Filmmuseum Berlin erwirbt den Nachlass von Hildegard Knef

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Filmmuseum Berlin erwirbt den Nachlass von Hildegard Knef
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Filmmuseum Berlin erwirbt den Nachlass
von Hildegard Knef
Sie hieß "Die Knef", aber viele nannten sie einfach "Hilde".
Anders als Marlene Dietrich ist Hildegard Knef kein Mythos, kein großes Rätsel, sondern ein
Star mit Bodenhaftung, eine Persönlichkeit, an deren Schicksal die Öffentlichkeit Anteil nehmen
konnte und sich wieder erkannte.
In ihrem Lebenslauf spiegelt sich deutsche und in
ganz besonderem Maße Berliner Geschichte. "So
wie Hildegard Knef das Leben gemeistert hat, so
wie sie Leid und Schmerz ertragen hat, so
wünschen wir uns selbst zu sein. In ihr fanden sich
die Berlinerinnen und Berliner wieder." (Der
Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit bei der
Trauerfeier in der Gedächtniskirche) Hildegard
Knefs Karriere war nicht das Ergebnis eines
wohlkalkulierten Lebensentwurfs oder einer von
Medienberatern und Agenten sorgfältig inszenierten
Öffentlichkeitsarbeit. Ihre Erfolge waren ihr eigenes
Werk, geboren aus Begeisterung, Leidenschaft für
den Beruf, Durchsetzungskraft, Ausdauer und
Intelligenz. "Mein Leben ist eine Achterbahn"
äußerte sie einmal und skizzierte damit auch, dass
alles, was ihr widerfuhr, in großem Stil und
rasantem Tempo stattfand. Geboren 1925 in Ulm,
beginnt die Knef als Theaterschauspielerin in
Boleslaw Barlogs legendärem Schlosspark-Theater
in Berlin-Steglitz, sie ist der erste Star des deutschen Nachkriegs-Films in Wolfgang Staudtes
"Die Mörder sind unter uns" (1946) und die erste deutsche Schauspielerin, die nach dem
Zweiten Weltkrieg von Hollywood engagiert wird. "Die Sünderin" (1950) wird wegen einer
kurzen Nacktszene zu einem Skandal in der sittenstrengen Bundesrepublik. Von 1951 bis 1954
dreht Hildegard Knef in Deutschland, Amerika und Großbritannien zwölf Filme u. a. mit James
Mason, Erich von Stroheim, Gregory Peck, Hans Albers und Oskar Werner. Von 1954 bis 1955
ist sie in dem Musical "Ninotschka" die Sensation am Broadway. Der deutsche Film hat für diese
Frau von "packender, unsentimentaler Sachlichkeit" keine Rollen. In den sechziger Jahren
beginnt Hildegard Knef eine zweite, überaus erfolgreiche Karriere als Chansonsängerin und
Diseuse. 1970 veröffentlicht sie ihre Memoiren "Der geschenkte Gaul" - eine Autobiographie
"ohne Schummeln und Faxen" (Friedrich Luft). 1987 tritt sie nach langer Zeit wieder in Berlin
auf. Unter Helmut Baumanns Regie spielt sie im Theater des Westens die Pensionswirtin
Schneider in dem Musical "Cabaret". Zwei Jahre darauf kehrt sie mit ihrem dritten Mann, Paul
von Schell, endgültig nach Berlin zurück. "Berlin", so sagt sie damals, "ist Schicksal. Schließlich
ist man immer dort, auch wenn man woanders ist." In Berlin stirbt Hildegard Knef am 1.
Februar 2002. Mit Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie und der "Freunde und
Förderer des Filmmuseums Berlin" hat das Filmmuseum Berlin für 250.000 € den Nachlass der
Schauspielerin erworben. Dieses Geld soll z. T. der "Hildegard-Knef-Stiftung für Lungenkranke"
zugute kommen. Im Nachlass befinden sich neben einer Sammlung von Schuhen und Hüten
rund 25 Kleider und Auftrittsensembles aus ihren Shows und Filmen. Mehr als fünfzig
Fotoalben, Bände mit Kritiken, zahlreiche Preise und Ehrenurkunden dokumentieren den
Verlauf ihrer beruflichen Karriere. Aus ihrem privaten Leben sind vor allem die Zeugnisse aus
ihrer frühen Berliner Zeit (Schulzeugnisse und Fotos von der Ufa-Schauspielschule) interessant.
Ebenfalls zum Nachlass gehören Gemälde von Hildegard Knef, darunter ein Porträt ihrer Mutter.
Die Korrespondenz enthält Briefe u a. von Willy Brandt, Henry Miller, Noël Coward, Marlene
Dietrich, Erich Maria Remarque, Tyrone Power und vielen anderen Prominenten, aber auch
private Feldpostbriefe eines Freundes aus den vierziger Jahren. Ebenso erworben wurde das
komplette Originalmanuskript von "Der geschenkte Gaul" sowie die persönliche
Plattensammlung Hildegard Knefs.Eine Ausstellung mit einer Auswahl ihres Nachlasses ist zum
Jahresende 2004 im Filmmuseum Berlin geplant.
AsKI KULTURBERICHTE 1/2003