Hepatitis E - Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten

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Hepatitis E - Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten
EUR 7,–
I S S N 2 3 0 6 - 8 213
Jahrgang 7 | 2013
Medizinisches Fachjournal
Infektiologie &
Gastroenterologie-Hepatologie
P.b.b. Verlagspostamt 1150 Wien
GZ 09Z038186 M
Hepatitis E
„Immer harmlos?“
© fotolia.de
Seite 24
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
2013/1
jatros
MSD HIGHLIGHTS
Merck Sharp & Dohme Ges.m.b.H.
EURO PLAZA Gebäude G, 5. Stock, Am Euro Platz 2, A-1120 Wien
® Registered Trademark
© Copyright 2010 Merck Sharp & Dohme Corp., a subsidiary of Merck & Co., Inc., Whitehouse Station,
NJ, USA. All rights reserved.
01-15-INFC-1069572-0000; Erstellt: Jänner 2013
Vor Verschreibung beachten Sie bitte jeweils die vollständige Fachinformation!
Fachkurzinformationen siehe Seite 50
Coverstory
Seite 24
H. Holzmann, Wien
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Gastroenterologie
CED
Monitoring von Immunsuppressiva und Biologika
HIV/Aids
6
Hot Topics Onkologie
Reflux, Barrett und Krebs
31
B. Schmied, Wien
H. Vogelsang, Wien
Diätologische Interventionsmöglichkeiten bei CED
HIV: Therapieadhärenz
„Das Um und Auf“
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
8
10
Giftiger Dienstag
Tuberkulose: moderne Diagnostik, alte Therapie
35
Pertussis
Impfung wichtiger denn je
37
R. Koch, Innsbruck
Hot Topics Onkologie
Lokalisiertes Kolorektalkarzinom
14
Impfmedizin
Empfehlungen für Mitarbeiter im Gesundheitswesen 39
Hepatologie
Hot Topics Onkologie
Hepatozelluläres Karzinom
U. Wiedermann-Schmidt, Wien
17
Überblick antimikrobielle Substanzen
Abgrenzung von Antiseptika & Desinfektionsmitteln 42
O. Assadian, Wien
AASLD
Therapie der chronischen Hepatitis C – Update 2013 20
M. Gschwantler, Wien
Nebenwirkungen von Antiinfektiva
Management dermatologischer UAW
45
S. Wöhrl, Wien
Hepatitis E
„Immer harmlos?“
24
H. Holzmann, Wien
Impressum
Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH, Markgraf-Rüdiger-Straße 8, 1150 Wien. Geschäftsführung: Dr. Bartosz Chłap, MBA. Tel.: 01/876 79 56.
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universimed.com. Externer Redakteur: Dr. Norbert Hasenöhrl. Projektleitung:
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Gerlinde Hinterhölzl, Mag. Sabine Wawerda. Druck: AV + Astoria Druckzentrum
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Offenlegung
Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH (100% Tochter der
Universimed Holding GmbH). Eigentümer und Medieninhaber: Universimed
Holding GmbH
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sowie News. Namentlich gekennzeichnete Artikel und sonstige Beiträge sind die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des Verfassers und müssen daher nicht mit der Meinung der Redaktion und des Herausgebers übereinstimmen.
Diese Beiträge fallen somit in den persönlichen Verantwortungsbereich des Verfassers. Mit der Übergabe von Manuskripten und Bildern gehen sämtliche Nutzungsrechte in Print und Internet an Universimed über. Für unverlangt eingereichte
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jedem Fall kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um ein nicht ge­schütztes Produkt handelt. Mit der Einsendung eines Manuskriptes erklärt sich der Urheber/Einsender damit
einverstanden, dass der entsprechende Bei­trag ganz oder teilweise in allen Publikationsorganen von Univer­simed publiziert werden kann. Copyright: Alle Rechte liegen bei Universimed. Nachdruck oder Verviel­fältigung – auch auszugsweise
– nur mit schriftlicher Ge­nehmigung. Die wiedergegebene Meinung deckt sich nicht in jedem Fall mit der Meinung des Herausgebers, sondern dient der Infor­ma­tion des Lesers.
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Seite 3 I jatros
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
Infektiologie
Liebe Kolleginnen
und Kollegen,
editorial
F. Thalhammer, Wien
haben Sie sich schon für das infektiologische Hauptereignis des Jahres, den 7. Österreichischen Infektionskongress*, angemeldet? Unsere Präsidentin Univ.-Prof. Dr.
Cornelia Lass-Flörl (Kongress) und unser Präsident
Univ.-Prof. Dr. Günter Weiss (ÖGIT) haben ein exquisites Kongressprogramm zusammengestellt. Von den vielen Perlen möchte ich zwei herausheben: Univ.-Prof. Dr.
Amalio Telenti spricht im Eröffnungsvortrag am Mittwoch über „Human genetics and infectious diseases“,
Univ.-Prof. Dr. Marin H. Kollef am Samstag zum Kongressabschluss über „Add-on inhalative antibacterial
therapy in VAP – does it make sense?“. In bewährter
Weise finden Pro-und-kontra-Sessions statt, weiters
Workshops (diesmal auch unter Beteiligung des Bernhard-Nocht-Instituts Hamburg), die Vorstellung der besten wissenschaftlichen Publikationen, ein Launch-Symposium (Fidaxomicin) sowie die berühmte „Clinical
Grand Round“, bei der unter der Leitung von Prim.
Univ.-Doz. Dr. Christoph Wenisch die Herren Universitätsprofessoren Graninger, Krejs, Reisinger und
Schmutzhard fünf spannende Fälle diskutieren werden.
zur Fallpräsentation einzureichen, Einsendungen bitte an
E-Mail: [email protected]. Die „Giftigen Dienstage“ beginnen wieder am 5. März 2013 mit dem Thema
„Legionellen“ **. Der nächste „Giftige Samstag“ zum
Thema „Airborne infections“ findet am 9. März 2013
im Technischen Museum in Wien statt.
Die Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit und
medizinische Angelegenheiten, Sektionschefin Priv.-Doz.
Dr. Pamela Rendi-Wagner, wird einen Workshop über
Infektionserfassung in Österreich abhalten. Viele Gründe also, um vom 10. bis 13. April 2013 in Saalfelden zu
sein. An dieser Stelle darf ich mich im Namen des ÖGITVorstands bei allen Sponsoren bedanken, die es uns ermöglichen, den Österreichischen Infektionskongress zu
veranstalten.
** Das aktuelle Programm kann von www.infektiologie.co.at heruntergeladen
Last but not least, möchte ich den Artikel zu Antiseptika
und Desinfektionsmitteln von Univ.-Prof. Dr. Ojan
Assadian, Klinisches Institut für Krankenhaushygiene,
MUW, erwähnen, den Sie in diesem Heft finden.
Mit kollegialen Grüßen
Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer
Vizepräsident der ÖGIT
* Das aktuelle Programm kann von unserer Homepage www.oegit.eu heruntergeladen werden.
werden.
Am 12. März 2013 finden die „Giftigen Fälle“ zum dritten Mal statt – erstmals in Innsbruck. Sie sind herzlich
eingeladen, interessante infektiöse Krankengeschichten
Wissenschaftlicher Beirat – Infektiologie
Univ.-Doz. Dr. P. Apfalter, Linz; Prim. Dr. C. Aspöck, St. Pölten; Univ.-Prof. Dr. H. Burgmann, Wien; Univ.-Prof. DDr. A. Georgo­poulos, Wien; Univ.-Prof. DDr. W. Graninger, Wien;
OA Dr. O. Janata, Wien; Univ.-Prof. Dr. C. Lass-Flörl, Innsbruck; OA Dr. A. Lechner, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. A. Lischka, Wien; Ao. Univ.-Prof. DDr. E. Marth, Graz; Univ.-Prof. Dr.
I. Mutz, St. Marein i. M.; Univ.-Prof. Dr. M. Peck-Radosavljevic, Wien; Univ.-Prof. Dr. E. Presterl, Wien; Ass.-Prof. Dr. A. Rieger, Wien; Univ.-Prof. Dr. T. Staudinger, Wien; Ao. Univ.-Prof. Dr. F. Thalhammer, Wien;
Prim. Dr. N. Vetter, Wien; Ao. Univ.-Prof. Dr. G. Weiss, Innsbruck; Prim. Univ.-Doz. Dr. C. Wenisch, Wien; Univ.-Prof. Dr. W. H. Wernsdorfer, Wien; Univ.-Prof. Dr. B. Willinger, Wien.
jatros I Seite 4
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
Liebe Leserinnen
und Leser!
„Die Therapie der chronischen Hepatitis C erlebt derzeit
eine dramatische Entwicklung“, wie Univ.-Doz. Dr. Michael Gschwantler, Wien, in der Einleitung seines Highlight-Berichts von der Jahrestagung der American Association for the Study of Liver Diseases (AASLD), 9.–13.
November, Boston, erklärt.
Die Zulassung der beiden Proteasehemmer Telaprevir
und Boceprevir für die Therapie der chronischen Infektion mit dem HCV-Genotyp 1 im Jahre 2011 markiert
den ersten Höhepunkt dieser Entwicklung mit einer Verbesserung der Heilungsraten um mehr als 25% im Vergleich zur Dualtherapie. Kaum sind diese beiden Medikamente verfügbar, wird schon an der Folgegeneration
gearbeitet. Die neuen Proteasehemmer Simeprevir und
Faldaprevir scheinen noch wirksamer und besser verträglich zu sein und werden vermutlich Ende 2014 als
Tripeltherapie verfügbar sein. Neben der Forschung an
diesen Proteasehemmern steht auch die Phase-III-Studie
mit dem NS5A-Hemmer Daclatasvir vor dem Abschluss.
Die Suche nach dem „Heiligen Gral der Hepatitis-CTherapie“ (ebenfalls Gschwantler, in dieser Ausgabe) –
einer interferonfreien und vielleicht auch ribavirinfreien
Therapieform – schreitet in großem Tempo voran. Derzeit wird nach der optimalen Kombination verschiedener
DAA gesucht. Für Patienten, die mit dem Genotyp 3 infiziert sind, gibt es bereits zwei abgeschlossene Phase-IIIStudien mit dem Polymerasehemmer Sofosbuvir. Damit
könnten auch die Tage der Tripeltherapie bald gezählt
sein. Über die wissenschaftlichen Fortschritte auf dem
Feld der Hepatitistherapie werden wir Sie auch in den
kommenden Ausgaben kontinuierlich informieren.
Ein thematischer Schwerpunkt dieser Ausgabe liegt auf
onkologischen Erkrankungen im Schnittfeld zwischen
© TILAK
Gastroenterologie-Hepatologie
editorial
P. Ferenci, Wien
H. Tilg, Innsbruck
Gastroenterologie und Hepatologie. Beim BarrettAdenokarzinom handelt es sich nach wie vor um eine
äußerst seltene Erkrankung (Inzidenz 4:1.000.000),
wenngleich sich dessen Inzidenzraten in den letzten Jahrzehnten sprunghaft entwickelt haben, wie Univ.-Prof.
Dr. Robert Koch, Innsbruck, in seinem Artikel ausführt.
Über den Einsatz von Biomarkern in der Therapie des
lokalisierten Kolorektalkarzinoms berichtet Univ.-Prof.
Dr. Wolfgang Eisterer, Innsbruck. Fortschritte in der adjuvanten und palliativen Therapie des hepatozellulären
Karzinoms (HCC) thematisiert Dr. Wolfgang Sieghart,
Wien, in seinem spannenden Fachbeitrag.
Es freut uns, Ihnen mit der vorliegenden Ausgabe dieses
Journals die Erweiterung in seiner Berichterstattung um
die Fächer Gastroenterologie und Hepatologie vorstellen
zu können. Gemeinsam werden wir Ihnen in den kommenden Ausgaben Autorenbeiträge auf dem aktuellen
Stand des Wissens sowie Highlight-Berichterstattung
von den wichtigsten nationalen und internationalen
Kongressen der Gastroenterologie und der Hepatologie
präsentieren. Wir hoffen, Ihnen damit in JATROS Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie auf prägnante
Weise praxisrelevante Inhalte aus unseren Fachbereichen
zu vermitteln, und wünschen Ihnen eine interessante und
informative Lektüre.
Univ.-Prof. Dr. Peter Ferenci
Co-Editor Hepatologie
Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg
Co-Editor Gastroenterologie
Wissenschaftlicher Beirat – Gastroenterologie & Hepatologie
OA Dr. H. Bognar, Krems; Univ.-Prof. Dr. C. Datz, Oberndorf; Univ.-Prof. Dr. I. Graziadei, Innsbruck; Univ.-Doz. Dr. M. Gschwantler, Wien; OA Dr. T. Haas, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. P. Knoflach, Wels-Grieskirchen; Univ.-Prof. Dr. R. Koch, Innsbruck; OA Dr. W. Korak, Klagenfurt; Univ.-Prof. Dr. L. Kramer, Wien; Prof. Dr. C. Madl, Wien; OA Dr. A. Maieron, Linz; Dr. A. Moschen, Innsbruck; Univ.-Prof. Dr. M. PeckRadosavljevic, Wien; Univ.-Prof. Dr. W. Petritsch, Graz; Univ.-Prof. Dr. W. Reinisch, Wien; Univ.-Prof. Dr. R. Stauber, Graz; Assoc. Prof. Dr. C. Steininger, Wien; OA Dr. M. Strasser, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. W.
Vogel, Innsbruck; Univ.-Prof. Dr. H. Vogelsang, Wien
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Seite 5 I jatros
Gastroenterologie
referat
CED
Monitoring von Immunsuppressiva und Biologika
In den letzten 20 Jahren kam es zu einer sprunghaften Zunahme des
Einsatzes von Immunsuppressiva und zuletzt auch von Biologika in der
Therapie von Morbus Crohn und nun auch Colitis ulcerosa.
Man hatte vorerst für Azathioprin und
in der Folge auch für die gängigen AntiTNF-Antikörper wie Infliximab und
Adalimumab erkannt, dass diese eine
Remission der Erkrankung induzieren
und diese Remission unter bleibender
Therapie auch erhalten können. Es gelang damit bei einigen Patienten sogar,
eine endoskopische Remission zu erreichen, Krankenhausaufenthalte zu reduzieren und Komplikationen mit resultierenden Operationen zu verhindern.
Beim Monitoring dieser Therapeutika
stellen sich zwei grundsätzliche Fragen:
1. nach den Nebenwirkungen und 2.
nach der Effektivität.
In der Folge wird auf die zwei wesentlichen Gruppen, nämlich Thiopurine
(Azathioprin, 6-Mercaptopurin, 6-Thioguanin) und Anti-TNF-Antikörper (Infliximab, Adalimumab), näher eingegangen, obwohl natürlich auch andere
Immunsuppressiva wie Methotrexat,
Cyclosporin und Mycophenolat in gewissen Konstellationen, insbesondere
bei Unverträglichkeit der anderen Medikamente, gegeben werden können.
eben aus dieser Wirkungsweise mit
möglichen Veränderungen des Blutbildes, v.a. Leukopenie, erhöhtem Infektionsrisiko, etwas erhöhtem Risiko
für Hautkrebs und – insbesondere im
Alter – für Lymphome. Der Einsatz von
Thiopurinen kann aber auch mit anderen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Gelenkschmerzen und
Pankreatitis sowie einem eher hepatitischen Bild mit Erhöhung der Leberparameter einhergehen. Deshalb sind eine
genaue Aufklärung und ein Monitoring
von Beginn der Einnahme an mit Blutabnahmen nach 1–2 Wochen, 4 Wochen, 8 Wochen und später alle 8 Wochen zu empfehlen, wobei vor allem
das Blutbild, die Leberparameter
(ASAT, ALAT, alkalische Phosphatase,
Gamma-GT) und die Pankreasparameter (Amylase, Lipase – v.a. in den ersten
4 Wochen) zu kontrollieren sind. Angesichts des erhöhten Hautkrebsrisikos
sind für die Zukunft sicher auch eine
Voruntersuchung beim Dermatologen
sowie regelmäßige Kontrollen bei
gleichzeitiger Empfehlung eines erhöhten Sonnenschutzes anzuraten.
Thiopurine
Thiopurine blockieren die Synthese von
DNA und RNA, hemmen damit die
Vermehrung von T- und B-Zellen und
leiten so ihre Effektivität bei der Behandlung von entzündlichen, insbesondere Autoimmunerkrankungen her.
Das Nebenwirkungsspektrum erwächst
jatros I Seite 6
Nachweisbare HACA
Subtherapeutische
Infliximab Konzentration
H. Vogelsang, Wien
Azathioprin wird im Körper in 6-Mercaptopurin (MP) und schließlich in den
aktiven Metaboliten 6-Thioguanin
(TG) oder andererseits in 6-MMP umgewandelt (Abb.), wobei die 6-Thioguanin-, aber auch die 6-MMP-Spiegel
(hoch bei Hepatopathie) in spezialisierten Zentren bestimmt werden. Höhere
6-TGN-Spiegel über 250 pmol/108 Ery
gelten als prognostisch gutes Zeichen
für ein Ansprechen. Diese Spiegel können einerseits zum Monitoring der
Compliance und andererseits als Kontrolle der Metabolisierung durchgeführt
werden. Bei niedrigem 6-TGN-Spiegel
kann ein Therapieversuch mit Allopurinol, das sonst kontraindiziert ist, und
mit einem Viertel der Azathioprin-Dosis
versucht werden.
Bei Verdacht auf eine genetische Veranlagung können die Thiopurin-SMethyltransferase(TPMT)-Genvarianten technisch bestimmt werden, wobei
10% der Bevölkerung einen heterozygoten Typ aufweisen – mit reduzierten
TPMT-Spiegeln – und 0,3% homozygot
sind, wo die TPMT völlig fehlt und es
Abstimmung auf
Testergebnisse
Komplettes/partielles
Ansprechen
P-Wert
Erhöhung Infliximab-Dosierung
1/6 (17%)
<0,004
Wechsel Anti-TNF-Therapie
11/12 (92%)
Erhöhung Infliximab-Dosierung
25/29 (86%)
Wechsel Anti-TNF-Therapie
2/6 (33%)
<0,016
Tab.: Infliximab-Therapiestrategien (Afif, AJG 2010)
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
Gastroenterologie
Azathioprin
nicht enzymatische Umwandlung
6-Mercaptopurin (6-MP)
Xanthinoxidase
HypoxanthinPhosphoribosyltransferase (HPRT)
Thioharnsäure
Thiopurin-Methyltransferase (TPMT)
© UNIVERSIMED ®
referat
6-Methylmercaptopurin
6-Thioinosin-5‘-Monophosphat
6-Thioxanthosin-5‘-Monophosphat
6-Thioguanosin-5‘-Monophosphat
-Diphosphat
-Triphosphat
Thioguaninnukleotide (TGN)
Abb.: Azathioprin-Metabolismus
zu schweren Leukopenien unter Thioguanin-Therapie kommen kann. Deshalb sind diese strengen Kontrollen des
Blutbildes einzuhalten.
Eine klinische Wirkung der Thiopurine
ist frühestens nach zwei bis vier Monaten zu erwarten und eine Therapie
sollte zumindest für ein bis zwei Jahre
fortgesetzt werden, um eine Abheilung
erreichen zu können. Bei Kindern und
Adoleszenten wird diese Therapie relativ früh im Erkrankungsverlauf gegeben und kann dadurch bei einem
großen Prozentsatz einen langfristigen
rezidivfreien Verlauf erzielen. Die Zielparameter sind hier natürlich die klinische Remission, sekundär auch die
Laborremission mit Normalisierung
von CRP, in Hinkunft wahrscheinlich
auch die Normalisierung der Calprotectin-Werte im Stuhl und letztendlich,
wenn möglich, auch eine endoskopische Remission, um spätere Komplikationen zu verhindern.
Anti-TNF-Antikörper
Die Anti-TNF-Antikörper wirken einerseits durch die Neutralisierung von
zirkulierendem TNF-alpha und andererseits von TNF-alpha an Monozyten,
teilweise auch den transportierenden
Makrophagen und T-Zellen. Hier sind
regelmäßige Laborkontrollen des Blutbildes und der Leberwerte allerdings in
etwas größeren Abständen von zumindest vier Monaten einzuhalten. Ebenso
ist eine regelmäßige Abfrage von eventuell vermehrten Infektionen durchzu1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
führen, um neuerliche Therapien mit
Anti-TNF-Antikörpern zu pausieren
oder zu verschieben. Langfristig wichtig ist jedoch die Wirksamkeit der
Anti-TNF-Antikörper, wobei hier neben dem klinischen Bild auch Laborparameter wie CRP, Eisen, Blutbild und
Calprotectin im Stuhl herangezogen
werden. Letztendlich kann bei Ansprechen in etwa 50% auch eine endoskopische Remission erreicht werden. Patienten mit endoskopischen Remissionen haben langfristig die beste Prognose sowohl hinsichtlich einer
langfristigen Beschwerdefreiheit, der
Verminderung der Spitalsaufnahmen
und auch der Reduktion von Operationsbedürftigkeit.
80% der Patienten, die primär auf die
Anti-TNF-Therapie ansprechen, zeigen
auch im weiteren Verlauf eine anhaltende Remission unter laufender AntiTNF-Antikörper-Therapie. Nichtsdestotrotz kommt es bei 20–50% der Patienten, auch abhängig von Solo- oder
Kombinationstherapie mit einem anderen Immunsuppressivum, in ein bis fünf
Jahren zu einem Loss of Response
(LOR). Es hat sich gezeigt, dass insbesondere bei Patienten unter InfliximabTherapie mit niedrigerem Trough-Spiegel <7,2µg/ml das Risiko für einen
Wirkungsverlust erhöht ist (Alias,
ECCO 2012). Zusätzliche Immunsuppressiva erhöhten den InfliximabTrough-Spiegel von 7,9 auf 10,5µg/ml,
wodurch auch die verlängerte und vermehrte Wirksamkeit der Kombinationstherapie erklärt werden könnte.
Von Afif wurde 2010 eine Strategie bei
Versagen der Anti-TNF-Therapie empfohlen (Tab.). Um dieses Vorgehen
optimieren zu können, ist die Bestimmung der Infliximab-Trough-Spiegel
vor der nächsten geplanten Infusion
bzw. der sogenannten Human AntiChimeric Antibodies (HACA) nötig;
dies sind Anti-Infliximab-Antikörper.
Bestehen HACA, dann empfiehlt es
sich, die Therapie auf die bisher nicht
verwendeten Anti-TNF-Antikörper
umzustellen. Bestehen subtherapeutische Dosen von Infliximab-TroughSpiegeln, sollte man die Infliximab-Dosis erhöhen bzw. das Intervall verkürzen. In diesen Situationen führen die
empfohlenen Maßnahmen in 80–90%
zu einem Wiederansprechen der Patienten auf die Therapie.
Für die Praxis
Bei Thioguaninen sind insbesondere am
Anfang häufige Laborkontrollen mit
Blutbild, Amylase, Lipase, Leberfunktionsparameter und später in zwei- bis
dreimonatigen Abständen zu empfehlen. Die Spiegelbestimmungen dienen
hier vor allem der Evaluation der Compliance und eventuell auch der Ursache
des Therapieversagens.
Das Monitoring bei Anti-TNF-Therapie
setzt natürlich auch regelmäßige Kontrollen von Blutbild und LFP voraus, allerdings in größeren Abständen von
zwei bis vier Monaten, wobei hier eher
die Infektionskontrolle und das Pausieren der Gabe der Anti-TNF-Antikörper
bei Infekten wesentlich ist. Bei Wirkungsverlust ist die Messung der
Trough-Spiegel der Anti-TNF-Antikörper zur Optimierung der Strategie zu
empfehlen.
n
Autor:
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Harald Vogelsang
AKH – MedUni Wien
KIM III/Gastroenterologie & Hepatologie
Währinger Gürtel 18–20
1090 Wien
Tel.: 01/40 400-4745
E-Mail: [email protected]
Seite 7 I jatros
Gastroenterologie
referat
Diätologische Interventionsmöglichkeiten bei CED
Inwieweit beeinflusst die Ernährung Morbus Crohn, Colitis ulcerosa
oder eine funktionelle Darmerkrankung? – Ob und wie Patienten über
Essen und Trinken selbst auf ihre Erkrankung Einfluss nehmen können,
war und ist Thema all jener, die sich mit diesen Menschen beschäftigen.
Obwohl Essen und Trinken einen meist
flüchtigen Genuss darstellen, nimmt
dieser Bereich im Ranking der wichtigsten Lebensinhalte regelmäßig eine
Top-Positionierung ein: Für rund 50%
der Allgemeinbevölkerung sind gutes
Essen und Trinken in Befragungen
ebenso wichtig wie ein schönes Haus
bzw. eine schöne Wohnung oder ein
befriedigendes Sexualleben.1
Allzu oft werden die Bedeutung von
Lebensinhalten und ihr Beitrag zur Lebensqualität hintangestellt, wenn es
um eine vermeintlich wichtige „Diät“
geht. Wie bedeutsam ist eine fettarme
Ernährung für unsere CED-Patienten
wirklich? Sind fünfmal am Tag Obst
und Gemüse tatsächlich empfehlenswert und wie wichtig sind eine frische
Zubereitung und zumindest eine
warme Mahlzeit täglich? Und können
wir uns überhaupt mit Nahrungsmitteln alleine noch gut versorgen oder
sollten wir bestimmte Nährstoffe über
Supplemente zuführen?
Viele Fragen und Unsicherheiten also,
die sich – bezogen auf die verschiedenen Esstypen und ihr Ernährungsverhalten – noch potenzieren.
Ein wesentliches Instrument zur objektiven Beurteilung des Ernährungszustandes stellen Screeningverfahren dar.
Für den ambulanten Bereich ist dies
beispielsweise MUST (Malnutrition
Universal Screening Tool, für Erwachsene), für den stationären Bereich NRS
(Nutritional Risk Screening) 2002.2
Eine Auswahl an validen Screeningtools bietet die Homepage der AKE
(Arbeitsgemeinschaft klinische Ernährung; http://ake-nutrition.at/).3
Zeigt ein Patient Auffälligkeiten im
Rahmen des Screenings, ist eine ärztliche Zuweisung an die Diätologie angezeigt.
Der diätologische Prozess4 beginnt mit
einer patientenzentrierten Ernährungsanamnese, in der Vorlieben, Unverträglichkeiten, Aversionen und/oder diagnostizierte Nahrungsmittelallergien
erhoben und dokumentiert werden.
KeyPoints
Effekte diätologischer Interventionsmöglichkeiten bei chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen:
• Strukturierte Befundung und Beurteilung: Ernährungsanamnese, Ernährungszustand
• Individualisierte orale Ernährungstherapie, angepasst an das soziokulturelle
Umfeld der Patienten; bei Bedarf auch enterale und parenterale Ernährungstherapie
• Reduktion von gastrointestinalen Symptomen
• Erhalt bzw. Verbesserung der Lebensqualität
jatros I Seite 8
K. Nigl, Linz
„Das vertrag’ ich nicht“
Diese Aussage ist bei CED-Patienten
häufig: Zwei Drittel der Patienten vertragen rohe Zwiebeln und Lauch
schlecht, der Hälfte der Patienten bereiten stark gewürzte Speisen, Paprika,
manche Früchte und frisches Brot Probleme.5
Für die Erhebung des Ernährungszustandes ist zumindest die Berechnung
des Body-Mass-Index (BMI) erforderlich. Ein BMI, der lediglich auf Schätzungen des Gewichts und/oder der
Größe beruht, eignet sich nicht dafür!
Bessere Verlaufsdaten liefern die bioelektrische Impedanzanalyse (BIA)
oder anthropometrische Daten (Hautfaltendicke), die direkt oder indirekt
das Muskulatur-Fett-Verhältnis im
Körper beschreiben. Im klinischen Bereich kommen auch Präalbumin oder
Retinol-bindendes Protein zum Einsatz, um den Effekt und Verlauf einer
diätologischen Intervention mit beurteilen zu können.
Die diätologische Befundung und Beurteilung stellen die Fakten aus dem
Screening, der Ernährungsanamnese
und des Ernährungszustandes dem
Soll-Bedarf des Patienten gegenüber
(Abb.).
Eine wesentliche Interventionsmöglichkeit der Diätologie stellt das Angebot
an Kostformen im klinischen Betrieb
dar: Nur wissenschaftlich belegte Kostformen finden sich im KostformenkaInfektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
Gastroenterologie
© UNIVERSIMED ®
referat
Aufnahme:
Screening-Problem?
Ja
Nein
Diätologische Anamnese,
Assessment
ggf. Wiederholung
Screening
Planen, Umsetzen, Evaluieren
der Ernährungstherapie (oral,
enteral, parenteral)
Entlassung
Abb.: Was passiert nach dem Screening?
talog, der auch als Tool im Rahmen
der Qualitätssicherung dient. Dabei
gilt es, die Patienten so wenig wie
möglich und (nur) so viel wie nötig
einzuschränken – schließlich bedeutet
Essen und Trinken Lebensqualität!
Und was ist mit der „Diät“?
Eine Beschränkung der oralen Zufuhr
ist sinnvoll bei unspezifischen gastrointestinalen Beschwerden, Laktoseintoleranz, Fruktosemalabsorption, Zöliakie, Lebensmittelallergie und Operationen im Gastrointestinaltrakt (z.B.
Stomata, Resektionen, Short-BowelSyndrom). Eine individuell unterschiedliche Toleranzgrenze bei Laktose
oder Fruktose rechtfertigt eine laktosefreie Ernährung ausschließlich bei
niedriger Laktosetoleranz; das Gleiche
gilt sinngemäß für die Fruktosemalabsorption – die Notwendigkeit der Beschränkung orientiert sich an den Symptomen.
Eine sekundäre Laktoseintoleranz findet sich bei bis zu 40% der MorbusCrohn-Patienten und bei bis zu 15%
der Colitis-ulcerosa-Betroffenen.6
Für Patienten mit CED führen zum
Teil massive gastrointestinale Beschwerden wie Diarrhö, Obstipation
oder Flatulenz zumindest phasenweise
zu einer deutlichen Beeinträchtigung
der Lebensqualität und in der Folge
manchmal auch zu einer Verschlechterung des Ernährungszustandes.
Ein relativ neues Ernährungskonzept
kommt aus dem angloamerikanischen
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Raum: FODMAPs (Fermentable
Oligo-, Di- and Monosaccharides And
Polyols).7 Es geht davon aus, dass
Frukto-Oligosaccharide (Fruktane),
Galakto-Oligosaccharide (Raffinose),
Fruktose, Laktose und Polyole (Sorbit,
Xylit) durch physiologische Effekte
(Osmolarität, Fermentation) bei gleichzeitig niedriger Reizschwelle („viszerale Hypersensitivität“) bei CED-Patienten Ursache für ihre Motilitätsstörungen, Blähungen und Unwohlsein
sein könnten.8
Die im deutschsprachigen Raum im
Kostformenkatalog gelistete gastroenterologische Basisdiät oder leichte
Vollkost (früher: „Schonkost“)9 zeichnet sich durch die Nichtverwendung
von Lebensmitteln aus, die bei mehr
als 5% der Menschen Unverträglichkeiten auslösen, so z.B. Paniertes, Gurkensalat, Birnen und Süßigkeiten. Eine
Anpassung in Richtung FODMAPs
könnte in österreichischen Krankenhäusern und Kliniken folgendermaßen
aussehen: Karottensuppe statt Brokkolisuppe, Heidelbeerstrudel statt Apfelstrudel und Kiwi statt Birne.
Stagniert oder verschlechtert sich ein
kritischer Ernährungszustand bei
CED-Patienten und sind Maßnahmen
hinsichtlich der Auswahl an Essen und
Trinken allein nicht ausreichend,
schlägt die Diätologie im Rahmen der
Evaluierung des Ernährungszustandes
geeignete Zusatz- oder Trinknahrung
bzw. spezielle Module vor. Bleibt weiterhin eine Differenz zwischen dokumentierter Ist- und Soll-Zufuhr beste-
hen, werden enterale bzw. parenterale
Ernährungsschemata berechnet. Die
genannten Ernährungsformen schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern
ergänzen einander.
„Ich habe gehört, dass ...“
Flohsamen, grüner Tee oder Probiotika
brachten bislang keinen zweifelsfreien
Beweis bezüglich einer günstigen Beeinflussung.10
Was bekommt die Trias Medizin –
Pflege – Diätologie im Team besser hin
als die jeweiligen Berufsgruppen alleine? Lassen Sie Ihre Patienten wählen
(Frühstückskomponenten, Mittag- und
Abendessen) und bieten Sie Zwischenmahlzeiten an. Dokumentieren Sie die
Kostform (Fieberkurve/elektronisch)
sowie die konsumierte Menge (z.B.
Tellerprotokoll/elektronisch). Übernehmen Sie relevante diätologische
Prozessdaten in den Arztbrief – die Informationen sind sowohl für den Allgemeinmediziner, als auch für den niedergelassenen Bereich und eine eventuelle Wiederaufnahme wichtig und stellen zudem eine Möglichkeit dar, den
Verlauf des Ernährungszustandes
nachverfolgen zu können!
n
Literatur:
1 BMLFUW: Lebensmittelbericht Österreich 2010. Wien,
s.n.
2 Kondrup J et al: Malnutrition Universal Screening Tool
(MUST) für Erwachsene; Nutritional Risk Screening
(NRS 2002). Clinical Nutrition 2003; 22: 415-421
3 AKE, Arbeitsgemeinschaft für klinische Ernährung;
www.ake-nutrition.at
4 FH-MTD-Ausbildungsverordnung. Anlage 4, 2006
5 Rabast U: Ernährungseinflüsse in der Entstehung und
Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen.
Ernährungsumschau 2011;1
6 Terjung B: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen.
Ernährungsumschau 2011;8
7 Barrett J, Gibson P: Clinical ramifications of malabsorption of fructose and other short-chain carbohydrates. Practical Gastroenterology 2007
8 Meier R: Ernährung beim Reizdarmsyndrom. Journal
für Gastroenterologische und Hepatologische Erkrankungen 2012;2
9 Kluthe R, Dittrich A, Everding R et al: Das Rationalisierungsschema 2004. Aktuel Ernaehr Med 2004, 29:
245-253
10 Rabast U: Ernährungseinflüsse in der Entstehung und
Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen.
Ernährungsumschau 2012;1
Autor: Klaus Nigl, Diätologe
FH Gesundheitsberufe OÖ
Studiengang Diätologie
Elisabethstraße 15–19, 4020 Linz
Tel.: 050 344 221 21
E-Mail: [email protected]
Seite 9 I jatros
Gastroenterologie
referat
Hot Topics Onkologie
Reflux, Barrett und Krebs
Die Inzidenz des Barrett-Adenokarzinoms ist in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen. War vor 1970 maximal eines von 20 (<5%) Karzinomen
im Ösophagus ein Adenokarzinom, so sind Adenokarzinome im Ösophagus
heute bereits häufiger als Plattenepithelkarzinome.1
In den Vereinigten Staaten hat sich in
den letzten Jahren die Inzidenz von 4
Fällen auf 23 Fälle pro 1 Mio. Einwohner vervielfacht.2 Dieser steigenden Inzidenz steht die unverändert
infauste Prognose eines fortgeschrittenen Barrett-Karzinoms (BK) gegenüber. Diese Tatsache führt sogar so
weit, dass Patienten mit der Diagnose
Barrett-Ösophagus, einer prinzipiell
symptomlosen Veränderung der Ösophagusschleimhaut, über eine deutliche Verschlechterung der Lebensqualität berichten. Ein systemischer Review von 25 Artikeln zu diesen Thema
hat gezeigt, dass allein die Diagnosestellung schon einen substanziellen negativen Impact auf die Lebensqualität
gemessen an diversen Quality-of-LifeIndizes hat, welcher nach Einschätzung
der Autoren vor allem durch die Angst
vor dem BK verursacht wird. Ob diese
Angst begründet oder übertrieben ist,
soll in diesem Artikel erörtert werden.3
Ist jede Metaplasie-verdächtige
Schleimhaut über dem gastroösophagealen Übergang ein Barrett?
Widmen wir uns zuerst der Frage, ob
jede endoskopisch dargestellte, Metaplasie-verdächtige Schleimhaut über
dem gastroösophagealen Übergang einer Barrett-Schleimhaut entspricht,
also ob der Gastroenterologe oder der
Pathologe die Diagnose Barrett-Ösophagus stellt. Prinzipiell können wir
proximal vom gastroösophagealen
Übergang drei verschiedene Zylinderepithelien unterscheiden: 1. das Fundus-typische, 2. das Kardia-typische
jatros I Seite 10
und 3. das intestinal-typische Epithel,
welches durch das Vorhandensein von
Becherzellen charakterisiert ist. Während die britische und die japanische
Fachgesellschaft sowohl die Kardia-typische als auch die intestinal-typische
Metaplasie als Barrett-Metaplasie zusammenfassen, ist nach Definition der
AGA (American Gastroenterological
Association) ausnahmslos eine intestinale Metaplasie als Barrett-Metaplasie
zu bezeichnen. Diese strikte Definition
wird durch das mehr oder weniger gut
definierte Risiko der Entstehung eines
BK aus einer intestinalen Metaplasie
begründet. Allerdings muss an dieser
Stelle angemerkt werden, dass auch
die Kardia-typische Metaplasie ein
nicht zu vernachlässigendes malignes
Potenzial besitzt. So konnte in einer
Studie, in der die endoskopisch resezierten Präparate mit mukosalem BK
histologisch aufgearbeitet wurden, in
bis zu 57% der Fälle ausschließlich
Kardia-typisches Epithel nachgewiesen
werden.3
R. Koch, Innsbruck
Wie hoch ist das Risiko für BarrettPatienten, ein Adenokarzinom zu
entwickeln?
Die Barrett-Schleimhaut beherbergt
definitiv ein Risiko für die Entstehung
eines BK, das jedoch in älteren Studien
deutlich überschätzt wurde. Wurde
das jährliche Risiko anfangs mit
2–4%, also 20–40 Karzinomen pro
1.000 Patientenjahren angegeben, so
zeigen jüngere Studien mit deutlich
mehr rekrutierten Barrett-Patienten
ein jährliches Risiko von etwa 0,4%.
Eine rezent im NEJM publizierte dänische Studie belegte bei einer Kohorte
mit über 11.000 Patienten sogar nur
ein jährliches Risiko von 0,12%.4 Damit relativiert sich das Krebsrisiko natürlich deutlich. Zu den Risikofaktoren, welche die Entstehung des BK
begünstigen, zählen Refluxbeschwerden, Alter, männliches Geschlecht und
Adipositas. Zwar haben Patienten mit
Refluxbeschwerden ein 6- bis 10-fach
erhöhtes Risiko, einen Barrett-Öso-
KeyPoints
• Die Inzidenz des BK nimmt deutlich zu.
• Risikofaktoren für ein BK: Alter, männliches Geschlecht, Refluxbeschwerden,
Adipositas.
• Ein Barrett-Ösophagus sollte in regelmäßigen Abständen endoskopiert und biopsiert werden: bei NDBE alle 3–5 Jahre, bei LGIN alle 6–12 Monate.
• Biopsiebefund wenig verlässlich – deshalb genau schauen; evtl. mit Essigsäure färben und bei verdächtigen Schleimhautveränderungen den Patienten zur diagnostischen endoskopischen Mukosaresektion (EMR) an ein tertiäres Zentrum überweisen.
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
Gastroenterologie
referat
Abb.: A: Barrett-Schleimhaut; B: Essigfärbung; C: FICE; D: EMR mit Blick durch die Kappe; E: RFT mit Blick durch den aufgeblasenen Ballon; F: Ablatierte Barrett-Schleimhaut nach RFT mit liegendem Ballon
phagus sowie ein BK zu entwickeln,
andererseits haben etwa 40% der Patienten mit BK in der Vorgeschichte
keine Refluxsymptomatik.
Wie soll die Barrett-Metaplasie
überwacht werden?
Aufgrund des zwar geringen, jedoch
vorhandenen Risikos der malignen
Entartung der Barrett-Metaplasie ist
diese zu überwachen. Diese Überwachung sollte nach den gängigen Empfehlungen durch eine regelmäßige Endoskopie mit Biopsien erfolgen. Dieser
Empfehlung liegt die Annahme der
Correa-Sequenz einer intestinalen Metaplasie, also des stufenweisen Übergangs einer nicht dysplastischen Metaplasie in eine geringgradige Dysplasie
(LGIN = low grade intraepithelial neoplasia) und in weiterer Folge in eine
hochgradige Dysplasie (HGIN = high
grade intraepithelial neoplasia) und
schließlich in ein Adenokarzinom zugrunde. Somit sollte nach AGA-Empfehlung eine nicht dysplastische Metaplasie alle 3–5 Jahre, die geringgradige
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Dysplasie alle 6–12 Monate und die
hochgradige Dysplasie alle 3 Monate
endoskopisch überwacht werden. Dabei sind entsprechend dem Seattle-Protokoll alle 1–2cm 4-Quadranten-Biopsien zu entnehmen. Sichtbare Erhabenheiten sollen ebenfalls biopsiert werden. Anzumerken ist hier, dass bei
Nachweis einer hochgradigen Dysplasie im Biopsat eine Resektion oder ein
ablatives Verfahren der reinen Überwachung vorzuziehen ist.
Die endoskopisch/bioptische Überwachung der Barrett-Schleimhaut ist mit
mehreren Problemen verbunden. So ist
die strikte Einhaltung des Seattle-Protokolls vor allem bei einem über eine
größere Distanz reichenden Barrett
zeitaufwendig, technisch anspruchsvoll
und wird daher häufig vernachlässigt.
Eine niederländische Arbeit zeigt, dass
bei einem Barrett unter 5cm zwar in
79% nach dem Seattle-Protokoll biopsiert wird, bei einem längeren Barrett
jedoch nur mehr in 30% der Untersuchungen das Biopsieprotokoll eingehalten wird.5
Erschwerend kommt noch die hohe Inter- und Intraobserver-Variabilität der
histologischen Befunde hinzu. Eine Arbeitsgruppe um Curvers ließ 147 Biopsate einer LGIN nachbefunden und
kam zu dem ernüchternden Ergebnis,
dass sich nur in 15% die Diagnose einer LGIN bestätigte.6 Eine andere
Gruppe berichtet, dass bei Patienten
mit dem bioptischen Nachweis einer
HGIN in etwa 30% lediglich eine
LGIN, jedoch in 20% bereits ein BK
im endoskopischen Resektat nachgewiesen wurde. Beim bioptischen Nachweis eines BK zeigte sich in der folgenden Mukosaresektion in 50% eine
hochgradige Dysplasie, in 25% ein
mukosales und in 25% ein submukosales BK.7
Diese zwei Studien zeigen die Limitation des Biopsiebefundes klar auf. Um
diesem Problem Rechnung zu tragen,
sollen bioptische Befunde stets von
einem weiteren Referenzpathologen
nachbefundet werden. Im Rahmen der
Überwachung finden zahlreiche endoskopische Techniken ihren Platz, welSeite 11 I jatros
Gastroenterologie
che zwar an tertiären Zentren ihren
Stellenwert haben, jedoch für eine generelle Überwachung derzeit nicht
empfohlen werden können. So ist hier
die Chromoendoskopie anzuführen,
bei der die Schleimhaut mittels Farbstoff angefärbt wird. Diese Farbstoffe
reichen von Indigokarmin über Methylenblau oder die Lugol’sche Lösung bis
hin zur Essigsäure. Haben die meisten
Farbstoffe nur einen untergeordneten
Stellenwert in der Neopla-siesuche, so
scheint, wie die Wiesbadener Gruppe
um Prof. Christian Ell berichtet, die
Essigfärbung in geübter Hand die Detektionsrate für HGIN und BK deutlich zu erhöhen.8 Eine weitere Methode stellt die virtuelle Chromoendoskopie dar, bei der kein Farbstoff verwendet wird, sondern bei der die
Schleimhaut im endoskopischen Bild
verfärbt und damit besser kontrastiert
erscheint. Hierbei ist vermutlich NBI
(Narrow Band Imaging; Olympus),
FICE (Fuji Intelligent Color Enhancement; Fuji) oder i-Scan (Pentax) überlegen.
Eine Erweiterung des endoskopischen
Angebots stellt das AutofluoreszenzImaging (AFI) dar. Hierbei emittieren
sogenannte Fluorophore, wenn diese
kurzwelligem Licht ausgesetzt werden, längerwelliges Licht. Als Fluorophore fungieren zum Beispiel Kollagen, aromatische Aminosäuren, Porphyrine und NADH. Neoplastisches
Gewebe unterscheidet sich in der Zusammensetzung dieser Fluorophore
von nicht neoplastischem Gewebe
und bietet damit ein unterschiedliches Autofluoreszenzspektrum. Da
die falsch positive Rate mit mehr als
50% als relativ hoch angesehen werden muss, wurde versucht, diese mit
anderen Verfahren wie HD-Endoskopie und NBI zu kombinieren. Leider
zeigt sich dieses trimodale Imaging in
zwei Studien der 4-Quadranten-Biopsie unterlegen.
Erfolg versprechend gestaltete sich
die konfokale Laserendomikroskopie, die in zwei technischen Varianten
– einem Sonden-basierten System der
Firma Mauna Kea und einem Endoskop-basierten System von Pentax –
jatros I Seite 12
referat
angeboten wird. Mit diesen Systemen
kann eine etwa 1.000-fache Vergrößerung der Gewebedarstellung erzeugt werden, welche durchaus mit
einer histologischen Darstellung verglichen werden kann. Doch wie zu
erwarten, macht die konfokale Laserendomikroskopie nur in speziellen
tertiären Zentren zur Überwachung
des Barrett-Ösophagus Sinn, in denen aufgrund hoher Fallzahlen die
Expertise entsprechend hoch ist.
Die derzeit aufstrebende endoskopische Technik ist die Kohärenz-Interferometrie. Mit dieser neuen Methode ist die Unterscheidung zwischen dysplastischem und nicht dysplastischem Barrett mit 86%iger
Genauigkeit möglich.3
Wie soll das Barrett-Frühkarzinom
therapiert werden?
Für das Barrett-Frühkarzinom (BFK)
stehen neben der chirurgischen noch
weitere
endoskopische
Therapieformen zur Verfügung. Die Grenze
zwischen chirurgischer und endoskopischer Therapie stellt nicht das technisch Machbare, sondern das aufgrund des Lymphknotenmetastasierungsrisikos Sinnvolle dar. So findet
sich bei einem mukosalen BFK (T1
m1–m4) ein etwa 1,9%iges Risiko
für Lymphknotenmetastasen. Nur
wenige Mikrometer tiefer, in der
obersten Schicht der Submukosa (T1
sm1), erhöht sich dieses Risiko bereits auf 9,3%, in der sm2-Schicht
auf 25% und letztlich in sm3 auf
27%.
Eine rezent veröffentlichte Arbeit der
Wiesbadener Gruppe verglich beim
mukosalen BFK zwischen 1996 und
2009 die Ergebnisse ihrer eigenen endoskopischen Resektion mit denen
eines rein chirurgischen Referenzzentrums. Während sich bei einem vergleichbaren Kollektiv in Bezug auf
Rezidiv- und Metastasierungsrate sowie 5-Jahres-Überleben keine signifikanten Unterschiede zeigten, schnitt
die chirurgische Gruppe mit einer
Rate an schweren Komplikationen
von 32% deutlich schlechter ab.9
Die Operationsmortalitätsrate liegt
durchschnittlich bei 2%. Somit kristallisieren sich die endoskopischen
Therapieformen und hier vor allem
die endoskopische Mukosaresektion
(EMR) als die Therapie der Wahl
beim mukosalen BFK heraus. Der
große Vorteil der endoskopischen Resektion, verglichen mit endoskopischen ablativen Verfahren, ist die
exakte Histologie. Die Histologie des
Resektats ist, wie bereits vorab ausführlich diskutiert, angesichts der hohen Variabilität der Histologie einer
Biopsie unabdingbar für die weitere
Prognose und Therapieplanung. Mittels EMR kann eine 80- bis 100%ige
Eradikation der Neoplasie erreicht
werden.
Bei einem Blutungsrisiko von etwa
1% für schwere Blutungen und einem
Risiko von 4% für eine Ösophagusstenose ist die EMR ein komplikationsarmes Verfahren.10 Die EMR
sollte auf weniger als zwei Drittel der
Zirkumferenz beschränkt bleiben, da
sonst das Risiko einer Striktur
sprunghaft ansteigt. Neben dem mukosalen BFK sollte auch die HGIN
mittels EMR abgetragen werden, da
jährlich etwa 10% aller HGIN zu
einem BFK fortschreiten. Vertretbar
ist jedoch sicherlich – aufgrund der
unsicheren Biopsieergebnisse – beim
Nachweis jeglicher suspekten Erhabenheit in der Barrett-Schleimhaut
eine diagnostische EMR.
Wie sich in letzter Zeit herauskristallisiert hat, findet sich nach erfolgreicher EMR in den nachfolgenden
drei Jahren im verbleibenden BarrettEpithel ein etwa 11- bis 30%iges Risiko für das Entstehen weiterer Neoplasien. Somit sollte der nach EMR
verbleibende Barrett mittels endoskopisch ablativer Verfahren wie Radiofrequenztherapie (RFT), photodynamische Therapie (PDT), Kryoablation (CA) oder Argon-Plasma-Koagulation (APC) eradiziert werden. Die
RFT scheint sich derzeit als Standard
bei den ablativen Verfahren durchzusetzen. Ist die PDT mit dem Problem
der hohen Komplikationsrate wie einer 60%igen Phototoxizitäts- und eiInfektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
referat
ner 40%igen Strikturwahrscheinlichkeit vergesellschaftet, ist die APC für Endoskopiker und Patient
aufwendig. Der TTS-Kryoballon, mit dem das BFK
kryoablatiert wird, ist noch nicht ausgereift und kann
deshalb derzeit nicht empfohlen werden. Die RFT ist
ein komplikationsarmes und leicht anzuwendendes
Verfahren. Hierbei wird über diverse Ablationskatheter – der HALO360- und der HALO90-Ablationskatheter sind die gängigsten – hochfrequenter Strom auf
die Mukosa aufgebracht, wodurch die Schleimhaut
bis zu einer Tiefe von etwa 500µm ablatiert wird. Bei
Nachweis einer HGIN oder eines BFK in der Biopsie
ohne das Vorhandensein einer endoskopisch sichtbaren und damit für EMR geeigneten Erhabenheit
kann die RFT sicherlich bereits primär, ohne vorausgegangene EMR, eingesetzt werden. Der große Nachteil hierbei ist – wie bei sämtlichen ablativen Verfahren – die fehlende Histologie, die uns vom initialen
Biopsieergebnis abhängig macht.3, 11
Zusammenfassung
Das BK ist eine seltene Erkrankung. Die Barrett-Metaplasie birgt ein jährliches Karzinomrisiko von 0,3–
0,5%, möglicherweise ist es sogar noch geringer. Dennoch sollte die Barrett-Metaplasie in regelmäßigen
Abständen kontrolliert werden. Bei Vorliegen einer
HGIN oder eines BFK in sichtbaren Schleimhautveränderungen sollten diese mittels EMR abgetragen und
die restliche Barrett-Metaplasie mittels RFT ablatiert
werden. Den endoskopischen Verfahren sollte gegenüber den chirurgischen aufgrund der deutlich geringeren Morbiditätsrate der Vorzug gegeben werden. n
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Literatur:
1
Lagergren J et al, Gut 2005; 54: i1-5
2
Pech O et al, Gut 2008; 57(9): 1200-6
3
Spechler SJ et al, Gastroenterology 2011; 140(3): e18-52
4
Hvid-Jensen F et al, N Engl J Med 2011; 365(15): 1375-83


5
Curvers WL et al, Eur J Gastroenterol Hepatol 2008; 20(7): 601-7
6

Curvers WL et al, Am J Gastroenterol 2010; 105(7): 1523-30
7 Moss
ELISA: C. DIFF CHEK™-60
A et al, Am J Gastroenterol 2010; 105(6): 1276-83
8
Pohl J et al, Am J Gastroenterol 2010; 105(11): 2350-6
9
Pech O et al, Ann Surg 2011; 254(1): 67-72
10
Pech O et al, Gut 2008; 57(9): 1200-6
11
Bennett C et al, Gastroenterology 2012; 143(2): 336-46
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1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
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Gastroenterologie
referat
Hot Topics Onkologie
Lokalisiertes Kolorektalkarzinom
In Österreich erkranken jährlich etwa 5.000 Menschen an einem Kolorektalkarzinom. Während Patienten im UICC-Stadium I der Erkrankung (T1/
T2, N0) ein 5-Jahres-Überleben von etwa 90% aufweisen, beträgt diese
Rate im Stadium II (T3/T4, N0) zwischen 70 und 80% und verringert sich
beim Nachweis von Lymphknotenmetastasen (T1–4, N+; Stadium III) auf
45–70%.1
Einleitung
Therapie der Wahl im Stadium I ist die
alleinige Chirurgie, wohingegen Patienten im Stadium III zusätzlich zur chirurgischen Entfernung des Primärtumors eine adjuvante Chemotherapie
benötigen.
Aktueller Therapiestandard in der adjuvanten Situation im Stadium III ist
eine Oxaliplatin-haltige Therapie in
Kombination mit infusionalem 5-FU
oder Capecitabin, die über 6 Monate
verabreicht wird.2–4 Bei Patienten über
70 Jahren verliert sich der Vorteil von
Oxaliplatin, sodass für die Mehrheit
dieser Patienten 5-FU alleine eingesetzt
wird.5 Ausnahmen sind ältere Patienten ohne Begleiterkrankungen und
in gutem Allgemeinzustand. Sowohl
die Inhibition des VEGF- als auch die
des EGFR-Signalweges mittels Bevacizumab bzw. Cetuximab in Kombination mit Chemotherapie konnte die Ergebnisse im Stadium III bisher nicht
verbessern.6–8
Adjuvante Chemotherapie
im Stadium II
Zirka 70% der Patienten im Stadium
II (T3/T4, N0) bleiben zeitlebens rezidivfrei, während etwa 25–35% der Patienten ein Rezidiv erleiden. Der Benefit einer adjuvanten Chemotherapie im
Stadium II ist äußerst gering und sollte
bei Patienten mit erhöhtem Risikoprofil erwogen werden.
jatros I Seite 14
Risikoabschätzung nach herkömmlichen klinischen Kriterien
Die Bestimmung des Rückfallrisikos
im Stadium II erfolgt anhand herkömmlicher klinischer und histopathologischer Kriterien (Tab. 1). Zu
diesen zählen die Operation unter
Notfallbedingungen, eine Obstruktion
bzw. Perforation des Primärtumors,
ein wandüberschreitendes Tumorwachstum (T4), ein niedriger Tumordifferenzierungsgrad, vaskuläre und
lymphovaskuläre Invasion, inadäquates Lymphknotensampling (<12 resezierte Lymphknoten) sowie Mikrosatelliten-Stabilität (MSS). Es konnte
bisher nicht gezeigt werden, ob Patienten mit klinischer Hochrisikosituation tatsächlich von einer adjuvanten
Therapie profitieren.9
Risikoabschätzung mittels Genexpressionsanalyse (gene array)
Die Bestimmung von Tumor-Genexpressionsmustern mittels MicroarrayAnalyse soll es ermöglichen, zwischen
Patienten mit niedrigem bzw. hohem
Rückfallrisiko unterscheiden zu können. Es sind aktuell mehrere Testsysteme10–12 wie ColoPrint (18-Gen-Profil), Oncotype Dx (12-Gen-Profil) und
ColoGuideEx (13-Gen-Profil) in Verwendung, die in einem Trainingsset
und anschließend in mehreren unabhängigen Patientenpopulationen validiert wurden. ColoPrint stuft ca. zwei
Drittel der Patienten im Stadium II als
Niedrigrisikopatienten ein, die anderen
Gensignaturtests diskriminieren eben-
W. Eisterer, Innsbruck
falls Niedrig- und Hochrisikopatienten
im Stadium II. Ob die so identifizierten
Hochrisikopatienten tatsächlich von
einer adjuvanten Chemotherapie profitieren, ist bislang aber nicht prospektiv
untersucht worden.
Mikrosatelliten-Instabilität
Bei etwa 20% der Patienten mit Kolonkarzinom im Stadium II ist eine
sporadische Mikrosatelliten-Instabilität (MSI) im Tumorgewebe nachweisbar. Dieser genetische Marker korreliert mit der Lokalisation im rechten
Kolon, schlechter histologischer Differenzierung und dem Subtyp des muzinösen Adenokarzinoms. Patienten
mit Mikrosatelliten-Stabilität haben
eine etwas bessere Prognose. Der potenzielle Gewinn einer adjuvanten
Chemotherapie ist geringer als bei Patienten ohne MSI.13 Bei Patienten im
Stadium II ohne Risikofaktoren kann
das Fehlen einer Mikrosatelliten-Instabilität als Argument für, im Umkehrschluss der Nachweis einer Mikrosatelliten-Instabilität als Argument gegen eine adjuvante Chemotherapie
herangezogen
werden.
Ergebnisse prospektiv randomisierter
Studien auf der Basis der Mikrosatelliten-Instabilität liegen bisher nicht
vor.
Fazit
Molekulare Marker haben derzeit in
der Wahl der adjuvanten Therapie
keine Bedeutung. Die Entscheidung für
eine adjuvante Chemotherapie im StaInfektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
Gastroenterologie
referat
- T4-Tumoren
- Perforation
- Angioinvasion (L1/V1)
- Unzureichende Anzahl untersuchter Lymphknoten (<12)
- Undifferenzierte Tumoren (G3/4)
- Darmobstruktion
- Rx- bzw. R1-Resektion
Tab. 1: Klinische und histopathologische Risikofaktoren im Stadium II. Quelle: National Comprehensive Cancer
Network (NCCN) Guidelines, Version 1/2008
KRAS-Mutation
Resistenz gegen Anti-EGFR-Antikörper
DPD-Mangel
5-FU-Toxizität
UGT1A1-Polymorphismen
Irinotecan-Toxizität
Tab. 2: Gesicherte prädiktive Biomarker beim Kolorektalkarzinom
dium II beruht auf klinischen und histopathologischen Charakteristika.
Metastasiertes Kolorektalkarzinom
Bei bis zu 20% der Patienten finden
sich bei der Erstdiagnose eines Kolonkarzinoms bereits Fernmetastasen. Das
Vorhandensein von Metastasen bedingt per se noch keine palliative Situation, da nach einer vollständigen Resektion von isolierten Leber- oder Lungenmetastasen eine Chance auf Heilung der Tumorerkrankung besteht.
Beim metastasierten Kolorektalkarzinom (mCRC) wird die Wahl der Erstlinientherapie vom Therapieziel bestimmt. Die Substanzwahl wird durch
tumorbiologische Faktoren wie die
Metastasenlokalisation (auf die Leber
und/oder Lunge beschränkte Metastasierung oder disseminierte Erkrankung), die Wachstumsdynamik (aggressiver oder indolenter Tumor), die
Symptomatik (asymptomatisch, symptomatisch oder imminente Tumorkomplikationen) und patientenspezifische Faktoren (Allgemeinzustand,
ggf. vorhandene Begleiterkrankungen)
und die Möglichkeit einer sekundären
Resektabilität beeinflusst. Die Einführung zielgerichteter Substanzen („targeted therapies“) hat zu einer Erweite1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
rung der Therapieoptionen geführt.
Durch die Vielzahl an verschiedenen
Therapieoptionen und in Verbindung
mit prädiktiven Biomarkern ist eine
personalisierte Therapie des Kolonkarzinoms in Zukunft vorstellbar.
Molekulare Veränderungen
Beim Kolorektalkarzinom wurden bislang Fehlregulationen mehrerer Signalwege gefunden, so beim Wnt-Pathway inaktivierende APC-Mutationen
(70%) oder aktivierende β-CateninMutationen bei 12,5% der Adenome
und 1,4% der Karzinome. Beim TGFβ-Signalweg liegen häufig Mutationen
im TGF-β-Rezeptor 2 vor (30%). Ein
„loss of heterozygosity“ an Chromosom 18q (18qLOH) führt zum Verlust
des Tumorsuppressorgens SMAD4
(70%) und korreliert mit einer schlechten Prognose. Beim c-Met/HCGF-Signalweg spielen abnorme HCGF- und
c-Met-Expressionslevel (Genamplifizierungen) und c-Met-aktivierende
Mutationen eine Rolle.14
Gesicherte Biomarker
Der am besten untersuchte Signalweg ist
der EGFR-Pathway.15 Aktivierende
EGF-Rezeptormutationen liegen bei
12% der Tumoren vor. Downstream
wurden häufig KRAS-Mutationen nach-
gewiesen (35% an den Codons 12/13,
seltener Codons 61, 117 und 146). Weiterhin liegen bei 13% RAF-Mutationen
vor sowie PIK3CA (20%), PTEN-Mutationen (9%) und Akt1/2 (2%). Bisher
wurde nur das Vorliegen einer KRASMutation als prädiktiver Faktor für das
Ansprechen auf eine Anti-EGFR-Therapie mit Cetuximab oder Panitumumab
in prospektiven Studien bestätigt.16 Der
KRAS-Status ist vor Einleitung einer systemischen Therapie des metastasierten
Kolorektalkarzinoms mittels eines validierten Tests zu erheben.
Polymorphismen der Uridindiphosphat-Glucuronosyltransferase-1A1
(UGT1A1), die zu einer stark verminderten Enzymaktivität führen, korrelieren mit einer Irinotecan-Unverträglichkeit, da dieses überwiegend durch
Glukuronidierung eliminiert wird. Bezüglich der Verträglichkeit von Fluoropyrimidinen ist das genetisch polymorphe Enzym Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD) ein Biomarker, dessen Aktivität mittels eines Tests
bestimmt werden kann. Bei eingeschränkter Aktivität von DPD, dem
5-Fluorouracil abbauenden Enzym,
kann es zu schweren Nebenwirkungen
kommen. Da ein DPD-Mangel jedoch
äußerst selten vorliegt, wird eine generelle Bestimmung der DPD-Aktivität
nach internationalen Therapieempfehlungen nicht zwingend empfohlen.
Tabelle 2 listet die gesicherten prädiktiven Biomarker beim Kolorektalkarzinom auf.
Potenzielle Biomarker
Mutationen des BRAF-Gens, der Verlust von PTEN (phosphatase and tensin homolog), welches ein negativer
Regulator des wichtigen Signalweges
PI3K/Akt ist, sowie Mutationen von
PI3K und die hohe Expression von
ERCC1 (NukleosidexzisionsreparaturGen) sind hinsichtlich ihrer prädiktiven Wertigkeit für die Therapieauswahl nicht ausreichend gesichert und
werden deshalb im klinischen Alltag
nicht routinemäßig bestimmt.
Seite 15 I jatros
Gastroenterologie
referat
Fazit
Derzeit gibt es drei Biomarker in der
Therapie des metastasierten Kolorektalkarzinoms, die in prospektiven Studien validiert wurden. Eine KRAS-Mutation lässt kein Ansprechen auf eine
Anti-EGFR-gerichtete Therapie erwarten. Eine DPD-Defizienz führt zu einer
Unverträglichkeit von Fluoropyrimidinen und die Toxizität von Irinotecan
wird durch UGT1A1-Polymorphismen
mediiert.
n
5
Mc Cleary NAJ et al: Impact of older age on the efficacy
of newer adjuvant therapies in >12,500 patients (pts)
with stage II/III colon cancer: findings from the ACCENT
Database. J Clin Oncol 2009; 27(suppl 15s): abstr 4010
13
S inicrope FA et al: DNA mismatch repair status and
colon cancer recurrence and survival in clinical trials
of 5-fluorouracil-based adjuvant therapy. J Natl Cancer Inst 2011; 103: 863-875
6
llegra CJ et al: Phase III trial assessing bevacizumab
A
in stages II and III carcinoma of the colon: results of
NSABP protocol C-08. J Clin Oncol 2011; 29: 11-16
14
S aif MW, Chu E: Biology of colorectal cancer. Cancer J 2012; 16: 196-201
15
7
e Gramont A et al: Bevacizumab plus oxaliplatin-baD
sed chemotherapy as adjuvant treatment for colon
cancer (AVANT): a phase 3 randomised controlled trial.
Lancet Oncol 2012; 13: 1225-33
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Y
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colorectal cancer. Discov Med 2011; 11: 95-105
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Agesen TH et al: ColoGuideEx: a robust gene classifier specific for stage II colorectal cancer prognosis.
Gut 2012; 61: 1560-1567
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Eisterer
Universitätsklinik für Innere Medizin I
LKH Innsbruck
E-Mail: [email protected]
Update Refresher Kongress 2013
INNERE MEDIZIN
Update Refresher
ALLGEMEINMEDIZIN
DIAGNOSTIK
DIABETES
Update Refresher
Update Refresher
Update Refresher
Veranstaltungsort
Aula der Wissenschaften Wien
Information / Anmeldung
Tel.: 02252 263 263 10 | Fax: 02252 263 263 40
[email protected] | www.fomf.at
11. – 15. Juni 2013
40 DFP-Punkte
12. – 15. Juni 2013
32 DFP-Punkte
11. – 12. Juni 2013
16 DFP-Punkte
13. – 14. Juni 2013
16 DFP-Punkte
Hepatologie
Referat
Hot Topics Onkologie
Hepatozelluläres Karzinom
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) zählt zu den fünf häufigsten
Tumoren weltweit und entsteht in über 90% der Fälle auf der Grundlage einer Leberzirrhose. Diese limitiert die Behandlung dieses Tumors
wesentlich und ist in alle Therapieentscheidungen einzubeziehen.
Diesem Umstand wird auch in den
neuen europäischen Leitlinien der
HCC-Behandlung Rechnung getragen,
welche 2012 im Konsens zwischen der
European Association for the Study of
the Liver (EASL) und der European
Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) erschienen
sind.1 Demnach unterscheidet man kurative Stadien des HCC, bei denen je
nach Tumorausdehnung, Schwere der
Zirrhose und Komorbiditäten Resektion, Lebertransplantation (OLT) bzw.
Radiofrequenzablation (RFA) zum
Einsatz kommen. Im intermediären
Stadium ist die transarterielle Chemoembolisation (TACE) Mittel der Wahl,
während im fortgeschrittenen Stadium
der Multityrosinkinase-Inhibitor Sorafenib zum Einsatz kommt.
schränkter Leberfunktion (Child-PughB ≥7 Punkte).
Rezente Daten4 aus einer weltweiten
Phase-IV-Studie (Gideon Trial) zeigten,
dass Patienten mit Child-Pugh-B-Zirrhose (7–9 Punkte) Sorafenib ähnlich
gut vertragen wie Child-Pugh-A-Patienten, allerdings eine kürzere Therapiedauer sowie ein schlechteres Überleben
(median: 4,8 Monate) haben. In einer
deutsch-österreichischen Phase-IV-Studie5 (Insight-Studie) konnte die Prognose von Child-Pugh-B-Patienten weiter ausdifferenziert werden: Jene mit
mehr als 9 Punkten im Child-PughScore hatten ein besonders schlechtes
Überleben unter Sorafenib (medianes
OS: 2,5 Monate), sodass vor allem
diese Patienten mit fortgeschrittener Le-
W. Sieghart, Wien
berdysfunktion (Child-Pugh >9 Punkte)
vermutlich nicht mehr von einer Behandlung profitieren dürften. Unsere eigene Arbeitsgruppe konnte in Kooperation mit zahlreichen österreichischen
Zentren zu diesem Thema eine mögliche Entscheidungshilfe für eine Therapieeinleitung publizieren:6 Child-PughB-Patienten mit einer AST <100U/L haben ein deutlich besseres Outcome unter Sorafenib als jene mit einer AST
>100U/L (6,5 vs. 2,1 Monate).
Adjuvante Therapie
Im adjuvanten Setting wird derzeit
ebenfalls viel Hoffnung in Sorafenib
gesetzt. In der STORM-Studie werden
derzeit 1.100 Patienten nach kurativer
Behandlung mit Resektion bzw. RFA
Systemische Therapie
Die bislang einzige zugelassene systemische Therapie zur Behandlung des
HCC ist der Multityrosinkinase-Inhibitor Sorafenib. In einer multinationalen Phase-III-Studie konnte mit Sorafenib bei Patienten mit fortgeschrittenem HCC und Child-Pugh-A-Zirrhose nicht nur eine signifikante
Verzögerung der Zeit bis zur Progression, sondern auch eine Verlängerung
des Überlebens (medianes OS: 10,7 vs.
7,9 Monate; HR: 0,69; 95% CI: 0,55–
0,87; p<0,001) erzielt werden.2 Diese
Daten wurden in einer zweiten Studie
in der Asien-Pazifik-Region bestätigt.3
Offen blieben in diesen Studien die
Wirksamkeit und Verträglichkeit von
Sorafenib in Patienten mit einge1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
KeyPoints
• S orafenib ist bis auf Weiteres Goldstandard in der systemischen Therapie von
fortgeschrittenen HCC-Patienten mit Child-Pugh-A-Zirrhose.
• S orafenib zeigt akzeptable Sicherheit in fortgeschrittenen HCC-Patienten mit
Child-Pugh-B-Zirrhose; bei Patienten mit ≥9 Punkten im Child-Pugh-Score ist kein
relevanter klinischer Benefit zu erwarten.
•D
ie Berechnung des ART-Scores nach dem ersten TACE-Zyklus identifiziert intermediäre HCC-Patienten, die von einer weiteren TACE-Behandlung nicht mehr
profitieren.
•D
aten von laufenden Phase-III-Studien mit Sorafenib (adjuvant), mTOR-Inhibitoren
und Ramucirumab werden in den nächsten zwei Jahren erwartet.
•D
er c-MET-Inhibitor Tivantinib ist die erste Substanz beim HCC, die nach positiver
Phase II mittels Biomarker (c-MET-Expression) in einer Phase-III-Studie gestestet
wird.
Seite 17 I
jatros
Hepatologie
© UNIVERSIMED ®
referat
Patienten/Erkrankungscharakteristika
Keine EHS
Keine PVT
Child-Pugh
A oder B
Erste TACE
CT oder MRI
0–1,5 Punkte
ART-Score*
≥2,5 Punkte
Einsatz von
Sorafenib
erwägen
Wiederholung der
TACE erwägen
*ART-Score
Punkte
Kein radiologisches Tumoransprechen
1
AST-Anstieg >25%
4
Child-Pugh-Score-Anstieg
1 Punkt
1,5
≥2 Punkte
3
Abb. 1: Vorschlag für eine ART-Score-gesteuerte Wiederholung der TACE bei intermediären HCC-Patienten8
zu Sorafenib oder Placebo randomisiert und vier Jahre nachbeobachtet.
Erste Ergebnisse dieser Studie werden
2014/15 erwartet.
Die Begeisterung für die Kombination
von Sorafenib mit TACE im intermediären Stadium hat mit der Präsentation
der SPACE-Daten am ASCO-GI 20127
abgenommen. Die Kombination von
TACE plus Sorafenib verlängerte die
TTP (HR: 0,797; 95% CI: 0,588–1,08;
p=0,072) und erreichte somit entsprechend dem vordefinierten statistischen
Analyseplan den primären Endpunkt
der Studie bei einem akzeptablen Sicherheitsprofil. Allerdings lag die mediane TTP der Kombination bei 169
Tagen (95% CI: 166–219) und in der
Placebogruppe bei 166 Tagen (95%
CI: 113–168), sodass der reale klijatros I Seite 18
nische Benefit der Kombination letztlich bescheiden ausfiel. Eine abschließende Beurteilung dieser Kombinationsstrategie wird erst nach Publikation
der laufenden Phase-III-Studien möglich sein; bis dahin bleibt die TACEMonotherapie der Goldstandard in der
Therapie des intermediären HCC.
Wie oft man bei Patienten mit intermediärem HCC die TACE-Behandlung
wiederholen soll, insbesondere wenn
sie nach dem ersten Zyklus nicht vollständig angesprochen haben, ist unklar
und oblag bis dato der subjektiven klinischen Einschätzung des behandelnden Arztes. Unsere eigene Arbeitsgruppe konnte zur objektiven Entscheidungsfindung in dieser oft schwierigen klinischen Situation einen
wichtigen Beitrag leisten.8 Mittels mul-
tivariater Regressionsanalyse wurde
der ART-Score entwickelt (Assessment
for Retreatment with TACE). Der
ART-Score wird unmittelbar vor dem
zweiten TACE-Zyklus bestimmt und
integriert das radiologische Tumoransprechen sowie Veränderungen der Leberfunktion im Vergleich zur TACEnaiven Leber. Patienten mit ≥2,5 ARTScore-Punkten haben eine äußerst
schlechte Prognose mit wiederholter
TACE-Behandlung (medianes OS: 6,6
vs. 23,7; p<0,001) und sollten vermutlich eher eine weniger lebertoxische
Therapie, wie z.B. Sorafenib, erhalten.
Diese Ergebnisse wurden in Kooperation mit den Kollegen der Innsbrucker
Universitätsklinik für Gastroenterologie und Hepatologie extern validiert.
Ein Vorschlag für die ART-Score-gesteuerte Wiederholung der TACE ist in
Abbildung 1 dargestellt.
Behandlung im fortgeschrittenen
Stadium
Hinsichtlich der Behandlung des fortgeschrittenen HCC waren 2011/12 äußerst enttäuschende Jahre. Abbildung 2
gibt einen Überblick über die Substanzen, die in der Erst- bzw. Zweitlinientherapie (nach Progression bzw. Unverträglichkeit von Sorafenib) in Phase-IIIStudien gescheitert sind. Mit Spannung
wird daher auf die noch laufenden
Phase-III-Studien mit mTOR-Inhibitoren bzw. dem VEGFR-2-Antikörper
Ramucirumab gewartet. Die mTOR-Inhibitoren werden einerseits im adjuvanten Setting als „Immunsuppression
mit antineoplastischer Wirkung“ nach
Lebertransplantation von HCC-Patienten getestet (Rapamune®) und andererseits als Zweilinientherapie bei fortgeschrittenem HCC (Everolimus). Ramucirumab wird ebenfalls einer Prüfung in der Zweitlinie unterzogen.
Allen bislang gescheiterten Phase-IIIStudien ist das Drama der fehlenden
Tumorgewebeproben gemeinsam, sodass keinerlei molekulare Analysen zur
Identifizierung eventueller profitierender Patientensubgruppen möglich
sind. Wie entscheidend Tumorbiopsien
für die erfolgreiche Entwicklung von
Substanzen zur Behandlung des HCC
sind, zeigt eine wunderschöne ZweitliInfektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
R.I.P
Sunitinib
Sorafenib + Erlotinib
- VEGFR, KIT
-
1st
© UNIVERSIMED ®
Hepatologie
Referat
- BRAF, VEGFR, PDGFR + EGFR
- 1st line: Phase III vs. Sorafenib
line: Phase III vs. Sorafenib
- 1073 Pts. 1:1 randomisiert
- prim. EP nicht erreicht
- OS: 8 vs. 10 Monate
- OS: 9,5 vs. 8,5 Monate
- HR: 1,3; p=0,0019
- HR: 0,9; p=0,3
- mehr Toxizität (Leber!)
- mehr Toxizität
Cheng et al, J Clin Oncol 2011; 29
(suppl; abstr 4000)
Zhu et al, ESMO 2012
Brivanib
Linifanib
- FGFR, VEGFR, PDGFR
- 1st line: Phase III vs. Sorafenib
- VEGFR, PDGFR
- primärer EP (non-inferiority) nicht erreicht (p=0,3)
- 1st line: Phase III vs. Sorafenib
- gleiches OS: 9,5 vs. 9,9 Monate
- Studie abgebrochen
- 2nd line vs. Placebo
- Daten noch nicht präsentiert
- TTP: 4,2 vs. 2,7 Monate; HR: 0,57; p=0,0001
- Kein OS-Unterschied
- primärer EP nicht erreicht: HR: 0,87; p=0,3
- mehr Toxizität
- OS: 9,4 vs. 8,2 Monate
Abbot Study Information, 26.12. 2011
Johnson et al, AASLD 2012
Abb. 2: Gescheiterte Phase-III-Studien der letzten Jahre beim fortgeschrittenen HCC
nien-Phase-II-Studie des c-MET-Inhibitors Tivantinib, die am ASCO 2012
präsentiert wurde.9 In dieser 2:1 randomisierten,
placebokontrollierten
Studie wurden Patienten nach ihrer immunhistochemischen c-MET-Expression im Tumorgewebe (high [>50%
der Tu-Zellen, Intensität 2+] vs. low)
stratifiziert. In dieser Studie wurde der
primäre Endpunkt TTP in der
ITT(intent to treat)-Population nur
knapp erreicht. Allerdings zeigte Tivantinib eine vielversprechende Wirkung in Patienten mit c-MET-high-exprimierenden Tumoren, bei denen sowohl die TTP (HR: 0,43; 95% CI:
0,19–0,97; p=0,03) als auch das Gesamtüberleben (HR: 0,38; 95% CI:
0,18–0,81; p=0,01) signifikant verlängert wurden, während keine Wirkung
in c-MET-low-exprimierenden Tumoren detektiert werden konnte. Tivantinib wird nun in einer Phase-III-Zweitlinien-Studie (nach Progression/Unverträglichkeit von Sorafenib) bei Patienten mit c-MET-high-exprimierenden
Tumoren getestet. Unsere Abteilung
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
wird Zentrum dieser wichtigen Studie
sein, weshalb wir uns über Zuweisungen von Patienten sehr freuen würden (Kontakt: wolfgang.sieghart@
meduniwien.ac.at).
Fazit
Zahlreiche Substanzen sind derzeit in
klinischer Entwicklung zur adjuvanten
und palliativen Behandlung des hepatozellulären Karzinoms (HCC). In Anbetracht der rezent gescheiterten
Phase-III-Studien sollte die Tumorbiopsie zwecks molekularer Identifizierung potenziell profitierender Patientengruppen zwingend ins Studiendesign integriert werden.
n
6
Pinter et al, Aliment Pharmacol Ther 2011 Oct; 34(8):
949-59
7
L encioni et al, J Clin Oncol 30, 2012 (suppl 4; abstr
LBA154)
8
S ieghart et al, Hepatology 2013 Jan 12 [epub ahead
of print]
9
imassa et al, J Clin Oncol 30, 2012 (suppl; abstr
R
4006)
Autor:
Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Sieghart
Universitätsklinik für Innere Medizin III
Klinische Abteilung für
Gastroenterologie und Hepatologie
AKH Wien
Währinger Gürtel 18–20
1090 Wien
Tel.: 01/40 400-6589
E-Mail: [email protected]
Literatur:
1
EASL, J Hepatol 2012 Apr; 56(4): 908-43
2
L lovet et al, N Engl J Med 2008 Jul 24; 359(4): 37890
3
Cheng et al, Lancet Oncol 2009 Jan; 10(1): 25-34
4
arrero et al, J Clin Oncol 29, 2011 (suppl; abstr
M
4001)
5
anten et al, Zeitschrift für Gastroenterologie 2011
G
(P288)
Seite 19 I jatros
„Zurzeit befindet sich eine große
Anzahl von Direct Acting Antiviral
Agents (DAA) in verschiedenen
Phasen der klinischen Entwicklung.“
AASLD
Therapie der chronischen
Hepatitis C – Update 2013
Die Therapie der chronischen Hepatitis C erlebt derzeit eine dramatische
Entwicklung: Nachdem über viele Jahre die Kombination aus pegyliertem
Interferon plus Ribavirin die Standardtherapie darstellte, werden derzeit
zahlreiche Substanzen entwickelt, welche die Virusreplikation auf verschiedenen Ebenen hemmen.
Vor einigen Monaten wurden mit den
beiden Proteasehemmern Telaprevir
und Boceprevir die beiden ersten Vertreter dieser neuen Substanzen für die
Therapie der chronischen Hepatitis C
Genotyp 1 zugelassen. In diesem Artikel wird zunächst der aktuelle Therapiestandard zusammengefasst, anschließend werden neueste, auf der
Jahrestagung der AASLD (American
Association for the Study of Liver Diseases) präsentierte Daten diskutiert,
jatros I Seite 20
die direkt die aktuelle Standardtherapie betreffen; den Abschluss bildet ein
Ausblick auf die Entwicklungen der
nächsten Jahre.
Aktuelle Standardtherapie der
chronischen Hepatitis C Genotyp 1
Mit der Kombination aus pegyliertem
Interferon plus Ribavirin konnten nur
etwa 40–50% aller mit dem HepatitisC-Virus (HCV) Genotyp 1 infizierten
M. Gschwantler, Wien
Patienten geheilt werden. Seit der Zulassung der beiden Proteasehemmer
Telaprevir und Boceprevir besteht der
Therapiestandard bei HCV Genotyp 1
in einer Tripeltherapie, bestehend aus
PEG-Interferon/Ribavirin plus Telaprevir oder Boceprevir. Durch eine solche
Tripeltherapie kann die Heilungsrate
bei therapienaiven Patienten auf 70–
75% angehoben werden und gleichzeitig kann die Therapiedauer meist auf
24–28 Wochen verkürzt werden. TelaInfektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
Hepatologie
kongress
Telaprevir-basierte Tripeltherapie
bei HCV Genotyp 1
Telaprevir ist ein Proteasehemmer der
ersten Generation. Die Dosierung ist
3x750mg täglich. Während der ersten 12
Wochen wird eine Dreifachkombination Telaprevir/PEG-Interferon/Ribavirin verabreicht, anschließend erhält der
Patient bis Woche 24 PEG-Interferon/
Ribavirin. Ist die PCR zu Woche 4 und
zu Woche 12 negativ, so wird bei therapienaiven Patienten und bei Patienten, die nach einer Vortherapie mit
PEG-Interferon/Ribavirin einen Relapse hatten, die Therapie zu Woche
24 beendet. Ist hingegen zu Woche 4
und/oder zu Woche 12 noch Virus im
Serum nachweisbar, so wird die Therapie mit PEG-Interferon/Ribavirin bis
Woche 48 fortgesetzt. Patienten mit
Leberzirrhose sollten auch bei nega-
tiver PCR zu Woche 4 über 48 Wochen
behandelt werden (Abb. 1).
Patienten mit Partial Response oder
Null-Response auf eine Vortherapie
mit PEG-Interferon/Ribavirin erhalten
ebenfalls zunächst eine 12-wöchige
Tripeltherapie mit Telaprevir/PEG-Interferon/Ribavirin und werden anschließend bis Woche 48 mit PEG-Interferon/Ribavirin therapiert (Abb. 2).
Die Therapie wird wegen Ineffektivität
abgebrochen, wenn der Virustiter zu
Woche 4 und/oder zu Woche 12 über
1.000IU/ml liegt.
Klinisch bedeutend sind zwei Nebenwirkungen, die unter Telaprevir auftreten können: Erstens kommt es zu einer
Verstärkung der Ribavirin-induzierten
Anämie und zweitens werden häufig
Hautausschläge beobachtet. Um das
Risiko von dermatologischen Nebenwirkungen zu minimieren, wird eine
intensive Hautpflege mit Cremen, die
dem Austrocknen der Haut vorbeugen,
KeyPoints
• Die Tripeltherapie mit Telaprevir/PEG-Interferon/Ribavirin oder Boceprevir/PEG-Interferon/Ribavirin ist die aktuelle Standardtherapie der chronischen Hepatitis C Genotyp 1.
• Die Heilungsraten bei therapienaiven Patienten mittels Telaprevir- bzw. Boceprevirbasierter Tripeltherapie betragen 70–75%; zugleich ist die Verkürzung der Therapiedauer auf 24–28 Wochen meist möglich.
• Beim Einsatz von Telaprevir und Boceprevir sind zahlreiche Wechselwirkungen zu
beachten.
• Die Standardtherapie der chronischen Hepatitis C Genotyp 2 und 3 ist weiterhin die
Kombination aus PEG-Interferon/Ribavirin.
Wo 12
Wo 24
Wo 48
eRVR†: P/R*
TVR/P/R*
keine eRVR†: P/R*
Wo 72
Follow-up
Follow-up
Ausnahme: Patienten mit Leberzirrhose sollten grundsätzlich
über 48 Wochen behandelt werden.
Therapieabbruch: Woche 4 oder Woche 12: >1.000IU/ml
* TVR (Telaprevir) 250mg 3-3-3 alle 8 Stunden; pegIFN alpha-2a 180µg/Woche; RBV 1.000–1.200mg/Tag.
† eRVR: extended rapid virologic response = nicht nachweisbare HCV-RNA zu Woche 4 und 12.
Abb. 1: Telaprevir + PEG-Interferon/Ribavirin bei Therapienaiven und Relapsern
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
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previr und Boceprevir unterscheiden
sich in vielen Punkten wesentlich voneinander.
dringend empfohlen. Telaprevir verändert die Pharmakokinetik einer großen
Anzahl von Medikamenten. Patienten
müssen daher immer wieder darauf
hingewiesen werden, keine zusätzlichen Medikamente ohne Rücksprache mit ihrem behandelnden Hepatologen einzunehmen.
Boceprevir-basierte Tripeltherapie
bei HCV Genotyp 1
Boceprevir ist ebenfalls ein Proteasehemmer der ersten Generation und
wird in einer Dosierung von 3x800mg
täglich verabreicht. Die Therapie beginnt mit einer 4-wöchigen „Lead-inPhase“, bestehend aus PEG-Interferon
und Ribavirin. Diese „Lead-in-Phase“
hat das Ziel, die Viruslast vor Beginn
der Therapie mit Boceprevir zu senken,
um das Risiko einer Resistenzentwicklung gegen Boceprevir zu vermindern.
Zusätzlich erlaubt das Ausmaß des
Abfalls des Virustiters während der
„Lead-in-Phase“ Rückschlüsse auf die
Erfolgschancen der Therapie. Ab der
fünften Woche erhält der Patient zusätzlich zu PEG-Interferon und Ribavirin auch Boceprevir in der oben genannten Dosierung. Ist bereits zu Woche 8 (d.h. nach 4 Wochen Dreifachkombination) die PCR negativ und
bleibt diese auch negativ, so kann die
Behandlung bei therapienaiven Patienten ohne Leberzirrhose nach 28 Wochen beendet werden. Ist die PCR hingegen zu Woche 8 und/oder zu einem
späteren Zeitpunkt positiv, so wird Boceprevir am Ende von Woche 36 abgesetzt und noch bis Woche 48 eine
Zweifachkombination aus PEG-Interferon und Ribavirin verabreicht.
Die Vorgangsweise bei Patienten, die
auf eine Vortherapie mit PEG-Interferon/Ribavirin einen Relapse, eine Partial Response oder eine Null-Response
hatten, ist in Abbildung 3 zusammengefasst. Die Therapie wird wegen Ineffektivität abgebrochen, wenn der Virustiter zu Woche 12 über 100IU/ml
liegt oder wenn die PCR zu Woche 24
positiv ist. Die beiden wichtigsten Nebenwirkungen von Boceprevir sind
eine Verstärkung der unter der antiviralen Therapie auftretenden Anämie
und eine Geschmacksstörung, die als
Dysgeusie bezeichnet wird.
Seite 21 I jatros
Hepatologie
Aktuelle Standardtherapie der
chronischen Hepatitis C
Genotyp 2 und Genotyp 3
Da die neu zugelassenen Proteasehemmer Boceprevir und Telaprevir nur bei
jatros I Seite 22
TVR/P/R*
Wo 48
Wo 72
© UNIVERSIMED ®
Wo 24
Follow-up
PR*
Follow-up
Abb.: Einordnung antimikrobieller Wirkstoffe
Therapieabbruch: Woche 4 oder Woche 12: >1.000IU/ml
* TVR (Telaprevir) 250mg 3-3-3 alle 8 Stunden; pegIFN alpha-2a 180µg/Woche; RBV 1.000–1.200mg/Tag.
Abb. 2: Telaprevir + PEG-Interferon/Ribavirin bei Partial Respondern und Null-Respondern
–
Therapienaive
Patienten ohne
Zirrhose
–
4 Wo –
4 Wo 32 Wo
– +
Vorbehandelte
Patienten ohne
Zirrhose
Zirrhotische
Patienten und/
oder NullResponder*
4 Wo 32 Wo
4 Wo 44 Wo
4
8
12 Wo
–
12
12 Wo
STOPP, wenn
HCV-RNA
nachweisbar
STOPP, wenn
HCV-RNA
≥100IE/ml
0
PegIFN + RBV + Boceprevir
24 Wo
+
Therapienaive
Patienten ohne
Zirrhose
PegIFN + RBV
© UNIVERSIMED ®
Effektivität der Telaprevir- bzw.
Boceprevir-basierten Tripeltherapie
Mithilfe der genannten Tripeltherapien
können die Heilungsraten bei therapienaiven HCV-Genotyp-1-Patienten auf
70–75% gesteigert werden. Die Heilungsraten sind grundsätzlich beim Genotyp 1b etwas höher als beim Genotyp
1a. Zusätzlich können 75–88% aller
Relapser, etwa 50% aller Partial Responder und etwa 30% aller Null-Responder geheilt werden. Dies stellt im
Vergleich zum alten Therapiestandard
mit PEG-Interferon/Ribavirin eine enorme Verbesserung dar. Die zusätzlichen
Nebenwirkungen durch den Proteasehemmer werden durch die erhöhten Erfolgsaussichten und die oft mögliche
Verkürzung der Therapiedauer mehr als
aufgewogen.
Trotzdem lässt auch der neue Therapiestandard zahlreiche Wünsche offen: Die
Heilungsraten liegen immer noch deutlich unter 100%. Insbesondere bei ehemaligen Null-Respondern ist die Erfolgsrate von etwa 30% unbefriedigend.
Am schlechtesten sind die Heilungschancen bei Null-Respondern mit Leberzirrhose: Eine Analyse der REALIZE-Studie ergab bei diesem Patientenkollektiv eine SVR-Rate von nur 14%.
Diese Patienten sollten daher nach Möglichkeit im Rahmen von klinischen Studien mit neueren, effektiveren Substanzen behandelt werden.
Schließlich müssen die beiden neuen
Proteasehemmer in Kombination mit
PEG-Interferon und Ribavirin verabreicht werden, sodass nach wie vor das
große Kollektiv der Patienten mit Kontraindikationen gegen Interferon nicht
behandelt werden kann.
Wo 12
Woche
24
28
36
48
HCV-RNA-Viruslasttestung empfohlen nach Fachinformation
Abbruchregeln: Wenn der Patient in BW 12 HCV-RNA-Spiegel
von ≥100IU/ml aufweist, ist die Tripeltherapie zu beenden. Wenn
bei dem Patienten in BW 24 HCV-RNA-Spiegel nachweisbar und
bestätigt sind, ist die Tripeltherapie zu beenden.
* Null-Responder in Österreich von
der Erstattung ausgenommen
Abb. 3: Boceprevir-Behandlungsschema für erwachsene Patienten mit chronischer HCV-Infektion Genotyp 1
© UNIVERSIMED ®
Bedeutend ist, dass Boceprevir zu einer
Veränderung der Pharmakokinetik einer
Vielzahl von Medikamenten führen
kann. Es ist daher extrem wichtig, Patienten darauf aufmerksam zu machen,
vor der Einnahme jedes zusätzlichen
Medikamentes Rücksprache mit ihrem
behandelnden Hepatologen zu halten.
kongress
Genotyp 2 oder 3
PCR Woche 4
negativ
positiv
Schlechte Verträglichkeit? Wunsch des
Patienten nach Therapieende?
ja
Therapieende nach
12–16 Wochen erwägen
nein
Therapie über
24 Wochen
Therapie über
48 Wochen
Abb. 4: Empfohlene Therapiedauer bei Genotyp 2 und 3
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
Hepatologie
kongress
Genotyp 1 wirksam sind, stellt die
Kombinationstherapie PEG-Interferon/
Ribavirin bei den Genotypen 2 und 3
immer noch die Therapie der Wahl dar.
Die Therapiedauer beträgt meist 24
Wochen. Auch bei Vorliegen einer
RVR (Rapid Virologic Response, d.h.
negative PCR zu Woche 4) sollte die
Therapie nur im Ausnahmefall auf 12–
16 Wochen verkürzt werden, da die
bisher größte Studie ergab, dass die
Heilungsraten nach 24 Wochen signifikant höher liegen als nach 16 Wochen.
Patienten, die zu Woche 4 noch PCRpositiv sind, weisen in allen Studien
nach einer 24-wöchigen Therapie relativ niedrige Heilungsraten auf. Es wird
daher empfohlen, bei diesen Patienten
die Therapiedauer auf 48 Wochen zu
verlängern (Abb. 4). Mit der Kombination PEG-Interferon/Ribavirin können
etwa 80% aller Patienten mit Genotyp
2 und 3 geheilt werden.
Neue Daten von der Jahrestagung
der AASLD
Verabreichung von Telaprevir
2x täglich statt 3x täglich
Der Einnahmemodus der modernen
Tripeltherapien ist komplex und stellt
hohe Anforderungen an die Compliance der Patienten: So muss der Proteasehemmer alle 8 Stunden, Ribavirin
hingegen alle 12 Stunden eingenommen werden. In diesem Zusammenhang ist die OPTIMIZE-Studie von
großem Interesse. Diese zeigte, dass die
Einnahme von 2x täglich 1.125mg Telaprevir ebenso effektiv ist wie die Einnahme von 3x täglich 750mg. Dies bedeutet, dass die Patienten bei Telaprevir-basierter Tripeltherapie in Zukunft
nur 2x täglich an die Medikamenteneinnahme denken werden müssen.
Genotyp-1-Patienten mit RVR
und Low Viral Load
Patienten mit RVR haben auch ohne
Proteasehemmer hervorragende Heilungschancen. In eine randomisierte
Studie wurden Patienten mit Low Viral
Load
(Virustiter
zur
Baseline
≤600.000IU/ml) und negativer PCR
nach 4 Wochen PEG-Interferon/Ribavirin eingeschlossen. Anschließend erfolgte die weitere Therapie entweder
mit Boceprevir/PEG-Interferon/Ribavi1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
rin bis Woche 28 oder mit PEG-Interferon/Ribavirin bis Woche 24. Die Heilungsraten beider Therapiearme waren
praktisch ident. Es kann daher gefolgert werden, dass Patienten mit Low
Viral Load und RVR keinen Proteasehemmer benötigen.
rindosis ebenso hohe Heilungsraten
zur Folge hat wie der primäre Einsatz
von Erythropoetin. Das First-Line-Management der Anämie sollte daher eine
Reduktion der Ribavirindosis sein.
Verkürzung der Telaprevir-basierten
Tripeltherapie
In der PROVE-2-Studie (Phase II) gab
es einen Behandlungsarm, in welchem
die Therapie nach einer 12-wöchigen
Gabe von Telaprevir/PEG-Interferon/
Ribavirin beendet wurde. Eine Nachanalyse dieser Studie zeigte, dass alle
Patienten mit IL28B-Genotyp CC
durch diese 12-wöchige Therapie geheilt werden konnten. In einer derzeit
laufenden randomisierten Studie soll
nun prospektiv untersucht werden, ob
bei Patienten mit dem günstigen
IL28B-Genotyp CC die Therapie tatsächlich auf 12 Wochen verkürzt werden kann.
Zurzeit befindet sich eine große Anzahl weiterer Direct Acting Antiviral
Agents (DAA) – darunter Proteasehemmer, Polymerasehemmer und
NS5A-Inhibitoren – in verschiedenen
Phasen der klinischen Entwicklung.
Diese Substanzen im Einzelnen zu beschreiben würde den Rahmen dieses
Artikels deutlich sprengen. Simeprevir
ist ein sehr potenter Proteasehemmer,
dessen Phase-III-Studien derzeit knapp
vor dem Abschluss stehen und der
wohl als nächstes DAA die Zulassung
erreichen wird. Verglichen mit den
Proteasehemmern der ersten Generation, verfügt Simeprevir über zahlreiche
Vorzüge: praktisch keine Nebenwirkungen, Verabreichung einmal täglich
und hohe antivirale Wirksamkeit.
Sicherheit der Proteasehemmer-basierten Tripeltherapien bei Patienten mit
Leberzirrhose
In einer französischen Kohorte wird
derzeit eine große Anzahl von Patienten mit CHILD-A-Zirrhose mit Telaprevir- oder Boceprevir-basierter Tripeltherapie behandelt. Dabei entwickelten 30–45% der Patienten mindestens eine schwere Nebenwirkung und
es traten mehrere Todesfälle (hauptsächlich aufgrund septischer Komplikationen) auf. Patienten mit Leberzirrhose sollten während der Therapie
daher besonders engmaschig monitiert
werden.
Management der Anämie
Früher war man der Ansicht, dass bei
Auftreten einer relevanten Anämie eine
Dosisreduktion von Ribavirin nach
Möglichkeit vermieden werden sollte,
um die Heilungschancen nicht zu vermindern. Die Nachanalyse einer PhaseIII-Studie zeigte jedoch, dass das Auftreten einer relevanten Anämie eher ein
günstiges prognostisches Zeichen hinsichtlich des viralen Ansprechens darstellt. In einer prospektiven Studie
konnte nun klar gezeigt werden, dass
bei Auftreten einer relevanten Anämie
eine stufenweise Reduktion der Ribavi-
Zukunftsperspektiven
Der „Heilige Gral“ der Hepatitis-CTherapie besteht in der Entwicklung
interferonfreier Therapieregime. Zahlreiche Phase-II-Studien beweisen, dass
eine Heilung der chronischen Hepatitis
C ohne Interferon, nur durch eine
Kombination mehrerer DAA, möglich
ist. Diese Daten sind sehr vielversprechend und lassen hoffen, dass innerhalb weniger Jahre interferonfreie
Therapieregime zugelassen werden, sodass erstmals eine Therapie aller Patienten mit Hepatitis C – auch jener, die
Kontraindikationen gegen Interferon
aufweisen – möglich wird. Die optimalen Kombinationen verschiedener DAA
– abgestimmt auf Genotyp und spezifische Charakteristika von Patienten –
müssen allerdings erst im Rahmen weiterer Studien definiert werden.
n
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Gschwantler
Wilhelminenspital,
4. Medizinische Abteilung
Montleartstraße 37
1160 Wien
Tel.: 01/491 50-2401
E-Mail: [email protected]
Seite 23 I jatros
Hepatologie
coverstory
Hepatitis : „Immer harmlos?“
Die Hepatitis E (HE) ist bei uns eine noch wenig beachtete Virusinfektion, von der man bis vor einigen Jahren annahm, dass es sich hierbei stets
um eine reiseassoziierte, akute, selbstlimitierte entzündliche Lebererkrankung handelt, die nur in bestimmten Risikogruppen (Schwangere und
Personen mit chronischen Lebererkrankungen) ein fulminantes Leberversagen verursachen kann.
Heutzutage ist jedoch bekannt, dass
das Hepatitis-E-Virus (HEV) auch in
den Industrienationen vorkommt und
somit auch bei uns zu autochthonen,
also im Inland erworbenen Infektionen
führen kann. Zudem zeigen neue Erkenntnisse, dass die autochthone HEVInfektion bei immunsupprimierten Patienten chronisch verlaufen und mitunter schwere Langzeitfolgen nach sich
ziehen kann. Gerade in diesen Fällen
gestaltet sich die Diagnostik schwieriger und erfordert ein besonderes Vorgehen.
HEV-Genotyp 1 und 2
Erreger der Hepatitis E ist das erst
Anfang der 1980er-Jahre entdeckte
Hepatitis-E-Virus (HEV), ein nicht
umhülltes RNA-Virus aus der Familie
der Hepeviridae. Anhand seiner gene­­-
ti­schen Heterogenität lassen sich vier
humanpathogene Genotypen des HEV
unterscheiden.
und 2 jährlich etwa 20 Mio. Infektionen, mehr als 3 Mio. akute Hepatitiden und 70.000 Todesfälle.1
Die Genotypen 1 und 2 kommen in
Asien, Afrika und Mittelamerika vor.
Reservoir ist der Mensch und die Übertragung erfolgt fäkal-oral vor allem
über fäkal kontaminiertes Wasser (es
sind aber auch Transmissionen über
kontaminierte Blutprodukte und vertikal von einer infizierten Schwangeren
auf den Fetus möglich). Zu Epidemien
kommt es daher typischerweise in Gegenden mit schlechten hygienischen
Verhältnissen, insbesondere auf dem
indischen Subkontinent oder in Afrika,
z.B. nach Überschwemmungen. In diesen Regionen zählt das HEV zu den
häufigsten Erregern von Hepatitisepidemien. Laut Schätzungen der WHO
verursachen die HEV-Genotypen 1
Während ein Großteil der Infektionen,
insbesondere bei Kindern, asymptomatisch verläuft, tritt eine akute Hepatitissymptomatik vor allem bei jungen
Erwachsenen im Alter von 15 bis 40
Jahren auf und ist meist selbstlimitiert.
Schwere Verläufe sind selten. Die Letalitätsraten liegen bei 0,5–4%, steigen
jedoch bei Schwangeren im 3. Trimenon auf bis zu 20%.1 In diesen Fällen
scheint die besondere hormonelle und
immunologische Situation eine Rolle
zu spielen. Bei uns ist die HE, verur­
sacht durch eine Infektion mit Genotyp 1 und 2, eine Reiseerkrankung.
KeyPoints
HE-Virus Genotyp 3 (Nordamerika, Europa):
• Zunehmend sporadische, autochthone Infektionen (auch in Österreich, 1. Fall
1998)
• Übertragung durch Genuss von zu rohem Fleisch, Tierkontakte, Transfusion infizierter Blutprodukte, Organtransplantate; vertikal auf den Fetus
• Krankheitsverlauf meist asymptomatisch; häufig akute, selbstlimitierte Hepatitis;
selten fulminante Hepatitis, Leberversagen
• Chronische Verläufe bei Immunsuppression:
o akute Hepatitis mit milder Symptomatik (median ALT ~150U/l)
o ~40% Spontanheilung (z.T. Anti-HEV-IgG-negativ)
o ~60% chronische HEV → Leberfibrose, Leberzirrhose
o Bei „kryptogener“ chronischer Hepatitis eines Immunsupprimierten an
HEV denken und Virusnachweis (PCR) durchführen!
jatros I Seite 24
H. Holzmann, Wien
HEV-Genotyp 3 und 4
Der HEV-Genotyp 3 kommt in Nordamerika und Europa, Genotyp 4 in
China und Taiwan endemisch vor.
Beide Genotypen haben im Gegensatz
zu den Genotypen 1 und 2 ein zoonotisches Reservoir.2 Bei der Transmission des Genotyps 3 scheinen Wildtiere (Rehe, Hirsche u.a.) und insbesondere Schweine (Haus- und Wildschweine) eine Rolle zu spielen,
wobei das Virus wahrscheinlich durch
Verzehr von unzureichend erhitztem
Fleisch (v.a. Wildschweinfleisch und
Schweineinnereien) auf den Menschen übertragen wird. Auch Österreich ist von diesen Infektionen betroffen. Der erste humane autochthone HE-Fall trat 1998 auf,3 2012
wurde HEV-Genotyp 3 erstmals auch
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
Hepatologie
© UNIVERSIMED ®
coverstory
Symptome
ALT
Titer
IgM Anti-HEV
IgG Anti-HEV
Virus im Stuhl
Virus im Blut
0
2
4
6
8
10
Wochen nach Exposition
12
14
Abb.: Hepatitis-E-Diagnostik; Quelle: Department für Virologie, MUW
in österreichischen Hausschweinen
nachgewiesen.4
Seroprävalenz-Studien mit gesunden
Erwachsenen bzw. Blutspendern mit
Durchseuchungsraten (Nachweis von
HEV-spezifischen IgG-Antikörpern)
von z.B. >15% in Deutschland, 20%
in Dänemark und bis 16% in England
zeigen, dass das Virus in Europa verbreitet vorkommt.5, 6 Laut den Daten
des Robert-Koch-Instituts nehmen die
jährlichen HEV-Fälle in Deutschland
kontinuierlich zu, wobei der Anstieg
der Fallzahlen fast ausschließlich die
autochthonen Fälle betrifft. Außer der
zoonotischen Transmission kann HEVGenotyp 3 auch über die Transfusion
von infizierten Blutprodukten, Organtransplantate und vertikal von der
Mutter auf den Fetus übertragen
werden.
Der Großteil der Infektionen bleibt dabei komplett asymptomatisch. Entwickelt sich nach einer Inkubationszeit
von zwei bis acht Wochen doch eine
Symptomatik, entspricht sie der von
anderen akuten Virushepatitiden. Bei
einem kleinen Teil der Infizierten, insbesondere bei Schwangeren und Personen mit vorbestehenden Lebererkrankungen, kann es auch zu fulminanten Verläufen mit Leberversagen
und tödlichem Ausgang kommen. Sofern diese – zum Glück seltenen –
Komplikationen ausbleiben, heilt die
akute Hepatitis E in der Regel aber
ohne weitere Folgen aus.
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Dies liegt vor allem an der meist erfolgreichen Abwehr der gegen das
HEV gerichteten T- Zell-Antwort.
Durch sie werden nach und nach alle
mit dem Virus infizierten Leberzellen
erkannt und sukzessive zerstört. Im
Falle einer HEV-Infektion unter Immunsuppression (z.B. nach Transplantationen, bei fortgeschrittenen HIV-Infektionen oder bestimmten Lymphomen), bei der zentrale Funktionen
der virusspezifischen T-Zell-Antwort
(Zytokinproduktion, T-Zell-Vermehrung) gehemmt sind, kann das Virus
bei bis zu 60% der Betroffenen in der
infizierten Leber persistieren.2, 7 Besonders bei Empfängern von Leber-,
Nieren-, Herz- und Lungentransplantaten werden chronische HEV-Infektionen in letzter Zeit vermehrt aufgedeckt. Je nach Studie, Patientenpopulation und virologischer Nachweismethode wird die Prävalenz der
HEV-Infektion bei Transplantatempfängern dabei zwischen 1,8 und
11,3%, die einer persistierenden HEVVirämie mit bis zu 6,5% angegeben,
wobei besagte Studien ausschließlich
HE-Viren des Genotyps 3 nachweisen
konnten.8–10
Auch in Österreich wurden bereits solche chronischen Hepatitis-E-Fälle bei
mehreren Lungen- und einem Nierentransplantierten diagnostiziert, wobei
alle Infektionen durch Genotyp-3-Viren verursacht worden waren. Dabei
können die Symptome einer chronischen HEV-Infektion bei Immunsup-
primierten sehr mild ausgeprägt sein.
Oft besteht lediglich eine dauerhafte,
in Einzelfällen auch nur eine intermittierende Erhöhung der Transaminasen,
die den Normwert mitunter nur geringfügig übersteigt. Mediane ALTWerte liegen dabei häufig nur zwischen
100 und 300U/ml und es muss nicht
zwangsläufig zu einem Ikterus kommen.11 Jedoch kann eine chronische
Hepatitis E unter Immunsuppression,
wie andere chronische Virushepatitiden, im Laufe der Zeit in eine Leberfibrose und Leberzirrhose übergehen,12
die letal enden kann. Sie muss daher
ehestmöglich erkannt werden, um die
Patienten rechtzeitig einer Behandlung
zuzuführen.
Diagnostik
Die Diagnostik der akuten Hepatitis E
beim immunkompetenten Patienten
erfolgt durch den Nachweis von virusspezifischen IgM- (und IgG-)Antikörpern aus Serum ab Symptombeginn
(mit sensitiven Testsystemen, die auch
Antikörper gegen den HEV-Genotyp 3
erfassen) und von HEV-RNA mittels
PCR aus Serum und/oder Stuhl (der
Höhepunkt der Virämie und der Ausscheidung von HEV mit dem Stuhl
liegt in der Inkubationsphase und
der frühen akuten Erkrankungsphase;
siehe Abb.). Bei positivem Virusnachweis kann als weiterführende Diagnostik auch eine Genotypisierung durchgeführt werden. Im Gegensatz dazu ist
beim
immunsupprimierten/-defizienten Patienten eine serologische Diagnostik mittels Antikörpernachweis
von virusspezifischen IgM und IgG
nicht immer verlässlich, da die Antikörperbildung unter Immunsuppression womöglich verzögert auftreten
oder komplett fehlen kann.13 Zudem
erfassen nicht alle Testformate jene
Antikörper, die gegen den bei uns vorkommenden Genotyp 3 gerichtet sind,
mit ausreichender Sensitivität.14 Daher sollte bei klinischem Verdacht auf
eine chronische Hepatitis E, also bei
jeglicher
Transaminasenerhöhung
ohne ersichtlichen Grund, bei Transplantatempfängern (und anderen Immunsupprimierten) immer eine PCRUntersuchung auf HEV-RNA im Blut
(oder Stuhl) erfolgen!
Seite 25 I jatros
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Hepatologie
Therapie
Eine Therapie der akuten HE ist bei
immunkompetenten Patienten in der
Regel nicht notwendig. In einzelnen
schweren Erkrankungsfällen oder bei
signifikanten Komorbiditäten hat sich
jedoch die Gabe von Ribavirin als hilfreich und gut verträglich erwiesen.15
Bei Vorliegen einer chronischen HEVInfektion sollte die Dosierung der Immunsuppression reduziert und Tacrolimus, falls möglich, abgesetzt werden.
Bleibt dies ohne Erfolg, kann in der
Folge eine antivirale Ribavirin-Monotherapie (600–1.000mg pro Tag über
mindestens 3 Monate) verabreicht
werden, die in den meisten der beschriebenen Fälle zu einer dauerhaften
Elimination des Virus geführt hat.2
Alternativ steht pegyliertes Interferon
zur Verfügung, dessen Einsatz bei
Transplantatempfängern jedoch auf-
jatros I Seite 28
coverstory
grund der möglichen Nebenwirkungen
nicht unproblematisch ist.
Obwohl wirksame rekombinante HEVVakzinen bereits entwickelt wurden,
stehen diese derzeit bei uns noch nicht
zur Verfügung.2 Daher müssen insbesondere immunsupprimierte/-defiziente
Personen darüber aufgeklärt werden,
dass der Verzehr von unzureichend erhitzten Wildgerichten und Schweinefleisch bzw. von Rohfleischprodukten
das Risiko einer HEV-Infektion in sich
birgt, die zu chronischen Leberschäden
führen kann. Zudem sollten Kolleginnen und Kollegen, die Immunsupprimierte betreuen, darauf achten, bei Vorliegen der beschriebenen Symptome an
eine mögliche Hepatitis E zu denken,
und eine Untersuchung auf HEV mittels
PCR aus Serum und Stuhl veranlassen.
Denn eine chronische Hepatitis E ist
keine harmlose Erkrankung, rechtzeitig
erkannt und behandelt in den meisten
Fällen jedoch heilbar.
n
Literatur:
1
WHO Fact Sheet No. 280, July 2012
2
edemeyer H et al, Gastroenterology 2012; 142:
W
1388-1397
3
Worm HC et al, NEJM 1998; 339: 1554-1555
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Z wettler D et al, Berl Münch Tierärztl Wochenschr
2012; 125, Heft 7/8: 281-289
5
Vollmer T et al, JCM 2012; 50(8): 2708-2713
6
Faber MS et al, EID 2012; 18(10): 1654-1657
7
Suneetha PV et al, Hepatology 2012; 55: 695-708
8
Kamar N et al, NEJM 2008; 358: 811-817
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Legrand-Abravanel F et al, EID 2011; 17: 30-37
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Halac U et al, Gut 2012; 61(4): 597-603
11
amar N et al, Gastroenterology 2011; 140: 1481K
1489
12
Halac U et al, J Pediatr 2012; 160(5): 871-874
13
Kamar N et al, AJT 2012; 12(9): 2281-2287
14
Wenzel JJ et al, JID 2013; 207: 497-500
15
Peron JM et al, AASLD 2012; Abstract #1646
Autorin:
Univ.-Prof. Dr. Heidemarie Holzmann
Departement für Virologie, MUW
Kinderspitalgasse 15
1095 Wien
Tel.: 01/401 65-65 50
E-Mail: [email protected]
1/13 Ausgabe
13. – 15. Juni 2013, Congress Graz
Kongresspräsident:
Wolfgang Petritsch
Kongresssekretäre:
Peter Fickert
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mit 24. Fortbildungskurs
Fortbildungskurs:
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Heinz Hammer
& Farewell
G. J. Krejs
Information:
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1014 Wien, Helferstorferstraße 4, PF 155
Tel.: (+43/1) 531 16-70
Fax: (+43/1) 531 16-61
E-Mail: [email protected]
Fachausstellung:
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1010 Wien, Freyung 6
Tel.: (+43/1) 536 63-42
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Rolle des angeborenen Immunsystems im Verlauf der HIV Erkrankung
Michel D. Kazatchkine, M.D.
The beginning of the end of AIDS
KONGRESSORGANISATION
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T: +43 512 563598 | F: +43 512 563598-10
email: [email protected]
web: www.event-service.cc
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Sex, Stigma, HIV und STIs - Warum die HIV-Epidemie nicht wegtherapierbar ist
Dr. med. Dr. phil. Stefan Nagel
Die HIV-Infektion als Stigma: Zur Metaphorik von Schuld
Dr. Christiana Nöstlinger
Kombinationsprävention: die Wunderpille für die HIV-Prävention?
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Alt werden ohen alt zu sein: Neue Herausforderungen für die HIV-Therapie
Prof. Dr. Alexandra Trkola
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interview
HIV/Aids
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Interview
HIV: Therapieadhärenz
„Das Um und Auf“
eine Adhärenz von mehr als
Neben der Forschung an
95% erforderlich war, um die
neuen antiviralen Subserwünschte Wirksamkeit zu ertanzen gewinnen Maßzielen. Unter 95% Therapietreue
nahmen zur Vereinfazeigte sich bereits bei über
chung der Therapie für
50% der Patienten ein virologidie Patienten in der HIVsches Versagen, unter 70% bei
Behandlung heute zuüber 80% der Patienten.1 Wenn
nehmend an Bedeutung.
Wir sprachen mit OÄ Dr.
man das umrechnet, bedeutet
B. Schmied, Wien
Brigitte Schmied, Leiterin
das, bei einer Therapie zweimal
der Immunambulanz am
täglich dürfte man pro Monat nur
Wiener Otto-Wagner-Spital, über den zweimal, maximal dreimal auf die Einnahme
zentralen Stellenwert der Therapie- der Medikamente vergessen.
adhärenz.
Wie bewerten Sie das Risiko hinsichtlich
Welche Bedeutung hat die Compliance
der Entwicklung von Resistenzen gegenHIV-infizierter Patienten, insbesondere
über den antiviralen Therapeutika?
ihre Adhärenz gegenüber der verordneten
medikamentösen HIV-Therapie, für die
B. Schmied: Steigt die Virusbelastung unEffektivität der Therapie?
ter Therapie an, obwohl zunächst eine
negative Virusbelastung erreicht wurde,
B. Schmied: Neben wenigen anderen Fakto- weiß man, dass es ein Problem gibt. Reren, die die Aufnahme und Metabolisierung sistenzentwicklungen sind heute aber zum
der verordneten Medikamente betreffen, ist die Glück seltener zu beobachten als noch vor
Therapieadhärenz das Um und Auf, damit die zehn, fünfzehn Jahren. Das hat sicherlich
HIV-Therapie die geforderte Effektivität zeigt. unterschiedlichste Ursachen. Von größter
Die Virusbelastung kann nur dann in den ne- Bedeutung ist aber, dass man heute mehr
gativen Bereich gedrückt werden, wenn die Möglichkeiten hat, auf die Bedürfnisse des
Virusvermehrung maximal supprimiert wird. Patienten einzugehen. Unsere Patienten sind
Es gehört viel dazu, das zu erreichen. Pater- sehr gut informiert und auch das betreuenson et al konnten bereits 2000 zeigen, dass de Personal hat dazugelernt. Das Gespräch
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
mit den Patienten steht hier an erster Stelle.
Wichtig ist natürlich auch, dass die Therapie nebenwirkungsärmer geworden ist und
dass uns heute eine größere Auswahl an
Optionen zur Verfügung steht.
Welche Faktoren spielen bei der Therapieadhärenz von HIV-Patienten eine
Rolle und welches Angebot gibt es, um
den Patienten hier entgegenzukommen?
B. Schmied: Wenn eine Therapie aufgrund
der immunologischen Situation des Patienten indiziert ist, lautet die erste Frage an den
Patienten, ob er die Therapie auch möchte.
Die Bereitschaft zur Therapie ist wesentlich
und damit im Zusammenhang steht, den Patienten zu informieren und ihm die Sinnhaftigkeit der Behandlung zu erklären sowie ihn
auf mögliche Nebenwirkungen vorzubereiten.
Auch die Information über mögliche Wechselwirkungen mit zusätzlich eingenommenen
Medikamenten und daraus resultierenden
Risiken ist essenziell. Ein wichtiger Punkt,
um den Patienten die Compliance überhaupt
zu ermöglichen, ist, dass die Therapie gut vertragen wird und dass man Nebenwirkungen
möglichst verhindert. Durch die breite Palette
an Kombinationsmöglichkeiten und Therapeutika kann man heute besser auf die Verträglichkeit und die Wünsche des Patienten eingehen.
Seite 31 I jatros
HIV/AIDs
interview
Im Gespräch mit dem Patienten kann auch die
Adaption der Therapie an seine Lebensgewohnheiten, seinen Tagesrhythmus und seine Essgewohnheiten erfolgen, was ebenfalls zu seiner
Adhärenz beiträgt.
Ist es Ihrer Erfahrung nach komplizierter,
HIV-Patienten zur Compliance zu bewegen
als andere Patienten?
B. Schmied: Eine lebenslange Therapie, die regelmäßig eingenommen werden muss, ist immer
eine Herausforderung. Früher war es von therapeutischer Seite schwieriger, weil auch das Management des therapeutischen Regimes für die
Patienten komplizierter war. Heutzutage sind die
Therapieregime wesentlich einfacher und die Einnahme an sich ist nicht schwieriger als für einen
anderen chronisch kranken Patienten, vorausgesetzt, es bestehen keine Nebenwirkungen. Die
jatros
I Seite 32
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Prozentsatz von Patienten mit Virusmenge
<400 Kopien/ml
B. Schmied: Die Immunambulanz am Otto-Wagner-Spital ist das einzige HIV-Behandlungszentrum
in Österreich, an dem auch eine Adhärenz-Schwester beschäftigt ist, die die Patienten in der Einnahme ihrer Medikamente schult und unterstützt. Wir
haben die Therapieerfolge vor der Anstellung der
Adhärenz-Schwester mit denen ein Jahr danach
verglichen und gesehen, dass die Ansprechraten
um mehr als 35% angestiegen sind; selbst bei Patienten, die zuvor eine geringe Compliance hatten
und schwierig zu betreuen waren, z.B. Drogenabhängige oder Patienten mit psychischen Erkrankungen. Therapiepässe, in die Abbildungen der
Originalmedikamente eingeklebt werden können,
sind ebenfalls sehr hilfreich. Das Scheckkartenformat ermöglicht es, dass der Therapiepass problemlos in der Brieftasche mitgenommen werden
kann. Elektronische Erinnerungssysteme sind eine
weitere sinnvolle Unterstützungsmöglichkeit. Die
persönliche Betreuung durch unsere Schulungsschwester steht aber im Vordergrund. Sie macht
auch Adhärenzabfragen mittels eines standardisierten Fragebogens, schult die Patienten ein- bis
zweimal jährlich nach und hilft ihnen mit Tipps,
z.B. zur Ernährung oder zum Management von
Nebenwirkungen. Es hat sich auch gezeigt, dass
die Patienten der Schwester gegenüber eine größere Verbindlichkeit dahingehend empfinden, ihre
Therapie regelmäßig einzunehmen.
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Welche Möglichkeiten stehen in der
ambulanten Betreuung zur Verfügung,
um die Adhärenz der Patienten zu
verbessern?
Korrelation: therapeutisches Ansprechen und Compliance
100%
80%
60%
40%
78%
20%
19%
0%
<70
33%
29%
≥70–80
≥80–90
45%
≥90–95
≥95
Compliance %*
* Gemessen mit „Medication Event Monitoring System (MEMS)
Abb.: Paterson DL et al, Ann Intern Med 2000; 133: 21–30
unregelmäßige Einnahme hat allerdings nachhaltige und gravierende Konsequenzen, da mögliche
weitere Therapieoptionen eingeschränkt werden.
Wie bewerten Sie die Entwicklung von
Single-Tablet-Regimen in der medikamentösen HIV-Therapie im Hinblick auf die
Adhärenz der Patienten?
terung. Wie in mehreren Studien gezeigt werden
konnte, hat das auch Auswirkungen auf die individuelle Adhärenz und den Erfolg der Therapie. Auch
bei der nach wie vor bestehenden gesellschaftlichen Stigmatisierung von Menschen mit HIV fällt
es den Patienten leichter, compliant zu sein, wenn
sie nur eine Tablette einnehmen müssen.
Vielen Dank für das Gespräch!
B. Schmied: Prinzipiell ist schon die Möglichkeit
der Gabe einmal täglich ein ganz großer Fortschritt in der HIV-Therapie. Single-Tablet-Regime,
die verschiedene Kombinationspräparate in einer
Tablette verbinden, vereinfachen die Einnahme
natürlich noch weiter. Wenn ein Patient berufstätig ist oder wenn er privat oder beruflich viel auf
Reisen ist und nur ein Medikament mit sich führen
muss, ist das natürlich eine wesentliche Erleich-
Literatur:
1 Paterson DL et al: Ann Intern Med 2000; 133: 21-30
Unsere Gesprächspartnerin:
OÄ Dr. Brigitte Schmied
II. Interne Abteilung, SMZ Baumgartner Höhe
Otto-Wagner-Spital Wien
Das Interview führte Mag. Thomas Schindl
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
1. Panel on Antiretroviral Guidelines for Adults and Adolescents. Guidelines for the use of antiretroviral agents in HIV-1-infected adults and adolescents. Department
of Health and Human Services. 1-239. Available at http://www.aidsinfo.nih.gov/ContentFiles/AdultandAdolescentGL.pdf. Section accessed [31.08.12] [p103]
HIV/AT/13-01/MI/1062
Erstellungsdatum: Jänner 2013
Stand: November 2012
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Fachinformation siehe Seite 50
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Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
infektiologie
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Tuberkulose: moderne
Diagnostik, alte Therapie
Die Neuerungen auf dem Gebiet der Tuberkulose beschränken sich leider
vor allem auf den Bereich der Diagnostik, während therapeutisch kaum
Neuentwicklungen zu verzeichnen sind. Das ist besonders bedrohlich, da
die Zahl der multiresistenten Stämme weltweit ständig zunimmt. Deren
Behandlung ist oft nur stationär und mit alten, nebenwirkungsreichen
Substanzen möglich.
„Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung gilt als infiziert mit Mycobacterium tuberculosis“, sagte Univ.-Prof.
Dr. Stefan Winkler, Klinische Abteilung für Infektionskrankheiten und
Tropenmedizin, Univ.-Klinik für Innere
Medizin I, MUW. Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen an Tuberkulose (Tbc) liegt bei geschätzten 8,7
Mio., die Zahl der Todesfälle bei 1,4
Mio. Während seit 1990 in manchen
Weltregionen, wie z.B. in Lateinamerika, die Inzidenzraten leicht zurückgegangen sind, stiegen sie in Afrika,
insbesondere in Gebieten mit hoher
HIV-Prävalenz, stark an.1
In Österreich wurden im Jahr 2011
687 Tbc-Fälle gemeldet, davon 67,8%
bestätigt, 10,5% als wahrscheinlich
und 21,7% als möglich klassifiziert.
Die Tbc-Inzidenz lag 2011 in Österreich bei 8,16/100.000, was gegenüber 2010 eine leichte Abnahme be-
deutet. Männer erkranken 1,7-mal
häufiger als Frauen. Dabei war die Inzidenz bei Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft sehr niedrig,
sie lag 2011 bei 4,75/100.000, während sie bei Personen mit anderer
Staatsbürgerschaft mit 34,86/100.000
wesentlich höher lag.
„Auch die Altersgipfel sind je nach
Herkunft der Patienten unterschiedlich“, führte Winkler aus. Bei den Österreichern lag die Inzidenz mit
9,23/100.000 bei den Personen ab 65
Jahren am höchsten, während Patienten anderer Staatsbürgerschaft in der
Altersgruppe zwischen 15 und 24 Jahren mit 51,35/100.000 die höchste Inzidenz aufwiesen.
Die meisten Patienten, die in Österreich diagnostiziert werden, kommen
aus Hochrisikoregionen (Afrika,
Asien), von den europäischen Ländern
KeyPoints
• Inzidenzrate der Tbc in Österreich niedrig, viele Fälle sind importiert
• Weltweiter Anstieg multiresistenter Stämme von M. tuberculosis; deren Therapie
ist mangels neu entwickelter Medikamente schwierig, teuer und nebenwirkungsreich
• Präventive Behandlung einer latenten Tbc bei Kindern und Jugendlichen immer,
bei Erwachsenen nur in bestimmten Situationen (z.B. geplante Biologikatherapie)
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
S. Winkler, Wien
sind es vor allem Rumänien, Bosnien/
Herzegowina, weiters Russland und
die Türkei.
Resistenzsituation
Die Zahl resistenter Tbc-Erregerstämme nimmt zu. Man unterscheidet
heute multiresistente Stämme (MDR),
extensiv resistente Stämme (XDR) und
sogar von panresistenten Erregern
wurde bereits berichtet. Per definitionem liegt MDR dann vor, wenn der
Erreger gegen die beiden wichtigsten
First-Line-Tbc-Medikamente, nämlich
Isoniazid (INH) und Rifampicin
(RFA), resistent ist. XDR ist dann gegeben, wenn zusätzlich eine Resistenz
gegen die wichtigsten Second-LineSubstanzen vorliegt, das sind die neueren Chinolone (Moxifloxacin, Levofloxacin) sowie injizierbare Substanzen,
wie z.B. Aminoglykoside. Laut Zahlen
der WHO kann man davon ausgehen,
dass mehr als 500.000 Personen weltweit (v.a. in Russland, China, Indien,
Südafrika und Osteuropa) an einer
durch einen MDR-Stamm ausgelösten
Tbc erkrankt sind, davon sollen
5–10% XDR-Stämme sein. 2011 waren in Österreich 2,9% der kulturbestätigten Fälle MDR (ohne XDR) und
weitere 1,3% XDR. Beides betraf fast
ausschließlich Personen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft.
Seite 35 I
jatros
infektiologie
Verlauf und Diagnostik
Nach Erstinfektion mit M. tuberculosis
kommt es bei 90–95% nach einer häufig klinisch inapparenten Primär-Tbc
zur Entstehung einer latenten Tbc,
während 5–10% in eine apparente Tbc
übergehen. Risikofaktoren für die Reaktivierung einer latenten Tbc sind u.a.
HIV-Infektion, aber z.B. auch die Therapie mit manchen Biologika.
„Etwa 80% der manifest Erkrankten
haben eine pulmonale (Abb.), 20%
eine extrapulmonale Manifestation“,
kommentierte Winkler.
Für die Diagnostik der latenten Infektionen mit M. tuberculosis gibt es keinen Goldstandard. „Was dabei eigentlich nachgewiesen wird, ist eine lang
anhaltende Immunantwort auf die Infektionen, d.h. spezifische Memory-Effector-CD4-Zellen“, erklärte der Infektiologe.
Zur Verfügung stehen einerseits der
Mendel-Mantoux-Test, andererseits die
sogenannten IGRAs („Interferon
Gamma Release Assay“). Limitationen
des Mendel-Mantoux-Tests sind eine
vorangegangene BCG-Impfung, der
Kontakt mit nicht tuberkulösen Mykobakterien, Immunsuppression, eine beträchtliche Variabilität sowohl in der
individuellen Patientenreaktion als
auch in der Bewertung des Ablesenden, die Notwendigkeit von mindestens zwei Arztbesuchen und der Booster-Effekt (Reaktivität bei Infizierten
schwindet mit der Zeit; erster MendelMantoux-Test wirkt bei manchen Patienten als Booster, nächster Test wird
dann hoch positiv und fälschlich als
Neuinfektion interpretiert).
IGRAs hingegen beruhen auf der Inkubation von Vollblut mit M.-tuberculosis-spezifischen Antigenen und anschließender Quantifizierung der reaktiven Produktion von Interferon-γ.
„IGRAs haben vor allem einen sehr
guten negativen Prädiktionswert“, erklärte Winkler. Dennoch sind IGRAs
allein weder zum Ausschluss einer Tbc
noch zur Verlaufskontrolle geeignet.
Die Diagnostik der aktiven Tbc beruht
auf Klinik, radiologischen Befunden,
jatros
I Seite 36
veranstaltung
Mykobakteriologie, Molekularbiologie
und ggf. auch histologischen bzw. zytologischen Befunden. „Die Sputum-Mikroskopie hat eine schlechte Sensitivität von nur ca. 50%“, warnte Winkler.
Goldstandard ist die Sputum- bzw. Gewebekultur mit Resistenztestung. Allerdings dauert es einige Wochen bis
zum Eintreffen der Ergebnisse (6–8
Wochen bei festen Medien, <2 Wochen
bei Flüssigmedien).
Moderne additive diagnostische Verfahren, die allerdings sicher nicht zur
Routine zu zählen sind, stellen u.a. das
PET/CT oder die Immundiagnostik der
aktiven Tbc mittels Durchflusszytometrie dar.
Bei MDR/XDR gilt als Prinzip, dass
initial fünf und mehr Medikamente
nach Resistenztestung verabreicht werden und dass die Behandlung zumindest 18 bis 24 Monate dauert. Unter
den initial verabreichten Substanzen
muss zumindest ein parenterales Antibiotikum sein. Fluorchinolone spielen
in der Therapie der MDR/XDR eine
gewisse Rolle.3 Andere Substanzen, die
hier eingesetzt werden, sind Aminoglykoside wie Capreomycin oder Amikacin, Protionamid, Paraaminosalicylsäure, Linezolid, Rifabutin und Cycloserin/Terizidon.
„Die Therapie der MDT/XDR-Tbc ist
kostenintensiv, ein langer stationärer
Aufenthalt ist erforderlich und die Nebenwirkungen sind zum Teil verheerend“, schränkte Winkler ein.
Wenn eine latente Tbc festgestellt wird,
hängt das weitere Vorgehen u.a. vom
Alter des Patienten ab. Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr
sollten auf jeden Fall präventiv behandelt werden, da bei ihnen das Risiko
für die Reaktivierung der Tbc über
20% liegt. Bei Erwachsenen ist eine
präventive Therapie nicht grundsätzlich indiziert, sehr wohl jedoch in speziellen Situationen, wie z.B. vor Einleitung einer Therapie mit Biologika.* n
Abb.: Lungentuberkulose – Kaverne im rechten Oberlappen. Quelle: Institut für Röntgendiagnostik, OttoWagner-Spital, Wien
Therapie
Die Standardtherapie der Tbc besteht
laut WHO – die Empfindlichkeit des
Erregers auf die erwähnten Substanzen
vorausgesetzt – in einer Viererkombination von INH, RFA, Pyrazinamid und
Ethambutol, ggefolgt von einer Zweierkombination INH/RFA über weiterevier Monate. „Sinnvoll ist die Verabreichung von Vitamin B6 (zur Minimierung des Neuropathierisikos durch
INH) sowie von Vitamin D. Letzteres
deshalb, weil viele Patienten mit aktiver
oder latenter Tbc niedrige VitaminD-Spiegel aufweisen und die aktive
Form von Vitamin D, 1,25-DihydroxyVitamin-D, die Immunantwort gegen
M. tuberculosis verstärken soll.2
* S iehe dazu auch das Konsensus-Statement der ÖGIT
„Tuberkulose & Biologika“, herunterzuladen von www.
oegit.eu (→ Publikationen)
Literatur:
1
Lawn SD et al: Tuberculosis. Lancet 2011; 378(9785):
57-72
2
Martineau AR: Old wine in new bottles: vitamin D in
the treatment and prevention of tuberculosis. Proc
Nutr Soc 2012; 71(1): 84-89
3
ukherjee JS et al: Programmes and principles in
M
treatment of multidrug-resistant tuberculosis. Lancet
2004; 363(9407): 474-481
Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl
Quelle:
„Tuberkulose – moderne Diagnostik, alte Therapie?“
Giftiger Dienstag
15. Jänner 2013, Wien
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
impfmedizin
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
infektiologie
Pertussis
Impfung wichtiger denn je
Derzeit kommt es weltweit – und auch in Österreich – zu einem Anstieg der Zahl von
Pertussisfällen. Am schwersten betroffen sind jene, die noch nicht geimpft werden können:
Säuglinge unter 6 Monaten. Umso wichtiger ist die Verbesserung der Durchimpfungsrate,
damit auch die Schwächsten durch Herdenimmunität vor Pertussis geschützt sind.
Eine neue Empfehlung besagt, dass
Schwangere ohne Impfschutz sofort
post partum geimpft werden sollen.
Darüber hinaus enthält der Impfplan
Österreich 2013 analog zu den aktuellsten internationalen Guidelines die
Empfehlung, nicht immune Schwangere schon ab der 27. SSW zu impfen.
Seit einigen Jahren kommt es in den
meisten Teilen der Welt zu beträchtlichen Anstiegen der Zahl von Pertussisfällen. Dies wird einerseits einer erhöhten Virulenz und anderen genetischen Veränderungen des Erregers,
Bordetella pertussis, zugeschrieben, andererseits dem Nachlassen des Impfschutzes bei vielen Menschen. Letzteres
Faktum hat damit zu tun, dass die Pertussisimpfung vor allem bei Erwachsenen viel zu selten aufgefrischt wird.
Im Jahr 2012 wurden z.B. allein in den
USA 39.000 Fälle von Pertussis gemeldet – man spricht vom größten Ausbruch seit einem halben Jahrhundert.
Dabei betrafen die meisten Todesfälle
Kinder unter drei Monaten, die nicht
gegen die Erkrankung geimpft werden
konnten. Gerade für diese Kinder ist
eine gute Durchimpfungsrate in der
Bevölkerung besonders wichtig, darüber hinaus ist natürlich der Impfschutz
der Schwangeren entscheidend.
In Großbritannien ereignete sich 2012
der größte Pertussisausbruch seit 20
Jahren, bis November gab es fast
9.000 Fälle, die höchste Zahl seit den
frühen Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts.
Auch in Österreich ist es seit 2006 zu
einem deutlichen Anstieg der Zahl der
gemeldeten Pertussisfälle im Vergleich
zu den Jahren davor gekommen (Abb.
1). Dabei betrafen ca. 70 bis 75% aller
Fälle Erwachsene, der Altersdurchschnitt lag bei über 42 Jahren. Pertussis ist somit keineswegs nur eine Kinderkrankheit. Abbildung 2 zeigt die
Altersverteilung der in Österreich gemeldeten Pertussisfälle zwischen 2000
und 2010.
Gründe für den Wiederanstieg
In der Zeit vor Einführung der Pertussisimpfung lag die Inzidenz bei Kindern
KeyPoints
• Weltweiter Anstieg der Pertussis-Inzidenzraten – auch in Österreich
• Für Herdenimmunität regelmäßige Pertussisimpfung aller Altersgruppen erforderlich (siehe österreichischen Impfplan sowie Empfehlungen für Mitarbeiter des
Gesundheitswesens)
• Zusätzliche spezielle Maßnahmen: postpartale Impfung von Müttern und mit diesen in engem Kontakt stehenden Personen sowie Impfung während der Schwangerschaft (ab der 27. Schwangerschaftswoche)
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
unter 10 Jahren bei 157/100.000; sie
sank nach Einführung der Impfung auf
<1/100.000 ab. Seit den Neunzigerjahren wird nicht mehr der Ganzzellimpfstoff, sondern der besser verträgliche
azelluläre Pertussisimpfstoff verwendet. Ein Cochrane-Review aus dem
Jahr 2011 zeigt, dass der azelluläre
Impfstoff auch bei zuvor ungeimpften
Kindern und Erwachsenen eine gute
Wirksamkeit aufweist.1
Warum ist es nun zum Wiederanstieg
der Pertussisinzidenz gekommen? In
einem Kommentar in „Pediatrics“
nennt James D. Cherry, Pädiater an der
UCLA in Los Angeles, Kalifornien, einige wesentliche Gründe.2 Der erste
und vielleicht wichtigste Grund, so
Cherry, sei eine falsche Falldefinition
vonseiten der WHO, die in der Vergangenheit dazu geführt habe, dass viele
Pertussisfälle einfach nicht als solche
gezählt wurden. In dieser Definition wird nämlich das Vorliegen paroxysmalen Hustens über mindestens
21 Tage gefordert, was bei vielen Pertussisfällen nicht gegeben sei. Dies bedeute aber auch, so Cherry, dass die
Wirksamkeitsraten der Pertussisimpfstoffe falsch hoch angegeben seien.
Auch gebe es bestimmte systematische
Verzerrungen in einschlägigen Studien,
die zur falsch hohen Angabe von
Schutzraten geführt haben. Umgekehrt
wurde in den USA aber festgestellt,
dass immerhin 16,5% der zur PCR eingeschickten Nasopharyngealsekrete
von Patienten mit Hustenerkrankungen
Bordetella parapertussis enthielten.
Diese Fälle, so Cherry, würden bei fehSeite 37 I
jatros
infektiologie
Um dies zu erreichen, wurden verschiedene Maßnahmen getroffen. Zunächst
wurde bereits 2010 im österreichischen
Impfplan die routinemäßige Auffrischung der Diphtherie-Tetanus-Pertussis-Impfung vom 9. auf das 6. Lebensjahr vorverlegt. Sowohl in Österreich
als auch international gilt nun die
Empfehlung, bei Erwachsenen die Pertussisimpfung alle zehn Jahre, ab dem
60. Lebensjahr alle fünf Jahre aufzufrischen. Zudem gibt es nun auch eine
konkrete Empfehlung zur Impfung von
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
Gesundheitswesens (siehe auch den Artikel auf den Seiten 39–41 in dieser
Ausgabe).
Um für Neugeborene und Säuglinge,
die noch nicht geimpft werden können,
jatros
I Seite 38
Fallmeldungen
© UNIVERSIMED ®
500
400
300
200
100
0
2000 2001
2002
2003 2004 2005
Jahr
2006
2007 2008 2009
2010
Quelle: U. Wiedermann-Schmidt, Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin,
MUW (Referenzzentrale für Pertussis des BMG)
© UNIVERSIMED ®
Abb. 1: Meldungen von Pertussisfällen in Österreich
18
16
2000–2009
14
2010
12
10
8
6
4
≥90
85–<90
80–<85
75–<80
70–<75
65–<70
60–<65
55–<60
50–<55
45–<50
40–<45
35–<40
30–<35
25–<30
20–<25
15–<20
0
10–<15
2
<5
Die wichtigste Maßnahme, um diesen
Trend zu stoppen, besteht darin, anzuerkennen, dass B. pertussis in allen Altersgruppen zirkuliert und daher auch entsprechende Durchimpfungsraten in allen Altersgruppen erforderlich sind, um
eine Herdenimmunität zu ermöglichen.
600
5–<10
Notwendige Maßnahmen
700
Anteil gemeldeter Fälle (%)
lender PCR-Diagnostik als Pertussis
und damit als Impfversager aufscheinen, obwohl die Impfung nicht gegen
B. parapertussis schützt.
Ein Mangel an initialer antigener Potenz scheint bei den derzeitigen Pertussisimpfstoffen kein Problem zu sein.
Hingegen scheint es nach insgesamt
fünf azellulären Pertussisimpfungen zu
einer jährlichen Abnahme des Impfschutzes zu kommen – wenn das Risiko unmittelbar nach der fünften Impfung 5% beträgt, steigt es rezenten Daten zufolge innerhalb von fünf Jahren
auf 29% an.3
Cherry führt weiter aus, dass der jahrzehntelange Einsatz von Pertussisimpfungen zu genetischen Veränderungen
verschiedener Antigene von Bordetella
pertussis geführt hat. Insbesondere betroffen sind Pertussistoxin, Pertactin
und Fimbrienantigen. Allerdings betont der Autor, dass es derzeit keine
Daten gebe, die zeigen würden, dass
diese genetischen Veränderungen tatsächlich zu einer höheren Rate an
Impfversagern führen.
impfmedizin
Altersgruppen in Jahren
Quelle: U. Wiedermann-Schmidt, Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin,
MUW (Referenzzentrale für Pertussis des BMG)
Abb. 2: Altersverteilung der gemeldeten Pertussisfälle
eine Art Schutzkokon zu schaffen
(„cocooning“), gibt es zudem konkrete
Empfehlungen, Mütter sofort post partum zu impfen, auch sollten alle mit ihnen in engem Kontakt stehenden
Personen geimpft werden. Darüber hinaus hat das Nationale Impfgremium
Österreichs im aktuellen Impfplan
2013* in Anlehnung an amerikanische
und britische Guidelines und als Teil
des „Cocooning“-Ansatzes die Empfehlung ausgesprochen, nicht immune
Schwangere bereits ab der 27. Schwangerschaftswoche gegen Pertussis zu
impfen. So werden signifikant erhöhte
Antikörperspiegel beim Fetus aufgebaut, die etwa bis zum 6. Lebensmonat
anhalten, wodurch neonatale Pertussisinfektionen verhindert werden
können.4, 5
n
* Der Impfplan Österreich 2013 ist auf der Homepage
des Gesundheitsministeriums abrufbar (Fachlink
→ Impfen → Österreichischer Impfplan 2013 bzw.
direkt unter unter http://bmg.gv.at/cms/home/
attachments/3/3/6/CH1100/CMS1327680589121/
impfplan2013.pdf).
Literatur:
1 Zhang L et al: Acellular vaccines for preventing whooping cough in children. Cochrane Database Syst Rev
2011; (1): CD001478
2 Cherry JD: Why do pertussis vaccines fail? Pediatrics
2012; 129(5): 968-970
3 Klein NP et al: Waning protection after fifth dose of
acellular pertussis vaccine in children. N Engl J Med
2012; 367(11): 1012-1019
4 Esposito S et al: Can infants be protected by means
of maternal vaccination? Clin Microbiol Infect 2012;
18(Suppl 5): 85-92
5 Gall SA et al: Maternal immunization with tetanusdiphtheria-pertussis vaccine: effect on maternal and
neonatal serum antibody levels. Am J Obstet Gynecol 2011; 204(4): 334, e331-335
Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
impfempfehlung
infektiologie
Impfmedizin
Impfempfehlungen für Mitarbeiter
des Gesundheitswesens
Als Ergänzung zum österreichischen Impfplan wurden nun erstmals für Österreich Impfempfehlungen für das Gesundheitspersonal publiziert. Diese Empfehlungen sind sowohl inhaltlich neu als auch von der Entstehungsweise her innovativ: Sie sind aus einer Kooperation des
österreichischen Gesundheitsministeriums mit dem Institut für Spezifische Prophylaxe und
Tropenmedizin der MUW sowie namhaften Impfexperten hervorgegangen. Erstellung und
Publikation des Dokuments wurden von „Medical Dialogue“ organisiert.
Unter dem Vorsitz von Univ.-Prof.in
Dr.in Ursula Wiedermann-Schmidt,
Leiterin des Instituts für Spezifische
Prophylaxe und Tropenmedizin der
Medizinischen Universität Wien, und
der Generaldirektorin für Öffentliche
Gesundheit, Sektionschefin Priv.Doz.in Dr.in Pamela Rendi-Wagner,
hat eine Runde von Top-Impfexpertinnen und -experten sowie Juristinnen und Juristen der Bundesministerien für Gesundheit sowie für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
diese Erweiterung des österreichischen
Impfplans erarbeitet.*
Generell sind die Durchimpfungsraten
beim Personal des Gesundheitswesens
(im Folgenden, der Terminologie der
der Schutz der betreuten Patienten vor
durch Impfung vermeidbaren Infektionskrankheiten zu bedenken ist. Dies
gilt insbesondere für nicht immunkompetente Patienten, bei denen Infektionen einen schwereren und mitunter tödlichen Verlauf nehmen
können.
U. Wiedermann-Schmidt,
Wien
P. Rendi-Wagner, Wien
Empfehlungen entsprechend, als
„Health Care Workers“, HCW, bezeichnet) als nicht ausreichend zu bezeichnen. Dies gilt besonders auch für
den Krankenhausbereich und stellt ein
Problem dar, das über die persönlichen Interessen der betroffenen Mitarbeiter hinausgeht, da hier vor allem
Die Empfehlungen umfassen aber
nicht nur das Gesundheitspersonal im
Krankenhaus, sondern erstrecken sich
auch auf medizinische Institute und
Labors sowie natürlich auch auf die
medizinischen Universitäten einschließlich der Studierenden. Darüber
hinaus werden diese Empfehlungen
auch dem niedergelassenen Bereich
nahegelegt.
Die Empfehlungen im Einzelnen
KeyPoints
• Grundsätzlich sind alle im österreichischen Impfplan empfohlenen Impfungen
auch für HCW zu empfehlen.
• W ichtige Maßnahmen für die Verbesserung der Durchimpfungsraten stellen verbesserte Information, erleichterter Zugang zu den Impfungen für HCW und elektronische Registrierung mit Recall dar.
• Zwangsimpfungen sind rechtlich nicht möglich; wenn ein bestimmter Impfstatus
für die Beschäftigung in einer bestimmten Abteilung unerlässlich ist, kann eine
Versetzung auch gegen den Willen des Arbeitnehmers erfolgen, sofern dies vom
Arbeitsvertrag gedeckt ist.
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Grundsätzlich gilt, dass alle allgemein
im österreichischen Impfplan empfohlenen Impfungen selbstverständlich
besonders auch HCW empfohlen
werden.
Eine Auffrischung der Impfung gegen
Diphtherie, Tetanus und Pertussis
sollte bei allen Erwachsenen alle zehn
Jahre erfolgen, insbesondere natürlich
auch bei HCW. Dabei ist die Impfung
gegen Pertussis in Anbetracht der
steigenden Zahl von Pertussisfällen
Seite 39 I
jatros
infektiologie
impfempfehlung
Sichtung vorhandener Impfdokumente und Überprüfung des Impfstatus bei Eintritt/
Wechsel in das Gesundheitswesen
Erhebung des Impfstatus (Überprüfung der Impfdokumente) aller im Gesundheitswesen Tätigen (im Rahmen von Gesundenuntersuchungen, Strahlenschutzuntersuchungen etc.)
Serologische Überprüfung bei entsprechender Anamnese
(z.B. Masern-, Mumps-, Röteln-, Varizellenimmunität)
Dokumentation im Impfpass (wenn möglich, elektronische Archivierung)
Impferinnerung
Die Impfung gegen Polio (im Zuge einer Vierfachkombinationsimpfung) ist
für HCW ebenfalls zu empfehlen, da
ein Kontakt mit Patienten aus Endemiegebieten (Migranten, Reisende)
nicht ausgeschlossen werden kann.
HCW sollen immun gegen Masern,
Mumps und Röteln sowie gegen Varizellen sein. Besonders wichtig ist dieser Schutz für Personal im Bereich der
Gynäkologie, Geburtshilfe und Pädiatrie sowie in allen Einrichtungen, in
denen immundefiziente Patienten betreut werden.
Die Influenzaimpfung soll bei allen
HCW durchgeführt werden, wobei erfahrungsgemäß eine reine Empfehlung
nicht zu ausreichenden Durchimpfungsraten führt.
Hepatitis A stellt kein unmittelbares
Problem der Gesundheitsberufe im engeren Sinn dar. Bestimmte assoziierte
Berufsgruppen könnten ein höheres
Risiko haben (Kleinkinderbetreuung,
Migrantenbetreuung, Abwasserentsorgung, Kanalisation, aber auch Laborpersonal, besonders bei Stuhluntersuchungen). Eine allgemeine Empfehlung einer Hepatitis-A-Impfung für
HCW insgesamt erscheint daher nicht
gerechtfertigt. Andererseits deckt die
gängige Praxis der Kombinationsimpfung gegen Hepatitis A und B im Rahjatros
I Seite 40
Die Tabelle zeigt die Vorgangsweise
bei neu in den Gesundheitsbereich
eintretenden wie auch bereits dort arbeitenden Personen hinsichtlich Impfstatusüberprüfung, serologischer Testung und Impfdokumentation.
Ethische und rechtliche Aspekte
Tab.: Grundlegende administrative Schritte. Quelle: „Impfungen für MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens“
(s. auch den Artikel auf den Seiten
37–38 in dieser Ausgabe) besonders
wichtig und sollte unbedingt mitverabreicht werden – daher niemals DiTet alleine auffrischen!
Empfehlung dieser Impfung im österreichischen Impfplan naturgemäß
auch für HCW zu gelten.
men des Hepatitis-B-Impfprogramms
der AUVA den größten Teil der gefährdeten Berufsgruppen in Österreich ohnedies ab. Analog zu existierenden Schweizer Empfehlungen
könnte die allgemeine Impfempfehlung noch ausgedehnt werden auf Sozial- und Gesundheitsberufe mit engem Kontakt zu Drogenkonsumierenden sowie zu Personen aus Ländern mit hoher und mittlerer
Endemizität.
Die Impfung gegen Hepatitis B ist für
HCW unbedingt zu empfehlen und
wird im Rahmen der genannten
Impfaktion der AUVA in Österreich
seit Jahren erfolgreich und vorbildlich
durchgeführt, wenngleich eigene Zahlen zur Beteiligung und Durchimpfungsrate bei HCW fehlen. Eine laufende, verbesserte Evaluierung und
Surveillance von Impferfolg und
Durchimpfungsraten erscheinen unerlässlich.
Eine Meningokokkenimpfung (tetravalenter Konjugatimpfstoff ACYW-135,
in Zukunft evtl. auch Impfstoff gegen
Serotyp B) wird für Personal, das in
spezialisierten mikrobiologischen Labors tätig ist, und HCW in der Pädiatrie und auf Intensivstationen (v.a. pädiatrischen, internen und neurologischen ICUs), auf denen Patienten
mit invasiven Meningokokkenerkrankungen behandelt werden, empfohlen.
Es besteht zwar keine offizielle berufsspezifische Empfehlung für eine Pneumokokkenimpfung von HCW, jedoch
hat die an die Eigenverantwortung des
Einzelnen appellierende allgemeine
Einer der Gründe für die in der Bevölkerung, aber auch bei manchen HCW
vorhandene Impfskepsis ist die
selektive Informationspolitik vieler
Medien.
Die Gefahren der seltener werdenden
Infektionserkrankungen sind vielen
nicht mehr bewusst und stellen keine
akute Bedrohung dar, während rare
Komplikationen, deren Kausalität
nicht einmal erwiesen ist, verstärkt an
die Öffentlichkeit transportiert werden. Viele Menschen lehnen aus weltanschaulichen oder religiösen Gründen Impfungen ab oder haben geringes Vertrauen in die Ärzteschaft.
Werbung für Impfungen wird eher als
Marketinginstrument der pharmazeutischen Industrie gesehen, weniger als
klare Information über den individuellen Nutzen einer akzeptierten Präventivmaßnahme.
Eine gezielte Informationspolitik der
zuständigen Stellen – Behörden, Ärzteschaft – würde dazu beitragen, dieses Problem zu entschärfen. Gerade
beratende Ärzte haben eine moralische Verpflichtung, die Nutzen-Risiko-Bewertung einer Intervention
klar zu formulieren und darüber laienverständlich aufzuklären. Hier geht
es auch nicht um die persönliche, individuelle und subjektive Ansicht des
einzelnen Arztes oder um seine Weltanschauung, sondern um eine objektive und umfassende, dem akzeptierten Stand der Wissenschaft entsprechende Information.
Besonders betroffen von der Impfskepsis ist die Gruppe der Kinder und
Jugendlichen. In diesen Altersgruppen
gibt es große Impflücken, die auch im
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
impfempfehlung
Erwachsenenalter nicht immer geschlossen werden.
den Patientenschutz ist rechtlich nicht
möglich.
Im Sinne des Prinzips des Nichtschadens und des Prinzips des Wohltuns
lassen sich starke Argumente für Präventivmaßnahmen wie Impfungen formulieren: Durch die Impfung werden
eine Ansteckung mit einer Infektionskrankheit und die daraus folgenden
möglichen schwerwiegenden Nebenwirkungen einer Erkrankung verhindert. Darüber hinaus wird nicht nur
der Geimpfte selbst, sondern es werden auch andere Menschen vor einer
Erkrankung geschützt.
Eine durch den Arbeitsvertrag (Arbeitsort, Inhalt und Umfang der Arbeitspflicht) gedeckte direktorale Versetzung im Rahmen des Weisungsrechts des Arbeitgebers ist zulässig
und auch ohne Zustimmung des betroffenen Beschäftigten möglich, so
auch, wenn ein bestimmter Impfstatus
unerlässlich für die Beschäftigung in
einer bestimmten Abteilung ist. Dabei
sind jedoch auch die jeweiligen konkreten dienstrechtlichen Vorschriften
(z.B. Dienstordnungen) zu beachten.
Rein rechtlich sind in Österreich
Pflichtimpfungen für HCW nicht
möglich, auch eine Interessenabwägung des Arbeitnehmerschutzes gegen
Eine nicht durch den Arbeitsvertrag
gedeckte vertragsändernde Versetzung
bedarf jedenfalls der Zustimmung des
Arbeitnehmers.
n
Als
infektiologie
*D
ie Impfempfehlungen für MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens sind auf der Homepage des Gesundheitsministeriums abrufbar (Fachlink → Impfen
→ Impfempfehlungen für das Gesundheitspersonal
in Österreich bzw. direkt unter http://bmg.gv.at/cms/
home/attachments/0/0/8/CH1100/
CMS1350977396698/impfungen_hcw.pdf)
Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl
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jatros
Seite 41 1/13
I
Infektiologie
Hygiene
Überblick antimikrobielle Substanzen
Abgrenzung zwischen Antiseptika
und Desinfektionsmitteln
Für Desinfektionsmittel und Antiseptika gilt dasselbe wie für systemische
Antibiotika: Es gibt keine richtigen oder falschen antimikrobiellen Wirkstoffe, sondern nur einen richtigen oder falschen Einsatz derselben. Vorbedingungen für die Auswahl eines antimikrobiellen Wirkstoffs sind die
Indikationsstellung und die Kenntnis seiner wesentlichen Eigenschaften.
Antiseptika bzw. Desinfektionsmittel
sind antimikrobielle Substanzen, die je
nach Wirkstoffgruppe und Anwendungsart unterschiedliche Bakterien,
Viren, Pilze oder Protozoen inaktivieren oder abtöten können. Gemeinsam
können sie im weiteren Sinn unter der
Bezeichnung „Biozide“ zusammengefasst werden (Abb.).
Begriffserklärungen
Im humanmedizinischen Sprachgebrauch hat sich die Unterscheidung
zwischen Desinfektionsmitteln und
Antiseptika etabliert. Dabei kann derselbe Wirkstoff, z.B. Ethanol, einmal
als Desinfektionsmittel zur Desinfektion kleiner Flächen, ein anderes Mal
als Antiseptikum, z.B. als Wirkstoffzusatz zu einem Hautantiseptikum, bezeichnet werden.
Generell gilt, dass Desinfektionsmittel
antimikrobielle Substanzen sind, die
auf unbelebten Flächen (z.B. Arbeitsflächen, Instrumenten etc.) zum Einsatz kommen. Demgegenüber werden
Antiseptika auf belebten Geweben
(z.B. Haut, Schleimhaut oder Wunden)
eingesetzt. Die sprachliche Ausnahme
stellen Händedesinfektionsmittel dar.
Diese werden zwar auf den Händen
eingesetzt, durch die Wahl der Bezeichnung „Desinfektionsmittel“ soll jedoch
betont werden, dass Hände im Gejatros I Seite 42
sundheitswesen vom Prinzip her wie
medizinische Instrumente zu verstehen
und einzusetzen sind.
Neben dem gewünschten Einsatzgebiet
unterscheiden sich Antiseptika und
Desinfektionsmittel weiters dadurch,
dass Desinfektionsmittel ausschließlich
prophylaktisch zur proaktiven Prävention von mikrobiellen Übertragungen
und damit Infektionen eingesetzt werden, Antiseptika hingegen entweder
prophylaktisch oder – wie im Fall der
Wundantiseptik, bei bakterieller Vaginitis oder Parodontitis – gegebenenfalls
auch reaktiv-therapeutisch zur Behandlung einer bestehenden Infektion
verwendet werden können.
Wirkstoffgruppen
Die wesentlichen Wirkstoffe der Antiseptika bzw. Desinfektionsmittel gehören folgenden Hauptgruppen an: Alkohole, Aldehyde, Oxidanzien, Phenole,
quaternäre Ammoniumverbindungen
(QAV) und Guanidine (Tab.).
Innerhalb der Alkohole sind Ethanol,
Isopropanol und n-Propanol die medizinisch meistgenützten Wirkstoffe, deren Hauptanwendung in den Bereichen
der Händedesinfektion, der Desinfektion kleiner Flächen sowie der Hautantiseptik liegt. Alkohole zeichnen sich
durch ihren extrem raschen Wirkungs-
O. Assadian, Wien
eintritt und ihr komplettes Verschwinden nach Verdunstung aus.
Aldehyde werden ausschließlich als
Desinfektionsmittel zur Aufbereitung
medizinischer Instrumente einschließlich Endoskopen sowie zur Desinfektion großer Flächen, bei denen eine zuverlässige antimikrobielle Wirksamkeit
notwendig ist, eingesetzt. Allerdings
schränken der unangenehme Geruch
und das toxisch-irritative Potenzial ihren Einsatz ein. Bei Anwendung von Aldehyden ist, falls keine geschlossenen
maschinellen Verfahren eingesetzt werden können, auf eine gute Belüftung zu
achten (MAK-Wert: 0,6mg/m³ Luft).
Oxidanzien haben ein breites Einsatzspektrum, das von Flächendesinfektionsverfahren über Instrumentendesinfektion bis zur Haut- und Schleimhautantiseptik reicht. Als Instrumentendesinfektionsmittel können sie
aufgrund ihrer korrodierenden Wirkung nur an entsprechend verträglichen Instrumenten oder unter Zusatz
eines Korrosionsschutzes eingesetzt
werden. Sauerstoffspalter haben neben
ihrem klassischen Einsatz im Sanitärbereich aufgrund ihrer sporoziden
Wirkung eine Renaissance als Flächendesinfektionsmittel zur Behandlung von Flächen in Krankenzimmern
von mit Clostridium difficile infizierten
Patienten erlebt.
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
hygiene
Zu den interessantesten Wirkstoffen
zählen u.a. Polyhexanid, Octenidin-Dihydrochlorid und PVP-Jod, da sie im
Rahmen der Wundantiseptik präventiv
oder therapeutisch zur Behandlung lokaler Wundinfektionen eingesetzt werden können.
konzentrationsabhängig vergleichsweise langsam ein (0,04%ig im quantitativen Suspensionstest innerhalb von
5–20 Minuten). Zu beachten ist, dass
PHMB nicht in Kombination mit anionischen Tensiden, Seifen, Salben, Ölen
und Enzymen angewendet werden darf
und nicht zur Anwendung während
der Schwangerschaft zugelassen ist.
Polyhexanid (PHMB) ist nach aktuellem Kenntnisstand Mittel der ersten
Wahl für schlecht heilende chronische
bzw. empfindliche infizierte bzw. kritisch kolonisierte Wunden (z.B. Verbrennungen Grad II) sowie für den
Einsatz in antiseptischen Wundauflagen. PHMB ist ebenso Wirkstoff der
Wahl für kontaminierte akute traumatische Wunden. Die Substanz ist breit
bakterizid, allerdings mit einer gewissen Schwäche gegenüber manchen
Stämmen von Pseudomonas aeruginosa, Alcaligenes spp. und Serratia
spp., fungizid (Candida spp.) sowie gegen Akanthamöben wirksam. Die antimikrobielle Wirkung tritt erreger- und
Octenidin-Dihydrochlorid (OCT) ist
nach aktuellem Kenntnisstand Mittel
der ersten Wahl für akute kontaminierte traumatische Wunden und Mittel der Wahl für chronische Wunden.
Die antimikrobielle Wirkung erstreckt
sich gleichermaßen auf grampositive
und gramnegative Bakterien sowie
Pilze. Zusätzlich werden behüllte Viren
wie HSV und HBV erfasst; Bakteriensporen und Protozoen werden jedoch
nicht abgetötet. Die Wirkung tritt verhältnismäßig schnell ein und liegt
stammabhängig zwischen 30 Sekunden
und 5 Minuten. Die Wirkung bleibt in
Gegenwart von Blut und Eiweiß erhalten. Es ist keine Resistenzentwicklung
Einzelne Wirkstoffe
Ihre Hände
werden mit unserem
hygienisch gepflegt. Schließlich
sind sie
Infektiologie
nachgewiesen und aufgrund des Wirkungsmechanismus auch nicht zu erwarten. Für OCT sind keine toxischresorptiven Risiken bekannt, bei Anwendung auf Wunden und vaginal ist
keine Resorption nachweisbar. Aufgrund des völligen Fehlens einer Resorption können sich allerdings bei
Einbringen unter Druck ins Gewebe
sowie bei Spülung tiefer Perforationswunden aseptische phlegmonös-ödematöse Drucknekrosen mit zum Teil
bleibenden Kontrakturen entwickeln.
Daher ist die Spülung tiefer Wunden
nur bei adäquater Wunddrainage vertretbar und das Einbringen unter
Druck in Gewebe, z.B. bei Stichverletzungen, ist kontraindiziert.
Polyvinyl-Pyrrolidon-Jod (PVP-Jod)
ist Mittel der Wahl zur Wundantiseptik nach Stich- und Schnittverletzungen, Bisswunden sowie bei möglicher HBV-, HCV- bzw. HIV-Infektionsgefährdung. Aufgrund seiner guten
Verträglichkeit für Knorpelgewebe ist
PVP-Jod Mittel der ersten Wahl für
Händehygiene-System geschützt und
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1/13 Ausgabe
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Seite 43 I jatros
Infektiologie
Hygiene
bei OCT (ohne organische Belastung
in vitro innerhalb von 30 Sekunden).
Bei Kontakt von PVP-Jod mit intakter
Haut, Schleimhaut, Augen und Wunden wird frei werdendes Jod resorbiert
und kann, je nach applizierter Dosis
bzw. exponierter Fläche, für die hyperthyreote und gegebenenfalls auch bereits für die euthyreote Schilddrüse kri© UNIVERSIMED ®
Spülungen von Gelenkempyemen. Die
Substanz wirkt stark antimikrobiell gegen grampositive und gramnegative
Bakterien, Pilze und Protozoen, bei
längerer Einwirkungszeit auch sporozid (<5h) und ist bei Abwesenheit proteinhaltiger Substrate auch gegen unbehüllte Viren wirksam. Der Wirkungseintritt erfolgt ebenso rasch wie
Antiinfektiva
Antibiotika
Biozide
Antiseptika
Antiinfektive Biologika
Desinfektionsmittel
Hautantiseptika
Flächendesinfektionsmittel
Schleimhautantiseptika
Instrumentendesinfektionsmittel
Wundantiseptika
Händedesinfektionsmittel
Quelle: Assadian, MUW
tische Jodkonzentrationen erreichen.
Daher ist bei Anwendung auf die Stoffwechsellage der Schilddrüse zu achten.
Angesichts der weltweiten Zunahme
von multi- und panresistenten Erregern
ist vor der zum Teil herrschenden Gewohnheit einer undifferenzierten und
empirischen systemischen antimikrobiellen Therapie noch kritischer zu
warnen als bisher. In diesem Zusammenhang muss vermehrt auf die Prävention von Infektionen hingewiesen
werden, wozu Desinfektionsmittel und
Antiseptika beitragen können. Neben
dem präventiven Einsatz können diese
Wirkstoffe in manchen Indikationen –
richtig eingesetzt – allerdings auch zur
Therapie bestehender Infektionen verwendet werden, wodurch der bestehende Druck auf systemische Antibiotika reduziert werden könnte.
n
Bericht: Univ.-Prof. Dr. Ojan Assadian
Klin. Inst. f. Krankenhaushygiene
Medizinische Universität Wien
E-Mail: [email protected]
Redaktion: Dr. Norbert Hasenöhrl
Abb.: Einordnung antimikrobieller Wirkstoffe
Alkohole
Aldehyde
Oxidanzien
Phenole
Quaternäre
Ammoniumverbindungen
Guanidine
Wirkungseintritt
sehr schnell
(<30s)
sehr langsam (1h)
mittel
10–30min)
mittel
(30min)
langsam
(30min–1h)
schnell bis langsam
Wirkspektrum
Gr+, Gr–,
Pilze, (Viren)
Gr+, Gr–, Pilze,
Viren (Sporen)
Gr+, Gr–,
Pilze, Viren (Sporen)
Gr+, Gr–, Pilze,
Viren (Sporen)
Gr+, (Gr–),
(Pilze), (Viren)
G+ > Gr–,
(Pilze), (Viren)
Rückstände
keine
ja
keine
ja
ja
ja
Tenazität
keine
sehr hoch
keine
sehr hoch
hoch
unterschiedlich
Remanenz
keine
sehr hoch
keine
sehr hoch
hoch
unterschiedlich
Resistenz
keine
keine
keine
keine
Adaptierung möglich
keine bis sehr gering
Allergen
nein
sehr stark
nein
stark
sehr stark
möglich
mittel
gering
sehr hoch
gering
gering
wenig
sehr gut
ungünstig
sehr gut
ungünstig
ungünstig
unterschiedlich
Eiweißfehler
hoch
gering
hoch
sehr gering
hoch
gering bis hoch
Zytotoxizität
hoch
hoch
hoch
hoch
mittel/niedrig
gering bis hoch
Resorption
gering
gering
gering
hoch
hoch
gering
Reinigungswirkung
gut
schlecht
mittel
schlecht
sehr gut
unterschiedlich
Hände, Haut,
kleine Flächen
Instrumente,
Flächen, Endoskope
Haut, Flächen,
Endoskope, Wasser
Flächen,
Seuchenfall
Flächen, Haut,
Instrumente
Haut, Wunden
Korrosivität
Umweltverträglichkeit
Domäne
Quelle: Assadian, MUW
Legende:
Gr+ = grampositiv
Gr– = gramnegativ
Tab.: Vereinfachter Überblick wesentlicher Eigenschaften von Antiseptika bzw. Desinfektionsmitteln
jatros I Seite 44
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
serie
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
infektiologie
Nebenwirkungen von Antiinfektiva
Teil 5/2: Management dermatologischer Arzneimittelreaktionen
Beim Management einer Arzneimittelreaktion ist die akute Therapie von der
Aufarbeitung zu unterscheiden. Anamnese und vor allem geeignete Allergietests sind von entscheidender Bedeutung, wobei zwar ein positiver Test zu
einem Meiden der allergenen Substanz führen sollte, ein negativer Test jedoch
dazu, dass die entsprechende Substanz wieder verordnet werden kann – was
allerdings zu selten geschieht, sagt der Dermatologe und Allergologe Priv.Doz. Mag. Dr. Stefan Wöhrl, Wien.
Grundsätzlich ist die Behandlung der
akuten Arzneimittelreaktion von der
allergologischen Aufarbeitung eines
Patienten mit der Anamnese einer unerwünschten
Arzneimittelwirkung
(UAW) zu unterscheiden.
1. Akute Arzneimittelreaktion
Als erste Maßnahme ist daran zu denken, dass es sich um eine UAW handeln könnte. Danach muss unverzüglich das auslösende Arzneimittel identifiziert und abgesetzt werden. Es gilt als
Faustregel, dass das zuletzt verordnete
Arzneimittel der wahrscheinlichste
Auslöser ist. Medikamente, die bereits
länger als sechs Wochen angewendet
werden, sind unwahrscheinliche, aber
nicht unmögliche Auslöser.
Die Behandlung der akuten Typ-1-allergischen Reaktion folgt den Prinzipien
des Schockmanagements. Eine ausführliche Behandlung sprengt den Rahmen
dieses Artikels; es sei auf die sehr verständliche deutsch-österreichische S2Leitlinie verwiesen.1 Die Basis des
schweren allergischen Schocks ist die
i.m. Verabreichung von 500mg Adrenalin/Epinephrin.2 Für den Praxisalltag
sind hier auch für Ärzte die eigentlich
für den Patienten zur Eigentherapie des
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
S. Wöhrl, Wien
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Infektiologie
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Autoinjektoren (EpiPen®, MEDA;
Jext®, ALK-Abelló) aufgrund der einfachen und sicheren Anwendbarkeit
sehr gut geeignet.
Milde Typ-4-Reaktionen benötigen
keine spezifische Therapie, bei Bedarf
kann eine lokale Kortisontherapie erfolgen. Sehr selten kommt es zu lebensbedrohlichen, schweren, multiforme-artigen Arzneimittelreaktionen (früher oft
unter dem Namen Lyell-Syndrom zusammengefasst). Patienten mit schweren Hautreaktionen müssen analog wie
Verbrennungspatienten versorgt und in
jedem Fall stationär an einer dermatologischen Bettenstation oder Intensivstation aufgenommen werden.
2. Aufarbeitung eines Patienten
mit UAW-Anamnese
Die Aufarbeitung sollte idealerweise
sechs Wochen bis sechs Monate nach
dem Abklingen der UAW durch einen
Spezialisten erfolgen. Je länger das Ereignis zurückliegt, desto geringer ist
die Sensitivität der Tests.3
2.1 Anamnese
Am wichtigsten ist die ausführliche
Anamnese. Nur Typ-B-Reaktionen,
die durch eine individuelle Disposition des Patienten bedingt sind, stellen
eine Indikation zur weiteren Abklärung dar, nicht aber Typ-A-Reaktionen wie Antibiotika-bedingte Diarrhö oder vaginale Pilzinfektion nach
Antibiotikabehandlung (zur Erklärung der UAW-Typen s. Teil 1 dieses
Artikels). Obwohl die Anamnese der
Startpunkt ist, ist ihre Aussagekraft
für den Ausgang der weiterführenden
serie
Testung gering; z.B. reagierten nur
23% eines Patientenkollektivs mit exzellent dokumentierten UAW auf Penicillin in Hauttests, In-vitro-Tests
und Provokationstests.4 Deshalb sollen Allergiepässe von Nicht-Spezialisten nicht leichtfertig nur aufgrund
der Anamnese ausgestellt werden! Sie
stigmatisieren den Patienten und
schränken seine zukünftige Pharmakotherapie ein.
2.2 Hauttests
Hauttests folgen der Anamnese. Leider
gibt es nur für manche Betalaktame
gute, kommerziell erhältliche Hauttests. Je nach Art der berichteten UAW
werden unterschiedliche Hauttestverfahren ausgewählt. Grundsätzlich gibt
es drei Arten von Hauttests:
1. Beim „Skin Prick“-Test wird das
Medikament in flüssiger Form auf
die Haut aufgebracht, die Haut
danach angeritzt.
2. Beim Intrakutantest wird das Arzneimittel in verdünnter Form unter die Haut gespritzt (Abb. 1).
3. Beim Epikutantest wird das Arzneimittel in Vaseline oder Wasser
gelöst oder zerstampft und unter
einem Pflaster für 24–48 Stunden
auf die Haut appliziert.
Hauttests werden für Typ-1-Reaktionen früh (nach 15–20 Minuten) abgelesen (Abb. 1), für Typ-4-Reaktionen
nach 24–72 Stunden.
Die Anamnese einer schweren Typ-4Haut-UAW stellt eine Kontraindikation für Austestungen dar, weil durch
Haut- und Expositionstests eventuell
noch einmal eine Reaktion erzeugt
KeyPoints
• Behandlung akuter Typ-1-Allergien nach den Prinzipien des Schockmanagements;
milde Typ-4-Reaktionen benötigen oft nur lokale oder gar keine Behandlung;
schwere Typ-4-Reaktionen sind wie Verbrennungen zu versorgen und auf jeden
Fall stationär aufzunehmen.
• Aufarbeitung einer UAW-Anamnese 6 Wochen bis 6 Monate nach dem Ereignis;
möglich sind Anamnese, Hauttests, In-vitro-Tests und Provokationstests.
werden kann, für die es – im Gegensatz zu Adrenalin bei Typ-1-Reaktionen – keine spezifische Therapie
gibt. Optional können in Einzelfällen
Epikutantests durchgeführt werden.
Jeder Hauttest beinhaltet ein sehr geringes Risiko, den Patienten zu sensibilisieren, also erst zum Medikamentenallergiker zu machen. Unnötige
Tests sollten deshalb vermieden werden. Prophetische Tests, also Testungen zur Absicherung ohne Anamnese einer UAW (z.B. weil die Mutter Penicillin-allergisch ist), sollen aus
diesem Grund nicht durchgeführt
werden!
Der negativ prädiktive Wert für einen
negativen Hauttest auf Penicilline wird
mit 97% angegeben4, d.h. ein negativer Hauttest schließt eine Penicillinallergie nicht völlig aus, macht sie aber
doch unwahrscheinlich.
2.3 In-vitro-Tests
Wie bei den Hauttests existieren gute,
validierte In-vitro-Tests für die Routineabklärung nur für Typ-1-Reaktionen
auf Betalaktam-Antibiotika. Für alle
anderen Medikamente stehen nur experimentelle Systeme zur Verfügung,
z.B. Lymphozyten-Transformationstests bei Typ-4-Reaktionen. Für die
Routine wird diese Testung nicht empfohlen.
2.4 Provokationstests
Bleibt die Abklärung bis zu diesem
Zeitpunkt unschlüssig, ist der Provokationstest der nächste Schritt. Provokationstests werden an spezialisierten
Einheiten – in Österreich meist dermatologische und einige wenige pädiatrische Bettenstationen – durchgeführt
und gelten als Goldstandard in der Abklärung von UAW.5, 6 Obwohl Provokationstests in einem ethischen Graubereich liegen, wird im Allgemeinen
der Erkenntnisgewinn aus dem Test als
das für den Patienten höhere Gut gegenüber dem mit dem Test verbundenen, normalerweise geringen Risiko
angesehen.
• Meiden der infrage stehenden Substanz nur bei positivem Testergebnis
• Bei negativem Test, wenn keine Sensibilisierung festgestellt wurde, sollte die fragliche Substanz bei Indikation auch wieder verordnet werden.
jatros
I Seite 46
Provokationstests beginnen mit einer
kleinen Dosis des verdächtigen Medikaments, das allmählich bis zum ErreiInfektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
infektiologie
Quelle und Copyright: S. Wöhrl
Quelle und Copyright: S. Wöhrl
serie
Legende:
blau = Betalaktamring
rosa = Thiazolidinring
grün, gelb = Seitenketten
Abb. 1: Penicillin-Intrakutantest
chen einer normalen Tagesdosis gesteigert wird. Reagiert der Patient gleich
wie bei der UAW (im Normalfall aufgrund der geringeren Gesamtdosis
aber schwächer), so gilt der Zusammenhang zwischen Einnahme des Arzneimittels und der UAW als bewiesen.
Wird das Arzneimittel ohne Nebenwirkungen vertragen, so gilt ein Zusammenhang zwischen Einnahme des
Arzneimittels und der UAW als ausgeschlossen und das Arzneimittel kann
in Zukunft wieder eingenommen werden. Wichtig ist, dass diese Aussagen
nur für den Zeitpunkt der Provokationstestung gelten! Eine eventuelle zukünftige neue bzw. erneute Sensibilisierung kann natürlich nicht ausgeschlossen werden.
Das Ergebnis der Austestung soll dem
Patienten schriftlich mitgegeben werden. Das Ausstellen eines Allergiepasses hat sich hierfür bewährt, weil
dieser vom Patienten jederzeit leicht
mitgeführt werden kann.
Wichtig ist, zu verstehen, dass Provokationstests prinzipiell nicht die Pathophysiologie hinter einer UAW abklären
helfen (z.B. Typ-1-Allergie vs. Intoleranzreaktion), sondern die Kausalität
zwischen Einnahme eines Medikaments und einer UAW herstellen und
die Frage des Patienten beantworten:
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Abb. 2: Strukturen von Betalaktam-Antibiotika
„Darf ich dieses Medikament in Zukunft wieder einnehmen?“
Provokationstestungen können bei
ängstlichen Patienten auch mit Alternativmedikamenten (ähnlich wirkenden, anderen Substanzen) durchgeführt werden, um ihnen und auch dem
Zuweiser die Verträglichkeit des Medikaments zu demonstrieren.
kann. Erfreulicherweise findet sich
diese Allergie lediglich bei einem geringen Prozentsatz der Penicillinallergiker, allerdings bei einem Großteil
der Cephalosporinallergiker. Patienten mit primären Reaktionen gegen
Monobaktame und Peneme sind extrem selten gegen den Betalaktamring
sensibilisiert.
2.5 Betalaktame
Der erste diagnostische Schritt ist die
Frage, mit welcher Art von Allergie
man konfrontiert ist.
Der Thiazolidinring (Abb. 2 – rosa)
kommt ausschließlich in Penicillin
und Aminopenicillin sowie deren Derivaten vor. Die Häufigkeit dieser Reaktion ist unbekannt, wahrscheinlich
ist sie aber deutlich seltener als die
Reaktion auf den Betalaktamring. Ist
ein Patient auf diese Struktur sensibilisiert, so reagiert er nur auf Penicillin und Aminopenicillin.
2.5.1 Soforttyp-Reaktionen
(Typ-1-Reaktion)
Die komplexe Immunologie der Typ1-Reaktionen und der Kreuzreaktionen innerhalb der Betalaktam-Antibiotika soll anhand von Abbildung 2
demonstriert werden.
Betalaktam-Antibiotika (Penicilline,
Cephalosporine, Monobaktame, Carbapeneme) haben als gemeinsame
Grundstruktur den Betalaktamring
(Abb. 2 – blau). Die allergische Reaktion auf den Betalaktamring hat die
breiteste klinische Relevanz, da der
Patient sowohl auf alle Penicilline
und Cephalosporine als auch auf
Monobaktame (z.B. Tazobactam) sowie auf Carbapeneme (z.B. Imipenem, Meropenem) kreuzreagieren
2.5.2 Spättyp-Reaktionen
(Typ-4-Reaktion)
Die Typ-4-Reaktion auf Penicilline ist
pathophysiologisch durch eine zellvermittelte Reaktion auf die Molekularstruktur des Antibiotikums oder einen
Metaboliten zu erklären. T-Zell-Epitope sind sehr viel kleiner als die IgEEpitope der Typ-1-Allergie. Deshalb ist
hier mit einer sehr viel geringeren
Kreuzreaktivität zwischen den einzelnen Allergenen zu rechnen. Meist sind
die Seitenketten die relevanten allergenen Determinanten.
Seite 47 I
jatros
Betalaktame haben typische Seitenketten (Abb. 2 – grün, gelb), die spezifisch
für die verwendete Substanz sind. Reaktionen sind fast nur im Typ-4-Allergie-Bereich relevant. Manche Cephalosporine teilen die Seitenkette mit Aminopenicillinen (z.B. Aminopenicillin,
Ampicillin, Cefpodoxim, Cefixim).
Hier sind nur Kreuzreaktionen untereinander, aber nicht zu anderen Betalaktamen zu erwarten.
2.5.3 Pseudoallergische Reaktionen
Die wichtigste Differenzialdiagnose
zum makulopapulösen Arzneimittelexanthem auf Amoxicillin ist der toxische „Amoxicillin Rash“ bei gleichzeitiger Infektion mit den Herpes-Viren
Epstein-Barr-Virus (EBV) oder Zytomegalie-Virus (CMV). Diese sind klinisch nicht von einer echten Typ-4-Allergie zu unterscheiden und führen
häufig zur Fehlinterpretation als „Penicillinallergie“. Am einfachsten können
diese Reaktionen vermieden werden,
indem Aminopenicilline nur dann verordnet werden, wenn sie wirklich notwendig sind.
2.6 Andere Antibiotika
Nach Betalaktam-Antibiotika sind
Chinolone die nächstwichtigen Verursacher von UAW. Neben den bekannten gruppenspezifischen Typ-ANebenwirkungen (CK-Erhöhung, kardiale UAW) sind Typ-1-Allergien häufig. Besteht eine Allergie gegen ein
Chinolon, liegt aufgrund der großen
chemischen Strukturverwandtschaft
innerhalb der Chinolone meist eine
Sensibilisierung gegen die gesamte Substanzgruppe vor. Eine Schwierigkeit bei
der Interpretation von Hauttests ist,
dass Chinolone in der Haut stark irritierend wirken und deshalb häufig
falsch positive Ergebnisse provozieren.
Die Standarddiagnose ist der Provokationstest.6
Makrolid-Antibiotika sind die nächstwichtigste Gruppe. Sie sind Auslöser
von Typ-4-allergischen Arzneimittelexanthemen. Da sich die einzelnen
Makrolide (z.B. Erythromycin, Clarithromycin, Roxithromycin, Azithromycin) strukturell stark voneinander
unterscheiden, bestehen kaum Kreuzreaktionen. Die Empfindlichkeit von
jatros
I Seite 48
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
serie
Hauttests ist gering und wenn die
Hauttests positiv sind, so sind sie meistens irritativ und somit falsch positiv.
Diagnose der Wahl ist deshalb der
Provokationstest.
Quelle und Copyright: S. Wöhrl
Infektiologie
Clindamycin ist das einzige klinisch
bedeutende Mitglied der LincosamidAntibiotikagruppe. Neben der Diarrhö (Typ-A-UAW) ist es ein häufiger
Auslöser von Typ-4-allergischen Reaktionen. Da es genügend Ausweichmöglichkeiten zur Behandlung grampositiver Infektionen gibt, ist eine
Austestung meist nicht notwendig.
Vancomycin ist ein Mastzellaktivator
und führt deshalb bei zu rascher i.v.
Verabreichung zum berühmten „Red
Man Syndrome“. Dieses stellt keine Allergie, sondern eine Typ-A-UAW dar und
ist somit kein Grund zur Austestung.
Die topische Anwendung von Antibiotika in Salbenform ist infektiologisch
gesehen meistens unnötig. Topisch aufgebrachte Antibiotika wie Neomycin
sind häufige Auslöser von Kontaktallergien (Abb. 3) und rangieren unter
den Top 30 der häufigsten Kontaktallergene im deutschsprachigen Raum.
Diese weitverbreitete, aber unnötige
Anwendungsform von Antibiotika
sollte wegen des hohen Sensibilisierungsrisikos bis auf wenige Ausnahmesituationen (z.B. Verminderung der Infektiosität bei der durch Streptokokken verursachten Impetigo contagiosa)
unterlassen werden.
2.7 Konsequenzen aus der Testung
Nur ein positives Testergebnis sollte
bei Typ-1-Reaktionen zu einem Meiden der infrage stehenden Substanz
führen. Eine erneute Gabe des Antibiotikums ist bei einer milden Typ-4-Reaktion zumeist – bis auf das auftretende Exanthem – relativ harmlos. Besteht die Anamnese einer schweren kutanen Reaktion wie einer toxischen
epidermalen Nekrolyse, muss das Medikament in jedem Fall lebenslang vermieden werden.
Eine negative Testung, bei der keine
Sensibilisierung festgestellt wurde,
sollte dazu führen, dass dem Patienten
dieses Antibiotikum bei Bedarf auch
Abb. 3: Allergisches Kontaktekzem auf topisches Neomycin
wieder verordnet wird. Allerdings lehrt
die klinisch-allergologische Erfahrung,
dass letztere Konsequenz in Zeiten des
zunehmenden Sicherheitsdenkens in
der Medizin zum Schaden des Patienten leider oft nicht gezogen wird. n
Literatur:
1
ing J et al: S2-Leitlinie – Akuttherapie anaphylakR
tischer Reaktionen. Allergologie 2007; 30(12): 469486
2
emp SF et al: Epinephrine: the drug of choice for
K
anaphylaxis. A Statement of the World Allergy Organization. Allergy 2008; 63(8): 1061-1070
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children: results of a 20-year study based on clinical
history, skin, and challenge tests. Pediatr Allergy Immunol 2011; 22(4): 411-418
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cillin skin test outcome. Ann Allergy Asthma Immunol 2006; 97(2): 169-174
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Kraenke B et al: Clinical practice guideline of the special interest group in allergy of the OGDV – drug provocation testing in the diagnosis of cutaneous drug
reactions. Wien Klin Wochenschr 2011; 123(19-20):
585-591
Der erste Teil des Beitrags von Doz. Wöhrl zu dermatologischen Toxizitäten von Antiinfektiva – „Definitionen und Differenzialdiagnosen“ – ist in JATROS Infektiologie, Heft 4/2012, S. 32–33, erschienen.
Autor:
Priv.-Doz. Mag. rer. nat. Dr. med. Stefan Wöhrl
Floridsdorfer Allergiezentrum
Franz-Jonas-Platz 8/6, 1210 Wien
E-Mail: [email protected]
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Redaktion:
Dr. Norbert Hasenöhrl
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
infektiologie
Pharma-News
ZINFORO™: Das neue Antibiotikum
Die empfohlene
Dosierung beträgt 600mg, angewandt alle 12
Stunden durch
intravenöse Infusion über 60 Minuten. Die empfohlene Behandlungsdauer beträgt 5–14 Tage bei cSSTI und 5–7 Tage bei CAP.3 n
Literatur:
1 Corey G et al, Clinical Infectious Diseases 2010; 51(6): 641-650
2 File TM et al, Clinical Infectious Diseases 2010; 51(12): 1395-1405
3 Fachinformation Zinforo™, Stand 08/12
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HUMIRA®: Erweiterte Zulassung für
Morbus Crohn (MC)
AbbVie hat die Zulassung der EU-Kommission zur Behandlung von
mittelschwerem, aktivem Morbus Crohn (MC) mit Adalimumab bei
erwachsenen Patienten, die nur ungenügend auf eine konventionelle Behandlung angesprochen haben, erhalten. Adalimumab ist
bereits seit 2007 in der EU für die Behandlung des schwergradigen,
aktiven Morbus Crohn bei Erwachsenen zugelassen.
„Die Zulassung von HUMIRA® zur Behandlung erwachsener Patienten mit mittelschwerem Morbus Crohn ist ein wichtiger Schritt
zur Verbesserung der Behandlung von Patienten, die an aktivem
Morbus Crohn leiden“, sagte Paul Rutgeerts, M.D., Ph.D., Leiter der
Multidisziplinären Abteilung für Endoskopie und Vorsitzender der
Expertengruppe für entzündliche Darmerkrankungen an der Universitätsklinik Gasthuisberg in Leuven, Belgien. „Diese Erweiterung des
1/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie
Labels bietet mehr Patienten Zugang zu
einer bequemen Therapieoption, welche
diese sich selbst verabreichen können.“
Die Zulassung wird unterstützt von vier klinischen Studien der Phase
II/III, welche die Verwendung von HUMIRA zur Einleitung und Aufrechterhaltung klinischer Remission bei erwachsenen Patienten mit
mittelschwerem bis schwerem aktivem Morbus Crohn bewerteten. n
Weitere Informationen:
AbbVie Österreich
Mag. Judith Mair
External Affairs Director
Tel.: 0664/60 58 93 40
E-Mail: [email protected]
Seite 49 I
jatros
Promotion Fachkurzinformation zum Artikel siehe Seite 50
Zulassungserweiterung von HUMIRA® (Adalimumab) um die Indikation für
mittelschweren aktiven Morbus Crohn.
ID 3723
Zinforo™ ist nun in Österreich und den 27 Mitgliedstaaten der EU
für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit komplizierten
Haut- und Weichgewebeinfektionen (cSSTI) oder ambulant erworbener Pneumonie (CAP) zugelassen. Zinforo™ ist europaweit das
einzige für die empirische Therapie zugelassene Cephalosporin, das
bei cSSTI eine nachgewiesene klinische Wirksamkeit gegen den Problemerreger MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus)
aufweist.1 Klinische Wirksamkeit konnte auch gegen den bei ambulant erworbenen Pneumonien vorkommenden Problemerreger
Streptococcus pneumoniae nachgewiesen werden.2
Promotion Fachkurzinformation zum Artikel siehe Seite 50
Die Europäische Kommission hat am 28. August 2012 die Zulassung für das parenterale
Antibiotikum Zinforo™ (Ceftarolinfosamil) von AstraZeneca erteilt.
Fachkurzinformationen
Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 2
Remicade 100 mg Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Qualitative und Quantitative Zusammensetzung. Jede Durchstechflasche enthält 100 mg Infliximab. Infliximab ist ein chimärer, human-muriner monoklonaler IgG1-Antikörper, der mittels rekombinanter DNATechnologie in murinen Hybridomzellen hergestellt wird. Nach Rekonstitution enthält jeder ml 10 mg Infliximab. Liste der sonstigen Bestandteile: Sucrose, Polysorbat 80, Dinatriumhydrogenphosphat, Natriumdihydrogenphosphat. Anwendungsgebiete. Rheumatoide Arthritis. Remicade ist
in Kombination mit Methotrexat indiziert zur Reduktion der Symptomatik und Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit bei: • erwachsenen Patienten mit aktiver Erkrankung, die nur unzureichend auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs), einschließlich Methotrexat,
angesprochen haben. • Methotrexat-naive, erwachsene Patienten oder erwachsene Patienten, die nicht mit anderen DMARDs vorbehandelt wurden, mit schwergradiger, aktiver und fortschreitender Erkrankung. Bei diesen Patienten wurde anhand von radiologischen Untersuchungen eine
Reduktion der Progressionsrate der Gelenkschäden nachgewiesen. Morbus Crohn bei Erwachsenen. Remicade ist indiziert zur: • Behandlung eines mäßig- bis schwergradig aktiven Morbus Crohn bei erwachsenen Patienten, die trotz einer vollständigen und adäquaten Therapiezyklus mit
einem Kortikosteroid und/oder einem Immunsuppressivum nicht angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikationen für solche Therapien haben. • Behandlung von aktivem Morbus Crohn mit Fistelbildung bei erwachsenen Patienten, die trotz eines vollständigen
und adäquaten Therapiezyklus mit einer konventionellen Behandlung (einschließlich Antibiotika, Drainage und immunsuppressiver Therapie) nicht angesprochen haben. Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen. Remicade ist indiziert zur Behandlung eines schwergradigen, aktiven Morbus
Crohn bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren, die nicht auf eine konventionelle Therapie einschließlich einem Kortikosteroid, einem Immunmodulator und einer primären Ernährungstherapie angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikationen für
solche Therapien haben. Remicade wurde nur in Kombination mit einer konventionellen immunsuppressiven Therapie untersucht. Colitis ulcerosa. Remicade ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven Colitis ulcerosa bei erwachsenen Patienten, die auf eine konventionelle Therapie, einschließlich Kortikosteroide und 6-Mercaptopurin (6-MP) oder Azathioprin (AZA), unzureichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation für solche Therapien haben. Colitis ulcerosa bei Kindern und Jugendlichen. Remicade ist indiziert zur
Behandlung der schweren aktiven Colitis ulcerosa bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren, die auf eine konventionelle Therapie, einschließlich Kortikosteroide und 6-MP oder AZA, unzureichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation für
solche Therapien haben. Ankylosierende Spondylitis. Remicade ist indiziert zur Behandlung der schwerwiegenden, aktiven ankylosierenden Spondylitis bei erwachsenen Patienten, die auf eine konventionelle Therapie unzureichend angesprochen haben. Psoriasis-Arthritis. Remicade ist indiziert
zur Behandlung der aktiven und fortschreitenden Psoriasis-Arthritis bei erwachsenen Patienten, wenn deren Ansprechen auf eine vorhergehende krankheitsmodifizierende, antirheumatische Arzneimitteltherapie (DMARD-Therapie) unzureichend gewesen ist. Remicade sollte verabreicht
werden - in Kombination mit Methotrexat - oder als Monotherapie bei Patienten, die eine Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat zeigen oder bei denen Methotrexat kontraindiziert ist. Remicade verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis und reduziert
die Progressionsrate peripherer Gelenkschäden, wie radiologisch bei Patienten mit polyartikulärem symmetrischem Subtyp der Krankheit belegt wurde. Psoriasis. Remicade ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Psoriasis vom Plaque-Typ bei erwachsenen Patienten, die
auf eine andere systemische Therapie, einschließlich Ciclosporin, Methotrexat oder PUVA, nicht angesprochen haben, bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist oder nicht vertragen wird. Gegenanzeigen. Patienten, bei denen aus der Anamnese eine Überempfindlichkeit gegenüber Infliximab, gegenüber anderen murinen Proteinen oder einen der in Abschnitt 6.1 der Fachinformation genannten sonstigen Bestandteile bekannt ist. Patienten mit Tuberkulose oder anderen schweren Infektionen wie Sepsis, Abszessen und opportunistischen Infektionen. Patienten mit mäßiggradiger oder schwerer Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse III/IV). Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit. Frauen im gebärfähigen Alter. Frauen im gebärfähigen Alter müssen eine adäquate Empfängnisverhütung anwenden und diese über mindestens 6 Monate nach der letzten Remicade-Behandlung
fortführen. Schwangerschaft. Die recht geringe Anzahl (ungefähr 450) an prospektiv erfassten, Infliximab-exponierten Schwangerschaften mit bekanntem Ausgang, einschließlich einer begrenzten Anzahl (ungefähr 230), die im ersten Trimester exponiert war, zeigte keine unerwarteten Auswirkungen auf den Ausgang der Schwangerschaften. Wegen der TNFα-Hemmung könnte durch die Anwendung von Infliximab während der Schwangerschaft die normale Immunantwort des Neugeborenen beeinflusst werden. Eine Studie zur Entwicklungstoxizität, die an Mäusen mit einem
analogen Antikörper durchgeführt wurde, der die funktionelle Aktivität des murinen TNFα selektiv hemmt, lieferte keinen Hinweis auf eine maternale Toxizität, eine Embryotoxizität oder eine Teratogenität. Die verfügbare klinische Erfahrung ist zu begrenzt, um ein Risiko auszuschließen.
Eine Verabreichung von Infliximab während der Schwangerschaft wird deshalb nicht empfohlen. Infliximab ist plazentagängig und wurde bis zu 6 Monate im Serum von Säuglingen nachgewiesen, deren Mütter während der Schwangerschaft mit Infliximab behandelt wurden. Somit könnten
diese Säuglinge ein erhöhtes Infektionsrisiko haben. Eine Verabreichung von Lebendimpfstoffen an Säuglinge, die in utero Infliximab ausgesetzt waren, ist für 6 Monate nach der letzten während der Schwangerschaft erfolgten Infliximab-Infusion nicht zu empfehlen. Stillzeit. Es ist unbekannt,
ob Infliximab in die Muttermilch übergeht oder nach der Aufnahme systemisch resorbiert wird. Da Humanimmunglobuline in die Muttermilch übergehen, dürfen Frauen nach der Remicade-Behandlung mindestens 6 Monate lang nicht stillen. Fertilität. Es gibt nur ungenügende präklinische
Daten, um Rückschlüsse auf die Auswirkungen von Infliximab auf die Fertilität und die Fortpflanzungsfähigkeit zu ziehen. Pharmakotherapeutische Gruppe: Tumornekrosefaktor-alpha(TNFα)-Inhibitoren, ATC-Code: L04AB02. Inhaber der Zulassung: Janssen Biologics B.V., Einsteinweg 101,
2333 CB Leiden, Niederlande. Abgabe: Rezept- und apothekenpflichtig. Stand der Information: November 2012. Weitere Angaben zu Dosierung, Art und Dauer der Anwendung, besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, Nebenwirkungen, Überdosierung, pharmakologische Eigenschaften und pharmazeutische Angaben sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.
Victrelis 200 mg Hartkapseln. Qualitative und quantitative Zusammensetzung. Jede Harkapsel enthält 200 mg Boceprevir. Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jede Kapsel enthält 56 mg Lactosemonohydrat. Liste der sonstigen Bestandteile: Kapselinhalt: Natriumlaurylsulfat,
mikrokristalline Zellulose, Lactose-Monohydrat, Croscarmellose-Natrium, vorverkleisterte Stärke, Magnesiumstearat. Kapselhülle: Gelatine, Titandioxid (E 171), Eisen(III)-hydroxid-oxid (E 172), Eisen(III)-oxid (E172). Rote Aufdruckfarbe: Schellack, Eisen(III)-oxid (E172). Anwendungsgebiete.
Victrelis ist indiziert zur Behandlung der chronischen Hepatitis C (CHC)-Infektion vom Genotyp 1 in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin bei erwachsenen Patienten mit kompensierter. Lebererkrankung, die nicht vorbehandelt sind oder die nicht auf eine vorangegangene Therapie
angesprochen bzw. einen Rückfall erlitten haben. Gegenanzeigen. Victrelis in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin ist kontraindiziert bei: • Patienten mit einer Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile. • Patienten
mit Autoimmunhepatitis. • gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, deren Clearance in hohem Maße von CYP3A4/5 abhängt und bei denen erhöhte Plasmakonzentrationen mit schwerwiegenden und/oder lebensbedrohlichen Ereignissen assoziiert sind, beispielsweise bei oraler Anwendung von Midazolam und Triazolam, Bepridil, Pimozid, Lumefantrin, Halofantrin, Tyrosin-Kinase-Inhibitoren, Simvastatin, Lovastatin und Ergotderivaten (Dihydroergotamin, Ergonovin, Ergotamin, Methylergonovin). • Schwangerschaft. Weiterführende Informationen siehe „Zusammenfassung
der Merkmale des Arzneimittels“ “(Fachinformation) von Ribavirin bzw. Peginterferon alfa. Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit. Schwangerschaft. Victrelis in Kombination mit Ribavirin und Peginterferon alfa ist bei schwangeren Frauen kontraindiziert. Es wurden keine Auswirkungen auf
die fetale Entwicklung bei Ratten und Kaninchen beobachtet. Es liegen keine Daten zur Anwendung von Victrelis bei schwangeren Frauen vor. Mit besonderer Sorgfalt ist aufgrund der kombinierten Anwendung mit Peginterferon alfa und Ribavirin darauf zu achten, dass eine Schwangerschaft
bei weiblichen Patienten oder Frauen von 2 männlichen Patienten vermieden wird. Daher müssen Frauen im gebärfähigen Alter wirksame Methoden zur Empfängnisverhütung während der Behandlung sowie bis zu 4 Monate nach Beendigung der Therapie anwenden. Männliche Patienten
oder deren Partnerinnen müssen eine wirksame Empfängnisverhütung während der Behandlung sowie bis zu 7 Monate nach Beendigung der Therapie anwenden. Weiterführende Informationen siehe „Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels“ (Fachinformation) von Ribavirin
bzw. Peginterferon alfa. Stillzeit. Boceprevir/Metaboliten gehen bei der Ratte in die Milch über. Es ist nicht bekannt, ob Boceprevir in die menschliche Muttermilch übergeht. Ein Risiko für das Neugeborene/den Säugling kann nicht ausgeschlossen werden. Es muss die Entscheidung getroffen
werden, das Stillen zu unterbrechen oder die Behandlung mit Victrelis zu unterbrechen oder auf sie zu verzichten. Dabei sind sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen. Fertilität. Es sind keine Daten zu den Auswirkungen von
Victrelis auf die Fertilität beim Menschen verfügbar. Auswirkungen auf Fertilität und Sertoli-Zellen wurden bei Ratten, nicht jedoch bei Mäusen und Affen beobachtet. Klinische Daten (Samenanalysen und Inhibin B-Spiegel -[ein Glykoprotein, das durch Sertoli-Zellen produziert und als Surrogat-Marker für die Hodenfunktion verwendet wird]) ergaben keinen Hinweis auf eine veränderte Hodenfunktion. Die vorliegenden pharmakodynamischen/toxikologischen Daten an Ratten zeigten, dass Boceprevir/Metaboliten Auswirkungen auf die Fertilität zeigten, die jedoch bei Weibchen
reversibel waren. Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung, Proteasehemmer, ATC-Code: J05AE12. Inhaber der Zulassung. Merck Sharp & Dohme Ltd. Hertford Road, Hoddesdon. Hertfordshire EN11 9BU. Vereinigtes Königreich. Stand der Information
Jänner 2013. Rezeptpflicht/Apothekenpflicht. Rezept- und apothekenpflichtig. Weitere Angaben zu Dosierung, Art und Dauer der Anwendung, Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, Auswirkung auf die Verkehrstüchtigkeit und
das Bedienen von Maschinen, Nebenwirkungen, Überdosierung, pharmakologische Eigenschaften und pharmazeutische Angaben sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.
Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 34 und Pharma-News auf Seite 49
Zinforo 600 mg Pulver zur Herstellung eines Konzentrats für eine Infusionslösung. Pharmakotherapeutische Gruppe: Antibiotika zur systemischen Anwendung, andere Cephalosporine, ATC-Code: J01DI02. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG. Jede Durchstechflasche
enthält Ceftarolinfosamilacetat (1:1) 1 H2O, entsprechend 600 mg Ceftarolinfosamil. Nach Rekonstitution enthält 1 ml Lösung 30 mg Ceftarolinfosamil. Sonstige Bestandteile. Arginin. ANWENDUNGSGEBIETE. Zinforo wird angewendet bei Erwachsenen zur Behandlung der folgenden Infektionen (siehe Abschnitte 4.4 und 5.1): • Komplizierte Haut- und Weichgewebeinfektionen • Ambulant erworbene Pneumonie. Die offiziellen Richtlinien für den angemessenen Gebrauch von antibakteriellen Wirkstoffen sind zu berücksichtigen. GEGENANZEIGEN. Überempfindlichkeit gegen
den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile. Überempfindlichkeit gegen Cephalosporin-Antibiotika. Plötzlich einsetzende und schwere Überempfindlichkeitsreaktionen (z. B. anaphylaktische Reaktion) gegen jegliche andere Art von Betalactam-Antibiotika
(z. B. Penicilline oder Carbapeneme). 7. INHABER DER ZULASSUNG. AstraZeneca AB. S-151 85 Södertälje, Schweden. VERSCHREIBUNGSPFLICHT/APOTHEKENPFLICHT. Rezept- und apothekenpflichtig. Stand: 23August 2012. Informationen zu den Abschnitten „Besondere Warnhinweise
und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, Nebenwirkungen sowie den Gewöhnungseffekten sind der veröffentlichten Fachinformation (z.B. Austria Codex) zu entnehmen.
Fachkurzinformation zu Pharma-News auf Seite 49
Humira 40 mg Injektionslösung in Fertigspritze/Humira 40 mg Injektionslösung im vorgefüllten Pen (Injektor, vorgefüllt/FertigPEN) ZUSAMMENSETZUNG: Jede Einzeldosis-Fertigspritze mit 0,8 ml enthält 40 mg Adalimumab/Jede Einzeldosis mit 0,8 ml des vorgefüllten Pens enthält 40 mg
Adalimumab. Adalimumab ist ein rekombinanter humaner monoklonaler Antikörper, der in Ovarialzellen des Chinesischen Hamsters exprimiert wird. ANWENDUNGSGEBIETE: Rheumatoide Arthritis: Humira ist in Kombination mit Methotrexat indiziert zur Behandlung der mäßigen bis schweren
aktiven rheumatoiden Arthritis bei erwachsenen Patienten, die nur unzureichend auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika einschließlich Methotrexat angesprochen haben. Behandlung der schweren, aktiven und progressiven rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen, die zuvor nicht mit
Methotrexat behandelt worden sind. Humira kann im Falle einer Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat, oder wenn die weitere Behandlung mit Methotrexat nicht sinnvoll ist, als Monotherapie angewendet werden. Humira reduziert in Kombination mit Methotrexat das Fortschreiten der
radiologisch nachweisbaren strukturellen Gelenkschädigungen und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit. Polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis: Humira ist in Kombination mit Methotrexat indiziert zur Behandlung der aktiven polyartikulären juvenilen idiopathischen Arthritis
bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 4 bis 17 Jahren, die nur unzureichend auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) angesprochen haben. Humira kann im Falle einer Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat, oder wenn die weitere Behandlung mit
Methotrexat nicht sinnvoll ist, als Monotherapie angewendet werden. Bei Kindern, die jünger als 4 Jahre sind, wurde Humira nicht untersucht. Axiale Spondyloarthritis: Ankylosierende Spondylitis (AS): Humira ist indiziert zur Behandlung der schweren aktiven ankylosierenden Spondylitis bei
Erwachsenen, die nur unzureichend auf eine konventionelle Therapie angesprochen haben. Axiale Spondyloarthritis ohne Röntgennachweis einer AS: Humira ist indiziert zur Behandlung der schweren axialen Spondyloarthritis ohne Röntgennachweis einer AS, aber mit objektiven Anzeichen der
Entzündung durch erhöhtes CRP und/oder MRT, bei Erwachsenen, die nur unzureichend auf nichtsteroidale Antirheumatika angesprochen haben oder bei denen eine Unverträglichkeit gegenüber diesen vorliegt. Psoriasis Arthritis: Humira ist indiziert zur Behandlung der aktiven und progressiven Psoriasis-Arthritis (Arthritis psoriatica) bei Erwachsenen, die nur unzureichend auf eine vorherige Basistherapie angesprochen haben. Humira reduziert das Fortschreiten der radiologisch nachweisbaren strukturellen Schädigungen der peripheren Gelenke bei Patienten mit polyartikulären
Methotrexat oder PUVA, nicht angesprochen haben oder bei denen eine Kontraindikation oder Unverträglichkeit gegenüber einer solchen Therapie vorliegt. Morbus Crohn: Humira ist indiziert zur Behandlung des mittelschweren bis schweren, aktiven Morbus Crohn bei erwachsenen Patienten,
die trotz einer vollständigen und adäquaten Therapie mit einem Glukokortikoid und/oder einem Immunsuppressivum nicht ausreichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit gegenüber einer solchen Therapie haben oder bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist. Colitis
ulcerosa: Humira ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven Colitis ulcerosa bei erwachsenen Patienten, die auf die konventionelle Therapie, einschließlich Glukokortikoide und 6-Mercaptopurin (6-MP) oder Azathioprin (AZA), unzureichend angesprochen haben
oder die eine Unverträglichkeit gegen eine solche Therapie haben oder bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist. GEGENANZEIGEN: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Aktive Tuberkulose oder andere schwere Infektionen wie Sepsis und
opportunistische Infektionen, mäßige bis schwere Herzinsuffizienz (NYHA Klasse III/IV). SONSTIGE BESTANDTEILE: Mannitol (Ph. Eur.), Citronensäure-Monohydrat, Natriumcitrat, Natriumdihydrogenphosphat-Dihydrat, Natriummonohydrogenphosphat-Dihydrat, Natriumchlorid, Polysorbat 80,
Natriumhydroxid, Wasser für Injektionszwecke NAME UND ANSCHRIFT DES PHARMAZEUTISCHEN UNTERNEHMERS: AbbVie Ltd, Maidenhead, SL6 4XE, Vereinigtes Königreich VERTRETUNG DES ZULASSUNGSINHABERS IN ÖSTERREICH: AbbVie GmbH, 1230 Wien VERSCHREIBUNGSPFLICHT/
APOTHEKENPFLICHT: NR, apothekenpflichtig. PHARMAKOTHERAPEUTISCHE GRUPPE: Selektive Immunsuppressiva. ATCCode: L04AB04 Informationen zu besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen
Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekten sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. STAND DER INFORMATION: 10/2012
Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 52
Eviplera 200 mg/25 mg/245 mg Filmtabletten Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung; antivirale Mittel zur Behandlung von HIV‑Infektionen, Kombinationen. ATC‑Code: J05AR08 Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Filmtablette
enthält 200 mg Emtricitabin, 25 mg Rilpivirin (als Hydrochlorid) und 245 mg Tenofovirdisoproxil (als Fumarat). Sonstige Bestandteile: Jede Filmtablette enthält 277 mg Lactose-Monohydrat und 4 Mikrogramm Gelborange S (E110). Tablettenkern: Croscarmellose-Natrium, Lactose-Monohydrat,
Magnesiumstearat, Mikrokristalline Cellulose, Polysorbat 20, Povidon, Vorverkleisterte Maisstärke Tablettenfilm: Hypromellose, Indigocarmin, Lactose-Monohydrat, Polyethylenglykol, Eisenoxid rot, Gelborange S, Titandioxid, Triacetin Anwendungsgebiete: Eviplera wird zur Behandlung von
Infektionen mit dem Humanen Immundefizienzvirus Typ 1 (HIV‑1) bei antiretroviral nicht vorbehandelten erwachsenen Patienten mit einer Viruslast von ≤ 100.000 HIV‑1‑RNA‑Kopien/ml angewendet. Der Beleg des Nutzens der antiretroviralen Kombinationstherapie von Emtricitabin, Rilpivirinhydrochlorid und Tenofovirdisoproxilfumarat basiert auf 48‑Wochen-Analysen der Sicherheit und Wirksamkeit aus zwei randomisierten, doppelblinden, kontrollierten Phase 3-Studien bei nicht vorbehandelten Patienten. Wie bei anderen antiretroviralen Arzneimitteln sollte die Anwendung
von Eviplera von einem genotypischen Resistenztest begleitet werden. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe oder einen der sonstigen Bestandteile. Eviplera darf nicht gleichzeitig mit den folgenden Arzneimitteln angewendet werden, da es dadurch (aufgrund einer
CYP3A‑Enzyminduktion oder einer Erhöhung des Magen-pH) zu einem signifikanten Absinken der Plasmakonzentration von Rilpivirin und nachfolgend zu einem Verlust des therapeutischen Effekts von Eviplera kommen kann: - Antikonvulsiva, wie Carbamazepin, Oxcarbazepin, Phenobarbital,
Phenytoin; - antimykobakterielle Substanzen, wie Rifabutin, Rifampicin, Rifapentin; - Protonenpumpenhemmer, z.B. Omeprazol, Esomeprazol, Lansoprazol, Pantoprazol, Rabeprazol; - systemisches Glukokortikoid Dexamethason, außer als Einzelgabe; - Johanniskraut (Hypericum perforatum).
Inhaber der Zulassung: Gilead Sciences International Limited, Cambridge CB21 6GT, Vereinigtes Königreich NR, apothekenpflichtig. Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, sowie Nebenwirkungen
entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.
jatros I Seite 50
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/13
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symmetrischen Subtypen der Erkrankung und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit. Psoriasis: Humira ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren chronischen Plaque-Psoriasis bei erwachsenen Patienten, die auf eine andere systemische Therapie, wie Cyclosporin,
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gleichzeitig mit einigen Antikonvulsiva, bestimmten antimykobakteriellen
Substanzen, Protonenpumpeninhibitoren (PPI), systemischem Dexamethason
oder Johanniskraut angewendet werden, da es dadurch zu einem signifikanten
Absinken der Plasmakonzentration von Rilpivirin und nachfolgend zu einem Verlust
der therapeutischen Wirksamkeit von EVIPLERA ® kommen kann.
• Wie bei anderen antiretroviralen Arzneimitteln sollte die Anwendung von
EVIPLERA ® von einem Resistenztest begleitet werden.
• EVIPLERA ® sollte aufgrund eines erhöhten Risikos renaler Nebenwirkungen
(bedingt durch TDF) nicht gleichzeitig mit oder kurz nach nephrotoxischen
Arzneimitteln angewendet werden.
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Ist eine Dosisanpassung notwendig, sollte auf die Einzelsubstanzen umgestellt
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überwacht werden.
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1 Fachinformation Eviplera® 2 Molina JM, et al., Lancet 2011; 378: 238 – 46 3 Cohen C, et al., Lancet 2011; 378: 229 – 37
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Fachkurzinformation siehe Seite 50
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