zweite Stellungnahme vom 1.9.2010 - DGB Bezirk Berlin

Transcrição

zweite Stellungnahme vom 1.9.2010 - DGB Bezirk Berlin
Deutscher
Gewerkschaftsbund
Bezirk
Berlin-Brandenburg
DGB Bezirk Berlin-Brandenburg • Keithstraße 1+3 • 10787 Berlin
Keithstraße 1+3
10787 Berlin
Telefon: 030 -21 24 00
Telefax: 030 -21 24 0-114
Ministerium des Innern des Landes Brandenburg
Abteilungsleiter III
Herr Keseberg
Henning-von-Tresckow-Straße 9-13
Telefon-Durchwahl:
030 -21 24 0-200/110
E-Mail:
[email protected]
14467 Potsdam
Internet:
beamte.berlin-brandenburg.dgb.de
- ausschließlich per E-Mail (an: [email protected])
Abteilung
Öffentlicher Dienst und Beamtenpolitik
Unsere Zeichen
2/7/2/d/BeurtVV_ah
Datum
01.09.10
Ihr Zeichen: III/5.21-706-40 | Entwurf einer Verwaltungsvorschrift
des Ministeriums des Innern über die dienstliche Beurteilung der
Beamten im Landesdienst (BeurtVV)
hier: Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes BerlinBrandenburg nach § 130 LBG; 2. Stufe der Beteiligung
Sehr geehrter Herr Keseberg,
vielen Dank für Ihr Antwortschreiben vom 1. Juli 2010 und die
Übersendung des überarbeiteten Entwurfes.
Wir freuen uns, dass Sie einzelne Vorschläge aus unserer ersten
Stellungnahme vom 14.04.2010 aufgegriffen haben. Auch hinsichtlich
der übrigen Punkte halten wir an unserer damals vertretenen
Auffassung fest. Zur Vermeidung von Wiederholungen gehen wir nur
auf einzelne Kritikpunkte erneut ein.
1. Ausnahme hauptamtlich Lehrender, insbesondere an der
Fachhochschule der Polizei (Punkt 2)
Bliebe es bei dem Ausschluss hauptamtlich Lehrender an Aus- und
Fortbildungseinrichtungen des Landes Brandenburg vom
Anwendungsbereich der BeurtVV so hätten viele von ihnen keinen
detailliert geregelten Anspruch auf eine dienstliche Beurteilung. Nach
der von Ihrem Hause vertreten Ansicht wären diese auf ein
qualifiziertes Dienstzeugnis gemäß § 68 LBG zu verweisen.
Dies wird den betroffenen Kolleginnen und Kollegen nicht gerecht,
denn sie stehen in ihrem weiteren Berufsverlauf regelmäßig in
Konkurrenz zu dienstlich beurteilten Beamtinnen und Beamten (a). In
solchen Konkurrenzsituationen bestehen zwischen qualifizierten
SEB AG Berlin
(BLZ 100 101 11)
Konto 1000 200 600
So sind wir erreichbar:
U-Bahnhof Wittenbergplatz
Bus-Haltestelle Kleiststraße
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Material
Deutscher
Gewerkschaftsbund
01.09.10
Seite 2
Dienstzeugnissen und dienstlichen Beurteilungen gravierende
Unterschiede in Funktion (b), Maßstab (c) und Zeitraum (d). Die sich
daraus ergebenden Probleme können in einem Auswahlverfahren
faktisch nicht behoben werden, sie treffen hauptamtlich Lehrende wie
keine andere Bewerbergruppe (e). Wir schlagen daher eine subsidiäre
Einbeziehung der hauptamtlich Lehrenden in die BeurtVV vor (f).
a)regelmäßige Konkurrenz zu beurteilten Kollegen/-innen
Im Falle der hauptamtlich Lehrenden an der Fachhochschule
der Polizei (FH Pol) handelt es sich größtenteils um
Polizeivollzugsbeamte der Besoldungsgruppen A 9 bis A 15.
Hier kommt nach einer Tätigkeit an der FH Pol häufig ein
Wechsel in andere Bereiche der Polizei vor. Wenn solche
Kolleginnen und Kollegen sich um eine Stelle im Polizeidienst
außerhalb der FH bewerben wollen, konkurrieren sie
regelmäßig ausschließlich mit Beamtinnen und Beamten, die
anlässlich der Bewerbung dienstlich beurteilt wurden.
Vergleichbar verhält es sich an anderen Aus- und
Fortbildungseinrichtungen.
Wenn solche hauptamtlich Lehrenden in Auswahlverfahren
lediglich ein qualifiziertes Dienstzeugnis gemäß § 68 LBG
vorlegen können, werden sie faktisch schlechter gestellt. Denn
ein qualifiziertes Dienstzeugnis unterscheidet sich erheblich
von einer dienstlichen Beurteilung.
b)Funktionsunterschiede
Während der dienstlichen Beurteilung die Funktion eines
„Innenzeugnisses“ zukommt, wird einem qualifizierten
Dienstzeugnis von der Rechtsprechung die Funktion eines
„Außenzeugnisses“ zugeschrieben. Dies gilt nicht nur für
Dienstzeugnisse nach § 92 BBG a.F. (oder vergleichbaren
Normen), der eine Zeugniserteilung ausschließlich nach
Beendigung des Beamtenverhältnisses vorsah. Die
Jurisprudenz sieht auch bei Normen, die daneben eine
Zeugniserteilung bei Nachweis eines berechtigten Interesses
vorschreiben, die Funktion des Dienstzeugnisses primär in
einer Verwendung außerhalb des öffentlichen Dienstes. So hat
es beispielsweise das Saarländische OVG zu § 110 Abs. 1
SBG a.F. (entspricht insoweit § 68 LBG Bbg.; inzwischen
ersetzt durch den inhaltsgleichen § 77 SBG n.F.) entschieden
(OVG Saarlouis, Beschluss vom 03.12.2004, 1 Q 71/04, RiA
2005, 155 = NVwZ-RR 2006, 565; vgl. auch Lexis Nexis
01/2010).
Auf Grund dieses Funktionsunterschiedes ist ein qualifiziertes
Dienstzeugnis nach vorherrschender Meinung für ein
Deutscher
Gewerkschaftsbund
01.09.10
Seite 3
Bewerbungsverfahren im öffentlichen Dienst nicht geeignet. So
sieht Wichmann in einem Dienstherrenwechsel kein
hinreichendes „berechtigtes Interesse“ gem. § 104 Abs. 2 LBG
NRW a.F. (entspricht insoweit § 68 LBG Bbg.; inzwischen
ersetzt durch den inhaltsgleichen § 93 LBG NRW n.F.) für die
Erteilung eines Dienstzeugnisses, denn es „genügt die Vorlage
der Personalakten, die sämtliche Informationen über den
Beamten und insbesondere die Beurteilung enthalten. Sie
geben wesentlich besser und umfänglicher Auskunft als dies
ein Dienstzeugnis je vermag“ (Wichmann, in:
Wichmann/Langer, Öffentliches Dienstrecht, 6. Auflage, Rn.
235, S. 445).
c)unterschiedlicher Maßstab
Die unzureichende innerdienstliche Verwendbarkeit des
qualifizierten Dienstzeugnisses beruht u.a. darauf, dass
Dienstzeugnisse grundsätzlich nach dem in der
arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten
Wohlwollensgebot zu verfassen sind (OVG Saarlouis, aaO;
Wichmann, Rn. 235, S. 446). Dies ginge im vorliegenden Falle
jedoch zu Lasten der hauptamtlich Lehrenden. Denn in einem
Auswahlverfahren ist gar nicht erkennbar, ob eine positive
Aussage in einem Dienstzeugnis nur in Folge der Anwendung
des Wohlwollensgebotes derart positiv ausgefallen ist, oder ob
die Aussage so auch in einer dienstlichen Beurteilung
getroffen worden wäre. Die Folge ist, dass solchen positiven
Aussagen in einem Dienstzeugnis faktisch gar nicht das
gleiche Gewicht gegeben werden kann, wie entsprechenden
Aussagen in einer Beurteilung.
d)unterschiedlicher Zeitraum
Während sich eine dienstliche Beurteilung auf einen Zeitraum
von drei Jahren bezieht, enthält ein Dienstzeugnis gemäß § 68
LBG Informationen über den gesamten Einsatz der Beamtin
bzw. des Beamten innerhalb des öffentlichen Dienstes (Fürst,
in: GKÖD Bd. I, K § 92, Rn. 7 f.; Wichmann, Rn. 235, S. 445).
Schon daraus ergibt sich, dass in einem Dienstzeugnis der mit
einem dienstlich beurteilten Konkurrenten vergleichbare
Zeitraum der letzten drei Jahre weniger eingehend dargestellt
werden kann.
e)besondere Betroffenheit hauptamtlich Lehrender
Auch wenn Bewerber/-innen, die nur ein Dienstzeugnis
vorweisen können entsprechend externen Bewerber/-innen
nicht schlechter gestellt werden dürfen als dienstlich beurteilte
Bewerber/-innen, so ist faktisch eine solche Schlechterstellung
Deutscher
Gewerkschaftsbund
01.09.10
Seite 4
im Auswahlverfahren nicht vermeidbar. Die Fürsorgepflicht des
Dienstherrn gebietet es unseres Erachtens daher, solche
Schlechterstellungen bereits dadurch auszuschließen, dass
die betroffenen hauptamtlich Lehrenden in den
Anwendungsbereich der BeurtVV einbezogen werden.
Der Verweis auf externe Bewerber geht unseres Erachtens
fehl. Zum einen sind viele der für hauptamtlich Lehrende
interessanten Bewerbungsverfahren für Externe nicht geöffnet.
Zum anderen ist es bei Externen schlichtweg so, dass sie
außerhalb des öffentlichen Dienstes nun mal unmöglich eine
„dienstliche Beurteilung“ erhalten können. Bei hauptamtlich
Lehrenden ist dies anders.
Eine Einbeziehung der hauptamtlich Lehrenden erscheint auch
im Vergleich mit den übrigen Ausnahmen unter Punkt 2 nicht
nachvollziehbar. Die Ausnahme der Mitglieder des
Landesrechnungshofes und des Direktors des Landtages ist
bereits aus staatsorganisationsrechtlichen Gründen geboten.
Bei der Berufung von Professoren machen sich die
Berufungsausschüsse ein eigenes umfassendes Bild der
wissenschaftlichen Vita eines bzw. einer Bewerbers/-in, ohne
eine dienstliche Beurteilung zu benötigen. Für Staatsanwälte
und Beamtinnen und Beamte im Schuldienst bestehen
gesonderte Beurteilungsvorschriften, die jedenfalls eine
Beurteilung aus Anlass eines Bewerbungsverfahrens vorsehen
(vgl. MBJS-Rundschreiben Nr. 3/99 vom 14. April 1999, ABl.
MBJS S. 191 sowie Gemeinsame Allgemeine Verfügung MdJ
und MASGF vom 20. Juni 2005, geändert durch AV des MdJ
vom 26. November 2007, Justizministerialblatt
Sondernummer/05 S. 4). Damit sind hauptamtlich Lehrende
die einzige Gruppe von Lebenszeitbeamtinnen und -beamten,
für deren regelmäßigen zukünftigen beruflichen Werdegang
Beurteilungen zwar von Bedeutung sind, die aber keiner
Beurteilungsrichtlinie unterliegen.
In Anbetracht dessen stellt sich die Frage, ob hauptamtlich
Lehrende, die nicht unter den Anwendungsbereich einer
anderen Beurteilungsvorschrift fallen, einen aus der
Fürsorgepflicht folgenden Anspruch auf eine dienstliche
Beurteilung (neben einem Anspruch auf ein Dienstzeugnis
gem. § 68 LBG) haben. Eine Einbeziehung dieser Kolleginnen
und Kollegen in den Anwendungsbereich der BeurtVV ließe
diesbezüglich erst gar keine Unklarheiten aufkommen und
dient damit auch der Verwaltungsvereinfachung.
Deutscher
Gewerkschaftsbund
01.09.10
Seite 5
f)Einbeziehung in die BeurtVV
Sofern besondere Beurteilungsvorschriften für hauptamtlich
Lehrende bestehen sollten, besteht unseres Erachtens kein
Handlungsbedarf. Wir regen daher eine subsidiäre
Einbeziehung hauptamtlich Lehrender in die BeurtVV an. Der
betreffende Spiegelstrich könnte wie folgt gefasst werden:
„- der hauptamtlich Lehrenden an Aus- und
Fortbildungseinrichtungen des Landes, soweit sie bereits
speziellen Beurteilungsvorschriften unterfallen,“
Jedenfalls aber bitten wir darum, die hauptamtlich Lehrenden
an der Fachhochschule der Polizei nicht aus dem
Anwendungsbereich der BeurtVV auszuschließen. Eine solche
Ausnahme sah auch die bisherige BeurtVV Pol nicht vor. Wir
schlagen hierfür folgende Alternativformulierung vor:
„- der hauptamtlich Lehrenden an anderen Aus- und
Fortbildungseinrichtungen des Landes als der
Fachhochschule der Polizei,“
2. Beurteilungsanlässe (Punkt 3)
Wir halten weiterhin daran fest, dass als weiterer Anlass einer
Beurteilung der begründete Antrag der Beamtin bzw. des Beamten
aufgenommen werden soll. Wir weisen in diesem Zusammenhang auf
unsere obigen Ausführungen zum Unterschied zwischen einem
Dienstzeugnis und einer Beurteilung hin.
3. „Beurteilerkonferenz“ (Punkt 8.2.1.)
Wir weisen auf unsere Stellungnahme zum ersten Entwurf der
Verwaltungsvorschrift hin und fordern, das Teilnahmerecht der
Personalvertreter an der Beurteilerkonferenz in der BeurtVV
klarzustellen. Dies folgt bereits aus dem geltenden
Personalvertretungsrecht, eine Klarstellung in der BeurtVV erscheint
uns jedoch auch in Anbetracht Ihrer Antwort vom 1. Juli 2010 nötig.
§ 66 Ziff. 11 PersVG schreibt die Mitbestimmung des Personalrats bei
Beurteilungsrichtlinien fest. Dies erfasst abstrakte Festlegungen etwa
über die Maßstäbe, Kriterien und Verfahren der Beurteilung. Solche
Festlegungen müssen nicht notwendigerweise schriftlich fixiert
werden, so wie dies etwa mit der BeurtVV geschieht.
Die BeurtVV kann nicht sämtliche Fragen der Beurteilung in allen
Bereichen der Landesverwaltung abschließend regeln. Folgerichtig ist
Deutscher
Gewerkschaftsbund
01.09.10
Seite 6
in Punkt 8.2.1 die Erörterung allgemeiner Fragen Beurteilungsfragen
vorgesehen. Wo Fragen bestehen, ist die BeurtVV nicht eindeutig, es
gibt mehrere Möglichkeiten der Beantwortung. Wenn gleichzeitig „auf
eine einheitliche Anwendung hingewirkt“ werden soll, so ist dies nur
möglich, in dem die aufgeworfenen Fragen in eine bestimmte
Richtung verbindlich beantwortet werden, also im Rahmen dieses
Gesprächs auch eine Festlegung getroffen wird. Solche die BeurtVV
näher ausgestaltenden Festlegungen stellen
mitbestimmungspflichtige „Beurteilungsrichtlinien“ im Sinne des § 66
Ziff. 11 PersVG dar. Es ist daher jedenfalls eine Teilnahme des
Personalrats vorzusehen.
Selbst wenn diese Gespräche lediglich dazu dienen würden, offene
Fragen zu sammeln und zu diskutieren, die einer Festlegung mittels
Beurteilungsrichtlinien bedürfen, so ergibt sich die Teilnahme des
Personalrates aus § 60 Abs. 5 PersVG.
4. Außerkrafttreten (Punkt 10)
In der derzeitigen Entwurfsfassung fehlt die Außerkraftsetzung der
Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern über die
dienstliche Beurteilung der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten
des Landes Brandenburg (BeurtVV Pol) vom 20.07.2007 (ABl. 33/07
S. 1713).
Wir hoffen, dass Sie unsere Hinweise berücksichtigen und danken für
Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Doro Zinke
- Vorsitzende -
Alexander Haas
- Abteilungsleiter -

Documentos relacionados