Freiheitsbote Nr. 30

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Freiheitsbote Nr. 30
Nr. 30
Foto: Rainer Wollenschneider
Freiheitsbote
Rastatter
Juli 2013
Liebe Vereinsmitglieder, liebe Freunde des Fördervereins,
Sie werden es bemerkt haben, die dreißigste Ausgabe des Rastatter Freiheitsboten erscheint äußerlich verändert. Nach vielen kleinen Veränderungen
in den letzten Jahren im Inneren zugunsten von
Lesbarkeit und Attraktivität haben wir nun mit der
Titelseite einen zeitgemäßen Blickfang geschaffen.
Wir hoffen, damit auch bei Ihnen Zustimmung zu
finden. Seine Aufgaben wird der Bote aus Rastatt
selbstverständlich nach wie vor beibehalten. Er informiert Sie über das Geschehen vor Ort und wir
rechnen weiter mit Ihrer Unterstützung für die Erinnerungsstätte in Rastatt.
Unsere Carl-Schurz-Vorlesung am 23. Juli, die wir
gemeinsam mit dem Bundesarchiv und der Stadt
Rastatt durchführen, hat sich als attraktive Veranstaltung etabliert. Wir freuen uns, dass diesmal Generalbundesanwalt Harald Range unser Gastredner
sein wird. Über die Veranstaltung informieren wir
Sie ausführlich im nächsten Freiheitsboten.
Über eine Personalie dürfen wir uns freuen: Frau
Dr. Elisabeth Thalhofer steht inzwischen wieder
ausschließlich für die Erinnerungsstätte zur Ver-
fügung. Damit wurden auch unsere Bemühungen
für einen Einsatz mit „voller Kraft“ in Rastatt bestätigt.
Bei den Vorstandswahlen im April wurde Frau Dr.
Irmgard Stamm als Nachfolgerin für den aus Altersgründen ausscheidenden Herrn Schiwek, dem
wir herzlich für sein Engagement danken, neu gewählt. Alle anderen Vorstandsmitglieder wurden
bestätigt, für das Vertrauen danken wir Ihnen recht
herzlich. Wir werden weiterhin der satzungsgemäßen Aufgabe gerecht, indem wir uns bei fast allen
Veranstaltungen im „Freiheitsmuseum“ aktiv einbringen.
In diesem Sinne werden wir weiter an die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte erinnern
– auch als Beitrag für die aktuellen politischen
Diskussionen.
Gunter Kaufmann, Prof. i.R.,
Vorsitzender des Fördervereins
Dr. Clemens Rehm,
ehrenamtlicher Geschäftsführer
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Roland Jahn in der Erinnerungsstätte
Zwischen Anpassung und Widerspruch in der DDR
Im vollbesetzten Ahnensaal des Rastatter Residenzschlosses begrüßte der Präsident des Bundesarchivs, Dr. Michael Hollmann, den Bundesbeauftragten
Foto: Rainer Wollenschneider
für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn.
Groß war am 17. April der Andrang im Ahnensaal der Barockresidenz beim Vortrag des „Bundesbeauftragten für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR“ (BStU), der titulierten „Gauck-Behörde“, Roland Jahn. Er machte deutlich: „Mein
Beispiel steht für viele in der DDR, die Ähnliches erlebt haben.“
An der Stelle des kurzfristig verhinderten Oberbürgermeisters Hans
Jürgen Pütsch, sorgte der Präsident des Bundesarchivs, Dr. Michael
Hollmann, für die Begrüßung. Er wies auf die ständige Zusammenarbeit mit der BStU und seiner Dienststelle hin. Außerdem müsse
man wohl zwischendurch in Rastatt gewesen sein, um Bundespräsident zu werden, was hinterher auch vom ehemaligen Jenaer Bürgerrechtler Roland Jahn scherzhaft bekräftigt wurde. Dieser staunte
nicht schlecht, als Elisabeth Thalhofer ihm in der Dauerausstellung
zu den DDR-Freiheitsbewegungen in Rastatt einen Brief präsentierte, den er 1982 aus der Haft als Protest an Erich Honecker geschrieben hatte. Dazu Jahn: „Der gute Ruf der Rastatter Erinnerungsstätte, mit einer Einrichtung von republikweiter Bedeutung, ist bis
Berlin vorgedrungen.“ Die Dokumentationen passen zum authentischen Ort, zum Beispiel während der badischen Revolution von
1849. Jahn weiter: „Rastatt mit der Erinnerungsstätte ist eine Lernstätte der Demokratie.“
Was dann von Roland Jahn folgte, war ein autobiografischer Rückblick auf sein Leben in der DDR. Man frage sich heute: Warum
konnte eine solche Diktatur so lange funktionieren? Im Leben zwischen der Anpassung und dem unterdrückten Widerspruch läge Antwort. Jahn berichtete von seinen persönlichen Erlebnissen während
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der Studienzeit. Zunächst: „Ich machte mir keine Gedanken und
marschierte mit.“ Gerade mit Rücksicht auf seine Familie ließ er
sich im Automatismus des Regimes fangen.
„Das System der Angst hat funktioniert“, betonte Roland Jahn, der
dann keine faulen Kompromisse mehr eingehen wollte, als sein
Freund Matthias Domaschk in der Haft der Staatssicherheit ums
Leben kam. Zudem wäre sein Vater nun Rentner gewesen, was die
In der Dauerausstellung wird der Protestbrief gezeigt, den Roland Jahn
1982 aus der Stasi-Haft an Erich Honecker schrieb (siehe Freiheitskolumne).
Foto: Rainer Wollenschneider
zu erwartenden Repressalien bei Protesten beträfe. In Folge seiner Solidaritätsbekundung mit der polnischen
Freiheitsbewegung – er befestigte an
seinem Fahrrad eine polnische Fahne
mit der Aufschrift „Solidarnośź“ – wurde Roland Jahn verhaftet. Nach monatelanger Einzelhaft und Repressalien
gegen den Vater folgte durch Druck aus
dem Westen die Ausbürgerung aus der
DDR.
Roland Jahn fügte dann an, dass er bei
den Tätern in der DDR das Bekenntnis
zur Biografie vermisse. Dabei sorgten
die 111 Kilometer langen Aktenstraßen
der BStU in Berlin für Transparenz und
Aufklärung. Exemplarisch könne ein
Überwachungs- und Unterdrückungsstaat vor Augen geführt werden. Dabei
sind die ermittelten Täter auch Teil des
Rechtsstaates und müssten so trotz allen Unrechts behandelt werden. Aktuell
sind es Vertreter arabischer Umbruchstaaten, die sich in Berlin bei der BStU
über das Vorgehen erkundigen würden.
Im März 1983 nimmt Roland Jahn als Mitglied der Friedensgemeinschaft Jena mit eigenem Plakat an
einer offiziellen Kundgebung teil. Die Staatssicherheit schreitet brutal ein und zerreißt die Transparente.
Im Anschluss an den Vortrag leitete der Vorsitzende des Fördervereins, Gunter Kaufmann, eine Fragerunde. Deutlich wurde dabei,
nur, wenn man eine Diktatur wie die in der DDR begreifen kann,
Foto: Robert-Havemann-Gesellschaft, MDA Fo 11515a, Stephan Zigan
ist eine echte Demokratie zu gestalten. Roland Jahn ist ein überzeugter und engagierter Kämpfer dafür.
Rainer Wollenschneider
Aus dem Inhalt
Roland Jahn in der Erinnerungsstätte . . . . . . . . . . . . . . . .
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Sonderausstellung
„Besondere Bemühungen –
Schlaglichter auf die deutsch-deutschen
Beziehungen 1952 – 1972“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Herbert Fraß ausgezeichnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Bericht von der Jahreshauptversammlung . . . . . . . . .
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Klaus Schiwek scheidet aus dem Vorstand aus . . . .
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Nachruf – Erwin Dürrschnabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Demokratie stärken –
Rechtsextremismus bekämpfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Eine Demokratie braucht starke Demokraten . . . . .
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Carl Schurz reloaded . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Jahresausflug am 19. Oktober 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Landesminister Peter Friedrich
besucht die Erinnerungsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Dr. Wolfgang Gerhardt
zu Gast in der Erinnerungsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Schlosserlebnistag 2013 –
mit Hilfe des Fördervereins ein voller Erfolg! . . . . . . 12
„Wir wollen freie Menschen sein!“
Ausstellung zum 17. Juni 1953 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
165 Jahre Provisorische Zentralgewalt . . . . . . . . . . . . . . . 14
Freiheitskolumne
Bewirken Sie meine Freilassung! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Dr. Michael Hollmann, Dr. Elisabeth Thalhofer, Roland Jahn und
Foto: Rainer Wollenschneider
Gunter Kaufmann.
Terminhinweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
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Sonderausstellung „Besondere Bemühungen –
Schlaglichter auf die deutsch-deutschen Beziehungen 1952 – 1972“
Elke-Ursel Hammer im Gespräch mit Barbara und Wolfgang Lange (v.l.n.r.).
Vom 14. März bis zum 30. April wurde in der Erinnerungsstätte
die Sonderausstellung „Besondere Bemühungen – Schlaglichter
auf die deutsch-deutschen Beziehungen 1952 – 1972“ gezeigt. Die
beiden Jahrzehnte waren davon gekennzeichnet, dass es im Miteinander der beiden deutschen Staaten keine Normalität gab: Es
bestanden keine amtlichen Beziehungen, es gab keine politische
Arbeitsebene. Die Tagesordnung war bestimmt durch „besondere
Bemühungen“, die eben der „besonderen“ staatlichen Konstellation
geschuldet waren.
Anlässlich der Eröffnung der Sonderausstellung beleuchtete Dr.
Elke-Ursel Hammer aus dem Bundesarchiv in Koblenz einen Aspekt dieser „besonderen Bemühungen“, über den immer noch wenig bekannt ist: der Freikauf von Gefangenen, die aus politischen
Gründen in DDR-Gefängnissen saßen. Für den Band „Besondere
Bemühungen“ in der Editionsreihe „Dokumente zur Deutschlandpolitik“ befasste sie sich intensiv mit den Themen Häftlingsfreikauf, Familienzusammenführung und Agentenaustausch zwischen
1962 und 1969. In dem Sonderband sind über 400 bislang geheimgehaltene Dokumente zusammengetragen, die meisten stammen
aus dem Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen.
Im Ausstellungsteil zu den Freiheitsbewegungen in der DDR werden mehrere Schicksale freigekaufter Häftlinge geschildert. Doch
wie kam es zu ihrer Freilassung? Wer waren die Akteure, die diese
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Foto: Rainer Wollenschneider
bewirkten? Um dies zu erfahren, muss man zurückblicken ins Jahr
1963. Der Mauerbau liegt erst zwei Jahre zurück. Es gibt keine offiziellen Verbindungen zwischen den beiden deutschen Staaten; die
Bundesrepublik erkennt die DDR nicht an. Trotzdem gelingt es
damals, acht Häftlinge für eine Summe von 320.000 D-Mark freizukaufen. Diese acht Menschen bildeten nur den Anfang: Bis zum
Jahr 1989 wuchs die Zahl der freigekauften Häftlinge auf 33.750,
hinzu kamen rund 250.000 Familienzusammenführungen sowie
2.000 Kinder, die zu ihren Eltern in den Westen übersiedeln durften.
Als Gegenleistung lieferte die Bundesrepublik Waren im Wert von
3,5 Milliarden D-Mark.
Von der ersten Stunde an beteiligt war Ludwig Rehlinger, damals
Ministerialbeamter im Bundesministerium für gesamtdeutsche
Fragen. Bei der ersten Freikaufsaktion gehörte zu seinen Aufgaben,
die acht Häftlinge auszusuchen, die im Westen in die Freiheit entlassen werden sollten. „Es war das schrecklichste Geschäft meines
Lebens“, sagte er Jahrzehnte später in einem Interview. „Ich habe
versucht, jeden Kontakt mit den Freigelassenen zu vermeiden,
denn ich wollte mich nicht seelisch belasten. Mir war ja klar, dass
ich gleichzeitig vielen anderen nicht helfen konnte.“
„Das war schon ein deutsch-deutscher Krimi, der sich da abspielte“,
resümierte auch Hammer in ihrem Vortrag und berichtete von Bussen, die in James-Bond-Manier für den Häftlingstransfer in die Bun-
Im Anschluss an den Vortrag erläuterte Gisela Müller aus dem Bundesarchiv in Koblenz die Sonderausstellung „Besondere Bemühungen“, die aus
Foto: Rainer Wollenschneider
ihrer Feder stammte.
desrepublik mit Drehnummernschildern ausgerüstet waren. Das
meiste spielte sich im Schutz der Dunkelheit ab und nur wenige
waren in die Austausche eingeweiht. Nach Elke-Ursel Hammer
handelte es sich durchaus um einen „Menschenhandel“, weswegen
beide Seiten höchste Geheimhaltung wahrten.
Selbst der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte kaum Einblick
in die Transfers, die man als Kulturzuwendungen tarnte. Aus der
Kenntnis der Quellenlage heraus, schilderte die Referentin das Hinund-Her-Gehandle, bei dem die DDR nicht nur politische sondern
auch kriminelle Gefangene bzw. Spione in die Bundesrepublik
schickte. „Wir wurden erpressbar“, schilderte Dr. Hammer, denn
die DDR schraubte den Erlös pro Häftling ständig höher. „Letztendlich hat die finanzielle Spritze zur Stützung der maroden DDR-
Wirtschaft beigetragen und der Häftlingsfreikauf war bis 1989 ein
dauerhafter Ausnahmezustand und solides Dauergeschäft“, stellte
Elke-Ursel Hammer fest.
Barbara und Wolfgang Lange, die aus Baden-Baden zu dem Vortrag
gekommen waren, bestätigten und ergänzten ihren Bericht. Beide
waren Mitte der achtziger Jahre freigekauft worden. Sie hatten ihre
Originalausweise mitgebracht und schilderten den Ablauf beim
Transfer von Freigekauften. Das Thema war auf so viel Interesse
gestoßen, dass der Vortragssaal der Erinnerungsstätte dem Andrang
der Besucherinnen und Besucher kaum gewachsen war. Und so
kam es auch hinterher beim vom „Förderverein Erinnerungsstätte“
arrangierten Empfang zu einem lebhaften Austausch über das Gehörte – und selbst Erfahrene.
Elisabeth Thalhofer und Rainer Wollenschneider
Herbert Fraß mit Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet
Der seinerzeitige Staatssekretär im Kultusministerium und heutige
Oberbürgermeister von Karlsruhe Dr. Frank Mentrup zeichnete im
Januar Herbert Fraß mit dem Bundesverdienstkreuz aus. Herbert
Fraß, der auch 20 Jahre dem Rastatter Stadtrat angehörte, wurde für
sein vielfältiges ehrenamtliches Engagement in zahlreichen Rastatter Vereinen geehrt. Dazu zählt auch die Mitgliedschaft im Förderverein der Erinnerungsstätte, dem er seit seiner Gründung im Jahre
1995 angehört. Gunter Kaufmann betonte in seiner Würdigung anlässlich des Ehrungsabends vor den zahlreichen Gästen in der Badner-Halle, dass Fraß nicht nur Gründungsmitglied sei, sondern zunächst als Schatzmeister und derzeit als 2.Vorsitzender immer aktiv
im Vorstand mitgearbeitet habe. Er gehöre zu den Menschen, die es
als eine Selbstverständlichkeit ansehen, ihre Fähigkeiten auch in den
Dienst der Gemeinschaft zu stellen. Mit einem Buchgeschenk bedankten sich Frau Dr. Thalhofer und Herr Kaufmann bei Herrn Fraß,
verbunden mit dem Wunsch auf eine weitere gute Zusammenarbeit.
Gunter Kaufmann und Elisabeth Thalhofer gratulierten Herrn und Frau
Foto: Miriam Fischer, Stadt Rastatt
Fraß (Mitte) zu der besonderen Ehrung.
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Bericht von der Jahreshauptversammlung
Neuwahl des Vorstandes
Der neue Vorstand des Fördervereins (v.l.n.r.): Dr. Irmgard Stamm,
Dr. Elisabeth Thalhofer, Dr. Clemens Rehm, Herbert Fraß, Martina
Schinke, Rainer Wollenschneider, Dr. Dietmar Greiser, Maik Pippig
und Gunter Kaufmann. Auf dem Bild fehlen: Judith Benke und Prof.
Foto: Bundesarchiv, Alexander Danner
Dr. Wolfgang Hochbruck.
Am 24. April fand die diesjährige Mitgliederversammlung des
Fördervereins der Erinnerungsstätte mit Neuwahl der Vorstandsmitglieder statt.
Gleich zu Beginn der Versammlung gedachten die anwesenden
Mitglieder ihres im Januar verstorbenen langjährigen Vorstandsmitgliedes Erwin Dürrschnabel.
Geschäftsführer Dr. Clemens Rehm zog für die Arbeit des Vereins
eine durchweg positive Bilanz. Die Zahl der Mitglieder konnte nicht
nur stabilisiert, sondern sogar leicht erhöht werden – 259 Freunde
und Förderer zählte der Verein der Erinnerungsstätte zum Zeitpunkt
der Jahreshauptversammlung. Höhepunkte des Vereinslebens im
vergangenen Geschäftsjahr waren die traditionelle Carl-SchurzLesung mit Prof. Dr. Rudolf Geiger am 23. Juli, der Jahresausflug
des Fördervereins in die Pfalz und der Besuch des Bundespräsidenten in der Erinnerungsstätte am 18. Oktober.
Erfreulich auch: Der Verein konnte im Geschäftsjahr 2012 kostendeckend arbeiten und bei den Druckkosten für die Vereinszeitschrift
„Freiheitsbote“ sogar einsparen.
Bei der sich anschließenden Neuwahl des Vorstandes wurden Gunter Kaufmann als Vorsitzender und Herbert Fraß als sein Stellvertreter im Amt bestätigt. Judith Benke (Beisitzerin), Martina Schinke
(Schriftführerin), Dr. Dietmar Greiser (Beisitzer), Prof. Dr. Wolfgang Hochbruck (Beisitzer), Maik Pippig (Schatzmeister) sowie
Rainer Wollenschneider (Beisitzer) wurden einstimmig wieder in
den Vorstand gewählt. Für Klaus Schiwek, der nicht mehr für den
Vorstand kandidierte, rückte Dr. Irmgard Stamm (Beisitzerin) nach.
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Clemens Rehm stellte den Flyer über Gustav Heinemann und die ErinFoto: Bundesarchiv, Alexander Danner
nerungsstätte vor.
Dr. Clemens Rehm als ehrenamtlicher Geschäftsführer und Axel
Wafzig als Kassenprüfer wurden ebenfalls in ihren Ämtern bestätigt.
Für eine Überraschung sorgte die Leiterin der Erinnerungsstätte,
Dr. Elisabeth Thalhofer, in ihrem Bericht. Ab 1. Mai 2013 leitet sie
das „Freiheitsmuseum“ wieder in Vollzeit. „Lebens- und Arbeitsmittelpunkt befinden sich nun wieder im Einklang“, gab sie ihrer
Freude darüber Ausdruck.
Nach der Mitgliederversammlung stellte Vorstandsmitglied Wolfgang Hochbruck zusammen mit Aynur Erdogan die vom Förderverein mitfinanzierte Broschüre „Carl Schurz“ vor, die in der Erinnerungsstätte erworben werden kann.
Martina Schinke
Klaus Schiwek
scheidet aus dem Vorstand des Fördervereins aus
Foto: Bundesarchiv, Alexander Danner
Er war einer der maßgeblichen Personen zusammen mit Christof
Müller-Wirth, was die Gründung des „Fördervereins Erinnerungsstätte“ betrifft. Nun verließ Klaus Schiwek nach vielen Jahren den
Vorstand, der seine Erfahrung und seinen Rat zu schätzen gelernt
hatte. Schiwek fungierte zehn Jahre als Schriftführer, war Beisitzer
und wirkte fruchtbar auch nach außen.
Der gelernte Diplom-Verwaltungswirt hatte bei der Stadt Rastatt
verschiedene Ämter inne und war zehn Jahre Pressesprecher von
Oberbürgermeister Rothenbiller. Wichtig, sein Wirken als Leiter
des Amtes für Wirtschaftsförderung und Fremdenverkehr. Dabei
kam es auch zur Einrichtung eines Rastatter „Carl-Schurz-Hauses“
an der Kaiserstraße. Insgesamt wirkte Klaus Schiwek 38 Jahre bei
der Stadt Rastatt und konnte seine wertvollen Erfahrungen in die
Arbeit des „Fördervereins Erinnerungsstätte“ mit einbringen.
Weiterhin will Klaus Schiwek nun das Geschehen in der „Erinnerungsstätte“ konstruktiv verfolgen, wie auch das der Stadt Rastatt
und des Historischen Vereins.
Klaus Schiwek (Mitte) bleibt der Erinnerungsstätte verbunden.
Nachruf
Dürrschnabel
Im Alter von 83 Jahren
verstarb am 28. Januar
Erwin Dürrschnabel aus
Bietigheim. Er gehörte zu
den Gründungsmitgliedern des Fördervereins
und war viele Jahre im
Vorstand aktiv.
Foto: privat
Förderverein trauert um Erwin
Der leitendende Regierungsbaudirektor bei der
Oberfinanzdirektion war
in den 1990er Jahren
maßgeblich an der konzeptionellen Neugestaltung der Ausstellung zu
den Freiheitsbewegungen
im 19. Jahrhundert beteiligt. Der Freiheitsbaum
im Innenhof der Erinnerungsstätte entstand auf
seine Initiative.
Bei der Jahreshauptversammlung gedachten die anwesenden Mitglieder
ihres langjährigen Mitstreiters.
Unverzichtbar war Erwin Dürrschnabels fachlicher
Rat etwa bei der Aufstellung eines Stückes Berliner Mauer in der Dauerausstellung im Jahre 2001. Foto: Bundesarchiv
Erwin Dürrschnabel engagierte sich als Bietigheimer Gemeinderat und
Mitglied des Kreistages viele Jahre ehrenamtlich in der Kommunalpolitik.
1992 wurde er ob seiner Verdienste mit der Ehrenmedaille des Gemeindetages gewürdigt. 1995 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Der Förderverein wird ihm ein ehrendes Angedenken bewahren.
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Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen
Ausstellung der Friedrich-Ebert-Stiftung in der Erinnerungsstätte
Türkan Karakurt von der Friedrich-Ebert-Stiftung, Ellen Esen und Elisabeth Thalhofer (v.l.n.r.).
Foto: Rainer Wollenschneider
„Es gibt in Baden-Württemberg ein rechtsextremes Netzwerk, das
aus Parteien, Kameradschaften, Cliquen besteht“, schloss die Karlsruher Politikwissenschaftlerin Ellen Esen ihren fast zweistündigen
Vortrag, anlässlich der Eröffnung der Sonderausstellung „Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen“ am 7. Mai. Die
Präsentation mit 15 informativen, grafisch gestalteten Tafeln, die
vom 6. bis 26. Mai in der Erinnerungsstätte gezeigt wurde, war
dem Fritz-Erler-Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung zu verdanken.
Für diese sprach Türkan Karakurt, man wolle sich gegen die Verharmlosung rechter Aktivitäten wenden und schätze 2.700 rechte
Aktivisten allein in Baden-Württemberg. Dabei soll der Forderung
der Rechten, die parlamentarische Demokratie abzuschaffen, entgegengetreten werden. Die Leiterin der „Erinnerungsstätte“, Elisabeth Thalhofer, verwies durch den laufenden NSU-Prozess auf die
traurige Aktualität und Brisanz des angegangenen Themas. Die
Aufgabe der „Erinnerungsstätte“ als „Lernort der Demokratie“ sei
auch, auf deren Gefährdung hinzuweisen und diese durch Aufklärung zu schützen.
Als engagierte, kompetente und furchtlose Streiterin gegen rechtsextreme Aktivitäten präsentierte sich Ellen Esen, die umfassend auf
Kameradschaften, Skinheads, Autonome Nationalisten und den
rechten Lifestyle hinwies, welche durch „Braune Verbindungen“,
Internet-Netzwerke, miteinander verbunden sind. Dabei wurde mit
dem Klischee aufgeräumt, Rechte hätten typische Erscheinungsformen, wie Glatzen und Springerstiefel. Buttons an den Mützen
würden als Identifikation bei Aufmärschen genügen.
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Eine mutige Streiterin gegen Rechtsextreme: Ellen Esen betreut auch
Foto: Rainer Wollenschneider
Aussteiger aus der Szene.
Neben den Aktivitäten von Gruppen in Baden-Württemberg, nahm
Ellen Esen gerade die Region Rastatt ins Visier. Hier seien die Rastatter und die Karlsruher Kameradschaft überregional vernetzt. „Die
Rastatter und Karlsruher Kameradschaft sind in ihren Aktivitäten
nicht weit auseinander“, merkte Ellen Esen an. Hier würden nationalsozialistische Traditionen fortgesetzt. Optisch seien die „Rechten
2013“ oft „Leute, wie du und ich“, fügte die Referentin an. Im Vordergrund stünde die „Volksgemeinschaftsideologie“ und die titulierte „BRD“ werde als Unrechtsstaat verunglimpft.
hätten. Unter der Überschrift: „Braune Verbindungen: Vereint über
soziale Netzwerke“ wurden auch mit Augenstreifen Personen mit
lokalem Bezug gezeigt. „Auf öffentlichen Druck“ hätte ein Rastatter
Anwalt die rechts-belastete Nicole Schneiders aus seiner Kanzlei
entlassen. Warum sich das Ausschlussverfahren verzögere, könne
Ellen Esen nicht verstehen. Was den NSU-Prozess beträfe, so müsse
auch in Baden-Württemberg ein Untersuchungsausschuss eingerichtet werden, um die letzten 20 Jahre rechte Szene aufzuarbeiten, gerade, was die Unterstützer betrifft.
Was den Wahlkreis 32 „Rastatt“ beträfe, so lägen nach Esen rechte
Hochburgen auf niederem Niveau vor. Dabei seien Rheinmünster,
Lichtenau, Hügelsheim, Forbach, Iffezheim, Loffenau und Ötigheim Orte bei der Wahl 2011 gewesen, die rechte Sympathisanten
An den Vortrag schloss sich eine Fragerunde an, die wertvolle Ergänzungen lieferte. Als positive Initiative wurde das „Bündnis Rastatt/Murgtal gegen Faschismus und Rassismus“ von Esen empfohlen.
Rainer Wollenschneider
Eine Demokratie braucht starke Demokraten –
Stephan Braun berichtet über neue Strategien der extremen Rechten
„Eine Demokratie braucht starke Demokraten“, mahnte der ehemalige Landtagsabgeordnete Stephan Braun
in seinem Vortrag über „Neue Strategien der extremen
Rechten“ in der Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte am 16. Mai.
Kreisrat Jan Ernest Rassek rief die Zuhörerinnen und
Zuhörer in seinem Grußwort dazu auf, wachsam zu
sein und Neonazis entschieden entgegen zu treten.
„Rechtes Gedankengut ist auf dem Vormarsch“, sagte
Braun, „man findet rechtsextreme Vorstellungen in allen sozialen Schichten, Altersgruppen und politischen
Strömungen.“ Braun, dem schon mehrfach Morddrohungen aus der rechten Szene entgegengebracht wurden, überraschte die Zuhörerinnen und Zuhörer mit
Beispielen aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen, mit Musikeinspielungen und Videoausschnitten.
Deutlich wurde: Das Themenspektrum der Rechten
hat sich in den letzten Jahren enorm erweitert. Es
reicht vom antiislamischen Rechtspopulismus bis zur
rechtsextremen Esoterik, die durch „neue germanische
Medizin“ Anhänger gewinnen will; es umfasst die
„braune Ökobewegung“, bei der Rechtsextreme versuchen, Umweltthemen aufzugreifen („Umweltschutz
ist Heimatschutz“), ebenso wie die Besetzung sozialpolitischer Themenfelder, mit der Protestwähler gewonnen werden sollen.
Nicht zufällig, so Stephan Braun, fordere die NPD als
Mindestlohn 8,80 Euro – in rechtsextremen Kreisen
wird die Zahl „88“ als Code verwendet: die 8 steht für
den achten Buchstaben im Alphabet, und die 88 markiert als „HH“ den Gruß „Heil Hitler“.
Bedenklich sei zudem, dass die „Generation Hoyerswerda“ immer gewaltbereiter werde und ein Übergang
vom Rechtsextremismus zum Rechtsterrorismus zu
bemerken sei. „Wir müssen die Bildungsarbeit stärken
und Programme gegen Rechtsextremismus verstetigen“
appellierte Braun am Ende seiner Ausführungen.
Wachsam sein, aufklären und die Grundlagen unseres Menschenbildes und Demokratieverständnisses deutlich machen – dazu rief
auch Gunter Kaufmann als Vorsitzender des Fördervereins der Erinnerungsstätte auf, der im Anschluss an die Veranstaltung zu einem kleinen Empfang lud.
Elisabeth Thalhofer
Der Vorsitzende des Fördervereins, Gunter Kaufmann, überreicht seinem ehemaligen Landtagskollegen eine Flasche „Tyrannenblut“, rechts
die Leiterin der Erinnerungsstätte, Elisabeth Thalhofer.
Foto: Bundesarchiv, Alexander Danner
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Carl Schurz reloaded
Förderverein stellt neue Broschüre über den Freiheitskämpfer vor
“Jetzt krachten die Kanonen, deren Knall sich an den verschiedenen
größeren Gebäuden und Gassenbiegungen in der Stadt auf das Sonderbarste im Widerhall brach, wieder nach Herzenslust, aber ich
vermisste das maliziöse Schnurren der Granaten, die in der vorigen
Nacht in meiner nächsten Umgebung reichlich geplatzt waren, ja,
in dem Dach meines Hauses schlechte Wirtschaft gemacht hatten.”
setzung des Nachrufs von Mark Twain sowie zwei Texte von Schurz
komplettieren diesen außergewöhnlichen Band.
Aynur Erdogan und Wolfgang Hochbruck
So beschreibt Carl Schurz seine letzten Tage in Rastatt in einem
Zeitungsartikel, der ein Jahr nach der Kapitulation der Festung in
der Neuen Bonner Zeitung erschien. Als 19-jähriger Philologiestudent hatte sich Schurz zum Studentenführer entwickelt und
wurde als Delegierter im September 1848 zum zweiten Eisenacher
Studentenkongress geschickt. Die Erfahrungen, die er aus der Revolutionsphase mitnahm, sollten ihn sein gesamtes Leben begleiten.
1849 nur knapp aus der Rastatter Festung geflohen, lebte er in Zürich, Paris und London, bevor er sich in den Vereinigten Staaten
niederließ.
Schurz wurde der bekannteste Vertreter der deutschen Einwanderergruppe in den Vereinigten Staaten. Er war Revolutionär, Wahlkämpfer, Diplomat, General, Zeitungsredakteur, Politiker, zeitweise
Senator sowie Innenminister der USA und ein geachteter wie gefürchteter politischer Kolumnist, aber auch Ehemann und Vater von
fünf Kindern. In Deutschland erinnerten für Jahrzehnte hauptsächlich Straßen und Schulen an den großen Deutsch-Amerikaner, aber
es gibt Anzeichen einer Wiederbelebung: Mark Twain hat er in politischen Fragen als Lotse gedient und auch heute kann Carl Schurz
mit seinen Überzeugungen und Zielen inspirieren.
Die Broschüre, die in Kooperation zwischen dem Förderverein und
dem Carl-Schurz-Haus in Freiburg entstanden ist, gewährt neue
Einblicke für interessierte Laien wie für Spezialisten: Zahlreiche
noch nie erschienene Fotos der Familie Schurz, eine deutsche Über-
Wolfgang Hochbruck, Aynur Erdogan und Gunter Kaufmann (v.l.n.r.)
Foto: Bundesarchiv, Alexander Danner
nach der Vorstellung der Broschüre.
Hambacher Schloss / Neustadt
Jahresausflug am 19. Oktober 2013
Unser diesjähriger Ausflug wird uns am 19. Oktober zum Hambacher Schloss führen, von dem mit seinem Freiheitsfest im Mai
1832 ein wichtiges Signal für die Freiheitsbewegung in Deutschland ausging. Der damals von den Rednern beschworene europäische Gedanke ist bis heute aktuell.
Nach den in den letzten Jahren durchgeführten Renovierungen im
Schloss und um das Schloss herum, erstrahlt dieser Ort in neuem
Glanz. Vorgesehen sind – bei genügend Anmeldungen – zwei verschiedene Führungen, eine inszenierte und eine „klassische“. Nach
dem Mittagessen mit Blick vom Schlossberg in die Rheinebene
steht eine Besichtigung von Neustadt a.d.W. auf dem Programm,
einer Stadt mit wechselvollem Schicksal und einer gemütlichen
Altstadt. Da Neustadt auch als deutsche „Weinhauptstadt“ gilt, ist
eine Weinprobe mit „unserem Winzer“ Ludwik Adamé Haass vorgesehen, dessen Weine „Freiheitsbote“ und „Tyrannenblut“ bei Veranstaltungen in Rastatt ausgeschenkt werden.
Weitere Details finden Sie rechtzeitig auf unserer Internetseite. Die
Mitglieder des Fördervereins werden zusätzlich in unseren Rundbriefen informiert.
Clemens Rehm
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Vereinsmitglied und Winzer Ludwik Adamé Haass (l.).
Foto: Bundesarchiv, Ulrich Lang
Landesminister Peter Friedrich
besucht die Erinnerungsstätte
Am Tisch der Provisorischen
Zentralgewalt von 1848/49
trägt sich der Landesminister ins
Gästebuch der Erinnerungsstätte ein.
Fotos: Rainer Wollenschneider
Am 18. Januar 2013 war der Landesminister für den Bundesrat, für
Europa und Internationale Angelegenheiten, Peter Friedrich, in Rastatt zu Gast. Nachdem der Minister seine Gesprächstermine im
Landratsamt absolviert hatte, besuchte er die „Erinnerungsstätte
für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte” im Rastatter Schloss. Begleitet vom Fördervereinsvorsitzenden Gunter
Kaufmann führte die Leiterin der Bundesarchiv-Außenstelle, Dr.
Elisabeth Thalhofer, durch die Präsentation. „Ich war schon als
Schüler hier, aber abfragen dürfen Sie mich nicht“, scherzte Friedrich. Beim Rundgang stellte sich dann aber schnell heraus, dass der
gebürtige Karlsruher zu tief gestapelt hatte – Peter Friedrich outete
sich als Hecker-Fan und beeindruckte mit fundiertem Wissen über
den badischen Revolutionär.
Zum Abschluss seines Besuches ließ es sich der Landesminister
nicht nehmen, trotz eisiger Kälte durch den Schnee zu stapfen und
das Denkmal für die standrechtlich Erschossenen von 1849 zu besuchen.
Der Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit
Dr. Wolfgang Gerhardt zu Gast in der Erinnerungsstätte
Am 29. Juni 2013 hatten die Bezirke Mittelbaden und Nordbaden
der FDP zum Zwei-Bezirke-Forum in die Erinnerungsstätte eingeladen. Bei einer Führung mit der Leiterin, Dr. Elisabeth Thalhofer, begaben sich die Liberalen auf Spurensuche im Ausstellungsteil „Freiheitsbewegungen im 19. Jahrhundert“.
Anschließend sprach der langjährige Bundes- und Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten, Dr. Wolfgang Gerhardt, der heute
der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit vorsteht, „Zum
normativen Profil liberaler Politik“. Eine lebhafte Diskussion zum
Thema „Quo vadis, Liberalismus“ hinterließ bei Gerhardt den Eindruck: „Ein unvergessliches Erlebnis an diesem geschichtsträchtigen Ort!“
„Quo vadis Liberalismus?“ fragten Prof. Dr. Erich Schweickert MdB,
Lutz Jäckel, Dr. Wolfgang Gerhardt MdB und Dr. Hans-Ulrich Rülke
MdL (v.l.n.r.) in der Erinnerungsstätte.
Foto: Volker Rehfeld
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Schlosserlebnistag 2013 –
mit Hilfe des Fördervereins ein voller Erfolg!
Vereinsmitglieder
Hans-Jürgen Dick und
Wolfgang Hochbruck als
Revolutionäre in Aktion.
„Die Gedanken sind frei!“ sangen Darsteller und Zuschauer gemeinsam
zum Abschluss der gelungenen Vorstellung.
Der „Schlosserlebnistag“ am 16. Juni lockte auch in diesem Jahr
wieder viele hundert Kinder und Erwachsene in die Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte.
Dank der Fördervereinsmitglieder Prof. Dr. Wolfgang Hochbruck
und Dr. Hans-Jürgen Dick konnte den zahlreichen Besuchern ein
buntes Programm geboten werden!
Als Mitglieder der Geschichtstheatergesellschaft e.V. schlüpften
Hochbruck und Dick in die Rollen von Carl Schurz und Friedrich
Hecker und nahmen die Zuschauer mit ihrem Stück „1849/1861“
im Innenhof der Erinnerungsstätte mit auf eine Zeitreise von der
Badischen Revolution bis zum Amerikanischen Bürgerkrieg.
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Die Stadtmaus-Geschichten aus der Revolutionszeit machten nicht nur
Fotos: Bundesarchiv, Elisabeth Thalhofer
den kleinen Besuchern Freude.
Und als im Innern der Erinnerungsstätte der Rastatter Autor Hans
Peter Faller aus seinem im Oktober erscheinenden Buch „Ludwig
die Stadtmaus“ Geschichten aus der Revolution vorlas, lauschten
nicht nur die Kleinen mucksmäuschenstill. Schließlich durfte das
Gehörte anschließend gemalt werden!
Elisabeth Thalhofer
„Wir wollen freie Menschen sein!“
Ausstellung zum 17. Juni 1953 in der Erinnerungsstätte
Bis 1990 war der 17. Juni Feier- und Gedenktag, wobei die Erinnerung an den zeitlichen Hintergrund mehr und mehr verloren
ging. Der Volksaufstand in der damaligen DDR 1953 hat aber immer noch eine Botschaft, die es der „Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ wert war, eine Wanderausstellung zu kreieren. Unter dem Titel „Wir wollen freie Menschen sein! Der DDRVolksaufstand vom 17. Juni 1953“ sind 20 informative und bebilderte Tafeln bis zum 13. Oktober in der Erinnerungsstätte in der
Rastatter Barockresidenz zu betrachten.
Die Leiterin der Außenstelle des Bundesarchivs, Dr. Elisabeth Thalhofer, wies bei der Eröffnung auf die wertvolle Ergänzung zur
Dauerausstellung hin. Sie führte auch in den ergänzenden 45-minütigen Dokumentarfilm mit Spielszenen zum 17. Juni 1953 von
Freya Klier ein. „Darin wird der Flächenbrand in der DDR eindrucksvoll optisch belegt“, bemerkte Elisabeth Thalhofer.
Die Besucher zeigten sich vom Film zum 17. Juni beeindruckt, zumal nicht nur Berlin sondern die Ereignisse in Leipzig im Mittelpunkt stehen. Dabei werden zwei Einzelschicksale in den Mittelpunkt gerückt: Der zehnjährige Peter Schmidt überlebte einen
Bauchschuss aus der Stasizentrale und Paul Ochsenbauer (15)
wurde unter bis heute ungeklärten Umständen von den Sowjets erschossen.
Elisabeth Thalhofer im Gespräch mit Jens Friesicke.
Foto: Rainer Wollenschneider
Unter den Besuchern der Ausstellungseröffnung war auch Jens
Friesicke, der die Ereignisse in Leipzig 1953 erlebt hatte und ein
Jahr später mit seinen Eltern aus der DDR floh.
Rainer Wollenschneider
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165 Jahre Provisorische Zentralgewalt
Dr. Elisabeth Thalhofer mit den Referenten Dr. Thomas Stockinger und Tobias Hirschmüller sowie dem Geschäftsführer des Fördervereins, Dr.
Foto: Rainer Wollenschneider
Clemens Rehm.
Mit Einblicken in aktuelle Forschungsprojekte gedachte die Erinnerungsstätte am 27. Juni der Einberufung der ersten demokratisch legitimierten gesamtdeutschen Regierung: Vor 165 Jahren,
am 28. Juni 1848, verabschiedeten die Abgeordneten der Nationalversammlung in der Paulskirche nach intensiven Debatten ein
Gesetz zur Einsetzung einer Exekutive für den deutsche Bundesstaat – auch wenn dieser zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht real
existierte.
Damals bestimmte erstmals ein durch freie Wahlen legitimiertes Parlament eine deutsche Regierung. Sie sollte die Regierungsgeschäfte bis zum
Inkrafttreten des Verfassungswerkes, das auszuarbeiten sich die Abgeordneten der Paulskirche auf die Fahnen geschrieben hatten, führen.
Deshalb sollte diese Regierung auch nur vorläufigen Charakter haben, sollte eine Provisorische
Zentralgewalt sein.
Thomas Stockinger erläuterte kenntnisreich und amüsant, welchen
Herausforderungen sich die Mitglieder der Zentralgewalt zu stellen
hatten und welchen Widrigkeiten sie sich ausgesetzt sahen: So bestand die erste Amtshandlung der neu berufenen Minister nicht selten darin, Papier und Siegellack zu kaufen, denn sie konnten bei den
gleichsam „aus dem Nichts“ gegründeten Ministerien kaum auf vorhandene Infrastrukturen zurückgreifen. Geeignetes Personal musste
rekrutiert werden, einheitliche Regularien für die
Aktenführung und den Geschäftsgang erst festgelegt werden. Auch die Umsetzung der Beschlüsse und Erlasse gestaltete sich schwierig, fehlte es
doch an nachgeordneten Behörden und Ämtern.
In seinem Vortrag über Erzherzog Johann lenkte
Tobias Hirschmüller das Augenmerk schließlich
auf das erste von einem Parlament gewählte
Staatsoberhaupt für Deutschland. Nach anfänglicher Euphorie musste der Reichsverweser sich
bald schon Spottnamen wie „Reichsvermoderer“
oder „Johann ohne Land“ gefallen lassen. Tief
verwurzelt in der vorrevolutionären Vorstellung
vom „guten Fürsten“ blieb die Amtsführung des
Erzherzogs glücklos.
Ihre Bezeichnung mutet heute ebenso sperrig an
wie der Titel des ersten gewählten Staatsoberhauptes in Deutschland: Als so genannter Reichsverweser stand der österreichische Erzherzog
Johann der Provisorischen Zentralgewalt vor.
„Der eine wollte nicht und die anderen konnten
In ihren Vorträgen „Ministerien aus dem Nichts“
nicht“, resümierte Clemens Rehm die Regieund „Erzherzog Johann als Reichsverweser“ berungszeit von Reichsverweser und Provisorischer
richteten Dr. Thomas Stockinger und Tobias
Zentralgewalt. Aber: „Dass die MinisterialbehörIn der Dauerausstellung kann der
Hirschmüller aus ihren laufenden Forschungsden der Zentralgewalt überhaupt ins Leben treten
Kabinettstisch der Provisorischen
projekten. Beide sind Mitarbeiter des von der
und eine geregelte Tätigkeit entfalten konnten,
Deutschen Forschungsgesellschaft geförderten
Zentralgewalt besichtigt werden.
ist bereits eine beträchtliche Leistung“, meinte
Projektes „Edition der Akten der Provisorischen
Thomas Stockinger.
Zentralgewalt von 1848/49“ an der Katholischen
Universität Eichstätt-Ingolstadt. Die Überlieferung der ProvisoriDas Editionsprojekt wird vermutlich im nächsten Jahr abgeschlossen
schen Zentralgewalt wird im Bundesarchiv in Berlin aufbewahrt
werden und lässt noch viele interessante Einblicke in die fast in
und gibt Auskunft über die ersten Versuche einer parlamentarischen
Vergessenheit geratene erste parlamentarische Regierung für ganz
Demokratie in Deutschland.
Deutschland erwarten.
Elisabeth Thalhofer
Foto: Bundesarchiv
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FREIHEITSKOLUMNE
Bewirken Sie meine Freilassung!
Schreiben
Roland Jahns an
Erich Honecker
vom 8. Oktober 1982.
BArch DP 3/348
„Es war zutiefst erschütternd – und trotzdem ein Gewinn“,
resümiert Roland Jahn die Lektüre seiner eigenen Stasi-Akte.
Er konnte darin lesen, dass mehr als hundert Stasi-Mitarbeiter daran beteiligt waren, seine Ausbürgerung aus der DDR
im Jahre 1983 zu bewerkstelligen. Der Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke, persönlich hatte angeordnet, den
widerständigen jungen Mann aus der DDR wegzubringen.
Die Diktatur duldet jedoch keinen Widerspruch: Als Jahn
sich 1982 öffentlich für die polnische Solidarnośź-Bewegung einsetzt, bringt ihn die Staatssicherheit wegen oppositioneller Aktivitäten hinter Gitter. In einem Brief an Erich
Honecker wiederholt Jahn mutig seine Sympathie für die
Solidarnośź und fordert seine Freilassung – wenige Monate
später wird er aus der DDR zwangsausgebürgert.
Jahns Weg zwischen Anpassung und Widerspruch beginnt
viele Jahre zuvor: Die Zeit in der DDR sei „schön und furchtbar zugleich“ gewesen, erinnert er sich. „Als die Nachteile
für meine Eltern eintraten, habe ich gespürt, was Diktatur
heißt.“ Aber: als Jugendlicher hatte der 1953 geborene Jahn
noch die Hoffnung, dass man die DDR reformieren könne.
Jener Brief befindet sich heute in den Beständen des Bundesarchivs. In der Außenstelle in Rastatt wird er als Faksimile im Rahmen der Dauerausstellung „Freiheitsbewegungen in der DDR“ als wichtiges Zeugnis für den Kampf um
Freiheitsrechte gezeigt.
Elisabeth Thalhofer
15
TERMINHINWEISE:
19. September 2013, 18:30 Uhr
Vortrag
Dr. Christoph Bittel (Bad Mergentheim)
„Die außerordentliche Erregung
der Gemüter“: Die Calwer in der
Revolution 1848/49
19. Oktober 2013
Jahresausflug
zum Hambacher Schloss
und nach Neustadt
„Tradition.”
Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt.
Wir machen den Weg frei.
20. Oktober – 15. Dezember 2013
Sonderausstellung
Das Frauengefängnis Hoheneck –
Portraits ehemaliger politischer
Häftlinge
21. Oktober 2013, 19 Uhr
Zeitzeuginnengespräch,
Ahnensaal im Residenzschloss Rastatt
Der dunkle Ort – Schicksale aus dem
DDR-Frauengefängnis Hoheneck
6. November 2013, 18:30 Uhr
Szenische Lesung mit Gesang
Prof. Dr. Peter Reichel
und Erich Schaffner
Novembergeschichten. Tage deutscher
Geschichte – wie sonst keine
Wir wünschen dem Förderverein „Erinnerungsstätte
für die Freiheitsbewegungen in der deutschen
Geschichte“ weiterhin viel Erfolg bei seinem Bestreben,
unsere Vergangenheit für die Zukunft zu bewahren.
Kompetent · Persönlich · Nah
www.vb-babara.de/stiftung
Änderungen vorbehalten!
Aktuelle Hinweise unter
http://www.bundesarchiv.de/
erinnerungsstaette/aktuelles
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Geschichte und trete dem Förderverein bei:
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V.i.d.P. Inhalt / Layout: Dr. Clemens Rehm,
Dr. Elisabeth Thalhofer
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Der „Rastatter Freiheitsbote” ist das Mitteilungsblatt des Fördervereins Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte und erscheint 2x jährlich.
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