Dänische Krone vor dem Ende der Wechselkursbindung an

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Dänische Krone vor dem Ende der Wechselkursbindung an
IKB-Kapitalmarkt-News – Dänische Krone vor dem Ende der
Wechselkursbindung an den Euro?
12. März 2015
Dr. Klaus Bauknecht
[email protected]
Oleksiy Artin
[email protected]
Im Januar gab die Schweizerische Nationalbank (SNB) nach über drei Jahren die Kursuntergrenze des Schweizer Franken zum
Euro auf. Die Höhe der angehäuften Devisenreserven zeugte vom seit geraumer Zeit herrschenden Aufwertungsdruck auf den
Franken. Eine ähnliche Entwicklung scheint sich gegenwärtig in Dänemark abzuzeichnen: die Währungsreserven der
Zentralbank sind in den ersten zwei Monaten des laufenden Jahres sprunghaft angestiegen. Die Schweiz und Dänemark haben
eine Vielzahl an Gemeinsamkeiten, jedoch gibt es auch deutliche Unterschiede. So verwies der dänische Wirtschaftsminister auf
die deutlich längere Historie erfolgreicher Wechselkursbindung und deren größere Akzeptanz in der Bevölkerung.
Bereits in den frühen 70er Jahren schloss sich Dänemark einer Wechselkursvereinbarung zwischen verschiedenen EU-Ländern
an. Das währungspolitische Gerüst der Nationalbanken, bekannt als European Exchange Rate Mechanism, sollte kontinuierliche
Handelsströme und Preisstabilität durch geringere Wechselkursschwankungen sichern. Nach deutlichen Korrekturen in den
ersten Jahren der angestrebten Kursbindung und einer starken Abwertung in 1982 infolge ökonomischer Ungleichgewichte
sorgte die Wechselkursvereinbarung für bemerkenswerte Stabilität und gewann deutlich an Glaubwürdigkeit und Akzeptanz. Im
Jahr 2000 entschied sich dennoch die Mehrheit der dänischen Bevölkerung in einer Volksabstimmung gegen die Einführung des
Euro. Für die Dänische Krone gilt im Rahmen des weiterhin geltenden Mechanismus eine offizielle Bandbreite von +/-2,25 % um
einen Wert von 7,46 Kronen je Euro. Die effektive Unter- und Obergrenze scheint die Dänische Nationalbank (DNB) deutlich
enger zu setzen, nämlich bei +/-0,5 %. Die Wechselkursvereinbarung sieht vor, dass beim Erreichen des offiziellen Grenzwerts
kurssteuernde Interventionen durch die jeweilige Notenbank getätigt werden. Dabei ist die EZB verpflichtet, eine unbegrenzte
Kreditlinie für die Eingriffe auf dem Devisenmarkt zur Verfügung zu stellen. Die konditionale Kreditbereitschaft der EZB ist zwar
ein wirksames Instrument gegen die Abwertung der nationalen Währung, sie eignet sich aber kaum, einen Anstieg des
Devisenwertes zum Euro zu bekämpfen.
Die Volkswirtschaften der Schweiz und Dänemarks zeichnet eine hohe Exportabhängigkeit aus. Der Offenheitsgrad, welcher
sich aus dem Verhältnis von Außenhandelsvolumen und Bruttoinlandsprodukt ergibt, übersteigt die 100 %-Marke. Dabei machen
die Ausfuhren in die Euro-Zone aus Dänemark wie auch aus der Schweiz fast die Hälfte der Exporte aus. Die Volkswirtschaften
erwirtschaften positive Handelsbilanzen, haben allerdings gegenüber dem Euro-Raum einen negativen Saldo im Güter- und
Dienstleistungsaustausch. Das Stemmen gegen den Aufwertungsdruck ist für die Dänische Nationalbank angesichts des hohen
Offenheitsgrads und gegenwärtiger Deflationsrisiken zweifelsohne von keiner geringeren Bedeutung als dies für die Schweiz der
Fall war. Angesichts aktueller Teuerungsraten nahe oder unter der Null-Schwelle sowie der anhaltenden Abwertung des Euro
hilft die feste Kursbindung nicht nur, Wettbewerbsvorteile zu sichern, sondern auch um das Mandat der Geldwertstabilität zu
erfüllen.
Abb. 1: Finanzierungssaldo von Dänemark, Schweiz und ausgewählter Euro-Länder
in % des BIP
9
6
3
0
-3
-6
-9
2000
2002
2004
Dänemark
2006
Schweiz
2008
2010
Italien
2012
2014
Frankreich
Quellen: Eurostat; IKB
Dänemark als Finanzplatz besitzt jedoch nicht die internationale Bedeutung der Schweiz: So beträgt der Umsatz von Dänischen
Kronen auf dem FX-Markt gerade einmal ein Siebtel des Tauschvolumens in Schweizer Franken. Doch die geringere Bedeutung
Dänemarks als Finanzplatz macht die Krone nicht zwangsweise immun gegen einen potenziellen Aufwertungsdruck.
Entsprechend erfuhren auch die dänischen Vermögenswerte bereits während der Staatsschuldenkrise in der Euro-Zone
verstärkte Kapitalzuflüsse.
Kapitalmarkt News
Für deren Anstieg waren vor allem die soliden Staatsfinanzen ausschlaggebend und damit der Status als sicherer Hafen, den
Dänemark ähnlich wie die Schweiz oder Deutschland bei Anlegern genießt. Mit einer Schuldenquote von unter 50 % des BIP
und einem strukturell ausgeglichenen Staatshaushalt gehört auch Dänemark zu den derzeit sechs verbliebenen Ländern
Europas, welche von allen führenden Ratingagenturen die höchste Bonitätsnote verliehen bekommen. Eine erneute Eskalation
der Euro-Krise würde den Handlungsdruck der DNB definitiv erhöhen.
Bei freiem Kapitalverkehr ist es unmöglich, gleichzeitig Wechselkurs und Zinsen zu steuern. Durch die Wechselkursbindung der
Krone zum Euro gab die Dänische Nationalbank die effektive Kontrolle über das Zinsniveau zugunsten des festen
Wechselkurses auf. Die DNB ist gezwungen, die Zinsen soweit anzupassen, dass sich Auf- wie Abwertungsdruck relativieren.
Das Ausmaß der geplanten Bilanzausweitung der EZB sorgte bereits für eine spürbare Abwertung des Euro. Um den Zufluss
ausländischen Kapitals zu drosseln, war die DNB gezwungen, ihre Zinsen auf -0,75 % zu senken. Und auch die Bilanz der DNB
ist infolge von Devisenaufkäufen angestiegen. Dies könnte kritisch werden, wenn die Bilanzausweitung solche Ausmaße
annimmt, dass die finanzielle Stabilität der Notenbank und das Vertrauen in das Finanzsystem gefährdet werden. Angesichts
einer Bilanzsumme von über 80 % des BIP bereits vor Ankündigung des EZB-Aufkaufprogramms musste die SNB die
Fortführung ihrer Politik notgedrungen aufgegeben. Gemäß der aktuellen Pressemitteilung der Dänischen Nationalbank fand das
Gros der Fremdwährungskäufe der vergangenen Monate an den Tagen unmittelbar vor und nach der Zinssenkung vom 5.
Februar statt, sodass in der zweiten Hälfte des Monats gar keine Interventionen vorgenommen werden mussten. Die
Ankündigung einer Zentralbank, den Schwellenwert „bedingungslos“ verteidigen zu wollen, scheint allerdings primär ein verbales
Instrument zu sein, in der Hoffnung, dem Druck mit „tragfähigem“ Ressourceneinsatz trotzen zu können.
Der negative Einlagenzinssatz wirkt wie eine Strafgebühr und verteuert das Wetten auf die Auflösung der Bindung und eine
anschließende Aufwertung der dänischen Währung. Da der Strafzins jedoch kein dänisches oder schweizerisches
geldpolitisches Phänomen mehr ist und die Aufstockung der Notenbankbilanzen auch anderswo voranschreitet, befinden sich
die Geldmarktsätze und Renditen der Staatsanleihen in anderen Ländern Europas ebenfalls um die oder unter der NullSchwelle. Der negative Einlagenzins der Notenbank belastet bereits die Profitabilität des Bankensektors. Der Spielraum, die
Attraktivität der Krone allein durch den erzeugten Zinsnachteil zu mindern, scheint zum großen Teil ausgeschöpft zu sein.
Das Verhältnis von Fremdwährungsreserven zum BIP liegt in Dänemark mit ca. 37 % gegenwärtig deutlich unter dem Niveau
der Schweiz. Somit besitzt die DNB Spielraum, um dem Aufwertungsdruck der Krone durch Währungskäufe entgegenzusteuern.
Der Gouverneur der Dänischen Nationalbank äußerte, dass die Höhe der Währungsreserven keine Obergrenze kenne. Der
abrupte Kurswechsel der SNB vor zwei Monaten lässt bedingungslose Zielverpflichtungen jedoch in deutlich kritischerem Licht
erscheinen. Währungsreserven müssen in Relation zur Wirtschaftsleistung nicht ein Niveau erreichen, das schweizerischen
Verhältnissen entspricht, damit sich genügend Marktakteure eingeladen fühlen, sich an dieser „Einbahnstraßen-Wette“ zu
beteiligen. Sobald sich bei der Entwicklung der Währungsreserven ein nachhaltiger Trend abzeichnet, kann ein Prozess sich
selbsterfüllender Prophezeiungen einsetzen und die Anhäufung von Fremdwährungsreserven trotz negativer Zinsmarktsätze
beschleunigen.
Abb. 2: Währungsreserven der Dänischen Nationalbank: Historie und Schätzung*
in Mrd. Dänischen Kronen
1200
1000
800
600
400
200
0
2003
2005
2007
2009
Historische Werte
Quelle: Denmarks Nationalbank; IKB
2011
2013
2015
Simulation
* Quartalsendwerte
Neben geldpolitischen wurden in Dänemark zuletzt auch verstärkt fiskalische Mittel eingesetzt, um die Kursbindung zu
gewährleisten. So lässt sich ein Rückgang mittel- und langfristiger Renditen durch Angebotsverknappung an staatlichen
Schuldverschreibungen erzwingen. In diesem Sinne stellte das dänische Finanzministerium die Emission von Staatsanleihen
ein, da der Finanzierungsbedarf des dänischen Staates bereits bis Ende des laufenden Jahres gedeckt sein sollte. Der
resultierende Mangel an Kronen-Anleihen führte zum Abrutschen selbst mittelfristiger Anleiherenditen in den negativen Bereich.
Kapitalmarkt News
Wie weit das Aufkaufprogramm der EZB und fallende Euro-Zinsen die Fremdwährungsreserven der Dänischen Nationalbank in
die Höhe treiben könnten, zeigen empirische Schätzungen der IKB. Das Modell erklärt mögliche Entwicklungen der
Währungsreserven der DNB zum einen durch das Haushalssaldo von Defizitländern der Euro-Zone. Zum anderen werden
Geldmarkt-Zinsdifferenz, EUR/USD-Kurs und voraussichtliche Entwicklung des EZB-Bilanzvolumens für die Prognose
verwendet. Der Einfluss der fundamentalen Treiber sorgt für einen weiteren Anstieg der Devisenreserven (siehe Abbildung 2).
Das kritische Niveau scheint aber angesichts eines geschätzten Niveaus von ca. 50 % des BIP nicht erreicht zu sein. Nimmt
man jedoch mittelfristig eine scheiternde Konsolidierung der Staatshaushalte in der Euro-Zone an, deutet das Modell auf ein
deutlich höheres erforderliches Interventionsvolumen und eine steigende Eskalationsgefahr hin.
Fazit: Die deutlich unter dem Inflationsziel liegenden Teuerungsraten ermöglichen es der Dänischen Nationalbank durch
Abwertungsgleichlauf mit dem Euro die preisliche Wettbewerbsvorteile für die heimische Wirtschaft sowie die Geldwertstabilität
zu sichern. Angesichts des weiter sinkenden Außenwerts des Euro und fallender Zinssätze in der Währungsunion sollte der
Aufwertungsdruck auf die Krone allerdings bestehen bleiben. Das relativ geringere Handelsvolumen der Dänischen Krone auf
internationalen Devisenmärkten spricht zwar für den höheren Einflussgrad der Notenbank auf die Wechselkursbildung als in der
Schweiz, macht Dänemark aber nicht immun gegen spekulative Mittelzuflüsse. Es ist von weiteren Interventionen der Dänischen
Nationalbank auszugehen, da ihre Fähigkeit, die Geldmarktsätze durch das weitere Absenken des Leitzins- und Einlagensatzes
zu beeinflussen, an ihre Grenze zu stoßen scheint. Die Aufnahmefähigkeit der dänischen Zentralbankbilanz ist hingegen aktuell
bei Weitem nicht ausgereizt.
Eine massive Kapitalflucht aus der Euro-Zone kann jedoch den „Safe Haven“-Status Dänemarks in den Vordergrund rücken, die
Spekulationen auf die Kursfreigabe nähren und zur Entfaltung eskalierender Faktoren führen. Ob die Anbindung an den Euro in
einem solchen Szenario die Belastungsprobe bestehen würde, bleibt fraglich. Das Bekenntnis zur Wechselkursbindung mag
zwar in Dänemark durch eine längere Historie tiefer verankert sein als in der Schweiz, doch dieses Bekenntnis kann rasch
enden, wenn die Sicherung der Wechselkursbindung mit ausufernder Anhäufung von Devisen einhergeht. Die bedingungslose
Zielverpflichtung einer Zentralbank ist im Allgemeinen mit Vorsicht zu betrachten.
Kapitalmarkt News
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12. März 2015
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