Die Phlegr ischen Felder
Transcrição
Die Phlegr ischen Felder
Die Phlegr ischen Felder 41 40 Die Phlegräischen Felder konnten ihren alten Charme bewahren. Hier verschmelzen Geschichte, Legende, Mythos und Geheimnis in einer sich ständig wandelnden Natur. Die Phlegräischen Felder sind reich an Kunstgeschichte, bieten aber auch aufgrund vulkanischer Phänomene außergewöhnliche Naturschauspiele. Das Gebiet war immer schon eine obligatorische Etappe beim Besuch von Italien. Die von Homer und Virgil besungenen Mythen, die griechische Kultur, die sich von hier auf die gesamte Halbinsel verbreitete, Erinnerungen an eine Zeit, in der die römische Aristokratie hier ihre prunkvollen Residenzen hatte, machen den Reiz eines Gebietes aus, in dem außergewöhnliche Naturschönheiten und herrliche Werke des Menschen ein unvergleichliches Schauspiel bieten. Die Archäologieliebhaber werden viel zu sehen haben, von imposanten Ruinen, Archäologieparks zu unterirdischen Städten und überdies auch die köstliche, tradtionelle Meeresküche genießen. Die Phlegräischen Felder (aus dem Griechischen flegraios, „brennend“) sind ein riesiges vulkanisches Gebiet, das sich im Westen des Golf von Neapel vom Hügel von Posillipo bis Cuma ersteckt; dazu gehören auch die Inseln Nisida, Procida, Vivara und Ischia. Der vulkanische Ursprung dieses Gebiets sticht aufgrund der Vorkommen von Tuff- und Bimssteinvorkommen sowie heißen Fumarolen und Kratern sofort ins Auge, die ein natürliches Schauspiel darstellen. Einige davon sind die heutigen Seen von Averno, Lucrino, Fusaro und Miseno. Vulkanische Tätigkeiten sind teils auch noch aus der Nähe sichtbar, wie im Fall der berühmten Solfatara mit ihrem Lavasee und den Quellen von Agnano Terme. Zum Schutz des empfindlichen Umweltgleichgewichts dieses Gebiets wurde 1997 der Regionalpark der Phlegräischen Felder gegründet. i Azienda Autonoma di Cura Soggiorno e Turismo di Pozzuoli via Campi Flegrei 3 tel. 081 5261481/5262419 www.infocampiflegrei.it Touristeninformationen Pozzuoli piazza Matteotti l/a tel. 081 5266639 Soprintendenza per i Beni Archeologici per le province di Napoli e Caserta piazza Museo 19 Napoli tel. 081 440166 fax 081 440013 www.archeona.it Ente Parco Regionale dei Campi Flegrei tel. 081 7612102 fax 081 5262419 Agnano Naturschutzgebiet WWF Astroni via Agnano Astroni 468 tel. 081 5883720 Bacoli Cento Camerelle tel. 081 8552385/8553264 Piscina Mirabile tel. 081 5233199 Blick auf die Phlegräischen Felder Berühmte Reisende Ein Land nur mit dem Atem seiner Steine, verlassen, mit kochenden Wassern, mit den Resten einer Geschichte, die in den erloschenen und halb erloschenen Vulkanen geschrieben steht; die wundersamste Gegend von der Welt unterm reinsten Himmel der unsicherste Boden. Johann Wolfgang Goethe, 1787 Die phlegräische Strandverschiebung Der Druck der glühenden Lava unter den Phlegräischen Feldern verursacht seit Jahrhunderten Hebungsbzw. Senkungsbewegungen des Bodens (Strandverschiebung). In veschiedenen Ortschaften des Golf von Pozzuoli können die Auswirkungen der Meeresspiegelveränderungen, so vor allem im Serapistempel von Pozzuoli, beobachtet werden. Die Weinstraße Campi Flegrei Klima und Fruchtbarkeit der Böden haben den Anbau verschiedener autochthoner Sorten gefördert, die die kontrollierte Ursprungsbezeichnung „Campi Flegrei“ tragen. Zu den DOC Rebsorten zählen Piedirosso und Falanghina, die hier seit Jahrhunderten angebaut werden, Biancolella und Coda di volpe bei den Weißweinen, Olivella und Sciascinoso bei den Rotweinen. Baia Archäologiepark tel. 081 8687592 Museo Archeologico dei Campi Flegrei tel. 081 5233310 Parco Sommerso di Baia tel. 081 3723760 www.areamarinaprotettabaia.it Cuma Archäologiepark via Acropoli tel. 081 8543060 Pozzuoli Solfatara via Solfatara 161 tel. 081 5262341 Rione Terra tel. 848 800288 Nicht versäumen Museo Archeologico dei Campi Flegrei im Castello di Baia (Bacoli) Archäologiepark von Cuma Rione Terra (Pozzuoli) Phlegräische Felder an einem Tag Pozzuoli Baia Cuma Phlegräische Felder in drei Tagen Pozzuoli Solfatara Averno- und Lucrinosee Baia Bacoli Cuma Einkäufe Keramikprodukte und Terrakottaobjekte Wein Mit Kindern unterwegs Amphitheater von Pozzuoli Sibyllengrotte (Cuma) Solfatara 43 42 Veranstaltungen Juli _Il teatro nella terra del mito (Theater im Land der Mythen) Pozzuoli, Villa Avellino _Sagra delle cozze (Fest der Miesmuschel) _Sagra del dolce (Fest der Süßspeisen) Bacoli _Senza Frontiere: Aperture musica nei luoghi negati (Musik an verbotenen Orten) Bacoli, archäologische Ausgrabungsstätten Castello di Baia Kunst und Archäologie Amphitheater von Pozzuoli Sibyllengrotte (Cuma) Casino Reale (Fusarosee) Museo Archeologico dei Campi Flegrei (Bacoli) Archäologiepark von Baia Archäologiepark von Cuma Rione Terra (Pozzuoli) Natur und Parks Unterwasserpark von Baia Regionalnaturpark der Phlegräischen Felder Naturschutzgebiet Cratere degli Astroni Für die jungen Leute Bacoli Seepromenade von Pozzuoli Miseno Stufe di Nerone Thermen Gaumenfreuden Cozze (Miesmuscheln) di Miseno Mozzarella di bufala DOP (Büffelkäse) Pesce azzurro (Sardellen) Wein Campi Flegrei Doc Thermen und Wellness Stufe di Nerone (Baia) Terme di Agnano Terme puteolane (Pozzuoli) Berühmte Reisende Agnano Ich wollte jene Grotte sehen. Ich beschloss, mir einen Hund zu verschaffen… Wir kamen um drei Uhr nachmittags zur Grotte und machten sofort das Experiment. Aber wir stießen auf eine große Schwierigkeit. Nachdem ich die Jacke ausgezogen, das Taschentuch in Kölnisch Wasser getränkt und es mir um das Gesicht gebunden hatte, alles vorbereitet und ich vor lauter Freude höchst aufgeregt war, merkte ich, dass wir keinen Hund hatten. Mark Twain, 1867 44 Agnano, das einst für seinen See berühmt war, der aus dem ältesten Vulkan der Phlegräischen Felder entstanden war, erhielt seinen Namen nach dem lateinischen Wort anauni, also „Schlangen“; der Legende zufolge sollen viele bis zum See gekommen sein, um dort zu trinken. Der See wurde 1870 trocken gelegt und heute befindet sich dort eine Reitbahn. Aus dem trocken gelegten Grund kamen archäologische Funde eines großen römischen Thermalkomplexes ans Tageslicht, die die Reste eines Sudatoriums, bei dem die aus den Erdschichten des Monte Spina austretende natürliche Hitze genutzt wurde, und einer Thermalanlage umfassten. Im selben Becken erheben sich die Stufe di San Germano, die so von einem Bischof von Capua genannt wurden, der im 6.Jh. deren Wirkung ausprobierte. Seit dem Mittelalter bis heute werden diese von der lokalen Bevölkerung benutzt. Unweit des alten Eingangs der heutigen Thermalanlage liegt die Grotta del Cane (Hundegrotte), eine in den Fels gehauene Nische, aus der Kohlensäure austritt; dieses schwere Gas, das über dem Boden schwebt, ist tödlich für Tiere, die es einatmen. Der Name der Grotte geht auf einen alten barbarischen Brauch zurück, einen Hund in die Grotte zu schicken, der nach kurzer Zeit Erstickungssymptome zeigte. 45 In Agnano befindet sich das grüne Naturschutzgebiet Riserva degli Astroni (WWf-Oase zum Schutz der Fauna), ein großer erloschener und bewaldeter Vulkankrater, in dem sich kleine Hügel und drei kleine Seeen gebildet haben. Der Lebensraum ist durch eine „Vegetationsumkehr“ gekennzeichnet, bei der das Klima am Grund kühler und an den Vulkanhängen wärmer und trockener ist. Daher wachsen am Grund Kastanien, Eichen und Ulmen und in der Höhe mediterrane Macchia. Die Führungen im Park und um die drei Seen sind bei Kindern ganz besonders beliebt, die dabei die vielen Vogel-, Amphibien- und Reptilienarten beobachten können. Panorama von Monte di Procida Die Thermen im Krater Die Thermen von Agnano, die sich am Grund des alten Vulkankraters befinden, bieten große Wasserressourcen mit 72 Quellen. Das Wasser, das mit einer Temperatur zwischen 20° und 70° hervorsprudelt, wird zur Behandlung von rheumatischen Gelenkserkrankungen, Muskelkrankheiten, Krankheiten der oberen Atemwege sowie Hals- Nasen- und Ohrenerkrankungen und gynäkologischen Leiden empfohlen. Die Anlage verfügt ferner über spezialisierte, fortschrittlich ausgerüstete medizinische Zentren. Berühmte Reisende Pozzuoli Eine Wasserfahrt bis Pozzuoli, leichte Landfahrten, heitere Spaziergänge durch die wundersamste Gegend von der Welt. Johann Wolfgang Goethe, 1787 47 46 Pozzuoli ist eine der faszinierendsten archäologischen Ausgrabungsstätten der Welt. Die Stadt, die der Haupthafen der Region in römischer Zeit war, hat mit den Ausgrabungen von Rione Terra ein besonders beeindruckendes „unterirdisches Pompeji“ ans Tageslicht gebracht. Die Stadt wurde 520 v.Chr. von griechischen Siedlern gegründet, die sie Dikearchia, oder „gerechte Regierung“ nannten, und bekam von den Römern den Namen Puteoli (nach den Brunnen „pozzi“, die übel riechende Schwefeldämpfe ausstießen) und stieg bald zum größten Hafen des tyrrhenischen Meers auf. Zeugnis für die regen Handelstätigkeiten von Puteoli legt der Serapistempel (I-II n.Chr.) ab, der nach einer Statue dieser ägyptischen Gottheit benannt ist, die dort gefunden wurde. Doch in Wirklichkeit war die Anlage ein Macellum, also Lebensmittelmarkt. Die Läden säumten einen Säulenhof, während der Apsissaal am Ende dem Kult der Kaiser und Schutzgottheiten des Marktes gewidmet war (darunter Serapis). Die Säulen dieses Saals sind offensichtliche Pegel für das vulkanische Phänomen der Phlegräischen Felder, denn an ihnen kann man die Löcher sehen, die die Mollusken in die Säulen gebohrt haben, als diese infolge der Strandverschiebung untergegangen waren. Der älteste Teil der Stadt ist Rione Terra (in den 80-er Jahren wegen der Strandverschiebung verwahrlost und derzeit in Restaurierung), das auf dem hohen Tuffhügel liegt, der den Hafen dominiert. Die archäologischen Ausgrabungen zeigen das faszinierende Gefüge der römischen Stadt, das unterirdisch unversehrt mit den Straßen und daran angrenzenden Gebäuden blieb. Häuser und Brunnen wechseln sich mit Handwerksbetrieben und Gaststätten ab. Dieses Gebiet bildete die ruhmreiche Akropolis von Pozzuoli, ein uneinnehmbares Bollwerk gegen Feinde. Das bedeutendste Monument der Zone ist der Augustustempel, der nach dem Brand des barocken Doms San Procolo – bei dessen Bau die alten Tempelreste wiederverwendet wurden – im Jahre 1964 ans Tageslicht kam. Eigentlich handelt es sich dabei um das Capitolium, den Tempel des kapitolinischen Triadenkults. Das Amphitheater ist aus flavischer Epoche und ist das drittgrößte der Welt. Seine funktionelle Architektur ist beispielhaft für die hohe technische Entwicklung jener Zeit, es gibt Untergeschosse, Prunktreppen, Korridore, Mechanismen für den Hub der Marktkisten und sogar eine Vorrichtung, um Seeschlachten darzustellen. Pozzuoli bietet nicht nur archäologische Funde. Diese lebendige Stadt hat ihre eigene Identität, denn sie ist stark an die Meerestraditionen gebunden, die in einer köstlichen Meeresküche zum Ausdruck kommen, und ist ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt. Mit seinem Hafen, von dem die Fähren zu den Inseln des Golfs abfahren, seinen engen Gassen, kleinen Plätzen, der schönen Seepromenade und den zahlreichen Lokalen kann man hier jederzeit ein paar nette Stunden verbringen. Flavisches Amphitheater Rione Terra Die Solfatara Berühmte Reisende Zwischen Neapolis und den weiten Feldern der Dicearchia liegt ein Ort am Grunde einer tiefen Höhle, die vom Wasser des Cocito umspült wird; so treten hier wilde Dämpfe aus, die sich mit erdrückender Hitze verbreiten. Petronius, 1.Jh.n. Chr. 49 48 Bei der Solfatara, unweit von Pozzuoli, ist ein Krater mit brodelnder Lava zu sehen, aus dem rauchende Dämpfe und Schlamm austreten. Dieser aktive Vulkan ist zu besichtigen und stellt eine der bedeutendsten Attraktionen der Phlegräischen Felder dar. Hier herrscht eine unruhige Atmosphäre: Die vom Feuer geplagte Erde schafft surreale Szenarien von unvostellbarer Farbenvielfalt. Die Solfatara (aus dem Latein Sulpha Terra - Schwefelerde) entstand vor 4000 Jahren mitten in den Phlegräischen Feldern und zeigt sich sehr lebhaft mit Fumarolen, Gasund Mineralwasserquellen, heißen Schlammstrahlen und Erdbeben. Die größte Fumarole ist die Bocca Grande, eine natürliche Quelle mit Druckwasserdampf, der mit 160° herausspritzt und verschiedene Gase enthält, die der Luft den typischen Geruch nach „faulen Eiern“ verleiht. Die Solfatara Fumarolen der Solfatara Berühmte Reisende Lucrinound Avernosee Man kann sich nichts romantischeres als den kleinen Durchgang vom Avernosee zum Grotteneingang vorstellen, vor allem für all jene, die den Kopf voller Legenden haben… Wahrscheinlich hat Virgil seine Erzählung geschrieben und dabei an diesen Ort gedacht. Johann Gottfried Seume, 1802 51 50 Herkules führte die Ochsen, die er Geryon gestohlen hatte, auf eine von ihm im Meer gebaute Landzunge und teilte so die Wasser des Lucrinosees. Der Name kommt vermutlich von lucrum und bezieht sich auf die Erlöse der Fisch- und Molluskenzucht im See. Nahe dem See sind die Stufe di Nerone, Sudatorien, die in das Tuffgestein gehauen wurden, um die Fumarolen aus dem vulkanischen Boden zu nützen; sie waren Teil einer riesigen Thermalanlage, die sich über den gesamten Berhang erstreckten. Die Thermen sind auch heute noch in Betrieb. Der Avernosee ist von bewaldetem Hügelland umgeben. Die raue Landschaft und das regungslose Gewässer animierten die Alten dazu, ihn als Eingang in die Unterwelt (Äneis, Odyssee) anzusehen. Der Name Avernus kommt aus dem Griechischen aornon „Ohne Vögel“, die verschreckt vom Höllenmund flüchteten. Im 1.Jh. n.Chr. beschloss Kaiser Augustus, in diesem Gebiet einen Flottenstützpunkt, den Portus Julius, zu bauen, um so die beiden Seen durch einen Kanal mit dem Meer zu verbinden. Aber der neue Hafen versandete bald und während die Flotte nach Miseno verlegt wurde, bevölkerte sich das Seeufer mit Villen und Thermen. Dank der Bootsausflüge, die im Gebiet des Unterwasserparks von Baia organisiert werden, sind noch heute die Strukturen des Portus Julius und des Einfahrtkanals sowie der Verlauf der Küstenstraße zu sehen. Nichts ist von den Hafenanlagen am Avernoufer geblieben; zu einer der Adelsvillen, die deren Platz einnahm, gehört die prachtvolle, als Apolltempel bekannte Ruine, die ursprünglich eine große Thermalhalle war. Ein Seeuferweg führt zu einer Grotte, die bis 1932 für eine Sibyllengrotte (Antro della Sibilla) angesehen wurde. In Wirklichkeit ist die 200 m lange Struktur ein Verbindungsgang zwischen Averno- und Lucrinosee. Lucrinosee Der ‘Apolltempel’ am Avernosee Monte Nuovo Hinter den Seen zeichnet sich der Monte Nuovo ab, jener vulkanische Krater, der sich 1538 gebildet hat. Eine schreckliche Eruption begrub die Ortschaften Tripergole und das umliegende Gebiet; aus der großen Menge an Bimsstein, Steinen und Schlacke bildete sich der Hügel, der von Pinien und mediterraner Macchia bedeckt ist. Von dessen Gipfel, auf den man gemütlich hinaufspazieren kann, ist der vulkanische Krater zu sehen, dessen Grund von einer üppigen Vegetation bedeckt ist. Vor nicht allzu langer Zeit ist hier das Naturschutzgebiet des Monte Nuovo eingerichtet worden. Baia. Unterwasserpark Baia, Bacoli und Miseno Berühmte Reisende Die Bagni di Nerone, die Ruinen von Baia, der Serapistempel, Cuma, wo die Sibylle die Orakel interpretierte, der See…mit der antiken Unterwasserstadt, die in den Tiefen des Meeres zu sehen ist. Mark Twain, 1869 53 52 Mit Baia gelangt man zum reichsten Teil der Phlegräischen Archäologie. Die grandiosen Ruinen aus römischer Zeit legen Zeugnis über den einstigen Glanz ab, als das Gebiet im Mittelpunkt höchst eleganten Fremdenverkehrs stand. Das luxuriöse und ausschweifende Leben, das hier geführt wurde, inspirierte Seneca und Properz zu Schmähreden, während Horaz den Golf als „den bezauberndsten der Welt“ bezeichnete. Der Großteil der herrlichen Gebäude von Baia ist im Meer versunken. Diese Ruinen bilden den archäologischen Unterwasserpark von Baia. Dank Exkursionen mit entsprechenden Booten und Unterwasseraufnahmen sind Mosaikböden, Mauern, Säulen und andere Reste zu sehen. In der Mitte dieses Gebietes liegt die Villa von Lucius Piso, dem Schwiegervater von Julius Cäsar. Nahe der Punta Epitaffio wurde ein Nymphaeum von Kaiser Claudius entdeckt, ein luxuriöser Saal mit wunderschönen Statuen, die aus dem Meer geholt wurden, und heute im Archäologischen Museum der Phlegräischen Felder in der Aragonesischen Burg ausgestellt sind. Der gesamte Hügelhang auf der Seite des Golf von Baia ist mit terrassenförmig angelegten, archäologischen Ausgrabungen bedeckt, die den Archäologiepark von Baia bilden, ein großer Gebäudekomplex, der vermutlich als Kaiserresidenz diente. Das Gebiet ist in drei Zonen gegliedert: im Süden die Zone der Venus, in der Mitte die Zone der Sosandra und im Osten die Zone des Merkur. Die Venusthermen liegen mitten in einem großen Thermalsaal mit Halbkuppeldecke. Zu diesem Komplex gehörte auch eine große Rundaula außerhalb des Archäologieparks, fast auf dem Hafenkai, die als Venustempel bekannt war. Die Sosandrathermen erstrecken sich auf spektakulären Terrassen mit einem Unterbogengang, einem TheaterNymphaeum, Residenzen, Promenaden und Säulengärten, die wahrscheinlich mit Mosaiken, Statuen und Malerien geschmückt waren. Der Thermalkomplex des Merkur ist nach dem großen Kuppelsaal benannt, in dem das Echo widerhallt. Leicht nördlich vom Park erhebt sich der Dianatempel, eine große Thermalhalle aus dem 3.Jh. n.Chr., der von der Straße aus sichtbar und nach einer Reihe von Marmorreliefs mit Tierfiguren benannt ist. Im prachtvollen Rahmen der Aragonesischen Burg, die im 15.Jh. erbaut und in der Zeit der Vizekönige umgebaut wurde, befindet sich das Archäologische Museum der Phlegräischen Felder, in dem Stücke aus Baia, Miseno und Pozzuoli aufbewahrt werden. Von den Festungsterrassen kann man ein unvergessliches Panorama genießen. Das Nymphaeum von Punta Epitaffio Museo Archeologico dei Campi Flegrei Archäologiepark von Baia Berühmte Reisende Und wenn wir eine Höhe erklommen, bot sich uns eine weite, wunderschöne Landschaft. Gegenüber das ruhige, blaue Meer, unter uns in zarten Nebel gehüllt, die Küste von Italien, die klassische Küste mit gleichmäßigen Felsen; Capo Miseno umfängt sie in der Ferne, weit in der Ferne. Guy de Maupassant, 1890 55 54 Im Erdgeschoss ist der architektonische und bildhauerische Komplex des Heiligtums der Augustalen untergebracht, ein kleiner Tempel aus augusteischer Epoche (1.Jh. n.Chr.), der dem Kaiserkult gewidmet ist. Von der Struktur sind der Frontgiebel und die Statuen von Vespasian und Titus sowie die Reiterstatue des Domitian erhalten (als Domitian ermordet wurde, wurde sein Antlitz durch das seines Nachfolgers Nerva ersetzt). Im Obergeschoss ist der großartige Komplex des Nymphaeums von Punta Epitaffio (Spitze, die im Osten den Golf von Baia schließt) in einer Rekonstruktion des ursprünglichen Ambientes ausgestellt, in dem einst prächtige Bankette abgehalten wurden. Bei den Unterwassergrabungen in den 70-er Jahren wurde ein infolge der Strandverschiebung versunkenes Triklinium freigelegt, das mit Marmor verkleidet und mit Statuen verziert ist, die die Trunkenheit des Polyphem darstellen. Odysseus und ein Gefährte reichen dem Zyklopen (dessen Statue verloren gegangen ist) den Wein. Zwei Statuen des Dionysos und verschiedene Portraitstatuen von Mitgliedern der Kaiserfamilie vervollständigen die Gruppe. Ein weiterer prachtvoller Museumsteil umfasst die Statuen und architektonischen Dekorationen der Funde von Rione Terra in Pozzuoli. Interessant ist die Abteilung der Gipsfiguren von Baia, Gipsabdruckfragmente, die verwendet wurden um berühmte Statuen zu reproduzieren, die in einer Werkstatt von Bildhauern aus Baia gefunden wurden, die vermutlich auf die Dekoration von Prunkvillen an der Küste spezialisiert waren. Zwischen Baia und Miseno liegt Bacoli, das auf den Resten der alten römischen Stadt Bauli errichtet wurde. Im höchsten Stadtteil liegt die riesige, zweistöckige Zisternenanlage „Cento Camerelle“ (hundert Kämmerchen) aus dem 1.Jh.v.Chr. Die obere, rechteckige Zisterne ist in vier Schiffe gegliedert, die untere ist ein komplexes Netz von Tuffsteingängen. Ein dünner Küstenstreifen trennt das Meer von einer Salzlagune, dem Fusarosee, wodurch sich ein außergewöhnliches Ökosystem entwickeln konnte, in dem Fische und Mollusken gezüchtet werden. Im See erhebt sich auf einer durch eine Brücke mit dem Festland verbundenen Insel der bezaubernde Rokokobau „Casino Reale“, den Carlo Vanvitelli im 18.Jh. entwarf. Capo Miseno – dessen Name auf einen Herold des Äneas zurückgeht, dessen riesiges Grab der Legende nach das Vorgebirge sein soll – wurde von den Römern in augusteischer Zeit gewählt, um den bereits versandeten Portus Julius von Baia zu ersetzen. In diesem Hafen war die römische Kriegsflotte stationiert. Miseno ist auch ein sehr bedeutender Badeort, den vor allem Kinder lieben, die sicher im seichten Sandbodenmeer planschen können. Auf der einen Seite des mythischen Vorgebirges liegt die Bucht, auf der anderen der Misenosee (auch ob des seichten Wassers „totes Meer“ genannt), eine Küstenlagune, die durch eine Mündung mit dem Hafen und mit dem Meer durch einen Kanal verbunden ist, der den großen Strand von Miliscola durchquert. Von der antiken Stadt sind die Ruinen der öffentlichen Thermen und das Heiligtum der Augustalen erhalten, das dem Kaiserkult diente und im Museo Archeologico dei Campi Flegrei rekonstruiert ist. Aber das eindrucksvollste Monument von Miseno ist sicherlich die Piscina Mirabilis, ein riesiger Versorgungstank der Flotte. Dieser enorme, leere und stille Raum, der aus Tuffstein gehauen ist und dessen Gewölbe von vier Pilasterreihen getragen werden, wird nur durch ein schwaches Licht erhellt und ist von unvergleichlichem Reiz. An der Ausfahrt von Bacoli steigt die Straße steil zum Monte di Procida hoch, einem der Orte der Phlegräischen Felder mit dem schönsten Panorama. Aus jedem Blickwinkel kann man eine herrliche Aussicht auf den Golf von Pozzuoli mit dem Vesuv und dem Monte Faito am Horizont sowie auf Ischia und Procida genießen. Piscina Mirabilis Casina Vanvitelliana am Fusarosee Miseno. Cala Moresca Berühmte Reisende Cuma Ich sah die Orte des Vergil… den See von Averno und Lucrino, und die stehenden Gewässer des Acheronte. Ich sah die Heimat, und das Haus der Sibylle und jenen gefürchteten Gang, aus dem die Törichten nicht zurückkehrten und den die Weisen nicht zu betreten wagten. Francesco Petrarca, 1343 57 56 Vom Fusarogebiet gelangt man zum ältesten Teil der Phlegräischen Felder, Cuma, der ersten griechischen Kolonie auf italienischem Festland, die um 730 v.Chr. gegründet wurde. In kurzer Zeit entwickelte sie sich zu einer blühenden Handelsstadt, war Ziel wichtiger Handeslrouten sowie Zentrum für den Handel mit dem Festland und beherrschte bald das gesamte Küstengebiet. Seine Bewohner gründeten ihrerseits einige Städte an der Küste, unter anderen auch Neapolis im Jahre 470.v.Chr. Sibyllengrotte Jupitertempel Der Archäologiepark umfasst die Akropolis und einen Teil der Unterstadt mit dem Forum, der Sibyllengrotte, dem Bogen Arco Felice und dem Amphitheater. Auf der Akropolis von Cuma, einem steilen Meeresausläufer, sind noch die Spuren der Festungen aus griechischer Zeit sichtbar. Zeugnis der griechischen Epoche legen zwei große Tempel ab, die im Mittelalter in Kirchen umgebaut wurden. Der Apolltempel mit sehr wenigen Elementen des ersten archaischen Tempels hat das Podium bewahrt und weist Spuren baulicher Veränderungen in römisch-augusteischer Epoche und Reste der achteckigen Taufkapelle einer frühchristlichen Kirche auf. Vom Jupitertempel hingegen sind nur Reste der ältesten Bauphasen erhalten, während uns mehr Zeugnisse aus römischer Zeit und der Phase der frühchristlichen Kirche geblieben sind. Für die Römer war Cuma ein sakraler Ort, eine heilige Stadt: Nach den Erzählungen des Virgil soll hier die Sibylle Äneas seine Zukunft als Stammvater von Rom gedeutet haben. Es ist daher verständlich, dass das berühmteste Monument der Akropolis die Sibyllengrotte (Antro della Sibilla) ist, ein langer Tunnel, der in einem Raum mit drei Nischen endet, der als Sitz der Sibylle aus Cuma galt. Den unteren Stadtteil bildete das Forum aus samnitischer und römischer Epoche, ein weiter rechteckiger Platz mit Säulengängen. Das bedeutendste Monument ist der grandiose Jupitertempel aus hellenistischer Zeit (3.Jh.v.Chr.), der mehrmals bis zur Kaiserzeit restauriert wurde. Im Gebiet des Forums befindet sich auch ein großer Thermalkomplex aus republikanischer Zeit. Außerhalb der Stadtmauern sind Reste des Amphitheaters aus dem 2.Jh. v.Chr. zu sehen, das eines der ältesten der römischen Kulturwelt ist. Beim Verlassen der Stadt nach Osten geht man durch den Arco Felice (ein 20 m hoher und 6 m breiter Bogen), der gebaut wurde, um hier die Via Domiziana durch Monte Grillo verlaufen zu lassen. Bleibe der Sibylle Die Sibylle von Cuma war eine heilige Priesterin des Gottes Apoll. Aus ihrer Höhle gab sie mehrdeutige Weissagungen über die Zukunft. Der Legende zufolge soll Apoll der Priesterin die Unsterblichkeit geschenkt haben, wie sie gewünscht hatte. Sie hatte aber vergessen, auch die ewige Jugend zu verlangen und wurde so nach tausend Jahren alt und runzelig. Im Satyricon von Petronius wird sie winzig in einer Flasche eingeschlossen beschrieben, wie sie vergeblich den Tod erbittet. Der Ruhm der Sibylle und ihrer Grotte geht auf Vergil zurück, der in Buch VI seiner Äneis davon erzählt. Äneas kommt nach Cuma zur Sibylle, die ihm seine Zukunft als Stammvater der ruhmreichen römischen Zivilisation weissagt.