Migration im Mashreq
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Migration im Mashreq
Migration im Mashreq Gudrun Kroner Mashreq Mashreq • “Ort des Sonnenaufgangs”, “Osten” • Länder: – – – – – – – – Ägypten Palästina Libanon Syrien Jordanien (Jemen) (Saudi-Arabien) (Golfstaaten) Geschichte • In Mashreq-Ländern großer Anteil der BewohnerInnen BeduinInnen nomadische Lebensform Grenzen erst seit Anfang/Mitte des 20. Jahrhunderts interne und externe Migration schwer zu trennen Globale Interaktionen • Migration vor allem innerhalb der Mashreq-Länder • Auswanderung von BewohnerInnen von “Greater Syria” nach N- und Lateinamerika sowie Afrika (Ende 19./Anfang 20. Jhdt.) • Auswanderung vieler LibanesInnen während des Bürgerkrieges (1975-1990) • Anstieg von (SO)-asiatischen Arbeitskräften in den Mashreqländern und auch Israel (verstärkt seit 1990) • Ägyptische ArbeitsmigrantInnen Hauptmigrationstypen im Mashreq • Erzwungene Migration/Flucht • Arbeitsmigration • Binnenmigration/Binnenflucht Ökonomische Theorien von Migration von Massey et al. (1993), modifiziert von Van Hear (1998) • • • • Individuelle Entscheidungen und Motivationen Entscheidung und Strategie des „household“ Ungleichheit zwischen Herkunfts- und Zielort Entwicklung von Migrationsnetzwerken und Institutionen • „Migration regime“ • Makro-politische Ökonomie Force and choice in 5 components of migration (Van Hear 1998: 44) Warum keine genauen/offiziellen Statistiken? • ‚Open door‘-policies • Keine Angaben von einigen Staaten, da MigrantInnenzahl EinwohnerInnenzahl übertrifft (v.a. Golfstaaten) • Unterschiedliche Definitionen von MigrantInnen (zum Beispiel UNOPalästinenserInnen) „open door policies“ • gegenüber anderen AraberInnen • Jordanien, Ägypten, Syrien und Jemen hatten ein Sonderabkommen StaatsbürgerInnen dieser Länder keine Aufenthaltsgenehmigungen brauchen um in einem der anderen Länder leben zu können • Änderungen erst in den letzten 10 Jahren (in Jordanien seit 1984) • Trotzdem z.B. keine Visumspflicht für SyrerInnen in Jordanien viele bleiben undokumentiert • Einschränkungen in den letzten Jahren von Jordanien und seit kurzem von Syrien gegenüber irakischen Flüchtlingen Syrian arrivals in and departures from Jordan, 1997-2001 (in 000s) Egyptian arrivals in and departures from Jordan, 1997-2001 (in 000s) Flüchtlinge in Ägypten • SudanesInnen brauchten bis in 1995 kein Visum, hatten beinahe dieselben Rechte wie ÄgypterInnen, ausser Anrecht auf Staatsbuergerschaft • Daher heute viel mehr SudanesInnen im Land als Zahlen von UNHCR (nur anerkannte Flüchtlinge), bis zu 3 Millionen • Emigration: 2 Millionen in arabischen Ländern, 800.000 in restlicher Welt --> Land: “net immigration” MigrantInnenzahl vs. EinwohnerInnenzahl • „Vorsichtsmaßnahme“ von Staaten, da teilweise MigrantInnenzahlen EinwohnerInnenzahlen übersteigen • V.a. in Golfländern, wo Bevölkerung relativ klein ist • Bsp.: Vereinigten arabischen Emiraten: 80% der Bevölkerung sind MigrantInnen, Zahl der Hausangestellten übertrifft Bevölkerungszahl Zahlen der ausländischen BV in den GCC (Gulf Cooperation Council )-Ländern State Number of foreign residents percentage United Arab Emirates 2.488.000 80% Qatar 420.000 80% Kuwait 1.475.000 65% Bahrain 280.000 40% Saudi Arabia 7.000.000 30% Oman 630.000 26% GCC total 12.500.000 38,5% Definitionen von MigrantInnen • Zahlen sehr unterschiedlich – Verschiedene Definition von MigrantInnen und Flüchtlingen z.B zählt UN-Organisation (UNRWA) auch palästinensische Flüchtlinge auch der zweiter, dritter, … Generation als ImmigrantInnen d.h., dass mind 39% der jordanischen BV MigrantInnen wären laut BV-Zählung in Jordanien aber nur 7,6% Besonderheiten in Mashreqländern • Viele Länder zugleich Immigrations- und Emigrationsland (z.B hat Jordanien eine ähnliche Anzahl von ImmigrantInnen und EmigrantInnen) • Große Flüchtlingsbewegungen • Migration vor allem innerhalb des Regionalgebietes • Arbeitsmigration und erzwungene Migration sind eng miteinander verbunden, oft nicht trennbar • Aufgrund geringer EinwohnerInnenzahlen in Libanon, Jordanien und Palästina hat beinahe jede Migrationsbewegung große polit./ökonom./kult. Auswirkungen auf BV Zugleich Immigrations- und Emigrationsland • Beispiel Ägypten: Arbeitskräfte emigrieren, Flüchtlinge kommen • Jordanien: beinahe gleiche Anzahl • Libanon: LibanesInnen flüchteten und emigrierten ins Ausland (waehrend Buergerkriegen), PalästinenserInnen haben kaum eine andere Wahl als zu bleiben, Irakische und afrikanische Flüchtlinge suchen um Asyl an • 19. Jhdt. Ausreiserestriktionen fuer BewohnerInnen von “Greater Syria”( Mount Lebanon,1/4 -1/2 der BV abgewandert • Zuwanderung geflüchteter TscherkessInnen -->Ausreisebestimmungen liberalisiert Kriege in der Region • • • • • • • arabisch-israelischen Krieg (1948) Sechs-Tage-Krieg (1967) Bürgerkrieg im Libanon (1975-1990) Iran-Irak-Krieg/erster Golfkrieg (1980-1988) zweiter Golfkrieg (1990-1991) Irak-Krieg (2003) Krieg im Libanon (2006) Beispiele von Fluchtbewegungen • Tscherkessen aus Kaukasus im 19. Jhdt. (ca. 175.000) • Arabisch-israelischer Krieg/‘nakba‘, 1948 (ca. 770.000) • 1967: Sechs-Tage-Krieg (alleine 400.000 Pal. nach Jordanien IDP‘s?) • Libanesischer Bürgerkrieg, 1975-1990 (900.000 +810.000 Binnenflüchtlinge) • Golfkrieg, 1990/1991 (Vertreibung von ca. 5 Millionen) • Irakkrieg 2003 und danach (?) Palästinensische Flüchtlinge • UNRWA (United Nations Relief and Work Agency for Palestinian Refugees in the Near East) • Mandatsgebiet: Syrien, Libanon, Jordanien und okkupierte Gebieten Palästinas • 1948 gegründet • Mandat wegen des Ausbleibens einer Lösung für palästinensische Flüchtlinge immer wieder verlängert (zuletzt bis 2011) Geschätzte Zahl von PalästinenserInnen (Ende 2004) (CARIM 2005) Land Anzahl Occupied Palestinian Territory 3.699.767 Jordanien 2.881.604 Syrien 449.241 Libanon 427.517 Total (UNRWA-Gebiete) 7.458.129 Zahl der durch UNRWA registrierter Fluechtlinge: 4,618,141(Juni 2008) Palästinensische Flüchtlinge • Zahl ständig steigend – Durch Kriege – RückkehrerInnen – v.a. aber durch Vererbbarkeit des Flüchtlingsstatus Folgen des Golfkrieges 1990/1991 • 5 Millionen Vertriebene – 300.000 „Rückkehrende“ nach Jordanien – 37.000 nach Palästina – 100.000nde AegypterInnen aus Irak und Kuwait – Eine Million JemenitInnen aus Saudi-Arabien – 100.000nde AsiatInnen – .... Geschichte von Arbeitsmigration • Ende 19./Anfang 20. Jhdt. aus ‚Greater Syria‘ nach Europa, Amerikas und Afrika (ca. 15.000 emigrierten jährlich alleine von Libanon vor Erstem Weltkrieg) • Ab 1960 Jahren und besonders Anfang der 1970er (während Ölbooms) in die arabische Halbinsel, aber in die Mashreqländer • Seit 1990 verstärkte Migration von AsiatInnen in Mashreq- und Golfstaaten Gemeinsamkeiten bei Arbeitsmigration • Massenmigrationen (sowie temporär als auch permanent), vor allem seit den 1970er Jahren • Ökonomische Überlebensstrategien sind eng verbunden mit ‚Remittances’ von EmigrantInnen • Vertreibung von ArbeitsmigrantInnen aus den ölexportierenden Ländern während und nach dem zweiten Golfkrieg • ‚brain drain’ durch Emigration • ‚kafeel‘-System in den meisten Mashreq- und Golfstaaten „Kafeel/kafala“-System • Kafala=Sponsorship • kafeel=Sponsor, Arbeitsgeber – Muss formelle Einladung für MigrantIn ausstellen – Trägt während der Dauer des Aufenthaltes (Arbeitsvertrag) ökonomische und legale Verantwortung – nach Beendigung des Vertrags muss ArbeitnehmerIn das Land verlassen – temporäre Arbeitsmigration, Einbürgerung unmöglich Anstieg von asiatischen MigrantInnen • Ersatz für ausgewiesene Arbeitskräfte nach Golfkrieg v.a. aus Ägypten und Asien • Für arabische Frauen kaum möglich als “livein-maids” zu arbeiten (“culture of shame” • Enormer Anstieg von asiatischen Haushaltshilfen (v.a. live-in-maids) – ‘feminization of labour migration’ – ‘contract slaves’ (Jureidini/Moukarbel) “New”/”contract” slaves • “The new slavery ‘focuses on big profits and cheap lives. It is not about owning people in the traditional sense of the old slavery but about controlling them completely” (Bales 1999: 4) • Bales unterscheidet 3 Arten von moderner Sklaverei: – ‘chattel slavery’: where slaves are either captured, born or sold into permanent servitude – ‘debt bondage’:where servitude is ensured against the loan of money and where the length and nature of that servitude is indeterminate – contract slavery’—where contracts are ‘legal fictions’ rather than legally binding employment agreements, and thus conceal what are in reality conditions of slavery “neue Identitaeten”? • Vor dem Buergerkrieg wurden im Libanon einheimische und auslaendische arabische Frauen fuer den Haushalt. Kurdische Fluechlingsfrauen arbeiteten in diesem Gebiet seit den 1920er Jahren. “Kurdiyeh” wurde zum Synonym fuer Hausangestellte • Waehrend des Buergerkrieges gab es starke politische Spannungen zwischen SyrerInnen, LibanesInnen und PalaestinenserInnen --> LibanesInnen hoerten auf SyrerInnen und PalaestinenserInnen zu beschaeftigen • Libanesche GastarbeiterInnen in den Golfstaaten fingen asiatische Frauen einzustellen --> auch im Libanon • Mittlerweile Synomnym fuer Haushaltshilfen Sirilankeyeh. Ein Bub fragte seinen Freund ‘Is your Sirilankeyeh a Filipina?’ (Sirilankitak Filipiniyeh?) (Jureidini/Moukarbel 2004: 584). Remittances • 1996 gab das libanesische Arbeitsministerium bekannt, dass "not less than US$10 million per month” von Hausangestelltinnen in ihre Heimatlaender geschickt wurden Zitate (Jureidini/Moukarbel 2004: 603) Lebanese (female) employer: No, she doesn’t have a day off. You know, I am afraid if I send her, maybe she will meet another girl, she will tell her come and run away, or she will meet a man. Most of them, they teach them to run away… Agency Director: We advise the sponsors not to let the girls out. It is risky. They meet many girls on the street. If there was no chance of them running away, it is better to let them go out. Asiatische Frauen als Haushaltshilfen • V.a. nicht individuelle Entscheidung, sondern von Familie gemeinsam beschlossen • 1994 Programm für „Export von Arbeitskräften“ von philippinischem Präsident Marcos • „SponsorIn“ zahlt im Voraus, aber meist Pässe einbehalten zumindest bis Kosten „ersetzt“ wurden • Rekrutierungsagenturen (Siehe USA und Mexiko) -z.B zur Zeit 150 Rekrutierungsagenturen, die vom Arbeitsministerium im Libanon lizensiert sind (Jureidini/Moukabel 2004: 591) Arbeitserlaubniszahl von AsiatInnen im Libanon Flüchtlinge im (völker-) rechtlichen Sinn gelten nur jene Menschen • die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befinden, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen können oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen wollen.“ (UNHCR 1997: 55). Operational definition of a Palestine refugee by UNRWA • “Palestine refugees are persons whose normal place of residence was Palestine between June 1946 and May 1948, who lost both their homes and means of livelihood as a result of the 1948 Arab-Israeli conflict.”