Inhalt - Hatje Cantz Verlag
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Inhalt Buch_Heerich_rz.indd 4 24 Erwin Heerich Zeichnungen zu den Bauten 30 Grußwort Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff 38 Natur und architektonischer Raum Vorwort von Joachim Heusinger von Waldegg 48 Zur Vorgeschichte der Bauten Christel Blömeke 56 „Ich war ein Baustein auf dem Weg zur Realisierung“ Erinnerungen und Gedanken des ausführenden Architekten Hermann H. Müller 60 Die Bauten Erwin Heerichs Christel Blömeke und Eva Weinert 18.11.2008 12:59:29 Uhr 62 64 66 76 84 94 102 110 120 128 138 148 158 166 174 Museum Insel Hombroich Übersichtskarte und Bauabschnitte Galerie Orangerie Vitrine − Graubner-Pavillon Hohe Galerie Labyrinth Cafeteria Turm Auge − Tadeusz-Pavillon Zwölf Räume Schnecke Kassenhaus Atelierhaus Nestler Atelierhaus Graubner 248 Das Gemachte und das Gedachte Überlegungen zum architektonischen Werk Erwin Heerichs Martin Heerich 262 „Klänge durch Raum“ Kompositionen nach Heerich-Bauten , CD Gilli Cleres und Philipp Nestler 266 Film zu den Bauten des Museums Insel Hombroich, DVD Frank Weigand 182 182 184 194 204 214 222 NRW-Forum Kultur und Wirtschaft 228 Unrealisierte Heerich-Entwürfe 236 Buch_Heerich_rz.indd 5 Raketenstation Übersichtskarte Fontana-Pavillon Haus für Biophysik Archiv- und Seminargebäude Kloster „Was nehme ich weg, was lasse ich stehen?“ Zum Landschaftsentwurf von Bernhard Korte Christel Blömeke 268 Die öffentlich zugänglichen Heerich-Bauten und ihre Funktionen 270 273 Biografische Skizzen Erwin Heerich Karl-Heinrich Müller 276 Glossar 278 Abbildungen 300 Abbildungsnachweis 271 24.11.2008 11:10:03 Uhr Zur Vorgeschichte der Bauten Christel Blömeke „Karl-Heinrich Müller glaubte, dass meine Arbeiten, die mehr vom Plastischen kommen, eine stärkere Form der plastischen Gestaltweise in den architektonischen Begriff einbringen. So sind diese Häuser genau so gut Architektur wie Skulptur. Es wird keine größere Art von Nutzungsvorstellung mit diesen Baukörpern verbunden, sie verwirklichen eine Erlebnisfähigkeit des Plastisch-Räumlichen.“ – Erwin Heerich Buch_Heerich_rz.indd 48 18.11.2008 13:00:27 Uhr Für seine expandierende Kunstsammlung suchte KarlHeinrich Müller über viele Jahre nach einer adäquaten Räumlichkeit, diese unterzubringen. Er wünschte sich für seine Kunstsammlung eine Architektur, die aus dem plastischen Fundus Erwin Heerichs entwickelt werden sollte. Der Grundgedanke war: Ein Kunstwerk sollte die Kunstsammlung beherbergen. Die Realisierung der Ideen Heerichs erforderte besondere Herangehensweisen an die Bauprojekte. Es sollten begehbare und für die Präsentation einer Kunstsammlung nutzbare Plastiken entstehen. Mit dem Architekten Hermann H. Müller wurde eine Persönlichkeit gefunden, die mit großem Einfühlungsvermögen die Arbeit Heerichs aufgriff. Dank seiner langjährigen Erfahrung mit dem Bau von Industrie- und Lagerhallen konnte er sich gut in die geradlinigen und schnörkellosen Skulpturen Heerichs hineindenken. Das kleine, aber effektive Architekturbüro Müller realisierte von 1982 bis 1999 insgesamt vierzehn Bauten. Mit zum Team Müller gehörten – neben dem Architekten – der Zeichner Karl-Heinz Buchbender, der Bauleiter Franz-Josef Tücking, die selbständigen Statiker Joachim Pawlik, Dieter Schmeißer und Horst Kappauf, die Bauzeichnerin Anette Müller und die Architektin Gundula Fleck sowie das Vermessungsbüro Mertens und Kottsieper. Nur im engsten Schulterschluss und unter größtem Einsatz aller Beteiligten konnte es zu einer gelungenen Umsetzung der plastischen Vorstellungen Erwin Heerichs in Baukörper kommen. „Ich hatte ja eine Verpflichtung. Heerichs Zeichnungen hatten keine Schnörkel. Da war keine Toleranz möglich. Folglich konnte das nicht in den Bauten vorkommen. Für mich war es schön, das zu befolgen und dann das schöne Resultat zu haben. Es war stimmig und es stimmte“, sagt Hermann H. Müller. Der Maurerspruch „Ein Zentimeter ist Zur Vorgeschichte der Bauten 49 Buch_Heerich_rz.indd 49 18.11.2008 13:00:27 Uhr Karl-Heinrich Müller und Erwin Heerich bei der Standortbestimmung der Schnecke, um 1990 Hermann H. Müller und Erwin Heerich im Labyrinth, 1987 Buch_Heerich_rz.indd 50 18.11.2008 13:00:27 Uhr kein Maß“ sei auf der Insel nicht angewendet worden. Denn schließlich seien der Boden, die Fenster und die Dachlinien genau aufeinander abgestimmt. Fehler wären sofort ins Auge gefallen, so der Architekt. Die Zusammenarbeit zwischen Heerich und dem Architekten war außergewöhnlich ruhig und vertrauensvoll. Für das Bauen lagen Zeichnungen und Modelle von Erwin Heerich vor. Heerich erklärte dem Architekten, wie er sie gemeint hat. Dann folgte Heerichs Frage: „Kann man das bauen?“ Noch im Gespräch wog Architekt Müller die Realisierbarkeit eines jeden Modells daraufhin ab, ob aus seiner oberen Fläche ein Dach gemacht werden konnte und ob seine Spannweiten statisch überbrückbar seien. Da Heerich für seine Gebäude Vorgaben bis ins kleinste Detail machte, gab es ansonsten nicht viel zu bereden oder gar zu diskutieren. Heerich war offen für die Notwendigkeiten des Planungsund Bauprozesses, aber kompromisslos in der plastischen Grundkonzeption. Wenn aus baulichen und statischen Gründen Veränderungen an seiner plastischen Grundkonzeption notwendig geworden wären, hätte der Künstler auf die Realisierung verzichtet. „Dann bauen wir es eben nicht“, lautete die Antwort Erwin Heerichs. Hermann H. Müller hatte gegenüber Erwin Heerich eine ideelle Verantwortung im Hinblick auf die Ausführung des Entwurfes, gegenüber Karl-Heinrich Müller bestand darüber hinaus die Verpflichtung, den jeweiligen Bau in dem vorgegebenen finanziellen Rahmen zu erstellen. „Wir wussten, dass wir mit dem Geld auskommen mussten“, erinnert sich der Architekt. Für ihn war die Reaktion Heerichs bei der Abnahme der Gebäude dann am schönsten, wenn Heerich sagte: „So habe ich mir das vorgestellt.“ Vor dem Baubeginn stand jedoch eine jahrelange Suche Karl-Heinrich Müllers nach einem geeigneten Ort zur Zur Vorgeschichte der Bauten 51 Buch_Heerich_rz.indd 51 18.11.2008 13:00:48 Uhr Realisierung seiner Vorstellungen. Erst Anfang der 1980erJahre fand er ein geeignetes Objekt in der Nähe von Neuss: Hombroich, ein am Anfang des 19. Jahrhunderts gebautes Herrenhaus, das inmitten eines Parkgeländes an der Erft lag, von Äckern umgeben. Später wurde untersucht, ob diese Äcker erworben werden konnten und ob eine Baugenehmigung erteilt werden würde. Zum Kaufzeitpunkt befand sich der Park in einem verwilderten Zustand. Der ehemalige Besitzer, Peter de Weerth, ein Großgrundbesitzer aus Wuppertal, hatte sich diesen Park um 1816 von dem renommierten Landschaftsarchitekten Maximilian Friedrich Weyhe planen und anlegen lassen. Eine Zeichnung aus dem Jahr 1906 zeigt, dass ein Erftumlauf gegraben und mit Steinen ausgepflastert wurde. Mithilfe dieses künstlich angelegten Rundarms der Erft wurde ein Wasserlauf um den Besitz geführt. Dadurch entstand eine Insel, die Insel Hombroich. Hier, auf der in einem Landschaftsschutzgebiet gelegenen Insel Hombroich, wurden die ersten Heerich-Bauten realisiert: zunächst die Orangerie , dann die Vitrine – GraubnerPavillon und schließlich die Hohe Galerie . Dort, wo heute die Orangerie steht, gab es vorher einen Geräteschuppen. Die Tatsache, dass es hier bereits ein Gebäude gab, erleichterte die Erteilung der Baugenehmigung für die erste begehbare Skulptur. Das Projekt Insel Hombroich entwickelte sich durch den Zukauf von Erweiterungsabschnitten sowie durch die Realisierung weiterer Heerich-Bauten schließlich zum Museum Insel Hombroich. Es wurde von dem damaligen Kulturdezernenten der Stadt Neuss, Hans-Heinrich GrosseBrockhoff, und dem Baudezernenten Eberhard Lilienthal insofern unterstützt und gefördert, als sie bei den erforderlichen Baugenehmigungen Ausnahmeregelungen möglich machten. Nur so konnte das gesamte Projekt angegan- Zur Vorgeschichte der Bauten 52 Buch_Heerich_rz.indd 52 18.11.2008 13:00:48 Uhr gen und zum Erfolg geführt werden. Hierbei war es besonders förderlich, dass die Hombroich-Bauten nicht – wie ursprünglich von Erwin Heerich einmal angedacht – in weißem Marmor, sondern auf Vorschlag des Architekten in dem für die Region typischen Backstein ausgeführt wurden. Der Eindruck der ersten gelungenen Bauten war überwältigend, denn es wurde deutlich, wie sehr die Natur und die Architektur zu einer glückhaften Korrespondenz fanden und die ausgestellten Kunstwerke sich in ihrem Kern erschließen ließen. Hier liegt der innere Schlüssel für die Fortsetzung des Unternehmens. Darüber hinaus konnte – wie schon etwa zweihundert Jahre zuvor – wieder ein überragender Landschaftsarchitekt gewonnen werden: Es war Bernhard Korte, der die neu erworbenen angrenzenden Ackerflächen – auf der Grundlage historischer Pläne – behutsam und inspiriert in ihren ursprünglichen, über Jahrtausende gewachsenen Zustand zurückführte. Auf dieser Fläche wurden die weiteren Bauten geplant und errichtet. Sie konnten nur genehmigt werden, weil sie außergewöhnlichen Zwecken dienten: der Begegnung mit Kunst in begehbaren Skulpturen in einem Naturraum. Noch bevor das Museum Insel Hombroich seine heutige, in sich abgeschlossene Form gefunden hatte, plante Karl-Heinrich Müller bereits neue Projekte. 1994 kaufte er die Raketenstation. Sie befindet sich in einiger Entfernung auf einem ehemaligen NATO -Gelände und war eine Flugabwehrstation mit Anlagen zum Abschuss von Mittelstreckenraketen mit atomaren Sprengköpfen. Wegen der Atomsprengkörper war das Gelände ein Hochsicherheitsareal, das durch einen Erdwall sichtgeschützt und durch elektrisch geladene Zäune abgeriegelt war. Der Zustand der seit 1989 nicht mehr genutzten Anlage war jedoch äußerst schlecht. Die noch vorhandenen Gebäude wie Zur Vorgeschichte der Bauten 53 Buch_Heerich_rz.indd 53 18.11.2008 13:00:48 Uhr Mannschaftsunterkünfte, ein Wachturm, kleine Erdbunker, Montage- und Lagerhallen, Abschussbasen, Brunnenanlagen und das Sicherheitstor waren durch Vandalismus stark zerstört. Ein Gutachten über die Bodenbelastung bestätigte, dass die Böden nicht kontaminiert waren. Die Raketenstation war als eine inhaltliche und architektonische Erweiterung zur musealen Insel Hombroich gedacht. Die Zielsetzung ist auf wissenschaftliches, laborhaftes Arbeiten und auf Ideenfindung beziehungsweise Ideenvertiefung ausgerichtet. Man könnte an einen Campus für die Synthese von Naturwissenschaft, Kunst und Philosophie denken. Auf der Raketenstation befinden sich vier Bauten von Erwin Heerich: Fontana-Pavillon , Haus für Biophysik , Archiv- und Seminargebäude und Kloster . Sie dienen als Institutsgebäu- de dem temporären Aufenthalt von Seminarteilnehmern und als Raum für Kontemplation. Ihre Positionierung wurde vom Künstler definiert, indem er ein 30-Meter-Raster über die Anlage zog. Die Gebäude sind in dieses Raster planparallel eingereiht. Einzig der Fontana-Pavillon ist um 30 Grad gedreht: Heerich bestimmte zur Festlegung der Drehung eine ebenfalls planparallel eingebundene Ordnungsfläche. Darauf drehte er die Grundfläche des Pavillons so, dass auf der im Raster stehenden Fläche gleichproportionierte, rechtwinklige Dreiecksformen gebildet wurden. Karl-Heinrich Müller plante, auf dem Areal weitere Gebäude von international renommierten Architekten zu errichten. Bisher wurden Gebäude von Per Kirkeby und von Tadao Ando realisiert. Ein Bau von Álvaro Siza steht zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Buches kurz vor seiner Fertigstellung, ein Objekt von Raimund Abraham befindet sich noch im Bau. Nach dem plötzlichen Tod von Karl-Heinrich Müller im Jahr 2007 bleibt zu hoffen, dass die bereits von ihm geplanten Zur Vorgeschichte der Bauten 54 Buch_Heerich_rz.indd 54 18.11.2008 13:00:48 Uhr Heerich-Bauten trotzdem realisiert werden können: Tadeusz-Museum, Unterirdisches Museum mit TurrellInstallation, Gebäude für die Stiftungsverwaltung, Auditorium / Kirche, Institut für Botanik, Bürogebäude, Galerie, Atelier- und Wohnhof, Torhaus / Archivgebäude, Apartmenthaus, Wohnturm und Ausstellungshalle. Zur Vorgeschichte der Bauten 55 Buch_Heerich_rz.indd 55 18.11.2008 13:00:49 Uhr