Vulkanismus am Ostafrikanischen Grabenbruch

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Vulkanismus am Ostafrikanischen Grabenbruch
Vortrag Oberseminar Sommersemester 2003
Thema:
Vulkanismus im Ostafrikanischen Riftsystem
- Genese und zeitliche Einordnung -
Bearbeiter:
Matrikelnummer:
Studiengang:
Betreuer:
Denise Roch
39792
Geologie/Paläontologie, 8. Semester
Prof. Dr. Christoph Breitkreuz
Technische Universität Bergakademie Freiberg, Mai 2003
Vulkanismus im Ostafrikanischen Riftsystem
Denise Roch
0.
Mai 2003
Abriss
Das Ostafrikanische Riftsystem, ein Teil des Afro-Afrikanischen Riftsystems, ist ein kontinentales
Rift mit überwiegend alkalinem Vulkanismus. Es gliedert sich in zwei seismisch und vulkanisch sehr
verschieden aktive Riftarme, das östliche und das westliche Rift. Beide Riftarme durchschneiden stark
aufgedomte Regionen und werden in ihrem Verlauf durch die Basementstrukturen Ostafrikas kontrolliert, sie folgen meist den Schwächezonen der Mobile Belts. Das relative zeitliche Timing des Einsetzens des Vulkanismus bezogen auf das des Riftprozesses ist dabei nicht immer eindeutig geklärt. In
beiden Riftarmen ging der Vulkanismus dem Riftprozess voraus oder setzte synchron ein, was in hohem Maße darauf hindeutet, dass die Extension oberhalb eines oder mehrerer Mantelplumes auftritt.
Zudem existieren Indizien für die gegenseitige Beeinflussung von Tektonik und Magmatismus. Sicher
ist jedoch, dass die Vulkanite im östlichen Riftarm eine sukzessive Altersabfolge von Nord nach Süd
zeigen, während der Vulkanismus im westlichen Rift nahezu synchron einsetzt. Die resultierenden
Eruptiva der einzelnen Riftarme weisen deutliche Abweichungen voneinander hinsichtlich ihrer Volumina sowie ihrer Chemie auf. Neben früheren Erklärungen der Riftbildung als aktives oder passives
Rift ohne Betrachtung des Basements lässt sich eine gute zeitliche Korrelation zwischen dem Auftreffen des östlichen Rifts auf den Tansania-Kraton und der Initiierung des westlichen Rifts feststellen.
Dieser Aspekt könnte für eine Stresstransmission über die starre Lithosphäre des Kratons vom Ostrift
zum Westrift hin sprechen, wodurch beide Riftarme als Teil eines Bildungsprozesses betrachtet werden können.
I.
Überblick Ostafrikanisches Riftsystem
1.1
Einführung
Im plattentektonischen Kontext stellt das Ostafrikanische Riftsystem, im folgenden abgekürzt durch
ORS, ein Teil des erheblich größeren AfroArabischen-Riftsystems dar, welches sich über
insgesamt 6500 km von der Türkei über das Tote
Meer in Jordanien, das Rote Meer und den Golf
von Aden durch Ostafrika bis nach Mozambique
erstreckt. Das ORS selbst dehnt sich über rund
3500 km, angefangen im Norden mit dem Afardreieck in Äthiopien, in submeridianer Richtung
bis zum Sambesifluss in Mozambique aus
KeniaDome
(SCHLÜTER 1997).
Das ORS umfasst zwei Riftarme: einen östlichen
KivuDome
und einen westlichen Arm, wobei beide bis heute
Haupt-Riftstörungen
seismisch und vulkanisch aktiv sind. Beide RiftarAusdehnung vulkame durchqueren größere, aufgedomte Gebiete (vgl.
nischer Subprovinzen
EastafricaAbb. 1) wie den Afar-Dom in Äthiopien sowie den
Dome
Ostafrika-Dom, in welchem zusätzliche, kleinere
Kratone Gewässer
Dome existieren. Zudem unterscheiden sich die
Riftarme u.a. bezüglich ihrer Bildungsursachen,
Tektonik, Vulkanismus, Sedimentologie und HydAbb. 1: Karte des ORS, magmatische Entwick- rologie.
lung und Petrogenese (geändert nach Kampunzu
und Mohr, 1991, Bildquelle 1)
1
AfarDome
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Östlicher Riftarm
Der östliche Arm bzw. Eastern Branch (s. Abb. 1), der sich im Bereich nördlich und östlich des Victoriasees befindet und sich bis nach Nord-Tansania erstreckt, ist ein sowohl vulkanreiches als auch vulkanisch sehr aktives System, welches sich in das äthiopische Riftsystem im Norden sowie das Gregoryrift im Süden, in Teilen auch als Keniarift bezeichnet, gliedert. Im Vergleich zum westlichen Riftarm weist das Ostrift aufgrund seiner stärkeren vulkanischen Aktivität erheblich höhere Volumina an
Oberflächenvulkanite auf. Diese weisen hinsichtlich der Einsatzzeiten eine sukzessive Entwicklung
auf. Während sich in Äthiopien die ältesten Eruptivgesteine finden, nimmt das Alter der Vulkanite
nach Süden hin beständig ab. In Bezug auf den Riftprozess ist der Vulkanismus diesem vorangegangen oder synchron (MORLEY, 1999).
Stellenweise wurde dieses Riftsystem vermutlich bereits im frühen Miozän initiiert, obwohl in Äthiopien und im nördlichen Kenia ebenso Anzeichen für frühere, paläogene Riftaktivitäten sowie im Sudan und in Kenia Anzeichen für die Reaktivierung mesozoischer Riftteile existieren (MORLEY, 1999).
Westlicher Riftarm
Dem gegenüber steht das wenig vulkanisch aktive westliche Rift (vgl. Western Branch, Abb. 1), dessen Bildungsalter im späten Miozän deutlich unter dem des Ostrifts liegt. Es erstreckt sich vom Norden Ugandas entlang der Grenze zwischen Uganda und Tansania nach Süden, bis es im Süden Tansanias in einer Y-förmigen „Triple Junction“ zwischen dem Rukwa-, dem Ruaha- und dem Malawi-Rift
wieder mit dem Ostrift vereinigt (SCHLÜTER, 1997). Als nördliche Grenze dieses Rifts kann die präkambrische, NW-SE-streichende Aswa-Scherzone angesehen werden.
Der Vulkanismus im westlichen Rift beschränkt sich auf lediglich vier größere Provinzen, welche
räumlich relativ isoliert voneinander sind. Dabei ist anzumerken, dass der Vulkanismus über das gesamte Rift gesehen nahezu synchron innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Zeitspanne eingesetzt hat.
Die Seismizität im westlichen Rift ist (auf das letzte Jahrhundert gesehen) wesentlich stärker als im
östlichen Rift.
1.2
Abriss der Topografie, Geomorphologie und Geologie
Die Topografie des Riftsystems ist gekennzeichnet von aufgedomten Regionen aber auch Depressionsgebieten, deren Reliefhöhe teilweise unterhalb des Meeresspiegels liegt. Die beiden die Riftstruktur dominierenden Dome sind der Afar-Dom in Äthiopien sowie der Ostafrikadom. Deren Aufwölbungen werden vermutlich isostatisch durch Lithosphärenaufheizung sowie dynamisch durch Mantelplumes bzw. ferner durch Hotspots verursacht. Die Domregionen werden im Bereich des nördlichen
Kenias durch die Turkana-Depression getrennt, die eine durchschnittliche Erhebung von 600 m über
dem Meeresspiegel hat. Dem gegenüber stehen die durchschnittlichen Höhen des Afar-Domes von
1500 m und des ostafrikanischen Domes von 1200 m. Jenseits der aufgedomten Gebiete schwankt die
Topografie zwischen 300 bis 900 m (MORLEY, 1999). Beide Dome haben Durchmesser von etwa
1000-2000 km und sind mit hohen negativen Schwereanomalien assoziiert. Innerhalb des OstafrikaDomes existieren zudem kleinere Dome, die eventuell durch magmatisches Underplating verursacht
werden. Diese Dome besitzen Radien von ca. 100-200 km, als Beispiele wären der Kivu- und der Kenia-Dome zu nennen.
Die Turkana-Depression zwischen den Domen kann zum einen einfach als Gebiet zwischen zwei
Domregionen erklärt werden, wobei sich dieses Gebiet zudem genau an der Schnittstelle des ORS und
des Zentralafrikanischen Riftsystems befindet. Zum anderen weist die Depression bereits seit dem
Oligozän starke vulkanische Aktivitäten auf, somit könnte sich die Erhebung der Depression über die
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Umgebung auch durch magmatisches Underplating bzw. Hebung durch Lithosphärenaufheizung ergeben haben.
Der Verlauf des Riftsystems selbst ist zu weiten Teilen durch das präkambrische, kristalline Basement
kontrolliert. Auch die Ausbildung der Riftstrukturen wird teilweise dadurch beeinflusst. So umlaufen
bzw. meiden die Riftstrukturen die stabilen Gesteinseinheiten der archaischen Kratone, deren Krustendicke bis zu 50-60 km betragen kann. Im Bereich des ORS sind dabei der Tansania- und der ZambiaKraton von Bedeutung. Beide bestehen aus Para- und Orthogneisen, die mit basischen und ultrabasischen Gesteinen assoziiert sind. Die Kratone sind umgeben von Orogeneinheiten, den sogenannten
Mobile Belts. Diese stellen verglichen mit den Kratonen Schwächezonen dar, so dass sich die
Riftstrukturen vor allem innerhalb dieser Gürtel ausgebildet haben.
Das Ostrift beginnt im Afar-Dreieck auf großer Breite und verengt sich relativ schnell bis nach Zentral-Äthiopien, wo es eine scharf ausdefinierte, etwa 50-80 km breite und relativ tiefe Grabenstruktur
ausbildet. Diese setzt sich bis nach Nord-Tansania fort, wo das Rift auf den Tansania-Kraton auftrifft
und sich in eine diffuse, rund 300 km breite Zone aus Blockstörungen ausweitet. In den Becken des
Ostrifts finden sich viele kleinere, flache Seen, von denen sich lediglich der Turkana-See durch seine
Größe und Tiefe unterscheidet. Dem entsprechend selten sind fluvio-lakustrine Beckenfüllungen, es
dominieren vulkanische Flow-Ablagerungen und Pyroklastika sowie freierodierte Intrusiva.
Das westliche Rift hingegen weist eine vollkommen andere Struktur auf. Es besteht aus zahlreichen
en-echelon-Störungsbegrenzten Becken, in denen oftmals tiefe Seen zu finden sind. Entsprechend sind
in diesem Riftarm lakustrine Sedimente dominierend. Die Vulkanite treten demgegenüber stark zurück.
1.3
Modelle zur Entwicklung des Riftsystems – Genetischer Zusammenhang mit dem
Vulkanismus
Im Rahmen verschiedenster Veröffentlichungen wurden diverse Modelle zur Entwicklung des ORS
präsentiert und zum Teil bereits wiederlegt. Ebenso sind einzelne Modelle untereinander widersprüchlich. Im Folgenden wird eine kurze Zusammenfassung über diese Modelle gegeben, da in Bezug auf
den Vulkanismus im ORS eine starke Verknüpfung von Magmatismus und Tektonik existiert und
beides nicht getrennt voneinander betrachtet werden sollte.
Nach anfänglichen Diskussionen bezüglich der grundlegenden Bildungsursache des Rifts, wurde das
ORS extensionalem Regime zugeordnet. Die ebenfalls existierenden Theorien hinsichtlich kompressiver Bildungsmechanismen wiesen deutliche Schwachstellen und Fehler auf, weswegen sie schließlich
aufgegeben wurden. In jüngster Zeit dominieren zwei Themen die Diskussionen um das ORS. Die
erste Frage ist, ob sich das Rift von einem kontinentalen Bruchsystem in ein mittelozeanisches Riftsystem entwickeln wird, oder ob das Rift einen failed arm dieses Prozesses darstellt bzw. eventuell
eine generell andere Riftform. Die zweite Frage betrifft den Magmatismus im Rift, es ist noch zu klären, ob dieser die Extension bzw. den Riftprozess erzeugt und antreibt oder ob es umgekehrt ist.
Laut BAKER & WOHLENBERG (1971) (aus: SCHLÜTER, 1997) lässt sich z.B. das Gregoryrift im östlichen
Riftarm aufgrund einer Krustendehnung von rund 10 km nicht allein durch den Kenia-Dom erklären.
Zudem seien die Spreizungsraten mit weniger als 0,5 cm/a im Vergleich zum Roten Meer (1-2 cm/a)
bzw. zu Mittelozeanischen Rücken (2-10 cm/a) sehr gering. Dies kennzeichne das ORS als untypisch
und mache es unwahrscheinlich, dass das ORS die erste Stufe des Kontinentaufbrechens sei. Dies wird
unterstrichen durch LOGATCHEV et al. (1972), nach dem die Anwesenheit eines sialischen Basements
unterhalb des Gregoryrifts nicht kompatibel mit ozeanischen Riftmodellen sei. Laut BOSWORTH (1989)
(aus: SCHLÜTER, 1997) könnte die Asthenosphärenaufwölbung unter dem Kenia-Dome auch für eine
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Erhöhung der Duktilität der aufliegenden Lithosphäre verantwortlich sein, wodurch Extension auch
ohne die Bildung eines vollständigen Bruches auftreten kann. Übereinkommend kann jedoch gesagt
werden, dass, obwohl das ORS das Potential zur Bildung eines ozeanischen Beckens hatte, dies jedoch
– eventuell nach der erfolgreichen Öffnung des Rote-Meer-Riftes – fehlschlug und heute ein failed
Rift darstellt.
Ein weiterer Streitpunkt ist die Frage, ob das Rift sich als aktives oder passives Rift beschreiben lässt.
Problematisch an dieser Zuordnung ist, dass das Riftsystem sowohl Charakteristika des einen als auch
des anderen Mechanismus aufweist.
A
B
Beginn passiver Riftprozess
Beginn aktiver Riftprozess
Geringe oberflächliche Extension, früher
Vulkanismus, tief eindringende Störungen
Geringerer geothermaler Gradient
in der Kruste
Höherer geothermaler Gradient im Mantel
Keine Erzeugung früher
Schmelzen
Asthenosphärenkonvektion initiiert Ersetzen
von Mantellithosphäre durch Asthenosphäre
Abb. 2: Vergleichende Schnittdarstellungen: A – Riftprozess beginnt durch passive Extension, B –
Aktiver Riftprozess beginnt über angehobener Asthenosphären-Lithosphären-Grenze, verursacht durch
aktive Mantelausdünnung oder durch einen Mantelplume noch bevor die Extension sich auf die Kruste
auswirkt (geändert nach MORLEY, 1999)
Ein aktives bzw. Mantel-generiertes Rift ist somit gekennzeichnet durch eine aktive Mantelaufwölbung, durch die der Wärmefluss in der Kruste erhöht wird. Begleitet wird dieser Riftprozess von früh
in der Riftentwicklung einsetzendem, großflächigem und intensivem Vulkanismus. Das Ostrift weist
genau diese Charakteristika auf und ließe sich demnach als aktives Rift bezeichnen. Ein weiteres Indiz
für aktives Rifting ist z.B. eine erhöhte Temperatur im Mantel von etwa 1400°C 65 km unter dem
Keniarift, dies sind 150-200°C als in normalem passiven Regime, sowie die zeitliche Abnahme an
lithosphärischer Mantelkomponente in der mafischen Magmengeochemie.
Ein passives bzw. Lithosphären-generiertes Rift zeigt zu Beginn des Riftprozesses zunächst eine durch
Krustenausdünnung verursachte Subsidenz, Aufdomung hingegen tritt nur bei thermischen Anomalien
bzw. in späteren Entwicklungsstadien als Ergebnis des Asthenosphärenanstiegs dieses Rifts auf. Dieses Rift weist nur geringen Vulkanismus auf, der zudem oft auf die späteren Entwicklungsstufen des
Rifts beschränkt ist. Gemäß diesen Charakteristika ließe sich das Westrift also als passives Rift einstufen.
Das ORS in seiner Gesamtheit lässt sich demnach nicht auf eine dieser Bildungstheorien festlegen, so
dass beide Arme jeweils gesondert betrachtet werden müssen. Dieses Problem umgeht NYABLADE
(2002) mit seiner Theorie der Stresstransmission (siehe Abschnitt „Theorie der Stresstransmission“).
Unhabhängig von der Zuordnung des Riftsystems als aktives oder passives Rift lässt sich die akkumulierte Krustenextension auf mehr als 10 km abschätzen, dabei ist zu sagen , dass die Krustendicke laut
seismischen Studien im Rift auf rund 20 km ausdünnt während unter den Riftschultern normal dicke
Kruste existiert.
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Zur Klärung der zweiten Frage, ob der Vulkanismus den Riftprozess verursacht und antreibt oder umgekehrt, ist es notwendig, sich die komplexen Wechselwirkungen von magmatischen und tektonischen
Prozessen zu betrachten (siehe Abschnitt 1.4).
Theorie der Stresstransmission
Diese Theorie von NYABLADE (2002) basiert auf der Annahme, dass die Entwicklung des ORS durch
die präkambrische Lithosphäre unter dem Riftsystem kontrolliert wird. Einen besonderen Einfluss hat
hierbei der Tansania-Kraton, der als starrer, undeformierbarer Block angenommen wird.
Fasst man die Zeitpunkte des Einsetzens des Vulkanismus in den einzelnen vulkanischen Hauptprovinzen sowohl des westlichen als auch des östlichen Riftarmes zusammen, so stellt man fest, dass sich
im östlichen Riftarm eine deutliche laterale Entwicklung von Nord, mit den ältesten Vulkaniten in
Äthiopien, nach Süd abzeichnet. Eine derartige Entwicklung findet sich im westlichen Arm hingegen
nicht. Hier setzt der Vulkanismus über den ganzen Riftarm gesehen nahezu zur selben Zeit ein, nur die
Provinzen Toro-Ankole und Mwenga-Kamituga weisen leicht jüngere Einsatzzeiten auf.
Auffällig ist nun, dass die Einsatzzeitpunkte des Vulkanismus im westlichen Rift mit 10 bis 12 Mio. a
etwa in der Zeit liegen, als das propagierende Ostrift auf die tiefliegende bzw. unterirdische Ausdehnung des Tansania-Kratons stößt, vergleiche hierzu Abb. 3. NYABLADE (2002) erklärt diesen Zusammenhang durch die Tatsache, dass sich der Tansania-Kraton wie ein starrer Block verhält, dessen Deformationsfähigkeit im Vergleich mit der der Mobile Belts ungleich schwieriger ist. Daher ist es möglich, dass zumindest ein Teil des ost-west-orientierten Extensionstresses über die kratonale Lithosphäre übertragen wird, um im strukturell schwächeren Mobile Belt auf der westlichen Seite des Kratons
Riftstörungen zu erzeugen (Zusammenfassung in Abb. 4).
30-15 Mio. a
Südwärts propagierendes
Ostrift dringt bis nach
Nord- und Zentral-Kenia
in den Süden vor
Uganda
TansaniaKraton
12-10 Mio. a
Stresstransmission
über den Kraton
führt zur Bildung
des Westrifts
Oberflächenausstrich des
Kratons
Kenia
12-10 Mio. a
Südwärts
propagierendes
Ostrift erreicht
unterirdischen
Ausstrich des
Kratons
Tansania
Abb. 3: Zeitliche Abfolge der Einsatzzeiten des
Vulkanismus im Ostafrikanischen Riftsystem Abb. 4: Zusammenfassende Erklärung der Stresstransmission vom Ostrift über den Tansania(geändert nach NYABLADE, 2002)
Kraton zum Westrift (geändert nach Nyablade,
2002)
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1.4
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Magmatischer Einfluss auf die strukturgeologische Entwicklung
In vulkanisch aktiven Riftsystem kann die Platznahme von Magma innerhalb der sich dehnenden
Kruste einen erheblichen Einfluss auf die strukturgeologische Entwicklung des Rifts haben. Im Folgenden werden die Haupteinflussaspekte (laut MORLEY, 1999) dargelegt, da sich diese über Rückkopplungsprozesse wieder auf die magmatische Tätigkeit auswirken können.
1) Durch die Platznahme von Magma werden zusätzliche Wärme sowie überkritische, volatile Fluida in die Kruste eingebracht. Die so erwärmte, geschwächte Kruste bildet nun einen bevorzugten
Angriffspunkt für Extension, wodurch sich ein ursprünglich breites Rift stark verengen kann. Das
Endergebnis eines solchen Prozesses ist die Bildung ozeanischer Kruste.
Das Keniarift ist ein Beispiel eines solchen, durch Vulkanismus modifizierten Rifts. Während des
Paläogens und Miozäns wurde in Nord- und Zentral-Kenia ein System aus Halbgräben angelegt. Dieses wurde jedoch während des Pliozäns zugunsten eines engen (10-30 km breiten), vulkanisch aktiven
und von Kleinstörungen sowie Dykes gekennzeichneten Tales aufgegeben. Dabei besitzen die Kleinstörung keinen Kontakt zu den ursprünglichen Großstörungen des Riftgrabens mehr.
2) In Regionen des erhöhten Wärmeflusses sowie starker vulkanischer Aktivität tendieren die begrenzenden Störungen der Halbgräben dazu, flachere Winkel (30°-45°) als normal (45°-70°) auszubilden. Im Falle der Turkana-Region trifft man gehäuft Intrusionen und zugleich sehr flach einfallende
Störungssegmente an. Spielen Intrusionen eine nicht unerhebliche Rolle, so ergeben sich zwei Möglichkeiten der Kontrolle des Störungseinfallens: a) Durch den magmatischen Druck während der Intrusion sowie dem nach der Abkühlung verbleibenden Stress wird lokal ein kompressives Regime erzeugt, wodurch sich die Hauptstressrichtung von einer vertikalen in eine horizontale Richtung ändert.
b) Die Platznahme einer Intrusion kann die tiefere Kruste erwärmen und so schwächen, dass diese zu
fließen vermag. Dadurch könnte ein basaler Scherstress zwischen der fließenden und der statischen
Kruste induziert werden, wodurch die Hauptstressachse neu orientiert wird. Beide Mechanismen erzeugen also eine Neuorientierung der Stressachse, dies erlaubt Störungsbildung auch bei geringern
Winkeln als normal.
3) Magmatische Intrusionen können existierende Störungszonen unterbrechen, verschließen oder
neu orientieren. Sollten die Störungen jedoch während der Intrusion aktiv sein, besteht die Möglichkeit, dass die Störungszone erhalten bleibt. Ist die Intrusion jedoch in der Lage, die Kohäsion der Störung erheblich zu erhöhen, kann eine Reaktivierung erschwert oder unmöglich sein.
4) Magmatisches Underplating – die Bildung mafischer bis ultramafischer Körper unterhalb der eigentlichen Kruste – kann zu erhöhten Krustendicken führen und zu den Hebungsraten beitragen.
II.
Vulkanismus im Ostafrikanischen Riftsystem
Wie in den vorangegangenen Abschnitten ausführlich dargelegt wurde, ist der Vulkanismus im Ostafrikanischen Riftsystem stark mit der tektonischen Entwicklung des Rifts verbunden. Daher kann und
muss bei der Betrachtung des Vulkanismus ebenfalls zwischen dem östlichen und dem westlichen
Riftarm differenziert werden. Beide Riftarme unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Magmengeochemie,
der Einsatzzeiten des Vulkanismus sowie der extrudierten Volumina.
Aus diesen Faktoren resultiert die folgende Untergliederung der beiden Riftarmen, wobei zudem das
Äthiopische Rift und die Afar-Region gesondert vom Keniarift betrachtet werden müssen. Eine kurze
Übersicht hinsichtlich der betrachteten Bereiche gibt Tabelle 1.
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Tabelle 1: Charakteristika der einzelnen Riftsystem des Ostafrikanischen Riftkomplexes (geändert
nach MOHR, 1992)
Lokalität
Länge des Rift- Magmenvolumen
Alter (Mio. a)
5
systems (km)
Vulkanite (10 km³) Plutonite
Äthiopien-Yaman 1000
4
?
45-35, 26-20, 4-1
Kenia-Tansania
800
2.2
?
17-7, 2-1
Westrift
1200
1
?
14-?
Anmerkung: Entsprechend verschiedener Quellen ergeben sich teilweise stark voneinander
abweichende Zeitspannen für die Einsatzzeiten sowie insbesondere für die Hauptphasen des
Vulkanismus der einzelnen Regionen.
2.1
Zeitliche Einordnung und Entwicklung des Vulkanismus
Wie in Abbildung 3 deutlich zu erkennen ist, existiert im Ostrift eine klare Altersabfolge der Einsatzzeiten des Vulkanismus von Nord nach Süd. Im westlichen Rift ist eine derartige Entwicklung nicht zu
erkennen.
2.1.1
Östliches Riftsystem
Die Riftsysteme Äthiopiens und Kenias lassen sich als kontinentale Riftsysteme charakterisieren, die
bimodalen, mafisch-silizischen Vulkanismus aufweisen. Dieser Vulkanismus ist zeitlich und räumlich
eng an die tektonische Entwicklung des Rifts gebunden, wobei die Riftentwicklungsstufen wie folgt
generalisiert werden können: (1) Krustenabsenkung, (2) Halbgrabenstadium, (3) vollständiger Graben,
(4) Zergliederung des Grabenbodens. Stark magmatisch geprägte Regionen weisen während Phase (1)
voluminöse Flutbasaltaktivität auf, durch welche die Hauptaktivität des Rifts eingeleitet wird. Gespeist
wird dieser Basaltvulkanismus durch Spalten entlang und außerhalb der Verwerfungsränder des juvenilen Rifts. Nach dieser kurzen, aber sehr intensiven Periode der Flutbasalte verändert sich der Magmatismus in kontinentalen Riftsystemen charakteristischerweise hin zu Eruptionen mit relativ geringem Volumen und diverser Magmenzusammensetzung, welche oftmals intermediären bis alkalinen
Charakter besitzt (MOHR, 1992).
Äthiopisches Rift
Der Vulkanismus im südlichen Äthiopien beginnt vor etwa
45-37 Mio. a, dies sind rund 20 Mio. a bevor die erste bekannte Extension in diesem Gebiet auftritt (EBINGER,
SLEEP, 1998). Dieser initiale Vulkanismus ist im überwiegenden Maße basaltisch und durch hohe Volumina gekennzeichnet, hieraus resultieren die mächtigen Flutbasalte des
äthiopischen Plateaus. Im Laufe der weiteren Riftentwicklung verringern sich die eruptierten Volumina, wobei
die Zusammensetzung der Magmen ein deutlich größeres
Spektrum entwickelt (MOHR, 1992). So kommt es im Äthiopischen Rift neben dem Erguss von Basalten vor allem zur
Bildung von Ignimbriten und Rhyolithen.
Abb. 5: Regionale und temporale Verbreitung der Laven in
Kenia, Äthiopien und Yemen (geändert nach MOHR, 1992)
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Riftsystem im Bereich Kenias und Tansanias
Im nördlichen Bereich des Keniarifts beginnt der Vulkanismus vor etwa 35-30 Mio. a, in ZentralKenia setzt er vor ca. 15 Mio. a ein, in Tansania schließlich vor 8 Mio. a.
Im Bereich des Keniarifts ist eine dem Äthiopischen Rift sehr ähnliche Entwicklung der Magmen zu
beobachten, jedoch erfolgte statt der Eruption von Flutbasalten die initiale Eruption von Flutphonolithen (MOHR, 1992). Neben diesen kommt es im Pliozän auch zur Eruption von Fluttrachyten und
Basalten sowie zur Bildung von trachytischen Schildvulkanen, im Pleistozän schließlich setzt sich die
Eruption der Fluttrachyte und Fluttrachyphonolithe fort, es bilden sich nun sowohl trachytische als
auch basaltische Zentralvulkane (SCHLÜTER, 1997). Neben diesen Laven kommt es auch zur Eruption
von Rhyoliten, transitionalen sowie Alkali-Basalten, Karbonatiten sowie weitaus selteneren petrologischen Assoziationen wie z.B. Melilititen, Mugeariten und Ferrobasalten (SCHLÜTER, 1997).
Der Vulkanismus selbst konzentriert sich vor allem auf den Riftgraben und die angrenzenden Schultern, wobei jedoch einzelne große Vulkane wie z.B. Mt. Marsabit, Mt. Elgon oder Mt. Kenya auch
außerhalb des Grabens zu finden sind. Laut BOSWORTH 1987 (aus: SELLEY, 1997) erklärt sich die
Position dieser Vulkane durch die Transferzonen des Rifts. Werden die Trends dieser Zonen östlich
und westlich der Riftachse extrapoliert, so verlaufen sie nahezu exakt durch die heutigen Positionen
der großen Vulkane, die sich somit als ehemals im Rift gelegene Vulkane beschreiben lassen.
Das östliche Rift im Bereich Tansanias weist wie das Keniarift eine große flächige Verbreitung der
Vulkanite auf. Zu finden sind hier neben Alkali-Basalten Phonolithe und seltener NephelinitKarbonatite. Als Beispiel eines Natro-Karbonatit-Vulkans sei hier lediglich der heute noch aktive Oldoinyo Lengai genannt.
2.1.2
Westliches Riftsystem
Der Vulkanismus im westlichen Rift ist, wie zuvor erwähnt,
auf vier Hauptgebiete beschränkt. Zu diesen zählen von Nord
nach Süd die Gebiete Toro-Ankole, Süd-Kivu, Virunga und
Rungwe (siehe Abb. 6) sowie vereinzelte kleinere Gebiete,
in denen vulkanische Intrusionen möglich sind. Die resultierenden Vulkanite bilden daher räumlich relativ voneinander
isolierte Gesteinseinheiten. Des Weiteren steht ihre Entwicklung mit der des Riftgrabens in Verbindung.
Der Vulkanismus im westlichen Rift begann in der VirungaProvinz vor ca. 12 Mio. a, welche bis heute aktiv ist. In der
Kivu-Provinz setzte vor etwa 8 Mio. a eine basaltischtrachytische Vulkantätigkeit ein, die sich bis etwa in das
mittlere Pleistozän fortsetzt (LOGATCHEV et al., 1972). Ebenfalls vor 8 Mio. a beginnen die vulkanischen Aktivitäten
in der Rungwe-Provinz. 2 Mio. a später setzt der Vulkanismus in der Mwenga-Kamituga-Region ein. Lediglich die
Abb. 6: Vereinfachte Karte des Westrifts, zeigt die vier vulkanischen Hauptprovinzen Toro-Ankole (TA), Virunga (V),
Südkivu (SK) und Rungwe (R), (geändert nach
COUSSEMENT et al. 1994)
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Toro-Ankole-Provinz im Norden zeigt mit einer Einsatzzeit von vor 2-1 Mio. a ein deutlich jüngeres
Alter (EBINGER, 1989; NYABLADE, 2002) (vgl. Abb. 3). Die dort auftretenden explosiven Eruptionen
setzten sich bis vor rund 4000 Jahren fort (LOGATCHEV et al., 1972).
Zur tektonischen Entwicklung des Rifts ist zu sagen, dass der südliche Teil dieses Rifts (RukwaNyasa-Urema-Gebiet) bereits in der Kreide angelegt wurde, seine Entwicklung stand dann jedoch bis
zum Neogen bzw. Quartär still, bis ein erneuter Riftprozess neben dem südlichen Teil auch die Tanganyika-Kivu-Semliki-Albert-Zone erfasste (LOGATCHEV et al., 1972) und so den Riftkomplex in
Richtung Norden ausweitete. Laut EBINGER (1989) wurden während dieses Ausweitungsvorganges
ursprünglich isolierte Becken durch das Nord-Süd-Propagieren zahlreicher Störungen verbunden. Diese Störungssysteme scheinen dem Magmatismus ideale Wegsamkeiten zu bieten, denn es ist auffällig,
dass sich die vulkanischen Provinzen des Westrifts vorwiegend in den stark gestörten Bereichen zwischen den ursprünglichen Beckenstrukturen ausgebildet haben.
2.2
Genese der Magmen
Generell ist bezüglich der Magmengenese im ORS zu sagen, dass zahlreiche Theorien existieren. Dabei sind als bedeutendste z.B. die Magmenerzeugung durch einen Mantel-Plume (siehe Abb. 7) und
damit verbundene Hotspots sowie Prozesse der Anatexis, Schmelzbildung durch Dekompression sowie Fraktionierungsprozesse zu nennen.
Abb. 7: Schematische Schnittdarstellung im Bereich Kenias durch das östliche und das westliche Rift
(Wilson, 1997)
Wie bereits im Anschnitt 2.1.1 dargelegt, kann der initiale Vulkanismus (oft basaltisch) eines Riftsystems durch den Magmenaufstieg entlang stark gestörter Bereiche entstehen, die sich bei der Genese
des Rifts bilden. Diese Basaltlaven sind laut MOHR (1992) ein Ergebnis des Aufstiegs eines heißen
Mantel-Plumes. Sie bilden sich, wenn gleichzeitig mit dem Aufstieg des Plumes eine Dehnung der
Lithosphäre auftritt und es dadurch zu Dekompressionsschmelzbildung kommt, wodurch erhebliche
Mengen basaltischer Schmelze bereitgestellt werden können. Nach dem initial basaltischen Chemismus ändert sich jedoch die Zusammensetzung der eruptierten Laven, dies lässt sich laut MOHR (1992)
durch folgenden Entwicklungsprozess beschreiben:
Das aufsteigende Plumematerial selbst besitzt Temperaturen, die rund 100-200°C heißer sind als die
umgebende Asthenosphäre. Durch Advektions- und Konvektionsprozesse wird die aufliegende Lithosphäre entsprechend erwärmt und geschwächt. Dadurch wird der weitere Riftprozess der Kruste
erleichtert und es kommt in der Folge zu einer keilförmigen Anhebung der Asthenosphären9
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Lithosphären-Grenze (vgl. Abb. 7). Letztendlich kann dieser Prozess soweit führen, dass ein Teil der
kontinentalen Kruste in neues, geschmolzenes Material umgewandelt wird. Dabei fördern Anatexis
und Fraktionierungsprozesse eine dichtegetriebene Trennung von mafischen und silikatischen
Schmelzen innerhalb der Kruste. Die entstehende neue Kruste kann als transitional bezeichnet werden.
Die jeweiligen mafischen bis ultramafischen Rückstände und Kumulate sinken aufgrund ihrer Dichte
vereinzelt bis zur Moho zurück, wo sie durch laterale Konvektionsprozesse vom Rift weggeführt werden können. Diese Entfernung einer Komponente hat zur Folge, dass sich die Komposition der Magmen im Rift von mafischem hin zu intermediärem Charakter ändert.
2.2.1
Beispiel
Das östliche Rift, insbesondere das Keniarift, gehört zu den bestuntersuchten Riftbereichen des ORS.
Aus zahlreichen Untersuchungsprojekten resultierte z.B. die Schnittdarstellung aus Abb. 8. Sie beinhaltet die wichtigsten Aspekte der Kruste unterhalb des Rifts. So ist laut RITTER & ACHAUER (1994)
der Aufstieg von Schmelzen aus dem Mantel bis in die tiefere und obere Kruste entlang von DykeStrukturen möglich. Diese Dyke-Systeme sowie plutonische Körper und Magmenkammern entstehen
dort, wo Fraktionierungskristallisation auftritt. Die resultierenden, ultramafischen Kumulate verbleiben in der Kruste und erzeugen dort Hochgeschwindigkeitsanomalien während die leichteren Schmelzen weiter aufsteigen und Vulkanismus verursachen können, sollten sie die Oberfläche erreichen.
Abb. 8: Schnittdarstellung des Zentralen Keniarifts, gewonnen aus geophysikalischen Untersuchungen (geändert
nach RITTER, ACHAUER, 1994)
2.2.2
Magmengenese im östlichen Riftarm
Der östliche Riftarm weist neben deutlichen höheren Volumina an Vulkaniten auch größere Dehnungsraten auf. Zudem ist die Kruste unterhalb des Rifts bis auf 20 km ausgedünnt, während sich unter den Riftschultern normal dicke Kruste befindet.
Dieser Umstand verursacht einen deutlich erhöhten Wärmefluss unter dem östlichen Rift. Die dadurch
erhöhten Krustentemperaturen ermöglichen die Bildung saurer Magmen durch Krustenschmelzen sowie die Mischung eventuell entstehender partieller Schmelzen aus dem Mantel und der Kruste. Durch
diese Schmelzen ist die Kontamination aufsteigenden basischen Magmas durch Krustenmaterial möglich.
Der bimodale Magmatismus im Bereich Kenias und Äthiopiens ist eventuell Ergebnis einer Faktionierungskristallisation. Für diesen Prozess spricht die Tatsache, dass gleichzeitig eruptierte basische und
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Vulkanismus im Ostafrikanischen Riftsystem
Denise Roch
Mai 2003
saure Vulkanite oftmals in ihrer Chemie sehr ähnlich sind bzw. Endprodukte eines Ausgangsmagmas
sind.
2.2.3
Magmengenese im westlichen Riftarm
Laut einer Theorie von BAILEY (aus SCHLÜTER, 1997) könnte der Vulkanismus im westlichen Riftarm
das Ergebnis des Volatilen Fluxings sein. Dabei kommt es an tiefen lithosphärischen Störungen zum
Aufstieg von Volatilen aus dem Mantel. Die Folge dieses Aufstiegs ist eine Metasomatose in der Lithosphäre, wodurch es zur Bildung von partiellen Schmelzen kommen kann. Diese partiellen Schmelzen stellen laut BAILEY den Hauptanteil der gebildeten Vulkanite.
Abb. 9: Schematische Zusammenfassung des Prinzips des Volatilen Fluxings (geändert nach
SCHLÜTER, 1997)
2.3
Entwicklung der Magmenchemie
Im Allgemeinen kann man zu der Magmenchemie in Riftsystemen sagen, dass der Gehalt der Siliziumsättigung der Laven innerhalb der Rifts mit der Zeit zunimmt, wohingegen der Gehalt an inkompatiblen Elementen sinkt. Des Weiteren sind, unabhängig von der Entwicklungsstufe des Rifts, Laven,
die innerhalb des Rifts eruptiert werden, weniger Silizium-untersättigt als Laven außerhalb des Rifts.
Diese Beobachtungen decken sich mit der Annahme, dass der Ursprung der Magmen mit der Zeit in
immer größeren Tiefen liegt, wie es auch für Magmengenesen zutrifft, welche in upwelling-Regionen
ihre Entstehung haben (WENDLANDT, MORGAN, 1982).
Tabelle 2: Geschätzte Volumenverhältnisse mafischer und silikatischer Vulkanite (geändert nach
MOHR, 1992)
Rift
Mafisch:Silikatisch
(%)
Kenia
68 : 32
50 : 50
Äthiopien 85 : 15
Quelle
King, 1978
Williams, 1982
Mohr, 1963
Neben dem in Tabelle 2 deutlich zu erkennenden höheren Anteil an mafischen Magmen im Ostrift,
kann für das Äthiopische Rift zudem eine langzeitliche Entwicklung hin zu silikatischen Magmen
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Vulkanismus im Ostafrikanischen Riftsystem
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verzeichnet werden, deren Herkunft eventuell in anatekischen und Fraktionierungsprozessen liegt (vgl.
Abschnitt 2.2). Der resultierende Vulkanismus zeigt deutlich bimodalen Charakter (vgl. Abb. 10).
Abb. 10: Vergleich der Magmenverhältnisse im östlichen Rift (a) und im westlichen Rift (b), B - basisch, I – intermediär, A – sauer (WILSON, 1997)
Insgesamt können im Ostafrikanischen Riftsystem vier magmatische Serien unterschieden werden:
Die alkaline Serie, die ultra-alkaline Serie, die Serie der transitionalen Basalte und Rhyolite sowie die
Serie der tholeiitischen Basalte.
Zur alkalinen Serie gehören z.B. alkaline Basalte und Phonolithe, zur ultra-alkalinen Serie sind z.B.
die kenianischen Nephelinite, ugandische Phonolithe sowie Melilitite und Leucitite des westlichen
Rifts zu rechnen. Die Serie der transitionalen Basalte und Rhyolite umfasst z.B. transitionale Basalte
sowie Trachyte.
III.
Zusammenfassung
Abschließend kann gesagt werden, dass Vulkanismus im Ostafrikanischen Riftsystem stark mit der
strukturgeologischen Entwicklung des Rifts verbunden ist. Zusätzlich gibt es diverse Möglichkeiten
der Beeinflussung der Strukturgeologie durch den Magmatismus, wie z.B. Änderungen des Störungseinfallens, Inaktivierung von Störungen durch Intrusionen, magmatisches Underplating oder Beschleunigung des Riftprozesses durch erhöhten Wärmefluss oder das Einbringen von Volatilen.
Der zeitliche Bezug des Vulkanismus zum Riftprozess lässt sich vereinzelt durch Synchronität beschreiben, mehrheitlich jedoch ging der Vulkanismus dem Riftprozess voraus. Als Beispiel sei hier
das Äthiopische Rift genannt, in dem der Vulkanismus etwa 20 Mio. Jahre vor dem ersten Riftprozess
auftrat.
Insgesamt zeichnet sich eine sukzessive Entwicklung der Einsatzzeiten des Vulkanismus ab, wobei die
ältesten Eruptionen im Bereich der Afar-Region und des Äthiopischen Rifts mit Einsätzen vor 45 Mio.
a zu finden sind. Es folgt eine kontinuierliche Verjüngung der Einsatzzeiten nach Süden hin, bis vor
ca. 8 Mio. a der Vulkanismus auch im Bereich Tansanias einsetzt. Der Vulkanismus in Westrift setzt
hingegen nahezu zeitgleich vor 10-12 Mio. a, über das gesamte Rift gesehen, ein.
Mit der zeitlichen Entwicklung insbesondere des östlichen Riftsystems von der initialen Krustenabsenkung über das Halbgraben- und das Vollgrabenstadium hin zur Zergliederung des Riftbodens und
der Weitermigration des Rifts erfolgte auch eine zeitliche Entwicklung der Magmenchemie. Während
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Vulkanismus im Ostafrikanischen Riftsystem
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im initialen Stadium Basalte bzw. Flutbasalte (in Kenia Flutphonolithe) die Vulkanite dominieren,
steigt mit zunehmender Zeit die Siliziumsättigung der eruptierten Magmen, wohingegen der Gehalt an
inkompatiblen Elementen in der Regel sinkt.
Erklärt werden kann diese kontinuierliche Änderung der Geochemie durch die Genese der Magmen in
der Kruste bzw. durch aufsteigendes Material aus Mantel-Plumes. Neben der Bildung der Magmen
durch Dekompressionsvorgänge dominieren vor allem Prozesse wie Anatexis und Fraktionierungskristallisation. Durch die Entmischung der primär entstehenden Magmen bilden sich nach gewisser Zeit
auch Magmen z.B. silikatischer Chemie. Deren Volumina liegen jedoch deutlich unter denen der initialen Basalte.
IV.
Literatur
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Bildquelle 1:
http://www.whitman.edu/geology/winter/Petrology/Ch%2019%20Continental%20Alk.ppt
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