Lübeck Eichholz Reportage

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Lübeck Eichholz Reportage
Grundschule Eichholz
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E-Mail:
Grundschule
Franz-Josef Scholz
Bohlkamp 25
23564 Lübeck
0451 - 6097060
0451 - 60970620
[email protected]
www.grundschule-eichholz.de
„Eine Grundschule als Lebens- und
Lernort“
Die Integration aller Kinder aus den
unterschiedlichsten Familien ist das
oberste Ziel des Ganztagsangebotes
an der Grundschule Eichholz
Eine Reportage von Ulrike Maris
Links neben der Essensausgabe, in der
zwei Mitarbeiterinnen das frisch angelieferte Essen an die Kinder verteilen,
hängt ein großes Plakat: „Jedes Kind
probiert das Essen“ ist darauf in bunter
Handschrift zu lesen und: „Jedes Kind
bestimmt selbst, wie viel es essen will“.
starteten Modellprojekt ‚Schule als Lebensund Lernort’, das auf einer Vereinbarung
zwischen dem Land Schleswig-Holstein, der
Stadt Lübeck als Schulträger sowie der Schule selbst und der gGmbH KinderWege als
Trägerin der Offenen Ganztagsschule basiert,
soll weiter Gestalt annehmen.
„Die Rhythmisierung von Vormittags- und
Nachmittagsbereich, zu dem das Mittagessen,
die Hausaufgabenbetreuung und die Kursangebote gehören, kann noch verbessert werden“, meint Scholz. Das ist eine Aufgabe der
Kerngruppe, die sich aus Vertretern aller
beteiligten Institutionen zusammensetzt.
Die Rhythmisierung bedeutet, dass die einzelnen Phasen ineinander greifen, so dass
alle Schüler stets versorgt sind, auch wenn
der Unterricht zu unterschiedlichen Zeiten
endet. Die Erst- und Zweitklässler beginnen
das Mittagessen nach dem Schulunterricht
um 12 Uhr, danach können sie auf dem neu
gestalteten Schulhof spielen, bevor sie um 13
Uhr mit den Hausaufgaben beginnen, bei
denen sie von KinderWege-Mitarbeiterinnen
betreut werden. Die Dritt- und Viertklässler
haben länger Unterricht und bekommen ihr
Mittagessen um 13 Uhr, an einem Tag in der
Woche mit sechs Schulstunden sogar noch
später.
Doch nicht nur die verschiedenen Unterrichtszeiten, sondern auch die vielen
verschiedenen Partner des Modellprojekts ‚Schule als Lebens- und Lernort’
müssen koordiniert werden.
Sie gehören zur Entstehungsgeschichte der
Offenen Ganztagsschule in Eichholz und haben das Modellprojekt erst ermöglicht.
Es gibt Kartoffeln und Fisch, dazu einen grünen Salat. Jedes der etwa 30 Kinder holt sich
seinen gefüllten Teller an der Theke ab und
setzt sich an einen der Tische, auf dem bereits Wasserflaschen und Trinkgläser stehen.
Es ist sehr laut, trotzdem fangen die Kinder
gemeinsam an zu essen. Darauf achtet Annika Niesner, die seit September 2007 als Sozialpädagogin an der Grundschule Eichholz
arbeitet.
Das gemeinsame Mittagessen gehört an
der Grundschule Eichholz in Lübeck zu
den wichtigsten Ritualen am Tag
– auch für den Schulleiter Franz-Josef Scholz,
zumindest donnerstags. Es ist der Wochentag, an dem er zusammen mit den Schülern
in der im Jahr 2005 neu gebauten Mensa sein
Mittagessen einnimmt. Dies gibt ihm eine
zusätzliche Möglichkeit, sich mit den Schülern
zu unterhalten. „Den Kindern ist das auch
sehr wichtig, jedes möchte gern, dass ich an
seinem am Tisch sitze“, sagt er. Trotzdem
sitzt er heute an einem eigenen Tisch. Er will
die Gelegenheit nutzen, mit Annika Niesner
die Möglichkeiten der Verzahnung des Schulunterrichts mit der Nachmittagsbetreuung zu
besprechen. Das im Schuljahr 2007/08 ge-
Annika Niesner
„Vor sieben Jahren haben wir zehn Schüler
als so genannte Lernhilfegruppe mit dem Taxi
in das benachbarte Jugendfreizeitheim gebracht“, erinnert sich Scholz. Das war irgendwann zu teuer. „Über viele Zwischenstationen kam es im Jahr 2003 zur Gründung
der Offenen Ganztagsschule und 2005 dank
IZBB-Mittel zu einem Neubau. 2007 wurde
einer von zwei Horten im Stadtteil auf Beschluss der Bürgerschaft und der zuständigen
Verwaltung aufgelöst und es entstand das
Modellprojekt“, sagt der Schulleiter, der seit
neun Jahren in Eichholz aktiv ist. Die frei
gewordenen Hortmittel, weitere Gelder aus
dem Jugendhilfeetat und der Jugendarbeit,
Mittel für die Betreute Grundschule und auch
Gelder für den Offenen Ganztag werden
erstmals in der Hansestadt für dieses Projekt
in einem Topf gebündelt. Daraus konnte ein
integratives Projekt gestaltet werden.
nahe Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern
schränkt das natürliche Einzugsgebiet der
Schule zudem ein. Inzwischen melden jedoch
auch Eltern aus anderen Stadtteilen ihr Kind
in Eichholz an. „Es wäre schön, wenn wir
zweizügig bleiben könnten“, sagt der Schulleiter.
Aus der ‚Eichholzer Runde’, in der sich
mehrere ortsansässige Einrichtungen
und Einzelpersonen zusammengeschlossen haben, entstand dann das Stadtteilprojekt ‚Eichholz aktiv’, das die Nachmittagsangebote für die Schüler dieser, der
drei
Kilometer
entfernten
AnnaSiemsen-Schule
sowie
der
KeplerRealschule bestreitet.
Larissa Golubev ist eine der Erzieherinnen
und betreut die Zweitklässler im Gruppenraum bei ihren Hausaufgaben. Heute beschäftigt sie sich mit Patricia, die den Anfang
einer Geschichte weitererzählen soll. Auch
Marcel, Ilja und Gara versuchen sich zu konzentrieren. Im Gruppenraum gibt es genau
wie in der Küche ein großes Plakat mit Regeln. Sie lauten: ‚Ich lasse die anderen ausreden und höre zu’ oder ‚Ich nenne jedes
Kind bei seinem Vornamen’.
Schulleiter Franz-Josef Scholz
Erzieherin Larissa Golubev hilft SchülerInnen der
Grundschule Eichholz bei den Hausaufgaben
Im Schuleinzugsgebiet der Grundschule Eichholz beträgt der Ausländer- bzw. Aussiedleranteil 35 Prozent. Polen, Türken, Kurden und
Afrikaner sind die zahlenmäßig am stärksten
vertretenen Nationalitäten. „Die Kinder mit
besonders hohem Unterstützungsbedarf sind
nicht unbedingt die Migrantenkinder“, sagt
Franz-Josef Scholz.
„Eines unserer wichtigsten Anliegen ist
es, Sonderschulbedürftigkeit zu vermeiden und lernschwache sowie sozial benachteiligte Kinder zu integrieren. Lernstarke Kinder sollen durch attraktive
Angebote ebenfalls einen Platz finden.
Wir behandeln alle Kinder gleich, egal
aus welchem Land sie kommen.“
Vor allem deutschen Eltern schien das eine
Zeit lang nicht ganz geheuer sein – so sank
die Zahl der Schulneuanmeldungen leicht,
seit Kinder nicht mehr zwangsläufig an ihrem
Wohnort eingeschult werden müssen. Die
64 Kinder bekommen zurzeit eine so genannte Rundumbetreuung: Sie bleiben montags
bis freitags von 8 bis 16 Uhr an der Schule.
An den Nachmittagskursen nehmen 51 weitere Schüler teil. Die Grundschule selbst hat
zurzeit 162 Kinder, die von dreizehn Lehrern
unterrichtet werden. Zwei Sonderschullehrer
unterstützen die Grundschullehrerinnen in
den Fächern Mathematik und Deutsch. „Einige Eltern müssen wir richtiggehend dazu
überreden, ihre Kinder nachmittags bei uns
zu lassen“, sagt Scholz.
Ziel ist die ‚ganzheitliche Schulkindbetreuung’, bei der auch die Jugendarbeit und Kinderhorte einbezogen werden.
An der Grundschule Eichholz lernen Kinder vieler
unterschiedlicher Nationalitäten zusammen
Für den Rektor hat dieses Projekt auch einen
finanziellen Vorteil: Fördergelder für verschiedene Einrichtungen fließen in einen
Fonds zusammen, mit dessen Hilfe Kindern
aus sozial schwachen Familien der Besuch der
Offenen Ganztagsschule ermöglicht werden
soll. Monatlich 5 Euro kostet die Ganztagsbetreuung, 40 Euro kommen für das Mittagessen hinzu. Scholz sagt: „Dafür die Kosten
aufzubringen ist ein großes Problem und bedarf einer dringenden Klärung durch die Politik.“
Zu den Kooperationspartnern des Offenen
Ganztags gehören neben der Jugendarbeit
auch der Sportverein, der Tanzclub, ein Computerdienst, die Arbeiterwohlfahrt und viele
weiteren Einrichtungen in Lübeck-Eichholz.
So stehen den Kindern Computerkurse offen,
sie können Tanz-, Selbstbehauptungs- oder
Kunstkurse besuchen, außerdem gibt es zwei
Jungen- und eine Mädchengruppe sowie
Sprach- und Rechtschreibeförderung.
„Das Freizeitangebot für den Nachmittag
ist relativ gesättigt“
, sagt Franz-Josef Scholz und freut sich auf
das Fußballspielen mit den Schülerinnen und
Schülern am Donnerstagnachmittag in der
Turnhalle.
Fotos: Ulrike Maris