Biologie der Gefühle - Institut für Biologie Neurobiologie
Transcrição
Biologie der Gefühle - Institut für Biologie Neurobiologie
... Das emotionale Gehirn. Wie entstehen Gefühle? Dr. Bernd Grünewald Neurobiologie – Freie Universität Berlin www.ionenkanal.de 1. Was sind Gefühle? 2. Welche Gefühle gibt es? 3. Wie entstehen Gefühle im Gehirn? Warum entstehen Gefühle oder welchen biologischen Nutzen haben Gefühle? Gefühle... ! ...lösen körperliche Reaktionen aus. ! ...sind motivierend. ! ...dienen der Kommunikation. ! ...prägen unsere soziale Bindung. ! ...beeinflussen unsere bewusste kognitive Wahrnehmung. ! ...helfen Entscheidungen zu treffen. Evolution der Emotionen • Charles Darwin fundamentale Emotionen, die Ähnlichkeiten des emotionalen Ausdrucks zeigen: • am größten bei verwandten Arten, aber auch über viele Arten hinweg: Hinweis auf angeborene Ausdrucksformen für Emotionen • Unterschiedliche Evolutionsgeschichten Darwin (1872): The expression of emotions in man and animals Was sind Gefühle? „Eine Emotion ist ein intersubjektiv beobachtbares, erbliches Reaktionsmuster, das durch bestimmte Umweltgegebenheiten/Reize verlässlich ausgelöst werden kann und häufig mit körperlichen Reaktionen einhergeht.“ verändert nach Watson, 1919. William James und der Bär • Intuitiv: Reiz " Gefühl " Reaktion • James: Reiz " Reaktion " Gefühl James (1884): What is an emotion? Mind 9:188-205 Erste Zweifel Reiz Reaktion Gefühl William James (1884) – What is an Emotion? Körperreaktionen werden vom sympathischen Nervensystem vermittelt: 1. zu stereotyp 2. zu langsam Walter Cannon (1929) – Bodily changes in pain, hunger, fear and rage. Biologie der Gefühle 1. Was sind Gefühle? 2. Welche Gefühle gibt es? 3. Wie entstehen Gefühle im Gehirn? Welche Gefühle gibt es? Furcht Ekman (1973): Es gibt eine Gruppe von Basisemotionen (basic emotions), deren spezifische und gemeinsame Eigenschaften hinsichtlich ihrer Funktionen größtenteils das Resultat evolutionärer Entwicklungsprozesse sind. Überraschung Ekel Freude Traurigkeit Zeichnungen Darwins Zorn Ekman, P. (1973). Darwin and facial expression: A century of research in review Plutchik – die primären Emotionen Point of Emotional Zero = Tiefschlaf Biologie der Gefühle 1. Was sind Gefühle? 2. Welche Gefühle gibt es? 3. Wie entstehen Gefühle im Gehirn? Lokalisation Körperreaktion Amygdala Bewußtes Gefühl www.wikipedia.org Wie entstehen Gefühle im Gehirn? Franz Josef Gall (1758–1828) Welche Gehirnregionen sind beteiligt? Hypothalamus: Körperreaktionen Amygdala: Emotionszentrum aus: Dalgleish 2004 Präfrontaler Cortex: bewußte Gefühle aus: Kandel: Principles of Neural Science, 2000 Läsionen des Hypothalamus zerstören die Wutreaktionen von Katzen Bard, 1929; Cannon, 1929 Der Hypothalamus http://www.utdallas.edu/~tres/integ/hom3/homeo_3.html Neuronal: Autonomes Nervensystem Hormonell: Hypophysenhormone = Somatische Reaktion ! Blutdruck, Osmoregulation ! Körpertemperatur ! Energiemetabolismus ! Reproduktion ! Stress Der Neuronenkreis von Papez James Papez: Denkstrom (Cortex) aus: Dalgleish 2004 Gefühlsstrom (Hypothalamus) J.W. Papez (1937): A proposed mechanism of emotion. Arch. Neurol Psych 79:217 Das limbische System aus: Neuroanatomy: An Illustrated Colour Text. 1998 Die Amygdala Die Amygdala http://www.driesen.com/ Furcht: laterale Amygdala basale A. akzessorische basale A. zentraler Nukleus Ausgänge der Amygdala: zentrales Grau lateraler Hypothalamus paraventrikulärer H. Reticulopontis caudalis Der Fall S.M. Eine Patientin ohne Furcht Edvard Munch – der Schrei Der Fall S.M. Eine Patientin ohne Furcht Adolphs et al. (1995) J. Neurosci. Krankheiten, Schlaganfälle, Unfälle sind eine Möglichkeit, Gehirnstrukturen, die an der Bildung von Gefühlen beteiligt sind, zu identifizieren. Aber kann man es nicht systematischer untersuchen? Methoden zur Lokalisation von Gehirnfunktionen ! Läsionen Schnitte, lokale Schädigungen, Lobectomien ! Elektrostimulationen Tierversuche, Operationen ! Neuroimaging: PET (Positronenemmissionstomographie fMRI (funktionelle Magnetresonanztomographie) MEG (Magnetoencephalographie) Wie können wir die Aktivität des Gehirns messen? Neuroimaging fMRT - Durchblutung MEG - Magnetaktivität PET - Radioaktivität Es gibt verschiedene Methoden des Neuroimagings MRT – Magnetresonanztomographie (Kernspintomographie) Homogenes sehr starkes Magnetfeld richtet Spin von Protonen aus, Radiowellen stören („wobbling“) – Signal MEG – Magnetoenzephalographie Nervenaktivität induziert ein extrem schwaches Magnetfeld, das mit einem „Biomagnetometer„ gemessen wird. MRT Scan – Anatomie des Gehirns Magnetresonanztomgraphie Messprinzip 1. Protonen werden gleich ausgerichtet Sehr starkes Magnetfeld wird um den Kopf herum aufgebaut: 1.5 to 4 Tesla, das ist das 30.000 – 100.000 fache des Magnetfeldes der Erde. Die Protonen richten sich entlang des Magnetfeldes aus. Magnetresonanztomgraphie Messprinzip Resonanzeffekte Zuvor weisen Protonen einen ungeordneten "Spin" auf. Magnetfeld richtet Protonenspin aus. Radiofrequenzpulse bringen die Protonen aus dem Gleichtakt. Sie "wobblen" um ihre Achse. Dabei wird das Magnetfeld gestört und diese Störung wird gemessen. Kandel, Schwartz, Jessel (2000) Kernspintomographie (= MRI, MRT) MRT-Scan – Anatomie des Gehirns Kandel, Schwartz, Jessel (2000) fMRI – Prinzip: BOLD-fMRI BOLD = blood oxygen level dependent. deoxy-Hb: effizientes Dephasing - schnelle Signalabnahme oxygeniertes Hb: langsameres Dephasing - stärkeres MRI Signal Kandel, Schwartz, Jessel (2000) Aktivitätserhöhung in der Amygdala Welches der unteren Gesichter zeigt die selbe Emotion wie das obere? Aktivität der Amygdala in einer 3D Ansicht nach fMRI. NIMH Clinical Brain Disorders Branch Magnetoencephalographie - MEG - Neuronale Aktivität = Spannungsänderungen. - diese winzigen Spannungsänderungen induzieren ein winziges Magnetfeld. - Biomagnetometer können diese Magnetfelder messen. Magnetoencephalographie - MEG Der Biomagnetometer befindet sich in einem abgeschirmten Raum Die Spulen, die die Magnetfeldänderungen messen in flüssigem Helium auf –269°C heruntergekühlt. Ali R. Rezai, Alon Mogilner, Neurosurgery, NYU Medical Center MEG - Datenanalyse Gehirnaktivität beim Hören eines Tones auf beiden Ohren. 143 MEG Sensoren. Nase angedeutet nach oben. Aktivitätskarte des Gehirns. Es gibt 2 Aktivitätszentren. Aktivität eines MEG Kanals übereinander gelagert. Maximales Signal nach 97 msec. MEG Scan wird auf MRT Bild projiziert um die Aktivitätszentren exakt zu bestimmen. Gehirn von hinten. http://www.ctf.com/home.html Neuroimaging – Gefühle sichtbar machen! Die Funktion der Amygdala – S.M. reloaded Adolphs et al., Nature 433:68 (06 January 2005) aus: LeDoux 1996 Sensorischer Eingang in die Amygdala Die Funktion der Amygdala Maskierte furchtvolle Gesichter: zwei Bilder: 33ms lang ein furchterfülltes, dann 167 ms lang ein neutrales Gesicht. Die VP nehmen das furchterfüllte Gesicht nicht bewußt wahr. Dennoch reagiert die linke Amygdala mit einer erhöhten Aktivität auf die furchterfüllten Gesichter. Whalen et al. Science 2004 Die Funktion der Amygdala Die linke Amygdala reagiert mit einer höheren Aktivitätsänderung auf furchterfüllte große Augen als auf fröhliche Augen. Und der Cortex bekommt davon nichts mit... Whalen et al. Science 2004 Und die anderen Gefühle? traurig: linke Amygdala rechter Temporallappen ärgerlich: rechter orbitofrontaler Cortex anteriorer zingulärer Cortex Spielsucht The guessing task and main effect of winning. (a) Volunteers had to chose a playing card (either right or left) by pressing a button. If the color of this card was red, they won 1.00; otherwise they lost 1.00. (b) Predetermined course of wins and losses. (c,d) Activation of the ventral striatum in the controls (c) and pathological gamblers (d) is superimposed on an averaged T1-weighted magnetic resonance image at a threshold of P < 0.001. Reuter et al. Nature Neurosci 9. Jan. 2005 Schimpfen ? Rechte Hirnhemisphäre: erhöhte Aktivität bei ärgerlicher Sprache im Vergleich zu neutraler Anrede im auditorischen Cortex (superiorer temporaler Sulcus). BOLD-Signale sind erhöht beim Schimpfen (rechtes oder linkes Ohr). Nur menschliches Schimpfen hilft! Synthetische Geräusche sind wirkungslos. Grandjean et al. The voices of wrath: brain responses to angry prosody in meaningless speech. Nature Neurosci 23. Jan. 2005 Gefühl = Emotion ? Reaktion Reiz / Erfahrung Emotionaler Zustand Gefühl LeDoux, 1996 Der präfrontale Cortex und das Gefühl Funktionen des PFC: ! Emotionales Gedächtnis ! Extinktion ! Körperfeedback ! Zielgerichtetes Handeln ! Affektkontrolle H. Damasio et al. Science 1994 Gehirn und Emotionen E.T. Rolls: Ann Rev Neurosci 2000 Das bewußte Gefühlserlebnis Bewußte emotionale Ereignisse benötigen: ! spezialisiertes Emotionssystem (Amygdala) ! körperliche Reaktion (Hypothalamus, autonomes NS) ! kortikales Puffersystem (präfrontaler Cortex) ! Gedächtnis (Amygdala, Hippokampus, Cortex) Das bewußte Gefühlserlebnis Amygdala – Cortex: Arbeitsgedächtnis Aufmerksamkeit (S.M.'s Problem?) Wahrnehmung Amygdala – Hippokampus: Langzeitgedächtnis Amygdala -..- Autonomes NS: somatische Reaktion Körpersignale – Cortex: Muskeln: Mimik, Gestik Emotionale Markierung Veränderung der Wahrnehmung LeDoux, 1996 William James und der Bär • Warum rennen wir vor einem Bären weg?