das Gespenst von canterville - Landesbühne Niedersachsen Nord

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das Gespenst von canterville - Landesbühne Niedersachsen Nord
Landesb hne
Junges Theater
das Gespenst von
canterville
Musical von Rainer Lewandowski nach Oscar Wilde
(6+)
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Junges Theater
Liebe Lehrer, liebe Kollegen,
es ist soweit, die Vorweihnachtszeit hat hiermit offiziell begonnen: Das Junge Theater der
Landesbühne Niedersachsen Nord spielt ab dem 3. November DAS GESPENST VON
CANTERVILLE als Weihnachtsstück auf der großen Bühne.
Vielleicht werden Sie Bedenken haben, dass 6-jährige zu sehr Angst im Theater bei dem
Stück hätten. Doch Kinder haben Spaß am Gruseln. Die Kleinen werden dabei genauso viel
Vergnügen haben wie 12-jährige. Zudem ist das Gespenst Sir Simon gar nicht so schrecklich,
sondern eher sehr menschlich. Die Haushälternin Ms. Umney liebt es, sich vor Sir Simon zu
gruseln, die amerikanische Familie Otis begegnet ihm hingegen komplett furchtlos. Denn Sir
Simon hat ganz menschliche Probleme: Er ärgert sich, dass sein Spuken bei den Amerikanern
nicht als gruselig wahrgenommen wird, fürchtet sich vor einem selbstgebastelten Gespenst und
schließlich wird er auch noch krank. Also, warum sollte man dann Angst vor einem Gespenst
haben?
Wir zeigen die berühmte Erzählung Oscar Wildes in einer musikalischen Fassung. Zudem bieten
Regisseurin Natascha Kalmbach (AN DER ARCHE UM ACHT, KING A) und Bühnenbildner Sven
Hansen (PETER PAN, TÜRKISCH GOLD) alles, was an Theaterzauber möglich ist: glühende
Tieraugen, niesende Tierköpfe, Nebel, Lichtspezialeffekte usw.
Diese Materialmappe bietet Ihnen Hintergrundinformationen zum Stück und Vorschläge für
die Einbindung des Theaterbesuches in den Unterricht. Wenn Sie Fragen zur Inszenierung
haben oder Kritik, Lob und Anmerkungen loswerden wollen, können Sie sich gerne mit mir in
Verbindung setzen.
Auf Ihre Rückmeldungen freue ich mich! Ich wünsche Ihnen und Ihren Schülern einen spannenden
Theaterbesuch!
Viktoria Klawitter
Dramaturgin Junges Theater
Tel. 04421.9401-34
E-Mail [email protected]
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Das Stück
Mr. Otis hat die perfekte Überraschung für seine Familie: ein echtes englisches Schloss.
Hier werden die Amerikaner von nun an wohnen. Alle sind hellauf begeistert. Allerdings hat
Mr. Otis seiner Familie etwas verschwiegen: auf Schloss Canterville spukt es! Merkwürdige
und unerklärliche Geräusche, Kettenrasseln und ein immer wiederkehrender Blutfleck im
Wohnzimmer setzen die Bewohner in Angst und Schrecken. Naja, das wünscht sich zumindest
das Gespenst Sir Simon, aber die Amerikaner lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Sir
Simon ist völlig verzweifelt. Und dann gibt es da auch noch Washington, den Sohn der Familie,
der das Gespenst mit seinen Späßen endgültig in eine tiefe Seinskrise stürzt. Nur Tochter
Virginia sieht, wie Sir Simon leidet. Das Gespenst weiß, dass ihm nur noch eine Erlösung von
seinem Bann Ruhe bringen kann und allein Virginia kann ihm helfen …
Besetzung Das Gespenst von Canterville
Sir Simon / Lord Canterville
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Virginia
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Washington
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Mrs. Otis
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Mr. Otis
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Ms. Umney
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Georg Lippert
Doreen Olbricht
Alexander Scala
Wibke Quast
Karsten Zinser
Elisabeth Nelhiebel
Regie
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Musik & musikalische Leitung
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Bühne & Kostüme
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Dramaturgie
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Regieassistenz / Soufflage ■
Inspizienz
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Regiehospitanz
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Natascha Kalmbach
Udo Becker
Sven Hansen
Viktoria Klawitter
Gabriele Kästner
Björn de Groot
Wiebke Koch
Premiere: Dienstag, 3. November 2009 / 10.30 Uhr / Wittmund, Aula Brandenburger Str.
Gebucht werden kann im Service-Center unter Tel. 04421.9401-15.
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HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Der Autor
Oscar Wilde wurde am 16. Oktober 1854 in Dublin geboren. Durch seine Eltern kam er frühzeitig
mit der Schriftstellerei in Kontakt. Sein Vater William Wilde war Ohren- und Augenarzt und
schrieb Bücher über Archäologie, Folklore und den Satiriker Jonathan Swift. Seine Mutter
Jane war von Beruf Übersetzerin und galt als revolutionäre Lyrikerin. Er studierte klassische
Literatur am Trinity College in Dublin, später auch in Oxford. Nach Abschluss des Studiums
übersiedelte er 1879 nach London. In den Jahren nach 1882 hielt er Vorlesungen in den USA
und Kanada. 1884 heiratete er Constance Lloyd, mit der er zwei Söhne hatte, aber er pflegte
auch homosexuelle Partnerschaften. Wildes langjähriges Verhältnis zu Lord Alfred Douglas
führte schließlich zu einem gesellschaftlichen Skandal, drei Gerichtsprozessen und Wildes
Niedergang. Am 25. Mai 1895 wurde er zu zwei Jahren Zuchthaus mit schwerer körperlicher
Zwangsarbeit verurteilt. Gesundheitlich schwer angeschlagen wurde Wilde 1897 aus der Haft
entlassen und floh vor der gesellschaftlichen Ächtung nach Paris. Die letzten drei Lebensjahre
verbrachte er auf dem europäischen Festland in Armut und Isolation. Am 30. November 1900
starb Oscar Wilde in Paris.
Wilde wurde zu seiner Zeit als Schriftsteller bewundert und war im prüden viktorianischen England
zugleich als Skandalautor und Dandy verschrien. Er war berühmt für seine Sprachgewandtheit
und sein extravagantes Auftreten.
Zu seinen wichtigsten Werken gehören unter anderem: Das Gespenst von Canterville (1887),
Lord Arthur Saviles Verbrechen (1887), Das Bildnis des Dorian Gray (1890), Der glückliche
Prinz und andere Märchen (1888), Salomé (1891).
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Anregungen für Ihren Unterricht
Im Folgenden finden Sie verschiedene Projekte, um den Theaterbesuch in den Unterricht
einzubinden. Diese sind in vier Themenbereiche unterteilt:
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Thema 1: Gespenster
Thema 2: Vorurteile
Thema 3: Von der literarischen Vorlage auf die Bühne
Thema 4: Die literarische Gattung „Gespenstergeschichte“
Die vorgeschlagenen Unterrichtsprojekte können Sie als Vorbereitung oder Nachbereitung
nutzen.
Thema 1: Gespenster
Zentrale Figur der Erzählung DAS GESPENST VON CANTERVILLE ist Sir Simon, der schon
seit 400 Jahren als Gespenst auf dem Schloss Canterville lebt. Kommen Sie mit Ihren Schülern
über Gespenster allgemein ins Gespräch, um sich dem Inhalt der Geschichte zu nähern.
● Was sind Gespenster?
● Wie sehen Gespenster aus?
● Warum existieren Gespenster?
● Wann kann man Gespenstern begegnen?
● Wo halten sie sich auf?
● Was für Geräusche machen Gespenster?
● Hattet ihr schon mal unheimliche Begegnungen, die ihr euch nicht erklären konntet?
● Glaubt ihr an Gespenster?
Als Vorbereitung zu dieser Gesprächsrunde können Sie Ihrer Klasse die Aufgabe geben,
Bilder und Zeichnungen von Gespenstern zu sammeln oder anzufertigen. Heften Sie die
mitgebrachten Bildmaterialien an die Tafel und nehmen Sie während des Gespräches auf sie
Bezug, zum Beispiel beim Sammeln von Möglichkeiten, wie Gespenster aussehen.
Im Anschluss an die Gesprächsrunde können Sie als spielerisches Unterrichtsprojekt mit Ihren
Schülern eine Geisterführung in der Schule vorbereiten. Teilen Sie die Klasse in kleine Gruppen
ein (maximal 2-3 Kinder pro Gruppe) und geben Sie ihnen die Aufgabe ein Schulgespenst zu
erfinden und zu malen. Folgende Fragen helfen den Kindern dabei:
● Wie sieht unser Gespenst aus?
● Was hat das Gespenst an Gegenständen dabei?
● Wie heißt das Gespenst?
● Warum ist es ein Gespenst?
● Warum und wie spukt das Gespenst in der Schule?
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Lassen Sie den Kindern für das Erfinden ihrer Gespenster etwa 30 Minuten Zeit. Eine Gruppe
sollte für die Organisation der Geisterführung zuständig sein. Diese Schüler sollen sich
überlegen, an welchen Orten der Schule Gespenster leben könnten. Jedes Gespenst lebt dabei
an einem anderen Ort in der Schule. Das Organisationsteam überlegt sich einen Weg, der an
allen Geisterorten vorbeiführt. Sie sind auch dafür zuständig, alle Schüler bei der Führung zu
begrüßen und zum Schluss zu verabschieden. Des Weiteren kann die Organisationsgruppe
Eintrittskarten und Plakate für die gruselige Schulführung entwerfen.
Wenn alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, beginnt die Führung. Die Organisationsgruppe
begrüßt die Teilnehmer und führt durch die Schule. An den Orten, die für die Schulgespenster
ausgesucht wurden, rufen sie immer eine der Gruppen auf und bitten sie, ihr Gespenst vorzustellen.
Wenn alle Gruppen ihre Gespenster vorgestellt haben, beendet die Organisationsgruppe
die Führung. Es ist auch möglich eine solche Geisterführung für die Parallelklasse oder die
Eltern anzubieten. In diesem Fall kann die Schule gruselig geschmückt werden, vielleicht mit
selbstgebastelten Spinnen und Mäusen.
Thema 2: Vorurteile
Vorurteile begleiten uns durch den Alltag. Wir alle kennen Vorurteile, wie zum Beispiel Frauen
können nicht einparken, Männer weinen nie und Counterstrikespieler sind gewalttätig. In der
Erzählung DAS GESPENST VON CANTERVILLE geht es ganz explizit um Vorurteile gegenüber
Amerikanern und Engländern, die nicht erst in der modernen Theaterfassung in die Geschichte
hineingeschrieben wurden.
Was sind eigentlich Vorurteile? Versuchen Sie gemeinsam mit der Klasse eine Definition von
„Vorurteil“ aufzustellen. Vergleichen Sie im Anschluss mit einer Definition aus einem Lexikon.
„Vorurteile sind stabile negative Einstellungen gegenüber Gruppen bzw. Personen, die dieser
Gruppe angehören. Vorurteile beruhen oftmals nicht auf eigenen Erfahrungen, sondern werden
übernommen.“ (Informationen zur politischen Bildung Nr. 271/2005: Vorurteile, S. 4)
Erörtern Sie mit den Schülern die ähnlichen Begriffe „Stereotyp“ und „Klischee“ und versuchen
Sie alle drei Begriffe voneinander zu trennen.
Sammeln Sie im Anschluss im Plenum Vorurteile gegenüber den Deutschen. Die Schüler
werden vermutlich unter anderem folgende Begriffe nennen: pünktlich, humorlos, Biertrinker,
diszipliniert, unfreundlich, egoistisch. Notieren Sie sich die gesammelten Vorurteile. Im
Anschluss daran suchen Sie Vorurteile bzw. nationale Klischees gegenüber weiteren Nationen,
z.B. Italiener, Franzosen, Türken, Russen, Polen, Amerikaner und Engländer. Die Ergebnisse
können Ihre Schüler auf Wandzeitungen - für jede Nation eine eigene Wandzeitung - zum
Thema nationale Klischees präsentieren. Dieses Projekt kann ausgebaut werden, indem Sie
den Schülern die Aufgabe geben, in der Schule, mit den Eltern und Freunden eine Umfrage
zu dem Thema zu gestalten. Vergleichen Sie im Plenum die zusammengetragenen Vorurteile.
Haben alle die gleichen gesammelt? Welches Vorurteil wurde am häufigsten genannt?
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Um das Thema nachzubereiten, können Sie über folgende Fragen ein Gespräch über Vorurteile
beginnen:
● Wodurch waren die Amerikaner, die Familie Otis, zu erkennen?
● Wie sahen sie aus? Was für Kleidung hatten sie an?
● Wie haben sie sich benommen?
● Wodurch zeichneten sich die Engländer - Ms. Umney, Lord Canterville und Sir Simon - aus?
● Was hatten sie an?
● Wie haben sie sich gegenüber anderen Figuren verhalten?
An dieser Stelle bietet es sich an, die Frage aufzuwerfen, warum die Figuren in der Inszenierung
stark an Vorurteilen orientiert gezeichnet werden? Theater hat immer auch etwas mit einer
Übertreibung zu tun, mit einer Überzeichnung der Charaktere, um die Gegensätze klarer und
sichtbarer hervortreten zu lassen. Aber was ist eigentlich mit Virginia, der Tochter der Familie
Otis? Sie ist durch ihre Äußerlichkeit und ihr Benehmen nicht eindeutig einer Nationalität bzw.
nationalen Klischees zuzuordnen. Warum wird sie so gezeigt?
Thema 3: Von der literarischen Vorlage auf die Bühne
Als Vorbereitung auf den Theaterbesuch lesen Sie mit Ihrer Klasse die Erzählung von
Oscar Wilde. Lassen Sie die Schüler die Figurenkonstellation aufzeichnen. Wie stehen die
einzelnen Figuren zueinander? Um diese Frage szenisch zu untersuchen, geben Sie den
Schülern die Aufgabe in kleinen Gruppen Standbilder zu entwickeln. Dazu bieten sich folgende
Konstellationen an: Familie Otis, Sir Simon und die Zwillinge, Sir Simon und Virginia und Sir
Simon und Ms. Umney. Jede Gruppe entwickelt zu den genannten Paarungen Bilder. Geben Sie
der Klasse etwa 10 Minuten Zeit, um die Standbilder zu entwickeln. Im Anschluss präsentieren
die Gruppen ihre Bilder und vergleichen sie miteinander. Sind ähnliche Standbilder entstanden?
Was können solche Bilder erzählen?
Nach dem Vorstellungsbesuch erinnern Sie sich gemeinsam an die Standbilder und an die
aufgezeichnete Figurenkonstellation. Stellen Sie den Schülern die Frage, welche Figuren auch
in der Theaterfassung zu sehen waren.
● Welche Figuren wurden weggelassen?
● Gab es charakterliche Änderungen bei einzelnen Figuren?
● Was könnten Gründe sein, für eine Theaterfassung Veränderungen im Personal und in der
Figurenkonstellation vorzunehmen?
Als Grund kann unter anderem genannt werden, dass die Theaterfassung in der heutigen
Zeit spielt und daher die handelnden Figuren modern gezeichnet werden. Zum Beispiel ist die
Haushälterin Ms. Umney in der Erzählung eine ältere Frau und in unserer Fassung eine junge
Frau, die mit ihrem Faible für Grusel der Gothic-Bewegung angehören könnte.
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Um die Bearbeitung genauer zu untersuchen, vergleichen Sie mit Ihren Schülern eine Szene
des Theaterstücks mit der Erzählung. Es bietet sich die Szene an, in der Mrs. Otis den Blutfleck
auf dem Fußboden entdeckt. Die Theaterfassung und die Originalszene finden Sie in diesem
Material. Erörtern Sie mit den Schülern dazu folgende Fragen:
● Welche Personen sind in der Szene jeweils in der Bearbeitung und im Original anwesend?
● Was ist in beiden Fassungen gleich bzw. ähnlich?
● Was für Unterschiede fallen auf?
● Wie hat sich die Sprache in der Theaterfassung im Gegensatz zum Original verändert?
Um die Kinder selbst tätig werden zu lassen, können Sie ihnen den Ausschnitt aus der Erzählung
geben und sie in Gruppenarbeit eine eigene kurze Theaterszene daraus entwickeln lassen.
Geben Sie Ihren Schülern für diese Aufgabe genügend Zeit. Im Anschluss werden die Szenen
vor allen präsentiert. Wie haben die einzelnen Gruppen das Original bearbeitet?
Im Anschluss daran lesen Sie gemeinsam unsere Theaterfassung und stellen Sie die oben
genannten Fragen. Nehmen Sie dabei auch Bezug auf die gespielten Theaterszenen der
Kinder.
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Theaterfassung:
VIERTES BILD
Otis
So. Dann wollen wir mal das Gepäck in unsere Zimmer bringen.
Mrs. Otis Mrs. Umney, was ist das für ein Fleck an der Wand?
Ms. Umney Das ist das Blut von Lady Eleanor de Canterville, die an dieser Stelle von Ihrem
Mann, Sir Simon de Canterville, im Jahre 1581 ermordet wurde. Sir Simon überlebte seine Frau um neun Jahre, dann verschwand er plötzlich unter mysteriösen Umständen. Er wurde nie gefunden. Doch sein schuldiger Geist spukt noch immer im Schloss.
Virginia
Wie furchtbar!
WashingtonAls... Gespenst...? Spooky!
Mrs. Otis Bitte entfernen Sie diesen Fleck, Mrs. Mary.
Ms. Umney Dieser Blutfleck hat Tausende von Touristen angezogen und kann nicht entfernt werden!
Mrs. Otis Ich möchte kein Blut auf dem Weg zum Schlafgemach sehen.
WashingtonEin echtes Gespenst ...
Ms. Umney Myll ..., Mrs. Otis. Der Fleck lässt sich nicht entfernen.
Virginia
Scheußlich...
Ms. Umney Dutzende von Hausangestellten haben das schon versucht, aber ...
Otis
Kein Aber. Für Pinkerton‘s Patentstift „Fleckweg“ kein Problem.
Mrs. Otis Für Pinkerton’s Patentstift „Fleckweg“ kein Problem.
Otis Washington.
WashingtonJa, Dad?
Mr. Otis gibt Washington die Dose. Washington entfernt den Fleck.
Otis Passen Sie auf, beste Mrs. Umney. Pinkerton’s Patentstift „Fleckweg“ wirkt nach Sekunden.
Ms. Umney Nein! Nein!
WashingtonWeg.
Mrs. Otis Weg.
Otis
Ich wusste, dass Pinkerton es schaffen würde.
Kommentar Sir Simon. Es donnert und blitzt.
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Virginia
Sir Simon!
Ms. Umney Ich habe Sie gewarnt.
Mrs. Otis Ein fürchterliches Klima in diesem England.
Es donnert. Ein Tierkopf fällt von der Wand. Mrs. Umney fällt in Ohnmacht.
Washington, der mit der Lupe die Stelle des verschwundenen Fleckes untersuchte, beugt sich
über Mrs. Umney, tätschelt sie, sie erwacht, sieht durch die Lupe sein vergrößertes Auge.
Ms. Umney
Mrs. Otis
Ms. Umney
Ahhh!
Mrs. Umney! Mary, beruhigen Sie sich doch. Mary, ich darf doch Mary zu Ihnen sagen? Bitte, Mary...
Mrs. Otis, ich muss sie warnen, ernsthaft warnen. Ich habe schon Dinge hier im Schloss erlebt, Dinge, ich sage Ihnen, Dinge, bei deren Anblick einem die Haare zu Berge stehen und viele, viele Nächte habe ich kein Auge zutun können.
Mrs. Umney hängt den Tierkopf wieder auf.
Alle
Sie gestatten, dass ich mich für heute zurückziehe... ich... wünsche Ihnen eine gute Nacht in Ihrem neuen Heim.
Gute Nacht, Mrs. Umney.
Mrs. Umney geht ab.
WashingtonIch freu mich auf Mitternacht. Geisterstunde!
Alle ab.
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Original:
Plötzlich wurde Frau Otis eines tiefroten Fleckes auf dem Fußboden gewahr, gerade vor dem
Kamin, und da sie seiner tieferen Bedeutung unkundig war, sagte sie zu der Umney: „Dort ist
wahrscheinlich etwas vergossen worden.“
„Ja, gnädige Frau“, antwortete leise die alte Haushälterin, „Blut ist an jener Stelle vergossen
worden.“
„Wie schrecklich“, rief Frau Otis, „ich mag aber ganz und gar keine Blutflecke im Wohnzimmer.
Er muss sogleich weggewischt werden.“
Die alte Frau lächelte und antwortete mit der gleichen leisen, geheimnisvollen Stimme: „ Es
ist das Blut der Lady Eleonore Canterville, die an jener Stelle vom eigenen Gatten, Sir Simon
de Canterville, 1575 umgebracht worden ist. Sir Simon hat sie um neun Jahre überlebt und
ist plötzlich unter geheimnisvollen Umständen verschwunden. Seine Leiche ward niemals
gefunden, doch sein schuldiger Geist spukt noch immer im Schlosse. Den Blutfleck haben
Touristen und andere Leute aufs höchste angestaunt, und er kann nicht entfernt werden.“
„Das ist purer Unsinn!“ rief Washington Otis. „Pinkertons Patentstift ‚Fleckweg‘ wird im Nu
damit fertig werden“, und ehe die entsetzte Haushälterin dazwischen springen konnte, kniete
er nieder und scheuerte den Fußboden behänd mit irgendetwas Winzigem, das aussah wie
ein schwarzer Schminkstift. In wenigen Augenblicken war nichts mehr von dem Blutfleck zu
sehen.
„Ich wusste ja, dass Pinkerton es schaffen würde“, rief er triumphierend und ließ seinen Blick
über die bewundernde Familie schweifen. Allein kaum hatte er diese Worte ausgesprochen,
als ein furchtbarer Blitz jäh den düsteren Raum erhellte und ein schrecklicher Donnerschlag
alle aufspringen ließ. Die Umney fiel in Ohnmacht.
„Welch schauderhaftes Klima!“ sagte ruhig der amerikanische Gesandte und zündete sich
eine lange Zigarre an. „Meiner Meinung nach ist die alte Welt so übervölkert, dass nicht genug
schönes Wetter pro Kopf vorhanden ist. Ich war immer der Ansicht, Auswanderung sei das
einzig Mögliche für England.“
„Lieber Hiram“, rief Frau Otis, „was fangen wir mit einer Frau an, die ohnmächtig wird?“
„Sie muss dafür aufkommen wie für zerbrochenes Geschirr“, antwortete der Gesandte, „dann
wird sie schon nicht mehr ohnmächtig werden“, und nach wenigen Augenblicken kam die Umney
tatsächlich wieder zu sich. Aber zweifellos war sie aufs tiefste erschüttert und flehte Herrn Otis
inständig an, er möge sich vor einem Übel hüten, das über das Haus kommen werde.
„Ich habe mit eigenen Augen Dinge gesehen, gnädiger Herr“, sagte sie, „bei deren Anblick
einem Christenmenschen die Haare zu Berge stehen, und viele, viele Nächte habe ich kein
Auge zutun können, des Schrecklichen wegen, das hier umgeht.“ Herr Otis und seine Gattin
indessen versicherten der treuen Seele, sie fürchteten sich nicht vor Gespenstern, und
nachdem die alte Haushälterin den Segen des Himmels auf ihre neue Herrschaft herabgefleht
und eigene Worte von Gehaltserhöhung hatte fallen lassen, humpelte sie von dannen in ihr
Zimmer.
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Thema 4: Die literarische Gattung „Gespenstergeschichte“
Die Erzählung DAS GESPENST VON CANTERVILLE von Oscar Wilde ist eine der bekanntesten
Gespenstergeschichten. Als Gespenstergeschichte wird eine Erzählung bezeichnet, in der
unheimliche Begebenheiten im Zusammenhang mit dem Auftreten von Gespenstern, Dämonen,
Teufeln oder zum Beispiel Vampiren dargestellt werden. Die Tradition der Gespenstergeschichte
in Deutschland wurde im Wesentlichen vom englischen Schauerroman (gothic novel), des 18.
Jahrhunderts beeinflusst. Charles Dickens, Edgar Allan Poe und Oscar Wilde haben durch ihre
Arbeiten die moderne Gespenstergeschichte beeinflusst.
Fragen Sie die Kinder, ob sie Gespenstergeschichten kennen. Vielleicht nennen sie Titel wie:
„Hui Buh – Das Schlossgespenst“ oder „Das kleine Gespenst“ von Ottfried Preußler. Kennt
jemand „Das Gespenst von Canterville“? Wenn die Kinder die Erzählung nicht nennen, erzählen
Sie von der Gespenstergeschichte und lesen Sie sie gemeinsam.
Lassen Sie die Kinder eigene kurze Gespenstergeschichten schreiben. Vielleicht von
eigenen gruseligen oder unheimlichen Begegnungen. Die Geschichten sollen dann in der
Klasse vorgelesen werden. Sie können auch ein Buch mit den geschriebenen Geschichten
zusammenstellen und sie den Eltern schenken oder an das Junge Theater schicken.
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Zum Weiterlesen, Hören und Gucken
■ Isabel Kleefeld: Das Gespenst von Canterville, DVD 2005
■ Jörg W. Rademacher: Oscar Wilde, dtv 2000
■ Oscar Wilde: The Canterville Ghost. Das Gespenst von Canterville (zweisprachig), dtv 1977
■ Ders.: Der glückliche Prinz und andere Märchen, dtv 2001
■ Ders. / Katharina Thalbach: Das Gespenst von Canterville (Audio CD), Random House Audio
Editionen 2006
Weitere Gespenstergeschichten und -romane:
■ Dirk Ahner: Hui Bu – Das Schlossgespenst, Carlson 2009
■ Cornelia Funke: Gespensterjäger auf eisiger Spur, Loewe 2009
■ Jörg Hibert: Ritter Rost und das Gespenst, Terzio 2000
■ Eva Ibbotson: Das Geheimnis der Geister von Craggyford, dtv 2007
■ Ottfried Preußler: Das kleine Gespenst, Thienemann 2005
Redaktion: Viktoria Klawitter
Junges Theater
Landesbühne Niedersachsen Nord GmbH
Leitung: Natascha Kalmbach
Virchowstr. 44
26382 Wilhelmshaven
Kontakt: Viktoria Klawitter
[email protected]
Telefon 04421.9401-34
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