Projektzusammenfassung Modellprojekt WEG

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Projektzusammenfassung Modellprojekt WEG
Der WEG rechnet sich.
Betriebliche Gesundheitsförderung für KMUs.
Das Kern-Kraftwerk.
Ein Baumeister, der auf Gesund­heit baut.
Aus bestem Haus.
Ein Hotel, das mit gesunden Ideen
Europa verändert.
Spaß an der Gesundheit.
Ein Freizeitzentrum macht sich fit.
Vorwort
In großen Unternehmungen hat sich das
Konzept der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) in den letzten Jahren
erfolgreich etabliert, in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) stößt es jedoch
vielfach auf organisatorische und finanzielle
Hindernisse.
Da Österreichs Wirtschaft durch einen sehr
hohen Anteil an KMU gekennzeichnet ist,
hat der Fonds Gesundes Österreich einen
BGF-Schwerpunkt für KMU gesetzt. Nach
einem Ausschreibungsverfahren wurde
Ende 2002 die Österreichische Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung
mit der Umsetzung eines Modellprojektes
für den Sektor „Old Economy“ mit dem
Titel „WEG Wirtschaftlicher Erfolgsfaktor
Gesundheit“ beauftragt. Der klare Auftrag:
Anregungen, Erkenntnisse und Produkte
zu gewinnen, die für die BGF-Praxis in
kleineren und mittleren Unternehmen relevant und unmittelbar nutzbar sein werden.
Das Projektteam hat gemeinsam mit 12
KMU einen anspruchsvollen und lehrreichen
BGF-Prozess durchlaufen und eine Fülle
an Wissen generiert. Damit die Qualität
der Ergebnisse sichergestellt ist, wurde
das gesamte Projekt von Anfang an durch
eine wissenschaftlich fundierte Evaluierung
begleitet, beobachtet und mitgesteuert.
Als Auftraggeber setzen wir uns gemeinsam mit dem Auftragnehmer und allen
AkteurInnen der BGF-Szene dafür ein, die
heimischen KMU anhand der gewonnenen
Erfahrungen, Erkenntnisse und Produkte für
dieses Konzept zu begeistern.
Die vorliegende Publikation ist dazu ein
wichtiger Schritt. Wir sind überzeugt, dass
sie viele weitere Unternehmen zur Nachahmung dieses Erfolgsrezeptes anregen wird
und wünschen Ihnen bei der Umsetzung viel
Erfolg. |
Dennis Beck
Geschäftsführer Fonds Gesundes Österreich
Dr. Klaus Ropin
Gesundheitsreferent mit Schwerpunkt Betrieblicher
Gesundheitsförderung Fonds Gesundes Österreich
Über das Ziel und den WEG
Im Jahr 2003 wurde vom Fonds
Gesundes Österreich in drei
österreichischen Bundesländern
ein einzigartiges Modellprojekt
initiiert: WEG – der Wirtschaftliche Erfolgsfaktor Gesundheit.
Von Großunternehmen wusste man über die
Notwendigkeit und die Umsetzungsgesetzmäßigkeiten schon relativ genau Bescheid.
Aber wie lassen sich diese Erkenntnisse auf
kleinere und mittlere Unternehmen übertragen? Welche Problemstellungen ergeben
sich? Was ist bei KMUs – die ja bekanntlich
der Motor der heimischen Wirtschaft sind
– anders? Fragen, die im Modellprojekt erörtert wurden. Lösungsvorschläge wurden
erarbeitet, Antworten prognostiziert, die
– im Nachhinein besehen – auch tatsächlich
zum überwiegenden Teil eintrafen.
In Oberösterreich, Salzburg und der
Steiermark wurden im Rahmen des WEGProjektes insgesamt 12 KMUs aus den
Bereichen Tourimus/Gastronomie und/oder
Bau- und Baunebengewerbe sowie Bergbau gesucht, gefunden und über die ganze
Zeit des Modellprojektes professionell
begleitet. Zu den wichtigsten Ansprechpartnern für die Unternehmen gehörten
dabei die drei Regionalstellen der Österreichischen Netzwerkes für betriebliche
Gesundheits­förderung.
In der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ist Elfriede Kiesewetter nicht nur
Leiterin des Referats für Gesundheitsförderung, sondern auch Koordinatorin des österreichischen Netzwerkes für betriebliche
Gesundheitsförderung. Elisabeth Zeisberger
ist in der Salzburger Gebietskrankenkasse
Ansprechpartnerin für Betriebliche Gesundheitsförderung. Für interessierte steirische
Betriebe ist Mag. Beate Atzler von der
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und
Bergbau die richtige Adresse. Zusammen
mit dem Organisationsberater Dr. Christian­
Scharinger als externem Projektleiter bildeten diese ExpertInnen das Projektteam
des Modellprojektes Weg.
Bekanntlich ist das Projekt WEG für die
Betriebe offiziell abgeschlossen, nur mehr
im Hintergrund werden noch die unzähligen
Daten archiviert, evaluiert und dokumentiert. Höchste Zeit also, einmal das Projektteam an einen Tisch zu bringen und über
die Erfahrungen mit WEG zu diskutieren.
gesetzt haben. Die geordnete Strukturierung des Projektes war oft der Initialzünder:
„Viele Unternehmen wollten keine Einzelprojekte mehr, sondern ein ganzheitliches
Konzept, in dem die unterschiedlichen Teile
ineinandergreifen“, umreißt Elfriede Kiesewetter die ausschlaggebenden Beweggründe für die meisten Projektteilnehmer.
Überraschend komplex –
überraschend umfassend
Dann aber folgten nach und nach Überraschungen für alle Beteiligten. Für die Unternehmen war es am erstaunlichsten, dass
Ordnung in die Strukturen
betriebliche Gesundheit ein vieldimensioEine der ersten Hürden des Projektes war
nales Betätigungsfeld ist und sich nicht auf
unzweifelhaft die Rekrutierung der Un„Rückenschule“ oder „Raucherentwöhnung“
ternehmen. Darüber sind sich alle einig.
beschränkt. Dass das Projekt stark auch
Anfangs musste intensive ÜberzeugungsarLicht z. B. in die Organisationsstrukturen
beit geleistet werden. Und erst mit engabrachte und dahingehend auch Lösungs­
gierten persönlichen Gesprächen konnten
ansätze generiert wurden, die nicht vorderdie Modellunternehmen zu einer Teilnahme
gründig mit der Gesundheitsproblematik in
bewegt werden. Dann aber – als die EntVerbindung gebracht wurden.
scheidung gefallen war – konnte es meist
„Die intensive Auseinandersetzung mit
nicht schnell genug gehen. Generell wurde
dem jeweiligen, individuellen betrieblichen
die Erfahrung geUmfeld wurde
macht: In KMUs ist „Wir haben gemeinsam viel
natürlich goutiert.
der Faktor Zeit viel
Besonders die
Energie in die Vorbereitung
höher zu bewerFührungspersonen
des Weg-Projektes gesteckt
ten als in großen
und hatten viel Glück mit der waren positiv
Unternehmen. Die
überrascht welches
Auswahl der ModellunterProjekte für KMUs
Potenzial im WEGnehmen. Beeindruckend war Projekt steckte“,
sollten schlanker,
der offene Umgang und der
konzentrierter und
freut sich Elisabeth
Erfahrungsaustausch der Un- Zeisberger über
geraffter vor sich
gehen, da sonst die ternehmen untereinander.“
ein generell gutes
Gefahr besteht das
Feedback „Ihrer“
Dr. Christian Scharinger
anfängliche Feuer
Betriebe. „Aber“,
an andere Interesso schränkt sie
sen oder ganz einfach das Alltagsgeschäft
gleichzeitig ein, „nur dort hat sich wirklich
zu verlieren.
etwas bewegt, wo das Projekt von ganz
Allgemein muss aber auch bermerkt weroben engagiert getragen wurde.“ Betriebden, dass zum WEG-Projekt nur Unternehliche Gesundheitsförderung ist und bleibt
men Zugang gefunden haben, die sich von
Chefsache, so die einhellige Meinung. Nur
sich aus schon zuvor mit dem Thema in
wenn die Führung mit Engagement bei
der einen oder anderen Weise auseinander
der Sache ist, wird auch die Belegschaft
die Energie für notwendige Maßnahmen
aufbringen. „Mangelndes Commitment des
Top-Managements bzw. der Eigentümer,
wenig eigenständiges Engagement der
Führung bedeutet auch gleichzeitig das Versanden der Maßnahmen“, warnt auch Mag.
Beate Atzler vor anfänglichen Strohfeuern.
Betriebliche Gesundheitsförderung ist ein
kontinuierlicher Prozess der nie zu Ende
ist. Nie zu Ende sein darf. Deshalb sind
die Koordinatorinnen auch stolz dass bei
den betreuten Betrieben des Projektes der
Gesundheitsgedanke auch nach Abschluss
des Modellprojektes weitergetragen wird.
Bei den einen natürlich mehr, bei den anderen weniger. Aber grundsätzlich hat sich
überall einiges bewegt. „Etwas worauf man
wirklich stolz sein kann“, so die einhellige
Meinung. Der wir uns anschließen.
Ein Grundstein für den Erfolg lag mit
Sicherheit in der fundierten und intensiven
Vorbereitung des Projektes.
In Österreich ist die OÖGKK seit 1996
Kontaktstelle dieses Netzwerkes. Am
Beginn der Tätigkeit standen allgemeine
Informationen, der Aufbau einer Datenbank,
die Beschreibung erfolgreicher BGF-Projekte und Kooperationen mit verschiedenen
Unternehmen im Vordergrund.
Das Referat für Gesundheitsförderung und
Vorsorgemedizin initiiert laufend Modellprojekte. Damit sollen Betriebe animiert
werden, ebenfalls Maßnahmen einzuleiten.
Als nationale Kontaktsstelle fördert es den
Informations- und Erfahrungsaustausch mit
nationalen und internationalen AkteurInnen
und ExpertInnen. Mittlerweile wurde auch
ein österreichisches Netzwerk aufgebaut,
um Ziele der betrieblichen Gesundheitsförderung österreichweit besser verwirklichen
zu können. Derzeit stehen in neun Bundesländern Regionalstellen mit AnsprechpartnerInnen zur Verfügung. Das Netzwerk wird
durch die Sozialpartner – Österreichische
Wirtschaftskammer, Bundesarbeitskammer,
Österreichischer Gewerkschaftsbund und
Industrieellenvereinigung – und Partner
-AUVA unterstützt.
Kontakt zur Gesundheit
Was kann aber ein KMU-Unternehmen tun,
das jetzt – nach Abschluss des Projektes
– auf den Geschmack der betrieblichen
Gesundheitsförderung gekommen ist?
Ganz einfach: Die jeweilige Regionalstelle
des Österreichischen Netzwerkes für
Betriebliche Gesundheitsförderung kontaktieren: www.netzwerk-bgf.at
Elfriede Kiesewetter
OÖ Gebietskrankenkasse – FORUM GESUNDHEIT,
Referat Gesundheitsförderung und Vorsorgemedizin,­
Gruberstraße 77, 4021 Linz, Postfach 61,
Tel.: 0732/7807-2579, [email protected]
Angeboten wird zuallererst eine – natürlich
– kostenlose Erstberatung. Im Bedarfsfalle
werden eine 2-tägige Intensivschulung mit
anschließenden regelmäßigen Lerngruppen verschiedener Teilnehmer vereinbart.
Die kontinuierliche Begleitung auf dem
Wege zum gesunden Unternehmen ist
damit gewährleistet. Wichtig ist aber – so
der einhellige Tenor der Koordinatorinnen
– das dauerhafte Engagement der Führung. Denn nur wenn sich die Spitze des
Unternehmens ständig mit dem Thema
auseinandersetzt und als Vorbild agiert,
kann das Unternehmen und die Menschen
darin profitieren. Dann ist dieser WEG auch
wirklich ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor. |
Meine Aufgabe ist es, Gesundheit in Organisationen – wie z.B. in Betrieben – zu
thematisieren, Projekte zu initiieren und
zu unterstützen sowie auf gesundheitsfördernde Faktoren aufmerksam zu machen.
Unser persönliches Wohlbefinden und
unser Gesundheitszustand werden ganz
wesentlich von unseren Lebensumständen bestimmt. Die Arbeitswelt ist dabei
sicherlich einer der wichtigsten Lebensbereiche. In jedem Unternehmen spielen
viele Faktoren zusammen, die MitarbeiterInnen entweder gesund erhalten oder
krank machen. Oft ist eine Veränderung
der Arbeitsverhältnisse notwendig, um
ein gesundheitsbewußtes Verhalten der
MitarbeiterInnen zu ermöglichen bzw. zu
begünstigen. Vorbeugen statt reparieren
lautet daher die Devise!
Die Leitung der regionalen Kontaktstelle für
Betriebliche Gesundheitsförderung in der
Steiermark durch die VAEB-Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau
Mag. Beate Atzler
Versicherungsanstalt für
Eisenbahnen und Bergbau
VAEB Josefhof, Haideggerweg 40 A
8044 Graz, Tel.: 0316/391102-102
[email protected]
Elisabeth Zeisberger
Salzburger Gebietskrankenkasse
Faberstrasse 19, 5020 Salzburg
Tel.: 0662/8889-385
[email protected]
Projekt WEG –
Wirtschaftlicher Erfolgsfaktor Gesundheit
Das Konzept der betrieblichen
Gesundheitsförderung konnte
sich in den letzten Jahren als
ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung gesunder Unternehmen etablieren.
Die bisherigen Erfahrungen basierten allerdings zum Großteil
auf Aktivitäten in Großunternehmen. Angesichts der Tatsache,
dass gerade auch die österreichische Wirtschaft traditionell
stark im Segment der Kleinund Mittelbetriebe verankert
ist, erlangt die Frage nach der
Umsetzung von gesundheitsfördernden Maßnahmen in Kleinund Mittelbetrieben besondere
Relevanz.
Der Fonds Gesundes Österreich hat vor
diesem Hintergrund einen Schwerpunkt im
Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung in Klein- und Mittelbetrieben gesetzt
und nach einem Ausschreibungsverfahren
die österreichische Kontaktstelle für betriebliche Gesundheitsförderung mit der Entwicklung
und Umsetzung eines
entsprechenden Modellprojektes beauftragt.
Als Klein- und Mittelbetrieb wurden im Rahmen
des Projektes Unternehmen mit maximal 100
MitarbeiterInnen definiert.
Als Branchen wurden
vor dem Hintergrund der „old economy“
Unternehmen aus folgenden Bereichen
festgelegt:
_ Bau- und Baunebengewerbe, Bergbau
_ Tourismus, Hotellerie, Gastronomie.
Der Projektkreislauf
men stellten die Gesundheitszirkel einen
wichtigen „Durchbruch“ dar. Die meisten
Modellunternehmen hatten bis dahin noch
kaum Erfahrungen mit verschiedenen Formen partizipativer Gruppenarbeit.
Die konstruktive Arbeit in den Gesundheitszirkeln brachte nicht nur konkrete
Ergebnisse, sondern verbreiterte auch die
Akzeptanz des Gesamtprojektes unter den
Mit schriftlicher Gesundheitsbefragung,
jeweiligen MitarbeiterInnen deutlich.
Auswertung der Krankenstände, betriebAuf
licher Gesundheitskonferenzen
Basis der
und abschließendem GesundDiagnoheitsbericht wurde die Diasephase
gnosephase sehr ausführlich
und der
gehalten. Für die beteiligten
GesundUnternehmen war dies insofern
heitszirkel
ein zentraler Schritt, als über die
setzte
ausführlichen Erhebungsphasen
jedes
immer wieder ein erweitertes
Dr. Christian Scharinger, Projektleiter
UnterVerständnis von Gesundheit
nehmen spezifische gesundheitsfördernde
im Unternehmen mittransportiert wurde.
Schwerpunkte und Handlungsfelder.
Auf der Basis sämtlicher Daten aus der
Einige gesundheitsrelevante HandlungsDiagnosephase wurden branchenbezogene
felder zeigten sich in allen beteiligten
Gesundheitsberichte erstellt, die an alle
Unternehmen: Die beiden zentralsten waren
MitarbeiterInnen in den Modellunternehmen
die Bereiche Konflikt- und Stressmanagegingen. Ein wichtiger Grundstein war gelegt.
ment. Zu diesen beiden Themenbereichen
war auch großes Interesse seitens der
In einem nächsten Schritt wurde mit der
MitarbeiterInnen vorhanden. Um den LernInstallierung von Gesundheitszirkeln begontransfer zwischen den Modellunternehmen
nen. Gesundheitszirkel sind innerbetriebzu fördern wurden entsprechende Schuliche Arbeitslungen und Seminare im Schulungsverbund
kreise, in denen
angeboten.
sich die BeIm Wesentlichen folgte das Modellprojekt
WEG dem klassischen Managementzyklus von Diagnose – Planung – Umsetzung
– Evaluierung. Für jede der vier Phasen
wurden anschlussfähige Instrumente und
Methoden entwickelt bzw. adaptiert.
Gesundheitsförderung
ist daher ein Weg der
sich rechnet – auch und
gerade für Klein- und
Mittelbetriebe.
Für jedes Unternehmen
wurden auf Basis der
Gesundheitszirkel spezifische Schwerpunkte
und Handlungsfelder
definiert.
schäftigten eines
Betriebes mit
ihren Arbeitsbedingungen auseinandersetzen.
Sie trugen ihre
Erfahrungen über
Belastungen ihrer
Gesundheit zusammen, analysierten sie
gemeinsam, entwickelten neue Lösungen
und erarbeiteten Vorschläge, wie diese in
die Praxis umgesetzt werden könnten.
Aus Sicht der teilnehmenden Unterneh-
Weiters wurde deutlich, dass ein Zentralthema im Bereich „Gesunde Führungskultur“
zu suchen ist. Gerade bei KMUs spielen
Führungskräfte eine Schlüsselrolle in der
Kommunikation und Kooperation. Ohne die
offensive Unterstützung kann betriebliche
Gesundheitsförderung im Unternehmen
nicht Fuß fassen.
Vor diesem Hintergrund wurde ein Curriculum für die zweite Führungsebene entwickelt und firmenübergreifend umgesetzt.
Zum Ergebnis
Der Ansatz von betrieblicher Gesundheitsförderung durch Organisationsgestaltung
konnte sich auch in KMUs bewähren und
kann als gangbarer Weg empfohlen werden.
Dank der Mithilfe aller Beteiligten konnten
im Rahmen der Projektlaufzeit wesentliche
Dokumente für den Transfer des Projektes
geschaffen werden: Dokumentationen,
Evaluationsberichte, Newsletter – siehe
Homepage: www.netzwerk-bgf.at
In den teilnehmenden Modellunternehmen
kam es zu deutlichen Verbesserungen im
Bereich Arbeitsgestaltung, Betriebsklima
und MitarbeiterInnenzufriedenheit.
Auf der Ergebnisebene bedingte dies u.a.
eine Reduktion von Fehlzeiten zwischen
20 % im Bereich Hotellerie/Gastronomie
und 10 % in den Branchen Baugewerbe/
Bergbau. |
Prof. Bernhard Badura
Professor an der Fakultät für Gesundheits­
wissenschaften der Universität Bielefeld
Der Projektkreislauf
4. EVALUIERUNG
1. DIAGNOSE
_ 2. Gesundheitsbericht
_ Projektdokumentation
_S
chriftliche/
mündliche Befragung
_B
etriebliche
Gesundheitskonferenz
_F
ocusgruppen
_G
esundheitsbericht
Interview
3. UMSETZUNG
2. PLANUNG
_ Psychosoziale Gesundheit
_ Bewegung / Ernährung
_ Organisationsentwicklung
_ Führungskräfteschulung
_ Fehlzeitenmanagement
_ Arbeitsgestaltung
_G
esundheitszirkel
_ Interne Projektleitung
_S
trukturplan
_M
eilensteine
_P
aretoprinzip / Erfolgshebel
Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die wesentlichsten Gesundheitsbelastungen in den Unternehmen? Und welche Ressourcen liegen
noch brach?
An der Mensch-Mensch-Schnittstelle entstehende psychische Beeinträchtigungen.
Können Klein- und Mittelbetriebe im Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung zum Trendsetter werden? Oder warten
sie besser erst auf den Sog der großen
Unternehmensschiffe?
Sie sollten als Trendsetter fungieren.
Worauf müssen Klein- und Mittelbetriebe
achten, wenn sie sich für gesundheitsfördernde Maßnahmen interessieren?
Dass die Qualität der Führung die wahrscheinlich wichtigste Einflussgröße auf die Gesundheit
der Beschäftigten ist.
Wie sieht die Zukunft der Gesundheit im
Betrieb aus? Wird gesunder Erfolg exakt
messbar werden? Oder gar zur gesetzlichen
Norm?
Gesundheit als soziales, psychisches und
körperliches Befinden ist messbar, ebenso
die wesentlichen Treiber.
Gesundheit:
Das Kern-Kraftwerk
Ing. Philipp Kern ist Baumeister
in Unterweissenbach im idyllischen Mühlviertel/Oberösterreich. Seine Firma ist geradezu
prädestiniert für das WEG-Projekt: Ein traditionelles Unternehmen, nicht zu groß und nicht zu
klein – und das Wichtigste: Ein
engagierter Firmenleiter an der
Spitze, der stets auf der Suche
nach innovativen Ansätzen für
seinen Betrieb ist.
„Das WEG-Projekt war echt ein tolles Ding,
schade dass es schon vorbei ist“, resümiert
Philipp Kern im Interviewgespräch. „Es hat
mir und meinen Mitarbeitern viele wertvolle
Impulse gegeben.“ Impulse, die jetzt noch
nachwirken. Zum Beispiel mit den Masseurgutscheinen. Jeder Kern-Mitarbeiter
bekommt vom Unternehmen eine finanzielle
Beihilfe, wenn sie sich bei einem Heilmasseur therapieren lassen. Eine Initiative, die im
Zuge des WEG-Projektes mit einer Wirbelsäulengymnastikaktion gestartet wurde und dann zum
Selbstläufer wurde, da die
Nachfrage dementsprechend
hoch war. Oder die Möglichkeit – mit finanzieller Stützung
des Unternehmens – kommunikationsbereinigende
Psychotherapiesitzungen zu
absolvieren. Etwas, das Neueinsteigern oder bei etwaigen Konfliktsituationen den einzelnen Kern-Mitarbeitern gerne
ans Herz gelegt wird.
vor allem auch das Miteinander wurde dabei
in neue, geregelte Bahnen gelenkt. „Heute
muss man ja als Geschäftsleiter nicht nur
Kaufmann sein, sondern viel mehr Psychologe“, hat Philipp Kern die Wichtigkeit der
mentalen Gesundheit erkannt. Die Betonung liegt dabei auf ordentlich, denn durch
den strukturierten Lösungsansatz konnten
viele Leerläufe vermieden werden. Etwas
wobei WEG auch den Funken zur Initialzündung gab, war die Installierung eines
kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.
Damit werden negative Energien in positive
umgewandelt. Ständige Nörgler – die es ja
in jedem Unternehmen gibt – können dabei
zum konstruktiven und wertvollen Lösungsanbieter werden.
Kontinuierlich motivieren
Auf eines möchte Philipp Kern aber unbedingt hinweisen: „Damit diese Prozesse
wirklich sinnvoll sind, muss man als Führungsperson nicht nur mit ganzem Herzen
dahinter stehen, man muss die Menschen
im Unternehmen immer wieder motivieren,
dabei mitzumachen.“ Das Tagesgeschäft
ist dabei eine der
größten Hürden.
Schnell schläft da
solch ein Projekt
ein, das zwar von
allen gutgeheißen
wird, aber dann in
der Prioritätenreihung gegenüber
dem Alltag verlieren kann. „Immer wieder bewusst machen,
wie wichtig es ist, dabei zu sein und sich
einzubringen, war eine meiner Hauptaufgaben“, beschreibt Kern seine Rolle beim
WEG-Projekt. Eine Kern-Aufgabe sozusagen. Dafür kann er jetzt die Früchte ernten:
„Ich glaube, dass wir jetzt eine Linie gefunden haben, wie wir unsere Ideen umsetzen
können.“ Eine der neuesten ist gerade
erst auf den Baustellen installiert worden:
„WEG war ein optimaler Katalysator,
eine Starthilfe für
vielerlei Dinge, die
bei uns – ordentlich
– geklärt gehörten.“
Energien kanalisieren
Aber es gab natürlich auch noch viele
andere – größere und kleinere – positive
Veränderungen im Unternehmen, die das
WEG-Projekt begleiteten. Nicht nur auf der
körperlichen Ebene wurde da gearbeitet,
Der komplette Werkstatt-Container für die
Bauleitung vor Ort. Randvoll mit den besten
Werkzeugen, die immer wieder gebraucht
werden, zuvor aber immer erst aus dem
Bauhof angefordert werden mussten. ToolTime lässt grüßen. Und noch etwas spukt im
Kopf herum: Die Werkzeuge zu personalisieren, ihnen Namen zu geben. „Weil man auf
den Kurtl einfach mehr acht gibt, als auf den
Schlagbohrer XJ3.“
Gesunde Menschen,
gesundes Unternehmen
Man sieht schon, das WEG-Projekt hat
einiges in Gang gebracht bei dem Unternehmen. Die Mitarbeitergesundung war dabei
im Vordergrund gestanden, aber auch die
Unternehmensgesundung ging dabei Schritt
für Schritt voran. Das hat natürlich seinen
Preis – etwa 2–5 Stunden pro Woche muss
man schon dafür aufwenden – aber es
bekommt auch seinen Preis. Das Gesundheitsprogramm des Unternehmens Kern
wurde erst kürzlich für den Goldene Securitas-Award nominiert; damit gehören sie in
diesem Bereich zu den fünf besten Firmen
Österreichs. Aber das Wichtigste ist schließlich die Motivation und daraus folgend
auch die Bindung der Mitarbeiter an das
Unternehmen. „Denn nur wenn ich meinen
Leuten etwas biete, kann ich auch wirklich
Spitzenleistungen von ihnen erwarten. Und
die Kunden verlangen heutzutage immer
Spitzenleistungen von den Unternehmen.“ |
Gesundheit
aus bestem Hause.
Alfred Wieland ist General
Manager eines der VorzeigeHotels der Mozartstadt: Dem
NH Hotel Salzburg City in der
Franz-Josef-Straße, ganz in der
Nähe des Mirabellgartens. Von
außen beeindruckendes Barockensemble, innen nicht minder
prächtig, aber in kontrastierend
schlicht-puristischer Optik.
Kurz: Ein fortschrittliches Unternehmen, das sich ebenfalls auf
das Modellprojekt WEG eingelassen hat.
Auf die Frage, warum man das WEG-Projekt
als Unternehmen begleitet hat, lacht Alfred
Wieland: „Weil mir das Thema wichtig ist.
Und: weil man uns nett gefragt hat.“ Aber
ganz so einfach war es natürlich nicht.
Viele Sondierungsgespräche gingen dem
eigentlichen Engagement voraus. Und
dann mit Engagement umgesetzt. Aber die
Führungsphilosophie des 43-jährigen ist
ohnehin ganz auf soziale Aspekte hin ausgerichtet. Daher fiel es Elisabeth Zeisberger
von der Salzburger Gebirtskrankenkasse
leicht, hier offene Türen einzurennen.
Kommunikation hat Priorität
Offene Türen ist übrigens auch ein Stichwort, das sich im Haus mit dem WEG-Projekt noch verbessert hatte. Zumal schon
zuvor Wieland ein Prinzip des Miteinanders
und der freien Kommunikation pflegte,
aber mit Fortlauf des Projektes sind einige
Problemsituationen dezidiert angesprochen
worden und dann beseitigt worden. „Die
Bewusstmachung war meist schon der
Auslöser für die Beseitigung eines Problemes.“ ist Alfred Wieland überzeugt. Zum
Beispiel die Dienstplangestaltung, die in den
Gesundheitszirkeln thematisiert wurde. Die
MitarbeiterInnen arbeiten den Dienstplan
nun selbst aus, was größere Flexibilität bedeutet, meist können jetzt auch persönliche
Wünsche berücksichtigt werden. Oder die
Anschaffung eines Minibar-Wagens, in dem
die Ausstattung für die Minibars in den Zimmern griffbereit geordnet ist. Zuvor wurde
dies mit Einkaufswagen erledigt, was nicht
nur unpraktisch sondern auch fehleranfällig war. Apropos Fehler: Als großen Erfolg
verbuchte Alfred Wieland im Zuge des
WEG-Projektes die professionelle Schulung
zum Thema Reklamationsmanagement, da
viele der meist jungen MitarbeiterInnen Schwierigkeiten hatten, mit
– manchmal auch unberechtigten –
Beanstandungen der Kunden richtig
umzugehen. Denn Alfred Wieland
wollte Nägel mit Köpfen machen.
Als in den Gesundheitszirkeln die
triste Situation in den Pausenräumen des
Personals zur Sprache kam, setzte man
sich zusammen und ließ sich eine neue,
freundlichere Gestaltung einfallen. Die Nicht-
raucher-Bedürfnisse wurden dabei natürlich
berücksichtigt. Da dies ohnehin mit dem
Umbau und der Restaurierung des Hauses
zusammenfiel, ging das in einem Aufwaschen. Trotzdem: 4.000 Euro für den Umbau
des Personalbereiches muss man trotzdem
erst bei der Konzernspitze argumentieren.
Was man getan hatte und schließlich auch
anstandslos akzeptiert wurde.
WEG: europaweit
Eine konzernübergreifende Änderung
setzten die engagierten Salzburger ebenfalls durch: Die Stoffwahl der Personal-Uniform wurde vor allem von den weiblichen
Mitarbeitern als zu
schwer empfunden
– schon bei geringer
körperlicher Tätigkeit fing man zu
schwitzen an. Also
kontaktierte man
abermals die Konzernleitung und bat darum, die Uniformen ändern zu lassen. Was
auch tatsächlich getan wurde. Und zwar
gleich europaweit. Die Uniformen sind nun
Eine der größten
Hürden betraf
aber Profanes:
Das liebe Geld.
aus einem leichteren, tragefreundlicheren
Material. Noch dazu wurde auch die Anregung aufgenommen, dass Mitarbeiterinnen
auch Hosen bei der täglichen Arbeit tragen
dürfen, was im Konzern, mit dem Hauptsitz
in Spanien, zuvor nicht möglich war. Ein
WEG-Effekt, der sich somit über Umwegen
auf ganz Europa hin auswirkte.
Punktgenaue Lösungen
Das WEG-Projekt selbst bewertet Alfred
Wieland für sein Haus rundheraus positiv.
„Aber“, so schränkt er gleichzeitig ein,
„man muss wissen, dass so ein Projekt
Extra-Time bedeutet. Und zwar sowohl für
Unternehmer als auch Mitarbeiter.“ Viele Seminare, Gesundheitszirkel und Befragungen
mussten absolviert werden, bis man auf
einen grünen Zweig gekommen ist.
„Das Schöne aber dabei ist, dass wir
wirklich punktgenaue Lösungen erarbeitet
haben. Genau das, wo das System bei uns
krankte, wurde therapiert, wenn man so
will“, findet der General Manager passende
Worte für Betriebliche Gesundheitsförderung. Interessant findet er dabei, dass alles
gerne angenommen wurde, was in der
Arbeitszeit passierte, aber Aktionen, die
zwar der persönlichen Gesundheit förderlich
waren, jedoch außerhalb der Arbeitszeit
hätten in Anspruch genommen werden
müssen, wurden eher vernachlässigt.
Die Rückenschule zum Beispiel. Ein
Phänomen, das ja auch Philipp Kern vom
Bauunternehmen Kern verwunderte. Die
optimierte Motivation der MitarbeiterInnen
müsste also eines der Hauptthemen für
zukünftige Projekte sein, so die einhellige
Meinung. Profitiert hat das Haus sicher vom
Enthusiasmus des Projektleiters Johannes
Lammer, der sich unermüdlich für die Gesundheit im Betreib einsetzte. Etwas wofür
ihm Alfred Wieland sehr dankbar ist. „Denn
ohne persönlichen Einsatz könnten niemals
so gute Resultate erzielt werden.“
10
Interview
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Hans H. Hinterhuber
Vorstand des Instituts für Unternehmensführung,
Tourismus und Dienstleistungswirtschaft der Universität Innsbruck
Sie schreiben, Leadership darf man
nicht mit Management verwechseln.
Was sind die Unterschiede?
Leadership bedeutet einmal, Möglichkeiten erkennen, die andere nicht gesehen
haben und diese nutzbringend umsetzen,
zum anderen, Menschen inspirieren und
in die Lage versetzen, sich engagiert für
gemeinsame Ziele und Aufgaben einzusetzen.
Management ist mehr das kreative Lösen
von Problemen oder das Optimieren von
etwas, was bereits steht. Im Ergebnis
heißt das: Leadership schafft und erhält
Arbeitsplätze, Management vernichtet
Arbeitsplätze.
Unternehmer brauchen je nach Situation
beides. Das schöne deutsche Wort „Führung“ meint Leadership und Management.
Wo findet man mehr Leader? In großen
Betrieben oder eher bei KMUs?
Die Frage ist schwer zu beantworten.
Jede Organisation braucht beides.
„Warum geht es manchen Unternehmen
gut und anderen schlecht?“ Auf diese
Fragen geben wir Unternehmer, die in
schwierigen Zeiten erfolgreich sind, gleich
die Antwort: „Gute Führung – schlechte
Führung“. Große Unternehmen brauchen
allein aufgrund ihrer Größe mehr Leader,
in KMUs müssen der Unternehmer und
seine besten Mitarbeiter Leader sein.
Eines Ihrer Leitthemen zum Begriff
Leadership lautet ja: Führung heißt sich
für Menschen interessieren. Wie weit
soll und darf dieses Interesse gehen?
Führen heißt, so meine ich, Menschen
mögen und sich für sie interessieren. Es
geht nach meiner Erfahrung darum, Menschen zu entwickeln, ihnen zu helfen, ihr
höchstes Leistungspotenzial zu erreichen
und vielleicht etwas höher zu streben, als
sie selbst für möglich halten. Wir sind als
Führende umso erfolgreicher, je bessere
und klügere Mitarbeiter wir haben. Einen
Führenden erkennt man, welche Mitarbeiter er ausgesucht hat und wie er mit ihnen
umgeht.
Welche Eckpunkte wären für Sie im
Sinne eines „gesunden Führungsstiles“
wichtig?
Als Eckpunkte eines guten Führungsstiles würde ich sehen: Glaubwürdigkeit,
d. h. die Werte leben, die man predigt,
Professionalität, Integrität, Beziehungen,
die auf Vertrauen und Offenheit beruhen,
persönlicher, direkter Umgang mit den
Mitarbeitern, Bescheidenheit, Respekt vor
dem Anderen. Im Grunde: Anstand und
Charakter.
Wie ließe sich das in Klein- und Mittelbetrieben realisieren?
In dem der Unternehmer einmal mit gutem
Beispiel vorangeht, dann eine Richtung
vorgibt, die Sinn macht und schließlich
alle Mitarbeiter in Bewegung setzt, dem
Kunden einen Mehrwert zu bieten. Jeder
im Unternehmen muss wissen, dass sein
Gehalt nicht vom Unternehmer, sondern
vom Kunden bezahlt wird. Erfolgreiche
Unternehmer haben nicht den Gewinn als
Ziel, sondern den Nutzen für den Kunden
und das Wohlergehen und den Einsatz
der Mitarbeiter. Der Gewinn ist kein Ziel,
sondern das Ergebnis von Qualität und
Kundenbeziehungen sowie von Engagement der Mitarbeiter.
11
Der Spaß an
der Gesundheit
Das Freizeitzentrum Schwarzlsee bei Graz ist die erste Adresse
des steirischen Ballungsraumes wenn es um erfrischenden Spaß
geht. Ein Unternehmen, das mit den diversen Sportangeboten wie
geschaffen für das WEG-Modellprojekt war. Ingrid Pichler hat uns
als Projektverantwortliche über ihre Erfahrungen informiert.
12
In einem Unternehmen, bei dem Sport
& Fun großgeschrieben wird, sollte man
annehmen, dass auch die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter eine überdurchschnittlich hohe Affinität zu gesunden Projekten
haben. Doch stellte sich heraus, dass hier
eher die Gesetzmäßigkeiten der Gastronomie zu tragen kamen, wie sie auch Alfred
Wieland von den nh Hotels beschrieb.
Saisonbedingter Stress, atypische Arbeitszeiten und immer dort zu arbeiten, wo
andere ihre Freizeit verbringen, lassen viele
manchmal weniger an die eigene Gesundheit denken. Im Gegenteil: eine Raucher­
quote von über 50 % zu Beginn des
Projektes spricht eine beredte Sprache.
Auch das Freizeitzentrum Schwarzlsee
stieg in das WEG-Projekt nicht gänzlich
unvorbereitet ein: „Wir haben schon zuvor
interne Gespräche geführt, dass wir in
Richtung Betriebliche Gesundheitsförderung gehen wollen. Und als wir dann die
Einladung zum WEG-Projekt bekamen,
stand eigentlich der Entschluss schon fest,
dass wir teilnehmen werden.“, schildert
Ingrid Pichler die Initialzündung. „Uns war
schon vorher bewusst, dass Betriebliche
Gesundheitsförderung für uns nur positiv
sein kann.“
Während des Projektes wurde vorrangig
in vier unterschiedlichen Richtungen hin
gearbeitet:
1) Gesundheitsverhalten: Ernährungs-,
Rauchverhalten, Alkoholkonsum, sportliche
Tätigkeiten.
2) Arbeitszufriedenheit: Gesamtheit der
Arbeit, Verantwortung und Mitsprache im
Betrieb, Weiterbildungsmöglichkeiten.
3) Betriebsklima: Vorgesetztenverhalten,
Umgang mit den Arbeitskollegen.
4) Gesundheitsbelastung z.B. durch Einwirkung von Lärm, Temperatur u.ä.
Nach eingehender Analyse
wurden die unterschiedlichsten
Maßnahmen gestartet. Einerseits
rein gesundheitsbezogene
Aktivitäten wie
ambulante Raucherentwöhnung, Grippeund Zeckenschutzimpfungen, Ausgleichsübungen am Arbeitsplatz, Nordic Walkingbzw. Laufggruppen u.a. Verbesserung des
Betriebsklimas wurde durch Aktivitäten
angestrebt wie Konfliktmanagement,
Stress-Seminar, Golf-Schnupperkurs, gemeinsames Eis laufen, Teilnahme beim
24 Stunden Kart-Race, Gummibootrallye
oder Rodeln. Aber auch vor baulichen Adaptierungen machte man nicht halt. Denn
wenn schon, denn schon. Also wurden
Nichtraucherzonen eingerichtet, in der
Eishalle wurde die Lichtsituation verbessert, eine effizientere Lagersituation wurde
geschaffen oder ganz
einfach neue Fensterdichtungen wurden angeschafft, um die Zugluft
zustoppen. So wurden
wöchentliche Meetings
mit allen Abteilungsleitern installiert, wo z.B.
Veranstaltungsabläufe
oder saisonbedingte
Änderungen besprochen
und fixiert werden. Die
aktualisierten Informationen werden von den
Abteilungsleitern an die
jeweiligen MitarbeiterInnen weitergegeben.
Außerdem werden
Themen der einzelnen Abteilungen durch
das gemeinsame Diskutieren transparenter
und es entsteht ein besseres Verständnis
untereinander.
Man sieht schon,
das Projektteam
vom Freizeitzentrum
Schwarzlsee scheut
sich nicht heiße Eisen
anzufassen. Kein
Wunder also, dass
trotz Beendigung des
WEG-Projektes die
Gesundheit weiterhin einen hohen Stellenwert im Betrieb besitzt. „Durch das Projekt
WEG wurde das Gesundheitsbewusstsein
bei den KollegInnen sichtlich verstärkt.“, ist
Ingrid Pichler stolz auf die gemeinsamen
Ein wesentliches Thema,
das im Seminar Konfliktmanagement immer
wieder zur Sprache kam,
war der innerbetriebliche
Informationsfluss.
Erfolge. „Es wird sehr häufig über gesundheitliche Themen diskutiert, Erfahrungen
ausgetauscht aber auch Eigeninitiativen
gestartet. Und die relativ hohen Teilnahmezahlen an den Aktivitäten bestätigen die
Identifizierung mit der Thematik.“
Die Palette der weiterführenden Schwarzlsee-Gesundheitsprojekte ist vielfältig: Professionelle Fitness-Tests, weiters die bereits
vierte Teilnahme am Business-Marathon,
KabarettAbende,
eine Betriebs­
olympiade
und vieles
mehr waren
die Highlights
der letzten
Zeit. Kürzlich ist das
knapp 60
MitarbeiterInnen starke
Unternehmen
in das Projekt
Health@KMU
eingestiegen,
das extern
unterstützt wird.
Gesundheit ist also ein Thema, das hier
immer mehr an Gewicht fand. Etwas,
worauf nicht nur das Projektteam Schwarzlsee stolz sein kann, sondern das gesamte
WEG-Team.
Abschließend beantwortet Ingrid Pichler die
Frage, wem man denn nun Betriebliche Gesundheitsförderung besonders empfehlen
kann, mit einem Satz, den man manchem
Unternehmer genau so ins Stammbuch
schreiben möchte: „Sind UnternehmerInnen
bestrebt, MitarbeiterInnen längerfristig
zu beschäftigen, sollten sie auch interessiert sein, für allgemeines Wohlbefinden
ihrer MitarbeiterInnen durch Betriebliche
Gesundheitsförderung zu sorgen.“ Dem ist
nun wirklich nichts mehr hinzufügen. |
„Zu Projektbeginn war
generell eine gewisse
Skepsis zu beobachten.
Das hat sich allerdings
im Laufe der Zeit geändert. So kommen heute
regelmäßig KollegInnen
und fragen nach, was wir
als Nächstes machen.
Oder sie bringen überhaupt von sich aus neue
Ideen ein.“
13
WEG – Wirtschaftlicher
Erfolgsfaktor Gesundheit
Ein Modellprojekt zur Betrieblichen Gesundheitsförderung
in österreichischen Klein- und
Mittelbetrieben (old economy).
In Österreich konnte sich das Konzept der betrieblichen Gesundheitsförder­
ung in den letzten Jahren als wichtiger Beitrag zur Entwicklung „gesunder“
Unternehmen etablieren. Der Fonds Gesundes Österreich hat daher einen
Schwerpunkt im Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung in Kleinund Mittelbetrieben gesetzt. Das Modellprojekt wird in den Bundesländern
Oberösterreich, Salzburg und Steiermark umgesetzt. Das umfassende Gesamtpaket ist bei der österreichischen Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung, c/o OÖGKK, Martina Grurl-Blutsch, Gruberstr. 77, 4021 Linz,
Tel.: 0732-7807-2851, [email protected] erhältlich.
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Der WEG rechnet sich.
Aus Sicht der Evaluation kann das WEG-Projekt zusammenfassend als ein sehr interessantes und erfolgreiches, vor allem aber sehr
lehrreiches Projekt beschrieben werden.
Diese Einschätzung lässt sich folgendermaßen begründen:
_ Das Projekt konnte sich auf ein ausgezeichnetes Projektmanagement stützen,
was zuallererst in der Einhaltung aller
Zeit- und Kostenpläne zum Ausdruck
kommt. Sowohl im Projektnetzwerk als
auch in den einzelnen Betrieben wurde ein
sehr positives und der Sache verpflichtetes
Klima aufgebaut und erhalten, so dass alle
Betriebe über die lange Projektdauer von
drei Jahren motiviert mitgearbeitet haben.
_ Die einzelnen Betriebe haben viele kleinere
und größere Projekte erdacht, geplant
und umgesetzt, die überwiegend erfolgreich waren und für die MitarbeiterInnen
zu Verbesserungen geführt haben. Diese
Verbesserungen betreffen vor allem:
_ den Bereich der Lebensstile (z.B. Rauchen,
Alkoholkonsum, Bewegung etc.), wo sehr
viel erreicht werden konnte;
_ den Bereich der Arbeitsabläufe bzw. der
Arbeitsorganisation, wo Verbesserungen
mit einer Reduktion des arbeitsbedingten
Stress verbunden waren;
_ das Betriebsklima, das eindeutig verbessert werden konnte, und
_ das Verhältnis der MitarbeiterInnen zu
den Vorgesetzten bzw. das Verhalten der
Führungskräfte.
_ Schließlich standen in der Abschlussbefragung zwei Drittel aller MitarbeiterInnen
– also auch jener, die von dem Projekt
vielleicht nur wenig mitbekommen haben
– dem Projekt eindeutig positiv gegenüber, anerkannten seine Leistungen und
empfahlen es auch anderen vergleichbaren
Betrieben zur Durchführung. Bei jenen,
die in das Projekt mehr oder weniger stark
involviert waren, war die positive Gesamtbewertung noch wesentlich höher.
Auf der anderen Seite muss man aber auch
ein irritierendes Ergebnis der Abschlussbefragung zur Kenntnis nehmen: das Vertrauen
der Beschäftigten in die Führung hat leicht,
aber signifikant, also bedeutsam abgenommen. Dieses Ergebnis blieb in den weiteren
Analysen singulär, in denen keine Indizien
dafür gefunden werden konnten, dass die
Führungen durch eine Verschlechterung
ihres tatsächlichen Verhaltens einen solchen
Vertrauensverlust bewirkt hätten. Im Gegenteil: durch die vom Projekt angeregte bessere
Planung, durch das Mehr an Kommunikation
und persönlichen Kontakten wurde das Führungsverhalten über alle Betriebe gesehen
sogar verbessert.
Die Evaluation hat daher ausführlich argumentiert, dass dieser Vertrauensverlust
darauf zurückzuführen ist, dass die Erwartungshaltungen
der MitarbeiterInnen
an die Führung
gestiegen sind und
dass dieser Anstieg
vom Projekt selber
ausgelöst worden war. Die Führungen haben
durch die Verbesserung ihres Verhaltens
einen neuen Standard gesetzt, an dem sie in
der Abschlussbefragung gemessen wurden.
Im Kern geht das leicht gesunkene Vertrauen in Führungen also auf etwas durchaus
Positives zurück, nämlich darauf, dass die
MitarbeiterInnen gelernt haben, Führungsverhalten an höheren Standards und vielleicht
auch kritischer zu messen. Da sich dieses
„Rad“ nicht zurückdrehen lässt, bleibt den
Führungen nichts anderes übrig, als darin
einen Ansporn zu sehen, kontinuierlich an
Verbesserungen weiter zu arbeiten.
Dass dies im WEG-Projekt selbst noch nicht
zu aller Zufriedenheit und mit zunehmender
Projektdauer tendenziell immer weniger
gelungen ist als zu Beginn, dürfte mehrere
Gründe haben:
_ Das ist zunächst die Projektdauer selbst:
solange das Projekt zu Beginn Energien
freisetzen konnte, war vieles möglich, was
in den Routinen des Alltags schwer fällt.
Beim Übergang vom Projekt zum Alltag
sind möglicherweise Reibungsverluste
erfolgt.
_ Das WEG-Projekt hat insgesamt hohe
Standards gesetzt und solche auch in die
Betriebe importiert. Dieser Unterschied
zwischen Projekt und Alltag hat bei den
Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vielleicht
erstmals einen kritischen Blick auf die
etablierte Management-Kultur ermöglicht
und Kritik bzw. Unbehagen erzeugt. Hier
scheinen KMUs große Entwicklungsmöglichkeiten zu haben.
_ Darüber hinaus ist der Bericht der Geschäftsführer ernst zu nehmen, wonach
während des
Projektes in den
letzten drei Jahren
auch der ökonomische Druck auf
die Betriebe noch
stärker geworden
ist, was zu zusätzlichen Belastungen bei den Mitarbeitern
und Mitarbeiterinnen geführt hat.
Die Mehrheit der Betriebe
möchte die gesetzten
Maßnahmen und Aktivitäten nachhaltig sichern
und weiterführen.
Ein Wort zur Nachhaltigkeit des Projektes:
Dies soll vor allem dadurch geschehen, dass
man weiter auf Gesundheitszirkel setzt, die
sich aus Sicht der Projektkoordinatorinnen/koordinatoren in glänzender Manier bewährt
haben. Insgesamt scheinen alle WEG-Betriebe äußerst motiviert zu sein, das Ziel der
Mitarbeiter/innengesundheit weiter zu tragen. |
Mag. Dr. Wolfgang Dür
Ludwig Boltzmann Institute for the Sociology
of Health and Medicine, Institute of Sociology,
University of Vienna, Rooseveltplatz 2;
A-1090 Vienna, AUSTRIA, T +431 4277 48284,
F +431 4277 48290, E [email protected],
I www.univie.ac.at/lbimgs
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Auftraggeber Fonds Gesundes Österreich, Geschäftsführung: Dennis Beck, Gesundheitsreferent: Dr. Klaus Ropin
Mariahilferstr. 176, 1150 Wien, www.fgoe.org
Auftragnehmer Österreichische Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung, C/o Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Dr.Dr. Oskar Meggeneder/ Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Elfriede Kiesewetter / Österreichische Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung, Gruberstr. 77, 4021 Linz, www.netzwerk-bgf.at
Projektsteuerungsgruppe
Dr. Klaus Ropin / Fonds Gesundes Österreich, Dr. Harald Seiss / Salzburger Gebietskrankenkasse, Dr. Erhard
Prugger / Wirtschaftskammer Oberösterreich, Mag. Harald Schneeberger / Arbeiterkammer Steiermark,
Dr. Wolfgang Dür / Ludwig Boltzmanninstitut für Medizin- und Gesundheitssoziologie, DDr. Oskar Meggeneder /
Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Elfriede Kiesewetter / Österreichische Kontaktstelle für Betriebliche
Gesundheitsförderung, Dr. Christian Scharinger Projektleitung
Dr. Christian Scharinger, Schmidtfeld 1, 4152 Sarleinsbach, www.christian-scharinger.at
Bundesländerkoordination
Mag. Beate Atzler / Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, www.vaeb.at, Elisabeth Zeisberger /
Salzburger Gebietskrankenkasse, www.sgkk.at, Dr. Christian Scharinger, www.christian-scharinger.at
Projektlaufzeit
November 2002 – März 2006
Projektbudget
400.000 Euro Projektevaluation
Ludwig Boltzmann-Institut für Medizin- und Gesundheitssoziologie am Institut für Soziologie der Universität
Wien, Dr. Wolfgang Dür, Dr. Kristina Fürth, Rooseveltplatz 2, 1090 Wien, www.univie.ac.at/lbimgs
Projekthandbuch
WEG- Wirtschaftlicher Erfolgsfaktor Gesundheit
Projektinformationen und Projektunterlagen
www.netzwerk-bgf.at, Projektsekretariat: Österreichische Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung,
C/o OÖGKK, Martina Grurl-Blutsch, Gruberstr. 77, 4021 Linz, 0732-7807-2851, [email protected]
Modellunternehmen
B. Kern Baugesellschaft mbH
Haus Hofgastein
Schwarzl Freizeit und Veranstaltungszentrum
Geschäftsführung: Ing. Phillip Kern,
Geschäftsführung: Egon Tscherner,
Geschäftsführung: Gerald Donnerer,
Interne Projektleitung: Erwin Tober,
Interne Projektleitung: Manuela Gracher,
Interne Projektleitung: Ingrid Pichler,
4273 Unterweissenbach, www.kern.at
5630 Bad Hofgastein,
8141 Unterpremstätten, www.sfz.at
www.metaller.at/urlaub/hofgastein.html
Blineder Baugesellschaft mbH
Trattnerhof
Geschäftsführung: Ing. Peter Blineder, MAS,
NH Hotel Salzburg
Geschäftsführung: Maximilian Trattner,
Interne Projektleitung: Erwin Penkner,
Geschäftsführung: Alfred Wieland,
Interne Projektleitung: Rosemarie Glettler,
4210 Gallneukirchen, www.baumeister.at
Interne Projektleitung: Johannes Lammer,
Alexandra Glettler,
5020 Salzburg, www.nh-hotels.com
8102 Semriach, www.trattnerhof.at
Drugowitsch Bau GmbH
Geschäftsführung: Werner Berger,
Reicher Bau GmbH Nfg. KG
Wolfram Bergbau- und Hütten GmbH NfG. KG
Interne Projektleitung: Gerald Knopf,
Geschäftsführung: Ing. Rudolf Reicher,
Aufbereitung,
4600 Wels, www.drugowitsch.at
Interne Projektleitung: Maria Kamper,
Geschäftsführung: DI Wolfram Bernhart,
8041 Graz, www.reicher-bau.at
Interne Projektleitung: DI Alexander Mosser,
Hotel Freunde der Natur
Geschäftsführung: Ägidius Exenberger,
Schotterwerk Gradenberg
Bergbau,
Interne Projektleitung: Helga Exenberger,
Geschäftsführung: DI Günther Pachatz,
Geschäftsführung: DI Dr. Peter Walser,
4582 Spital am Pyhrn,
Interne Projektleitung: Dietmar Seidler,
Interne Projektleitung: DI Felix Gaul,
www.oberoesterreich.at/hotel.freunde.der.natur
8580 Köflach, www.schotter-betonwerk-schwarzl.at
5730 Mittersill, www.wolfram.at