Coca-Cola versus Pepsi. Klarheit
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Coca-Cola versus Pepsi. Klarheit
Medien & Kommunikation Coca-Cola versus Pepsi. Klarheit Ohne Frage: Die braunen Zuckerbrausen von Coca-Cola und Pepsi lösen etwas aus. Dabei schmeckt im Blindtest den meisten Probanden Pepsi besser – allerdings nur, solange man ihnen die Logos vorenthält. Sind sie aufgedeckt, schneidet Coca-Cola besser ab. Wie funktioniert das? Autoren: James Miller und Elke Schwarz Die Forscher McClure und Kollegen unbanden verändert. Daraus lässt sich ein tersuchten 2004, wie eine Marke den Schluss ziehen: Das Coca-Cola-BranGeschmackssinn und die Gehirnaktividing hat einen nachweisbaren neurotät beeinflusst. Sie führten Befragungen nalen Effekt auf den Geschmack. Das durch und nutzten bildgebende MethoPepsi-Branding hingegen nicht. den, FMRT-Scanner, um Präferenzen Die Neuroanalyse der aktuellen für Coca-Cola oder Pepsi neurowissenSpots von Coca-Cola und Pepsi bestäschaftlich zu beleuchten. tigt dieses Ergebnis: Coca-Cola gewinnt Sie fanden heraus, dass den Test mit 69 von 100 mögliProbanden, die wissentlich chen Punkten im SDMI. Der Coca-Cola tranken, im VerSpot von Pepsi schneidet mit gleich zu Probanden in der 48 Punkten zwar ebenfalls .KAMPAGNEN Blindverkostung Aktivierungut ab, bleibt aber dennoch gen in gleich mehreren Gehinter dem von Coca-Cola. hirnregionen zeigten: im bilaKlare Bilder funktionieren teralen Hippocampus, im linken – wenn sie die richtige BotParahippocampus, im Belohnungsschaft senden: Coca-Colas neuer zentrum, dem rechten dorsolateralen Spot „Anthem“ läutet eine neue gloPräfrontalkortex, im rechten Thalamus bale Trendkampagne ein. Unter dem und im linken visuellen Kortex. Slogan „Taste the Feeling“ sind in ihr Probanden, die wissentlich Pepsi alle Coca-Cola-Varianten vereinigt, tranken, zeigten im Vergleich zu Prodie auf dem Markt sind. Wir haben die banden in der Blindverkostung hingecirca einminütige Onlineversion des gen kaum Unterschiede in ihrer neuSpots analysiert und festgestellt, dass ronalen Reaktion. in zehn von 16 Szenen eine emotionale Botschaft vermittelt wird: Freude am Emotionale Erinnerungen beeinZusammensein. flussen scheinbar den Geschmack: Diese Botschaft wird anhand von Der Hippocampus ist bekannt als wichzehn Mini-Storys illustriert. Sie zeigen tige Struktur zum Speichern und Abintensive und emotionale Szenen, die rufen emotionaler Gedächtnisinhalte. sich zwischen Freunden und LiebenWird er aktiviert, werden emotionale den abspielen. Trotz der Fokussierung und affektive Informationen abgeruauf die Kernbotschaft, sind die Inhalfen, um Belohnungen zu berechnen te dieser Storys recht breit gefächert. und Handlungsoptionen auszuwähKonsistenz in der Werbung erhöht len. Wenn Coca-Cola den Probanden die Wirkung: „Freude am Zusammenalso erst dann besser schmeckt, wenn sein“ aktiviert in hohem Maße unser sie vorher das Markenlogo gesehen Belohnungszentrum. Besonders dann, haben, und sich auch erst dann deutwenn sie mit dem Gefühl des Geliebtliche neuronale Aktivitäten feststellen und Begehrt-Werdens einhergeht. Die lassen, folgt daraus: Die Marke (oder Strategie, die Kernbotschaft einer Mardas, was wir mit ihr verbinden) hat die ke durch gezielte Aktivierung unseres Geschmackswahrnehmung der ProBelohnungssystems zu stärken, wen- Serie DUELL 90 „Enjoy your pepsi on your tongue“. Das neue PepsiTeam besteht aus Tori Kelly, Kyrie Irving und Jeff Gordon, die singend durch den Spot führen det Coca-Coca schon länger an. Das Unternehmen bedient sich dafür unter anderem des Festes, das wie kein anderes für „Freude am Zusammensein“ steht: Weihnachten. So sind nicht nur die Weihnachtstrucks alle Jahre wieder publikums- und werbewirksam unterwegs, Coca-Cola hat es sogar geschafft, unser Bild vom Weihnachtsmann in seinen Markenfarben zu prägen. Welchen Einfluss hat die Botschaft auf die Entscheidungsfindung? Dank Neurowissenschaftlern wie Haynes wissen wir, dass viele Entscheidungen bis zu zehn Sekunden vor der bewussten Entscheidung bereits im Unterbewusstsein gefallen sind. Betrachten wir ein Logo oder nehmen wir andere klare Reize wahr, die auf die Marke hinweisen, so der aktuelle Forschungsstand, ruft in diesem Netzwerk der Hippocampus alle emotionalen Erinnerungen zu dieser Marke aus dem Neocortex ab. Dort werden diese Erinnerungen seit der Geburt abgespeichert. Sie werden dann an das Belohnungssystem weitergeleitet. Dieses berechnet nun die Belohnung, die für die Optionen (hier: Pepsi oder Coca-Cola) jeweils zu erwarten ist. Da „Freude am Zusammensein“ eine sehr große Belohnung ist, ist für das Unterbewusstsein der meisten Proban- absatz wirtschaft 4 2016 072_asw4-2016_werbecheck_090-091.indd 90 09.03.16 13:51 Medien & Kommunikation sich freuen würde, die Frau wiederzusehen. Dies sind typische Verhaltensmuster für eine schwierige gemeinsame Ve r g a n g e n h e i t . Da wir uns über Spiegelneuronen mit den Protagonisten der Szene identifizieren und ihre Emotionen implizit nachempfinden, interpretiert unser Unterbewusstsein das Gezeigte als negativ, als Abwertung. Das wiederum widerspricht der Kernbotschaft des Spots. Die Wirkung könnte einfach erhöht werden, indem die beiden sich sichtlich über das Wiedersehen freuen. Eine weitere Szene ist die, in der eine Frau zu sehen ist, die in einem Club leidenschaftlich feiert. Sie ist alleine. Auch hier könnte die Kernbotschaft dadurch stärker unterstrichen werden, indem sie mit einem Partner oder Freunden feiern würde. Pepsi setzt auf Testimonials: Pepsi fährt schon seit Jahren eine andere Strategie, um seine Kunden zu überzeugen: viele Testimonials. Tori Kelly, Kyrie Irving und Jeff Gordon sind im getesteten Spot zu sehen. Die Liste der Promis, die in der Vergangenheit für die Marke geworben haben, ist beachtlich: Michael Jackson, Britney Spears, Beyoncé, Mary J. Blige, Aretha Franklin, Christina Aguilera und viele andere. Pepsi-Spots schneiden in bewussten Kundenbefragungen gut ab. Sie vermitteln positive Botschaften und positive Emotionen. Dadurch schaffen sie wertvolle Kaufimpulse. Der Einsatz von Testimonials sorgt für hohe Aufmerksamkeit bei der Zielgruppe. Sie wirken also sehr gut, besonders bei den Fans der jeweiligen Stars. Aber genau hier lässt Pepsi für eine implizite nachhaltige Werbewirkung Potenzial liegen. Nachhaltigkeit ist Trumpf: Denn jeder Star steht für etwas anderes. Somit FOTOS: PR (2) Der neue Coke-Spot regt im deutschen Fernsehn die Lust auf die unvergleichliche und einzigartige Erfrischung einer Coke an den die Option „Coca-Cola“ der klare Favorit. Hinzu kommt, dass der Zucker, den wir beim Trinken von Coca-Cola aufnehmen, ebenfalls das Belohnungszentrum aktiviert. So lernt das Gehirn, dass die angestrebte Belohnung auch tatsächlich eintritt. Die Marke prägt sich auf diese Weise überaus stark im Unterbewusstsein ein. Darüber hinaus werden unsere emotionalen Erinnerungen an Weihnachten mit zur Kalkulation der Belohnung herangezogen. Zu diesen Erinnerungen gehören alle freudigen Erlebnisse, die wir mit Weihnachten assoziieren. Sie alle steigern unterbewusst die Präferenz für die Marke Coca-Cola. Die intensive Verbindung mit Weihnachten, die Coca-Cola über Jahre hinweg immer wieder neu geknüpft hat, erweist sich somit als nachhaltig überaus erfolgreicher Schachzug. Coca-Cola-Spot schöpft sein Potenzial nicht voll aus: Zwei Szenen könnte Coca-Cola im aktuellen Spot dennoch besser machen: In einer Szene ist eine Frau zu sehen, die mit dem Ausdruck leichter Verzweiflung neben einem anfahrenden Zug läuft. Sie setzt sich dann in der nächsten Szene zu einem Mann, den sie vermutlich kennt, und schaut ihn fragend an. Der Mann hingegen lässt nicht erkennen, dass er wird nach jedem Werbespot auch eine andere Botschaft implizit gespeichert. Die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Stars werden auf diese Weise mit der Marke selbst verbunden. Dadurch ist es dem Unterbewusstsein weniger klar, wofür „Pepsi“ eigentlich steht. Die neurologischen Konsequenzen dieser Strategie sind im Gehirnscanner gut zu erkennen: In dem oben beschriebenen Versuch wurde den Probanden beim „Pepsi-Test“ abwechselnd das Logo und ein einfaches Lichtsignal gezeigt. Die neuronalen Reaktionen auf Lichtsignal und Logo waren kaum voneinander zu unterscheiden. Das Belohnungssystem wird also durch die Marke einfach nicht angekurbelt. Anhand dieses Real-Life-Beispiels lassen sich nun klare Prinzipien für die implizite Wirkung von Werbung und Markenbuilding 2.0 ableiten: Beim Aufbau einer starken Marke im Unterbewusstsein ist es wichtig, das Produkt mit den für die Zielgruppe richtigen Emotionen „auszustatten“. Es gibt etwa 240 Emotionen – wer hier richtig auswählt, stellt die Weichen für einen nachhaltigen Werbeerfolg. Dies kann erreicht werden, indem jede Story, jedes Wort, jedes Bild und jeder Sound im Kern die gleichen Ziele und Emotionen im Kundengehirn adressieren. Werbung, die diese Emotion zu vermitteln vermag, macht es dem Unterbewusstsein sehr leicht, sich für ein Produkt zu entscheiden. Denn das Unterbewusstsein liebt leichte Entscheidungen. Der Cola-SDMI Indizes Coca-Cola Pepsi Kennzahl 1: SDMI gesamt 69 41 Emotion 79 47 Benefit 59 34 Hormon 86 32 Kennzahl 2: Memory 58 37 Die Methode: Der Subconscious Decision Marketing Index (SDMI) ist ein softwaregestütztes Analyseinstrument zur Messung der Werbewirkung im Unterbewusstsein. Fünf Unterindizes geben Aufschluss über die wichtigsten im Gehirn wirksamen Prozesse und zeigen, auf welche Weise der Spot die Kaufentscheidung beeinflusst. absatz 4 2016 wirtschaft 072_asw4-2016_werbecheck_090-091.indd 91 91 09.03.16 13:51