Ausgabe 01/2013 Fachliche Mitteilungen für fliegende
Transcrição
Ausgabe 01/2013 Fachliche Mitteilungen für fliegende
Flugsicherheit Ausgabe 01/2013 Foto: Steve Urbanczyk, Kommando Strategische Aufklärung Fachliche Mitteilungen für fliegende Verbände Flugsicherheit Heft 1 April 2013 – 50. Jahrgang Flugsicherheit In this issue Article overviews in English by Lt Col Jeff “Otter” Anderson, USAF Exchange Officer and member of the German Armed Forces Flight Safety Directorate. [email protected] Fachliche Mitteilung für fliegende Verbände Okay, so where do they fly? // Ja, wo fliegen sie denn? So what is the difference between a remote controlled model aircraft and an unmanned aircraft? Where, how high, how fast, and in what airspace can they fly? This article answers all these questions and more. Some of the answers might make you a little uneasy, but knowledge and good visual lookout habits are your best defense. Titelfoto:Steve Urbanczyk Kommando Strategische Aufklärungung Death in the Morning // Tod am Morgen At rotation during takeoff roll, the F-15 flipped over and crashed, killing the pilot, Major Donald Lowry. The accident in 1995 was caused by cross-connection of control rods to the rudders and elevator. The unfortunate chain of events that led to this accident could have been broken at several points but was not. The article describes key points where the mishap could have been prevented, and the lessons from this accident remain relevant today. „Flugsicherheit“, Fachliche Mitteilung für fliegende Verbände der Bundeswehr Herausgeber: Luftwaffenamt General Flugsicherheit in der Bundeswehr Redaktion: Hauptmann Klemens Löb, Tel.: 02203-9083124 Luftwaffenkaserne 501/07 Postfach 906110 51127 Köln Stories from the Error Reporting System // Geschichten aus dem Fehlermeldesystem Editorial 1 Ja, wo fliegen sie denn? 2 Tod am Morgen 10 [email protected] [email protected] Geschichten aus dem Fehlermeldesystem 13 Gestaltung: Hypoxia16 Hauptmann Klemens Löb GenFlSichhBw Erscheinen: Laserblendungen20 dreimonatlich Faktor Mensch Manuskripteinsendungen Operational Test & Evaluation29 sind direkt an die Schriftleitung zu richten. Vom Verfasser gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung der Schriftleitung oder des Herausgebers dar. Es werden nur Beiträge abgedruckt, deren Verfasser mit einer weiteren Veröffentlichung einverstanden sind. Weiterveröffentlichungen in Flugsicherheitspublikationen (mit Autoren- und Quellenangaben) sind daher möglich und erwünscht. Druck: Heimbüchel & Köllen corporate publishing GbR 10117 Berlin Begrüßen & Verabschieden 23 32 In this issue33 Due to a lower fuel state, number two of the two-ship of single seat fighters was the first to land from the ILS through IMC conditions at the divert field. On roll-out, Number 2 realized his altimeter showed an incorrect altitude and that he had not set the local altimeter. Nothing bad happened, but the potential was certainly there. Thankfully, he reported this in the anonymous Error Reporting System and we can all learn from his experience. Can you draw out the right lessons? Hypoxia This story details what happened to the wingman of a two-ship of Alpha Jets on their way at 35,000 ft as he slowly came to the realization that he was experiencing symptoms of hypoxia. The pilot’s symptoms and reactions are described in excellent detail. The flight lead’s clear and direct instructions over the radio definitely helped save his life. This happened in 1988 but could easily happen today. Are you ready? Do you remember your hypoxia symptoms? Laser Incidents // Laserblendungen How often, where, and when are aircraft in the German military being illuminated by handheld lasers? This article describes historical incident rates and provides several graphical representations of how these incidents played out in 2012. The Human Factor // Der Faktor Mensch This article describes the role played by human factors in accidents. It discusses the origins of Human Factors as a part of aviation accidents and a pioneering study conducted by the Royal Air Force in the 1940s. The case of an Eastern Airlines L-1011 crash in 1972, the space shuttle Challenger accident in 1986, and the crash of American Airlines flight 587 in 2001 are reviewed with an analysis of the human factors involved. Operational Test & Evaluation A member of the Toronado Operational Test and Evaluation team describes his experiences as part of the trials for the ASSTA-3 upgrade. He discusses how the team worked together under challenging conditions and an important lesson learned as an in-flight emergency distracted him from following up on the issue of a missing part. We say hello, we say goodbye // Begrüßen & verabschieden 01-2013 Editorial Das Jahr 2012 war das erste Jahr seit Bestehen der Bundeswehr ohne Unfall im Flugbetrieb mit bemannten Luftfahrzeugen. Zu diesem Ergebnis haben Sie alle, verehrte Leserinnen und Leser, mit professioneller Arbeit und guter Flugsicherheitskultur in den fliegenden Einheiten und Dienststellen mit Flugbetrieb beigetragen. Sie alle können stolz auf dieses Ergebnis sein, das natürlich nicht ohne eine gehörige Portion Fliegerglück möglich gewesen wäre. Seit dem Absturz eines TIGER am 4. März dieses Jahres steht fest, dass 2013 nicht unfallfrei verlaufen wird. Glücklicherweise wurden die beiden Piloten bei dem Unfall nur leicht verletzt. Die Untersuchungen zur Unfallursache dauern an. In wenigen Tagen wird der Jahresbericht 2012 der Abteilung GenFlSichhBw veröffentlicht. Wie in jedem Jahr wird darin die Flugsicherheitslage eines Jahres dargestellt und analysiert. Bei einer genaueren Betrachtung des Zwischenfallgeschehens konnten interessante Erkenntnisse zutage gefördert werden. Ich rege die Lektüre des Jahresberichtes und die Diskussion darüber im Kameradenkreis ausdrücklich an. Die Gefährdung der fliegenden Besatzungen durch LASER- Blendungen nimmt im zivilen und militärischen Flugbetrieb beständig zu. Der Artikel „Laserblendungen“ soll zur Ihrer Information und zur Sensibilisierung in Bezug auf dieses für viele noch neue Thema beitragen. Lassen Sie mich an dieser Stelle einige Gedanken mit Ihnen teilen, die mit der Einführung der modernen fliegenden Waffensysteme in der Bundeswehr zu tun haben. Bei meinen ersten Flügen in einem TORNADO mit ASST A3 und bei einem Mitflug im EUROFIGHTER wurde mir auf beeindruckende Weise klar, in welchem Umfang moderne technische Systeme den Menschen bei seiner Aufgabenerfüllung an Bord eines militärischen Luftfahrzeugs unterstützen können. Gleichzeitig wurden mir aber auch die Herausforderungen und die Gefahren überdeutlich, die die Komplexität dieser modernen Technik, das Überangebot an Informationen und der Umgang mit Statusmeldungen der vielen Systeme mit sich bringen. Der sichere Flugbetrieb mit EUROFIGHTER und TORNADO ASST A3, mit TIGER, CH-53 GA sowie NH 90 und in Zukunft A 400 M verlangt von den Menschen, die diese Luftfahrzeuge führen und bedienen ein hohes Maß an Kontinuität und Intensität in der Handhabung dieser Systeme. Darüber hinaus bin ich der festen Überzeugung, dass all die Fähigkeiten, die man unter basic airmanship subsummiert, und die Erfahrung, die man nur durch Übung erlangt, durch die technische Auslegung moderner Cockpits nicht obsolet geworden sind. Technikhörigkeit stellt in der Fliegerei mit modernen Luftfahrzeugen eine große Herausforderung in Bezug auf die Flugsicherheit dar. Ich bin überzeugt, dass diese Herausforderung durch die modernen Systeme auch im Flugbetrieb der Bundeswehr besteht und dass es der kontinuierlichen Dienstaufsicht auf allen Ebenen und steter Sensibilisierung aller am Flugbetrieb Beteiligten bedarf, um diese zu meistern. In diesem Sinne: Always fly safe! Poth Brigadegeneral 1 Flugsicherheit Ja, wo fliegen sie denn? von Oberstleutnant Rüdiger Stein, LwA AbtFlSichhBw In der vorletzten Ausgabe unserer fachlichen Mitteilung „flugsicherheit“, Ausgabe 03/2012, hatten wir unter dem Titel: „Unbemannte Luftfahrtsysteme – Gefährliche Annäherung im Luftraum“ einen Beitrag über unbemannte Luftfahrtsysteme veröffentlicht. auch darum, tief sitzende Irrtümer und um sich greifendes Halbwissen (möglichst) zu beseitigen. Leider kommen wir um die Konfrontation mit trockenen Gesetzestexten und anderen Rechtsnormen nicht herum. Aber das kann so schlimm nicht sein, denn wann hat schon jemals jemand seinen Cockpitjob gekündigt, weil er glaubte, im Vorschriftensumpf zu ertrinken. In diesem Zusammenhang ist Beginnen wir zunächst mit eiein Untersuchungsbericht der ner Begriffsbestimmung: Ein Bundesstelle für Flugunfall- Flugzeugmodell ist die verkleiuntersuchung (BFU) von Interesse, der den Zusammenstoß eines ferngesteuerten Flugmodells mit einem personentragenden Motorsegler darstellte. Wir nehmen diesen Artikel zum Anlass, das Zusammenstoßrisiko zwischen unbemannten „Flugobjekten“ und Luftfahrzeugen (Lfz) etwas näher zu beleuchten. Dabei soll es um eine Klarstellung von Begrifflichkeiten gehen, aber 2 nerte dreidimensionale Abbildung eines (in der Regel) personentragenden Luftfahrzeugs. Im Freizeitbereich ist der hobbymäßige Bau solcher Modelle weit verbreitet. Zahlreiche Hersteller von Bausätzen haben ein fast unüberschaubares Angebot an Flugzeugmodellen im Angebot, wobei überwiegend Polystyrole als Baumaterial zum Einsatz kommen. Beliebte Nachbaumaßstäbe sind 1:72, 1:48 und 1:32, je nachdem, welche Art von Modellen bzw. welcher Detaillierungsgrad bevorzugt wird. Flugzeugmodelle 01-2013 Solche Flugzeugmodelle sind nicht flugfähig und dienen meist dekorativen Zwecken. Zweifellos kann dieses Hobby zum Lebensinhalt werden – in unseren weiteren Betrachtungen ist es aber ohne Bedeutung. Ein Flugmodell ist also ein Luftfahrzeug, das zum Zwecke des Sports oder der Freizeitgestaltung betrieben wird. Es handelt sich dabei entweder um die vorbildähnliche Verkleinerung eines (meist) personentragenden Luftfahrzeugs, oder um ein reines Zweckmodell, das in dieser Erscheinung nur im Modellflug vorkommt. Flugmodelle sind flugfähig und lassen sich nach vielfältigen Kriterien voneinander unterscheiden. Es ginge über den Sinn dieses Artikels hinaus, eine detaillierte Betrachtung aller existierenden Arten solcher Modelle anzustellen. Vielmehr ist im Folgenden nur von jenen Flugmodellen die Rede, die einige der Lufträume nutzen, in denen auch „echte“ personentragende Luftfahrzeuge anzutreffen sind, und die ein Zusammenstoßrisiko darstellen könnten. Diese sind die folgenden funkferngesteuerten Varianten: -Segelflugmodelle, -motorgetriebene Modelle (der Antrieb kann durch Elektromotoren, Verbrennungsmotoren, Strahltriebwerke oder Raketentreibsätze erfolgen), - H u b s c h r a u b e r m o d e l l e und Multi-Rotor-Modelle (Quad-, Sexta- oder Okto-Copter) (in dem oben genannten Beitrag zur fachlichen Mitteilung „Flugsicherheit“ 03/12 vereinfacht Copter genannt). Vorausgeschickt werden muss noch, dass Flugmodelle allen anderen Verkehrsteilnehmern auszuweichen haben und daher immer in der Sichtweite des Betreibers zu fliegen sind! Es gilt das Prinzip: See and avoid. Die Unterscheidung zwischen unbemannten Luftfahrtsystemen (ULS) und Flugmodellen gelingt am leichtesten, wenn man die von der Deutschen Flugsicherung am 28. Juni 2012 heraus gegebenen NACHRICHTEN FÜR LUFTFAHRER NfL I 161/12 zurate zieht. Der Titel der NfL lautet: „Gemeinsame Grundsätze des Bundes und der Länder für die Erteilung der Erlaubnis zum Aufstieg von unbemannten Luftfahrtsystemen gemäß § 16 Absatz 1 Nummer 7 Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO)“. Dort heißt es in Ziffer 1: „Dient die Nutzung des Geräts dem Zwecke des Sports oder der Freizeitgestaltung, so gelten die Regelungen für Flugmodelle. Ist mit dem Einsatz hingegen ein sonstiger, insbesondere gewerblicher Zweck verbunden (z. B. Bild- Flugmodell 3 Flugsicherheit aufnahmen mit dem Ziel des Verkaufs), so handelt es sich um ein unbemanntes Luftfahrtsystem, dessen Betrieb unabhängig von seinem Gewicht … erlaubnispflichtig ist.“ Daraus folgen drei Feststellungen: 1. Die Abgrenzung ULS – Flugmodell erfolgt ausschließlich über den Zweck der Nutzung. 2.Der Aufstieg eines ULS ist genehmigungspflichtig. 3.Der Aufstieg eines Flugmodells ist nicht immer genehmigungspflichtig (Umkehrschluss). Diesen eher theoretischen Fall sprechen wir später noch einmal an. Ziffer 1 bestimmt noch, in welchen Fällen die „Gemeinsamen Grundsätze“ überhaupt Anwendung finden. Es heißt: „Diese Grundsätze betreffen die Erteilung der Erlaubnis zum Aufstieg von unbemannten Luftfahrtsystemen, die - in Sichtweite des Steuerers, -nicht ausschließlich zum Zwecke des Sports oder der Freizeitgestaltung betrieben werden, - eine maximale Flughöhe von 100 Metern über Grund nicht übersteigen und - deren Gesamtmasse bis zu 25 kg beträgt.“ Die o. a. Kriterien dürften die große Masse der zurzeit in Deutschland betriebenen ULS abdecken. Die NfL I 161/12 macht über den dargestellten 4 Inhalt hinaus im Wesentlichen Aussagen zu Einzelheiten des Erlaubnisverfahrens (wie der Titel schon vermuten lässt). Bedeutsam ist für uns die Feststellung, dass eine maximale Flughöhe von 100 Metern in Sichtweite des Steuerers ein Kollisionsrisiko mit personentragenden Luftfahrzeugen ausschließen sollte. Nur der Vollständigkeit halber erwähnen wir noch, dass ein ULS in Einund Abflugschneisen von Flugplätzen nicht betrieben werden darf, da dies die Sicherheit des Luftverkehrs gefährden würde. Aus den bisherigen Darstellungen geht hervor, dass (beispielsweise) ein Copter am heutigen Tag zum Zwecke der Freizeitgestaltung auf einem Modellflugplatz seine Runden drehen kann und damit als Flugmodell zu betrachten ist, während dasselbe Objekt morgen zu gewerblichen Zwecken einsetzbar ist und dann mit allen Konsequenzen in die Kategorie der Unbemannten Luftfahrtsysteme fällt. Zum Thema ULS soll noch erwähnt werden, dass es durchaus denkbar ist, dass sich in Zukunft der Bedarf für den Betrieb von (nicht militärisch genutzten) Systemen ergibt, die beispielsweise höher als 100 Meter fliegen müssen und/oder die schwerer als 25 kg sind. Deren Erlaubnisverfahren fiele dann aus dem Rahmen der NfL I 161/12 heraus. Zwischenfazit -Flugzeugmodelle stoßen – an Nylonfäden von der Zimmerdecke baumelnd – bestenfalls mit den Köpfen ihrer Erbauer zusammen, mit meist glimpflichem Ausgang. -Unbemannte Luftfahrtsysteme nutzen nicht den gleichen Luftraum wie personentragende Lfz, womit das Risiko eines Zusammenstoßes gegen Null geht. Nun bleibt noch, das Zusammenstoßrisiko zwischen Flugmodellen und personentragenden Lfz zu beleuchten. Da ein Risiko per Definition das Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses und den möglichen Folgen darstellt, wollen wir uns der Gesamtproblematik über die Beantwortung folgender Fragen nähern: - Wie groß dürfen Flugmodelle sein? -Wie schnell darf geflogen werden? - Gibt es Gewichtsgrenzen? - Wie hoch dürfen sie fliegen? Bevor wir in medias res gehen, sagt uns ein Blick in das Luftverkehrsgesetz, (hier ist es § 1 Abs. 2 LuftVG), dass Flugmodelle (wie auch unbemannte Luftfahrtsysteme) Luftfahrzeuge sind. Diese wesentliche Feststellung hat zur Folge, dass bindende Regelungen weiterer Gesetzestexte wie die Luftver- 01-2013 kehrsordnung (LuftVO) und die Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO) ebenso greifen wie Ausführungsgesetze und Richtlinien der zuständigen Behörden. Um zu verhindern, dass wir in der Flut der Regulierungsliteratur ertrinken, – die gute Nachricht zuerst: Selbst ein intensives Studium aller o. a. Veröffentlichungen führt zu der Erkenntnis, dass die Größe von Flugmodellen nicht begrenzt ist. Das ist in zweierlei Hinsicht gut. Erstens fliegen große Modelle in der Regel ruhiger und stabiler als kleinere Modelle. Zusätzlich ist ihre Lage im Raum leichter zu erkennen. Dies alles macht dem fernsteuernden Piloten das Leben leichter. Zweitens sind große Modelle auch von anderen Teilnehmern am Luftverkehr einfacher zu erkennen, d. h. visuell aufzufassen. Unabhängig davon wäre es auch wenig sinnvoll, eine Größenbegrenzung vorzunehmen, da juristisch nicht begründet werden kann, warum ein Flugmodell mit beispielsweise fünf Metern Spannweite keine Gefährdung darstellt, während ein sechs Meter Modell dies tut. Eines der größten handelsüblichen Flugmodelle ist zurzeitder maßstabsgetreue Nachbau eines Segelflugzeuges vom Typ ASG 29 im Maßstab 1:2, womit das Modell eines deutschen Herstellers aus den neuen Bun- desländern eine Spannweite von neun Metern aufweist. Stellt sich als zweites die Frage nach der erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Die Anlage 5 zur LuftVO begrenzt die Höchstgeschwindigkeit unterhalb von Flugfläche 100 (10.000 Fuß über N. N. bei Standardhöhenmessereinstellung) auf maximal 250 Knoten, umgerechnet etwa 463 km/h. Allein schon die Tatsache, dass die Dimension Knoten in einem deutschen Gesetzestext auftaucht, legt den Verdacht nah, dass sich diese Begrenzung ausschließlich an den personentragenden Luftverkehr richtet. Das stimmt nicht ganz – dieses Limit gilt auch für Flugmodelle. Es wäre ja auch verwunderlich, wenn ausgerechnet den Betreibern ferngesteuerter Flugmodelle erlaubt wäre, schneller zu fliegen. Nun ist zugegebenermaßen diese Grenze den wenigsten Modellfliegern bekannt und spielt auch in deren täglichen Leben keine auffällige Rolle, da solche Geschwindigkeiten mit handelsüblichen Modellen nicht zu erreichen sind. Lediglich einige Speedjunkies stoßen mit gasturbinengetriebenen Spezialkonstruktionen in diesen Bereich vor und müssen Sondergenehmigungen einholen, wenn sie sich auf solche Weise ihren Adrenalinkick verschaffen wollen. Allerdings erreicht auch das Jetmodell „von der Stange“ leicht 350 km/h, womit – um im Jargon der Jugend zu bleiben – die Post abgeht. Da in eine Berechnung der kinetischen Energie der Faktor „Geschwindigkeit“ mit der 2. Potenz eingeht, wird klar, welcher Schaden bei einem Zusammenstoß (gleich womit) angerichtet werden kann. Deutlich präsenter sind die Gewichtsgrenzen für Flugmodelle. Bis zu einem Startgewicht von unter 25 kg ist der Spaß für Modellflieger ziemlich unproblematisch, obwohl ein 24,999 kg Modell schon ein ordentlicher „Brummer“ ist. Unproblematisch deshalb, weil kein Nachweis über die Lufttüchtigkeit erbracht werden muss und weil der Steuerer seine fliegerischen Fähigkeiten an keiner offiziellen Stelle unter Beweis stellen muss. Beides ändert sich völlig, wenn die 25 kg Grenze überschritten wird. Bevor ein solches „Dickschiff“ zum ersten Mal abhebt, muss der Erbauer einen anerkannten Sachverständigen (der Zulassungsbehörde) von der Lufttüchtigkeit überzeugen. Ist das gelungen, erfolgt nach einer bestandenen theoretischen Prüfung des künftigen Piloten der Erstflug, ebenfalls vor den Augen der Zulassungsbehörde. Hat alles geklappt, erhält der Pilot (und nur er) die Erlaubnis, dieses Modell steuern zu dürfen; also so eine Art Musterberechtigung light. Selbst5 Flugsicherheit verständlich muss zuvor noch der Nachweis erbracht werden, dass das Modell Haftpflicht versichert ist. Übrigens fordert der Gesetzgeber eine spezielle Halterhaftpflichtversicherung für alle Flugmodelle. Die nächste Gewichtsgrenze für Flugmodelle liegt dann bei einem Startgewicht von 150 kg und mehr. Für solche „Brocken“ gelten die Regeln der Ultraleichtflugzeuge im vollen Umfang. Erwähnenswert ist noch, dass der Betrieb eines >25 kg-Modells nur auf Modellflugplätzen erfolgen darf, die dafür extra zugelassen sind. Damit kommen wir noch einmal kurz auf die obige Andeutung zu sprechen, wonach der Aufstieg von Flugmodellen nicht immer genehmigungspflichtig ist. Die Vielzahl rechtlicher Auflagen, aber auch rein praktische Überlegungen sorgen dafür, dass der Betrieb von Flugmodellen in nennenswerter Größe in Deutschland nahezu ausnahmslos auf dafür zugelassenen, vereinseigenen Modellflugplätzen erfolgt. De facto liegt damit eine „erlaubnisbedürftige Nutzung des Luftraumes“ vor, wie sie im § 16 LuftVO detailliert beschrieben wird. Die Erlaubnis gilt pauschal als erteilt, wenn der Flug auf einem solchen Modellflugplatz im Luftraum „G“ erfolgt. Weder muss das Modell < 25 kg eine Zulassung haben noch muss für jeden einzelnen 6 Flug eine Erlaubnis eingeholt werden. Jetzt sind wir noch die Antwort auf die erlaubten Flughöhen schuldig. Vielerlei Ortes ist die Ansicht verbreitet, Flugmodelle dürften nicht höher als 100 Meter fliegen. Wir erinnern uns, dass maximale 100 Meter ein Zulassungskriterium für ULS ist – für Flugmodelle gilt das nicht! Möglicherweise ist die im § 16 LuftVO angesprochene maximale Seillänge von 100 Metern für den erlaubnisfreien Aufstieg von Drachen und Schirmdrachen (eher als Kastendrachen bekannt) der Auslöser für manche Diskussionen unter Unkundigen. Tatsächlich dürfen Flugmodelle den unkontrollierten Luftraum der Klassifizierung „G“ in Gänze nutzen. Nun beginnt dieser Luftraum am Boden – endet an den Untergrenzen des darüber liegenden Luftraumes „E“. Dessen Untergrenze kann bei 1.000 Fuß (über Grund) liegen, bei 1.700 oder bei 2.500 Fuß. Grundsätzlich ist der Einflug in den Luftraum „E“ für Flugmodelle nicht verboten; er ist aber genehmigungspflichtig und stellt eine absolute Ausnahmesituation dar. Dem Autor, der auf eine 40- jährige modellfliegerische Praxis zurückblickt, ist kein einziger Fall bekannt, bei dem ein Modellflieger wissentlich in den Luftraum „E“ eindringen wollte und sich dies zuvor genehmigen ließ. Es steht jedoch außer Zweifel, dass die Sorgfaltspflicht eines Modellfliegers es erfordert, sich kundig zu machen und festzustellen, wie hoch er genehmigungsfrei fliegen darf. Der oberhalb des Luftraumes „E“ liegende Luftraum „C“ mit seiner Untergrenze von Flugfläche 100 ist eine modellfliegerische Tabuzone und wird daher hier nicht weiter beleuchtet. Wenn also der Betrieb von Flugmodellen im Luftraum „G“ an Grenzen stoßen kann, dann gilt das erst recht beim Fliegen in Kontrollzonen (Luftraum „D“). Hier greift der § 16a der LuftVO, der erfordert, dass bei Inanspruchnahme des kontrollierten Luftraums eine Flugverkehrskontrollfreigabe bei der zuständigen Flugverkehrskontrollstelle einzuholen ist. Einzelheiten regeln die Vereine in schriftlichen Betriebsabsprachen mit den jeweiligen Kontrollstellen. Das Verfahren stellt sich in der Regel dann so dar, dass ein anwesender Modellflieger vor Beginn des Flugbetriebs über eine ortsfeste Telefonleitung die Freigabe für alle folgenden Flüge des Tages einholt. Lässt die Verkehrslage es zu, wird die Erlaubnis erteilt und ggf. mit Auflagen verbunden, z. B. mit einer maximalen Flughöhe von 150 Metern. Nach der letzten Landung wird der Flugbetrieb 01-2013 Luftraumstruktur in Deutschland abgemeldet. So einfach ist das! Wie groß ist denn nun die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenstoßes zwischen einem Flugmodell und einem bemannten Luftfahrzeug? Bevor wir diese Frage beantworten, muss klar gestellt werden, dass es uns nur um ungeplante und ungewollte Vorkommnisse geht, also um Ereignisse, die per Definition als Unfall betrachtet werden können. Dann lautet die Antwort, dass die Wahrscheinlichkeit statistisch gesehen verschwindend gering ist. Diese Aussage wird damit belegt, dass der ganz zu Anfang genannte Untersuchungsbericht des Zusammenstoßes auf das einzige Ereignis dieser Art zurückgeht, dass sich bisher im deutschen Luftraum zutrug und das, obwohl geschätzt mehr als 100.000 (fast 80.000 davon im Deutschen Modellfliegerverband organisierte) Modellflieger dieses Hobby ausüben. Dementgegen fällt der in dem Artikel „Unbemannte Luftfahrtsysteme – Gefährliche Annäherung im Luftraum“ genannte Copter aus dem Rahmen, da klar bescheinigt werden muss, dass er sich unrechtmäßig dort aufhielt, wo er angetroffen wurde, unabhängig davon, ob er als ULS oder als Flugmodell un7 Flugsicherheit terwegs war. Solche und ähnliche Ordnungswidrigkeiten entziehen sich einer Berechenbarkeit, denn wie bitte soll man vorausahnen, wann und wo selbsternannte Luftfahrtpioniere auf die Idee kommen, neue Rekorde aufzustellen und dabei leichtfertig bestehende Regelwerke außer Acht lassen? Die überwiegende Anzahl der Modellsportler verhält sich dementgegen regelkonform, allein schon aus reinem Modellerhaltungstrieb. Dafür sorgen mehrere Faktoren, die alle in die gleiche Richtung wirken und sich somit positiv verstärken. Zunächst einmal ist klar festzustellen, dass die Mehrzahl der „alltäglichen“ Flugmodelle geringe Spannweiten aufweist (Motormodelle überwiegend so um die 160 cm Spannweite; Hubschrauber mit etwa gleich großem Rotordurchmesser; Segler warten selten mit mehr als drei Meter Spannweite auf). Solche Modelle vereinigen die Vorteile geringer Anschaffungskosten, einfachen Transports und Handlings, sind aber für Flüge in großen Höhen ungeeignet, da sie schnell die Sichtgrenze erreichen. Zudem macht es einfach mehr Spaß, mit motorgetriebenen Modellen tief zu fliegen, da sie so wesentlich besser präsentiert werden können. Das trifft auch auf die Turbinen getriebene Jets und Hubschraubermodelle zu. Segel8 flugmodelle sind in großen Höhen nicht nur von starken Winden gefährdet, die zu einer strukturellen Überlastung führen können, sondern auch von thermischen Aufwinden, die durchaus geeignet sein können, ein Modell auf Nimmerwiedersehen im Orbit verschwinden zu lassen. Wie auch immer – ein Verlust ist stets eine ärgerliche Angelegenheit, auch wenn nur ein paar hundert Euro futsch sind. Daher manövriert man bevorzugt in Höhen, die garantieren, alles unter Kontrolle zu haben, was den meisten Piloten ohnehin gut gefällt. Insgesamt ist also festzustellen, dass sich eine günstige Höhenstaffelung zur „Konkurrenz“ der personentragenden Lfz quasi von allein ergibt. Und die Riesenvögel? Klar – ein Segelflugmodell mit neun Metern Spannweite kann ohne Schwierigkeiten in 700 Metern Höhe geflogen und dabei noch deutlich vom Boden aus erkannt werden. Aber Modelle der Superlative sind selten, dafür sind sie ja Superlative. Superlativ ist dann auch der Preis. Hier muss erst eine fünfstellige Eurosumme gezahlt werden, bevor der Jungfernflug in Sichtweite kommt. Folglich hat der stolze Besitzer einer solchen „Orchidee“ selbst das größte Interesse, den Vogel wieder heil nach Hause zu bringen, und wird daher jedes vermeidbare Risiko meiden. Nun könnte dennoch ein besonders ängstlicher Privatpilot auf die Idee kommen, bei der Vorbereitung eines Überlandfluges die Lage von Modellflugplätzen zu berücksichtigen, um bloß nicht darüber hinweg zu knattern. Hier muss es bei der guten Absicht bleiben, denn Modellfluggelände sind in keiner für die Streckenplanung nutzbaren Luftfahrtkarte eingezeichnet. Werfen wir nun aber einen Blick in das von der Deutschen Flugsicherung herausgegebene Luftfahrthandbuch VFR und schlagen ein paar Sichtflugkarten auf, so gelangen wir zu der Erkenntnis, dass Modellflugplätze dort sinnvollerweise sehr wohl vermerkt sind und zwar solche innerhalb und außerhalb von Kontroll- und Flugplatzschutzzonen. Während wir die vertikale Komponente der Frage „Ja, wo fliegen sie denn?“ bereits weiter oben beantwortet hatten, liefern diese Karten zumindest für die Nahverkehrsbereiche die Antwort bezüglich der horizontalen Verteilung (siehe VAD Köln/Bonn auf der folgenden Seite). Schlusswort Der Volksmund neigt zu der Aussage, dass für die Teilnahme am Luftverkehr alles geregelt sei und dass demzufolge eigentlich nichts passieren könne. Jawoll – dem Regelungsbedarf 01-2013 ist Rechnung getragen worden mit Gesetzen, Paragraphen, Verordnungen, Anweisungen etc. Daran halten sich (fast) alle, und deshalb ist die Fliegerei eine recht sichere Angelegenheit, wie es dieser Artikel darstellt. Nun ist das Wörtchen „eigentlich“ ein viel benutztes Füllsel und verkehrt eine Aussage oft ins genaue Gegenteil. Hier bedeutet es, dass sehr wohl etwas passieren kann und dann auch noch etwas Unangenehmes, das wehtun kann und im schlimmsten Fall das Leben frühzeitig beendet. Wer will das schon? Daher gilt mehr denn je: Augen auf zum SEE AND AVOID. Auch das ist eine Regel, aber darüber hinaus ein lebenserhaltender Grundsatz, ein Motto, wenn nicht sogar Gesetz, also immer gültig, ausnahmslos. Verfahren wir danach! Holm- und Rippenbruch! Modellflugplatz Modellflugplatz Modellflugplatz VAD Köln/Bonn 9 Flugsicherheit Tod am Morgen von Hauptfeldwebel Steffen Werking-Eckes, WtgWaStff/JaboG 33, TE Ausbildung & Standardisierung „Tiger 01 and Tiger 02, you are cleared for Take-off”. So ertönte die Freigabe zum Start zweier F-15 C Eagle der USAFE in Spangdahlem um 8:26 Uhr, an einem durchwachsenen Morgen des 30. Mai 1995, auf der Spangdahlem Air Base in der Eifel. F-15 C Eagle Major Donald Lowry und sein Wingmann rollten nach erfolgter Startvorbereitung aus ihren Sheltern auf die Startbahn in Spangdahlem. Nach erfolgreicher Freigabe des Towers schoben beide Piloten der Zweierformation ihre Leistungshebel in die vorderste Position, um die Triebwerksleistung auf maximalen Schub zu erhöhen. Beide F-15 beschleunigten zur sogenannten „Rotation“, um das zu dieser 10 Zeit leistungsfähigste Kampfflugzeug der US-Luftwaffe in die Luft zu bewegen. Was sich in jenem Moment ereignete, ließ alle Beobachter in eine Schockstarre verfallen. Tiger 02 zog wie gehabt seine F-15 in den morgendlichen Himmel. Tiger 01 hingegen driftete, brach nach dem Abheben nach links aus und überschlug sich. Die F-15 brannte fast völlig aus. Major Lowry verlor bei diesem Unglück sein Leben. 01-2013 Flugunfall am 30. Mai 1995 Wie bei der Bundeswehr begannen nun auch bei der US-Luftwaffe die Recherchen zum Unfallhergang und zur Ermittlung der Unfallursache. Untersuchungen und Recherchen dieser Art sind sehr umfangreich und können sich über Monate erstrecken. Dies wurde mir erst richtig nach meinem FSMLehrgang in Fürstenfeldbruck bewusst. Bei derartigen Ermittlungen in der Bundeswehr besteht ein Grundsatz als oberstes Gebot: Bei der Unfalluntersuchung wird die Ursache ermittelt und nicht die Schuldfrage. Bei tödlichen Unfällen muss die Staatsanwaltschaft ermitteln, die eventuelle Schuldfrage ist dann ihre Angelegenheit. In diesem Fall, wenn man den Recherchen glauben mag, hat man den Verdacht, dass die Ermittler unter allen Umständen einen Schuldigen für diese Tragödie finden mussten. Diesen hatte man während der insgesamt eineinhalbjährigen Untersuchung schnell gefunden. Als Unfallursache wurden vertauschte Gestänge für Höhenund Querruder der verunglückten Maschine festgestellt. Um eine Inspektion der Tankanlage durchzuführen, hatten zwei Techniker die besagten Gestänge vor Abflug gelöst. Nach erfolgreicher Inspektion des Tanks wurden die Gestänge wieder von denselben Technikern montiert. Fataler Weise falsch herum! Dieser Fehler wurde von beiden Technikern nicht bemerkt bzw. erkannt, begünstigt dadurch, dass sich die Gestänge weder farblich noch baulich voneinander unterscheiden. Dieser Umstand bringt mir direkt den Flugunfall mit der CH-53 in Mendig ins Gedächtnis. Bei diesem Unfall verloren drei Bundeswehrsoldaten ihr Leben. In diesem Fall wurden zwei Hydraulikleitungen vertauscht. Jeder kennt das Sprichwort „Aus Fehlern lernt man“, auch wenn sie noch so tragisch sind. Im Jahre 1986 und 1991 ereigneten sich bei der US-Luftwaffe zwei Zwischenfälle, die dem tragischen Flugunfall in Spang11 Flugsicherheit dahlem fast bis ins kleinste Detail glichen. Bei zwei unterschiedlichen Verbänden mit F-15C wurden die besagten Steuergestänge vertauscht. Man erkannte schnell, das hier dringender Handlungsbedarf bestand. Um eine sichere Lösung zu finden, fasste man die Erkenntnisse umgehend in einem High Accident Potential Report zusammen. Dieser HAP wurde nie umgesetzt bzw. weiterverfolgt. Dann geschah der tragische Flugunfall in Spangdahlem. Einige Beweismittel der Flugunfalluntersuchung wurden den besagten Technikern aus Spangdahlem vorgeführt. Ein Beweismittel war für einen der beiden Technikern offensichtlich so niederschmetternd, dass er der folgenden Militärgerichtsverhandlung in Spangdahlem fern blieb. Die Tragödie verschlimmerte sich, als man die Militärpolizei auf den ferngebliebenen Techniker ansetzte. Die Militärpolizei fand ihn schließlich nach einiger Zeit in einem Waldstück unweit der Spangdahlem Air Base. Der mittlerweile aus den USA angereiste Vater sowie die anderen Angehörigen konnten nur noch informiert werden, dass sich der Vermisste das Leben genommen hatte. Es war erwiesen, dass beide Techniker die Steuergestänge verwechselten und ihre – fehlerhafte – Arbeit mit Taschen12 lampe und Spiegel anschließend eigenständig prüften. In der deutschen Luftwaffe stellt dies eine unzulässige Arbeitsfolge dar, da bei uns die durchgeführten Arbeiten speziell von ausgebildeten Prüfern des jeweiligen Fachbereichs überprüft und abgenommen werden. Die abgenommenen Arbeiten werden üblicherweise nach erfolgreicher Prüfung dokumentiert. Im Laufe der Ermittlungen kamen weitere niederschmetternde Erkenntnisse ans Tageslicht. Während der Startvorbereitung von Tiger 01 im Flugzeugschutzbau machte keiner der anwesenden Techniker den Piloten darauf aufmerksam, dass die Steuerausschläge seines Flugzeugs nicht korrekt waren. Für uns Luftwaffentechniker in Deutschland wiederum ein eigentlich undenkbarer Vorgang. Während der Startvorbereitung wird ein sogenannter „FCS-Check“ durchgeführt. Hierbei werden alle Steuerflächen des Luftfahrzeugs in die vorgeschriebenen Stellungen gefahren und dies von einem Techniker visuell von außen überprüft und dem Piloten über Funk mitgeteilt. Kurz nach dem Gerichtsverfahren in Spangdahlem wurde ein solches Verfahren auch bei der USAF eingeführt. Ebenfalls wurde festgestellt, dass während der morgendlichen Startvorbereitung im Flug- zeugschutzbau 25 % der Beleuchtung ausgefallen war. Zu diesem Zeitpunkt in den frühen Morgenstunden ist dies ein mehr als kritischer Aspekt. Eine Verkettung unglücklicher und vermeidbarer Umstände führte wie so oft auch zu diesem Flugunfall im Mai 1995. Dieser Flugunfall und die nachfolgende Tragödie hätte mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert werden können. Folgende Faktoren waren entscheidend: - Es gab bereits zwei identische Vorfälle mit vertauschten Steuergestängen, die durch einen „Potentiellen Gefahrenhinweis“ aufgezeigt, aber nicht weiterverfolgt wurden. -Durchgeführte Arbeiten wurden von derselben Person geprüft. Hier sollte die Überprüfung durch eine dritte Person vom Fachbereich (Prüfer) erfolgen. - Ein sogenannter FCS-Check, der Falschausschläge der Steuerorgane aufgedeckt hätte, war nicht vorgeschrieben. - Ausfall der Beleuchtungsanlage im Flugzeugschutzbau. Hier ist gerade in der Dämmerung und bei Nacht eine ausreichende Beleuchtung sicherzustellen. 01-2013 Geschichten aus dem Fehlermeldesystem High to low – too low? Zeichnung von OSFw Ingo Paul Dierkes In der Sprache der Piloten gibt es eine ganze Reihe von Merksätzen, die von teils Poesiebegabten geschaffen wurden, um einfache fliegerische Sachverhalte anhand eingängiger Formeln verinnerlichen zu können. Ob sie immer sprachliche Meisterwerke sind, sei dahin- gestellt. Aber sie dienen der Sicherheit und haben damit ihre Existenzberechtigung. Wir alle kennen beispielsweise die Formel: Dead foot – dead engine! Sie wendet sich an die Luftfahrzeugführer, die Starrflügler mit mehreren Triebwerken fliegen dürfen, und erinnert schlicht daran, das Seitenruderpedal auf der Seite des Triebwerksausfalls zu entlasten (tot zumachen), um gleichzeitig das andere Pedal umso kräftiger zu treten, damit das Giermoment neutralisiert werden kann. Nun lässt sich diese Formel zugegebenermaßen nur 13 Flugsicherheit äußerst holprig in die Sprache der Dichter und Denker übersetzen, und das tut ja auch nicht Not, weil alle Luftfahrzeugführer das Englische aus dem Effeff beherrschen. Ein anderer Merksatz lautet: From high to low – watch below! Hier bleibt in der künstlerisch freien deutschen Übersetzung sogar der Reim erhalten, wenn auch aus dem bloßen Vorsichtshinweis (watch below) eine unheilvolle (typisch deutsche) Prophezeiung wird: „Vom Hoch ins Tief gehts schief!“ Es muss nicht schiefgehen, kann aber, wenn die Besatzung oder der Pilot im Single Seater vergisst, die Standardhöhenmessereinstellung von 1.013 Hektopascal (hPa) auf einen örtlichen tieferen Luftdruck umzustellen.* Pro 1 hPa Differenz ergibt sich * Ganz vereinfacht dargestellt verhält es sich so, dass bei Flügen in Höhen von mehr als 5.000 Fuß über dem Meeresniveau der Höhenmesser auf den Standardluftdruck von 1.013 hPa eingestellt wird. In größeren Höhen verliert die Gefahr, mit Hindernissen zusammenzustoßen, an Bedeutung. Dafür wird es wichtiger, einen sicheren vertikalen Abstand zu anderen Luftfahrzeugen einzuhalten. Dies ist wesentlich einfacher und damit auch sicherer, wenn alle hoch fliegenden Luftfahrzeuge die gleiche Bezugsgröße verwenden, eben die Höhenmessereinstellung von 1013 hPa. 14 eine Abweichung von ca. 30 Fuß zwischen der barometrisch angezeigten und der tatsächlichen Flughöhe; der Höhenmesser zeigt also eine größere Höhe an als die tatsächlich geflogene. Natürlich tritt eine Abweichung im umgekehrten Fall auch auf, wenn der örtliche Luftdruck über 1.013 hPa liegt und keine Höhenmesserumstellung erfolgt. Dann fliegt man höher als angezeigt. Das klingt nicht ganz so schlimm, kann es aber doch sein, da die vertikale Staffelung zu anderen Luftfahrzeugen nicht mehr korrekt ist. Low to high – look into the sky! Nun zum Kern der Sache: In den vergangenen Monaten ist es in der Bundeswehr in auffälliger Häufigkeit vorgekommen, dass Luftfahrzeugführer (LFF) einsitziger Luftfahrzeuge vergaßen, eine erforderliche Höhenmesserumstellung vorzunehmen. Besonders anfällig für diesen Fehler sind LFF, die von zweisitzigen Luftfahrzeugen kommend umgeschult wurden. Wir glauben, dass dies damit erklärt werden kann, dass die LFF die gewohnte Arbeitsteilung im Cockpit noch nicht vollständig „abgeschüttelt“ haben und an sich bewährte Verhaltensmuster in den Single Seater übertragen. Nun ist es dort aber so, dass ein Einziger alles allein machen muss – dazu kommt noch, dass der zweite Mann (oder Frau) als Korrek- tiv oder „Erinnerer“ schlicht nicht mehr vorhanden ist und Fehler somit leichter unentdeckt bleiben. Folgendes war geschehen: Eine 2-Formation musste zur Landung einen Ausweichflugplatz in Deutschland anfliegen, der von ausländischen Streitkräften betrieben wird. Dabei ergab sich die Notwendigkeit, die taktische Nummer 2 zuerst anfliegen (und landen) zu lassen, da dieses Luftfahrzeug nur noch über eine geringe Restkraftstoffmenge verfügte. Der Landeanflug erfolgte mit Unterstützung des InstrumentenLandesystems (ILS). Während des Anfluges teilte die zuständige Flugverkehrskontrollstelle der Formation dreimal den aktuellen örtlichen Luftdruck (QNH 998) mit, den die taktische Nummer 1 auch korrekt wiederholte. Die Nr. 2 verpasste jedoch die Höhenmesserumstellung und bemerkte den Fehler erst kurz nach dem Aufsetzen auf der Landebahn. Dort hätte die Anzeige etwa auf 781 Fuß stehen müssen – das hätte richtigerweise der Flugplatzhöhe über Normal Null (NN) entsprochen. Tatsächlich zeigte der Höhenmesser ein um 450 Fuß höheren Wert an, also so um die 1.230 Fuß. Der LFF gab später an, eine hohe Arbeitsbelastung, einseitige Konzentration auf den 01-2013 ILS-Anflug und eine Abweichung von der Routine (Ausweichen zum Ausweichflugplatz) hätten zu dem Fehler geführt. Glück gehabt – nix passiert! Aber vielleicht nur, weil ein Präzisionsanflug gewählt wurde, wobei die Informationen über das ideale Anflugprofil vom Boden geliefert werden und völlig unabhängig von Höhenmessereinstellungen sind. Dennoch hätte im Verlauf des Anfluges auffallen müssen, dass irgendetwas nicht stimmt, denn selbstverständlich ist die Information, die der Gleitwegsender liefert, mit dem barometrischen Höhenmesser auf Plausibilität zu prüfen und das Ganze in Abhängigkeit von der Entfernung zum Aufsetzpunkt. Wenn das Anflugprofil also beispielsweise fordert, bei einer Entfernung von sieben Meilen zum Aufsetzpunkt eine (barometrische) Höhe von 2.700 Fuß zu passieren, dann kann bei einem halbwegs sauber geflogenen ILS eine Anzeige von 3.150 Fuß nie und nimmer ins Bild passen. Fällt der Fehler bis zum Erreichen der Entscheidungshöhe nicht auf, dann hilft auch der Blick auf den Radarhöhenmesser nicht, denn der zeigt die erwarteten 200 Fuß (über Grund) an. Ist die Landebahn nun in Sicht, erfolgten die letzten Sekunden vor dem Aufsetzen nach Sicht und alles schien OK. Bei einem Nichtpräzisionsanflug hingegen beschert eine falsche Höhenmessereinstellung wie oben dargestellt eine brandgefährliche Situation und liefert drehbuchartig die Voraussetzungen zu einem Controlled Flight Into Terrain (CFIT). Bedenkt man, dass bei einem straight-in approach die Minimum Obstacle Clearance (MOC) zwischen Final Approach Fix und Missed Approach Point (MAP) nur 245 Fuß** (75 Meter) betragen muss, dann wird klar, wie schnell diese Sicherheitsmarge aufgebraucht sein kann. Es leuchtet zwar noch ein, dass niemand mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen gegen ein Hindernis fliegt, das bei guten Sichtbedingungen klar zu erkennen ist. Aber unter Instrumentenflugbedingungen ist eben nichts zu erkennen, und es gibt keinerlei Feedback, das die Besatzung auf den Fehler aufmerksam macht. Die Anzeige des Radarhöhenmessers wäre nur über flachem Gelände, idealerweise bei einem Anflug über Wasser sinnvoll zu nutzen und scheidet damit in der Praxis oft aus. Nun liegt die Mindestsinkflughöhe (Minimum Descend Altitude, MDA) für Luftfahrzeuge der Bundes- wehr bekanntermaßen deutlich über der MOC; das macht den Anflug aber auch nur mit der korrekten Höhenmessereinstellung sicher. Interessant ist noch zu erwähnen, dass mit einem Fehler von 450 Fuß bei einem Standardanflugprofil die MDA etwa 1,5 Meilen vor dem festgelegten MAP erreicht wird, wenn man so weit kommt! Wie kann verhindert werden, dass die Höhenmesserumstellung vergessen oder eine falsche Einstellung vorgenommen wird? - Sitzen zwei Besatzungsangehörige im Cockpit, ist eine gegenseitige Überwachung relativ leicht sicherzustellen. - Bei Formationsflügen kann sich der Lead das QNH von den anderen Formationsfliegern bestätigen lassen. - Ist das QNH nicht verstanden worden, sollte der Controller gebeten werden, es zu wiederholen. - Nach Umschalten auf Tower-Frequenz sollte man sich das QNH zumindest bei Nichtpräzisionsanflügen noch einmal bestätigen lassen. Wenn Sie weitere Vorschläge haben, teilen Sie sie anderen ** Quelle: ICAO DOC 8168, Pro- mit! cedures for Air Navigation Services-Aircraft Operations (PANS OPS) 15 Flugsicherheit Hypoxia von Major Peter Maurer, überarbeitet von OSFw d. R. Karl Heinz Weiß, LwA Abt FlSichhBw Im Frühjahr des Jahres 1988 befanden sich zwei Alpha Jet des JaboG 43 auf einen Überlandflug von Montijo/Portugal nach Cameri/Italien. In zwölf Kilometern Höhe, tief im spanischen Luftraum, stellte der Rottenflieger die ersten Anzeichen für Sauerstoffmangelerscheinungen fest. Durch den Sauerstoffmangel bestand die akute Gefahr einer Ohnmacht. 16 Nachdem ihm die Probleme seines Rottenfliegers bekannt waren, leitete der Rottenführer unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen ein. Durch die umsichtige Unterstützung und Mobilisierung letzter eigener Kräfte gelang es dem Rottenflieger die Flughöhe von 35.000 ft zu verlassen und auf dem 50 km entfernten Flugplatz Getafe bei Madrid sicher zu landen. Der Flugzeugführer erinnerte sich an diesen Zwischenfall. Seine Erinnerung daran wurden in der Geschwaderzeitung „MOIN“ des JaboG 43, Ausgabe 27, unter den Titel „Gedanken zu einem Überlandflug“ veröffentlicht, den wir im Folgenden zitieren: Blau und diesig spannte sich der Himmel über Montijo bis hin nach Lissabon, das fast im Dunst verschwand. Kaum ein Lufthauch wehte über dem portugiesischen Militärflugplatz, der genau gegenüber Lissabon liegt. 01-2013 Obwohl es erst März war, betrug die Lufttemperatur schon morgens um 11.00 Uhr 25°C. Was für ein Unterschied zu Deutschland, wo wir am Vortag losgeflogen waren. Den Vorabend verbrachten wir in Albacete bei recht niedrigen Temperaturen und nun waren wir hier in Portugal. Diese wenigen Wochen im Jahr, wo es hier unten grünt und blüht, bevor der heiße Sommer die Erde verbrennt und fast alles verdörren lässt. Hier, direkt am Tejo, war der Frühling voll durchgebrochen, die Luftfeuchtigkeit relativ hoch. Wir planten unseren Flug zurück ins nachwinterliche Europa, nämlich nach Cameri in Norditalien, direkt neben Mailand. Viele Freunde hatten wir in Montijo getroffen, alles alte Bekannte aus den vielen Jahren zuvor. Vor allem Piloten der G.91-Staffel waren fast schon Intimfreunde, die man vier- bis fünfmal pro Jahr regelmäßig traf. Wir wurden zum Flugzeug begleitet und herzlich verabschiedet. Man sah sich ja in drei Monaten wieder beim großen Tiger Meeting in Italien. Im Cockpit war es warm. Durch die Glaskanzel fielen die Sonnenstrahlen senkrecht auf den Körper. Das Kabinendach hatte ich einen spaltbreit geöffnet, bis endlich die Clearance kam und wir Startfreigabe erhielten. Es war kurz nach 15.00 Uhr, als der erste von zwei Alpha Jets abhob. Zehn Sekunden nach dem Anrollen meines Rottenführers löste ich die Bremsen zum Start zu einem Flug, den ich sicherlich niemals in meinem Leben vergessen werde. Lissabon hatte uns eine Flugfreigabe bis Flugfläche 350 erteilt. Nach dem Start schloss ich zu meinem Rottenführer auf und flog eine sogenannte Loose formation, etwa vier bis fünf Flugzeugbreiten links neben ihm. Links unter uns tauchte Alcochete Range auf. Wie oft waren wir hier unten schon von Beja aus zum Luft-Boden-Schießen gewesen. Keine Wolke weit und breit. Der Himmel wurde mit zunehmender Höhe dunkelblauer, die Sicht war fast unendlich. Leise summte der Alpha Jet, mit dem ich schon zwei Flüge auf dieser Überlandstrecke absolviert hatte, vor sich hin. Alle Systeme arbeiteten perfekt. Das Navigationssystem gerade dieser Maschine war äußerst genau. Bei den letzten beiden Flügen war die Navigationsablage gleich Null. Ich kontrollierte den Kurs des Rottenführers, der nach den Informationen meines Systems exakt und präzise den geplanten Weg und Kurs einhielt. Zwischen den beiden Maschinen wurde kaum gesprochen, wir kommunizierten durch einfaches Kopfnicken miteinander. Nach zwanzig Minuten hatten wir unsere Reiseflughöhe und auch fast gleichzeitig den Grenzübertrittspunkt nach Spanien erreicht. Es war ruhig im Cockpit. Die Maschine arbeitete zuverlässig wie immer. Die Ruhe wurde durch die Übergabe an Madrid Control unterbrochen. Zwei, drei Sätze, den nächsten Anflugpunkt, dann war wieder Stille. Die Ruhe übertrug sich auch auf den Körper. Zu phantastisch und eindrucksvoll war wieder einmal das Panorama von hier oben. Flüsse, Täler, Berge, der dunstige Horizont, der fast nicht wahrnehmbar war, gab einem das Gefühl von Erhabenheit und auch Stolz, so etwas erleben zu dürfen. Wie lange hatte ich so gesessen und sinniert? Der Arm lag auf dem Oberschenkel, der Körper war ganz ruhig und entspannt. Ich musste meinen Arm mal bewegen, er kribbelte leicht. Ich hob ihn an und nahm die Gashebel wieder in die Hand. Ich musste sowieso leicht aufholen, da ich etwa in einem 45°-Winkel zu meinem Rottenführer flog. Kabinendruck 16.000 Fuß, Sauerstoffvorrat acht Liter. Der kleine weiße Blinker bewegte sich. Ein Routine-Check. Was war denn mit dem linken Arm? War er etwa tatsächlich vorhin auf dem Oberschenkel eingeschlafen? 17 Flugsicherheit Die Finger der linken Hand bewegten sich, ich spielte mit dem Air-to-Air-Knopf, der im Head-Up-Display die Symbologie veränderte. Ich schaltete verschiedene Funktionen, ließ mir mal die Machzahl, mal den Groundspeed, mal die Indicated Airspeed anzeigen. Im Declutter Mode verschwanden die Horizontlinien, im Standby-Visier konnte ich die Absenkungen in MILS beobachten. Verdammt! Das Kribbeln hätte doch längst aufhören müssen. Die linke obere Handfläche war ganz heiß! Ich rieb mir die Hand, die Finger der rechten Hand waren taub, fühlten sich pelzig an. Das gab es doch nicht! Die Erkenntnis der Ursache trieb mir den Schweiß ins Gesicht. Ein Schweißtropfen lief ins rechte Auge, salzig brennend. „Alex!“ Ich funkte den Rottenführer an. „Was ist los?“ „Alex, ich muss runter!“ Meine Hand fuhr zum Sauerstoffregler und schaltete alles nach vorne. „Was ist los?“ „Ich habe Sauerstoffprobleme, ich muss sofort landen!“ Ich hatte endlich eine Entscheidung getroffen. Wie lange war es her, dass ich fast unbewusst den oben angesprochenen Routine-Check durchgeführt hatte? Warum war er mir so deutlich im Gedächtnis 18 geblieben? Hatte ich ganz tief in meinem Innern schon eine Vermutung wegen des zu jenem Zeitpunkt leichten Kribbelns gehabt? „Power 82 %, let’s start the descent! Bist du in 100 % und Emergency?” „Klar!“ „Wie geht es Dir?“ Ich schaute nach draußen. Da war kein Blau mehr, sondern Grau. Die Maschine des Rottenführers erschien unscharf in diesem Grau. Langsam bewegte ich den Kopf nach innen. Ich konnte die 82 % nicht mehr ablesen. Der künstliche Horizont war noch einigermaßen klar. Ich freute mich, dass er in der oberen Hälfte auch grau war. „Wie geht es Dir?“ „Schlecht, ich muss landen, lies mir die Checkliste vor!“ „Power idle, speed brakes go!” Meine Maschine senkte sich nach vorne durch. Ganz ruhig hatte ich den Gashebel zurückgenommen und die Luftbremsen gesetzt. Meine Gedanken unterhielten sich miteinander: „Wie sollte ich denn noch landen können, wo ich doch so müde war? Wenn Du nicht landen kannst, musst du dich als letzte Konsequenz eben hinausschießen. Nein, ich schieße mich nicht hinaus. Hinten im Kofferraum ist noch mein elektrischer Rasierapparat, der mir bisher immer so wertvolle Dienste geleistet hat! Wo waren wir nicht schon überall? Malaga, Murcia, Kleine Brogel. Sogar kanadischen Strom verträgt er.“ „Pit zieh den Green Handle!“ „Allerdings ließ er in letzter Zeit doch etwas nach. Wenn er ganz mit Strom aufgefüllt ist, kann man sich nur noch zweimal mit ihm rasieren. Früher hat er eine Woche durchgehalten.“ „Pit, zieh den Green Handle!“ Meine linke Hand schlug gegen das Kabinendach: Ich hatte irgendetwas weiches, wabbeliges in der Hand. Ein eisiger Luftstrom fuhr mir ins Gesicht, strömte an meinen Ohren vorbei und schlug hinten im Nacken zusammen. Was war denn das? Ich sah meinen Rottenführer rechts vor mir. Seine Maschine hob sich klar und deutlich gegenüber der Erde ab. Ich atmete tief durch. Die Erkenntnis, was geschehen war, traf mich wie ein Keulenschlag. „Pit, pull!“ Ich sah die Nase des Führerflugzeuges nach oben gehen. Mechanisch tat ich dasselbe. Die Belastung von 2 g war zuviel für mich. Benommen sackte ich im Sitz zusammen. Was war jetzt los? Jetzt benimmst du dich so, wie du es immer gelernt hast! Jetzt kann nichts mehr sein, du weißt es doch! Es ist nicht so, wie ich es immer gelernt habe. 01-2013 Bei einer kleinen Linkskurve trat sofort ein Taumelgefühl auf. Der Audio-Warnton riss mich aus den Gedanken. Fast automatisch drückte ich ihn aus. „Pit, wie geht es Dir?“ „Nicht gut. Ich muss sofort landen!“ „Ram air open, mask disconnect!“ Gehorsam befolgte ich die Anweisungen des Rottenführers. Seit wir den neuen Helm hatten, funktionierte das mit der Maske nicht so, wie es in der Checkliste mit der alten Maske stand. Man musste erst die Visiere hochfahren, um die Maske entfernen zu können. Gleißendes Licht drang in meine Augen. Ich klappte das Sonnenvisier wieder herunter. „Siehst Du Getafe?“ „Nein!“ Bei der erneuten Linkskurve wurde mir wieder taumelig. Ich riss mich zusammen, konzentrierte mich. Wir schwenkten in einer Rechtskurve auf das Initial von Getafe ein. „Easy left break, dann Landing!“ Ich schwenkte mit etwa 45° Schräglage nach links ab und setze die Speed Brakes. Links unter mir sah ich die Landebahn von Getafe und die Häuser der Stadt, die bis fast an den Flugplatz herangehen. Fahrwerk, Klappen, brake check, BIP check und dann in einer leichten Linkskurve Richtung Landebahn. Das Aufsetzen, Abbremsen und Ausrollen geschah wie immer. Überall blinkten die Warnlichter der Feuerwehr und Krankenwagen, viel Personal stand an der Abzweigung, an der ich von der Landebahn rollte. Auf der zugewiesenen Abstellfläche vor dem Tower stand kein Wart. So ließ ich die Triebwerke laufen, machte ganz automatisch den Afterlanding check und öffnete das Kabinendach. Plastisch, wie eine Narbe, hatten sich die letzten zehn Minuten in mein Gehirn gefressen. Keinen einzigen Gedanken dieser zehn Minuten werde ich je in meinem Leben vergessen. Die Möglichkeit zu sterben war gerade eben zur Gewissheit geworden. Diese Erkenntnis schockierte mich. Ich machte mir Vorwürfe. Wie konnte mir das passieren? Warum hatte ich in der kritischen Phase an meinen Rasierer und nicht an die Familie gedacht? „Pit, stell die Triebwerke ab!“ Ich schaute nach rechts. Die Maschine meines Rottenführers rollte neben meinen Alpha Jet. Tiefe Dankbarkeit überkam mich. Dieser Mann da drüben hatte mir gerade das Leben gerettet. Triebwerke abstellen, abschnallen, rausklettern. Schon standen wir uns gegenüber, klopften uns gegenseitig auf die Schultern, und es folgte das erste Lachen. Ich nahm den Kopf leicht zur Seite, dann stärker und immer stärker. Das Taumelgefühl war weg! Mein Rottenführer schaute mich etwas merkwürdig an. Ich stellte mich auf ein Bein und schloss die Augen. Ich fiel nicht um, meine Sinnesorgane funktionierten wieder. Als ich die Augen wieder öffnete, schaute ich in die Sonne. Tief und fest saugte ich diese warmen Strahlen, dieses Leben in mich hinein. Anmerkung Die Ursache für die Hypoxia konnte nicht ermittelt werden. Die Untersuchungen der Sauerstoffanlage des Flugzeuges einschließlich des Sauerstoffconverters wie auch der Atemmaske und des Sauerstoffes waren ohne Befund. Dieser Vorfall zeigt eindringlich, wie wichtig es ist, die Symptome einer Hypoxia zu kennen und richtig zu deuten. Die „Kammerflüge“ im Flugmedizinischen Institut haben schon ihren Sinn. Gerade in einem Einsitzer gibt es kein weiteres Regulativ, das unterstützen kann oder seinerseits die Symptome erkennt. Das Stöbern im Archiv der Dienststelle bringt oft „alte Kamellen“ zum Vorschein, die jedoch an Aktualität nichts verloren haben. 19 Flugsicherheit Laserblendungen von LtCol Jefferey Anderson, LwA Abt FlSichhBw Anzahl der Laserangriffe Im vergangenen Jahr 2012 wurden 33 Mal Luftfahrzeugbesatzungen bzw. Luftfahrzeuge der Bundeswehr von Lasern angestrahlt. In 31 von 33 Fällen wurde ein grüner Laser benutzt. Alle Blendungen bis auf eine geschahen innerhalb des deutschen Luftraums. Insgesamt hat sich zwar die Anzahl von Laserblendungen verringert, die Rate jedoch hat sich aufgrund der geringeren Gesamtflugstunden leicht erhöht. Die gleiche Tendenz zeichnet sich im zivilen Flugbetrieb in Deutschland wie auch weltweit ab. Ein Hauptgrund für diese Entwicklung ist darin zu sehen, dass leistungsstärkere Laser immer einfacher und billiger erworben werden können. 20 Anzahl der Laserangriffe Flugstunden Bw Rate 2012 2011 2010 2009 2008 33 34 16 3 1 97.616 104.005 128.998 140.339 152.416 3,7 3,3 1,2 0,2 0,1 Wie bereits in den Vorjahren erfolgte die Mehrheit von Laserblendungen beim Flug in niedrigen Höhen, nachts unter Sichtflugbedingungen, mit einem relativ nahen Abstand zu besiedelten Gebieten. Lediglich bei drei Zwischenfällen, zweimal während des Sonnenaufgangs und am Vormittag so- 01-2013 wie einmal in einer Höhe von 34.000 Fuß im internationalen Luftraum, wichen die Blendungen von dieser Charakteristik ab. Diese drei Beispiele verdeutlichen, dass die fliegenden Besatzungen jederzeit und überall einer Laserblendung, auch zu ungewöhnlichen Tageszeiten und in allen Höhen, ausgesetzt sein können. Folgende Diagramme fassen die Laserblendungen im Jahr 2012 bezogen auf den Wochentag, den Luftfahrzeugtyp und die Tageszeit sowie in Bezug auf Sonnenuntergang und das Ende der Dämmerung zusammen. Eine Karte verweist auf die Orte, von denen die Laserblendungen ausgingen, ausgenommen der Fall im Internationalen Luftraum, der sich in der Nähe von Kreta ereignete. Orte der Laserangriffe 2012 Laserblendung grüne Laser - stark grüne Laser - schwach rote Laser - stark rote Laser -schwach 21 Flugsicherheit Das Diagramm in Bezug auf die Tageszeiten rechts unterstreicht, dass sich die Mehrheit von Blendungen innerhalb einer Stunde vor und nach der Dämmerung ereigneten. Es weist aber auch auf eine Konzentration der Laserblendungen im Frühjahr und Herbst hin, deutlich weniger Fälle ereignen sich in den Hochsommermonaten. Ein später Sonnenuntergang und damit auch ein spätes Ende der Dämmerungsphase verringern nicht nur die Nachtflugaktivitäten der Bundeswehr in diesen Monaten, auch das Interesse für gezielte Laserblendungen verringert sich offenbar bei den Tätern. Die im Frühsommer und im Winter 2012 häufig vorherrschenden Instrumentenflugbedingungen reduzierten zudem noch zusätzlich die Gelegenheiten für Laserblendungen. Damit die Täter von Laserblendungen gefasst werden können, ist eine enge Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungs- und den Zivilluftfahrtbehörden erforderlich. Luftfahrzeugbesatzungen sollten jederzeit vorbereitet und in der Lage zu sein, einer Laserblendung angemessen zu begegnen. Da derzeit noch kein technischer Schutz vor Laserblendungen zur Verfügung steht, beschränken sich die Hinweise zur Minimierung von Gefahren auf die richtige 22 Anwendung von Schutzhand- - das sofortige Melden an die lungen. aktuelle Flugsicherungskontrollstelle mit der Angabe Zurzeit werden folgende grunddes eigenen Standortes und legende Maßnahmen empfohder Laserquelle. len: - Zügiges Abwenden von der Die Bundeswehr steht im enLaserquelle (diese Hand- gen Kontakt zu nationalen und lungen müssen bewusst trai- internationalen Forschungsniert werden, da der Mensch gremien, die an einem besseren instinktiv in Richtung einer Schutz vor Laserblendungen Lichtquelle sehen will!), arbeiten. Gleichzeitig beteiligt - eine Richtungsänderung ent- sich GenFlSichhBw zusammen gegengesetzt der Laserquelle mit den Polizeien des Bundes einleiten (wenn möglich), und der Länder an einer Wei-der zügige Abbruch an- terentwicklung und Verbessespruchsvoller Flugmanöver, rung der Meldewege und In- das Warnen der anderen Be- formationsweitergabe an die satzungsmitglieder, Strafverfolgungsbehörden. - die Übergabe der Steuerung an ein nichtbetroffenes Besatzungsmitglied (wenn dies möglich und nötig ist), - die Augen abschirmen, - die Cockpit-Beleuchtung auf eine höhere Stufe einstellen und 01-2013 Der Faktor Mensch in der Unfall- und Zwischenfalluntersuchung von OSFw d. R. Karl Heinz Weiß, LwA Abt FlSichhBw mit freundlicher Unterstützung vom Bundessprachenamt SMD 11 LwA Spaceshuttle Challenger am 28. Januar 1986 Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „The origins of Human Factors in aviation incident and accident investigations” by David Adams, der in der Ausgabe 02/09 der australischen Flugsicherheitszeitschrift „Aviation Safety Spotlight“ veröffentlicht wurde. Der Begriff Human Factors (menschliche Faktoren) hat seine Wurzeln in der Fliegerei. Obwohl er bereits in Unfalluntersuchungsberichten der Royal Air Force in den 1940er Jahren auftaucht, wurde er 1957 erstmals formell verwendet und ist in der jüngeren Vergangenheit in unser Bewusstsein eingetreten. Es ist ein Irrglaube, dass die ausdrücklich zur Verbesserung der Flugsicherheit vorgenommenen Unfall- und Zwischenfalluntersuchungen eher auf die Identifizierung und Bestrafung der Personen abzielen sollen, um die Schuld an der Verursachung dieser Vorkommnisse festzustellen. Ebenfalls ist es falsch, dass moderne Untersuchungen von menschlichen Faktoren lediglich den Schul- digen dabei helfen, sich vor der Verantwortung für ihr Handeln zu drücken. Diese Vorstellungen widersprechen völlig dem Zweck einer Unfall-/Zwischenfall-Untersuchung, deren Ziel es ist, derartige Vorkommnisse zukünftig zu verhindern und damit die Flugsicherheit zu verbessern. Durch die Untersuchungen von menschlichen Faktoren wird in vielen Fällen bestätigt, 23 Flugsicherheit dass die Menschen, die Unfälle bzw. Zwischenfälle verursacht haben, Opfer ihrer eigenen menschlichen Schwächen wurden. Die Untersuchungen sollen dabei helfen, die Beziehung zwischen dem menschlichen Bediener, der Technik und der Umwelt zu optimieren. Ziel ist es, die besten Eigenschaften von Menschen mit den besten Eigenschaften der Entwicklung und Konstruktion, Erhaltung, Handhabung und Bedienung von Systemen (Gerät, Ausbildung, Verfahren, Management etc.) mit der Absicht zu koppeln, Bedienfehler zu verhindern oder zumindest zu reduzieren. Während des Ersten Weltkriegs dokumentierte das britische Royal Flying Corps, dass von jeweils 100 beim Fliegen zu Tode gekommenen Fliegern nur zwei durch Feindeshand getötet wurden, acht aufgrund mechanischer oder struktureller Ausfälle ihres Luftfahrzeugs starben und neunzig als Folge von etwas umkamen, das als persönliche Unzulänglichkeit bezeichnet wurde. Das führte dazu, dass die militärische Führung sich recht bald entschloss, dieses krasse Missverhältnis zu ändern. Während bereits in einem sehr frühen Entwicklungsstadium der Luftfahrt erkannt wurde, dass nicht alle Menschen gleichermaßen fähig dazu waren, ein Luftfahrzeug erfolgreich zu 24 fliegen, befand sich das Wissen um die Eigenschaften und Beschränkungen menschlicher Leistungsfähigkeit auf keinem hohen Niveau. Infolge intensiver Beobachtung der großen Vielfalt an Menschen und dementsprechend an menschlicher Leistung wurden Methoden entwickelt, mit denen Menschen mit den für das Fliegen von Luftfahrzeugen geeigneten Fertigkeiten und Einstellungen ausgewählt werden konnten. Auf der Grundlage zahlreicher unterschiedlicher Kriterien stellen diese Auswahlverfahren heute einen mehr denn je wichtigen und wissenschaftlichen Vorgang dar. Es wurde aber auch festgestellt, dass selbst nach einer Auswahl derjenigen Kandidaten, die über die für erforderlich gehaltenen Eigenschaften verfügten, diese trotzdem noch Fehler machten, die zu Unfällen bzw. Zwischenfällen führten. Viele dieser Vorfälle wurden auf einen Mangel an Ausbildung zurückgeführt, und so wurde die Pilotenausbildung ein Schwerpunkt in der Eingrenzung menschlicher Leistungsvariabilität, besonders als die Luftfahrzeuge größer, schneller und komplexer wurden. Im gleichen Zeitraum verfeinerten die Ingenieure ständig das Design und die Konstruktion ihrer Luftfahrzeuge. So wurden Piloten und Luftfahrzeuge in ihren Leistungsbeschränkungen eher miteinander kompatibel. Während sich die Human Factors in den Bereichen der Ergonomie, Pilotenselektion und Ausbildung weiterentwickelten, wurde immer deutlicher, dass menschliches Versagen und Unfälle in der Luftfahrt mit Vorgängen wie dem Urteilsvermögen, der Erkenntnis und den Sinneswahrnehmungen der Piloten zusammenhingen. Aufgrund dieser Tatsache machten die Human Factors zunehmend starken Gebrauch von einem Bereich, der heute allgemein unter der Bezeichnung „Luftfahrtpsychologie“ bekannt ist. Mitte der siebziger Jahre verlagerte sich das Hauptaugenmerk bei den Human Factors hin zur Betrachtung weiter gefasster Bereiche. Beispiele für die umfassendere Ausrichtung bei den menschlichen Faktoren lassen sich in den Nachwirkungen einer Reihe von Flugunfällen in den frühen siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts erkennen, wie z. B. bei dem Unfall eines Lockheed L-1011 TriStar der US Eastern Airlines am 29. Dezember 1972. Hierbei war die gesamte Cockpit-Crew damit beschäftigt, die Ursache für das Aufleuchten einer Fahrwerkwarnleuchte herauszufinden, ohne auf den Warnton zu hören, der 01-2013 sie darauf hinwies, dass die Sicherheitshöhe unterschritten wurde. Die Besatzung unterließ es, die Fluginstrumente während der letzten vier Minuten des Fluges zu überwachen. Das Flugzeug schlug auf dem Boden auf. 99 der insgesamt 176 Menschen an Bord kamen dabei ums Leben. Wie konnte es geschehen, dass eine erstklassig ausgebildete und erfahrene Besatzung unabsichtlich ein voll funktionstüchtiges Flugzeug in den Erdboden steuerte, ohne zu bemerken, was passierte? Die einfache Antwort (die im National Transportation Safety Board-Bericht gegeben wird) lautet, dass die Besatzung durch die Fahrwerkwarnleuchte abgelenkt war. Aus dieser Erklärung ergeben sich aber weitere Fragen. Wieso waren alle drei Besatzungsmitglieder abgelenkt? Und welche Maßnahmen könnten ergriffen werden, um zu verhindern, dass Besatzungen zukünftig abgelenkt werden? Der Unfall der TriStar-Maschine und andere ähnliche Unfälle führten erst zu wissenschaftlichen Untersuchungen und nachfolgend zur Entwicklung eines Ausbildungsprogramms, das ursprünglich als Cockpit Resource Management (CRM) bezeichnet wurde. Wenn man den bereits angesprochenen Unfall der TriStarMaschine betrachtet, so hätten die Flugzeugführer definitiv über genügend Human Ressources verfügen sollen, um sicherzustellen, dass das Problem der Landeleuchte untersucht wurde, während gleichzeitig das Flugzeug sicher an sein Ziel geflogen wurde. Es gab jedoch keine klare Aufgabenverteilung. Deshalb versuchten alle, das Problem der Landeleuchte zu lösen. Niemand kümmerte sich um das eigentliche Fliegen des Flugzeugs. 25 Flugsicherheit Bei der Entwicklung der CRMAusbildung lag der Schwerpunkt ursprünglich auf der Cockpit-Crew. Die Kommunikation und ein gutes Ressourcenmanagement im Cockpit ist von entscheidender Bedeutung. Die Probleme zwischen der Cockpit-Crew und den übrigen Besatzungsmitgliedern sind jedoch von ebenso großer Bedeutung. Ein großes, modernes Passagierflugzeug kann mehr als 20 Flugbegleiter an Bord haben, von denen jeder eine kritische Rolle im Betrieb des Luftfahrzeugs einnehmen und heikle Informationen über den Zustand des Flugzeugs erkennen kann. Darum entwickelte sich das Cockpit Resource Management weiter zum Crew Resource Management. Heute richtet sich der Fokus der Untersuchung nicht nur auf die Handlungen Einzelner, sondern auch auf ganze Personengruppen. So bildete sich ein neues Konzept und ein neuer Begriff heraus. Dafür verwendeten die Untersuchungsbehörden den Fachausdruck „Systemische Untersuchungen“. Dabei wird das gesamte System betrachtet, das den Betrieb des Luftfahrzeugs unterstützt und das möglicherweise zu einem Vorkommnis beigetragen hat oder darin verwickelt war, und nicht nur diejenigen Aspekte oder Personen, die sich in unmittelbarer Nähe des Ereignisses befanden. Diese 26 Veränderung hat einen weiteren Begriff hervorgebracht – „Organisatorische Unfälle“. Ein Beispiel für einen organisatorischen Unfall ist der Verlust des Spaceshuttles Challenger der amerikanischen National Aeronautics and Space Administration (NASA) am 28. Januar 1986. Bei diesem Unfall fiel unmittelbar nach dem Abheben ein Gummidichtring in einem der FeststoffraketenStarttriebwerke aus; dies ließ Flammen in den Haupttank durchbrechen, was die Explosion des Shuttles verursachte. Die Hersteller der Feststoffraketen-Starttriebwerke hatten das Management der NASA gewarnt, dass die Dichtringe in den Starttriebwerken ausfallen könnten, wenn die Lufttemperatur beim Start unter ein bestimmtes Niveau sinken sollte. Tatsächlich war die Lufttemperatur am Tag des Unfalls erheblich unter dem vom Hersteller spezifizierten Wert. Sowohl der Hersteller wie auch die Ingenieure der NASA selbst warnten den Chef der Einsatzleitung davor, mit dem Start fortzufahren. Da es nach Meinung des Managements für die Zukunft der NASA wichtig war, den wirtschaftlichen Erfolg des Spaceshuttle-Programms zu demonstrieren, wurden alle Bedenken beiseitegeschoben. Obwohl die Ingenieure der NASA und des Herstellers ihre Beden- Defekter Gummidichtring in einem der Feststoffraketenstarttriebwerke ken äußerten, erklärte sich der Hersteller – durch das Topmanagement der NASA bedrängt – schließlich bereit, für den Start zu unterschreiben. 72 Sekunden nach dem Abheben fiel ein Dichtring aus und der Shuttle explodierte. Alle Menschen an Bord kamen ums Leben. Dieser Unfall war nicht das Ergebnis der Handlungen der Personen an den Schalthebeln des Shuttle, sondern der Entscheidungsträger der NASA-Führungsebene und der Unfähigkeit der Organisation, ihre Sicherheitsverpflichtungen mit ihrem Betriebsumfeld in Einklang zu bringen. Wie bereits erwähnt, waren die Verluste des Royal Flying Corps während des Ersten Weltkriegs anscheinend lediglich auf zwei Problembereiche zurückzuführen – Versagen des 01-2013 Luftfahrzeugs und Versagen des Piloten. Da die überwältigende Mehrheit der Ausfälle den Piloten zuzuschreiben waren, galt das Hauptinteresse der menschlichen Faktoren in Luftfahrtuntersuchungen dem Versagen der Luftfahrzeugführer, besonders einzelner – nämlich derjenigen, die das Pech hatten, in einen Unfall oder ernsthaften Zwischenfall verwickelt zu sein. Für die Gesellschaft war der Wunsch erkennbar, jemandem die Schuld zuzuweisen. Zwar machen Piloten erkennbar Fehler, sie sind aber nicht die Einzigen. Nur: Fehler in der komplexen Welt der Fliegerei führen zu schrecklichen Unfällen. Als allgemeine Begründung der meisten Flugunfälle wurde also menschliches Versagen des Piloten angegeben. Die ausführlichere Erläuterung ging kaum über Aussagen wie „der Pilot versäumte es, die zugewiesene Höhe einzuhalten“ hinaus. Bis in die frühen 1980er Jahre hinein erstellten nationale wie auch internationale Unfalluntersuchungsbehörden solche Berichte und gaben Informationen in Datenbanken ein, in denen diese Terminologie verwendet wurde. Es wurde der Anschein erweckt, dass ein Flugzeugführer in einem Vakuum operierte. Es entstand der Eindruck, dass keine anderen Personen bzw. Umstände je irgend etwas mit der Abfolge der Ereignisse zu tun hatten, die zu dem Unfall führten. Als gutes Beispiel für eine Veränderung in der Wahrnehmung lässt sich der Unfall des Airbus A300 vom Flug 587 der American Airlines in New York City am 12. November 2001 (NTSB-Bericht AAR04/04) betrachten. Bei diesem Unfall brach unmittelbar nach dem Start in New York das Leitwerk des Flugzeugs ab. Dies führte zum Absturz des Flugzeugs, bei dem alle 260 Menschen an Bord sowie fünf Menschen am Boden ums Leben kamen. Im Verlauf der Ermittlungen, deren Ergebnisse noch immer stark umstritten sind, stellte sich heraus, dass der Copilot als Reaktion auf Luftturbulenzen, die durch ein anderes Flugzeug verursacht wurden, die Seitenruderpedale des Flugzeugs in dem Versuch betätigte, die Maschine zu stabilisieren. Er bewegte das Seitenruder fünfmal hintereinander von einer Endstellung zur anderen – eine Maßnahme, die als Seitenruderumkehrung bezeichnet wird. Diese Vorgehensweise ließ das Leitwerk einfach abbrechen. Anfangs fiel der Verdacht auf den Hersteller und das Design und/oder die Konstruktion des Leitwerks. Wie konnte es geschehen, dass das Leitwerk eines modernen und relativ neuen Linienflugzeugs einfach abbrach? Die Untersuchung ergab, dass die Seitenruderimpulse des Copiloten zur Überschreitung der Belastungsgrenzwerte des Leitwerks führten. Es erschien vielen im Luftfahrtgeschäft unmöglich, dass schon die einfache Seitenruderumkehr in einem modernen Düsenflugzeug zum Abbrechen des Leitwerks führen konnte. So richtete sich der Verdacht gegen den Flugzeughersteller. Der verwies im Gegenzug jedoch darauf, dass die Belastungsgrenzwerte für das Seitenruder des betreffenden Luftfahrzeugmodells dokumentiert waren. Airbus seinerseits klagte die Ausbildung von American Airlines an. Den Cockpit-Crews wurde beigebracht, das Seitenruder in Situationen wie derjenigen von Flug 587 einzusetzen, um die Flugbahn des Flugzeugs zu korrigieren. Die Fluggesellschaft erwiderte darauf, nie vom Hersteller darauf hingewiesen zu sein, dass wiederholte Seitenruderausschläge eine kumulative Belastungswirkung hätten, die dann zu einer Überlastung führen könnte. Es stellte sich dann heraus, dass dieser entscheidende Hinweis für beinahe alle großen Flugzeuge galt, unabhängig davon, wer sie hergestellt hatte. Von dieser Erkenntnis waren alle betroffen – die Hersteller, die Luftfahrzeugzulassungsund Aufsichtsbehörden sowie die Fluggesellschaften, die die 27 Luftfahrzeuge betrieben und die Piloten ausbildeten. Inzwischen haben Airbus und Boeing beide klare Warnhinweise bekanntgegeben, dass wiederholte und exzessive Seitenruderausschläge Kräfte hervorbringen können, die die Designgrenzwerte des Leitwerks überschreiten können. Das wahre Ausmaß des Problems wäre möglicherweise nicht erkannt worden, wenn die Untersuchung nur zu dem Schluss gekommen wäre, dass die Konstruktion unzulässige Belastungswerte erlaubt. Folglich wurden aber Maßnahmen eingeleitet, um einen vergleichbaren Flugunfall zu verhindern. Die meisten Unfälle sind nicht nur einfach mit menschlichem Versagen des Piloten zu begründen. Alle Faktoren, die zu einem Unfall beigetragen haben, sind zu identifizieren. Einzelne Faktoren für sich genommen führen oft zu unvollständigen und deshalb unrichtigen Untersuchungsergebnissen. Wenn eine Untersuchung unvollständige bzw. unrichtige Ergebnisse erbringt, führt sie fast immer zu unrichtigen bzw unvollständigen Lösungen. Der erweiterte Fokus bei den menschlichen Faktoren hat jedoch vor allem für die Ermittler eine Reihe ganz eigener Probleme nach sich gezogen. 28 Cockpit Voice Recorder, Flight Data Recorder, Bänder der Flugsicherungskontrolle, Verfahrenshandbücher und Aufzeichnungen von Managemententscheidungen können zwar Daten liefern, aus denen ersichtlich wird, auf welcher Grundlage die verantwortliche Person ihre Entscheidung getroffen hat. Wenn derartiges Beweismaterial nicht zur Verfügung steht, wird die Aufklärung verschiedener Fragen aus dem Bereich der Human Factors jedoch deutlich subjektiver als dies sonst in angewandten Analysen der Fall ist. Die Unfalluntersucher sind in diesem Fall stärker darauf angewiesen, Anhaltspunkte zu finden, die einen nachweislichen Zusammenhang von Ursache und Wirkung zwischen einer Entscheidung oder Handlung und einem Resultat herstellen. Strittige Fragen aus dem Bereich der menschlichen Faktoren müssen entweder bewiesen werden oder sich zumindest auf Anhaltspunkte stützen, die für eine angemessene Wahrscheinlichkeit sprechen. Bestimmte Ereignisse müssen mit bestimmten Ursachen in Zusammenhang stehen. Fazit Das tiefe Eintauchen in den Betrieb einer ganzen Organisation bietet großen Interpretationsspielraum. Indem man systemische Untersuchungen zu organisatorischen Aspekten durchführt, die scheinbar weit von einem bestimmten katastrophalen Ereignis entfernt sind, kann man deutlich wertvollere Erkenntnisse für die Sicherheit gewinnen, als wenn man sich lediglich auf die Handlungen von ein oder zwei Einzelpersonen konzentriert. Deshalb ist es wichtig, zu untersuchen, warum und wodurch sich ein Unfall ereignete und nicht nur, durch wen er verschuldet wurde. PA200 Tornado mit dem System ASSTA 3 Flugsicherheit 01-2013 Operational Test & Evaluation von Hauptfeldwebel Steffen Werking-Eckes, WtgWaStff/JaboG 33, TE Ausbildung & Standardisierung Im November 2011 wurde mir die Ehre zuteil, für das Vorhaben Assta 3 als Projektunteroffizier der Wartungs/Waffenstaffel JaboG 33 verantwortlich zu sein. Für mich persönlich war dies eine grosse Herausforderung, die ich sehr gerne annahm. Im Januar 2012 folgte schon die erste Vorbesprechung bei der WTD 61, es wurde ein kurzer Ausblick auf die dementsprechende Umrüstung, Auslieferung, Unterstützung und das Großevent Vidsel in Schweden gewährt. Mit diesen Informationen ging es wieder nach Hause, um das Personalgerüst und den Materialbedarf für die Unterstützungsleistungen bei der WTD 61 zu planen, eine sehr arbeitsintensive und umfangreiche Tätigkeit. Die Unterstützungsleistungen bei der WTD 61 waren nötig, um das tech- nische und fliegende Personal in das „neue“ System einzuweisen bzw. zu schulen. Für mich begann die Vorbereitung mit einer zweitägigen Schulung bei der Firma Cassidian in Manching, um mich selbst auf das System und die neue Bewaffnung vorzubereiten. Einige Wochen später ging es dann bei der WTD 61 mit den Unterstützungsleistungen los. Nach administrativen Dingen und Einweisungen folgte der erste Flug mit dem Luftfahrzeug Tornado 45+57, ausgestattet mit dem System ASSTA 3, von uns liebevoll „Pride of the 29 Flugsicherheit Fleet“ genannt. Nach dem Flug konnte man die Erleichterung, aber auch Begeisterung bei den Technikern und den Besatzungen spüren. Aller Anfang ist schwer, so hatten wir mit vielen Verständnisfragen zu kämpfen. Kleinere Störungen konnten uns nicht aus der Bahn werfen. Die Probleme sollten aber größer werden. Alle Luftfahrzeuge, die das Werk Manching verlassen, wurden bzw. werden clean, d. h. ohne Außenlast-träger, LAU etc., an die Truppe ausgeliefert. Die besagten Träger werden von externen Firmen zugeführt, da auch diese umgerüstet werden. Es kam, wie es kommen musste, diese Träger sind Mangelware. Man rüstete also das, was verfügbar war, in Zusatzschichten durch die Technik ein! Eine Herausforderung, wenn man beachtet, dass wir für diese Arbeiten 30 eigentlich nicht in Manching waren. So vergingen die Wochen, bis dann im September das Operational Assessment in Schweden auf dem Programm stand, welches dem System ASSTA 3 den letzten Schliff und somit die Einsatztauglichkeit verleihen sollte. Das Vorkommando flog von Köln/Bonn nach Lulea und erreichte nach 2:30 Flugzeit den besagten Ort bei strahlend blauem Himmel und optimalen Temperaturen. Wir empfingen unsere Autos, entluden das Material aus dem Airbus und machten uns auf den Weg in das 120 km entfernte Vidsel, welches circa 60 km südlich des Polarkreises liegt. Nach einer Fahrzeit von 1:30 h durch unberührte Wälder und Wiesen erreichten wir unser Ziel. Hier bezogen wir unsere Unterkünfte für die nächsten sechs Wochen. Am Folgetag ging es zum ersten Mal zur Vidsel Air Base, um unser Material aus Deutschland, welches per Landtransport nach Schweden gebracht wurde, auszuladen und entsprechend den Verwendungen eine Einsatzsteuerung, Wartungbereiche, die Elo-Staffel und die Instandsetzungsstaffel einzurichten. Einige Tage später traf das Hauptkommando ein, gleich gefolgt von dem ersten Tornado mit dem System ASSTA 3 sowie einen Erprobungsträger der WTD 61, der ein besonderes Equipment verbaut hatte, um die Einsatzprüfung optimal auszuwerten. Ein Luftfahrzeug musste die Anreise aufgrund technischer Probleme auf die Folgewoche verlegen. Besonders bemerkenswert war die Unterstützung durch die Soldaten und Angehörigen der Schwedischen Luftwaffe, die uns bei allen Fragen oder Problemen beispielhaft unterstützten und die versuchten, alles möglich zu machen. Die Einsatzprüfung konnte beginnen! Was uns nun in den Folgewochen bevorstand, konnte niemand erahnen. Geplant waren verschiedene Abläufe/Einsätze auf der Test Range unweit des Flugplatzes, um die neue Bewaffnung JDAM/LJDAM zu testen. Zu diesem Zweck war die Firma Boeing aus den USA angereist, um die Zertifizierung 01-2013 der Abwurfmunition zu prüfen. Die folgenden Flüge sollten verschiedene Aspekte des ASSTA 3-Programms beinhalten. Nach den ersten Eingewöhnungsflügen warteten wir bei dem ersten Umlauf auf unser letztes Luftfahrzeug, die 45+57. Während dieser Wartephase kam einer unserer 1. Warte zu mir und teilte mit, dass an einem Luftfahrzeug, das vor 30 Minuten gelandet war, ein Wirbelblech fehlte, ein kleines Metallteil, welches am Seitenleitwerk befestigt ist. In genau diesem Moment ertönte über Funk die Meldung: „Emergency... Emergency... Emergancy, German Tornado …!“ „Das fängt ja gut an!“, war mein erster Gedanke. Am Horizont erschien auch schon die 45+57 mit Problemen an der Fahrwerkanlage. Nach einem Überflug mit ausgefahrenem Fahrwerk machte man sich ein Bild der Situation. „Kein Problem, sieht gut aus, Luftfahrzeug kann landen!“ Ich stand ebenfalls mit meinem Fahrzeug an der Landebahn, um mir ein Bild der Situation zu verschaffen. Das Luftfahrzeug landete ohne Probleme und rollte auf den zugewiesenen Stellplatz, alles O.K., kein Grund zur Sorge. Doch irgendetwas plagte mich, das ich mir hätte besser notieren sollen, wie sich am Folgetag herausstellen sollte. Am Folgetag kam einer unserer Prüfer zu mir und nahm mich für ein kurzes Gespräch zur Seite. Er streckte seine Hand aus und hielt ein kleines Metallteil in der Hand, welches man beim Abfahren auf der Startbahn gefunden hatte. Dieses Metallteil passte genau zu der Beschreibung des fehlenden Teiles, von dem am Vortag unser 1. Wart gesprochen hatte. In diesem Moment malte ich mir aus, was alles hätte passieren können. Die Mitteilung über das fehlende Teil erfolgte am Vortag fast gleichzeitig mit dem Eingang der Luftnotlage. Es liegt in unserer Natur, dass unser Hilfedrang Vorrang vor allem anderen hat. In der Position, in der ich mich befand, war ich von beiden Situationen gefordert und hatte es völlig verdrängt, mir die Mitteilung des 1. Wartes zu notieren. Eine Lage, die mich immer daran erinnern wird, Situationen genau zu bewerten und sie zu notieren. Leassons learned! Im folgenden Verlauf des Kommandos standen die ersten Abwürfe an, jedoch spielte das Wetter nicht mit. Oft standen unsere Luftfahrzeuge startklar für ihren geplanten Einsatz auf der Taxiway oder Runway, wurden allerdings vom Tower zurückgerufen, da das Wetter auf der Test Range zu schlecht war oder sich auf der Base verschlechterte. Dies zerrte an unseren Nerven, da die Maschinen auch dementsprechend vorbereitet werden mussten, Schleppvorgang zum Stellplatz, Inspektion, Tankvorgang, Beladen etc. ... und nach dem Abbruch das Ganze zurück! Doch Petrus hatte für Momente ein Einsehen, wir konnten unsere ersten scharfen Abwürfe durchführen, zwar nicht bei optimalen Wetterbedingungen, aber gerade noch ausreichend, um den Abwurf zu dokumentieren. Das Wetter wurde zunehmend schlechter, der erste Schnee setzte ein und im letzten Drittel des Kommandos waren Temperaturen von -22° C zu verzeichnen. Die Arbeit gestaltete sich dementsprechend schwierig, hinzu kamen Störbehebungen und kleinere Probleme, die ein solches Kommando auch mit sich bringt. Wir konnten jedoch aufgrund der Professionalität des Personals unseren Auftrag erfolgreich zu Ende führen, auch wenn nicht alle Szenarien wegen der besagten Probleme durchgeführt werden konnten. Das Zusammenspiel zwischen Technik und den Besatzungen war beispielhaft. Trotz der schlechten Wetterlage und der besagten Probleme konnte man merken, dass das Team Luftwaffe funktionierte. Der Professionalität und Einstellung des Personals ist es zu verdanken, dass dieses Vorhaben ein Erfolg wurde. Dennoch: Meine Leasson learned habe ich bis heute nicht vergessen! 31 Flugsicherheit Wir verabschieden ... Bei Oberstleutnant Joachim Stadler erfolgte nach dem Studium der Luft- und Raumfahrttechnik die Ausbildung zum LfzTOffz. In dieser Funktion arbeitete er von 1980 bis 1985 beim HFlgRgt 30 in Niederstetten, die letzten beiden Jahre als Leiter der Prüfgruppe. Im Heeresamt war er vier Jahre lang als Dezernent für das WaSys PAH-2 (heute Tiger) für die Bereiche Flugwerk, Triebwerk und funktionelle Ausrüstung tätig. Aus dem Süden kommend zog es ihn als Staffelkapitän nach Rothenburg, Wümme zur HFlgInstStff 102 (AL II), anschließend nach Rheine zur WtgStff im HFlgRgt 15 (CH-53). Von 1993 bis 2001 wurde er als Dezernatsleiter im MatAH in Bad Neuenahr eingesetzt, wo er Versorgungsverantwortlicher für die Luftfahrzeugmuster CH-53 G und UH-1D war. Als Dezernent im Heeresamt Köln war anschließend sein Fachwissen in Bezug auf konzeptionelle Grundlagen für querschnittliche Fähigkeiten, Schwerpunkt „Robotik“ und „Schutz von Kräften im Ausland“ gefragt. Ab dem 1. Januar 2005 war er verantwortlich in der Dienststelle GenFlSichhBw als LfzTOffz für den Bereich Zelle der Luftfahrzeugmuster CH-53G, BO 105, UH Tiger, Al II und EC 135. Zum 1. April 2013 verlässt er die Bundeswehr nach 39,5 Dienstjahren und beginnt mit seiner Pensionierung einen neuen Lebensabschnitt. Wir wünschen für die Zukunft alles Gute bei Gesundheit und Zufriedenheit. Hauptmann Thomas Herrmann ist zum WaSysKdo IV 1 versetzt worden, er arbeitet dort im Kompetenzbereich Elektronische Kampfführung. Beim LwA Abt FlSichhBw war er im Dezernat d zuständig für die Flugdatenauswertung der verschiedenen Luftfahrzeugmuster. Seit 1992 ist er bei der Bundeswehr, nach seiner Grundausbildung in Mengen folgte stufenweise die Ausbildung zum 1 LfzRadStörAnlMechMstr (TE EloKa) im JaboG 35 in Pferdsfeld vom Januar 1993 bis Juli 1997 auf dem Luftfahrzeugmuster F-4F. Bis zum August 2000 wurde er nach Laage zum JG 73 versetzt, wo er weiterhin in der Teileinheit EloKa tätig war, jetzt allerdings zusätzlich zur F-4F auch für die MIG 29. Für den LaufbahnwechselOffzMilFD besuchte er ab August 2000 die Fachschule Feldafing. Zwei Jahre später wurde er zum JaboG 33 in Büchel als LfzEloTO (HF-Bereich) versetzt. Zum Juli 2010 wechselte er zum Luftwaffenamt, AbtFlSichhBw, und übernahm die Planstelle im Dezernat d, Flugdatenauswertung-Avionik. Wir bedanken uns für die Unterstützung und wünschen für die Zukunft in der neuen Verwendung viel Erfolg und Freude. 32 Flugsicherheit Heft 1 April 2013 – 50. Jahrgang Flugsicherheit In this issue Article overviews in English by Lt Col Jeff “Otter” Anderson, USAF Exchange Officer and member of the German Armed Forces Flight Safety Directorate. [email protected] Fachliche Mitteilung für fliegende Verbände Okay, so where do they fly? // Ja, wo fliegen sie denn? So what is the difference between a remote controlled model aircraft and an unmanned aircraft? Where, how high, how fast, and in what airspace can they fly? This article answers all these questions and more. Some of the answers might make you a little uneasy, but knowledge and good visual lookout habits are your best defense. Titelfoto:Steve Urbanczyk Kommando Strategische Aufklärungung Death in the Morning // Tod am Morgen At rotation during takeoff roll, the F-15 flipped over and crashed, killing the pilot, Major Donald Lowry. The accident in 1995 was caused by cross-connection of control rods to the rudders and elevator. The unfortunate chain of events that led to this accident could have been broken at several points but was not. The article describes key points where the mishap could have been prevented, and the lessons from this accident remain relevant today. „Flugsicherheit“, Fachliche Mitteilung für fliegende Verbände der Bundeswehr Herausgeber: Luftwaffenamt General Flugsicherheit in der Bundeswehr Redaktion: Hauptmann Klemens Löb, Tel.: 02203-9083124 Luftwaffenkaserne 501/07 Postfach 906110 51127 Köln Stories from the Error Reporting System // Geschichten aus dem Fehlermeldesystem Editorial 1 Ja, wo fliegen sie denn? 2 Tod am Morgen 10 [email protected] [email protected] Geschichten aus dem Fehlermeldesystem 13 Gestaltung: Hypoxia16 Hauptmann Klemens Löb GenFlSichhBw Erscheinen: Laserblendungen20 dreimonatlich Faktor Mensch Manuskripteinsendungen Operational Test & Evaluation29 sind direkt an die Schriftleitung zu richten. Vom Verfasser gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung der Schriftleitung oder des Herausgebers dar. Es werden nur Beiträge abgedruckt, deren Verfasser mit einer weiteren Veröffentlichung einverstanden sind. Weiterveröffentlichungen in Flugsicherheitspublikationen (mit Autoren- und Quellenangaben) sind daher möglich und erwünscht. Druck: Heimbüchel & Köllen corporate publishing GbR 10117 Berlin Begrüßen & Verabschieden 23 32 In this issue33 Due to a lower fuel state, number two of the two-ship of single seat fighters was the first to land from the ILS through IMC conditions at the divert field. On roll-out, Number 2 realized his altimeter showed an incorrect altitude and that he had not set the local altimeter. Nothing bad happened, but the potential was certainly there. Thankfully, he reported this in the anonymous Error Reporting System and we can all learn from his experience. Can you draw out the right lessons? Hypoxia This story details what happened to the wingman of a two-ship of Alpha Jets on their way at 35,000 ft as he slowly came to the realization that he was experiencing symptoms of hypoxia. The pilot’s symptoms and reactions are described in excellent detail. The flight lead’s clear and direct instructions over the radio definitely helped save his life. This happened in 1988 but could easily happen today. Are you ready? Do you remember your hypoxia symptoms? Laser Incidents // Laserblendungen How often, where, and when are aircraft in the German military being illuminated by handheld lasers? This article describes historical incident rates and provides several graphical representations of how these incidents played out in 2012. The Human Factor // Der Faktor Mensch This article describes the role played by human factors in accidents. It discusses the origins of Human Factors as a part of aviation accidents and a pioneering study conducted by the Royal Air Force in the 1940s. The case of an Eastern Airlines L-1011 crash in 1972, the space shuttle Challenger accident in 1986, and the crash of American Airlines flight 587 in 2001 are reviewed with an analysis of the human factors involved. Operational Test & Evaluation A member of the Toronado Operational Test and Evaluation team describes his experiences as part of the trials for the ASSTA-3 upgrade. He discusses how the team worked together under challenging conditions and an important lesson learned as an in-flight emergency distracted him from following up on the issue of a missing part. We say hello, we say goodbye // Begrüßen & verabschieden Flugsicherheit Ausgabe 01/2013 Foto: Steve Urbanczyk, Kommando Strategische Aufklärung Fachliche Mitteilungen für fliegende Verbände