2012 - 100 Jahre Flugplatz Schleißheim - Bayerische

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2012 - 100 Jahre Flugplatz Schleißheim - Bayerische
2012 - 100 Jahre Flugplatz Schleißheim
Einleitung
Am 15.März 1912 unterzeichnete Prinzregent Luitpold einen Erlass zur
Gründung einer eigenen bayerischen Fliegertruppe. Standort sollte "OberSchleißheim" sein. Auf den Wiesen des dortigen Königlichen RemonteDepots wurde am 1. April ein Flugplatz eingerichtet. Demzufolge wird der
Flugplatz Schleißheim als einer der ältesten Flugplätze in Deutschland
heuer 100 Jahre alt. Grund genug für die Bayerischen Flugzeug-Historiker,
auf diese Zeit zurück zu blicken und einige der hier beheimateten Flugzeuge im Modell näher vorzustellen.
Königlich-Bayerische Fliegertruppe
(1912 - 1918)
Als das Bier noch dunkel war und Bayern eigene Luftstreitkräfte hatte…
Dieser Spruch aus einer TV-Serie, welche “Die gute alte Zeit” zum Inhalt
hat, kommt einem unweigerlich in den Sinn, beschäftigt man sich mit der
Geschichte der Königlich Bayerischen Fliegertruppe.
Bayern hatte im Deutschen Kaiserreich eine Sonderstellung inne, aufgrund
derer es u. a. ein eigenes Militärwesen besaß. Wie fortschrittlich diese Armee war zeigt die Aufstellung einer Ballon- und Luftschiffertruppe schon
Ende des 19. Jahrhunderts in München. Das Gebäude dieser Einheit steht
noch heute unweit des Leonrodplatzes. Als am 1. Januar 1912 bei der Luftschiffer- und Kraftfahr-Abteilung ein 15 Mann starkes Fliegerkommando
unter Rittmeister Graf Wolfskeel von Reichenberg hinzukam, war dies die
Geburtsstunde der bayerischen Fliegertruppen, die dann am 1. April in
Form einer eigenen Fliegerkompanie offiziell ins Leben gerufen wurden.
Wolfskeel hatte bereits 1911 bei August Euler seine Pilotenausbildung abgeschlossen.
Nun ging es in erster Linie darum geeignetes Fluggerät zu beschaffen und
Personal auszubilden. Es wurden sechs Euler Doppeldecker und siebzehn
Otto Doppeldecker gekauft. Obwohl Angebote von anderen Firmen vorlagen bevorzugte man bewußt die bayerischen Hersteller. 1913 kamen neun
Eindecker der Hersteller Albatros, Etrich und Rumpler dazu. Standort der
wachsenden Fliegertruppe wurde Oberschleißheim. Als später nochmal 46
Doppeldecker der Firma Flugmaschinen Gustav Otto hinzukamen hatte
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sich diese kleine Firma zum wichtigsten Lieferanten in der Vorkriegszeit
entwickelt. Hier kann man eine interessante Brücke zur Gegenwart schlagen: Betrachtet man heute das Firmenzeichen von BMW, so stellt dieses
einen rotierenden Propeller dar. Die Geschichte des erfolgreichen Autobauers lässt sich bis zu den Ottowerken zurückverfolgen, zumal sich die
Fabrik Gustav Otto auf dem gleichen Gelände befand, auf dem heute das
BMW Werk steht.
Als im August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach wurde die Bayerische
Fliegertruppe vertragsgemäß dem deutschen Heer unterstellt. Die primäre
Aufgabe der frühen Militärfliegerei war Aufklärung und Artillerielenkung.
Anstelle der Otto Doppeldecker traten bald Flugzeuge von Pfalz und Fokker. Die Bewaffnung der Maschinen war anfangs eine “Privatangelegenheit” der Piloten und beschränkte sich auf mitgeführte Pistolen, Karabiner
oder auch Leuchtpistolen. Das erste deutsche Flugzeug, das mit einem Maschinengewehr ausgerüstet wurde, war 1915 die Fokker E.I. Als Leutnant
Wintgens damit am 15. Juli ein französisches Flugzeug angriff war dies
die Geburtsstunde der Jagdfliegerei! Diese sogenannten Spezialflugzeuge
hatten die Aufgabe, die verwundbaren Aufklärer zu schützen und gegnerische Aufklärung zu verhindern. Die ersten Bombenflugzeuge folgten kurz
darauf. Als 1916 die Verbindung des Luft- mit dem Kraftfahrwesen getrennt wurde, wurde die Fliegertruppe eigenständiger Truppenteil, hatte
aber bereits mit Nachschub- und Ausbildungsproblemen zu kämpfen, denen man mit dem Hindenburg-Programm zu begegnen versuchte. Dieses
Ausbauprogramm wurde 1917 nach dem Kriegseintritt der USA durch das
Amerika-Programm noch erheblich erweitert. Im Frühjahr 1918 hatte die
Bayerische Fliegertruppe ihren Zenit mit ca. 13.000 Mann erreicht, die jedoch nicht in rein bayerischen Einheiten kämpften, sondern in den deutschen Luftstreitkräften aufgegangen waren (umgekehrt ebenso). Doch am
Ausgang des Krieges vermochte auch sie nichts zu ändern.
Berühmte Persönlichkeiten der Bayerischen Fliegertruppe
In der Vergangenheit wurden erfolgreiche Militärpiloten zu Helden hochstilisiert, vergleichbar mit den heutigen Popstars:
 Max Ritter von Müller - der Spengler machte eine beeindruckende Karriere als er es durch herausragende Leistung vom Mannschaftsdienstgrad bis zum Offizier brachte. Er flog zusammen mit Boelcke und
Richthofen, wurde 1916 Führer der Jasta 28 (Jagdstaffel) und errang 24
Luftsiege. Hochdekoriert fiel er am 9. Januar 1918 im Luftkampf.
 Robert Ritter von Greim - ihm gelang im August 1918 der erste erfolgBayerische Flugzeug Historiker e.V.
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reiche Angriff mit einem Flugzeug auf einen britischen Panzerwagen
(Tank). Berühmt wurde er nach dem Krieg, als er zusammen mit Ernst
Udet für die Kriegsgefangenenfürsorge Schauflüge durchführte. In den
folgenden Jahren hatte er mehrere führende Stellen in der Luftfahrt u.
a. in China inne. Als Hermann Göring in der Endphase des Zweiten
Weltkriegs als Oberbefehlshaber der Luftwaffe abgesetzt wurde, wurde
von Greim zu seinem Nachfolger ernannt. Nach der Gefangennahme
durch die Alliierten beging er Selbstmord.
Friedrich Stempel - er trat 1913 der Fliegertruppe bei und gilt als einer
ihrer Schöpfer. Stempel war Kommandeur in Schleißheim und als Führer des Etappenflugzeugparks dafür zuständig, der Front den immer
dringenderen Nachschub an Personal und Gerät zuzuführen.
Paul Klee - der bekannte Künstler war als Pionier Angehöriger der
Werftkompanie. Neben handwerklichen Arbeiten begleitete er als
Transportführer Flugzeuge per Bahn an die Front.
Unternehmen Pascha II
Die Türkei kämpfte im Ersten Weltkrieg auf Seiten der Mittelmächte. In
einem eher symbolischen Akt der Waffenhilfe verlegte die bayerische
Flieger Abteilung 304b im August 1917 mit mehreren Zügen über Istanbul, das Taurusgebirge und Syrien nach Palästina, um dort gegen die Commonwealth-Truppen zu kämpfen. Vorausgegangen war das Unternehmen
Pascha I, bei dem eine kleine preußische Einheit bereits 1916 in den Nahen Osten bis nach Beersheba verlegte, während die Einheiten von Pascha
II bis nach Iraq el-Manschiya (bei Gaza) kamen. Unter großen Schwierigkeiten erreichte man das Ziel und flog Aufklärungs- und Bombeneinsätze
bis nach Ägypten. Durch glückliche Umstände überstanden die dort entstandenen Glasplatten-Negative die Wirren des anschließenden Rückzuges
und kamen 1919 zusammen mit den Soldaten komplett nach Bayern zurück, wo sie noch heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv erhalten sind.
Diese Unternehmen waren zur damaligen Zeit eine beachtliche Leistung,
wenn man bedenkt, dass die Flugzeuge nur zerlegt transportiert werden
konnten, die Transportwege teilweise nur mit Kamelen und Ochsenkarren
zu überwinden waren, die Technik für die Wüste nicht geeignet war, im
Falle einer Notlandung kaum eine Chance auf Rettung bestand und man
nicht nur sämtliche Ersatzteile, sondern auch die komplette Versorgung für
mehrere hundert Mann sicherzustellen hatte. Nicht von ungefähr kam die
Meldung aus der Wüste: “In Konstantinopel letzte Möglichkeit Bier zu bekommen - größtmöglichen Vorrat beschaffen.”
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Luftverkehr in Schleißheim
(1919 - 1926)
Schon kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs wurde eine Reihe von Luftverkehrsgesellschaften gegründet, die den Betrieb mit umgerüsteten Militärflugzeugen aufnahmen, Städte bemühten sich, durch die Einrichtung
von Verkehrslandeplätzen an das Luftverkehrsnetz ange-schlossen zu werden. Mit der Junkers F 13 erschien 1919 das erste speziell für die Anforderungen des Luftverkehrs konstruierte Passagierflugzeug. Der Flugplatz
Schleißheim spielte in den 1920er Jahren eine wichtige Rolle im bayerischen Luftverkehr: Bis zum Ausbau von Oberwiesenfeld ab 1925 diente er
als Verkehrsflughafen, anschließend als technischer Betriebshafen zum
Unterstellen und Warten der Flugzeuge. Der kurze Luftsprung zwischen
den beiden Plätzen war sicher für viele Münchner eine erste Begegnung
mit einer Luftreise, zwischen Mai und Dezember 1925 beförderte alleine
der Süddeutsche Aero-Lloyd auf 1159 Überführungsflügen 3911 Passagiere.
1919 wurde in München der Bayerische Luft-Lloyd gegründet, der anfangs
vor allem Rundflüge durchführte. Mit umgebauten Rumpler C.I und Albatros L 30a eröffnete man dann am 11. April 1921 die planmäßige Post- und
Passagierverbindung München/Schleißheim-Konstanz. 1922 stießen zwei
Junkers F 13 zur Flotte, sie fanden auf Strecken nach Konstanz und
Oberammergau sowie für Rundflüge Verwendung. Im folgenden Jahr
schloss sich der Bayerische Luft-Lloyd dem Junkers Luftverkehr an, einem
Mitglied der von Junkers initiierten multinationalen Trans-Europa-Union
(Treu), deren Gründungsurkunde am 22. Oktober 1923 in der Schleißheimer Schlosswirtschaft unterzeichnet wurde. In der Folge entwickelte sich
München zu einem Treu-Drehkreuz, Junkers F.13 der Ad Astra und
ÖLAG verbanden ab 1923 die Landeshauptstadt mit Zürich und Wien.
Konkurrenz erwuchs der Treu in München im Süddeutschen Aero-Lloyd,
der 1925 mit Fokker Grulich F II/F III und Dornier Komet III Linienflüge
zu innerdeutschen und europäischen Zielen aufnahm.
Im Januar 1926 entstand durch die Zusammenlegung der beiden großen
deutschen Luftverkehrsunternehmen die Deutsche Luft Hansa, und auch
die Maschinen der neuen Einheitsgesellschaft nutzten bis zur Fertigstellung von Flugzeughallen in Oberwiesenfeld Ende 1929 die Schleißheimer
Werft als technische Basis.
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Udet-Flugzeugbau
(1921 - 1926)
Die im Oktober 1922 offiziell gegründete Udet - Flugzeugbau GmbH war
ein zunächst recht kleines Unternehmen welches in München - Ramersdorf
beheimatet war. Dort entstand anfangs eine ganze Reihe von ein- und
zweisitzigen Tiefdeckern. Dennoch gab es ein immer größer werdendes
Problem: Das Werk besaß kein angrenzendes Flugfeld, auf dem die neu
gebauten Maschinen erprobt bzw. eingeflogen werden konnten. Als recht
unbefriedigende Lösung wurden die teilmontierten Maschinen quer durch
München zum Flugplatz Schleissheim transportiert wo sie in der Halle III
endmontiert wurden. Ab 1923 wurde Schleissheim der Werkflugplatz von
Udet und die einmotorigen Sporttiefdecker U2, U4, U6 und U10 gehörten
ebenso zum Flugbetrieb wie die Kabinenhochdecker U5 und U8. Von letzterem Typ wurde die Variante U8b ab Schleissheim mit einem sog. Spaltflügel erprobt, eine revolutionäre Neuigkeit für das Jahr 1924. Auch der
Sporthochdecker U7 „Kolibri“, der im August 1924 den Rhön-Wettbewerb
gewann, startete am 31.Mai 1924 in Schleißheim zum Erstflug. Udet-Maschinen nahmen seinerzeit, teils recht erfolgreich, an vielen Flugveranstaltungen und Wettbewerben teil. Kommerziell waren die Maschinen aber
recht erfolglos.
In besonderem Maße ist auch ein anderes Udet-Flugzeug mit dem Flugplatz Schleissheim verbunden, der Schuldoppeldecker U12 „Flamingo“.
Nach seinem Erstflug Ostern 1925 folgte eine damals beispiellose Karriere. Der bekannte Kunstflieger Ernst Udet, Anteilseigner und Namensgeber
der Udet - Flugzeugbau GmbH, tourte mit einer U12 durch ganz Deutschland und zeigte sensationelle Flugvorführungen. Dadurch wurde die Maschine sehr populär und die „Flamingo“ wurde mit etwa 30 Maschinen
zum erfolgreichsten Typ des Ramersdorfer Werkes.
Als viermotoriges Passagierflugzeug für acht Passagiere wurde ab 19.Januar 1926 die U11 „Kondor“ in Schleissheim erprobt. Die „Kondor“ war
im Gegensatz zu den anderen Holzkonstruktionen der Firma jedoch in Metall gebaut und auch die größte Maschine des Udet-Flugzeugbaus. Die Firma geriet in finanzielle Schwierigkeiten und wurde 1926 liquidiert, um in
Augsburg-Haunstetten einen Neuanfang zu wagen. Dort entstand mit Hilfe
des Bayerischen Staates die Bayerischen Flugzeugwerke (BFW) die ab
1927 wieder die Produktion der U12 aufnahmen. Ein großer Teil davon
gelangte an die Deutsche Verkehrsfliegerschule (DVS) die in Schleissheim
eine Dienststelle hatte und die „Flamingo“ mehrere Jahre sehr erfolgreich
als Schulflugzeug einsetzte.
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Deutsche Verkehrsfliegerschule
(1927 - 1935)
Anfang der 1920er Jahre, als die Luftfahrt in Deutschland noch durch die
Beschränkungen des Versailler Vertrages bestimmt war, dachte man auch
schon wieder an die Wiederaufrüstung. Der fliegerischen Komponente
wurde dabei große Beachtung geschenkt und so entstanden in der gesamten Republik zehn quasi zivile Flugschulen unter dem Dach der Sportflug
GmBH in denen, neben zivilen Piloten, auch Piloten für eine künftige
Luftwaffe ausgebildet werden sollten. Diese Flugschulen wurden im Jahre
1927 zur Deutschen Verkehrsflieger Schule (DVS) zusammengeschlossen.
Die Direktion befand sich in Schleißheim. Neben der Schule in Schleißheim, in der die Scheine A, B1 und Kunstflug geschult wurden, gab es
noch DVS - Fluschulen in Warnemünde (Scheine A, B1, Seefliegerschulung, Braunschweig (Scheine B2 und C) und List (Scheine B2 und C für
Seeflieger).
In Bayern befand sich die DVS - Zweigstelle in Schleißheim. Zu den Typen die dort eingesetzt wurden gehörte die BFW U 12 "Flamingo", die bis
1931 zum vertrauten Bild in Schleißheim gehörte. Erst dann wurde sie
durch den Tiefdecker Klemm L26 und den Hochdecker Albatros L101 zunächst ergänzt und schließlich ersetzt. Später dienten aber auch noch andere Muster als Schulflugzeug, wie z.B. die Albatros L75 (Doppeldecker)
und L102 (Hochdecker), Junkers W33 (Ganzmetall-Tiefdecker) und zuletzt auch die Arado Ar 65 (Doppeldecker). Zu den Fluglehrern die bei der
DVS in Schleißheim tätig waren gehörte u.a. Willi Stör für Kunstflug,
deutscher Kunstflugmeister in den Jahren 1935 und 1936. Auch von den
Flugschülern machten einige später von sich reden, wie Hannes Trautloft,
Adolf Galland und Gordon Gollob.
Im Jahre 1935 wurde die neugegründete Luftwaffe der Öffentlichkeit präsentiert. Da getarnte Flugschulen nun nicht mehr benötigt wurden, wurde
die DVS schließlich aufgelöst. Nachfolger der DVS wurden die Flugzeugführerschulen (FFS) der Luftwaffe.
Deutsche Luftwaffe
(1935 - 1945)
Nach der Enttarnung wurde, in Anknüpfung an die Tätigkeit der DVS,
Schleißheim zum zentralen Standort für die Jagdfliegerausbildung. Viele
der später berühmten Fliegerasse wurden hier geschult.
Zur Besetzung des Rheinlandes 1936 wurden die Jagdflieger abgezogen.
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Es blieb die bisher noch nebenbei betrieben Anfänger- und Fortgeschrittenen-Schulung, nun in Form einer A/B-Schule. Während der Sudetenkrise
im Herbst 1938 wurden zahlreiche ortsfremde Einheiten in Schleißheim
einquartiert, und der Ausbildungsbetrieb kam kurzzeitig zum Erliegen.
Im März 1939 kehrte die Jagdfliegerschule zurück nach Schleißheim, und
die A/B-Schulung wurde an andere Standorte abgegeben.
Nach Kriegsausbruch wurde die Ausbildungstätigkeit intensiviert. Aus Kapazitätsgründen mußte aber bereits im Dezember 1939 die 2. Schulstaffel
nach Bad Aibling umziehen, kehrte aber 1940 wieder zurück. Im April
1940 zog die 3. um nach Neubiberg. Zugleich wurde aus der Jagdfliegerschule die Zerstörerschule.
Nach dem ersten Nachtangriff auf München im Juni 1940 mußte sich die
zerstörerschule auch mit der Nachtjagd auseinander setzen. Ab Mai 1942
fungierte der Standort dann auch offiziell als Nachtjagdschule 1. Etwa
zeitgleich wurde auch die Fliegertechnische Schule 3 nach Schleißheim
verlegt. Damit einher ging eine weitere Vergrößerung und erneut die Abgabe von Staffeln an andere Standorte. Aufgrund der zunehmenden britischen Angriffe wurde die Schule mehr und mehr in eine Einsatzrolle gedrängt, und im März 1943 schließlich in Nachtjagdgeschwader 101 umbenannt. Nahe des Schlosses entstand ein Grossraumgefechtsstand, Deckname "Minotaurus". Im Sepember 1943 ging das NJG 101 im NJG 6 auf, das
in Schleißheim neu aufgestellt wurde. Teile des Geschwaders blieben bis
zum Kriegsende in Schleißheim. Dies erfolgte für Schleißheim am 29.
April 1945, als Horstkommandant Oberst Schröder den Platz kampflos an
die anrückenenden Amerikaner übergab.
US Streitkräfte
(1945 - 1973)
Im Krieg hatte der Flugplatz Schleißheim schwer gelitten und war mehrfach bombardiert worden. Die neuen Hausherren gingen zunächst daran,
ihn durch ein Pionierbataillon wieder instand zu setzen. Im September
1945 verlegt die 344th Bombardement Group, ausgestattet mit Martin B-26
Marauder und Piper L-4, von Florennes nach Schleißheim. Ab Dezember
1945 wurde der Platz offiziell als "Schleißheim Army Air Base" geführt.
B-26 und L-4 wurden kurz darauf durch Douglas A-26 Invader (die wiederum bald in B-26 umgetauft wurde) und Stinson L-5 ersetzt. Aber bereits im Februar 1946 wurde die Gruppe in die USA zurück verlegt. Dabei
wurde die Startbahn unbrauchbar gemacht.
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Nach der erneuten Sanierung ging der Platz als "Schleißheim Airfield" im
Juli 1947 wieder in Betrieb. Nun hatte die US Army hier vorwiegend
Transporthubschrauber stationiert. Bell H-13, Sikorsky H-34 und H-37
prägten für die nächsten Jahre das Bild auf dem Flugplatz. Daneben gehörten einige leichte Transportflugzeuge für Verbindungsaufgaben zum Bestand. Ab April 1966 übernahm das 24th Aviation Batallion mit Bell UH1B die Schulung von Hubschrauberführern für den Einsatz in Vietnam.
Schleißheim fungierte so als einzige US-Flugschule im Ausland.
Aber bereits ab Juni 1967 wurde die Ausbildung zurück gefahren, und die
US-Streitkräfte zogen sich nach und nach vom Platz zurück. Am 31. Mai
1973 schließlich wurde er offiziell wieder den deutschen Behörden übergeben.
Deutsche Heeresflieger
(1958 - 1981)
Parallel zu den amerikanischen Verbündeten waren bereits seit April 1958
Heeresflieger der neu gegründeten Bundeswehr in Schleißheim stationiert.
Die Heeresfliegerstaffel 1 war mit Dornier Do 27 ausgerüstet und sollte
die 1. Gebirgsdivision unterstützen.
Im März 1959 in Heeresfliegerstaffel (Geb) 8 umbenannt, kamen ab dem
Sommer des Jahres die ersten Hubschrauber vom Alouette II zum Einsatz.
Ab 1960 erschienen auch die größeren Transporthubschrauber H-34 in
deutschen Diensten auf dem Platz.
1963 tauchte kurzzeitig das Heeresfliegerbataillon 200 in Schleißheim auf,
verlegte aber 1964 bereits wieder nach Laupheim. Ab März 1969 wurde
mit dem Zulauf der neuen Bell UH-1D die Heeresfliegerstaffel 8 zum Heeresfliegerbataillon 8 verstärkt. Im Rahmen einer neuen Heeresstruktur
wurde am 1. März 1971 das Bataillon aber wieder zur Staffel zurück gestuft. Die UH-1D wurden nach Roth abgegeben, die Alouette II verblieben
in Schleißheim.
Ab 1980 wurden die Alouette ebenfalls ersetzt, und zwar durch die Bo
105. Etwa zeitgleich allerdings begann die Verlegung der Staffel nach
Penzing, die im Juni 1981 abgeschlossen wurde.
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Sportflieger
(1953 - heute)
Von amerikanischen Soldaten wurde 1953 der "Lone Star Flying Club" gegründet. Für den Verein konnten zwei Miles Magister, eine Tiger Moth sowie eine in Dänemark gebaute KZ III beschafft werden. 1955 wurde der
Name präzisiert in "Lone Star Flying Club of Bavaria", nachdem sich
Zweigstellen in Augsburg und Kaufbeuren gebildet hatten.
Im Zuge einer Neuordnung der Flugsportaktivitäten der US Army wurde
der Verein erneut umbenannt in "Red Baron Flying Club U.S. Army Europe" (später nur noch "Red Baron Flying Club") und in Bad Tölz beheimatet. Anfang der siebziger Jahre kehrte er zurück nach Schleißheim. Aufgrund des Abzugs der US Army hatte der Verein bald mehr deutsche als
amerikanische Mitglieder. 1994 wurde der Verein als "Red Baron Flying
Club e.V." nach deutschem Recht neu gegründet.
Der erste deutsche Luftsportverein siedelte sich 1965 in Schleißheim an,
damals noch parallel zu den amerikanischen und deutschen Heeresfliegern.
Der Ikarus Luftsportclub, 1954 in der Fröttmaninger Heide gegründet, zog
in diesem Jahr um und brachte drei Segelflugzeuge mit.
Von Angehörigen der Bundeswehr wurden zwei weitere Vereine gegründet, die sich Schleißheim zur Heimat auserkoren, die "Flugsportgruppe
MBL-Angehöriger" (1972) sowie die "Luftfahrtgesellschaft Oberschleißheim (LGO)" (1974).
Von 1979 bis 1983 flog auch der "Aeroclub Dachau" von Schleißheim aus,
nachdem er sein Gelände in Rothschwaige hatte aufgeben müssen. Nach
dessen erneutem Umzug (nach Gröbenried) ließ sich der Luftsportverein
Lilienthal hier nieder.
Auch der "Aeroclub München" musste sich 1992 eine neue Heimat suchen
(der alte Platz lag in der Einflugschneise des neuen Münchner Flughafens)
und kam nach Schleißheim.
Nach dem Abzug der Bundeswehr war Schleißheim rechtlich gesehen kein
Flugplatz mehr. Um Rechtssicherheit bemüht, konnte unter der Federführung des Ikarus die Genehmigung als Sonderlandeplatz und damit der
Fortbestand des Flugplatzes erreicht werden. Damit einher gingen allerdings Obergrenzen für die maximal in Schleißheim stationierten Flugzeuge.
Als Dachverband für die in Schleißheim ansässigen Luftsportvereine wurde schließlich im Jahre 2001 der "Flugplatz Schleißheim e.V." gegründet.
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Bundespolizei Fliegerstaffel Süd
(1964 - heute)
1962 wurde in Rosenheim die Grenzschutz Fliegerstaffel Süd, ausgerüstet
mit vier Alouette II, aufgestellt. Am 10. September zog diese um nach
Schleißheim. Zu ihren Aufgaben gehörte die Überwachung der bundesdeutschen Grenzen im gesamten südlichen Raum, von Frankreich bis zur
Tschechoslowakei, sowie Rettungseinsätze. Für den Gebirgseinsatz wurde
ab 1969 eine Version der Alouette mit leistungsgesteigerten Triebwerken
beschafft.
Ab Herbst 1968 waren bereits UH-1D zugelaufen, die deutlich mehr
Transportkapazität boten. Eine dieser Maschinen wurde bei der missglückten Aktion zur Befreiung der israelischen Olympia-Geiseln 1972 in Fürstenfeldbruck zerstört. Auch die zweimotorige Ausführung Bell 212 gehörte zeitweilig zum Bestand.
Noch mehr Transportkapazität brachte der SA.330 Puma, von denen der
erste 1974 eintraf. Diese wurden mittlerweile durch die SA.331 Super
Puma ersetzt.
Seit 1975 wurde die BGS Fliegerstaffel Süd verstärkt in das Rettungsnetz
des Katastrophenschutzes einbezogen. Dazu wurde sie mit Bo 105 ausgestattet, die eine orangefarbene Lackierung erhielten, im Gegensatz zum
normalen Moosgrün des Grenzschutzes.
2005 wurde der Bundesgrenzschutz umbenannt in Bundespolizei. Die Fliegerstaffel Süd wurde umbenannt in Fliegerstaffel Schleißheim. Heute betreibt sie neben der Super Puma die Eurocopter-Muster EC 135 und EC
155.
Deutsches Museum, Flugwerft Schleißheim
(1992 - heute)
Nach dem Abzug der Amerikaner vom Flugplatz Schleißheim und der
Rückgabe an die deutschen Behörden im Mai 1973 begannen die nicht
mehr genutzten Gebäude schon bald zu verfallen, insbesondere die Werft
und die Kommandantur erlitten durch Witterungseinflüsse und Vandalismus schwere Schäden. Der Zustand der Werft verschlechterte sich so weit,
dass die Eigentümer 1983 den Abbruch beantragten. Verhindert werden
konnte dies durch die Bemühungen verschiedener am Erhalt des technikhistorisch bedeutenden Denkmals interessierter Gruppen wie dem 1983 gegründeten Verein zur Erhaltung der historischen Flugwerft. Noch 1983
wurden Werft und Kommandantur unter Denkmalschutz gestellt, eine muBayerische Flugzeug Historiker e.V.
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seale Nutzung stand von Anfang an im Mittelpunkt der Überlegungen.
Aufgrund des Platzmangels im Stammhaus in München musste das Deutsche Museum zahlreiche Luftfahrzeuge in Depots einlagern, auch in Hallen auf dem Flugplatz Schleißheim, und so fiel schließlich, nicht zuletzt
dank gewichtiger Fürsprecher, die Entscheidung, die Flugwerft zum ersten, der Luft- und Raumfahrt gewidmeten Zweigmuseum des Deutschen
Museums zu machen. 1986 liefen die Bauarbeiten in der Flugwerft an,
zwei Jahre später feierte man Richtfest. Als Ergänzung der historischen
Gebäude entstanden eine neue 5000 m² große Ausstellungshalle mit einer
von den verspannten Tragflächen alter Flugzeuge inspirierten Dachkonstruktion und eine Restaurierungswerkstatt. Nach sechs Jahren Planungsund Bauzeit wurde das Museum Flugwerft Schleißheim am 12. September
1992 eröffnet, Mitte 2000 konnte der einmillionste Besucher begrüßt werden.
Der Museumskomplex besteht aus der Werft, der Kommandantur von
1912, einem der ältesten erhaltenen Flugplatzgebäude, der Werkstatt, von
deren Galerie die Restaurierungsarbeiten beobachtet werden können, und
der neuen Ausstellungshalle. Auf 6500 m² erwarten den Besucher rund 70
Luftfahrzeuge, vorher in Depots eingelagerte Objekte und Neuerwerbungen, Motorflugzeuge, Segelflugzeuge und Helikopter aus der Frühzeit der
Luftfahrt bis heute, vom Wolfmüller Gleiter aus dem Jahr 1907 bis zum
ersten Prototyp des Eurofighters. Im Winter sind häufig historische Gastflugzeuge untergestellt, ein Rollweg führt zur Startbahn des Flugplatzes.
www.bayflughist.de
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