Zur Frage des berücksichtigungsfähigen Vermögens

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Zur Frage des berücksichtigungsfähigen Vermögens
VG Würzburg, Urteil v. 25.01.2016 – W 3 K 14.1353
Titel:
Zur Frage des berücksichtigungsfähigen Vermögens beim Antrag auf
Ausbildungsförderung
Normenketten:
BAföG § 13 Abs. 3a
BAföG § 28 Abs. 3 S. 2, Abs. 4
BAföG § 29 Abs. 1 Nr. 1
BAföG § 30
BGB § 488 Abs. 1
Schlagworte:
Anrechnung, Vermögen, Darlehensschulden, Mietschulden, Plausibilität, Fremdvergleich, Eltern,
Studentenwerk, Ausbildungsförderung, Bausparvertrag, Darlehensvertrag
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
I.
Der Kläger begann im Wintersemester 2013/2014 an der Fachhochschule Aschaffenburg ein Studium in der
Fachrichtung Betriebswirtschaftslehre und Recht. Für dieses Studium beantragte er mit
Weiterförderungsantrag vom 5. August 2014 die Gewährung von Ausbildungsförderung für den
Bewilligungszeitraum Oktober 2014 bis September 2015.
Der Kläger gab an, er habe Vermögen; dieses bestehe im Wesentlichen aus einem Bausparvertrag in Höhe
von 5.767,79 EUR (Stand 4.8.2014), einem Depot in Höhe von 3.059,04 EUR, Spareinlagen in Höhe von
329,70 EUR und Guthaben auf Girokonten in Höhe von 240,81 EUR. Er habe aber auch Schulden in Höhe
von 9.617,96 EUR, die davon abgesetzt werden müssten: Aus seiner Ausbildung zum Handelsfachwirt habe
er Verbindlichkeiten in Höhe von 1.519,96 EUR bei der KfW-Bankengruppe. Außerdem habe er von seinen
Eltern per Überweisung oder in bar Beträge in Höhe von insgesamt 3.550,00 EUR erhalten, diese seien ihm
von den Eltern darlehensweise gewährt worden. Außerdem habe er bei seinen Eltern Mietschulden in Höhe
von 3.000,00 EUR. Ferner sei noch eine BAföG-Darlehensschuld aus dem vorangegangenen
Bewilligungszeitraum in Höhe von 1.548,00 EUR zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 21. November 2014 bewilligte das Studentenwerk Würzburg - Amt für
Ausbildungsförderung - dem Kläger Ausbildungsförderung in Höhe von 244,00 EUR monatlich.
Bei der Berechnung der Ausbildungsförderung wurde ein bereinigtes Vermögen in Höhe von 7.335,60 EUR
zugrunde gelegt, aus dem sich unter Berücksichtigung des Freibetrages von 5.200,00 EUR ein
anzurechnendes Vermögen in Höhe von 2.135,60 EUR (monatlich von 177,96 EUR) ergab. Als absetzbare
Schulden wurde in diesem Zusammenhang lediglich das KfW-Darlehen anerkannt.
II.
Mit seiner am 19. Dezember 2014 erhobenen Klage ließ der Kläger beantragen,
den Bescheid des Studentenwerks Würzburg vom 21. November 2014 aufzuheben und die Beklagte zu
verpflichten, dem Kläger Ausbildungsförderung gemäß seinem Antrag zu bewilligen.
Zur Klagebegründung wurde im Wesentlichen vorgetragen: Die Eltern des Klägers hätten diesem im Laufe
seines Studiums insgesamt einen Betrag in Höhe von 3.730,00 EUR zur Verfügung gestellt, obwohl ein
Unterhaltsanspruch nicht bestehe. Die Eltern des Klägers lebten hauptsächlich von der
Erwerbsminderungsrente der Mutter, welche 565,61 EUR betrage. Allein hieraus sei ersichtlich, dass die
Eltern selbst am Existenzminimum leben würden. Die Leistungen der Eltern seien daher überobligatorisch
und dem Kläger sei bewusst, dass er diese Leistungen zurückzahlen müsse. Dies sei zwischen dem Kläger
und den Eltern auch eindeutig vereinbart worden und von den Eltern auch schriftlich bestätigt worden. Die
Eltern des Klägers seien auf diesen Geldbetrag auch angewiesen, um zum einen ihre eigene finanzielle
Situation aufzubessern, bzw. im Alter auf diese Beträge zurückgreifen zu können. Es sei nicht unüblich,
dass zwischen Eltern und Kindern ein schriftlicher Darlehensvertrag nicht abgeschlossen werde. Die Eltern
führten jedoch ein Buch über die Zahlungen, die an den Kläger geleistet würden. Dass keine exakten
Rückzahlungsmodalitäten vereinbart worden seien, sei darauf zurückzuführen, dass die Eltern
selbstverständlich in gewissen Rahmen Rücksicht auf die finanzielle Situation des Klägers nehmen würden.
Außerdem seien Mietschulden in Höhe von 3.000,00 EUR bis zum 1. August 2014 nicht berücksichtigt
worden. Es sei eine entsprechende Mietbescheinigung vorgelegt worden und der Kläger führe einen
eigenen Hausstand. Zwischen dem Kläger und seinen Eltern sei ein ordnungsgemäßer Mietvertrag
abgeschlossen worden, so dass der Kläger zur Mietzinszahlung verpflichtet sei. Ergänzend sei zu
berücksichtigen, dass die Eltern des Klägers gerade im Hinblick auf die geringen Einkünfte selbst auf die
Mietzinszahlungen angewiesen wären.
Soweit der Beklagte verlange, der Kläger solle zunächst seinen Bausparvertrag in Anspruch nehmen, bevor
er eine Darlehensverbindlichkeit eingehe gehe dieser Hinweis fehl. Zum einen hätten Bausparverträge eine
lange Kündigungsfrist von bis zu sechs Monaten, weiterhin sei der Verlust von steuerlichen Forderungen
und sogar die Rückforderung derselben möglich. Bei einer Kündigung des Bausparvertrags müsse der
Kläger zudem mit Verlust von Prämien und dem Anspruch auf ein zinsgünstiges Darlehen rechnen und eine
rückwirkende Abzinsung Kauf nehmen. Deshalb sei es dem Kläger nicht zumutbar, den Bausparvertrag zu
kündigen.
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Von dem positiven Vermögen des Klägers könnten lediglich die Schulden in Höhe von 1.519,96 EUR
abgezogen werden, die der Kläger aufgrund seiner Ausbildung zum Handelsfachwirt habe. Die BAföGSchulden aus dem vorangegangenen Zeitraum könnten gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 BAföG nicht abgezogen
werden. Die Schulden, die der Kläger angeblich bei seinen Eltern habe, seien nicht berücksichtigungsfähig.
Als Schulden könnten nur solche Verbindlichkeiten berücksichtigt werden, mit deren Geltendmachung der
Auszubildende ernsthaft rechnen müsse. Grundsätzlich stehe der Anerkennung auch nicht entgegen, dass
der Auszubildende Verbindlichkeiten gegenüber nahen Angehörigen geltend mache. In diesem Fall seien
jedoch zur Abgrenzung von Unterhaltszahlungen oder Schenkungen hohe Anforderungen an den Nachweis
der Existenz des Darlehens zu stellen. Die bloße Behauptung eines solchen Darlehens sei nicht
ausreichend. Ein solches Darlehen zwischen nahen Angehörigen könne nur dann als Schulden
berücksichtigt werden, wenn ein plausibler Grund für die Aufnahme des Darlehens trotz vorhandenen
Vermögens angegeben werde, der Inhalt der Vereinbarung, insbesondere die Darlehenshöhe, die
Rückzahlungsmodalitäten und der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses substantiiert dargelegt würden, die
Durchführung der Vereinbarung entspreche und die Schulden im Antrag auf Ausbildungsförderung
angegeben würden. Vorliegend sei kein plausibler Grund für die Aufnahme eines Darlehens genannt
worden. Der Kläger hätte sein Vermögen durchaus zur Finanzierung seiner Ausbildung einsetzen können
und müssen. Ein plausibler Grund dafür, warum er stattdessen ein Darlehen bei seinen Eltern aufnehme,
zumal diese nach Aussage in der Klagebegründung nur über eine geringe Rente verfügten, sei nicht
genannt worden. Ein plausibler Grund liege jedenfalls nicht darin, dass der Kläger sein Vermögen erhalten
wolle. Auch hinsichtlich der Mietrückstände bestehe keinerlei belastbare vertragliche Verpflichtung des
Klägers zur Zahlung der Miete. Die vorgelegte Mietbescheinigung stelle jedenfalls keinerlei Verpflichtung
des Klägers zur Zahlung von Miete dar. Ein Mietvertrag sei nicht vorgelegt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug
genommen. Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2015 legte der Kläger einen Darlehensvertrag vom 15. Juli 2015
vor. In der Anlage zum Darlehensvertrag sind diverse Überweisungen der Mutter und des Vaters des
Klägers aufgeführt, darüber hinaus Barschulden in Höhe von 1.400,00 EUR und Mietschulden in Höhe von
4.750,00 EUR für die Zeit vom 1. September 2013 bis 1. Juli 2015.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Mit Beschluss vom 21. Januar 2016 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden
konnte, ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer höheren als
der gewährten Ausbildungsförderung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weshalb sich der Bescheid vom
21.November 2014 als rechtmäßig erweist.
Ausbildungsförderung wird nach dem in § 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) normierten
Grundsatz des Nachrangs staatlicher Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn und soweit dem
Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht
zur Verfügung stehen.
Nach § 11 Abs. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Lebensunterhalt und die Ausbildung gewährt
(Bedarf). Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BAföG wird das Einkommen und Vermögen des Auszubildenden auf
den Bedarf angerechnet. Die Anrechnung von Vermögen richtet sich nach §§ 26 bis 30 BAföG.
Gegen die Berechnung der Aktiva sind vom Kläger keine Einwendungen erhoben worden. Nach § 28 Abs. 1
und 2 BAföG ist der Wert des Vermögens im Zeitpunkt der Antragstellung zu bestimmen. Von dem nach
den Absätzen 1 und 2 ermittelten Betrag sind die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Schulden
und Lasten abzuziehen. Dies gilt nicht für nach diesem Gesetz erhaltene Darlehen (§ 28 Abs. 3 BAföG).
Schulden in diesem Zusammenhang sind alle Forderungen, mit deren Geltendmachung der Schuldner
ernsthaft rechnen muss.
Eine Schuld in diesem Sinne kann auch aus einem Darlehensvertrag mit einem nahen Angehörigen folgen,
wenn dieser zivilrechtlich wirksam abgeschlossen wurde und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen
Auszubildenden nachgewiesen werden kann. Dem Auszubildenden obliegt bei der Aufklärung der zugrunde
liegenden Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit geht zu seinen Lasten.
An den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Vertrages mit nahen Angehörigen sind mit
Blick auf die Gefahr des Missbrauchs strenge Anforderungen zu stellen. Die Darlehensgewährung muss
auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung und
einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abzugrenzen sein. Soweit die relevanten
Umstände in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht
zweifelsfrei feststellbar sind, ist es gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsabschluss
vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen (vgl. BVerwG v.
4.9.2008 - 5 C 30/07 - juris; BayVGH v. 5.10.2009 - 12 ZB 08.2035 - juris; BayVGH, B.v. 4.7.2012 - 12 ZB
11.479 - juris).
Die Annahme einer wirksam begründeten Darlehensschuld unter Angehörigen muss dabei nicht zwingend
einem strikten Fremdvergleich in dem Sinne standhalten, dass sowohl die Gestaltung (z. B. Schriftform,
Zinsabrede oder Stellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkt
dem zwischen Fremden - insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen hat. Ein Rückgriff
auf die objektiven Merkmale des Fremdvergleichs ist jedoch bei der anhand einer umfassenden Würdigung
aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Prüfung geboten, ob überhaupt ein wirksamer
Darlehensvertrag geschlossen worden ist und damit eine Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG
besteht. Dabei sind die für und gegen einen wirksamen Vertragsabschluss sprechenden Indizien im
Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu gewichten und zu würdigen. Die Wahrung von im Geschäftsverkehr
üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten Vertragspflichten) kann als
ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist.
Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der
Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des
Vertragsschlusses nicht substantiiert dargelegt werden. Gleiches gilt, wenn ein plausibler Grund für den
Abschluss des Darlehensvertrags nicht genannt werden kann oder der bezeichnete Grund nicht dafür
geeignet ist, eine genügende Abgrenzung gegenüber einer Schenkung oder einer freiwilligen Unterstützung
bzw. Unterhaltszahlung zu ermöglichen. Zweifel am Vertragsschluss können ferner berechtigt sein oder
bestätigt werden, wenn die Durchführung des Darlehensvertrags nicht den Vereinbarungen entspricht und
die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet werden kann. Ebenso lässt es sich als Indiz gegen einen
wirksamen Vertragsschluss werten, wenn der Auszubildende eine etwaige Darlehensverpflichtung nicht von
vornherein in seinem Antragsformular bezeichnet, sondern gewissermaßen zum Zwecke der Saldierung
erst angegeben hat nachdem er der Behörde gegenüber nachträglich einräumen musste, anrechenbares
Vermögen zu besitzen. Dagegen kann es für das Vorliegen eines beachtlichen Darlehensverhältnisses
während eines in der Vergangenheit liegenden Bewilligungszeitraums sprechen, wenn das Darlehen bereits
zum Zeitpunkt zurückgezahlt worden war, zu dem es der Auszubildende zum ersten Mal offen legte und
sich damit erstmals die Frage seiner ausbildungsförderungsrechtlichen Anrechnung stellte (BVerwG, U. v.
4.9.2008 - 5 C 30/07 - juris, Rn. 26, 27).
Zur Überzeugung des Gerichts handelt es sich bei etwaigen Zahlungen der Eltern an den Kläger nicht um
ein Darlehen.
Mit seinem Antrag auf Ausbildungsförderung hatte der Kläger keine ausreichenden Nachweise über eine
Darlehensabrede mit seinen Eltern beim Studentenwerk Würzburg vorgelegt. Zwar wurde eine vom Kläger
und seinen Eltern unterschriebene Auflistung von Überweisungen und angeblichen Barschulden vorgelegt.
Allerdings ergibt sich aus diesen Dokumenten nicht, dass es sich tatsächlich um eine darlehensweise
Hingabe von Geld handelt. Insbesondere fehlte es an Angaben zu den näheren Darlehensmodalitäten, wie
der Gesamthöhe des Darlehens oder Zeit und Art der Rückzahlungsverpflichtung. Bei den Behörden-Akten
befinden sich nur zwei Belege über die Überweisung von Beträgen: Eine Überweisung datiert vom 1. Juli
2014 und enthält keinen Verwendungszweck. Dies ist im Hinblick auf eine Darlehensgewährung bereits
deshalb ungewöhnlich, weil es dem Darlehensgeber den Nachweis der Zahlung erschweren würde. Eine
Überweisung vom 5. August 2014 trägt den Verwendungszweck „Verpflegung“. Dadurch entsteht der
Eindruck, dass es sich bei dieser Zahlung nicht um eine Auszahlung eines Darlehens handelte, sondern um
einen Zuschuss zu den Lebenshaltungskosten.
Auch die nachträgliche schriftliche Fixierung und die Vorlage eines Darlehensvertrages vermag den
Nachweis nicht zu erbringen, dass tatsächlich eine Darlehensabrede den Zahlungen zugrunde liegt. Die
Vereinbarung wurde erst am 15. Juli 2015 schriftlich geschlossen, nachdem das Studentenwerk in seinem
Klageabweisungsantrag darauf hingewiesen hatte, dass kein schriftlicher Darlehensvertrag vorliege und
deshalb ein Darlehen nicht glaubhaft sei. Bereits die späte Vorlage eines schriftlichen Vertrages weckt
gewisse Zweifel. Allein die bloße schriftliche Fixierung, die ausweislich des klägerischen Vortrags nicht mit
einer inhaltlichen Modifizierung des Vertrages einhergeht, ändert nichts daran, dass es nicht nachgewiesen
ist, dass Zahlungen an den Kläger darlehensweise erfolgt sind. Zudem enthält das Schriftstück auch keinen
Hinweis darauf, wann der angebliche mündliche Darlehensvertrag geschlossen wurde, was auch gegen die
Annahme einer ernstlichen Vereinbarung spricht.
Der Darlehensvertrag hält auch einem Fremdvergleich im obigen Sinne nicht stand, da er nicht einmal echte
Regelungen zu den Grundpflichten eines Darlehensvertrages enthält.
Nach § 488 Abs. 1 BGB wird der durch den Darlehensvertrag der Darlehensgeber verpflichtet, dem
Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der
Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung
gestellte Darlehen zurückzuerstatten. Wenn für die Rückerstattung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt
ist, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder Darlehensnehmer kündigt (§ 488 Abs. 3
BGB).
Der vorgelegte Darlehensvertrag enthält nicht die Darlehenssumme. Es ist die Rede von einem „offenen
Darlehen“, das tatsächlich gewährte Darlehen soll jeweils Ende des Semesters aufgelistet werden.
Der Beginn und die Höhe einer eventuellen Rückzahlung sind nicht festgelegt, sondern zeitlich unbestimmt
(„ab dem Zeitpunkt einer Aufnahme der Berufstätigkeit“) und nebulös formuliert („die Höhe der monatlichen
Raten würde nach Aufnahme einer Berufstätigkeit in einem angemessenen Verhältnis zum
Nettoeinkommen festgelegt“). Die Rückzahlungsverpflichtung wird in Abhängigkeit der Solvenz des
Darlehensnehmers ausgestaltet („Hierbei ist zu beachten, dass der Pfändungsfreibetrag dem
Darlehensnehmer monatlich erhalten bleibt“). Das Darlehen wird ohne jegliche Sicherheiten gewährt. In der
Anlage zum Darlehensvertrag wird auf „§ 3, Tilgung“ verwiesen, obwohl es hierbei um die Darlehenssumme
gehen soll. Einen so unbestimmten Darlehensvertrag, der keine verbindlichen Regelungen zur
Darlehenshöhe und zur Rückzahlung enthält, würde natürlich keine Bank abschließen. Die aus dem
„Darlehen“ abgeleiteten Pflichten stehen in ständigem Fluss sowie unter dem Vorbehalt der finanziellen
Leistungsfähigkeit. Unter Verwandten mögen solche nicht rechtsgeschäftlichen Abreden vorkommen; im
Ausbildungsförderungsrecht führen derartige Vorbehalte jedoch zum Ausschluss der Anerkennungsfähigkeit
(vgl. BVerwG, U.v. 4.9.2008 - 5 C 12/08 - juris für die Treuhandabrede).
Schließlich ist auch völlig unplausibel, aus welchen Gründen überhaupt die Gewährung eines Darlehens
erfolgt sein soll.
Nach eigenem Vortrag des Klägers verfügen seine Eltern nur über ein geringes Einkommen. Weshalb und
vor allem aus welchen Mitteln sie dem Kläger ein Darlehen gewähren (können), obwohl dieser selbst über
beträchtliche Vermögenswerte verfügt, ist nicht plausibel.
Nach dem Vortrag des Klägers verfügen seine Eltern im Wesentlichen lediglich über eine Rente von ca. 600
EUR. Damit dürften sie nach Sicherstellung des Lebensunterhalts kaum in der Lage sein, Beträge
anzusparen und an den Kläger weiter zu geben. Nach dem 2. Buch Sozialgesetzbuch (SGB II „sogenanntes Hartz IV“) wurde für das Jahr 2014 für einen Zwei-Personen-Haushalt ein Regelbedarf von
744,00 EUR (391,00 EUR für den Haushaltsvorstand, 353,00 EUR für den volljährigen Partner innerhalb
einer Bedarfsgemeinschaft) plus Kosten der Unterkunft zugrunde gelegt. Das Einkommen der Eltern liegt
weit unter diesem Satz. Auch wenn sie eine eigene Immobilie besitzen, fallen Kosten für die Unterkunft an
(Steuern, Versicherung, Müllabfuhr, Kanal, etc).
Der Kläger hingegen verfügte über ein Vermögen in Höhe von 9.617,96 EUR. Selbst wenn er seinen
Bausparvertrag in Höhe von 5.767,79 EUR nicht auflösen wollte, erschließt sich nicht, weshalb er ein Depot
mit dem Betrag von 3.059,04 EUR sowie weitere Spareinlagen nicht auflöst und stattdessen von seinen von
Mitteln unter dem Hartz IV-Satz lebenden Eltern Darlehen in beträchtlicher (und nahezu deckungsgleicher)
Höhe des Vermögens erhalten sollte.
Hinsichtlich des Bausparguthabens ist noch darauf hinzuweisen, dass bereits 10% des Guthabens
unberücksichtigt bleiben und somit der Bausparvertrag nur mit 5.191,02 EUR zu berücksichtigen wäre.
Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 BAföG bleibt bei dem Vermögen ein Betrag von 5.200,00 EUR anrechnungsfrei.
Der Bausparvertrag allein hätte sich förderungsrechtlich nicht ausgewirkt, weil auch ohne Berücksichtigung
der Schuldverpflichtungen aus dem KfW-Darlehen das anrechenbare Vermögen des Klägers unter dem
Freibetrag von 5.200,00 EUR gelegen hätte.
Auch bezüglich der Mietschulden des Klägers gegenüber seinen Eltern ist nicht substantiiert dargelegt, dass
er mit deren Geltendmachung rechnen muss. Allein eine Mietbescheinigung begründet eine solche
Rückzahlungspflicht nicht. Auch hier erschließt sich nicht, dass die Eltern, die angeblich am
Existenzminimum leben, und die Mietzahlung gut gebrauchen könnten um ihr geringes Einkommen
aufzubessern, dem Kläger die Miete stunden und darlehensweise zur Verfügung stellen sollten.
Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die monatlichen Mietzahlungen bei der Berechnung der
zustehenden Ausbildungsförderung rechtlich unbeachtlich sind. Nach § 13 BAföG wird als monatlicher
Bedarf 49,00 EUR für die Unterkunft angesetzt wenn der Studierende bei seinen Eltern wohnt. Ein
Auszubildender wohnt auch dann bei seinen Eltern, wenn der von ihm bewohnte Wohnraum im Eigentum
der Eltern steht (§ 13 Abs. 3a BAföG). Dieser erweiterte Begriff des Wohnens gilt unabhängig davon, ob die
Wohnung dem Auszubildenden unentgeltlich überlassen wurde, oder ob er dafür Miete zahlt (Roggentin in
Rothe/Blanke, BAföG, 5. Auflage, EL März 2011, § 13 Rn. 6). Der Bedarf (§ 11 Abs. 1 BAföG) des Klägers
wurde um einen Betrag von 49,00 EUR für den Wohnbedarf erhöht. Eine Berücksichtigung von angeblichen
Mietschulden würde letztlich dazu führen, dass bei dem Kläger - entgegen der gesetzlichen Regelung höhere Mietkosten als der Bedarf von 49,00 EUR berücksichtigt würden.
Somit hat das beklagte Studentenwerk zu Recht von dem positiven Vermögen nur die Schulden abgezogen,
die aus der Ausbildung des Klägers zum Handelsfachwirt resultieren. Eine weitere Berücksichtigung von
Schulden, insbesondere von angeblichen Darlehen kann nicht erfolgen. Somit verbleibt nach Abzug des
Freibetrages gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BAföG ein berücksichtigungsfähiges Vermögen in Höhe von 2.135,60
EUR. Nach § 30 BAföG ist auf den monatlichen Bedarf der Betrag anzurechnen, der sich ergibt, wenn der
Betrag des anzurechnenden Vermögens durch die Zahl der Kalendermonate des Bewilligungszeitraums
geteilt wird. Die Anrechnung von monatlich 177,96 EUR (2.135,60 EUR : 12) auf den Bedarf des Klägers ist
rechtmäßig.
Aus diesen Gründen konnte die Klage keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1,
188 Satz 2 VwGO abzuweisen.

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