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Lorenz & Kollegen
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01.09.2008
Inhaltsverzeichnis:
Arbeitsrecht:
Kündigungsrecht: Änderungskündigung muss auf das erforderliche Maß beschränkt sein
Sonderzahlung: Freiwilligkeitsvorbehalt kann ausgeschlossen werden
Teilzeitbegehren: Einmalige Schulungskosten von 15.000 EUR sind zumutbar
Zeugnis: Bei nur durchschnittlicher Leistung muss nicht gedankt werden
Baurecht:
Mängelbeseitigung: Bauunternehmer kann sich wegen „Ohne-Rechnung-Abrede“ nicht auf
Nichtigkeit des Vertrags berufen
Haftung: Verkehrssicherungspflicht kann auf Dritte übertragen werden
Architektenhaftung: Prüfungsumfang bei technischer Abnahme
Familien- und Erbrecht:
Aktuelle Gesetzgebung: Kabinett beschließt Reform des ehelichen Güterrechts
Kindesunterhalt: Pflicht zur zusätzlichen Nebentätigkeit statt gemeinnütziges Helfen bei der
Freiwilligen Feuerwehr
Unterhaltsrecht: Umzug zum Lebensgefährten ist kein unterhaltsrechtlich leichtfertiges Verhalten
Kostenerstattung: Keine Erstattung von Detektivkosten bei unzulässigen Ermittlungsmethoden
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):
Mieterhöhung: Kein Zuschlag zur Miete bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel
Räumungsvollstreckung: Minderjährige Kinder müssen nicht namentlich im Räumungstitel
bezeichnet sein
Duplex-Garage: Einstellen eines Motorrads erfolgt auf eigene Gefahr
WEG: Anspruch auf Beseitigung einer Parabolantenne
Verbraucherrecht:
Autokauf: Dieselauto mit Partikelfilter: Wegen Verstopfung mangelhaft
Versicherungsrecht: Privathaftpflichtversicherung deckt nur Risiken ab, die vom aktuell
bewohnten Einfamilienhaus ausgehen
Vereinsrecht: Einzelfragen zur Mitgliederversammlung
Nachbarrecht: Kinderspielplatz muss grundsätzlich geduldet werden
Verkehrsrecht:
Straßenverkehrsrecht: Begriff der Öffentlichkeit
Ordnungswidrigkeit: Handyverbot am Steuer gilt auch bei Nutzung als „Navi“
Einspruch: Keine Umdeutung eines „Einspruchs“ gegen Verwarngeld- statt gegen
Bußgeldbescheid
Mitverschulden: Wer bei unklarer Verkehrssituation überholt, muss einen Teil seines Schadens
selbst tragen
Steuerrecht:
Steuer-Identifikationsnummer: Versand bis zum 31.12.2008
Zwangsvollstreckung: Mehr Versteigerungen im Internet geplant
Rückwirkende Mietanpassung: Steuerliche Anerkennung bei Angehörigen
Umsatzsteuerpflichtig: Sponsoring ohne erkennbare Gegenleistung
Fahrtenbuch: Kann trotz kleinerer Mängel noch ordnungsgemäß sein
Kindergeld: Sind Semestergebühren ausbildungsbezogene Aufwendungen?
Wirtschaftsrecht:
Partnerschaftsgesellschaft: Namensbildung aus zwei zusammengehängten Familiennamen ist
nicht möglich
Aktiengesellschaft: Aufsichtsrat haftet persönlich für sittenwidriges und betrügerisches Verhalten
des Vorstands
Betrieblicher Verkaufsgewinn: Zur Ermittlung bei der Ehegattenimmobilie
Gewerbesteueranrechnung: Zum Verfall von Anrechnungsüberhängen
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Investitionszulage: Beschäftigung von ABM-Kräften kann schädlich sein
Abschließende Hinweise:
Verzugszinsen
Steuertermine im Monat September 2008
Arbeitsrecht
Kündigungsrecht: Änderungskündigung muss auf das erforderliche Maß
beschränkt sein
Eine Änderungskündigung wegen Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes ist unwirksam, wenn
der Arbeitgeber die an sich notwendigen Anpassungen nicht auf das unbedingt erforderliche Maß
beschränkt, sondern darüber hinausgehende – nicht notwendige – Änderungen vornehmen will.
Das musste sich eine Kirchengemeinde vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) sagen lassen. Sie
hatte in einem Gemeindehaus einen Hausmeister beschäftigt, der nach dem anwendbaren
Tarifrecht ordentlich unkündbar war. Als die Kirchengemeinde das Gemeindehaus schloss, bot
sie dem Hausmeister die Stelle eines Küsters in ihrer Gemeindekirche an. Bedingung war, dass
er in die Küsterwohnung einziehe. Nachdem der Hausmeister dies abgelehnt hatte, kündigte die
Kirchengemeinde das Arbeitsverhältnis und bot noch einmal eine Fortsetzung als Küster und
Hausmeister der Kirche an, verbunden mit dem Bezug der Dienstwohnung. Der Hausmeister
nahm das Änderungsangebot nicht – auch nicht unter Vorbehalt – an.
Er wehrte sich vielmehr vor Gericht gegen die Änderungskündigung. Ebenso wie die
Vorinstanzen gab ihm nun auch das BAG recht. Nach Ansicht der Richter sei die
Änderungskündigung unwirksam, weil sich das Änderungsangebot der Gemeinde nicht auf das
unbedingt erforderliche Maß beschränkt habe. Es habe keine Notwendigkeit bestanden, den
Bezug der Dienstwohnung zu verlangen. Der Hausmeister habe die vorherige Tätigkeit unweit
der Gemeindekirche ebenfalls von seiner privaten Wohnung aus verrichtet, ohne dass es zu
Unzuträglichkeiten gekommen wäre. Auch die Küsterordnung der evangelischen Kirche verlange
nicht zwingend, dass der Küster in unmittelbarer Nähe der Kirche wohne (BAG, 2 AZR 147/07).
Sonderzahlung: Freiwilligkeitsvorbehalt kann ausgeschlossen werden
Der Arbeitgeber kann bei Sonderzahlungen – anders als bei laufendem Arbeitsentgelt –
grundsätzlich einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung für künftige
Bezugszeiträume ausschließen. Nicht jeder Ausschluss ist jedoch wirksam.
Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Arbeitnehmerin hin, der im
Arbeitsvertrag die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation in Höhe ihres Bruttomonatsgehalts
ausdrücklich zugesagt worden war. Im Arbeitsvertrag war darüber hinaus geregelt, dass ein
Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation nicht besteht und dass diese eine freiwillige,
stets widerrufbare Leistung des Arbeitgebers darstellt, wenn sie gewährt wird. Die Vorinstanzen
hatten ihre Zahlungsklage deshalb abgewiesen.
Ihre Revision hatte Erfolg. Bei den zur Zahlung der Weihnachtsgratifikation von den Parteien
getroffenen Vereinbarungen handele es sich nach der Entscheidung des BAG um Allgemeine
Vertragsbedingungen. Soweit diese einen Rechtsanspruch der Klägerin auf eine
Weihnachtsgratifikation in Höhe ihres monatlichen Bruttogehalts ausschließen würden,
widersprächen sie der Zusage des Arbeitgebers, der Klägerin eine Weihnachtsgratifikation in
Höhe ihres monatlichen Bruttogehalts zu zahlen. Die Klauseln seien insoweit nicht klar und
verständlich und deshalb unwirksam. Widerrufs- und Freiwilligkeitsklauseln würden sich
ausschließen. Der Widerruf einer Leistung durch den Arbeitgeber setze einen Anspruch des
Arbeitnehmers auf die Leistung voraus. Habe der Arbeitnehmer aufgrund eines
Freiwilligkeitsvorbehalts dagegen keinen Anspruch auf die Leistung, gehe ein Widerruf der
Leistung ins Leere.
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Hinweis: Das BAG wies in dieser Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass sich der
Arbeitgeber die Entscheidung vorbehalten könne, ob und in welcher Höhe er künftig
Sonderzahlungen gewähre. Für die Wirksamkeit eines solchen Freiwilligkeitsvorbehalts komme
es nicht auf den vom Arbeitgeber mit der Sonderzahlung verfolgten Zweck an. Der Vorbehalt sei
auch wirksam, wenn der Arbeitgeber mit der Sonderzahlung ausschließlich im Bezugszeitraum
geleistete Arbeit zusätzlich honoriere. Der Arbeitgeber müsse auch nicht jede einzelne
Sonderzahlung mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt verbinden. Es genüge ein entsprechender
Hinweis im Arbeitsvertrag. Ein solcher Hinweis müsse in einem Formulararbeitsvertrag allerdings
dem Transparenzgebot gerecht werden. Er müsse deshalb klar und verständlich sein. Daran
fehle es, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einerseits im Formulararbeitsvertrag eine
Sonderzahlung in einer bestimmten Höhe ausdrücklich zusage und eine andere Vertragsklausel
in Widerspruch dazu regele, dass der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf die
Sonderzahlung habe (BAG, 10 AZR 606/07).
Teilzeitbegehren: Einmalige Schulungskosten von 15.000 EUR sind
zumutbar
Ein Arbeitgeber kann den Teilzeitwunsch einer Mitarbeiterin nicht mit dem Argument ablehnen,
diesem Wunsch stünden unverhältnismäßige Kosten für erforderliche Schulungsmaßnahmen in
Höhe von 15.000 EUR entgegen.
Das musste sich ein Arbeitgeber vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) München sagen lassen.
Ursache des Rechtsstreits war der Wunsch einer Mitarbeiterin, nach einer sechsjährigen
Arbeitsunterbrechung wegen Elternzeit ihre bisherige Vollzeittätigkeit auf eine Halbtagstätigkeit
zu reduzieren. Der Arbeitgeber verweigerte seine Zustimmung.
Das LAG verurteilte ihn nun, seine Zustimmung zu erteilen. Die Richter wiesen darauf hin, dass
jeder Arbeitnehmer nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz einen Anspruch auf Verringerung
seiner Arbeitszeit habe, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorlägen und der Arbeitgeber
seine Ablehnung nicht auf entgegenstehende betriebliche Gründe stützen könne. Dabei könne
der Arbeitgeber die Ablehnung auch nicht allein mit einer abweichenden unternehmerischen
Vorstellung von der „richtigen“ Arbeitszeitverteilung begründen. Er könne dem Anspruch jedoch
betriebliche Gründe entgegenhalten. Ein betrieblicher Grund liege insbesondere vor, wenn die
Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb
wesentlich beeinträchtige oder unverhältnismäßige Kosten verursache. Diese Voraussetzungen
seien hier jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben. Die vom Arbeitgeber geltend
gemachten Kosten seien nicht ursächlich auf die Teilung einer Vollzeitstelle in eine Teilzeitstelle
zurückzuführen. Ursache sei vielmehr die längere Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses durch
Elternzeit und Mutterschutz. Die Schulungskosten würden auch anfallen, wenn die
Arbeitnehmerin weiterhin in Vollzeit tätig sei. Auch seien die Kosten in Höhe von ca. 15.000 EUR
nicht unverhältnismäßig, da sie nicht jährlich, sondern nur einmalig anfielen (LAG München, 11
Sa 981/07).
Zeugnis: Bei nur durchschnittlicher Leistung muss nicht gedankt werden
Steht dem Arbeitnehmer nur eine durchschnittliche Leistungs- und Verhaltensbeurteilung zu,
muss der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis nicht mit einer „Dankes- und Wunschformel“
abschließen.
Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in einem Rechtsstreit, in dem
Details der Zeugnisformulierung umstritten waren. Der gekündigte Arbeitnehmer hatte verlangt,
das Zeugnis um folgende Schlussformel zu ergänzen: „Wir danken Herrn Q. für die gute
Zusammenarbeit und wünschen ihm für seinen weiteren beruflichen und privaten Lebensweg
alles Gute."
Diese Forderung hielt das LAG aber nicht für begründet und wies die Klage ab. In
Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat es angenommen, dass
eine Schlussformel, die den Dank des Arbeitgebers und gute Wünsche für die Zukunft zum
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Ausdruck bringe, nicht zum gesetzlich geschuldeten Inhalt eines Arbeitszeugnisses gehöre. Das
ergebe sich aus folgenden Erwägungen:
•
Positive Schlusssätze seien geeignet, die Bewerbungschancen des Arbeitnehmers zu
erhöhen. Ein Zeugnis mit „passenden“ Schlusssätzen werde daher aufgewertet. Daraus
lasse sich aber nicht im Umkehrschluss folgern, ein Zeugnis ohne jede
Schlussformulierung werde in unzulässiger Weise „entwertet“. Wenn ein Zeugnis ohne
abschließende Formeln in der Praxis als negativ beurteilt werde, sei dies hinzunehmen.
•
Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auf die Gesamtnote abgestimmte Schlusssätze zu
formulieren, führe zu nichts anderem als zu ihrer formelhaften Wiederholung, nur mit
anderen Worten.
•
Der Dank für gute Zusammenarbeit und die guten Wünsche für die Zukunft seien
Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers. Ohne gesetzliche
Grundlage könne der Arbeitgeber nicht verurteilt werden, das Bestehen solcher Gefühle
dem Arbeitnehmer gegenüber schriftlich zu bescheinigen. Dass Schlussformulierungen
oft wohl nur gewählt werden, um ein Arbeitszeugnis mit „üblichem“ Inhalt zu erstellen,
ändere daran nichts.
•
Im Übrigen sei die geforderte Dankes- und Zukunftsformel zu weitgehend. Selbst wenn
ein Arbeitgeber verpflichtet wäre, in das qualifizierte Zeugnis eine bewertungsneutrale
Schlussformel aufzunehmen, sei jedenfalls der zusätzliche Ausdruck von Dank und
Bedauern nicht geschuldet, wenn – wie hier – die dem Kläger zustehende Leistungs- und
Verhaltensbewertung nicht über ein „befriedigend“ wesentlich hinausgehe.
(LAG Düsseldorf, 12 Sa 505/08)
Baurecht
Mängelbeseitigung: Bauunternehmer kann sich wegen „Ohne-RechnungAbrede“ nicht auf Nichtigkeit des Vertrags berufen
Hat der Unternehmer seine Bauleistung mangelhaft erbracht, so handelt er regelmäßig
treuwidrig, wenn er sich zur Abwehr von Mängelansprüchen des Bestellers darauf beruft, die
Gesetzeswidrigkeit der „Ohne-Rechnung-Abrede“ führe zur Gesamtnichtigkeit des Bauvertrags.
Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Hauseigentümers, der durch
einen Bauunternehmer Arbeiten an seiner Terrasse vornehmen ließ. Als er Mängel der Arbeiten
entdeckte, machte er Mängelansprüche geltend. Der Bauunternehmer verweigerte jedoch die
Mängelbeseitigung und berief sich auf die Nichtigkeit des Bauvertrags. Dieser sei wegen einer
der Steuerhinterziehung dienenden „Ohne-Rechnung-Abrede“ nichtig.
Das sah der BGH jedoch nicht so. Zwar sei die „Ohne-Rechnung-Abrede“ nichtig. Ob dies aber
zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags führe, könne nach Ansicht der Richter dahinstehen. Dem
Bauunternehmer sei es nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine Gesamtnichtigkeit des
Vertrags zu berufen. Durch seine mangelhafte Bauleistung sei das Eigentum des
Hauseigentümers mit Nachteilen belastet, die nicht durch eine schlichte Rückabwicklung beseitigt
werden könnten. Der Bauherr werde daher regelmäßig das mangelhafte Werk behalten, aber
Nachbesserung verlangen. Der Unternehmer habe in Kenntnis dieser Situation und der nichtigen
Abrede die Bauleistungen erbracht. Er verhalte sich daher widersprüchlich, wenn er die auch
seinem Vorteil dienende Abrede dazu nutze, nicht für die Mangelhaftigkeit seiner Leistung
einstehen zu wollen (BGH, VII ZR 42/07).
Haftung: Verkehrssicherungspflicht kann auf Dritte übertragen werden
Ein Bauunternehmen kann seine Verkehrssicherungspflicht auf einen Dritten übertragen.
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Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M.. Die Richter machten
deutlich, dass in diesem Fall nur noch eine Kontroll- und Überwachungspflicht bestehe. Habe das
Bauunternehmen einen kundigen und leistungsfähigen (Sub-)Unternehmer ausgewählt, hafte
dieser für einen Unfall auf der Baustelle allein.
Im konkreten Fall hatte das Bauunternehmen für eine Baustelle einen Turmdrehkran benötigt. Mit
dessen Aufstellung hatte es eine Drittfirma beauftragt. Für die Bedienung des Krans wurde ein
Nachunternehmer eingesetzt. Der Kran stürzte während des Betriebs um, weil er überladen war –
und beschädigte ein Wohn- und Geschäftshaus. Die Eigentümer machten gegenüber dem
Bauunternehmen Schadenersatz geltend. Während das Landgericht Frankfurt das
Bauunternehmen noch in die Haftung nehmen wollte, stellte sich das OLG auf die Seite des
Bauunternehmens. Es erkannte an, dass das Unternehmen im Vorfeld umfassend geprüft hatte,
wem es die Verkehrssicherungspflicht übertragen hatte. Beide Unternehmen waren erfahren und
sachkundig. Da sich auch während der Baumaßnahme keine Anhaltspunkte ergeben hatten, die
gegen eine Zuverlässigkeit der beauftragten Firmen sprachen, war das Bauunternehmen von
einer Haftung freizusprechen (OLG Frankfurt a.M., 18 U 58/07).
Architektenhaftung: Prüfungsumfang bei technischer Abnahme
Werden Leistungsteile im Laufe des Baufortschritts durch andere Leistungen überdeckt, muss die
Mangelkontrolle bereits bei der Herstellung erfolgen.
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Celle hin. Nach der Entscheidung bestehe daher bei
der technischen Abnahme grundsätzlich nicht mehr die Pflicht zur Vornahme von
Substanzeingriffen, um etwaige verdeckte Mängel zu ermitteln. Entsprechend hafte der Architekt,
der weder mit der Bauplanung noch mit der Bauausführung befasst, sondern lediglich mit der
technischen Abnahme der Bauarbeiten beauftragt sei, nicht für verdeckte Mängel (OLG Celle, 7
U 14/07).
Familien- und Erbrecht
Aktuelle Gesetzgebung: Kabinett beschließt Reform des ehelichen
Güterrechts
Das Bundeskabinett hat heute einen Gesetzentwurf zur Reform des Zugewinnausgleichs und der
Verwaltung von Girokonten betreuter Menschen beschlossen.
Die Bedeutung des Zugewinnausgleichs ist 50 Jahre nach seinem Inkrafttreten besonders
aktuell, denn heute wird etwa jede dritte Ehe geschieden. Bei einer Scheidung müssen die
Ehegatten das gemeinsame Vermögen auseinandersetzen. Im gesetzlichen Güterstand, in dem
die Mehrzahl der Ehepaare lebt, gibt es zudem den Zugewinnausgleich. Danach erhält jeder
Ehepartner die Hälfte an dem Vermögenszuwachs während der Ehezeit. Zu den geplanten
Regelungen im Einzelnen:
1. Berücksichtigung von Schulden bei der Eheschließung
Nach geltendem Recht bleiben Schulden, die bei der Eheschließung vorhanden sind und zu
einem sog. „negativen Anfangsvermögen“ führen, bei der Ermittlung des Zugewinns
unberücksichtigt. Der Ehegatte, der im Laufe der Ehe mit seinem zuerworbenen Vermögen nur
seine anfänglich vorhandenen Schulden tilgt, muss diesen Vermögenszuwachs bisher nicht
ausgleichen. Viele Menschen finden das ungerecht. Noch stärker betroffen ist der Ehegatte, der
die die Verbindlichkeiten des anderen Ehegatten tilgt und zusätzlich eigenes Vermögen erwirbt.
Hier bleibt nicht nur die Schuldentilgung und der damit verbundene Vermögenszuwachs beim
Partner unberücksichtigt; der Ehegatte muss auch noch das eigene Vermögen bei Beendigung
des Güterstandes teilen. Das soll nun geändert werden. Negatives Anfangsvermögen ist in
Zukunft zu berücksichtigen.
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Beispiel: Thomas und Regina lassen sich nach 20jähriger Ehe scheiden. Thomas hatte bei
Eheschließung gerade ein Unternehmen gegründet und 30.000 EUR Schulden. Im Verlauf der
Ehe erzielte er einen Vermögenszuwachs von 50.000 EUR. Das Endvermögen von Thomas
beträgt also 20.000 EUR. Seine Frau Regina hatte bei Eheschließung keine Schulden und
während der Ehe ein (End-)Vermögen von 50.000 EUR erzielt. Sie war während der Ehezeit
berufstätig und kümmerte sich auch um die Kinder, damit sich ihr Mann seinem Geschäft widmen
konnte. Nur so war Thomas imstande, seine Schulden zu bezahlen und Gewinn zu machen.
Nach geltendem Recht müsste Regina ihrem Mann einen Ausgleichsanspruch in Höhe von
15.000 EUR zahlen, weil seine Schulden bei der Eheschließung unberücksichtigt bleiben. Künftig
wird ein sog. negatives Anfangsvermögen berücksichtigt. Regina und Thomas haben jeweils
einen Zugewinn von 50.000 EUR erzielt. Deshalb müsste Regina künftig keinen
Zugewinnausgleich an ihren Mann zahlen.
2. Schutz vor Vermögensmanipulationen
Für die Berechnung des Zugewinns kommt es nach noch geltendem Recht auf den Zeitpunkt der
förmlichen Übersendung (Zustellung) des Scheidungsantrags an. Die endgültige Höhe der
Ausgleichsforderung wird aber durch den Wert begrenzt, den das Vermögen zu einem
regelmäßig deutlich späteren Zeitpunkt hat, nämlich dem der rechtskräftigen Scheidung durch
das Gericht. In der Zwischenzeit besteht die Gefahr, dass der ausgleichspflichtige Ehegatte sein
Vermögen zu Lasten des ausgleichsberechtigten Ehegatten beiseite schafft.
Beispiel: Als Karl die Scheidung einreicht, hat er einen Zugewinn von 20.000 EUR erzielt. Seine
Frau Franziska hat kein eigenes Vermögen. Nach Einreichung der Scheidung gibt Karl 8.000
EUR für eine Urlaubsreise mit seiner neuen Freundin aus und behauptet zudem, die restlichen
12.000 EUR an der Börse verloren zu haben. Als das Scheidungsurteil rechtskräftig wird, ist Karl
kein Vermögen nachzuweisen. Franziska stehen zwar rechnerisch 10.000 EUR zu. Da das
Vermögen des Karl nach dem Scheidungsantrag aber „verschwunden“ ist, hat sie plötzlich keinen
Anspruch mehr.
Vor solchen Manipulationen soll der ausgleichsberechtigte Ehegatte künftig geschützt werden.
Die Güterrechtsreform sieht daher vor, dass die Zustellung des Scheidungsantrags nicht nur für
die Berechnung des Zugewinns, sondern auch für die konkrete Höhe der Ausgleichsforderung
maßgeblich ist. Dann bleiben Ansprüche wie der von Franziska im Beispielsfall bestehen.
3. Verbesserung des vorläufigen Rechtsschutzes
Der Schutz des ausgleichsberechtigten Ehegatten vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags
ist derzeit nur gering ausgeprägt. Das belegt das folgende
Beispiel: Sabine ist als erfolgreiche Unternehmerin unter anderem Alleineigentümerin einer
vermieteten Eigentumswohnung. Diese Eigentumswohnung stellt als Kapitalanlage einen nicht
unerheblich Teil ihres Vermögens dar. Sie will sich von Rolf, einem erfolglosen Vertreter,
scheiden lassen und kündigt ihm unter Zeugen an: Du bekommst von mir nichts. Unmittelbar
nach der Trennung inseriert sie die Wohnung zum Verkauf, obwohl dies wirtschaftlich nicht
sinnvoll ist. Rolf befürchtet nun, dass der Verkauf nur dazu dienen soll, den Erlös beiseite zu
schaffen, um ihm keinen Zugewinnausgleich zahlen zu müssen.
Nach noch geltender Rechtslage kann Rolf noch nichts unternehmen. Künftig kann er aber seine
Ansprüche in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren vor Gericht sichern. Damit wird
verhindert, dass der andere Ehepartner sein Vermögen ganz oder in Teilen beiseite schafft.
Kindesunterhalt: Pflicht zur zusätzlichen Nebentätigkeit statt
gemeinnütziges Helfen bei der Freiwilligen Feuerwehr
Im Rahmen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit gegenüber unterhaltsberechtigten
minderjährigen Kindern muss sich der unterhaltspflichtige Elternteil auch geringfügige Einkünfte
aus Nebentätigkeit fiktiv anrechnen lassen.
Könne der Unterhaltspflichtige mit seiner vollschichtigen Tätigkeit den geschuldeten Unterhalt
nicht erwirtschaften, müsse er sich nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG)
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Schleswig eine weitere Beschäftigung suchen. Insoweit könne er sich in aller Regel auch nicht
darauf berufen, dass er wegen seiner Mitgliedschaft in der Freiwilligen Feuerwehr an einer
geringfügigen Nebentätigkeit gehindert sei. Nach Ansicht der Richter gehe die Erfüllung der
Unterhaltsverpflichtung einer gemeinnützigen Tätigkeit vor (OLG Schleswig, 10 UF 89/07).
Unterhaltsrecht: Umzug zum Lebensgefährten ist kein
unterhaltsrechtlich leichtfertiges Verhalten
Allein darin, dass die zum nachehelichen Unterhalt verpflichtete geschiedene Ehefrau ihren
Wohnsitz in die Nähe zu ihrem Lebensgefährten verlegt und infolge der dort bestehenden
Arbeitsmarktsituation nur noch ein geringeres Erwerbseinkommen erzielen kann, liegt noch kein
unterhaltsrechtlich leichtfertiges Verhalten, das die Zurechnung fiktiver Einkünfte rechtfertigt.
Mit dieser Entscheidung wies das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken die Unterhaltsklage des
unterhaltsberechtigten Ehemanns ab. Nach Ansicht der Richter müsse sich die Ehefrau nicht so
behandeln lassen, als würde sie nach wie vor das höhere Einkommen beziehen. Vielmehr sei bei
der Unterhaltsberechnung von dem neuen, niedrigeren Einkommen auszugehen. Ein fiktives
Einkommen sei nur anzurechnen, wenn der Arbeitsplatzverlust, bzw. das niedrigere Einkommen
auf dem neuen Arbeitsplatz durch ein verantwortungsloses, zumindest leichtfertiges Verhalten
herbeigeführt worden sei. Das sei insbesondere der Fall, wenn der Betreffende gerade wegen
des Bestehens der Unterhaltspflicht handele oder ihm die Unterhaltspflicht bei seinem Verhalten
vor Augen gestanden habe müsse. Dies sei vorliegend aber gerade nicht der Fall. Die Frau habe
sich ausschließlich aus Gründen der persönlichen Lebensführung zu dem Umzug entschieden
(OLG Zweibrücken, 2 UF 108/07).
Kostenerstattung: Keine Erstattung von Detektivkosten bei unzulässigen
Ermittlungsmethoden
Setzt der von einer Partei beauftragte Detektiv heimlich einen GPS-Sender ein, um Erkenntnisse
über das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zu gewinnen, handelt es sich um
eine unzulässige Ermittlungsmethode. Sie verletzt das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung.
Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in einem Unterhaltsprozess. Die
Richter machten deutlich, dass Kosten für die Einschaltung eines Detektivs durchaus von der
Gegenseite erstattet werden müssten, sofern die Feststellungen für eine Erfolg versprechende
Rechtsverfolgung notwendig seien. Das gelte aber nicht, wenn die Ergebnisse durch ein
unzulässiges Beweismittel gewonnen worden seien. Dieses sei im Prozess nicht verwertbar.
Entsprechend seien die durch die Beauftragung des Detektivs entstandenen Kosten in diesem
Fall nicht zu erstatten (OLG Oldenburg, 13 WF 93/08).
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)
Mieterhöhung: Kein Zuschlag zur Miete bei unwirksamer
Schönheitsreparaturklausel
Ein Vermieter kann im Rahmen einer Mieterhöhung keinen Zuschlag zur ortsüblichen
Vergleichsmiete verlangen, wenn eine in einem Formularmietvertrag enthaltene Klausel, die den
Mieter zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet, unwirksam ist.
Diese Klarstellung traf jetzt der Bundesgerichtshof (BGH). Auch wenn der Vermieter wegen der
unwirksamen Klausel die Kosten der zu verbringenden Schönheitsreparaturen nun selber tragen
müsse, könne er dafür keinen Ausgleich durch den Mieter verlangen. Nach der gesetzlichen
Vorgabe könne der Vermieter lediglich die Zustimmung zur Erhöhung der Miete bis zur
ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen. Einen darüber hinausgehenden Zuschlag sehe das
Gesetz nicht vor. Er ließe sich auch nicht mit dem vom Gesetzgeber vorgesehenen System der
Vergleichsmiete in Einklang bringen. Insoweit würden die jeweiligen Marktverhältnisse den
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Maßstab für die Berechtigung einer Mieterhöhung bilden. Der begehrte Zuschlag orientiere sich
aber an den Kosten für die Vornahme der Schönheitsreparaturen. Mit der Anerkennung eines
Zuschlags würde daher im nicht preisgebundenen Mietwohnraum ein Kostenelement zur
Begründung einer Mieterhöhung ohne Rücksicht darauf herangezogen, ob diese Kosten am
Markt durchsetzbar wären (BGH, VIII ZR 181/07).
Räumungsvollstreckung: Minderjährige Kinder müssen nicht namentlich
im Räumungstitel bezeichnet sein
Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern zusammenleben, haben grundsätzlich keinen Mitbesitz
an der gemeinsam genutzten Wohnung. Die Besitzverhältnisse an der Wohnung ändern sich im
Regelfall nicht, wenn die Kinder nach Erreichen der Volljährigkeit mit ihren Eltern weiter
zusammenleben. Haben Kinder keinen Mitbesitz an der Wohnung erlangt, reicht für eine
Räumungsvollstreckung ein Vollstreckungstitel gegen die Eltern aus.
Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Vermieters, der gegen seine
Mieterin ein Urteil zur Räumung und Herausgabe der Wohnung erstritten hatte. Der
Gerichtsvollzieher lehnte jedoch die Vollstreckung des Räumungstitels gegen die Mieterin ab,
weil gegen deren auch in der Wohnung lebende volljährige Tochter und deren Ehemann kein
Vollstreckungstitel vorlag.
Der Vermieter zog gegen diese Entscheidung bis vor den BGH und bekam dort Recht. Die
Richter ließen den Vollstreckungstitel gegen die Mieterin ausreichen. Grundsätzlich hätten
minderjährige Kinder keinen Mitbesitz an den Räumen. Dafür würden sie auch nicht für die
Kosten des Räumungsprozesses und der Zwangsräumung haften. An den Besitzverhältnissen
würde sich auch nichts ändern, wenn die Kinder volljährig würden, aber weiter in der Wohnung
wohnen blieben. Etwas anderes könne nach Ansicht des BGH nur gelten, wenn eine Änderung
der Besitzverhältnisse volljähriger Kinder an der elterlichen Wohnung nach außen eindeutig
erkennbar geworden sei. Hiervon könne z.B. auszugehen sein, wenn die erwachsenen Kinder
aus dem „Hotel Mama“ ausgezogen und später wieder mit den Eltern zusammengezogen seien
(BGH, I ZB 56/07).
Duplex-Garage: Einstellen eines Motorrads erfolgt auf eigene Gefahr
Wer sein Motorrad in einer Duplex-Garage abstellt, trägt selbst das Risiko, dass dieses beim Aufund Abfahren eventuell umfallen kann und beschädigt wird.
Das musste ein Motorradfahrer vor dem Amtsgericht (AG) München erfahren. Er hatte für seine
Motorräder zwei Stellplätze in einer Duplex-Garage gemietet. Hier hatte er auf dem oberen
Stellplatz seine Honda geparkt, die nur durch den allein vorhandenen Seitenständer gesichert
war. Als der Verwalter der Garagenanlage bei Wartungsarbeiten die Duplex-Garage nach oben
fuhr, fiel das Motorrad um und wurde beschädigt. Es brach die vordere und linke Verkleidung, der
linke Auspuff war eingedellt, die linke Schalteinheit und der Kupplungshebel wurden beschädigt.
Den Schaden in Höhe von 3.120 Euro verlangte der Motorradfahrer nun vom Verwalter ersetzt.
Dieser weigerte sich zu bezahlen, schließlich hätte ein Motorrad auf einem Stellplatz einer
Duplex-Garage nichts verloren und hätte besser gesichert werden müssen.
Der Motorradfahrer erhob Klage vor dem AG, verlor den Rechtsstreit jedoch. Die zuständige
Richterin wies darauf hin, dass ihn ein erhebliches eigenes Verschulden an dem Schaden treffe.
Durch das Abstellen des Motorrads habe er seine eigenen Sorgfaltspflichten in hohem Maße
verletzt. Plattformen von Duplex-Garagen seien für das Abstellen von Motorrädern weder
geeignet noch bestimmt. Motorräder seien äußerst instabil, da sie über lediglich zwei Räder
verfügen. Sie sollten daher nicht auf unebenen und glatten Flächen, deren Niveau erheblich
verändert werde, abgestellt werden. Plattformen von Duplex-Garagen bestünden aber aus
Trapezblechen, seien also uneben. Durch das Auf- und Abfahren würde sich deren Niveau stark
verändern. Auch Autos müssten in besonderer Weise abgestellt und gesichert werden. Dies sei
dem Motorradfahrer auch durch Aushändigung der Bedienungsanleitung bekannt gewesen.
Dadurch habe er von den Gefahren gewusst. Er hätte, wenn er sein Motorrad schon abstellt,
dieses ordnungsgemäß sichern müssen. Schließlich sei der Verwalter auch berechtigt gewesen,
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die Garagen zu bedienen. Ihm sei die Instandhaltung übertragen worden. Deshalb habe er
Kontrollgänge durchführen dürfen, um sich vom Funktionieren der Garagen zu überzeugen (AG
München, 282 C 8621/07).
WEG: Anspruch auf Beseitigung einer Parabolantenne
Der Anspruch auf Beseitigung einer Parabolantenne ist nicht schon verwirkt, wenn diese längere
Zeit angebracht war und der Eigentümer auf den Verbleib der Antenne vertraut hat.
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) München in einem Streit zwischen Mitgliedern einer
Wohnungseigentümergemeinschaft hin. Erforderlich sei nach Ansicht der Richter auch, dass im
Hinblick auf den Vertrauenstatbestand der Verpflichtete sich auch auf den Verbleib eingerichtet
habe. Hierzu seien tatsächliche Feststellungen über die Dispositionen des Eigentümers der
Antenne erforderlich (OLG München, 32 Wx 1/08).
Verbraucherrecht
Autokauf: Dieselauto mit Partikelfilter: Wegen Verstopfung mangelhaft
Ein mit einem Partikelfilter ausgerüstetes Dieselfahrzeug hat einen Sachmangel, wenn es wegen
des in bestimmten Abständen nötigen „Freibrennens“ des Filters bei konstant höherer
Geschwindigkeit (Regenerieren) für einen überwiegenden Einsatz im Kurzstreckenverkehr
ungeeignet ist.
Das musste sich ein Kfz-Händler in einen Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht (OLG)
Stuttgart sagen lassen. Er hatte einem Käufer einen neuen Opel Zafira 1.9 CTDI mit
Rußpartikelfilter verkauft. Schon kurz nach Auslieferung kam es wegen einer Verstopfung des
Filters zu Störungen. Während der Käufer darin einen Gewährleistungsfall sah, berief sich der
Händler auf den Stand der Technik. Mit einem „Freibrennen“ in bestimmten Intervallen bei
Einhaltung einer bestimmten Mindestgeschwindigkeit über mehrere Minuten sei das Problem
gelöst. Dies werde zudem in der Bedienungsanleitung erläutert.
Das LG Ellwangen hat der Rückabwicklungsklage ohne Beweisaufnahme stattgegeben. Das
OLG hat die Entscheidung bestätigt und einen zum Rücktritt berechtigenden Sachmangel bejaht.
Der Wagen sei nicht von der üblichen und vom Käufer zu erwartenden Beschaffenheit.
Prüfmaßstab sei nicht der Stand der Technik bei Opel, auch nicht derjenige von anderen
Dieselfabrikaten mit dem gleichen Problem. Abzustellen sei vielmehr darauf, inwieweit
Dieselfahrzeuge generell für einen überwiegenden Kurzstreckenbetrieb geeignet seien. Danach
könne nicht zweifelhaft sein, dass ein durchschnittlicher Verbraucher ohne weitere Hinweise von
Hersteller oder Händler davon ausgehen könne, dass ein Fahrzeug mit Dieselmotor – so wie ein
Benziner oder ein Diesel ohne Filter – auch im Kurzstreckenbetrieb uneingeschränkt verwendbar
sei. Mit einem Partikelfilter verbinde der Durchschnittskäufer nur einen reduzierten
Schadstoffausstoß, keine Einschränkung im Fahrbetrieb (OLG Stuttgart, 3 U 236/07).
Versicherungsrecht: Privathaftpflichtversicherung deckt nur Risiken ab,
die vom aktuell bewohnten Einfamilienhaus ausgehen
Wer mehr als nur ein Einfamilienhaus sein Eigen nennt, kann nur eingeschränkt auf seine private
Haftpflichtversicherung bauen. Denn die gewährt Versicherungsschutz lediglich für das aktuell
vom Versicherungsnehmer bewohnte Einfamilienhaus.
Das entschied das Landgericht (LG) Coburg mit einem jetzt durch das Oberlandesgericht (OLG)
Bamberg bestätigten Urteil und wies die Klage eines Hausbesitzers ab. Als dieser die
Privathaftpflichtversicherung abschloss, hatte er nur ein Wohnhaus. Aus beruflichen Gründen
erwarb er später ein zweites Hausanwesen, in das er umzog. Das erste vermietete er jahrelang.
Als es dann leer stand, fror eine Wasserleitung ein. Ein Teil des Wassers lief in ein Nachbarhaus
und führte dort zu Schäden von rund 5.500 EUR. Der Hausbesitzer wandte sich daher an seine
Privathaftpflicht. Diese weigerte sich aber, Versicherungsschutz zu gewähren und verwies auf die
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Versicherungsbedingungen. Darin war festgelegt, dass lediglich „die Gefahren ... als Inhaber
eines im Inland gelegenen Einfamilienhauses, sofern dieses vom Versicherungsnehmer
ausschließlich zu Wohnzwecken verwendet wird“ versichert sind.
Das LG gab der Versicherung recht. Zur Begründung führte es aus, dass der Hauseigentümer
das Gebäude gerade nicht zu Wohnzwecken, sondern als Mietobjekt nutze. Um ein
Wochenendhaus, für das die Versicherung einzustehen hätte, handele es sich gerade nicht.
Zudem würde die Versicherung jeweils nur ein Einfamilienhaus umfassen. Das sei immer das
gerade vom Versicherungsnehmer dauernd bewohnte. Nicht erfasst seien jedoch weitere
Hausanwesen. Der Hausbesitzer müsse den Schaden des Nachbarn daher aus der eigenen
Tasche begleichen (LG Coburg, 11 O 720/07; OLG Bamberg, 1 U 34/08).
Vereinsrecht: Einzelfragen zur Mitgliederversammlung
Interessante Klarstellungen zur Durchführung von Mitgliederversammlungen hat das Landgericht
(LG) Hamburg getroffen:
Wer darf einladen?
Trifft die Satzung keine anderen Regelungen, darf zur Mitgliederversammlung einladen, wer den
Verein nach außen vertritt. Eine gerichtliche Vertretungsbefugnis schließt regelmäßig auch das
Recht ein, zur Mitgliederversammlung einzuladen. Ein – gar einstimmiger – Beschluss des
Vorstands ist dazu nicht erforderlich, zumal wenn ein Vorstandsmitglied die Kooperation
verweigert.
Zwei Versammlungen an einem Tag?
Es ist zulässig, zwei Mitgliederversammlungen an einem Tag abzuhalten. Im vorliegenden Fall
ging es um eine außerordentliche Mitgliederversammlung, die eine Satzungsänderung
vorbereitete und die ordentliche Mitgliederversammlung, in der die Änderung beschlossen und
der Vorstand neu gewählt wurde.
Redezeitbegrenzung
Eine von der Versammlung mehrheitlich beschlossene Redezeitbegrenzung ist zulässig, auch
wenn die Redezeit nur zwei bis fünf Minuten beträgt.
Abstimmung durch Vereinsangestellte
Auch Angestellte des Vereins sind stimmberechtigt, wenn sie ordentliche Mitglieder sind. Das gilt
auch, wenn ihre Aufnahme als Mitglieder satzungswidrig war, solange die Mitgliedschaft nicht
angefochten wurde.
Herausgabe von Mitgliederlisten
Vereinsmitglieder haben zwar in bestimmten Fällen das Recht zur Einsicht in die Mitgliederliste
(zum Beispiel bei einem Minderheitenbegehren). Das ist aber ein Ausnahmerecht. Darunter fällt
nicht die Herausgabe oder Übersendung einer Liste mit allen Namen, Anschriften und MailAdressen. Das verbietet sich schon aus datenschutzrechtlichen Gründen. Durch eine solche
Herausgabe würde ein Verein jegliche Kontrolle über die Daten seiner Mitglieder verlieren und
diese müssten befürchten, dass ihre Daten zu Zwecken verwandt werden, mit denen sie nicht
einverstanden sind.
Änderung des Satzungszwecks
Die Ergänzung der Satzung um ähnliche Zwecke ist keine Änderung des Satzungszwecks, für die
besondere Mehrheitsanforderungen gelten. Im konkreten Fall sollte die Satzung eines
Verbraucherschutzvereins, der sich mit Versicherungen beschäftigte, um das Thema
„Altersvorsorge“ ergänzt werden. Das ist für das LG keine Änderung des Satzungszwecks.
(LG Hamburg, 319 O 135/07)
Nachbarrecht: Kinderspielplatz muss grundsätzlich geduldet werden
Die Einrichtung eines Kinderspielplatzes ist für die Nachbarschaft grundsätzlich zumutbar.
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Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz. Betroffen war ein
Spielplatz der Stadt Unkel. Dessen Spielplatzordnung sieht vor, dass der Platz für Kinder bis zum
Alter von 14 Jahren bestimmt ist und die Benutzung in der Zeit von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr bzw.
während der Sommerzeit bis 21:00 Uhr gestattet ist. Unter anderem errichtete die Stadt auf einer
Anschüttung eine Rutsche, ein Drehkarussell (sog. Holländerscheibe) sowie einen Picknicktisch
und ließ den Spielplatz einzäunen. In der Folgezeit machten Nachbarn geltend, der Spielplatz
führe zu unerträglichen Belästigungen. Da die Stadt ihren Forderungen nicht nachkam, erhoben
sie Klage. Sie verlangten in der Hauptsache, die Nutzung des Spielplatzes zu untersagen,
hilfsweise zumindest aber dessen Betrieb zeitlich einzuschränken und die Einhaltung der
Öffnungszeiten durch einen Wach- und Schließdienst sicherzustellen, eine Toilette einzurichten,
das Drehkarussell abzubauen, die Anschüttung vor einer Rutsche zu beseitigen, den
Picknicktisch zu verlegen und den Zaun vor den an der Grenze zu den Grundstücken der Kläger
gepflanzten Büschen und Sträucher zu errichten.
Die Klage blieb erfolglos. Die Nachbarn, so die Richter, könnten eine Nutzungsuntersagung des
Spielplatzes allein deswegen nicht verlangen, weil der Stadt für die Anlage eine
Baugenehmigung erteilt worden sei. Die Nachbarn hätten unabhängig davon, ob diese
Baugenehmigung ihnen bekannt gegeben worden sei, nach Beginn der Baumaßnahmen bei der
Bauaufsichtsbehörde entsprechende Erkundigungen einholen und gegen die behördliche
Genehmigung vorgehen müssen. Dies sei nicht geschehen. Zudem seien Spielplätze notwendig,
um Kindern einen ungestörten Aufenthalt im Freien zu ermöglichen und ihnen Gelegenheit zu
geben, ihr Sozialverhalten in Spielen mit anderen Kindern zu trainieren. Nachbarn müssten die
mit der Benutzung der Anlage verbundenen Auswirkungen grundsätzlich hinnehmen. Ferner
seien die durch die Benutzung eines Spielplatzes bis 20:00 Uhr bzw. 21:00 Uhr entstehenden
Lärmimmissionen zumutbar. Auch komme ein Abbau bzw. Verlegung der Spielgeräte sowie des
Picknicktisches nicht in Betracht, da solche Einrichtungen für einen Kinderspielplatz typisch
seien. Die Stadt müsse auch nicht die Aufschüttung an der Rutsche beseitigen, um die Nachbarn
vor Einsichtnahme auf ihre Terrasse zu schützen. Schließlich bestehe keine rechtliche
Grundlage, um die Stadt zur Einrichtung eines WC’s sowie eines zusätzlichen Zaunes zur
Unterbindung der Notdurft entlang der Grundstücksgrenze oder zur Überwachung der Anlage
durch einen Schließ- und Wachdienst verurteilen zu können (VG Koblenz, 1 K 198/08.KO).
Verkehrsrecht
Straßenverkehrsrecht: Begriff der Öffentlichkeit
Für den Begriff „Öffentlichkeit“ i.S. des Verkehrsstrafrechts kommt es darauf an, ob der Bereich,
in dem sich die Tat ereignet haben soll, der Allgemeinheit zugänglich ist, d.h. ob er von einem
zufälligen Personenkreis genutzt werden kann.
Diese Frage wurde für einen Angeklagten wichtig, der vom Amtsgericht wegen unerlaubten
Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt
wurde. Dagegen hatte er Revision eingelegt, mit der er geltend machte, den amtsgerichtlichen
Feststellungen sei nicht ausreichend zu entnehmen, ob er im öffentlichen Verkehrsraum
gehandelt habe.
Seine Revision hatte Erfolg. Ein Verkehrsraum sei nach der Entscheidung des
Oberlandesgerichts (OLG) Hamm öffentlich, wenn er entweder ausdrücklich oder mit
stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für
eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen sei und auch so
benutzt werde. Entscheidend sei, wie eng der Kreis der Berechtigten umschrieben sei. Insoweit
müssten die für Betriebsgelände geltenden Grundsätze auf den privaten Bereich entsprechend
angewendet werden. Danach seien hier die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts nicht
ausreichend. Diesen ließe sich nicht entnehmen, dass der Bereich, in dem sich die Tat ereignet
haben solle, der Allgemeinheit zugänglich sei, d.h. dass er von einem zufälligen Personenkreis
genutzt werden könne. Dagegen spräche schon die Abtrennung des Mieterparkplatzes mit einer
Sperre von der Straße und der Umstand, dass offenbar jedem Mieter ein besonderer Parkplatz
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zugewiesen sei. Auch der Umstand, dass ggf. Besucher der Mieter deren Parkplatz nutzen
könnten, mache diesen Bereich nicht „öffentlich“. Denn auch die Besucher wären nicht ein
„zufälliger Personenkreis“, sondern ein Personenkreis, der sein Nutzungsrecht von dem Mieter
ableite (OLG Hamm, 2 Ss 33/08).
Ordnungswidrigkeit: Handyverbot am Steuer gilt auch bei Nutzung als
„Navi“
Die Benutzung eines Mobiltelefons am Steuer ist auch untersagt, wenn der Autofahrer die
eingebaute Navigationsfunktion des Gerätes nutzen will.
Das machte das Oberlandesgericht (OLG) Köln deutlich und wies deshalb die Rechtsbeschwerde
eines Autofahrers zurück. Dieser war zuvor wegen der Handynutzung zu einer Geldbuße von 70
EUR verurteilt worden. Auch sein Argument, er habe das Handy während der Fahrt nicht zum
Telefonieren, sondern als Navigationssystem nutzen wollen, half ihm nicht weiter.
Die Richter sahen gleichwohl einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Danach sei die
Benutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt untersagt, wenn der Fahrer das Gerät hierfür
aufnehme oder halte. Der Begriff der Benutzung schließe nach Meinung des Gerichts sämtliche
Bedienfunktionen ein. Er umfasse also nicht nur das Telefonieren, sondern auch andere Formen
der Nutzung. Dies gelte etwa für das Versenden oder Öffnen von SMS, den Abruf von Daten oder
eine andere Verwendung als Kommunikationsinstrument. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung
weiterer Oberlandesgerichte hält der Senat die Handynutzung am Steuer aber auch für
unzulässig, wenn die vielfältigen Möglichkeiten zur Speicherung, Verarbeitung und Darstellung
von Daten genutzt würden, die von Geräten neuerer Bauart zur Verfügung gestellt würden. Es sei
lediglich erforderlich, dass es sich bei dem Gerät überhaupt (oder jedenfalls auch) um ein
Mobiltelefon handele. Damit seien auch Smartphones bzw. Handhelds mit Telefonfunktion
erfasst. Der Verbotstatbestand werde auch erfüllt, wenn das Gerät nur zum Lesen einer
gespeicherten Notiz, einer Telefonnummer oder der Uhrzeit auf dem Display aufgenommen oder
als Diktiergerät genutzt werde. Anders könne es bei „reiner Ortsverlagerung“ des Mobiltelefons
im Auto sein, was keinen konkreten Bezug zu einer der bestimmten Bedienfunktion habe. Die
Nutzung als Navigationshilfe beinhalte aber im weiteren Sinne – ähnlich wie die Teilnahme am
Internet – einen Datenabruf und damit eine Kommunikation im weiteren Sinne. Der Autofahrer
nehme das Gerät in die Hand, werde mental abgelenkt und könne die Hände vorübergehend
nicht am Steuer halten (OLG Köln, 81 Ss Owi 49/08).
Einspruch: Keine Umdeutung eines „Einspruchs“ gegen Verwarngeldstatt gegen Bußgeldbescheid
„Widerspricht“ der Betroffene einem behördlichen Verwarngeldbescheid, kann dieser
„Widerspruch“ nicht in einen zulässigen Einspruch gegen den später ergangenen
Bußgeldbescheid umgedeutet werden.
Hierauf wies das Amtsgericht (AG) Kehl in einer aktuellen Entscheidung hin. Dies gelte auch,
wenn der Widerspruch nach Erlass des Bußgeldbescheids bei der Verwaltungsbehörde eingeht
und aus ihm hervorgeht, dass sich der Betroffene kategorisch gegen den Vorwurf wehrt. Aus der
Erklärung des Betroffenen, mit der er sich gegen den Bußgeldbescheid wendet, müsse sich
zweifelsfrei ergeben, dass er diesen anfechten wolle. Es genüge nicht, dass in der Erklärung der
generelle Verteidigungswille ohne Weiteres erkennbar sei. Vielmehr müsse ein Bezug zum
Bußgeldbescheid hergestellt werden können und vom Betroffenen auch gewollt sein (AG Kehl, 6
OWi 1/08).
Mitverschulden: Wer bei unklarer Verkehrssituation überholt, muss einen
Teil seines Schadens selbst tragen
Wer überholt, ohne die Verkehrslage hinreichend zu beachten, trägt einen Teil seines eigenen
Schadens. Das gilt auch, wenn der Unfall eigentlich auf das Verhalten eines anderen
Verkehrsteilnehmers zurückzuführen ist.
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Das musste sich ein Motorradfahrer vor dem Amtsgericht (AG) München sagen lassen. Er hatte
an einer Kreuzung die dort wartenden und aufgrund eines vorangegangenen Rotlichts gerade
anfahrenden Autos überholt. Der spätere Beklagte war auf der gleichen Straße mit seinem Auto
in der Gegenrichtung unterwegs. Er war auf der Suche nach einem Parkplatz und entdeckte
einen solchen vor einer Bäckerei auf der gegenüberliegenden Seite. Er bremste, leitete ein
Wendemanöver ein, um sich den Parkplatz zu sichern. Dabei prallte er mit dem Motorradfahrer
zusammen. Dieser erlitt Prellungen, Schürfwunden und verletzte sich am linken Daumen. Seine
Motorradkleidung wurde durch den Sturz unbrauchbar. Der Motorradfahrer verlangte insgesamt
6.500 EUR Schadenersatz. Die Versicherung des Unfallverursachers bezahlte allerdings nur
3.500 EUR. Von dem verlangten Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 EUR erhielt er nur 400
EUR. Schließlich – so die Versicherung – habe der Motorradfahrer an der Ampelanlage stark
beschleunigt und überholt, deshalb treffe ihn ein erhebliches Mitverschulden.
Auch vor dem AG bekam der Motorradfahrer nicht den vollen verlangten Betrag zugesprochen.
Die zuständige Richterin sah ebenfalls ein Mitverschulden und schätzte dies auf 25 Prozent.
Zwar habe der Unfallverursacher ein Wendemanöver eingeleitet und damit den Unfall verursacht.
Der Motorradfahrer sei aber mit seinem Motorrad im Straßenverkehr unterwegs gewesen. Die
allein schon dadurch entstehende Mithaftung aufgrund der Betriebsgefahr, die von dem Motorrad
ausgehe, trete nicht aufgrund des Verhaltens des Unfallverursachers zurück. Zwar sei die
Geschwindigkeit nur unwesentlich über dem Erlaubten gewesen, als der Motorradfahrer an der
Kreuzung überholte. Allerdings sei es zu diesem Zeitpunkt noch finster gewesen. Zudem habe
der Motorradfahrer sein Überholmanöver durchgeführt, ohne die Verkehrslage jenseits der
Kreuzung ausreichend sehen zu können. Damit habe er nur einen Schadenersatzanspruch in
Höhe von 75 Prozent. Dies bedeute noch ein Anspruch in Höhe von 1.300 EUR für den
Sachschaden. Als Schmerzensgeld sah die Richterin bei den vorliegenden Verletzungen 750
EUR für angemessen an (AG München, 345 C 27884/05, rkr.).
Steuerrecht
Steuer-Identifikationsnummer: Versand bis zum 31.12.2008
Das Bundesministerium der Finanzen hat mitgeteilt, dass nun alle Bürger bis zum 31.12.2008 ein
persönliches Mitteilungsschreiben erhalten, in dem die Steuer-Identifikationsnummer, die
„Kennzahl fürs Leben“, mitgeteilt wird. Die Wirtschafts-Identifikationsnummer kommt erst im
Anschluss.
Zwangsvollstreckung: Mehr Versteigerungen im Internet geplant
Das Bundesjustizministerium hat am 29.7.2008 einen Gesetzentwurf über die
Internetversteigerung in der Zwangsvollstreckung auf den Weg gebracht. Geplant ist, die
Internetauktion von gepfändeten Gegenständen als Regelfall neben der bisher üblichen
Versteigerung vor Ort zu etablieren. Damit soll das bislang für Internetversteigerungen geltende
aufwendige und unpraktikable Verfahren abgeschafft werden. Hier werden die Kernpunkte der
geplanten Neuerungen vorgestellt:
•
Betroffen sein soll nur die Versteigerung von beweglichen Sachen, die zuvor vom
Gerichtsvollzieher oder einem Vollzugsbeamten der Finanzbehörden gepfändet worden
sind. Die Versteigerung von Grundstücken ist damit nicht betroffen.
•
Bei einer Internetversteigerung müssen im Gegensatz zur Präsenzversteigerung
Versteigerer und Bieter nicht vor Ort anwesend sein. Dadurch können zum Teil nicht
unerhebliche Anreisekosten eingespart werden.
•
Die Neuregelung soll sowohl die Zwangsvollstreckung aus gerichtlichen Urteilen als auch
die Zwangsvollstreckung aus Steuerbescheiden und aus Urteilen der Finanzgerichte
zugunsten der Finanzbehörden betreffen. Diese Versteigerungen sollen auf der von der
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Bundeszollverwaltung schon seit einigen Jahren genutzten Auktionsplattform
http://www.zoll-auktion.de stattfinden.
Hinweis: Das Bundesjustizministerium geht davon aus, dass mit Internetversteigerungen
größere Beträge erzielt werden können als durch die Versteigerungen vor Ort, was sowohl
Gläubigern als auch Schuldnern zugutekommt. Dabei stützt man sich auf die Annahme, dass im
Internet ein größerer Bieterkreis erreicht werden kann.
Rückwirkende Mietanpassung: Steuerliche Anerkennung bei
Angehörigen
Verträge zwischen nahen Angehörigen sind ertragsteuerlich nur anzuerkennen, wenn sie
zivilrechtlich wirksam, klar und eindeutig sind. Ihre Gestaltung muss darüber hinaus dem
zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen und die Vertragsinhalte müssen auch tatsächlich
umgesetzt werden. Allerdings ist die steuerliche Anerkennung nicht bei jeder Abweichung vom
Fremdüblichen in Gefahr.
Wird z.B. der Mietzins unter nahen Angehörigen über einen kurzen Zeitraum vom Vermieter nicht
angepasst, hat dies allein nicht notwendigerweise negative steuerliche Folgen. Hat der Vermieter
jedoch 18 Jahre lang – trotz Wertsicherungsklausel im Mietvertrag – keinen höheren Mietzins
eingefordert, ist dies als unüblich einzustufen. Ein fremder Dritter hätte nicht über einen derart
langen Zeitraum auf die vereinbarte Mietanpassung verzichtet.
Somit konnte der Unternehmer im Urteilsfall (Mieter) die an seine Ehefrau als Vermieterin
nachträglich gezahlten Mietanpassungsbeträge nicht als gewinnmindernde betriebliche
Verbindlichkeiten abziehen.
Hinweis: Zwar entspricht die Wertsicherungsklausel im Mietvertrag den Voraussetzungen der
Fremdüblichkeit. Wird die Mietanpassung aber über lange Zeit nicht geltend gemacht und der
Vertrag insoweit erst rückwirkend entsprechend der Vereinbarung durchgeführt, weicht dies vom
Fremdüblichen ab (BFH, III R 70/05).
Umsatzsteuerpflichtig: Sponsoring ohne erkennbare Gegenleistung
Überlässt eine Werbeagentur einer Gemeinde ein mit Werbeaufdrucken versehenes Fahrzeug
zur Nutzung mit dem Recht, es nach fünf Jahren von der Agentur kostenlos übereignet zu
bekommen, liegt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ein tauschähnlicher Umsatz vor, der
umsatzsteuerpflichtig ist.
Im Urteilsfall unterwarf die Werbeagentur lediglich die Einnahmen aus der Überlassung der
Werbefläche der Umsatzsteuer und machte Vorsteuer aus den Fahrzeugkäufen geltend. Da die
Gemeinde für die Nutzung des Fahrzeugs keine Zahlungen zu leisten hatte, ging die
Werbeagentur weiter davon aus, dass damit kein umsatzsteuerbarer Vorgang vorliegt. Das sah
der Bundesfinanzhof anders. Denn die Gegenleistung der Gemeinde für die Nutzung besteht in
der Verpflichtung zum werbewirksamen Einsatz des Fahrzeugs. Nicht maßgeblich ist, ob die
Parteien die einander erbrachten Leistungen als entgeltlich bezeichnen. Ausreichend ist, wenn
die erhaltene Gegenleistung in Geld ausdrückbar ist. Der damit als „Entgelt“ anzusetzende
subjektive Wert, den die „Werbeleistung“ der Gemeinde für den Kläger hat, bestimmt sich nach
dem Betrag, den er dafür tatsächlich aufgewendet hat. Dies waren im Urteilsfall die
Anschaffungskosten für das Fahrzeug.
Hinweis: Dieses Urteil ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus von allgemeiner Bedeutung.
Denn es beantwortet die für die Praxis wichtige Frage, wie Lieferungen von sonstigen Leistungen
im Fall der Nutzungsüberlassung voneinander abzugrenzen sind. Im konkreten Fall war die
Gemeinde berechtigt, das Fahrzeug nach Ablauf einer Nutzungszeit von fünf Jahren unentgeltlich
übereignet zu bekommen. Dies führt zu einer Lieferung bereits im Zeitpunkt der Übergabe,
weshalb die Werbeagentur die Anschaffungskosten des Fahrzeugs bereits bei der Übergabe zu
versteuern hatte. Es liegt keine sonstige Leistung in Form einer bloßen Nutzungsüberlassung vor
(BFH, XI R 56/06).
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Fahrtenbuch: Kann trotz kleinerer Mängel noch ordnungsgemäß sein
Kann ein Dienstwagen auch privat genutzt werden, hat der Arbeitnehmer einen geldwerten
Vorteil zu versteuern. Dessen Höhe ist generell nach der Ein-Prozent-Regelung zu ermitteln.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten
durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen wird. In einem ordnungsgemäß
geführten Fahrtenbuch müssen die Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre
Vollständigkeit und Richtigkeit bieten. Es muss regelmäßig zeitnah und in geschlossener Form
geführt werden, die Fahrten sowie den jeweiligen Gesamtkilometerstand ausweisen und die
Angaben vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergeben.
Kleinere Mängel führen allerdings nicht sofort zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und damit zur
Anwendung der Ein-Prozent-Regelung, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind. Trotz der
Mängel muss immer der Nachweis des Privatanteils an der Gesamtfahrleistung des
Dienstwagens möglich sein. Damit weicht der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung
zur Fahrtenbuchführung ein wenig auf. Folgende festgestellte Mängel am Fahrtenbuch sind
demnach als unschädlich einzustufen:
•
Eine Fahrt wurde trotz vorliegender Tankrechnung nicht aufgezeichnet.
•
Zwischen den Kilometerangaben laut Fahrtenbuch und den einzelnen
Werkstattrechnungen besteht keine genaue Übereinstimmung.
•
Der Fahrer hat nicht die gemäß Routenplaner vorgegebene kürzeste Strecke gewählt und
auch keinen besonderen Aufzeichnungsaufwand betrieben.
Hinweis: Neben diesen Mängeln ist es ferner nicht schädlich, wenn der Arbeitgeber die auf den
jeweils zur Nutzung überlassenen Dienstwagen entfallenden Kosten nicht getrennt aufgezeichnet
hat. Allerdings kann die Einrichtung eines gesonderten Aufwandskontos den Nachweis
erleichtern und zweckmäßig sein, so der Bundesfinanzhof resümierend (BFH, VI R 38/06).
Kindergeld: Sind Semestergebühren ausbildungsbezogene
Aufwendungen?
Eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes von mehr als 7.680 EUR lassen für Kinder ab 18
Jahren den Kindergeldanspruch und andere kinderbedingten Ermäßigungen entfallen. Semesteroder Rückmeldegebühren sind nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf allerdings bei
der Ermittlung der Höhe der Einkünfte und Bezüge eines Kindes als besondere
Ausbildungskosten abziehbar.
Da das Entrichten der Semester- oder Rückmeldegebühren Voraussetzung dafür ist, dass das
Kind weiter studieren darf, entstehen sie ausbildungsbedingt. Sofern dem Studenten durch die
Zahlung der Gebühr zugleich kostenlose Beförderungsmöglichkeiten im Nahverkehr auch zu
privaten Zwecken ermöglicht werden, handelt es sich regelmäßig um geringfügige Vorteile, die
neben dem eigentlichen Zweck (Fortsetzung des Studiums) bedeutungslos sind.
Hinweis: Das FG widersprach damit den Anweisungen der Finanzverwaltung, die nur
Studiengebühren als abzugsfähig anerkennt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision
ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen III R 38/08 anhängig. Eltern, denen die
Berücksichtigung der Semester- und Rückmeldegebühren das Kindergeld retten können, sollten
ihre Bescheide mit einem Einspruch offen halten (FG Düsseldorf, 9 K 4245/07 Kg).
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Wirtschaftsrecht
Partnerschaftsgesellschaft: Namensbildung aus zwei
zusammengehängten Familiennamen ist nicht möglich
Der Name einer Partnerschaftsgesellschaft kann nicht aus der Zusammensetzung der beiden
Familiennamen von zwei Partnern in einem Wort, das zusammen und kleingeschrieben wird,
gebildet werden.
Mit dieser Entscheidung beendete das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. den Streit um die
Namensgebung einer Partnerschaftsgesellschaft. Die Richter wiesen darauf hin, dass der Name
der Gesellschaft den Namen mindestens eines Partners, den Zusatz „und Partner“ oder
„Partnerschaft“ sowie die Berufsbezeichnungen aller in der Partnerschaft vertretenen Berufe
enthalten müsse. Die hier in einem Wort zusammengeschriebenen Partnernamen würden den
Eindruck erwecken, dass es sich um den neuen, anderen Namen einer Person handele, die nicht
Partner der Gesellschaft sei. Diese Verwechselungsgefahr müsse verhindert werden (OLG
Frankfurt a.M., 20 W 464/07).
Aktiengesellschaft: Aufsichtsrat haftet persönlich für sittenwidriges und
betrügerisches Verhalten des Vorstands
Ein Aktienanleger kann bei Insolvenz des Unternehmens unter bestimmten Voraussetzungen
einen Schadenersatzanspruch gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden des Unternehmens haben.
Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in dem Rechtsstreit eines
Aktionärs gegen den früheren Aufsichtsratvorsitzenden einer zwischenzeitlich insolventen
Aktiengesellschaft. Die Gesellschaft hatte bei zehn Aktienemissionen an mehr als 6.000 Anleger
außerbörslich Aktien im Wert von 42 Mio. EUR verkauft. Die Gelder wurden nicht in werthaltige
Anlagen investiert, sondern ganz überwiegend für Provisionszahlungen, luxuriöse
Repräsentationsaufwendungen und Leasingfahrzeuge (BMW, Mercedes, Ferrari) verwandt. Die
Aktiengesellschaft ist insolvent. Der Vorstandsvorsitzende ist inzwischen wegen Betrugs und
Untreue zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Auch der
Kläger hatte seinerzeit über Telefonverkäufer für ca. 6.300 EUR Aktien der Gesellschaft
erworben. Wegen des Verlusts nach der Insolvenz des Unternehmens hatte er den damaligen
Aufsichtsratvorsitzenden und den Vorstandsvorsitzenden auf Schadenersatz verklagt.
Das Landgericht Düsseldorf hatte beide, den Aufsichtsrat- und Vorstandsvorsitzenden, zur
Zahlung von Schadenersatz in Höhe von rund 6.300 EUR verurteilt. Dabei war es davon
ausgegangen, dass neben dem Vorstandsvorsitzenden auch der Aufsichtsratvorsitzende für die
entstandenen Schäden persönlich hafte. Er sei seiner Aufsichts- und Kontrollpflicht nicht
nachgekommen. Der Aufsichtsratvorsitzende habe notwendige Nachforschungen bewusst
unterlassen und daher zumindest bedingten Schädigungsvorsatz hinsichtlich einer vorsätzlich
sittenwidrigen Schädigung des Klägers gehabt. So habe er selbst dann keine
Kontrollmaßnahmen ergriffen, als er keine Aufsichtsratvergütung mehr erhalten habe und ihm so
die Illiquidität der Aktiengesellschaft aufgefallen sei. Das OLG hat diese Entscheidung nun
bestätigt. Zur Begründung haben die Richter ergänzend ausgeführt, dass der
Aufsichtsratvorsitzende jedenfalls den dringenden Verdacht gehabt habe, dass es sich um eine
betrügerische Aktiengesellschaft gehandelt habe. Er habe Beihilfe zum sittenwidrigen und
betrügerischen Verhalten des Vorstands geleistet, weil er von vornherein nicht beabsichtigt habe,
die nötige Kontrolle auszuüben. Zudem sei er konkreten Verdachtsmomenten bewusst nicht
nachgegangen (OLG Düsseldorf, I-9 U 22/08).
Betrieblicher Verkaufsgewinn: Zur Ermittlung bei der
Ehegattenimmobilie
Haben Eheleute ihr Eigenheim als Miteigentümer zu je 50 Prozent erworben und nutzt ein
Ehepartner einen Kellerraum betrieblich, ist bei einer Veräußerung des Betriebs für die Ermittlung
des betrieblichen Verkaufsgewinns Folgendes zu beachten:
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Die anteilig auf den Kellerraum entfallenden stillen Reserven erhöhen zwar bei Veräußerung des
Betriebs den Veräußerungsgewinn – aber nur entsprechend dem Miteigentumsanteil des
Ehepartners, der den Raum betrieblich genutzt hat. Das gilt nach Auffassung des
Bundesfinanzhofs selbst dann, wenn der betrieblich nutzende Ehepartner zuvor alle Kosten für
den Raum (anteilige Hauskosten und Absetzung für Abnutzung – AfA) als Betriebsausgaben
abgezogen hat.
Im Urteilsfall hatte ein Arzt den Kellerraum des Einfamilienhauses als Lager für seine Arztpraxis
genutzt. Später veräußerte er die Praxis. Bis dahin hatte er allein die Anschaffungskosten des
Einfamilienhauses und die laufenden Grundstücksaufwendungen getragen. Der Selbstständige
kann trotz fehlenden Eigentums die auf den Miteigentumsanteil des Ehegatten entfallende
Absetzung für Abnutzung als Betriebsausgabe abziehen, wenn er sämtliche Kosten getragen hat.
Die Beendigung der betrieblichen Nutzung des Kellerraums führt nicht zur Realisierung der stillen
Reserven des auf die Ehefrau des Arztes entfallenden Anteils und erhöht den
Veräußerungsgewinn des Arztes im Ergebnis nicht.
Hinweis: Der Selbstständige kann trotz fehlendem Eigentum die auf den Miteigentumsanteil des
Ehegatten entfallende AfA als Betriebsausgabe abziehen, wenn er sämtliche Kosten getragen hat
(BFH, VIII R 98/04).
Gewerbesteueranrechnung: Zum Verfall von Anrechnungsüberhängen
Die steuerliche Doppelbelastung gewerblicher Gewinne von Personengesellschaftern wird
dadurch kompensiert, dass das 1,8-fache des Gewerbesteuermessbetrags auf die
Einkommensteuer angerechnet wird, die anteilig auf die im zu versteuernden Einkommen
enthaltenen gewerblichen Einkünfte entfällt. Diese Steuerermäßigung bei Einkünften aus
Gewerbebetrieb kann nicht beansprucht werden, wenn der Steuerpflichtige zwar mit
Gewerbesteuer belastet ist, aber z.B. aufgrund eines Verlustabzugs keine Einkommensteuer
schuldet (Anrechnungsüberhang).
Ist also zwar Gewerbesteuer, aber keine Einkommensteuer zu zahlen, wird das
Entlastungspotenzial aus der Anrechung der Gewerbesteuer nicht ausgenutzt. Ein solcher
Anrechnungsüberhang verfällt ersatzlos. Dieses Ergebnis begegnet keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber durfte den Abzug des
Steuerermäßigungsbetrags von einer Doppelbelastung mit Einkommen- und Gewerbesteuer
abhängig machen.
Im Urteilsfall erzielte die Steuerpflichtige im Streitjahr 2001 unter anderem über eine
Erbengemeinschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Da sich bei ihr aufgrund eines Verlustabzugs
in diesem Jahr aber ein negatives zu versteuerndes Einkommen ergeben hatte, setzte das
Finanzamt die Einkommensteuer mit null Euro fest. Einen Steuerermäßigungsbetrag in Höhe des
1,8-fachen anteiligen Gewerbesteuermessbetrags aus der Erbengemeinschaft konnte sie damit
nicht von der tariflichen Einkommensteuer abziehen. Mit ihrer Klage begehrte sie, eine negative
Einkommensteuer in Höhe des 1,8-fachen Gewerbesteuermessbetrags festzusetzen (und
auszuzahlen) oder aber in Höhe dieses Betrags einen Vor- oder Rücktrag in andere
Veranlagungsjahre zu gewähren.
Hinweis: Trotz der Zweifel des Bundesverfassungsgerichts an der Verfassungsmäßigkeit der
Doppelbelastung von Gewerbetreibenden mit Einkommen- und Gewerbesteuer (Beschluss vom
18.1.2006, Az. 2 BvR 2194/99) hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach
die gewerbesteuerliche Belastung und gegebenenfalls die unzureichende Entlastung im Ergebnis
keine Grundrechtsverletzung begründen (BFH, X R 32/06).
Investitionszulage: Beschäftigung von ABM-Kräften kann schädlich sein
ABM-Kräfte sind Arbeitnehmer im Sinn des Investitionszulagengesetzes und damit in die
Berechnung der Gesamtzahl der Beschäftigten mit einzubeziehen, soweit es für die erhöhte
Investitionszulage auf die Zahl der in einem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ankommt.
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Die im Urteilsfall für das Streitjahr 1995 beanspruchte erhöhte Investitionszulage setzt voraus,
dass der Betrieb zu Beginn des Wirtschaftsjahrs, in dem die Investitionen vorgenommen werden,
nicht mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt. Da die Arbeitgeberin im Urteilsfall neben 240
„regulären“ Arbeitnehmern auch zwölf weitere Arbeitnehmer im Rahmen von ABM-Maßnahmen
beschäftigte, wurde der Antrag auf erhöhte Investitionszulage abgelehnt.
Hinweis: Eine gegenüber den „regulären“ Arbeitnehmern deutlich herabgesetzte
Einsatzmöglichkeit und niedrigere Wertschöpfung rechtfertigen es ebenfalls nicht, ABM-Kräfte bei
der Prüfung des maßgeblichen Schwellenwerts nicht mitzuzählen (BFH, III R 9/07).
Abschließende Hinweise
Verzugszinsen
Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247
BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt.
Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG)
getreten.
Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2008 beträgt 3,19 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:
•
•
•
für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 8,19 Prozent
für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1
BGB): 5,69 Prozent
für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 11,19 Prozent
Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der
Vergangenheit:
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vom 01.01.2008 bis 30.06.2008:
vom 01.07.2007 bis 31.12.2007:
vom 01.01.2007 bis 30.06.2007:
vom 01.07.2006 bis 31.12.2006:
vom 01.01.2006 bis 30.06.2006:
vom 01.07.2005 bis 31.12.2005:
vom 01.01.2005 bis 30.06.2005:
vom 01.07.2004 bis 31.12.2004:
vom 01.01.2004 bis 30.06.2004:
vom 01.07.2003 bis 31.12.2003:
vom 01.01.2003 bis 30.06.2003:
vom 01.07.2002 bis 31.12.2002:
vom 01.01.2002 bis 30.06.2002:
vom 01.09.2001 bis 31.12.2001:
vom 01.09.2000 bis 31.08.2001:
vom 01.05.2000 bis 31.08.2000:
3,32 Prozent
3,19 Prozent
2,70 Prozent
1,95 Prozent
1,37 Prozent
1,17 Prozent
1,21 Prozent
1,13 Prozent
1,14 Prozent
1,22 Prozent
1,97 Prozent
2,47 Prozent
2,57 Prozent
3,62 Prozent
4,26 Prozent
3,42 Prozent
Steuertermine im Monat September 2008
Im Monat September 2008 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:
Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer – mittels
Barzahlung – bis Mittwoch, den 10. September 2008 und – mittels Zahlung per Scheck – bis
Sonntag, den 7. September 2008.
Lorenz & Kollegen
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01.09.2008
Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer – mittels
Barzahlung – bis Mittwoch, den 10. September 2008 und – mittels Zahlung per Scheck – bis
Sonntag, den 7. September 2008.
Einkommensteuerzahler (vierteljährlich): Vorauszahlung – mittels Barzahlung – bis Mittwoch,
den 10. September 2008 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Sonntag, den 7. September
2008.
Kirchensteuerzahler (vierteljährlich): Vorauszahlung – mittels Barzahlung – bis Mittwoch, den
10. September 2008 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Sonntag, den 7. September 2008.
Körperschaftsteuerzahler (vierteljährlich): Vorauszahlung – mittels Barzahlung – bis Mittwoch,
den 10. September 2008 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Sonntag, den 7. September
2008.
Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer
verspäteten Zahlung durch Überweisung auf das Konto des Finanzamts endet am Montag, den
15. September 2008. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese
Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

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