Santiago de Chile
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Erfahrungbericht 1. Allgemeine Information Studienfach Praktikumsanlass Heimatuniversität Gastorganisation Praktikumszeitraum Humanmedizin Praktisches Jahr, Chirurgie Ludwig-Maximilians-Universität München Clínica Alemana (Universidad del Desarrollo) Av. Vitacura 5951 - Vitacura - Santiago de Chile Tel: 0056-2101111 - Fax: 0056-2101214 www.alemana.cl; www.udd.cl 12/2010 bis 02/2011 2. Praktikumssuche Die Idee den chirurgischen Pflichtteil des Praktischen Jahres, das man am Ende des Medizinstudiums absolviert, in Chile zu verbringen, gründete darauf, dass ich – fasziniert von diesem Land durch frühere Aufenthalte dort – intensiver in das Alltagsleben der Chilenen eintauchen wollte, indem ich einem geregeltem Praktikumsalltag nachgehe. So stellte ich bei den hierfür wichtigen Universitätsämtern und Internetportalen für Medizinstudenten Recherchen an, um die in Frage kommenden Universitäten in Chile bzw. in der Hauptstadt Santiago mit den assoziierten Lehrkrankenhäusern ausfindig zu machen. Hierzu erkundigte ich mich zunächst bei der einschlägigen Internetseite www.pjranking.de, um dann noch die Maßgaben des Prüfungsamtes Medizin der LMU) hinsichtlich des Anerkennungsprozedere einzusehen. Hiervon darf man sich nicht abschrecken lassen, vor allem wenn das Krankenhaus, so wie in meinem Fall die Clínica Alemana, nicht im aktuellen PJ-Katalog, der als inoffizielle Bemessungsgrundlage für die Gültigkeit der Auslandspraktika fungiert, aufgeführt wird. Es lohnt sich dies bei der Wahl der Praktikumsinstitution vorab zu berücksichtigen (www.unimuenchen.de/studium/administratives/pruefungsaemter/07_med/dateien/pj_ krankenhauser.pdf) Neben der Universidad del Desarrollo bietet sich die Möglichkeit das PJ an der Pontificia Universidad Católica de Chile und der Universidad de Chile zu absolvieren. Letztere werden im PJ-Katalog berücksichtigt, sodass die spätere Anerkennung des Praktikums beim medizinischen Prüfungsamt problemlos von Statten gehen sollte! Letztendlich entschloss ich mich aber trotz der fehlenden Auflistung im PJ-Katalog für ein Praktikum an der Clínica Alemana, da es sich nicht zuletzt um eine der führenden Kliniken des Landes handelt und die LMU über Prof. Noachtar aus der Neurologie am Klinikum Großhadern ein fachunspezifisches Kooperationsvertrag mit diesem Krankenhaus unterhält, wodurch die späterer Anerkennung evtl. erleichtert werden könnte. Meine Bewerbung umfasste einen aktuellen Lebenslauf, ein Motivations- und Empfehlungsschreiben. Alle Unterlagen habe ich in spanischer Sprache eingereicht. Hierbei lief die Korrespondenz über Señora Priscila Salazar, die sich besonders um die Belange der ausländischen Studenten und Fellows kümmert und gemeinsam mit den jeweiligen Kliniken die Rotationspläne erstellt. Bis alle Praktikumsmodalitäten geklärt sind, kann das durchaus 5-6 Monate unaufhörlichen Nachfragens bedeuten. Es lohnt sich daher auf alle Fälle sich frühzeitig (> 6 Monate Vorlaufzeit) um das Praktikum zu kümmern. 3. Vorbereitung vor Abreise Die für das Stipendium geforderten Versicherungen hatte ich über den Marburger Bund sowie über die Allianz abgeschlossen. Hierbei ist es sinnvoll im Vorhinein entsprechende Angebote speziell für medizinische Berufe zu prüfen. Da mein Praktikum kürzer als 3 Monate dauerte und unvergütet war, hielt ich mich in Chile mit einem für EU-Staaten kostenfreien Touristenvisum auf, dessen Gültigkeit maximal 90 Tage beträgt. Das Visum wird bei Einreise problemlos ausgestellt, sofern man einen Reisepass vorweist, der länger als 6 Monate nach Einreise gültig ist. Allerdings kann man sich das Touristenvisum gegen eine Gebühr von ca. 100 USD einmalig verlängern lassen (Departamento de Extranjería in C/Agustinas 1235, Tel. 0056-2-5502469, Santiago). Die inoffizielle, aber häufig praktizierte, Methode den Aufenthalt in Chile zu verlängern, scheint durch eine Ausreise ins benachbarte Argentinien möglich, wobei man sich ein neues Touristenvisum bei Einreise nach 24h ausstellen lassen kann. Wichtig zu beachten ist, dass man die Tarjeta de Turismo bei Ausreise bei der Policia Nacional wieder zurückgeben muss. Mehr Informationen unter: www.santiago.diplo.de Für genaue Informationen zu empfohlenen Impfungen und aktuellen Reisehinweisen zu Chile eignet sich die Internetseite des Auswärtigen Amtes: www.auswaertiges-amt.de Angereist bin ich mit einem für Junge Leute bzw. Stundeten vergünstigtem Flugtarif, gebucht bei STA-Travel, wofür man den ISIC Student Card braucht oder jünger als 26 Jahre sein sollte. Dennoch kostet ein Hin- und Rückflugticket nach Chile in etwa 1000 Euro aufwärts. Die meisten Verbindungen haben einen Stopp-over in Madrid, São Paulo oder, die billigste, aber zeitaufwändigste Variante, in Atlanta. Von Deutschland aus fliegt Lufthansa nur von Frankfurt direkt nach Santiago de Chile. Nach Ankunft am Flughafen kann man entweder per öffentlichen Bus, z.B. der Gesellschaft TurBus, direkt ins Zentrum an einige Haltestellen der Metrolinie L1 gelangen oder, falls man es etwas komfortabler und weniger zeitaufwändig haben möchte, kann man in einem stadteilspezifischen minibus der Gesellschaft TransVip Platz nehmen. Diese gepflegten colectivos fahren ca. alle 15 Minuten und setzen einen direkt vor der Haustüre ab. Kostenfaktor ca. 9 Euro pro Fahrt. Da die Chilenen ein durchaus schwer verständliches Spanisch sprechen, dass nur so von Eigenheiten, lokalen Redensarten (modismos) und unsauberer Aussprache strotzt, ist es sicherlich von Vorteil, wenn man einen guten Grundstock an Spanischkenntnissen mitbringt. In meinem Fall habe ich vor Abreise keinen Spanischkurs besucht, da ich meine Kenntnisse nach einem Auslandssemester in Spanien und dem Besuch des MeCuM-Wahlfachs Spanisch für Mediziner (das durch die Unterrichtsweise der damals zuständigen Lehrerin Señora Maria Rojas Riether sehr kurzweilig war) für ausreichend hielt. Wer sich darüber hinaus auf den medizinischen Fachjargon vorbereiten möchte, dem seien etwaige Bücher Spanisch für Mediziner und die Manuals zu verschiedenen Themengebieten der Internetseite der Medizinischen Fakultät der Universidad Católica empfohlen (http://escuela.med.puc.cl/). 4. Vorbereitungen nach Ankunft Über die Wohnungssuche kann ich leider kaum etwas berichten, da ich das Glück hatte privat bei chilenischen Freunden unterzukommen und mich daher nicht weiter darum kümmern musste. Möglicherweise kann es etwas schwierig werden eine passende WG in Chile zu finden, da die meisten Chilenen erst sehr spät das Elternhaus verlassen. Falls sie doch frühzeitig daheim ausziehen sollten z.B. aufgrund eines Studienplatzes in einer anderen Stadt (den größten Teil der jungen Leute zieht es aus allen Ecken des Landes - falls es sich die Familien finanziell leisten können - nach Santiago), ist es üblich mit den Sandkastenfreunden zusammenziehen oder bei Verwandten oder befreundeten Familien unterzukommen. Generell lässt sich sagen, dass man versuchen sollte in den Stadtteilen Providencia (relativ zentral gelegen, sicheres Umfeld, gute Einkaufs- und Ausgehmöglichkeiten), Vitacura, Las Condes oder Ñuñoa zu wohnen. Hierbei muss man mit monatlichen Mietpreisen zwischen 200-400 Euro rechnen. Diese Webseiten könnten bei der Unterkunftssuche nützlich sein: www.housinginchile.cl, www.compartodepto.cl Die Landeswährung sind chilenische Pesos. Eine gute Möglichkeit gebührenfrei an Bargeld zu gelangen ist eine Kreditkarte der Direktbank DKB, mit der man weltweit kostenlos Bargeld abheben kann, was das Leben sehr erleichtert. Falls man ein chilenisches Bankkonto einrichten möchte, braucht man zuvor eine persönliche Identifikationsnummer, ohne die in Chile sowieso nicht viel funktioniert. Egal, ob Bankgeschäfte, Handyverträge, das telefonische Aufladen der Handyprepaidkarte, Online-Erwerb von Bus- oder Flugtickets bei kleineren, nationalen Transportgesellschaften, immer und überall ist eine R.U.T. (Rol Único Tributario) von Nöten. Diese kann man sich bei der für den jeweiligen Stadtteil zuständigen Verwaltungsstelle (SII - Servicio Impuestos Internos) vormittags ausstellen lassen. Ich hatte keine R.U.T beantragt, obwohl ich im Nachhinein überzeugt davon bin, dass mir dadurch einiges leichter gefallen wäre. Der mit der Registrierung verbundene Aufwand zahlt sich sicherlich später aus. Möglichst bald nach Ankunft sollte man sich eine chilenische Handynummer zulegen. Hierbei kann muss man sich zwischen einem Handyvertrag mit Laufzeit (plan) oder einer Prepaidkarte (chip prepago) entscheiden. Außerdem kann man zwischen vier großen Mobilfunkanbietern wählen: Entel, Claro, Movistar, Telefónica. Entel scheint der Provider mit der besten landesweiten Netzabdeckung zu sein. Viele Chilenen sind Entel-Kunden, woraufhin ich mir auch eine Prepaidkarte von Entel besorgte. Diese gibt es nicht - wie man meinen könnte - in den zahlreichen Handyläden, die sich an der Av. Providencia und Av. 11 de Septiembre reihen, oder in Supermärkten und Kiosken, sondern in sogenannten modulos de venta. Hierbei handelt es sich um kleine Verkaufsstände in mitten der Einkaufspassagen der großen Malls Parque Arauco oder Alto Las Condes. Ich kaufte meine Karte schließlich für ca. 5 Euro bei GSM in der Mall Parque Arauco und benützte mein deutsches Handy, das die Karte sogar trotz SIM-Lock akzeptierte. Die Freischaltung und Zuteilung der Telefonnummer per Telefonanruf mit Eingabe von Tastenbefeldern ist nicht ganz einfach, aber dafür kann man das Guthaben überall aufladen (z.B. in allen farmacias, von denen es mehr als genug gibt), nur eben nicht in Telefongeschäften und nicht per Telefonanruf, solange man keine R.U.T. besitzen sollte.. Santiago zeichnet sich durch ein sehr gutes und effizientes öffentliches Transportsystem aus, das aus Metro (www.metrosantiago.cl) und dem Transantiago Busnetz (www.transantiagoinforma.cl) besteht. Für beide kann man die Tarjeta Multivía BIP! benutzen, die es an den ausgewiesenen Verkaufsstellen in den Metrostationen zu kaufen gibt und dort wie auch an Automaten aufgeladen werden kann. Die Anschaffung kostet einmalig etwa 3 Euro und man muss ein Mindestguthaben von rund 2 Euro beim Erwerb aufladen. Fahrten kosten dann, egal wie viele Stationen sie umfassen, je nach Tageszeit zwischen 70 ct und 90 ct. Das Busnetz kann man übrigens ausschließlich mit dieser Karte benutzen! Das Streckennetz des Transantiago kann anfangs für einige Verwirrung sorgen, aber sobald man einmal den täglichen Weg zur Praktikumsstelle herausgefunden hat, funktioniert es hervorragend und zuverlässig. Der an den Metrostationen kostenlos erhältliche „Übersichtsplan“ für ganz Santiago ist sehr ausladend und eignet sich daher leider nicht zur Mitnahme. Außerdem sind Busfahrpläne an den Haltestellen Mangelware; es empfiehlt sich daher vorab den genauen Weg auf der Internetseite auszutüfteln. 5. Das Praktikum Mein Praktikum absolvierte ich teils in der privaten Clínica Alemana wie auch in dem öffentlichen Lehrkrankenhaus Hospital Padre Hurtado. Generell kann man sagen, dass es sich bei Clínicas immer um private Gesundheitseinrichtungen handelt und bei Hospitales um öffentlich- getragene Krankenhäuser. Dementsprechend unterschiedlich können daher die technischen, medizinischen Ausstattungs- und Therapiestandards der Häuser, das Patientenspektrum und die Pathologien sein. Wohingegen beide Häuser als Lehrkrankenhäuser der Universidad del Desarrollo dienen und die Patienten, hinsichtlich der medizinischen Expertise, gleichgestellt sind, da die Ärzte der Clínica Alemana ebenfalls in öffentlichen Häusern operieren. So habe ich, sowohl während meiner Tätigkeit im Bereich Unfallchirurgie, wie auch in der Viszeralchirurgie, die jeweiligen Ärzteteams zu Operationen in die öffentlichen Häuser begleiten dürfen. Für mich war dieser Unterschied sehr lehrreich und hat mich nachhaltig beeindruckt. Vor allem auch die Einblicke in das öffentliche Gesundheitssystem, welches bemüht ist durch eine allgemeine Versicherungspflicht im Rahmen des Fondo Nacional de Salud (FONASA) eine Gleichberechtigung im Zugriff auf Gesundheitsleistungen mit unterschiedlich gutem Erfolg zu erwirken, waren spannend. Das Arbeitsklima in der Klinik war sehr angenehm und kollegialer als in deutschen Krankenhäusern. Andererseits muss man klar sagen, dass die Clíncia Alemana als Arbeitgeber sicherlich der Himmel auf Erden für einen chilenischen Arzt ist, da die Arbeitsbedingungen vergleichsweise hervorragend sind. Dementsprechend gut, aber eben auch konzentriert ist die Arbeitsatmosphäre, da man als Privatklinik natürlich gewisse Standards zu erfüllen und zu halten hat. Aufgefallen ist mir vor allem das freundschaftliche und kooperative Verhältnis zwischen und auch innerhalb der verschiedenen Berufsgruppen. So bekommt man von der OP-Schwester keine Tatze mit den Operationsinstrumenten verpasst, wenn man in ihr Hoheitsgebiet, den Instrumententisch eindringt, um einen benötigten Gegenstand zu greifen. Im Gegenteil, die Schwestern nehmen sich, so auch die Ärzte, Zeit einem etwas beizubringen. So übte ich mit der OP-Schwester täglich das Vokabular der chirurgischen Instrumente, sie brachte mir Naht- und Knüpftechniken bei und der Anästhesist zeigte mir mitunter während der Op seine neusten Forschungsergebnisse auf dem Laptop. Die Chilenen sind, auch wenn es die oftmals grobe Ausdrucksweise (sogar einige Oberärzte sprachen sich während der Operationen mit einem freundschaftlichen, chilenisch-derben „oye huevón“ an) nicht vermuten lassen würde, sehr höfliche, äußerst zuvorkommende und stets interessierte Menschen. Montags wurde ich prinzipiell bei einer ausgiebigen Kaffeepause nach meinen Wochenendaktivitäten befragt („oye doctora, te han tratado bien?“, ob man mich denn auch gut behandelt hätte?), ich wurde auf den Betriebsausflug am Jahresende eingeladen, obwohl ich zu dem Zeitpunkt noch keine 2 Wochen auf Station war, prinzipiell wurde mir als Frau immer die Türe aufgehalten und ich durfte, obwohl die jüngste, aber oftmals einzige Frau im Team, den Raum oder Aufzug immer als erste betreten und wenn man außerhalb im öffentlichen Krankenhaus eingeteilt war, dann wurde man direkt nach Hause chauffiert, weil einem keiner zumuten wollte in den schlechten Stadtvierteln die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Wenn man dies mit dem Umgang in Krankenhäusern hierzulande vergleicht, ist das doch sehr ungewöhnlich. Ein Arzt gab mir ständig neue Tipps zur Gestaltung meines Freizeitprogramms und machte mich täglich auf die tollsten Neuheiten hinsichtlich aktueller Kunstausstellungen, Konzerte chilenischer Künstler, Theater und Filmfestivals aufmerksam (s. u.). Die Mehrheit der chilenischen Ärzte stammt aus eher wohlhabenden Familien, da das Studium an den Universitäten sehr teuer ist und es nur wenige Stipendiumsmöglichkeiten gibt. Daher haben auch viele bereits eine sehr gute Schulbildung genossen oder haben während der Facharztausbildung die Möglichkeit gehabt einige Zeit in den USA oder aufgrund der Verbundenheit zu Deutschland durch die zahlreichen deutschstämmigen Einwanderer im späten 19.Jahrhundert- in Deutschland zu verbringen und beherrschen daher meistens eine Fremdsprache sehr gut. So passierte es, dass ich von wildfremden Ärzten auf Deutsch angesprochen wurde und sich sofort ein nettes Gespräch entwickelte. Ich habe von meinem internado (Praktikum im Praktisches Jahr) dort sehr viel profitieren können, obwohl es natürlich aufgrund des chilenischen Sommers, bzw. der Ferienzeit ruhiger in der Stadt zugeht und dementsprechend auch die Zahl der (elektiven) Operationen zurückgeht und ich wenn, einmal keine Operation anstand, in der Notaufnahme oder in anderen Funktionsbereichen vorbeigesehen habe. Ich war ziemlich frei in der Gestaltung meines Praktikums und durfte mir je nach Auslastung den Themenbereich aussuchen, der mich interessierte. Im Grunde fanden von morgens 8:00 bis abends um 20:00 planmäßig Operationen statt, so wie samstags von 8:00 bis 14:00, da die Klinik als private Anstalt besonders auf die OP-Auslastung und deren Rentabilität angewiesen ist. Für mich war das natürlich praktisch, da es zur jeder Tageszeit genug zu sehen gab. Außerdem war ich froh, dass ich nicht –wie es oftmals in deutschen Krankenhäusern Usus ist – den halben Tag mit Blutentnahmen beschäftigt war, da dies dort nicht in den Aufgabebereich der Studenten fällt. 6. Kultur und Gesellschaft Obwohl die meisten santiaguinos im Januar/Februar der Hauptstadt den Rücken zukehren, um das schöne Wetter an den zahlreichen Stränden des Landes und den Seenlandschaften im Südens zu verbringen und die Stadt nach dem vorweihnachtlichem, chaotischen Trubel damit wie ausgestorben wirkt, gibt es tolle kulturelle Events für die „Daheimgebliebenen“. Um nur einige zu nennen: Santiago a Mil (Theater-Festival), Festival Cine Bajo Las Estrellas (KinoOpenair), Internationales Jazzfestival im Stadtteil Providencia… Auch das Festival de Viña in Viña del Mar zeigt jedes Jahr Konzerte hochkarätiger, teils international bekannter, Stars. Ein weiterer positiver Aspekt war die verbesserte Sauberkeit der Stadtluft Santiagos während dieser Zeit. Der Smog war nur noch an wenigen Tagen sichtbar und die majestätische Cordillera de los Andes ragte hinter den höher gelegenen Stadtteilen empor. Santiago ist durchaus bemüht um eine höhere Lebensqualitätfür die Bürger, so gibt es in den besseren Stadtteilen nun Fahrradwege und neu- angelegte Joggingparcours, sowie an Sonntagen für den Autoverkehr gesperrte Straßen, auf denen sich dann ganze Großfamilien auf Fahrrädern tummeln. Trotz allen Fortschritts kann ich nicht empfehlen in Santiago Fahrrad zu fahren, da die Autofahrer und Busfahrer noch nicht an Fahrradfahrer gewöhnt sind. Die meisten Chilenen benützen daher die Gehsteige um mit dem Fahrrad voranzukommen, was allerdings auch nicht ungefährlich ist… In der Freizeit, wovon viele santiaguinos entgegen meiner anfänglichen Vermutung, gar nicht so viel haben (dem Anschein nach wird später als in Deutschland Feierabend gemacht), wird gerne ausgiebig gegrillt und so wird man durch die chilenische Gastfreundschaft schnell Teil eines deftigen asados. Außerdem sind die jungen Chilenen begnadete Nachtschwärmer und feiern am Wochenende gerne bis in die frühen Morgenstunden. Die Katerstimmung, zu der auch das Nationalgetränk pisco, ein Traubendestillat, in allen Variationen seinen Teil beiträgt, des nächsten Tages lässt es dann nur bedingt zu, dass auch einmal Tagesausflüge oder sportliche Aktivitäten unternommen werden. Dies passiert dann, auch aufgrund der Sommerhitze erst zu späterer Stunde am Nachmittag. Auch sind die Chilenen Meister im aufspüren von Preisnachlässen besonders was Speis und Trank betrifft. Zwar würde man nie in einem Geschäft anfangen zu feilschen, dennoch wird gerne mit promociones geworben. Meistens handelt es sich hierbei um Preisaktionen „2x1“, womit man manchmal den ganzen Abend von einem Happy-Hour (typischer Weise Pisco Sour) zur nächsten gerät und dabei auch immer noch Tagessnacks angeboten bekommt. Am besten man verlangt gar nicht erst die Speise- und Getränkekarte, sondern erkundigt sich gleich nach der aktuellen promo. Für kulinarische und nächtliche Streifzüge empfehlen sich folgende Viertel: Barrio Bellavista, Barrio Bellas Artes (C/ Lastarria), Barrio Brasil, Av. Providencia zwischen den Metrostationen Manuel Montt und Tobalada). Wer es etwas luxuriöser mag, der sollte sich die Restaurants und Bars von Av. El Bosque Norte, Av. Vitacura und Av. Alonso Córdova ansehen. Das Zentrum, v.a. die Gegend um die Plaza de Armas und den Mercado Central sollte man nachts unbedingt meiden! Auch tagsüber sind hier und in der Metro die meisten Taschendiebe unterwegs. Gut zu wissen ist auch, dass die Metro nur bis 23 Uhr fährt! Um politisch, gesellschaftlich und kulturell stets auf der Höhe der Zeit zu sein, kann man sich über die neusten Trends und Events in der Hauptstadt auf www.emol.cl informieren. Dies ist das Onlineportal der größten chilenischen Tageszeitung El Mercurio und bietet einen guten Überblick. Santiago ist sicherlich keine wunderschöne Stadt, da sie sich aufgrund der wiederkehrenden Zerstörungen durch Erdbeben immer wieder aus den Trümmern befreien musste, aber spätestens wenn man in der Abenddämmerung an einem klaren Tag auf dem Cerro San Cristóbal sitzt und die Stadt in Richtung des Andenmassivs überblickt, freut man sich dort zu sein und möchte bleiben. Für die ersten Tage nach Ankunft empfiehlt sich ein Besuch im Tourismusbüro Sernatur in der Av. Providencia 1550 und eine kostenlose spanische oder englische Stadttour geführt durch junge Chilenen mit http://freetoursantiago.cl . 7. Fazit Chile ist ein Land voller Gegensätze, sowohl landschaftlich als auch gesellschaftlich hinsichtlich finanzieller und politischer Gesichtspunkte. Es ist unglaublich spannend in diese Welt näher einzutauchen und es wird einem bald sehr leicht gemacht, die Chilenen schnell liebzugewinnen! Da die Chilenen großen Stolz und Bewunderung für ihr Land empfinden, freuen sie sich über jeden Besucher, der Interesse daran zeigt. Nie werden sie müde von ihrer Heimat zu berichten und – nun ja, zu schwärmen, sodass diese Begeisterung letztendlich hochgradig ansteckend ist J. Das Praktikum war eine unglaublich interessante, anregende und lehrreiche Erfahrung für mich und ich kann es nur wärmstens weiterempfehlen, wobei man klar sagen muss, dass man dem „wahren“ Chile wohl eher im öffentlichen Krankenhaus begegnet!