Stocking Fillers: Ein halbes Dutzend Weihnachts

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Stocking Fillers: Ein halbes Dutzend Weihnachts
Stocking Fillers:
Ein halbes Dutzend Weihnachts-Geschenktipps
‘Stocking Fillers’ nennt man sie gerne – kleine Geschenke, die (eventuell) in den am
Kaminsims aufgehängten Strumpf passen, in den Santa seine Gaben stopft. Zugegeben,
man müsste schon auf sehr großem Fuß leben, damit z.B. ein Fotoband in den Strumpf
passt. Also nicht allzu wörtlich nehmen – und bitte keine Ersatzansprüche an das irland
journal, sollte ein Strumpf in der Weihnachtsnacht ruiniert werden.
(1) ‘Where I Come From’ – Christy
Moores Retrospektive
Im Anflug auf seinen 70. Geburtstag
(2015) hat Christy Moore, die Ikone der
irischen Folksänger und Singer/Songwriter,
diesen Herbst ein 3-CD-Album mit Liedern
vorgelegt, die über die letzten Jahrzehnte
sein Repertoire bestimmt haben – der
perfekte Überblick über sein Schaffen:
Lieder von anderen Songschreibern, die er
sein Eigen gemacht hat und eine Vielzahl
moderner Klassiker aus seiner eigenen
Feder, von ‘Lisdoonvarna’ bis ‘Joxer goes
to Stuttgart’.
Die meisten der Songs sind neu aufgenommen, dazu einige bisher unveröffentlichte LiveAufnahmen: alte Favourites und auch zwei neue Lieder – insgesamt 43 Tracks für Christy
Moore-Fans und eine tolle Einführung für alle, die ihn noch zu entdecken haben.
Christy Moore, Where I Come From, (3-CD-Box), Columbia, 26,99 Euro
***
(2) Kellner, Kofferträger und Etagendiener: Albert Nobbs, der Mann in
Schwarz, der eine Frau war
Glenn Close trug seit Jahrzehnten die Idee für diese Rolle mit sich herum. Schließlich
konnte sie sich 2011 ihren Traum erfüllen. Unter der Regie von Rodrigo García und nach
einem Drehbuch von Gabriella Prekop, István Szabó und John Banville entstand ‘Albert
Nobbs’, die Geschichte des schmalschultrigen, bleichen, bis zur Einschnürung angespannt
wirkenden Kellners, Kofferträgers und Etagendieners im ausgehenden 19. Jahrhundert in
Dublin, der penibel seine Trinkgelder sammelt, um sich seinen Traum von einem kleinen
Tabakladen zu erfüllen.
Sind es wirtschaftliche Gründe, die eine Frau
gezwungen haben, sich in Männerkleidung zu
zwängen und den Diener zu spielen, oder ist
diese „dauernde Selbstverleugnung”, wie die
Stuttgarter Zeitung schrieb, „der verkrümmte
Lebensentwurf einer lesbischen Frau, die nicht
einmal Worte hat für das, was sie fühlt, die aber
weiß, dass dieses andere, das sich aus ihr heraus
entfalten möchte, nicht geduldet würde”?
Jetzt auf DVD auf Deutsch erschienen (Arthaus
DVD/Blu-ray), lebt ‘Albert Nobbs’, um noch
einmal die Stuttgarter Zeitung zu zitieren,
„von den exzellenten Darstellern, dem
trefflichen Dekor, der leisen und manchmal
lauter werdenden Brutalität der geordneten
Verhältnisse. Glenn Close will uns Nobbs nicht
eilends nahe bringen, sie hält die Figur auch vor
der Kamera zurück, sie macht klar, dass diese
Unglückselige bei jedem Wort und jedem Schritt
darauf achtet, nichts zu verraten, was verborgen
bleiben soll. Beim Zuschauen sticht das ins Herz”.
Albert Nobbs, DVD, Studiocanal, 2013, 14,99 Euro.
***
(3) ‘The Irish Pub’ auf DVD
„Ein Lobgesang auf die größte Institution der irischen Gesellschaft” nannte RTÉ den
Dokumentarfilm von Alex Fegan (siehe ij3/13), der den traditionellen irischen Pub feiert –
und vor allem seine unvergleichlichen Pub-Wirte!
Im November wurde der Film
auch als DVD heraus gebracht,
so dass alle die Zeit zwischen
Irlandbesuchen mit dem
virtuellen irischen Pub-Erlebnis
überbrücken können. Der
Film kann auch vom Internet
gezapft werden: www.volta.ie.
The Irish Pub, DVD, Element Pictures
Distribution, 2013, 16,99 Euro
Paul Gartlan in seinem Kingscourt Pub
(4) Chapter One Cookbook
‘Chapter One: An Irish Food Story’ enthält nicht weniger als
90 Rezepte, mit denen sich das Dubliner Restaurant gleichen
Namens in den letzten 21 Jahren Michelin-Sterne verdient
hat. Küchenchef Ross Lewis und Chefkellner Martin Corbett
plaudern aus dem Nähkästchen.
Ross Lewis sagte dazu: „Wir sind ein Restaurant der Leute,
es dreht sich alles um die Gemeinde, nicht die Kirche –
deshalb war es wichtig für mich, Rezepte und Kochtipps
weiterzugeben”. Darunter ist auch das Rezept für das Menü, das Lewis für das Bankett
zu Ehren von Königin Elisabeth in Dublin zubereitete.
Das Buch mit seinen aufwendig gestalteten 320 Seiten ist
selbst ein kleines Kunstwerk, mit hervorragenden Fotos
von Barry McCall, die nicht nur die Speisen, sondern auch
die Produzenten portraitieren. „Wir kochen durch ein
irisches Prisma”, so Lewis, „und wir sind schon immer stolz
darauf gewesen, ein irisches Restaurant zu sein, mit einem
hoffentlich internationalen Standard”. Der Gourmettempel
im Untergeschoss von 19, Parnell Square ist seit 2007
Michelin-besternt.
Ross Lewis (links) und Martin Corbett
Ross Lewis, Chapter One: An Irish Food Story, Dublin: Gill & Macmillan, 2013, geb. Ausgabe, £39.99.
(5) Irland: Ein Länderporträt
Wandervogel Markus Bräuchle – vielen irland journalLesern sicher von seinem Blog her ein Begriff (www.
irlandnews.com) – hat dieses Jahr sein ganz persönliches
Porträt der grünen Insel und seiner Menschen vorgelegt.
Mit viel Detailkenntnis, anschaulich und lebendig erzählt
er von Land und Leuten, vom ‘Thema Nr. 1 ‘– dem Wetter,
bis zur Verhaltens-Etikette im Pub, mit Einblicken in die
Geschichte und Kultur – und einem Exkurs über das
Verhältnis zwischen Deutschen und Iren, inklusive seiner
persönlichen zehn Gründe, warum er in Irland lebt.
„Der Autor des brandaktuellen Irland-Buches hat nicht
etwa im Sinn, das verklärte Inselbild vieler Deutscher mit
noch mehr grünen Tupfern zu versehen”, schrieb Martin
Hatzius im Neuen Deutschland: „Stattdessen räumt er entlang harter Fakten, entlang
launiger Anekdoten und historischer Ausdeutungen mit Klischees über das Land und
seine Leute auf – ohne je seine Liebe zu beiden zu leugnen”.
Bräuchle, Jahrgang 1959, lebt seit 2000 im irischen Südwesten. Ein Irlandkenner seit den
70er Jahren, hat er die Entwicklung Irlands „vom Armenhaus zum Wohlstandsland” bis
zum „großen Crash” bis zur „multikulturellen Gesellschaft” und einem Irland „zwischen
Tradition und Moderne” – alles Kapitelüberschriften dieses lesenswerten Irland-Buches.
„Wohin ist dieses Land wohl unterwegs?”, fragt der Autor. „bei allem Anpassungs- und
Veränderungsdruck: Irland ist anders geblieben. Dies gilt bis heute”. Und er stellt fest,
dass sein Buch „auf dem Land erlebt und geschrieben” wurde. Dublin sei nicht Irland.
„Sein Irland” könne, wer will, „in der wenig bevölkerten, weiten irischen Landschaft an
der Atlantikküste” finden.
Markus Bäuchle, Irland: Ein Länderporträt, Berlin: Christoph Links Verlag, 2013, Broschur, 16,90 Euro.
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(6) ‘Tall Tales’ – die Geschichte der Horslips
Ein üppiges, reich bebildertes Buch für Horslips-Fans,
zusammengestellt von Mark Cunningham, lässt die
Geschichte der irischen Folk-Rocker Revue passieren.
Es ist die „offizielle Biografie” der Band.1 of 1
Ihre Anfänge reichen zurück, wie Paddy Kehoe
bemerkte, in die „swirling mists of a new Celtic dawn”,
mit ihrer ganz eigenen Fusion von traditioneller Musik,
keltischen Mythen und Rockmusik. Dann wurden sie
geerdete Rocker und versuchten, Amerika zu erobern.
Doch 1980 kam der Bruch.
Zwei Jahrzehnte später begann der zweite Frühling
für die Horslips, der 2009 in ausverkauften Konzerten in Dublin und Belfast seine
Bestätigung fand – nach der, in den Worten von Sänger und Bassist Barry Devlin,
„29-jährigen Zigarettenpause”. Damals waren Seamus Heaney und Paul Muldoon im
Publikum, der eine verwandtschaftlich mit den Horslips verbandelt, der andere ein Fan
seit seinen Teenager-Jahren.
Muldoon erinnert sich: „Da war ein Jaulen, das fast schon einem Hexenkessel gleich
kam. Jeden Moment würde es eine große Eröffnung geben. Eine Offenbarung stand
bevor. Wir würden sehen, ob die Horslips wirklich Götter waren oder Menschen aus
Fleisch und Blut. Ja … einer nach dem andern kamen sie auf die Bühne, jeder mit
eigenem Verfolger-Spot. Genau wie wir erwartet hatten … Götter”.
Mark Cunningham, Horslips: Tall Tales – The Official Biography, Dublin: The O’Brien Press, 2013, geb.
Ausgabe, £21.99.