gastgeberland von Bundespräsidentin Doris Leuthard statt. Der Gipfel öffnete Schweiz hin und unterstrich, dass das ganze Land und nicht nur der seine Türen auch für die Bevölkerung, mit zahlreichen thematifranzösischsprachige Teil ein Mitglied der internationalen Organischen, literarischen und kulturellen Anlässen. Er schloss mit sation der Frankophonie (OIF) sei. «Die multikulturelle, viersprader «Erklärung von Montreux», die zusammen mit mehreren Rechige und föderalistische Schweiz fühlt sich wohl in der Frankophosolutionen verabschiedet wurde. Die Schweiz übernimmt von nie, die 870 Millionen Menschen auf fünf Kontinenten umfasst», Oktober 2010 bis Oktober 2012 den Vorsitz über den Frankophoniemeinte sie. Der Gipfel werde das Augenmerk auf die Schweiz ziehen gipfel; die Demokratische Republik Kongo wurde zum Gastland und ihr erlauben, sich als Gastland für Konferenzen und internatiodes nächsten Gipfels im Jahre 2012 bestimmt. nale Organisationen zu präsentieren. «In einer Welt der Verflechtung von Netzwerken ist diese Positionierung ein Trumpf», ergänzte Wenige Tage vor der Eröffnung des XIII. Frankophoniegipfels hatte die Bundesrätin. Micheline Calmy-Rey, Vorsteherin des EidgenösDas Jahr 2010 fällt auf den 40. Jahrestag der DER GENERALSEKRETÄR DER INTERNAsischen Departements für auswärtige AngelegenErklärung von Niamey, dem Gründungsakt der TIONALEN ORGANISATION DER heiten (EDA), die Bedeutung des Treffens hervorinstitutionellen Frankophonie. Deshalb hatte die FRANKOPHONIE MIT DEM BEVOLLMÄCHTIGTEN FÜR DIE ORGANISATION DES gehoben. «Die Frankophonie hat einen grossen Schweiz angeregt, dass die Staats- und Regie13. FRANKOPHONIEGIPFELS UND DEN Einflussbereich: Sie repräsentiert einen Drittel der rungschefs sich zum Thema «HerausforderunWICHTIGSTEN BERATERN Der Generalsekretär der Internationalen UNO-Mitgliedstaaten. Als Raum für die Fördegen und Zukunftsvisionen für die Frankophonie» Organisation der Frankophonie (OIF), rung von Demokratie, Menschenrechten und EntGedanken machen sollten. Namentlich drei TheAbdou Diouf, mit Botschafter JeanFrançois Paroz, Bevollmächtigter für die wicklung bietet die Frankophonie eine Diskussimen standen auf der Diskussionsagenda: «Die Organisation des 13. Frankophonieonsplattform für Anliegen, die uns weltweit Frankophonie als Akteurin in den internationagipfels (zu seiner Linken), und Claude beschäftigen und betreffen», erklärte Micheline len Beziehungen und ihre Stellung in der WeltBerberat, stellvertretender Bevollmächtigter für die Organisation des Calmy-Rey anlässlich der auf Ministerebene taordnungspolitik», «Die Frankophonie und die 13. Frankophoniegipfels (zu seiner genden Vorbereitungskonferenz. nachhaltige Entwicklung» sowie «Die französiRechten). Ebenfalls auf dem Bild: Clément Duhaime, Administrator der OIF, Siebzig Staaten waren in Montreux vertreten, sche Sprache und die Bildung in einer globalisierPierre de Cocatrix, Kabinettchef des vierzig davon durch ihre Staats- und Regierungsten Welt». Generalsekretärs der OIF, und Lautaro Sancho, Verbindungsperson des chefs. Botschafter Jean-François Paroz, Bevoll- XIII. Frankophoniegipfel in Montreux zum Thema «Herausforderungen und Zukunftsvisionen für die Frankophonie» SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: Jacques Lauer Generalsekretärs der OIF. 16 AUS DEM BUNDESHAUS SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: Thierry Parel Die Themen des Gipfels wurden dem Publikum durch ein DutStaats- und Regierungschefs, die kulturelle und sprachliche Vielfalt zend runder Tische näher gebracht, wo Fragen wie Ernährungssifördern und sich für eine frankophone wirtschaftliche Solidarität eincherheit, Wasser oder Aids diskutiert wurden. Bereichert wurden sie setzen zu wollen. Sie rufen zu einer Reform des Weltwirtschaftssystems durch eine Stärkung der Zusammenarbeit zwischen der UNO durch gesellige Anlässe wie beispielsweise das «Village de la Francoals dem Zentrum der Weltpolitik und den wirtschaftlichen Gremien phonie» in Montreux, einen von den frankophonen Fernsehsendern wie der G20 auf, und zur Respektierung und Umsetzung der UNOorganisierten audiovisuellen Abend zur Feier des 40-jährigen Bestehens der Frankophonie, sowie durch vielfältige Aktivitäten im Schloss Konventionen über die Bedrohungen durch Terrorismus, Piraterie, organisiertes Verbrechen, Drogenhandel und Korruption. Auch beChillon. grüssen sie ausdrücklich die Schaffung von «UN Women», der im Juli Der Frankophoniegipfel begrüsste die von der Schweiz angeregte Gründung eines Netzwerks frankophoner Hochschulen (Réseau dieses Jahres geschaffenen neuen UNO-Agentur zur Gleichstellung d’excellence des sciences de l’ingénieur de la Francophonie, RESCIF) und Stärkung der Stellung der Frauen, und fordern die OIF auf, mit unter der Schirmherrschaft der Eidgenössischen Technischen Hochihr zusammenzuarbeiten. Weiter bestätigen sie ihre Unterstützung schule Lausanne (EPFL). Demnach werden ab Januar 2011 14 frander Bemühungen um einen gerechten und dauerhaften Frieden im kophone Universitäten aus Industrie- und Entwicklungsländern zuNahen Osten und drücken ihre Solidarität mit den Erdbebenopfern sammenarbeiten. in Haiti aus. Zum Thema der nachhaltigen Entwicklung werden als In Montreux wurden fünf neue Mitglieder mit Beobachterstatus Anliegen der Frankophonie namentlich die Erreichung der UNOin die Organisation aufgenommen: Bosnien-Herzegowina, die VerMilleniumsziele bis 2015, die Verminderung der Kindersterblichkeit, einigten Arabischen Emirate, Estland, Montenegro und die Dominidie Ernährungssicherheit und konkrete Projekte wie die afrikanische kanische Republik. Der Generalsekretär der Frankophonie, Abou Initiative der Grande Muraille Verte oder die Rettung des TschadDiouf, wurde für eine dritte Amtszeit wiedergewählt. Die Schweiz sees genannt. Schliesslich verpflichten sich die Staats- und Regiewird von Oktober 2010 bis Oktober 2012 den Vorsitz über den Franrungschefs, die Verwendung der französischen Sprache in den interkophoniegipfel übernehmen; zudem hat sie von Dezember 2009 bis nationalen und regionalen Organisationen vorantreiben zu wollen, Dezember 2011 den Vorsitz der Frankophonie-Ministerkonferenz und sie verlangen von der OIF im Hinblick auf den XIV. Gipfel die inne. Diese Aufgabe fällt Bundesrätin Micheline Formulierung einer Politik über die Förderung des DIE VERBINDUNGSPERSONEN DER Calmy-Rey als Vorsteherin des EDA zu. Französischen, welche die Aktionsfelder der Orga73 DELEGATIONEN In der Bildmitte: Botschafter JeanZum Abschluss des Frankophoniegipfels wurden nisation integrieren und koordinieren würde. François Paroz, Bevollmächtigter die «Erklärung von Montreux» sowie mehrere ReDie Demokratische Republik Kongo wurde zum für die Organisation des 13. Frankophoniegipfels, Botschafter Johannes solutionen verabschiedet. Die «Erklärung von Gastland des nächsten Gipfels im Jahre 2012 beMatyassy, Generaldirektor des Montreux» konkretisiert die Debatten über die stimmt. 13. Frankophoniegipfels, und Jacques Lauer, stellvertretender Be«Herausforderungen und Zukunftsvisionen für die Weitere Informationen finden Sie unter vollmächtigter für die Organisation Frankophonie». In der Erklärung bekräftigen die http://www.francophoniemontreux2010.ch des 13. Frankophoniegipfels. 17 Wichtige Information zur «Schweizer Revue» online Vielleicht haben Sie sich schon gefragt, weshalb Sie wieder die Papierversion erhalten, obwohl Sie sich für die Online-Version eingetragen haben? Eine mögliche Erklärung ist, dass die E-Mail, mit der wir Ihnen die «Schweizer Revue» schicken wollten, nicht zugestellt werden konnte. Ist das der Fall, so ändert die Vertretung Ihr Zustellungsprofil, und Sie erhalten wieder die Papierversion. So können wir sicherstellen, dass Sie weiterhin informiert bleiben. Es gibt unterschiedliche Gründe, weshalb die E-Mail als «unzustellbar» gemeldet wird; in den meisten Fällen können Sie aktiv für Abhilfe sorgen: ■ Die Online-Version ging an eine falsche oder veraltete E-MailAdresse. Daher ist es wichtig, dass Sie eine Änderung Ihrer E-MailAdresse der schweizerischen Vertretung melden, bei der Sie angemeldet sind. Nur sie kann Ihre Daten in Ihrer Datei anpassen. Kann die Vertretung Ihre richtige E-Mail-Adresse ausfindig machen, erhalten Sie selbstverständlich wieder die elektronische Version der «Schweizer Revue». SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 NEUE VOLKSINITIATIVEN UND REFERENDEN Seit der letzten Ausgabe sind bis Redaktionsschluss die folgenden neuen Volksinitiativen lanciert worden: ■ «Todesstrafe bei Mord mit sexuellem Missbrauch», Initiativkomitee «Komitee für die Todesstrafe». Ablauf der Sammelfrist: 24.02.2012. ■ «Für Transparenz in der Krankenversicherung (Schluss mit der Vermischung von Grundund Zusatzversicherung)», Initiativkomitee «Für Transparenz in der Krankenversicherung» AMG - Eidg. Volksinitiative. Ablauf der Sammelfrist: 28.03.2012. ■ «Bürokratie Stopp!», Initiativkomitee FDP. Die Liberalen Initiativkomitee «Bürokratie Stopp!». Ablauf der Sammelfrist: 12.04.2012. Gegen unten stehende Erlasse wurde ein Referendum ergriffen. Die Frist für die Unterzeichnung läuft bis zum 20. Januar 2011. ■ Bundesgesetz über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz; StBOG) Strassenverkehrsgesetz (SVG) Bundesgesetz über den Infrastrukturfonds für den Agglomerationsverkehr, das Nationalstrassennetz sowie Hauptstrassen in Berggebieten und Randregionen (Infrastrukturfondsgesetz, IFG) ■ Bundesgesetz über die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte politisch exponierter Personen (RuVG) ■ Bundesgesetz über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung ■ Bundesgesetz über die Koordination des Asyl- und des Auslieferungsverfahrens ■ Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG) (Datenschutz bei der Benutzung der elektronischen Infrastruktur) ■ Bundesgesetz über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz, LFG) ■ Bundesgesetz über die Stauanlagen (Stauanlagengesetz, StAG) ■ Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Serbien über die polizeiliche Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität ■ ■ Unzustellbar sind auch Mails, die in Ihrem Spamfilter hängen bleiben. Schauen Sie bitte in Ihren Spamordner und markieren Sie gegebenenfalls die E-Mail so, dass sie vom System erkannt wird. ■ Das Speichervolumen Ihres E-Mail-Providers ist überschritten: bitte leeren Sie einen Teil Ihrer Mailbox. ■ Eine andere Erklärung könnte sein, dass Sie sich zu einem Zeitpunkt für die Online-Version angemeldet haben, als die technischen Vorbereitungen für den Versand bereits abgeschlossen waren. Das ist ungefähr einen Monat vor dem Versand der Fall. Nach diesem Zeitpunkt vorgenommene Änderungen der Zustellart können für die kommende Revue nicht mehr berücksichtigt werden, so dass Sie die nächste Nummer noch auf Papier, und erst die übernächste online erhalten werden. Es ist uns ein grosses Anliegen, dass alle Leser und Leserinnen die «Schweizer Revue» in der Art erhalten, die sie gewählt haben. Wie Sie sehen, können Sie mithelfen, dieses Ziel zu erreichen. Wir danken Ihnen dafür. Wir erinnern Sie daran, dass Sie jederzeit die aktuelle Version der «Schweizer Revue» auf www.revue.ch lesen können. Bundesbeschluss über die Genehmigung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen zum Aussengrenzenfonds sowie der Vereinbarung über die Beteiligung der Schweiz am Aussengrenzenfonds (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) ■ Bundesbeschluss über die Genehmigung des Seearbeitsübereinkommens ■ Bundesbeschluss über die Genehmigung des europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung von gefährlichen Gütern auf Binnenwasserstrassen (ADN) ■ Bundesbeschluss über die Genehmigung der Satzung der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) ■ Bundesbeschluss über die Genehmigung des Übereinkommens über das Europäische Forstinstitut (EFI) Auf der Seite www.bk.admin. ch/aktuell/abstimmung finden Sie eine Aufstellung der hängigen Referendumsvorlagen und Volksinitiativen sowie die entsprechenden Unterschriftenbogen, falls vorhanden. Bitte senden Sie die ausgefüllten und unterschriebenen Bogen direkt an das zuständige Initiativkomitee. ■ VERANT WORTLICH FÜR DIE AMTLICHEN MITTEILUNGEN DES EDA: JEAN-FRANÇOIS LICHTENSTERN, AUSL ANDSCHWEIZERDIENST/EDA, BUNDESGASSE 32, CH-3003 BERN; TELEFON: +41 31 324 23 98, TELEFAX: +41 31 322 78 66 WWW.EDA.ADMIN.CH/ASD; PA6-AUSL [email protected] Inserat 18 REGIERUNGSREFORM SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: Keystone «Die Schweiz wird nicht schlecht regiert» Braucht die Schweiz eine Regierungsreform, mehr Bundesräte und ein zweijähriges Bundespräsidium? Ist unser politisches System überholt, schwerfällig und nicht mehr zeitgemäss? Ein Gespräch mit dem Zürcher Politologen und emeritierten Professor Leonhard Neidhart. Die Fragen stellte Heinz Eckert «schweizer revue»: Im deutschen Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» war kürzlich zu lesen, die Schweiz habe ein eigenartiges Regierungssystem. Stimmt das? professor leonhard neidhart: Die Regierungsform eines jeden Landes hat ihre Eigenarten. Bezeichnend für die Schweiz sind vor allem zwei elementare Besonderheiten: Erstens, dass im Bund drei verschiedene politisch-staatliche Organisationsprinzipien kombiniert werden, nämlich das föderative, das repräsentative und das direkt-demokratische. Damit hat der Kleinstaat Schweiz tatsächlich ein organisatorisch ‹grosses›, komplexes und auch kompliziertes Regierungssystem. Zweitens ist es bezeichnend für die Schweiz, dass sie politisch nicht durch eine personelle, einzelne Führungsspitze wie ein Präsident oder ein Kanzler, sondern durch ein Kollektiv, durch Räte, regiert wird. Stimmt es, dass die Direkte Demokratie schwerfälliger ist als weniger demokratische Regierungssysteme? Wenn wichtige Entscheidungen durch ‹alle› Stimmberechtigten gefällt werden, ist das sicherlich aufwändiger, als wenn Politik durch eine Parlamentsmehrheit und eine Führungsspitze von Regierungschefs oder Koalitionsausschüssen gemacht wird. Es geht aber um die Auswirkungen auf die Politikgestaltung. Das Wort Reformstau ist jedoch in Deutschland entstanden und bezieht sich auf das politische Leben in Deutschland. Reformstau ist ein Schlagwort, das nicht viel aussagt. In der föderalistisch-direktdemokratischen Schweiz sind Reformen oft langsamer vonstattengegangen, wie beispielsweise die späte Einführung des Frauenstimmrechts oder der UNO-Beitritt zeigten. Das heisst aber nicht, dass in verschiedenen Kantonen und auch im Bund die Schweiz moderner ist als zum Beispiel Deutschland. Der Bundesrat stand in letzter Zeit unter Dauerkritik. Zu Recht? Tatsächlich sind sowohl einzelne Mitglieder des Bundesrates, einzelne seiner Beschlüsse als auch seine organisatorische Form Professor Dr. Leonhard Neidhart promovierte an der Freien Universität Berlin und habilitierte an der Universität Zürich für politische Wissenschaften. Bis zu seiner Emeritierung vor zehn Jahren war Neidhart Professor für politische Wissenschaften an der Universität Konstanz. Er gehört zu den profiliertesten Politikwissenschaftern der Schweiz und hat zahlreiche Publikationen zum Schweizer Staatswesen, zur direkten Demokratie und zur Staats- und Regierungsreform publiziert. Leonhard Neidhart lebt in Zürich. in jüngster Zeit immer wieder kritisiert worden. Man muss also unterscheiden. Was die Institution Bundesrat betrifft, so ist seit der Gründung des Bundesstaates 1848 immer wieder Kritik bezüglich Wahlart, Mitgliederzahl und Zusammensetzung geübt worden. Trotzdem ist diese Form der kollektiven Machtausübung höchst stabil und auch legitim geblieben. Sie hat sich mit der Integration der Sprachregionen, der Parteien und auch der Geschlechter trotz der kleinen Zahl als flexibel und anpassungsfähig erwiesen. Deshalb spricht man auch von der ‹Zauberformel›. Der Bundesrat ist die wichtigste Klammer der sprachgespaltenen Willensnation Schweiz. Er zählt zu ihren Besonderheiten. Dass der Bundesrat keine Wunder wirken kann und dass seine Beschlüsse auch kritisiert werden dürfen und sollen, ist normal. Ein Problem haben wir mit dem Kollegialsystem. Kollegialität heisst, dass Erfolge und Misserfolge gemeinsam getragen und verantwortet werden sollen. Kollegialität heisst aber nicht, dass es im Bundesrat keine Differenzen geben darf, natürlich muss es Differenzen geben, weil Politik nun einmal ein konfliktträchtiges Geschäft ist und immer komplizierter wird. Es ist auch nicht so, dass die Bundesratsmitglieder ihren Aussenauftritt und ihre Kollegialität immer tadellos praktizieren. Wenn man aber die Streitereien verfolgt, wie sie deutsche Koalitionsregierungen austragen, dann geht es bei uns trotz allem immer noch kollegial zu und her. Wir dürfen die Kollegialität aber auch nicht idealisieren; der Bundesrat ist ja kein Benediktinerkonvent. Der Bundesrat steht vor allem seit der Wahl und der Abwahl Christoph Blochers unter Dauerbeobachtung. War die Wahl oder die Abwahl der grössere Fehler? Es hat nie ‹fehlerlose› Bundesratswahlen gegeben und es gab immer Konflikte zwischen den ‹politischen Alpha-Tieren›. Es gehört zum Recht des Parlamentes, dass es jene Personen in die Regierung wählt oder abwählt oder nicht wählt, die ihm passen. Blochers Abwahl ist erklärbar und hatte ihre Gründe, bewerten will ich sie nicht. Vor allem das Kollegialitätsprinzip scheint oft nicht mehr zu funktionieren. Wie wichtig ist dieses für die Arbeit des Bundesrates? Da der Bund und damit der Bundesrat immer mehr, immer grössere und schwierigere Aufgaben zu erfüllen hat und die Departemente und die wichtigen Bundesämter immer einflussreicher geworden sind, ist das kollektive Regieren sicher erschwert worden. Damit muss die Schweiz aber leben, da sie ja keine oberste Führungsfigur will. War früher eigentlich alles besser in Bern? Wenn man von ‹früher› im Blick auf den Bundesrat spricht, dann muss zwischen den einzelnen Epochen unterschieden werden. Von 1848 bis 1918 wurde der Nationalrat im Majorzsystem gewählt, was einen politisch homogenen Bundesrat hervorgebracht hat. Dieser war von Anfang an überlastet, weil er vorerst nur einen ganz kleinen Verwaltungsapparat hinter sich hatte. Deshalb wurde dauernd von Reform gesprochen, was auch in meinem Buch über das frühe Parlament nachgelesen werden kann. In den Kriegsund Krisenzeiten sind die Regierungen überall stark geworden, auch der Bundesrat. In den Fünfzigerjahren nach dem Zweiten Weltkrieg kam als Spätfolge des Nationalratsproporzes dann auch ein Bundesratsproporz, die Zauberformel, zustande. Seither haben weder einzelne Mitglieder noch der Bundesrat als Ganzer grosse Missgriffe, Verstösse und Unkorrektheiten begangen, so dass auch fast ausnahmslos kein Mitglied zurücktreten musste oder abgewählt wurde. Das gehört auch zu den Besonderheiten der SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 19 Schweiz, der politisch glücklichen Schweiz. Die politische Leistung zeigt, dass das Land nicht schlecht regiert wurde. Arbeitet der Bundesrat vielleicht viel besser und kollegialer, als uns das die Medien immer wieder suggerieren wollen? ‹Früher› hat die Presse heftige Kritik vor allem an der Bundesversammlung geübt. Mit dem Fernsehen, mit der Personalisierung und dem Einschaltquotenbedürfnis ist ein ganz neuer Faktor in die Politik gekommen. Denken Sie nur an Obama in den USA, Berlusconi in Italien oder zu Guttenberg in Deutschland, um die ein gewaltiger MedienHype stattfindet. Auch für unsere kollektive Regierung ist diese Personalisierung und Mediatisierung eben ambivalent; einerseits bringt das Fernsehen die politischen Akteure näher an das Volk, andererseits tut es das eben sehr selektiv, was durchaus zu Störungen des Kollegialsystems führen kann. Wie wichtig ist eigentlich die Zuteilung der Departemente? Sollte ein guter Bundesrat nicht jedem Departement vorstehen können? Die Departementsverteilung ist tatsächlich eine zentrale und auch konfliktträchtige Angelegenheit der kollektiven Regierung. Deshalb haben sie die Verfassungsväter dem Bundesrat selbst überlassen. Sie ist wegen der wachsenden Ungleichheit der Departemente immer schwieriger geworden. Natürlich benötigt man für die Justiz einen Juristen. Insofern ist die jüngste Lösung nicht ideal. Fasst man aber ins Auge, wie viele Akteure (zwei Kammern, das Volk, die Kantone, die Verbände, die grossen Parteien und eine grosse Koalition) bei uns die Politik bestimmen, dann relativiert sich die Bedeutung der Departementsverteilung wieder. Mehrheit und Konsens muss ja für alle grossen Fragen hergestellt werden. Die Bundesräte werden in den Medien ständig als Minister bezeichnet und so dargestellt, als ob sie selber entscheiden könnten und die Macht nicht beim Parlament und letztlich beim Volk liegen würde. Brauchen wir mehr Staatskundeunterricht? Prinzipiell kann man sagen, wenn das Volk durch die direkte Demokratie mitentscheiden will, muss es auch Wissen haben. Aber die Volksabstimmungen sind auch eine Art ‹angewandter oder praktischer Staatsbürgerlicher Unterricht›. In den Schulen sollte man das auch tun. In den Universitäten ist das sogenannte Studium generale ja verschwunden, dort herrscht die Spezialisierung, was heisst, dass man von Wenigem viel wissen kann, und dass hochqualifizierte Techniker oder Mediziner blutige politische Laien sein können. Aber der Leistungsdruck in den Gymnasien verdrängt eben die Allgemeinbildung. Da ist unsere Gesellschaft selber schuld, wenn Leute dann den Populisten aufsitzen. Es wird auch immer wieder darauf hingewiesen, dass unser Regierungssystem aus dem Jahr 1848 stamme und den heutigen Anforderungen nicht mehr genüge. Teilen Sie diese Ansicht? Gewiss sind Teile unseres Regierungssystems wie in allen historischen Demokratien (USA , England) überholt; das ist ein Stück traditioneller Legitimität, wie es eine Willensnation braucht. Umgekehrt ist die Schweiz mit ihrer Dezentralisierung und ihrer direkten Demokratie wieder hoch modern. Ausserdem haben wir mit den drei Organisationsprinzipien ein politisches System mit hoher Eigenkomplexität, mit der es auch neue Herausforderungen wie die Umweltproblematik erfolgreich bewältigen kann. Wie viel Distanz braucht ein Mitglied des Bundesrates zu seiner Partei? Zu den Besonderheiten unserer Regierungsform gehört auch die doppelte Loyalität, in die unsere Bundesräte eingebunden sind. Das heisst, der Bundesrat muss einen hohen Grad an Überparteilichkeit haben, weil wir ja kein Staatsoberhaupt haben, und der Bundesrat die politische Klammer der Willensnation ist. Deshalb müssen die Mitglieder diesem Gremium gegenüber loyal sein. Gleichzeitig sind die Bundesräte aber auch Vertreter ihrer Parteien, Landesregionen und ihrer Geschlechter, mit denen sie auch verbunden sein müssen, damit kollektive Machtausübung zustande kommt. Die Schweiz lebt nicht unwesentlich davon, dass die Bundesräte die doppelte Loyalität angemessen und transparent praktizieren. Die Bundesräte reisen heute viel häufiger als früher: eine Notwendigkeit der globalisierten Welt? Die Schweiz war immer politisch sparsam. Darum wollte man die Bundesräte nicht reisen lassen. Man hatte ja vor 1900 auch kein stenografiertes Bulletin der Parlamentssitzungen gedruckt, weil das zu teuer war. Nun ist die Schweiz wie kein anderes europäisches Land mit der europäischen Gemeinschaft und Wirtschaft verflochten und von ihr abhängig und sperrt sich trotzdem dagegen. Deshalb müssen unsere Regierungsmitglieder selbstverständlich intensiven Kontakt mit ihren ausländischen Kollegen halten und reisen. Braucht es eine Erweiterung des Bundesrates? Müssen die Departemente anders organisiert und aufgeteilt werden? Diese Frage wurde seit 1848 immer wieder diskutiert. Es gibt Argumente pro und kontra. Ich bin der Meinung, dass die KontraArgumente die besseren sind. Unser Bundesrat ist ein Rat, ein Kollektiv von Gleichen, das die Politik gemeinsam tragen muss. Wenn man diesem Prinzip die Priorität gibt, dann muss dieser Rat zahlenmässig klein sein. Die Siebnerzahl ist beinahe ideal. Je grösser der Bundesrat wird, desto eher kommt es intern zu Fraktionsbildungen und die Kollegialität wird unmöglich. Ausserdem: Überlastungs- oder Managementprobleme lösen auch neun Bundesräte nicht. Eine Vergrösserung des Bundesrates schafft mehr Probleme, als sie löst. Richtig ist, dass die Departemente wohl reorganisiert werden müssen. Das kann der Bundesrat aber nicht selbst, und das Parlament bringt es wohl auch nicht fertig. Das ist in der Tat ein Problem. Was halten Sie von einem zweijährigen Bundespräsidium? Ist das mit unserem Regierungssystem überhaupt konform? Zur kollektiven Machtausübung gehört für mich die originelle Schweizer Idee der Rotation der Führungsrollen. Dabei sollte auch der Bundesrat bleiben. Wenn wir einen mässigen Bundespräsidenten haben, haben wir ihn bei einem Systemwechsel für zwei Jahre. Mit der bisherigen Lösung bleibt er nur ein Jahr im Amt. Führungsprobleme müssen anders gelöst werden. Je länger einer führt, desto grösser können auch die Konflikte werden. Also, der kluge Hund bleibt bei den Flöhen, die er kennt. Kommt es je zu einer Volkswahl des Bundesrates? Die Volkswahl des Bundesrates ist ein grosses Thema. Ich denke nicht, dass es dafür eine Mehrheit gibt, vor allem kein Ständemehr; die Welschen und die kleinen Kantone werden Nein sagen. Es gibt mehr Gründe gegen als für die Volkswahl des Bundesrates. Was spricht dagegen? Die Direktwahl des Bundesrates würde den gesamten politischen Betrieb massiv zentralisieren und personalisieren und der ohnehin konfliktträchtigen direkten Demokratie noch mehr Auseinandersetzungen bescheren. Zudem würde die jetzt schon starke Regierung auf Kosten des Milizparlamentes noch stärker. Das Parlament hätte noch mehr Mühe, die Verwaltung erfolgreich zu kontrollieren. 20 GOTTHARDTUNNEL Durchstich im längsten Eisenbahntunnel der Welt. Der 57 Kilometer lange Tunnel am Gotthard ist das Herzstück der neuen Flachbahn durch die Alpen. Im Oktober erfolgte der Durchschlag in der Oströhre, im April wird es bei der Weströhre so weit sein. Spätestens 2017 rollen die Züge durch den Gotthard. Von René Lenzin Weltrekord am Gotthard. Unter diesem Titel feierte die Schweiz Mitte Oktober den Durchstich in der Oströhre des neuen EisenbahnBasistunnels. Der Superlativ ist angebracht: Mit 57 Kilometern ist er der längste Tunnel der Welt. Der Durchschlag erfolgte termingerecht, 30 Kilometer vom Südportal in Bodio (TI) und 27 Kilometer vom Nordportal in Erstfeld (UR) entfernt und mit einer minimalen Abweichung von acht Zentimetern horizontal und einem Zentimeter vertikal. Der Gotthard-Basistunnel besteht aus zwei parallelen Einspurröhren, die alle 325 Meter mit einem rund 40 Meter langen SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: Keystone Jubel beim Gotthard-Durchstich im letzten Oktober. Querschlag verbunden sind. Insgesamt misst das Tunnelsystem mit allen Schächten und Stollen 151,8 km. Im April dieses Jahres sollten sich die Mineure aus Nord und Süd auch in der Weströhre die Hand reichen können. In den ausgebrochenen Tunnelstücken hat bereits der Einbau der Geleise und der Bahntechnik begonnen. Spätestens 2017 werden die ersten Personenund Güterzüge durch den Tunnel brausen, der auf Höchstgeschwindigkeiten von 250 Stundenkilometern ausgelegt ist. Zur durchgehenden Flachbahn wird die Gotthardlinie allerdings erst mit der 21 Eröffnung des 15,4 Kilometer langen Basistunnels am Monte Ceneri. Dieses ebenfalls zweiröhrige Teilstück zwischen Bellinzona und Lugano sollte 2019 eröffnet werden. Zusammen mit dem 2007 eröffneten Lötschberg bilden Gotthard und Ceneri die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (Neat), wie sie das Schweizer Volk 1992 im Grundsatz beschlossen hat. Sechs Jahre später verabschiedete es auch ein Finanzierungskonzept, das insgesamt 30 Milliarden Franken für grosse Bahnprojekte einplant. Knapp die Hälfte davon ist für die Neat vorgesehen. Die mutmasslichen Endkosten für die Gotthardstrecke betragen 12,25 Milliarden Franken, wovon 2,42 Milliarden für den Ceneri. Die Neat SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: Keystone Durch dieses grosse Loch rollen ab 2017 die Züge von und nach Italien. ist das Kernelement der schweizerischen Verkehrspolitik, die einen möglichst grossen Teil der Gütertransporte durch die Alpen auf der Schiene abwickeln will. Zudem ist die Neat ein Teil des europäischen Bahnkorridors von Rotterdam nach Genua. Allerdings ist heute schon absehbar, dass diese Strecke zum Zeitpunkt der Neat-Eröffnung noch nicht vollständig realisiert sein wird. Aus finanziellen Gründen hat die Schweiz Abstriche bei den Zufahrtslinien zu den Basistunnels machen müssen. Und die Nachbarländer Deutschland und Italien werden die Anschlüsse im Norden und Süden bis 2019 kaum fertiggestellt haben. Mehr Informationen unter: www.alptransit.ch 22 A U S L A N D S C H W E I Z E R - O R G A N I S AT I O N ASO-RATGEBER frage: SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Ich lebe im Ausland und werde bald ein Kind bekommen. Als Schweizerin möchte ich gerne wissen, ob mein Kind automatisch meine Nationalität bekommt oder ob dafür formale/rechtliche Schritte unternommen werden müssen? Kann mein Kind die doppelte Staatsbürgerschaft haben? antwort: Gemäss dem Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (BüG) ist Schweizer Bürger/in von Geburt an: das Kind, dessen Eltern miteinander verheiratet sind und dessen Mutter oder Vater Schweizer Bürgerin oder Bürger ist, sowie das Kind einer Schweizer Bürgerin, die mit dem Vater nicht verheiratet ist. Das nicht volljährige ausländische Kind eines schweizerischen Vaters, der mit der Mutter nicht verheiratet ist, erwirbt das Schweizer Bürgerrecht, wie wenn der Erwerb mit der Geburt erfolgt wäre, durch die Begründung des Kindesverhältnisses zum Vater. Die Geburt muss jedoch bei der Schweizer Vertretung, bei der Sie immatrikuliert sind, gemeldet werden. Das ist wichtig, denn das im Ausland geborene Kind eines schweizerischen Elternteils, das noch eine andere Staatsangehörigkeit besitzt, verwirkt das Schweizer Bürgerrecht mit der Vollendung des 22. Lebensjahres, wenn es nicht bis dahin einer schweizerischen Behörde im Ausland oder Inland gemeldet worden ist oder sich selber gemeldet hat oder schriftlich erklärt, das Schweizer Bürgerrecht beibehalten zu wollen. Wurde dieses Alter überschritten und die erforderliche Meldung oder Erklärung aus entschuldbaren Gründen unterlassen, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung gestellt werden. Ist die Bewerberin oder der Bewerber mit der Schweiz eng verbunden, so kann sie oder er das Gesuch um Wiedereinbürgerung auch nach Ablauf dieser Frist noch stellen. Zur Vermeidung künftiger administrativer Komplikationen ist es jedoch empfehlenswert, die Geburt so bald wie möglich bei Ihrer Schweizer Vertretung (Botschaft oder Konsulat) zu melden. Diese prüft die Unterlagen und leitet die Informationen den Schweizer Behörden weiter, damit das Kind im Zivilstandsregister der Heimatgemeinde eingetragen wird. Die Schweiz anerkennt die doppelte Staatsbürgerschaft ohne Einschränkungen. Von der Schweiz aus gesehen ist es also möglich, sowohl die schweizerische als auch eine andere Staatsangehörigkeit zu besitzen. Für andere Staaten gilt dies aber nicht unbedingt. Bei einigen Staaten kann der Erwerb der schweizerischen Staatsangehörigkeit zum automatischen Verlust des Bürgerrechts des betreffenden Staates führen. Für diesbezügliche Informationen setzen Sie sich bitte mit den zuständigen Behörden des anderen Staates in Verbindung, dessen Staatsangehörigkeit Sie erwerben wollen bzw. bereits besitzen. Der Rechtsdienst der ASO erteilt allgemeine rechtliche Auskünfte zum schweizerischen Recht und insbesondere in den Bereichen, die die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer betreffen. Er gibt keine Auskünfte über ausländisches Recht und interveniert auch nicht bei Streitigkeiten zwischen privaten Parteien. SARAH MASTANTUONI LEITERIN DES RECHTSDIENSTES DER ASO Junge Auslandschweizer geniessen den Winter in der Schweiz Die Schweiz bietet alles, was von traumhaften Winterferien erwartet wird. Junge Auslandschweizer buchen ihren Ferien- oder Bildungsaufenthalt am besten jetzt gleich bei der ASO. Die Skiorte der Schweiz liegen im europäischen Vergleich durchschnittlich am höchsten. Nirgends sonst ist man dem Himmel so nahe. In den Schneesportlagern der ASO lernen Auslandschweizer das Alpenpanorama kennen. Es macht einfach Spass, sein Ferienerlebnis in einer Gruppe zu teilen. Leute aus allen Ecken dieser Erde tauschen ihre Erlebnisse als Auslandschweizer aus, berichten von ihren Herkunftsländern und entdecken das Land ihrer Vorfahren. Die Hemmungen, eine fremde Sprache zu sprechen, werden schnell abgelegt, denn wichtig ist einzig der persönliche Kontakt. Die ausgebildeten Ski- und Snowboardleiter der ASO sorgen für Sicherheit, Animation und persönliche Erfolgserlebnisse. Ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm bietet Unterhaltung und hellt die Stimmung auf. In den folgenden Angeboten hat’s noch freie Plätze: Scheesportwoche in Wengen (BE) (26.02. – 05.03.2011) Wengen ist ein autofreies, von der Sonne gebräuntes Chaletdorf mit authentischem Charakter. Die Schneesportwoche ist ein Angebot für junge Erwachsene ab 18 Jahren in der majestätischen Bergwelt von Eiger, Mönch und Jungfrau. Sowohl Sportler als auch Nachtschwärmer kommen in Wengen auf ihre Kosten. Preis: CHF 800.– Osterlager Fiesch (VS) (16.04. – 24.04.2011) Wer im Frühling nochmals in den Schnee will, kann die länger werdenden Tage im Aletschgebiet in vollen Zügen geniessen. Das renommierte Skigebiet bietet ein prächtiges Panorama. Das moderne Feriendorf bietet zudem unzählige Sportmöglichkeiten in den Indoorhallen und auf den Outdoorplätzen. Preis: CHF 700.– An einer Hochschule schnuppern und die Schweiz entdecken Wer in seinen Ferien gerne noch etwas für seine Fortbildung tut, findet bei der ASO Angebote und Betreuung. Du lebst in einer unserer unkomplizierten Gastfamilien, was dir einen echten Einblick in den Alltag der Schweizer ermöglicht. Tagsüber stellen wir dir ein Programm zusammen, das auf deine individuellen Wünsche zugeschnitten ist. Auskünfte und Informationen zu den genannten Angeboten unter Auslandschweizer-Organisation, Jugenddienst. Tel.: +41 (0)31 356 61 00, [email protected] www.aso.ch Stiftung für junge Auslandschweizer: Sommerlager 2011 für Kinder von 8 bis 14 Jahren Bist du zwischen 8 und 14 Jahren alt? Möchtest du 14 Tage in der Schweiz verbringen und dein Heimatland besser kennen lernen? Dann melde dich an für ein Ferienlager der Stiftung für junge Auslandschweizer. Wir führen während den Monaten Juli und August Sommerferienlager in den schönsten Regionen der Schweiz durch. Programm: In unseren Lagern werden wir Sehenswürdigkeiten besichtigen, Seen, Berge, Flüsse, Landschaften entdecken, kleine Wanderungen unternehmen und vielleicht auch Städte besuchen. Es wird 23 auch Tage geben, an welchen wir beim Lagerhaus bleiben. Dann stehen zum Beispiel Spiel und Sport oder verschiedene Workshops im Vordergrund. Es wird ausserdem Gelegenheit geben, viel Wissenswertes über die Schweiz zu erfahren. So werden wir uns beispielsweise auch mit der Schweizer Sprache, Schweizer Liedern, mit Schweizer Kochrezepten sowie typischen Schweizer Spielen und Sportarten beschäftigen. Der Austausch unter den Teilnehmenden über alle Sprach-, Kultur und Landesgrenzen hinweg ist eine Chance, Unvergessliches zu erleben und viele neue Freundschaften zu knüpfen! Sa, 16.7.- Fr, 29.7.11: St. Cergue (VD) für 36 Kinder von 8-11 Jahren, Preis: CHF 900.– Mi, 20.7.- Fr, 29.7.11: Schweizer Reise für 20 Kinder von 12-16 Jahren, Preis: CHF 950.– Sa, 30.7.- Fr, 12.8.11: S-Chanf (GR) für 40 Kinder von 11-14 Jahren, Preis: CHF 900.– Sa, 30.7.- Fr, 12.8.11: Flühli (LU) für 36 Kinder von 8-11 Jahren, Preis: CHF 900.– Sa, 30.7.- So, 7.8.11: exklusiv: «Pipistrello», Zirkusprojekt für ca. 30 Kinder von 8-14 Jahren, Preis: CHF 900.– Sa, 13.8.- Fr, 26.8.11: Melchtal (OW) für 48 Kinder von 8-14 Jahren, Preis: CHF 900.– Für weitere Auskünfte steht Ihnen die Geschäftsstelle in Bern gerne zur Verfügung: Stiftung für junge Auslandschweizer, Alpenstrasse 26, CH-3006 Bern, Tel. +41 (0)31 356 61 16, Fax +41 (0)31 356 61 01, E-Mail: [email protected], www.sjas.ch, Rubrik unsere nächsten Lager Kosten: Die Kosten der Angebote können Sie der unten stehenden Auflistung entnehmen. Der Stiftung für junge Auslandschweizer ist es ein Anliegen, dass möglichst alle Auslandschweizerkinder wenigstens einmal die Gelegenheit haben, Ferien in der Schweiz verbringen zu können. Deshalb besteht die Möglichkeit, den Lagerbeitrag zu reduzieren. Das Antragsformular kann zusammen mit der Anmeldung angefordert werden. Reise/Treffpunkt: Der Treffpunkt ist jeweils um die Mittagszeit im Flughafen Zürich. Die Reise bis Zürich-Flughafen und von dort zurück sollte von den Eltern organisiert und finanziert werden. Leitung: Mehrsprachige und erfahrene Lei- terteams sorgen während der zwei Wochen für einen reibungslosen und abwechslungsreichen Ablauf der Ferienlager. Anmeldung: Die genauen Angaben zu den einzelnen Ferienlagern und das Anmeldeformular finden Sie ab Dienstag, 1. Februar 2011 unter www.sjas.ch. Auf Anfrage stellen wir Ihnen unsere Informationsbroschüre gerne auch per Post zu. Anmeldeschluss ist am 15. März 2011. 89. Auslandschweizer-Kongress: 26. bis 28. August 2011, Palazzo dei Congressi in Lugano Am 89. Auslandschweizer-Kongress in Lugano werden die Teilnehmenden über die Direkte Demokratie im internationalen Kontext debattieren. Mehr über die Thematik und die neusten Informationen rund um den Kongress 2011 finden Sie unter: www.aso.ch/de/angebote/ auslandschweizer-kongress Reservieren Sie schon heute die Kongressdaten in Ihrer Agenda. Wir freuen uns auf Sie! Bitte schicken Sie mir im Frühjahr 2011 die Anmeldungsunterlagen für den 89. Auslandschweizer-Kongress (26.–28.8.2011 in Lugano). Meine Anschrift lautet: SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: Lugano Tourismus Sommerlager 2011: Sa, 2.7.- Fr, 15.7.11: Enney (FR) für 36 Kinder von 8-11 Jahren, Preis: CHF 900.– Sa, 2.7.- Fr, 15.7.11: Schönried (BE) für 24 Kinder von 11-14 Jahren, Preis: CHF 900.– Sa, 16.7.- Fr, 29.7.11: Lantsch/Lenz (GR) für 36 Kinder von 11-14 Jahren, Preis: CHF 900.– Name/Vorname: Adresse: Land/PLZ/Ort: E-Mail: Unbedingt leserlich und in Blockschrift schreiben Schicken Sie den ausgefüllten Talon an: Auslandschweizer-Organisation, Communications & Marketing, Alpenstrasse 26, CH-3006 Bern, Fax: +41 (0)31 356 61 01 oder schreiben Sie uns eine E-Mail an [email protected]. 24 POLITIK – ABSTIMMUNGEN SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Grafik: Keystone Kommentar SVP gewinnt, die Linke verliert Ein Jahr nach dem Minarettverbot hat sich eine Mehrheit der Stimmenden erneut über rechtliche Bedenken des Bundesrats und des Parlaments hinweggesetzt und eine Volksinitiative angenommen, deren Umsetzung die Schweiz in Konflikt mit internationalem Recht bringen könnte. Zwar kollidiert die Ausschaffungsinitiative nicht mit zwingendem Völkerrecht, aber mit dem Gebot der Verhältnismässigkeit und der Einzelfallüberprüfung. Je nach Umsetzung könnte sie auch dem Abkommen mit der EU über den freien Personenverkehr widersprechen. Der Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament wollte die Ausschaffungspraxis verschärfen, ohne internationale Normen zu verletzen. Aber er fiel in allen Kantonen durch. Zum einen, weil ihm die Befürworter von mehr Härte gegenüber straffälligen Ausländern offenbar nicht über den Weg trauten. Zum andern, weil viele Gegner der Initiative überhaupt keine Verschärfungen wollten. Nun steht der Gesetzgeber vor der schier unmöglichen Aufgabe, die Initiative so umzusetzen, dass sowohl der Volkswille als auch die verfassungsmässigen Rechte respektiert werden. Dieses Problem stellt sich nun bereits zum vierten Mal innerhalb weniger Jahre. Man muss sich daher fragen, ob nicht eine strengere Vorprüfung von Volksinitiativen angezeigt wäre. Eine solche müsste möglichst früh angesetzt sein, jedenfalls bevor die Initianten mit der Unterschriftensammlung beginnen. Keinen Anlass zu solchen Diskussionen bot die Steuergerechtigkeitsinitiative. Fast drei Fünftel der Stimmenden und 22 von 26 Kantonen lehnten Mindeststeuersätze für hohe Einkommen und Vermögen ab. Nein gesagt haben auch Kantone, die ihre Steuern nicht hätten erhöhen müssen und zumindest kurzfristig von der Initiative profitiert hätten. Das Ergebnis ist daher auch als Ja zum Föderalismus und als Nein zum Eingriff in die Steuerautonomie der Kantone zu werten. Dank dem Nein zur Steuerinitiative haben Bundesrat und Parlamentsmehrheit doch noch einen halbwegs gelungenen Abstimmungstag erlebt. Der grosse Sieger war die Schweizerische Volkspartei, während das linksgrüne Lager auf der ganzen Linie verloRENÉ LENZIN ren hat. Ja zur Ausschaffung, Nein zur Steuerharmonisierung Die Schweiz soll kriminelle Ausländer konsequenter wegweisen. 53 Prozent der Stimmenden befürworteten eine Initiative der SVP. Hingegen scheiterte eine Initiative der SP zur Einschränkung des Steuerwettbewerbs zwischen den Kantonen. Die Stimmbeteiligung betrug 53 Prozent. Von René Lenzin Abstimmungen, bei denen es um Ausländeroder Integrationsfragen geht, haben hohen Mobilisierungscharakter. Wie bereits beim Urnengang über das Minarettverbot im November 2009 lag die Beteiligung auch bei der Ausschaffungsinitiative über dem Durchschnitt der letzten Jahre. Wie emotional diese Themen sind, zeigten der intensive Abstimmungskampf und die – teilweise leider auch gewalttätigen – Demonstrationen nach Bekanntwerden der Ergebnisse. Gerichtet waren die Kundgebungen gegen die Schweizerische Volkspartei (SVP), welche die Initiative lanciert hatte und einen grossen Triumph feiern konnte. 53 Prozent der Stimmenden und 20 der 26 Kantone folgten der Parole der SVP. Nein sagten mit Ausnahme des Wallis alle Westschweizer Kantone sowie Basel-Land. Ein detaillierter Blick auf die Abstimmungskarte zeigt nebst dem Röstigraben zwischen der Deutsch- und der Westschweiz auch noch einen StadtLand-Graben in der Deutschschweiz: Ländliche Gebiete haben zugestimmt, städtische eher abgelehnt. Chancenlos blieb der Gegen- vorschlag von Bundesrat und Parlament, der von über 54 Prozent der Stimmenden und allen Kantonen abgelehnt wurde. Die nun verabschiedete Volksinitiative verlangt, dass Ausländer ausnahmslos des Landes zu verweisen sind, wenn sie «wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts, wegen einer Vergewaltigung oder eines anderen schweren Sexualdelikts, wegen eines anderen Gewaltdelikts wie Raub, wegen Menschenhandels, Drogenhandels oder eines Einbruchsdelikts rechtskräftig verurteilt worden sind». Ebenfalls auszuweisen sind Ausländer, die «missbräuchlich Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe bezogen haben». Der Gegenvorschlag zählte hingegen nicht einzelne Delikte auf, sondern orientierte sich am Strafmass als Kriterium für die Ausschaffung. Zudem wollte er mehr Rücksicht auf völkerrechtliche Verpflichtungen nehmen und sah verbindliche Massnahmen für eine bessere Integration der ausländischen Wohnbevölkerung vor. Eidg . Abstimmung – Ausschaffungsinitiative Beteiligung: 52,6% Nein Schweiz: 47,1% Ja unter 50% Quelle: Bundeskanzlei, sda Ja Schweiz: 52,9% 50 – 54,9% 55 – 59,9% 60% und mehr POLITIK Keine Chance für die Steuerinitiative Überraschend deutlich haben die Stimmberechtigten eine Volksinitiative der Sozialdemokraten (SP) für Einschränkungen beim Steuerwettbewerb verworfen. Die SP wollte den Kantonen Mindeststeuersätze für steuerbare Einkommen ab 250 000 Franken und steuerbare Vermögen ab zwei Millionen Franken vorschreiben. Doch 58,5 Prozent der Stimmenden und 22 der 26 Kantone haben das Begehren abgelehnt. Am deutlichsten war das Nein in den ländlichen Regionen der Zentral- und Ostschweiz, welche die Steuern bei einem Ja zur Initiative hätten anpassen müssen. In Nidwalden, Obwalden und Zug lag die Ablehnung bei 80 Prozent, in Schwyz fast so hoch. Mit Ausnahme von Basel-Stadt haben aber auch alle andern Deutschschweizer Kantone die Initiative verworfen. Nein sagten ausserdem das Tessin und die drei Westschweizer Kantone Freiburg, Waadt und Wallis. Zugestimmt haben hingegen nebst Basel-Stadt noch Genf, Jura und Neuenburg. 25 Abstimmung vom Februar: Waffeninitiative Denkzettel für Calmy-Rey Micheline Calmy-Rey ist Bundespräsidentin – mit dem schlechtesten Wahlergebnis seit Einführung der Proporzwahl. Von René Lenzin Am 13. Februar befinden Volk und Stände über die Volksinitiative «Für den Schutz vor Waffengewalt». Sie fordert die Aufbewahrung der Armeewaffen im Zeughaus und ein nationales Waffenregister. Zudem verlangt sie einen Bedarfs- und Fähigkeitsnachweis für den Erwerb und die Benutzung von Waffen. Gemäss Initianten sterben in der Schweiz jedes Jahr rund 300 Menschen durch Armeewaffen. Wenn diese nicht so leicht verfügbar wären, liessen sich tödliche Kurzschlusshandlungen vermeiden. Zudem brauche es bessere Kontrollen für die 2,3 Millionen Waffen, die in Privathaushalten lagerten. Für die Initiative sprechen sich die links-grünen Parteien aus. Bundesrat und bürgerliche Parteien lehnen sie hingegen ab. Es seien bereits genug Massnahmen zum Schutz vor Waffengewalt ergriffen worden, argumentieren sie. So könne die Waffe freiwillig im Zeughaus deponiert werden. Die Waffe zu Hause aufzubewahren, entspreche der Schweizer Wehrtradition und sei Ausdruck des Vertrauens des Staates in den Bürger. RL Die Gesamterneuerung der Landesregierung und die Wahl ins Bundespräsidium werden vom Parlament immer wieder für parteipolitische oder auch persönliche Abrechnungen und Denkzettel benutzt. So schlimm wie Micheline Calmy-Rey hat es aber noch kein Mitglied des Bundesrats erwischt. Mit nur gerade 106 von 246 möglichen Stimmen hat sie die Vereinigte Bundesversammlung zur Bundespräsidentin für das laufende Jahr gewählt. Nur dank zahlreichen Absenzen sowie ungültigen oder leeren Stimmzetteln blieb ihr die Schmach eines zweiten Wahlgangs erspart. Es handelt sich um das schlechteste Ergebnis seit Einführung des Proporzwahlrechts im Jahre 1919. Die 65-jährige Genfer Sozialdemokratin wurde wohl primär für das Verhalten des Bundesrats in der Affäre um die beiden Schweizer Geiseln in Libyen abgestraft. Nach dem inzwischen zurückgetretenen Hans-Rudolf Merz galt die Aussenministerin als zweite Hauptverantwortliche einer unkoordinierten und unkollegialen Regierungspolitik in dieser Angelegenheit. Vor allem bürgerliche Politiker werfen ihr ausserdem Sololäufe und Indiskretionen auch in anderen Fragen vor. Calmy-Rey selber nahm das Ergebnis gelassen auf und sprach von einem «politischen Spiel, das keine Bedeutung hat». Nach 2007 absolviert sie ihr zweites Bundespräsidium. Allgemein wird erwartet, dass sie Ende Jahr zurücktritt. Zur Vizepräsidentin hat das Parlament Eveline Widmer-Schlumpf erkoren. Deren Wiederwahl in den Bundesrat in einem Jahr gilt allerdings als unsicher. Eidg. Abstimmung – Steuergerechtigkeits-Initiative SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Grafik: Keystone Beteiligung: 50,9% Nein Schweiz: 58,5% Nein unter 50% Quelle: Bundeskanzlei, sda Ja Schweiz: 41,5% 50 – 59,9% 60 – 69,9% 70% und mehr 26 WINTERSPORT Die Schweiz, eine Hockeynation. Eishockey ist in der Schweiz die zweitbeliebteste Sportart, einzig Fussball ist noch beliebter. Eine Liebesgeschichte, die seit mehr als einem Jahrhundert die Leidenschaften entfesselt. Ein Ausflug in die Geschichte der Schweizer Eishockeyaner. Von Alain Wey. SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: Keystone Grosse Emotionen beim Spiel SC Bern – Langnau Tigers: Eishockey füllt nicht nur in Bern das Stadion. Der Puck schiesst ins Netz und das Publikum bricht in ohrenbetäubendes Getöse aus. Ja, Schweizer Eishockey, das ist eine lange und schöne Geschichte. Eine hundertjährige. Unser Land eine Hockeynation zu nennen, ist schon fast ein Pleonasmus. Der Sitz der Internationalen Eishockey-Föderation (International Ice Hockey Federation, IIHF) befindet sich in Zürich und sie wird seit 1994 vom Freiburger René Fasel präsidiert. Die Schweizer National League wird zu den besten Ligen Europas gezählt, gleich nach denjenigen Russlands und Schwedens. Und 2008 feierte die National League bereits ihren hundertsten Geburtstag. In den letzten Jahren konnte die Nationalmannschaft einige historische Erfolge verzeichnen, insbesondere an den Olympischen Spielen 2006 in Turin, als sie Kanada 2:0 und die Tschechische Republik 3:2 schlug. An den Weltmeisterschaften 2010 in Deutschland belegte sie sogar den 5. Rang, angesichts der Niederlage gegen Deutschland in den Viertelfinals allerdings mit einem weinenden Auge. Ein Ausflug in die Geschichte des Schweizer Eishockeys. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem Westschweizer Eis Laut Legende war es im Winter 1887, als Tom Griffith, ein Fussballspieler des Zürcher Grasshopper Clubs, seinen Teamkollegen zum ersten Mal von einem Spiel erzählte, das in Kanada gespielt wurde. Seine ersten Grosstaten hat das Schweizer Eishockey aber in der Romandie vollbracht, dort wo der Genfersee mit den Waadtländer Alpen flirtet. Im ausgehenden 19. Jahrhundert wurden zwei Varianten gespielt: das von England importierte Bandy (eine auf Eis ausgetragene Sportart mit ähnlichen Regeln wie beim Fussball und Feldhockey) und das kanadische Eishockey. Der Pädagoge Max Sillig, der «Vater des Schweizer Eishockeys», motivierte die Schüler von Vevey (VD), Eishockey zu spielen. Er gründete 1904 den ersten Eishockeyclub der Schweiz, Bellerive Vevey, und war treibende Kraft bei der Gründung des Schweizerischen Eishockeyverbands 1908. Im selben Jahr fand die erste Schweizermeisterschaft mit acht Teams aus der Romandie statt. In der Deutschschweiz entstand der erste Club 1910 in Zürich. 1916 bestritt die Nationalmannschaft ihren ersten internationalen Match, vier Jahre vor dem ersten olympischen Turnier im belgischen Anvers 1920. Schon lange vorher wurde diese Kombination zweier Sportarten jedoch von der Oberschicht während ihrer Winterferien gespielt. Das sei nur nebenbei als kleine Anekdote erzählt, weil das Eishockey in der Folge rasch die breiten Bevölkerungsschichten eroberte. Von 1908 bis 1933 wurde eine internationale Schweizer Meisterschaft ohne Ausländerbeschränkung gespielt; 1915 trat dann die Nationalmannschaft auf den Plan. Die Überlegenheit der Bergler Davos, Arosa et cetera: Ab den 1920er-Jahren beginnen die Bündner das Schweizer Eis- 27 hockey zu dominieren. Ihre überragende Vorherrschaft dauerte bis zum Beginn der 1960er-Jahre. Ebenfalls im Bündnerland, nämlich in Davos, findet seit 1923 der Spengler-Cup statt, nach dem nordamerikanischen Stanley Cup (1894) das zweitälteste internationale Eishockey-Turnier. Gastgeber Davos ist es übrigens auch, der den Spengler-Cup am häufigsten (14 Mal) gewonnen hat. Zu den legendären Bergclubs gehört auch der Tessiner Club Ambri-Piotta, der 1962 den Schweizer Cup gewann, sowie La Chaux-de-Fonds (NE), eine Mannschaft, die zwischen 1968 und 1973 sechs Mal hintereinander Schweizer Meister wurde. Legendäre Derbys Die Rivalität zwischen den Clubs derselben Region entzündet die Leidenschaften ganz besonders – im Guten wie im Schlechten. Mehr noch als in jeder anderen Sportart stellen beim Eishockey die Derbys die Höhepunkte der Meisterschaft dar. Der Wettstreit zwischen Ambri-Piotta und Lugano, zwischen Bergtal und Stadt, hat das heutige Eishockey im Tessin geprägt. Die Derbys zwischen den beiden Zähringer-Städten bzw. ihren Clubs Freiburg-Gottéron und SC Bern sind ebenfalls immer heisse Duelle. Das sieht man bereits an der Anzahl Polizistinnen und Polizisten, die bei jeder Begegnung der beiden Rivalen in ihren Schutzausrüstungen bereitstehen. Auf Zürcher Boden machen sich die ZSC Lions und die Kloten Flyers die kantonale Vorherrschaft streitig. Welche Bedeutung den Begegnungen zwischen Langnau und Bern zukommt, zeigte sich an deren 100. Derby, das ins Fussballstadion Stade de Suisse verlegt wurde, wo eine Eisbahn den Rasen ersetzte. 30 000 Zuschauerinnen und Zuschauer waren bei diesem Spiel zugegen und schauten zu, wie Bern seinen Gegner schliesslich mit 5:2 bezwang. Die Schweizer Torhüter in der NHL Einige wenige Schweizer Eishockeyaner spielen in der angesehenen nordamerikanischen Eishockey-Liga NHL. Mit Ausnahme des Berner Verteidigers Mark Streit, der von den New York Islanders angeheuert wurde, besteht der Export nach Übersee vorwiegend aus Torwarten. Der Freiburger David Aebischer stand erst bei den Colorado Avalanche (2000–2005), dann bei den Montréal Canadiens (2006) und den Phoenix Coyotes (2007) zwischen den Pfosten. Der Zürcher Goalie Tobias Stephan spielte von 2007 bis 2009 bei den Dallas Stars, während der Thurgauer Jonas Hiller seit 2007 bei den Anaheim Ducks (Kalifornien) seines Amtes waltet. Der gegenwärtig erfolgreichste Schweizer Torwart ist zweifellos der Berner SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 DIE SCHWEIZER NATIONAL LEAGUE IN ZAHLEN Die Schweizer Eishockeyliga, die National League, zählt 25 000 lizenzierte Spieler, rund 1200 aktive Teams und 900 Schiedsrichter. Bei der Meisterschaft der National League A werden 50 Matchs zwischen 12 Teams ausgetragen: der HC Davos (gegründet 1921), die Bären des SC Bern, die ZSC Lions (Zürich), die Kloten Flyers (1934), die Rapperswil-Jona Lakers (1945), die Drachen des HC Freiburg-Gottéron (1938), die Adler des Genève-Servette HC (1905), der EHC Biel (1939), die SCL Tigers (Langnau, 1946), der HC Ambri-Piotta (1937), die Panther des HC Lugano (1941) und der EV Zug (1967). Nach den Qualifikationsspielen tragen die acht besten Teams die Play-offs aus. Am meisten Titel hat bisher der HC Davos ergattert, der 29 Mal Schweizer Meister wurde, danach folgen Bern (12), Arosa (9), Lugano (7), La Chaux-de-Fonds und Zürich (6) sowie Kloten (5). DIE STERNSTUNDEN DER NATIONALMANNSCHAFT 2010 belegt die Schweiz den 7. Rang auf der von Russland, Kanada und Schweden angeführten Weltrangliste. Unter dem Deutsch-Kanadier Ralph Krüger, Nati-Trainer von 1998 bis 2010, gelang es der Nati mehrere Male, sich an den Weltmeisterschaften für die Viertelfinale zu qualifizieren. Ihr grösster Erfolg: Der vierte Platz an den Weltmeisterschaften von 1998. Seit März 2010 wird die Schweiz vom Kanadier Sean Simpson trainiert, der 2009 als Trainer der ZSC Lions (2008-2010) im Final gegen die Russen von Metallurg Magnitogorsk die europäi- Martin Gerber, der bereits für die Anaheim Ducks (2002–2004), die Carolina Hurricanes (2006), die Ottawa Senators (2007– 2008), die Toronto Maple Leafs (2009) den Kasten hütete und heute bei den Edmonton Oilers spielt. «Nochmals!», eine Philosophie im Sport und im Hockey Im Film «Miracle» (2004), der vom Exploit des US-Teams im Spiel gegen die UdSSR an den Olympischen Spielen 1980 in Lake Placid erzählt, ruft der Trainer seinen Spielern unaufhörlich «Nochmals!» zu, und diese sprinten nach ihrem enttäuschenden Spiel gegen Norwegen von der einen blauen Linie bis zur anderen. Diese Einstellung bringt neuen Wind in das Eishockey, in Nordamerika ebenso wie in der Schweiz. In den letzten dreissig Jahren hat dieser Sport einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht, nicht nur hinsichtlich der Professionalität der Spieler und der Clubleitungen, sondern vor allem auch bei der Qualität der Spiele. Im Frühling 2011 wird die Nationalmannschaft an die Weltmeisterschaften in die Slowakei reisen und in der Vorrunde auf Kanada, Weissrussland und Frankreich stossen. Da werden die Eishockeyfans erneut in Rot und Weiss mitfiebern und darauf hoffen, den heiligen Gral, nämlich das Halbfinale, zu erreichen. sche Champions Hockey League sowie gegen die Chicago Blackhawks den Victoria Cup gewann. Der Champions-League-Sieg wird, zusammen mit den beiden Bronzemedaillen an den Olympischen Winterspielen 1928 und 1948 in St. Moritz, als einer der grössten Erfolge des Schweizer Eishockeys betrachtet. Die Schweizer Nationalmannschaft und die Europameisterschaften. Die erste Europameisterschaft wurde 1910 in Les Avants oberhalb Montreux (VD) ausgetragen. 1925 in der Tschechoslowakei: 3. Rang. 1926 und 1935 in Davos: Europameisterin. 1939 in Basel und Zürich: Europameisterin. Nebenbei: 1941 schlägt die Schweiz Deutschland mit 3:1. Die Weltmeisterschaften (WM) in der Schweiz. Olympische Spiele und WM 1928 in St. Moritz: Die Schweiz erreicht den 3. Platz. WM 1935 in Davos: 2. Platz. WM 1939 in Basel und Zürich: 3. Platz. Olympische Spiele und WM 1948 in St. Moritz: 3. Platz. WM 1953 in Basel und Zürich: 3. Platz. WM und B-WM 1961 in Lausanne und Genf: 3. Platz und Aufstieg. B-WM 1971 in Bern, La Chaux-de-Fonds und Lyss: 1. Platz (B-Gruppe) und Aufstieg. WM 1971 in Bern und Genf und B-WM 1981 in Biel und Val Gardena (IT): 3. Platz (B-Gruppe). B-WM 1985 in Freiburg: 2. Platz. WM 1990 in Bern und Freiburg. (Die Schweiz nimmt an der B-WM teil.) WM 1998 in Zürich und Basel: 4. Platz. WM 2009 in Bern und Zürich: 9. Platz. «100 Jahre Schweizer Eishockey - 100 Gesichter, 100 Geschichten», Buch und DVD, Orell Füssli Verlag, 2008. www.planetehockey.ch/www.swiss-icehockey.ch/www.iihf.com 28 C A R L O S L E A L – S C H W E I Z E R S C H A U S P I E L E R I N H O L LY W O O D «Schauspieler sein heisst stets in Bewegung sein» Der Lausanner Schauspieler Carlos Leal zeigt im neuen Film von Michael Steiner «Sennentuntschi» eine ausgereifte Darbietung. Angetrieben von seiner Neugierde und dem unstillbaren Hunger nach neuen Erfahrungen treibt der ehemalige Rapper den Aufstieg in seinem Beruf voran und lässt sich in Los Angeles nieder. Ein Überseegespräch. Von Alain Wey SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 «Dem Leben zugewandt und neuen Erfahrungen gegenüber offen sein, die Neugierde eines Kindes bewahren und versuchen, unablässig auf der Suche zu bleiben.» Diese Philosophie versteht Carlos Leal virtuos umzusetzen, denn der Lausanner ist das Musterbeispiel für eine gelungene Wandlung. Vor fast zehn Jahren versuchte sich der ehemalige Sänger der Hip-Hop-Band Sens Unik erstmals in der Schauspielerei. 2006 gewann er für seine Leistung in «Snow White» den Schweizer Filmpreis und spielte im JamesBond-Film «Casino Royale» den Casinodirektor. Der Lausanner, der sieben Jahre in Paris und drei Jahre in Madrid lebte, hat seine Karriere fest im Griff: Rolle folgt auf Rolle, er spielt in Kinofilmen ebenso wie in (französischen und spanischen) TV-Serien. Sein ungebrochener Wille, sich in seinem Beruf weiterzuentwickeln, hat ihn in logischer Konsequenz nach Los Angeles geführt, wo er seit Oktober 2010 wohnt. Der knapp vierzigjährige Sohn spanischer Immigranten ist gegenwärtig im Furore machenden Film «Sennentuntschi» vom Zürcher Michael Steiner zu sehen. Wir riefen ihn in Melrose, Los Angeles, an. «schweizer revue»: Was gab den Anstoss, nach L. A. zu ziehen? carlos leal: Wenn du dich als Schauspieler für Spieltechniken interessierst, stellst du bald fest, dass die besten Bücher über die Schauspielkunst meist von den besten amerikanischen Coachs geschrieben sind. So wie man nach New York gehen würde, um mehr über Hip-Hop zu lernen, kommt man nach Los Angeles, um mehr über das Schauspielern zu lernen. In dieser Stadt gibt es zahlreiche Workshops, Kurse und Schulen. Man begegnet sehr guten Schauspielerinnen und Schauspielern, die nicht unbedingt auch bekannt sein müssen. Man braucht nur einen Schauspielkurs zu besuchen, um einen ausgezeichneten Coach kennenzulernen und sich in Gesellschaft von talentierten Schau- spielerinnen und Schauspielern wiederzufinden. Sich weiterzuentwickeln ist ein selbstverständliches Bedürfnis. Zu einem bestimmten Zeitpunkt sagte ich mir, es sei an der Zeit, einen etwas grösseren Schritt nach vorne zu machen, den Atlantik zu überqueren und zu schauen, was hier abgeht. Ohne grosse Ambitionen, aber gewiss mit dem Wunsch, mich in meinem beruflichen Können, in meiner Darstellungskunst weiterzuentwickeln. Ich ziehe allerdings oft um, und wenn ich morgen anderswo ein Projekt habe, werde ich dort hingehen. Auch das gehört zum Schauspielerberuf, sich irgendwo niederzulassen im steten Wissen, dass alles in Bewegung bleibt. Was haben Sie im letzten Sommer gedreht? In der Schweiz: «Jasper, le voyage immobile» von Julien Nicaud. Es ist der erste Kinofilm dieses vielversprechenden jungen Regisseurs. In Spanien: «La Rosa de nadie» («Niemands Rose») von Ignacio Oliva. Zudem habe ich einen Film in Indien gedreht, «Escape From Tibet» («Flucht aus Tibet») von Maria Blumencron, eine internationale Produktion mit internationaler Besetzung. Mit dabei war beispielsweise die talentierte deutsche Schauspielerin Hannah Herzsprung. Welchen Platz nimmt Ihre Frau, die Schauspielerin Jo Kelly, in Ihrem Leben ein? Einen extrem wichtigen. Bei meinem bewegten Leben und all den Reisen, die mit dem Drehen von Filmen verbunden sind, brauche ich eine feste Basis als Ausgleich. Zu meiner Frau (halbe Belgierin und halbe Irin) und meinem Sohn zurückzukehren ist für mein mentales Gleichgewicht äusserst wichtig. Sie hat mich beruflich immer unterstützt. Sie versteht den ganzen Prozess der Interpretation einer Rolle und wie man sie sich aneignet, sehr gut. Sie kennt zahlreiche Techniken, bildet sich viel weiter und gibt Schauspielunterricht. Wenn ich eine Rolle vorbereite, ist sie oft an meiner Seite, um mich dabei zu unterstützen, die verschiedenen Facetten der Person, die ich darstellen werde, zu verstehen. Als Schauspielerin hat sie kürzlich in «I Want to Be a Soldier» mit Danny Glover mitgespielt. Was hat Sie dazu bewegt, Schauspieler zu werden? Als ich noch Sänger bei Sens Unik war, bot mir der Lausanner Regisseur Gianni Schneider eine Rolle in einem Theaterstück an. Es handelte sich um eine Adaptation des Buches «Patty Diphusa, y otros textos» («Patty Diphusa und andere Texte») von Pedro Almodóvar, in der ich einen Zuhälter spielen musste. Das gab mir eine Freiheit zurück, die ich beim Hip-Hop nicht mehr hatte, denn ich wurde nur noch als Rapper wahrgenommen. Ich hatte grossen Spass daran und begann nach und nach, mich für die Schauspielkunst zu interessieren. Also zog ich nach Paris und besuchte einen IntensivWorkshop im Studio Jack Garfein. Und das Theater? Ich denke, dass ich später einmal, nachdem ich mich an einem Ort wirklich niedergelassen habe und nicht mehr immer umherreise, auf der Bühne stehen werde. Mit guten Schauspielerinnen und Schauspielern in Theaterstücken aufzutreten und ein Werk über lange Zeit am selben Ort zu spielen, wird mir bestimmt gut gefallen. Ihre Vorbilder unter den Schauspielerinnen und Schauspielern? Einige der Schauspieler der neuen Generation bewundere ich sehr: Ryan Gosling («Fracture» [«Das perfekte Verbrechen»] mit Antony Hopkins) und James McAvoy («The Last King of Scotland» [«Der letzte König von Schottland»], «Wanted»). Das sind wahre Musterbeispiele der freien Interpretation einer Rolle. Und dann sind da natürlich die Vertreter der alten Schule, Dustin Hoffman, Kevin Spacey und bei den Frauen die überragende Meryl Streep. Welches Echo hatten Sie auf den Film «Sennentuntschi»? In der Schweiz verzeichnet der Film viele Eintritte, während zwei Wochen rangierte er sogar auf dem ersten Platz, noch vor den grossen amerikanischen Blockbustern. Das ist aussergewöhnlich. Ich ziehe meinen Hut vor Michael Steiner. Ich bin stolz, Teil dieses Abenteuers zu sein, dessen Fertigstellung 29 es Leute, die sich mit Erfolg für die Schweizer Filmkultur einsetzen und Themenabende mit verschiedenen Schweizer Künstlerinnen und Künstlern organisieren. Dadurch habe ich Gelegenheit, Landsleute kennenzulernen, die hier leben und in den verschiedensten Bereichen arbeiten. Ihre Lebensphilosophie? Es gibt ein Lied von Jacques Brel mit dem Titel «Rester debout» («Serait-il impossible de vivre debout?» [Wäre es denn unmöglich, sein Leben aufrecht, unbeugsam zu leben?]). Ich würde gerne versuchen, dies in meinem Leben so lange wie möglich zu machen. Das heisst: immer drauflosgehen, stets versuchen, mich zu verbessern, das Niveau zu heben. In einer bescheidenen Familie in einer kleinen Stadt (Renens) aufgewachsen zu sein, ist in dieser Hinsicht ein grossartiger Antrieb. Du hast das Gefühl, du bist es dir schuldig, diese Menschen zu ehren. Den Gefallen daran, einfach draufloszugehen, haben Ihnen also Ihre Eltern vermittelt? Ja, bestimmt. Es brauchte sehr viel Mut, um in den 60er-Jahren als spanische Familie auf der Flucht vor der Franco-Diktatur alles hinter sich zu lassen und sich in einer anderen Welt zurechtzufinden. Meine Eltern haben das durch harte Arbeit erreicht und sie haben mir diesen Mut und diese Entschlossenheit beim Anpacken einer Arbeit weitergegeben. www.carlosl.com Carlos Leal: Schweizer Schauspieler von internationalem Rang. SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: pd, Marc Gruniger wegen finanzieller Probleme schwierig war. Michael Steiner gelang es, nach diesem langen Kampf einen wirklich unterhaltsamen abendfüllenden Film zu machen, obgleich es ein Genrefilm ist, der viel Tinte hat fliessen lassen. Sie spielen erneut einen Charakter voller Gegensätze ... Das sind die spannendsten Rollen. Ich versuche sogar Figuren, die mit weniger Relief gezeichnet sind, eine solche Dimension zu geben – natürlich nur, solange dies nicht dem Drehbuch zuwiderläuft. Martin Delacroix in «Sennentuntschi» hat zwei Gesichter und um glaubhaft zu wirken, darf dies zu Beginn des Films nicht offensichtlich sein. Später dann, wenn sich das zweite Gesicht zeigt, muss das klar hervortreten. Es ist ein Genuss, so zu arbeiten. Ich spiele oft Personen, die erst ganz harmlos und zurückhaltend wirken, und dann «bumm», in der zweiten Hälfte des Films explodieren sie plötzlich! Welche Art Regisseur haben Sie mit Michael Steiner angetroffen? Ein leidenschaftliches begabtes Kind. Er verwendet gerne authentische Schweizer Geschichten und verwandelt sie in wahre Thriller, in Krimis. Er macht aus ihnen eindrucksvolle Monumentalfime! Haben Sie in L. A. bereits einige Ihrer Landsleute getroffen? Aber sicher. Die Auslandschweizergemeinde ist recht gross und im Konsulat gibt FILME-AUSWAHL MIT CARLOS LEAL «Love Express» von Elena Hazanov, 2003 «Snow White» von Samir, 2005 «Casino Royale» von Martin Campbell, 2006 «Tarragona – Paradies in Flammen» von Peter Keglevic, 2006 «Dirty Money – L’infiltré» de Dominique Othenin-Girard «Verso» von Xavier Ruiz, 2008 «Carré Blanc» von Jean Baptiste Leonetti, 2008 «Los Abrazos rotos» («Zerrissene Umarmungen») von Pedro Almodóvar, 2008 «El Mal Ajeno» von Oskar Santos, 2008 «There be dragons» von Roland Joffé, 2009 «The Way» von Emilio Estevez, 2009 «Sennentuntschi» von Michael Steiner, 2010 30 SCHWEIZER BANKEN Unzufriedene Auslandschweizer Die Auslandschweizer sind bei den Schweizer Banken keine beliebten Kunden mehr. Das ärgert viele Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben und ein Bankkonto in der Schweiz unterhalten möchten. Von Heinz Eckert SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: Keystone Die Probleme der UBS mit den amerikanischen Steuerbehörden haben auch negative Auswirkungen für die Auslandschweizer, die ein Bankkonto in der Schweiz haben wollen. Seit Ende 2008 versuchen die UBS und andere Schweizer Banken, ihre amerikanische Kundschaft loszuwerden. Betroffen sind dabei nicht nur potenzielle amerikanische Steuerhinterzieher, sondern auch Schweizerinnen und Schweizer, die in den Vereinigten Staaten von Amerika leben und ein Bankkonto in der Schweiz haben. Viele Auslandschweizer sind durch den Verlust ihrer Schweizer Bankverbindung in Schwierigkeiten geraten. Unproblematisch sind die Wertschriftenkonti, für die es spezielle Einheiten gibt, die keiner US-Regulierung unterstehen. Ein existentielles Problem haben hingegen Kunden mit Wohnsitz in den USA, die ein Konto für den Zahlungsverkehr unterhalten oder Hypotheken bei einer Schweizer Bank haben. Denn keine amerikanische Bank finanziert eine Liegenschaft in der Schweiz. Der Rechtsdienst der AuslandschweizerOrganisation rät den Auslandschweizern, sich mit ihrem Anliegen an die Postfinance oder an kleinere Schweizer Banken zu richten. Dort sind die USA-Schweizer in vielen Die Auslandschweizer fühlen sich von den Schweizer Banken schlecht behandelt. Fällen noch immer willkommen. Die UBS liess auf Anfrage ausrichten, man bemühe sich, die Unannehmlichkeiten für die Auslandkunden so klein wie möglich zu halten. Zum speziellen Problem von AmerikaSchweizern mit einer Hypothek nahm die UBS keine Stellung. «Credit Suisse und Zürcher Kantonalbank mögen nur die reichen Auslandschweizer» titelten der «Tages-Anzeiger» und der «Bund» im September letzten Jahres, als bekannt wurde, dass die Credit Suisse ihren im Ausland lebenden Kunden schriftlich eröffnete, dass ihr Konto ab dem 1. Juli 2010 mit der monatlichen Gebühr von 40 Franken belastet werde – 480 Franken im Jahr. Begründung: «In den vergangenen Jahren haben wir kontinuierlich den Umfang und die Qualität unseres länderspezifischen Beratungs- und Serviceansatzes erweitert. Dies beinhaltet die Berücksichtigung regulatorischer Anforderungen in Bezug auf Ihr Domizil und insbesondere die proaktive Umsetzung höchster Standards im Anlegerschutz.» Eigenartigerweise sind jene Credit Suisse-Kunden von dieser Gebühr ausgenommen, die über eine Million Franken auf dem Konto haben. Bei der Zürcher Kantonalbank braucht ein Aus- landschweizer mindestens 100 000 Franken, damit er überhaupt ein Konto eröffnen kann. Die Kontoführungsgebühr beträgt dann sechs Franken pro Jahr. Die Auslandschweizer-Organisation (ASO) empfindet das Verhalten der Banken gegenüber den Auslandschweizern als ungerecht und befürchtet, dass die getroffenen Massnahmen die Schweizerinnen und Schweizer abschrecken und sie dazu bringen könnten, sich vom Finanzplatz Schweiz abzuwenden und ihre Kundengelder ins Ausland abzuziehen. «Die Massnahmen, welche vor allem kleine Kunden treffen, sind unverhältnismässig und nicht geeignet, die Probleme zu lösen, mit denen der Finanzplatz zu kämpfen hat», schrieb die ASO der Credit Suisse mit Kopie an den Banken-Ombudsmann. Sie bat die Bank, neue Möglichkeiten zu prüfen, damit die Auslandschweizer weiterhin ein «vernünftiges Verhältnis» zu den Banken in ihrem Heimatland aufrechterhalten können. Die Credit Suisse machte unter anderem den steigenden Druck vom Ausland auf die Schweizer Banken und den damit verbundenen grösseren Aufwand in der Betreuung von im Ausland lebenden Kunden für die höheren Gebühren verantwortlich. Der Banken-Ombudsmann hat aufgrund seines Reglements jedoch keine Kompetenz, sich in kommerzielle Belange der Banken einzumischen, wie er mitteilte. Er schlägt den Auslandschweizern vor, mit den Banken individuelle Lösungen zu suchen, sei es auch nur für einen annehmbaren Übergang. Aktuelle Informationen zum Thema finden Sie auf www.aso.ch. ECHO ■ Im Buch «Glaciers, passéprésent du Rhône au MontBlanc» erfährt man, dass die Fläche einiger grosser Alpengletscher in den letzten 150 Jahren um die Hälfte geschrumpft ist. Das überrascht nicht weiter, soll sich im Hochgebirge das Klima doch dreimal stärker erwärmen als im europäischen Schnitt. ■ Abstimmung zur Revision SC HWEIZE R RE VUE Januar 2011 / Nr. 1 Foto: zVg des Arbeitslosenversicherungsgesetzes: Dank der ge- ringen Stimmbeteiligung (35,5 %) wurde der Einschnitt bei den Sozialleistungen für die Arbeitslosen mit 53,4 % problemlos durchgewunken. ■ Kaum waren die BundesratErsatzwahlen vorüber, erlebte der neue Bundesrat bei der Departementsverteilung bereits seine erste Krise. Die Möglichkeiten des Anciennitätsprinzips nutzend, wechselte Doris Leuthard von der Volkswirtschaft ins Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, während sich Eveline Widmer-Schlumpf vom Justiz- und Polizeidepartement verabschiedete und das Finanzdepartement übernahm. Die Neugewählten hatten das Übriggebliebene unter sich aufzuteilen. Der Freisinnige Johann Schneider-Ammann freute sich, das Volkswirtschaftsdepartement übernehmen zu können, während sich die Sozialdemokratin Simonetta Sommaruga mit dem Justiz- und Polizeidepartement begnügen musste. ■ Die Brauerei Cardinal in Freiburg schliesst im Juni 2011 ihre Tore. Feldschlösschen teilte mit, dass die Produktion der Nummer zwei auf dem Schweizer Biermarkt infolge eines Entscheids der dänischen Carlsberg-Gruppe nach Rheinfelden (AG) verlegt wird. Vor 14 Jahren wurde dieses Stück «Freiburger Identität» durch eine beispiellose Unterstützung 31 «Ich empfehle jeder Frau, sich einen Mann zu nehmen, der Militärdienst leistet. Alles andere ist wie im Discounter: Man weiss nie so recht, was man kauft.» Ueli Maurer, Bundesrat und Verteidigungsminister «Es ist nicht relevant, ob Tell gelebt hat oder nicht. Relevant ist, dass wir den Tell und seine Werte in uns entdecken: Verantwortung, Mut, Eigenständigkeit.» Thomas Maissen, Historiker «Die Schweiz ist neben Japan das sicherste Land der Welt. Unser Strafrecht funktioniert gut. Trotz Todesstrafe ist in den USA die Kriminalität höher als bei uns.» Marcel Niggli, Professor für Strafrecht an der Universität Freiburg «Die Schweizer Post gehört zu den weltbesten. Es gibt keine Post in Europa, bei der die Briefe zu 98 Prozent rechtzeitig ankommen wie bei uns.» Jürg Bucher, Konzernchef der Schweizerischen Post «Schauen Sie, in der Larousse-Enzyklopädie, in der man ‹heiliggesprochen› wird, folgt Ziegler gleich nach Zidane, dem Fussballstar.» Jean Ziegler, Politiker, Autor, UNO-Sonderberichterstatter «Zuerst bin ich Eidgenosse. Schweizer kann jeder werden, aber Eidgenosse nicht.» Christian Stucki, Spitzenschwinger «Ich träume von einer wunderschönen Afroschweizerin, Mitglied von Amnesty International, die für Fair Trade wirbt und jodeln kann.» Peter Rothenbühler zum Thema Miss Schweiz «Ich habe meine schönsten Aufnahmen von Hunderttausenden Staren am Himmel den Herrn vom Rotary Club gezeigt und gesagt: Sie sind in der Verantwortung, handeln Sie!» Andreas Moser, Biologe und Tierfilmer einem der beiden Länder erhoben wird. Für diesmal ist das Bankgeheimnis gerettet. ■ Die Expertenkommission des Bundesrates schlug eine Reihe von Massnahmen zu Stärkung der Eigenmittelbasis von UBS und Credit Suisse vor. Werden sie umgesetzt, belaufen sich die Gesamtkapitalanforderungen auf je rund 75 Milliarden Franken. Die Analysten möchten, dass diese Massnahmen per 2013 in Kraft treten. ■ Im von der UNO publizierten Human Development Index 2010 rangiert die Schweiz auf dem dreizehnten Platz. Die höchste Lebensqualität wird Norwegen, Australien, Neuseeland und den USA zugeschrieben. ■ Der Seiltänzer Freddy Nock unternahm einen 320 Meter langen Abendspaziergang über den Dächern von Thun (BE). Auf rund 30 Meter Höhe balancierte er auf seinem Seil von der Schlosskirche zum Schloss und wieder zurück. Im April hatte er mit der 900 Meter langen Überquerung des Zürichsees bereits den sechsten Weltrekord aufgestellt. ■ Von den 73 Millionen Besucherinnen und Besuchern der Weltausstellung in Shanghai Im ersten Jahr nach seiner Eröffnung wurde der Bärenpark in Bern von fast 2,4 Millionen Menschen besucht. In den Spitzenmonaten April und August waren es je 250 000. Mit der Geburt der beiden Bärchen Ursina und Berna schlugen die Wogen der Begeisterung noch höher. der Bevölkerung und der Politik noch in letzter Minute gerettet. Dieses Mal ist das Aus endgültig. ■ Der Sänger der Band Gotthard, Steve Lee (47), starb bei einem tragischen Verkehrsunfall in der Nähe von Las Vegas, USA. Die erfolgreichste Schweizer Hardrockband verkaufte bisher weltweit mehr als zwei Millionen Alben. Kurz vor seinem Rücktritt gelang Bundesrat Hans-Rudolf Merz im zähen Steuerstreit zwischen der Schweiz und der EU ein Durchbruch. Deutschland und Grossbritannien akzeptieren das Prinzip einer Abgeltungssteuer, d. h. einer Quellensteuer, die auf den Kapitalerträgen der in der Schweiz liegenden Vermögen von Personen mit Wohnsitz in ■ schauten 2,7 Millionen beim Schweizer Pavillon vorbei. Die Presseagentur China News zählt ihn sogar zu den zehn besten Pavillons. Einziger Makel: die ständigen Pannen der Sesselbahn. ■ Das Verfahren zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge hat bereits 50–100 Millionen Franken gekostet – ohne dass ein Entscheid gefällt worden wäre. Der Bundesrat hat den Teilersatz der Tiger-Flotte verschoben, voraussichtlich wird er 2015 in Angriff genommen. Die FA-18 können problemlos noch bis 2025/2030 verwendet werden. AL AIN WEY A U S L A N D S C H W E I Z E R - O R G A N I S AT I O N «Die Internet-Plattform SwissCommunity vernetzt Schweizer weltweit» Ursula Deplazes Forscherin Bündnerin in Rom «Ein Netzwerk unter Auslandschweizern aufzubauen spielt eine wichtige Rolle – sowohl privat wie auch beruflich.» Daniel Keller Manager Zürcher in Hanoi «Als internationaler Berater sind die lokalen Erfahrungen von Schweizern sehr wertvoll.» Urs Steiner Direktor Schweizer Schule Berner in Peru «Andere Auslandschweizer kennenlernen, gute Adressen austauschen, mich über die Schweiz informieren – das kann ich alles auf SwissCommunity!» Vernetzen Sie sich mit anderen Auslandschweizern Bleiben Sie informiert über relevante News und Events Finden Sie eine Wohnung — oder das beste Fondue in der Stadt Entdecken Sie die Schweiz Jetzt gratis anmelden! www.swisscommunity.org SwissCommunity Partner