Das Magazin als PDF

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Nummer: 06 06/2011
Schwerpunkt
Weitere Themen
Frauen am Ball
Freiheitsmedaille
Hohe Ehre für die Kanzlerin
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Europa
Nur noch wenige Tage, dann ist Anpfiff zur ersten FIFAFrauenfußball-Weltmeisterschaft in Deutschland - 22 spannende
Tage Weltfußball der Frauen! Die 6. FIFA-Frauen-WM 2011
beginnt am 26. Juni in Berlin. Im Eröffnungsspiel trifft Gastgeber
und Titelverteidiger Deutschland auf Kanada. Das Endspiel mit
der Schlussfeier findet am 17. Juli in Frankfurt am Main statt. In
dieser Ausgabe berichten wir über die bevorstehende WM,
begleitet von einigen prominenten Stimmen aus Politik und
Sport. Dass Frauenfußball aber mehr als ein Spiel ist und vielen
Mädchen und Frauen weltweit Halt und Hoffnung gibt, ist
ebenfalls Thema dieser Ausgabe.
Kernkraftwerke werden
überprüft
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EU-Erweiterung
Kroatien auf dem Weg in die
EU
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Europa
Lesen Sie dazu in diesem Magazin:
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weinen!“
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Haiti - Erfahrungsbericht
Mädchen kicken für ihre Rechte
Mädchen auf den Platz holen!
Ein Tick mehr Leidenschaft
Ein Tick mehr Leidenschaft
Zwischen Uniform und Fußball-Trikot - Sportlerinnen der
Bundeswehr
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Hilfe wird weiter gebraucht
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Jahren unterzeichnet
Niebel verleiht Walter-Scheel-Preis
Völkerverständigung
50 Jahre Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung
Wanderausstellung - "Frauenfußball: Verlacht, verboten und
gefeiert"
Film-Tipps zum Thema Fußball
Filmtipp: Eins, Zwei, Drei - Hana, Dul, Sed
Ab 2015: Neues Europäisches Kulturerbe-Siegel
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Südsudan - Erster Schritt zur Anerkennung der Republik
Südsudan
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Kambodscha
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Foto: Monika Staab
Pakistan: mit Fußball aus dem Abseits holen
Frauen am Ball
„Wenn ich nicht Fußball spielen könnte, würde ich weinen!“
Als Trainerin, Präsidentin und Mensch hat Monika Staab großen Anteil am Erfolg des
Frauenfußballs. Vielen bekannten Spielerinnen ist sie in dankbarer Erinnerung. Seit viereinhalb
Jahren ist Monika Staab als Beauftragte des Weltverbandes FIFA für den Frauenfußball auf
Reisen. In dieser Eigenschaft ist sie in vielen Ländern unterwegs, um für den Frauenfußball zu
werben, Strukturen aufzubauen oder selbst Teams zu trainieren. Wir erreichten sie auf Zypern,
wo sie eine Frauenmannschaft trainierte. Ihr Erfahrungsbericht lässt erkennen: Es gibt noch viel
zu tun!
Von Monika Staab
Auf der Welt gibt es circa 240 Millionen Fußballer – davon sind 30 Millionen Frauen und
Mädchen; die Zahl steigt täglich. Die Bedeutung des Fußballs für viele Mädchen und Frauen
fördert deren Entwicklung in gesellschaftlicher und rechtlicher Hinsicht enorm.
In den meisten Entwicklungsländern, die ich in Asien und Afrika bereisen konnte, brauchen
Frauen diesen Fußball, um sich stärker in ihren Gesellschaftsschichten durchzusetzen. Der
Sport und hier der Fußballsport gibt diesen Mädchen nicht nur für einen Moment Freiheit und
Glückseligkeit. Er steigert unglaublich das Selbstbewusstsein. Wenn die Mädchen Fußball
spielen, fühlen sie sich stark und ihre alltäglichen Sorgen sind für einen Moment vergessen.
Mädchen sind in vielen Bereichen benachteiligt
Eine Fußball spielende Frau aus Peru in den Anden sagte einmal: “Wenn ich nicht Fußball
spielen könnte, würde ich weinen. Ich muss spielen, und nachdem ich auf dem Fußballfeld so
gelacht habe, ist das Leben viel leichter. Wenn wir uns beim Fußballspielen austoben, werden
wir so glücklich, dass alle Sorgen wie weggeblasen sind. Auf dem Fußballfeld sind wir Frauen
wie ein einziger Körper; wir fühlen uns auf einmal so großartig. Wir sind so stolz, das Spiel gibt
uns Kraft, Lebenskraft und auch Selbstbewusstsein."
Die Chance, sich diesem Sport widmen zu können, stärkt das Selbstvertrauen. Leider fehlt es oft
an dieser Möglichkeit, denn in Afrika müssen die Mädchen sehr früh im Haushalt helfen und
können deshalb oft nicht die Schule besuchen. Die Jungen indessen können zur Schule gehen,
ihren Fußball spielen und dadurch viele Erfolgserlebnisse haben. Leider fehlt es häufig am Geld,
deshalb werden sehr oft die Söhne den Töchtern vorgezogen.
Im Alter von zwölf Jahren müssen die Töchter zu Hause bleiben. Ihnen wird schon daher nicht
die gleiche Chance eingeräumt wie den Jungs. Durch das Fußballspiel und beim Training stelle
ich viele positive Veränderungen bei den Mädchen fest. Es fördert das Vertrauen in sich selbst
und das Durchsetzungsvermögen. Die Mädchen lernen sich zu behaupten und kämpfen für ihre
Rechte; dies wiederum hilft ihnen, sich gegen Gewalt, Vergewaltigung und eventuell
Rechte; dies wiederum hilft ihnen, sich gegen Gewalt, Vergewaltigung und eventuell
Schwangerschaft zur Wehr zu setzen. Sich mit schon zwölf Jahren in der Männerdomäne zu
behaupten verlangt viel Mut. Das finde ich bewundernswert.
Ohne Frauen keine Entwicklung
Ich bin fest davon überzeugt, dass Fußball spielende Mädchen mit gestärktem
Selbstbewusstsein ihre Lebensaufgaben angehen. Sie trauen sich mitzureden und setzen sich
stärker für ihre Rechte ein.
Auf der südpazifischen Insel Vanuatu, in Port Vila, gibt es beispielsweise eine Fußgängerbrücke,
die Frauen bis vor kurzem nicht überqueren durften. Der Grund: auf der Brücke würden sie die
Männerblicke der darunter fahrenden Autofahrer auf sich ziehen. Nicht nur wegen des großen
Umwegs haben sich die Frauen erfolgreich zur Wehr gesetzt.
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Training in der Stadt Karakol in KirgistanFoto: Monika Staab
Der Fußballsport bietet den Frauen eine gute Chance, sich in der dominerenden
Männergesellschaft einzumischen, sich für Wahlen einzusetzen und vielleicht auch politische
Führungspositionen zu übernehmen.
Frauen in Führungspositionen setzen sich wiederum stärker für das eigene Geschlecht ein.
Deshalb ist es unumgänglich, dass alle Mädchen - genauso wie Jungs - eine gute Schulbildung
erhalten. Wären Frauen in den Entwicklungsländern verstärkt in politischen Positionen vertreten,
würden sie meiner Meinung nach auch mehr Einfluss auf Korruption und Vetternwirtschaft
nehmen.
Neben der Bekämpfung der Armut, die überwiegend weiblich ist, steht für mich in Afrika die AidsBekämpfung an erster Stelle. Besonders dringlich sehe ich auch die Aufklärung der Frauen und
Mädchen an, damit sie sich vor Aids und ungewollten Schwangerschaften schützen können.
Aber damit sich etwas verändert, müssen die Frauenrechte weiter gestärkt und durchgesetzt
werden. Hier wollen wir mit unserer „Entwicklungsarbeit“ im Frauenfußball auch durch Aufklärung
unseren Anteil leisten.
In Eritrea hat mich die Emanzipation der dortigen Frauen sehr überrascht. Viele waren zu meiner
Verwunderung im Fußballverband aktiv. Einheimische erklärten mir, dass die Männer die Frauen
erst schätzen gelernt hätten, als sie mit ihnen gemeinsam Seite an Seite an der Kriegsfront
gegen Äthiopien gekämpft hätten. Dieses Beispiel, so finde ich, sollte nicht unbedingt als Vorbild
für gelungene Emanzipation dienen. Jene „Fronterfahrung“, sagt immerhin aus, dass auch
Frauen in solchen Situationen ihren Mann stehen können.
Vorbehalte abbauen
Die Vorbehalte gegenüber dem Mädchenfußball sind in den muslimischen Ländern am größten.
Die meisten Eltern sind davon überzeugt, dass Fußball nichts für ihre Töchter sei. Er sei zu „rau
und hart“. Zudem bestehen Vorurteile, dass Fußball spielende Töchter keinen Mann bekommen.
Oder: Der Sport sei gefährlich für die Gesundheit der Frau und beeinträchtige das Kinderkriegen.
Ein Araber sagte mir einmal, die Frau sei ein Kristall - und spiele dieser Kristall Fußball, so
zerbreche er. Es ist nicht so einfach, solchen Aussagen etwas entgegenzusetzen.
In Pakistan hatte ich Mädchen im Training, die sich heimlich von zu Hause weggeschlichen
haben, um bei mir mitzutrainieren. Sie würden in ihrem Dorf als Außenseiterinnen abgestempelt
und hätte keine Chance, einen Mann zu bekommen, erzählten sie. Die Familie bedeutet in der
muslimischen Gesellschaft alles. Viele Eltern denken, die Weiblichkeit der Tochter ginge
verloren, wenn sie Fußball spiele.
Aber in Deutschland bestanden vor 40 Jahren ebenfalls Bedenken, dieser Sport könne schädlich
für die Gesundheit der Frauen sein - was nie erwiesen wurde. Natürlich ist Fußballsport auch ein
Kampfsport mit Körperkontakt, und da kann es auch schon mal etwas ruppiger zugehen.
Durch meine Missionen in den muslimischen Ländern werden Vorurteile abgebaut. Ich zeige
Videos von internationalen Fußballspielen, in denen die Frauen sehr attraktiv und fraulich
aussehen. Natürlich gibt es dort sehr wenige Mädchen, die auf den Straßen Fußball spielen
dürfen; dies dürfen nur die Jungs. Den Mädchen wird in den meisten Schullehrplänen das
Fußballspielen nicht erlaubt. Die Jungs spielen eine Schulmeisterschaft aus, die Mädchen dürfen
dies nicht.
Mädchen sollen Korbball spielen, das sei weniger gefährlich. Wobei gerade eine medizinische
Studie der FIFA erwiesen hat, dass Fußballspielen sehr gesund für jeden Menschen ist – Frau
und Mann. Es kommt hinzu, dass die Schulbildung über allem steht, das heißt, die Eltern geben
ihren Kindern nicht so viel Freiraum, um Sport treiben zu können.
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Training in SüdasienFoto: Monika Staab
Dass Sport förderlich für gute schulische Leistungen ist, ist noch nicht in allen
Entwicklungsländern angekommen. In Myanmar gibt es gar keinen Sportunterricht in den
Schulen und somit wenig Chancen, soziale Integration, Kommunikation, Fair Play und Respekt
zu fördern.
In Kambodscha sollen die Frauen nicht Fußball spielen, weil sie dadurch angeblich eine dunkle
Hautfarbe bekommen. Dunkle Hautfarbe bedeutet dort Armut. Die Frauen bleichen ihre Haut
weiß, um schöner auszusehen.
Saudi Arabien ist das einzige Land, das den Frauenfußballsport ablehnt. In Iran gibt es einen gut
organisierten Frauenfußball, allerdings sind keine Männer im Stadion zugelassen. Frauen dürfen
auch keine Männerspiele anschauen. Jede Frau auf der Straße muss ein Kopftuch tragen – all
das sind Dinge, die die Regierung dort vorschreibt. In den anderen arabischen Ländern
entscheiden hierüber die Eltern.
Burundi: Fußball-Präsidentin zeigt Stärke
Burundi: Fußball-Präsidentin zeigt Stärke
Fußball ist in Afrika, im arabischen Raum oder anderswo immer noch eine Männerdomäne.
Entsprechend gibt es wenige Frauen, die sich in den Führungsebenen der Fußballverbände
etabliert haben. Burundi hat eine Fußball-Präsidentin und sie setzt sich sehr stark für den
Frauenfußball ein. Sie musste sich in dieser Männerwelt durchsetzen und hat dies hervorragend
gemeistert.
Vor viereinhalb Jahren, als ich meine Arbeit bei der FIFA als Beauftragte für Frauenfußball
begann, befanden sich gerade einmal 100 Länder in der FIFA-Rangliste; heute sind es 170. Und
der Fußball wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle für die Entwicklung der Frauen spielen.
Fazit: Die fußballspielenden Mädchen, sofern sie die Chance hierzu bekommen, gehen gestärkt
aus der Gesellschaft hervor und setzen sich wiederum verstärkt für die Rechte der Frauen ein.
Frauen kämpfen gemeinsam für ihre Rechte, und der Fußball kann hierbei einen großen Beitrag
auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter leisten.
Weitere Informationen
Monika Staab: Weltreisende in Sachen Fußball
Buchtipp: „Früchte des Traums“
Monika Staab on tour
Neue 10-Euro-Gedenkmünze zur Frauen-Fußball-WM 2011 (PDF)
Aktion: Frau in Bewegung
Frauenfußball in der Verbotszeit
Frauenfußball in der DDR
Frauenstark: Aktion Brot für die Welt
Foto: GIZ/YDF
Portia verbindet Fußballtraining mit der Vermittlung von Sozialkompetenz
Frauen am Ball
Mit Doppelpass zum Vorbild werden
Weitere Informationen
Das Projekt Youth Development through Football
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit
Bundesentwicklungsministerium
Foto: Afghanistanhilfe Paderborn/Sameullah Assad
Sportlichen Zusammenhalt spüren lassen: Birgit Prinz in Afghanistan.
Frauen am Ball
Frauenfußball: Brücken schlagen am Hindukusch
Die Lage in Afghanistan ist noch nicht stabil. Attentate sind nach wie vor an der Tagesordnung.
Ausländer leben gefährlich in einem Land, das dreißig Jahre nur Krieg und Zerstörung kannte.
Und genau so lange musste der Fußball warten, um dort wieder eine Rolle zu spielen. König
Fußball hielt wieder Einzug, als sich das Nationale Olympische Komitee in Zusammenarbeit mit
dem Auswärtigen Amt und dem Deutschen Fußball-Bund beim Wiederaufbau des afghanischen
Fußballs engagierten.
Das war im Jahr 2003, als der deutsche Entwicklungs-Experte Holger Obermann vom Deutschen
Olympischen Sportbund, finanziert vom Auswärtigen Amt, wieder eine Ländermannschaft aufs
Feld schicken konnte. Mit der notwendigen Auslandserfahrung, die er als Fußballtrainer in
Ländern der Dritten Welt und als Journalist gesammelt hatte, leistete er wertvolle FußballEntwicklungsarbeit im unruhigen Afghanistan. Das Ergebnis war eine stolze afghanische HerrenNationalmannschaft.
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Gaben afghanischen Fußball einen Ruck: Birgit Prinz, Holger Obermann, Ali Askar LaliFoto:
Holger Obermann
Nur drei Monate später trat eine Entwicklung ein, die vorher keiner für möglich gehalten hatte:
der Start des Mädchen- und Frauenfußballs. Und das in einem Land, in dem die Frauen
gedemütigt und gepeinigt wurden und keine Rolle in der Gesellschaft spielen durften.
In den Jahren des Taliban-Regimes war es ihnen beispielsweise verboten, einen Beruf
auszuüben, zu studieren oder – eine Todsünde – Sport zu treiben. Wer es dennoch tat, wurde
hart bestraft, nicht selten gesteinigt.
Die Angst spielte mit
„Wir haben uns immer gegenseitig Mut gemacht!“ sagt eine junge Frau, die zu jenen
Spielerinnen zählte, die der Pionier Obermann um sich scharen konnte. Der ehemalige ARD-
Fernsehjournalist hatte sofort reagiert, als ihn die Frauen-Ministerin aufforderte, etwas für die
Körperertüchtigung der Frauen zu tun – nach all den Jahren der sportlichen Enthaltsamkeit. „Auf
unseren ersten Aufruf, sich am Fußball zu beteiligen, meldeten sich zehn afghanische Mädchen
im Alter von 16 und 17 Jahren. Ich sehe die Mädchen noch heute, wie sie entschlossen
dastanden, aber trotzdem viel Mut aufbringen mussten, um dem Ball nachzujagen!“, so
Obermann.
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Ins Herz geschlossen: Birgit Prinz mit zwei NachwuchstalentenFoto: Holger Obermann
Eine junge Frau erinnert sich heute: „Wir hatten Angst um unser Leben, trotz aller Freude, wieder
einer spielerischen Beschäftigung nachgehen zu dürfen. Denn das Land war nach wie vor nicht
frei von Taliban-Sympathisanten, und wir liefen Gefahr, dass diese uns auflauerten und
womöglich töteten!“
Auch viele Eltern waren nicht unbedingt begeistert davon, dass ihre Töchter Fußball spielen,
denn auch sie fürchteten die Reaktion der Taliban. Aber der Startschuss war erfolgt. Das
Spielfeld, ein kleiner Schulhof im Herzen der Stadt Kabul, war hermetisch abgeriegelt und von
Polizisten bewacht. Jedoch - die letzte Unsicherheit blieb.
Mangelware: Sportmaterial und Trainerinnen
Eine mutige Lehrerin hatte sich zur Verfügung gestellt und leitete die Übungsstunden - mehr
organisatorisch als sportlich. Denn eine passende Ausbildung hatte sie nicht, obwohl sie an ihrer
Schule als Sportlehrerin registriert war.
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Gruppenbild: Freude über neue Sportkleidung und BälleFoto: Afghanistanhilfe
Paderborn/Sameullah Assad
Und so sah man Pässe, Schüsse oder Dribblings nur in bescheidenem Ausmaß. Aber es machte
allen Spaß, und das war das Wichtigste. Obermanns Partner war der Afghane Ali Askar Lali, der
ihn ermutigt hatte, das Wagnis einzugehen und die Mädchen und jungen Frauen zum
Fußballspielen zu animieren.
Ali Askar Lali war Ende der achtziger Jahre beim Einmarsch der Russen mit einem Teil der
Nationalmannschaft nach Deutschland geflüchtet. Die Spieler hatten in Paderborn eine neue
Nationalmannschaft nach Deutschland geflüchtet. Die Spieler hatten in Paderborn eine neue
Heimat gefunden. Von Paderborn ging auch die Idee aus, in Afghanistan eine Schule zu bauen,
in der sowohl Jungen als auch Mädchen Mathematik, Englisch oder Computertechnik studieren
und Fußball spielen konnten. „Learn and Play“ nannte sich dieses Programm, das auch vom
Auswärtigen Amt finanziell unterstützt wurde. Mit dabei war auch die Afghanistanhilfe Paderborn.
Birgit Prinz - auch in Afghanistan populär
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Training mit Birgit: Immer mehr Freude und Lockerheit kommt auf.Foto: Afghanistanhilfe
Paderborn/Sameullah Assad
Holger Obermann und Ali Askar Lali waren es auch, die mit Hilfe des Deutschen Fußball-Bundes
und des Fußball-Weltverbandes die dreifache Weltfußballerin der Jahre 2003, 2004 und 2005,
Birgit Prinz aus Frankfurt, nach Afghanistan einluden. Nach anfänglichen Bedenken nahm Birgit
Prinz im Jahr 2007 die Einladung schließlich an.
Natürlich hatte auch sie zunächst gewisse Ängste abzubauen, die mit einem solchen Trip
verbunden waren. Birgit Prinz nahm am Unterricht teil, aber was noch wichtiger war: Sie spielte
mit den Mädchen der Schule Fußball.
Alle waren begeistert, und noch heute hängen die großen Poster von Birgit Prinz an den Wänden
der Schulklassen von „Learn und Play“. „Sie hatte nicht nur Fachwissen mitgebracht, sondern
hat auch einen solchen Charme ausgestrahlt, dass alle begeistert waren“, erinnert sich der FIFAVertreter Urs Zanitti, der organisatorisch am Zustandekommen dieser Reise beteiligt war.
Finanziert hatte das Projekt der Deutsche Fußball-Bund.
Unvergessene Zeit in Afghanistan
Birgit Prinz hat diese Reise in ein ihr völlig unbekanntes Terrain bis heute nicht vergessen. „Es
war ein Erlebnis, das bei mir trotz aller Erfolge im internationalen Fußball - wie die zwei
gewonnenen Weltmeisterschaften hintereinander - in der Erinnerung ganz oben steht“, sagt sie.
Noch heute unterstützt Birgit Prinz den afghanischen Frauenfußball mit einer monatlichen
Geldspende, von der sie weiß, dass sie gut angelegt ist.
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Mut machen: Birgit Prinz mit einer Fußball begeisterten AfghaninFoto: dfb/Holger Obermann
„Wenn ich könnte,“ so Birgit Prinz, „würde ich einmal im Jahr nach Kabul reisen, um dem
Mädchenfußball neue Impulse zu verschaffen. Doch leider verhindert das die politische Lage!“
Als Holger Obermann seine Pionierarbeit Anfang des Jahres 2004 beendete, übernahm sein
deutscher Kollege Klaus Stärk die Fortsetzung dieses kleinen Wunders.
Denn inzwischen war die Zahl der Teilnehmerinnen immer mehr in die Höhe geklettert. Man
sprach schließlich von 2.000 Spielerinnen. Sogar ein richtiger Meisterschaftsbetrieb sowohl in
der Halle als auch auf dem großen Feld war jetzt möglich.
Klaus Stärk kümmerte sich unterdessen um die Ausbildung der Trainerinnen. Immer wenn
Obermann in den folgenden Jahren nach Kabul kam, hatte er viel Ausbildungsmaterial und
Sportkleidung mit im Reisegepäck.
Eine afghanische Frauen-Fußballmannschaft in Deutschland
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Afghanische Frauen-Nationalmannschaft beim Training in DeutschlandFoto: picture-alliance/ dpa
Ein besonderes Erlebnis für die afghanische Frauen-Nationalmannschaft war Anfang 2008 die
Teilnahme an einem internationalen Frauenfußball-Turnier in Berlin. Eine anschließende
Gastspielreise durch Baden-Württemberg war für die afghanischen Fußballerinnen ein
besonderes Erlebnis. Dabei waren die 18 Frauen vom Hindukusch mit ihrem ersten offiziellen
Trainingslager zu Gast an der Sportschule Ruit.
Birgit Prinz, die Kapitänin der deutschen Nationalmannschaft, würde die Mädchen und jungen
Frauen, die sie in Kabul trainiert hatte, gerne einmal wiedersehen.
Holger Obermann, Ali Askar Lali und zuletzt Klaus Stärk haben großen Anteil daran, dass
fußballbegeisterte Afghaninnen und Afghanen wieder am internationalen Spielbetrieb teilnehmen
können. Dank ihrer Mithilfe können sich die Spielerinnen und Spieler auf einen funktionierenden
Verband, auf verbindliche Satzungen und einen laufenden Spielbetrieb stützen.
Weitere Informationen
Holger Obermann: Reise in die Vergangenheit
Die beste Entscheidung meines Lebens!
Sport und Außenpolitik
Menschen bewegen – Grenzen überwinden
Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB)
Straßenfußball in Afghanistan
Ein Leben für die Völkerverständigung
Foto: Plan Deutschland
Sportliche Begeisterung und Lernen ohne Angst gehen Hand in Hand
Frauen am Ball
Mädchen kicken für ihre Rechte
Noch wenige Tage bis zur Eröffnung der FIFA Frauen-WM am 26. Juni in Deutschland. Dann
werden 16 Teams um die Weltmeisterschaft spielen und Millionen Fans in den Stadien und vor
den Bildschirmen mitfiebern.
Vor allem für Kickerinnen in Entwicklungsländern wird diese WM ein großes Fest werden.
Fußball hat für sie eine besondere Bedeutung. Der Sport fördert nicht nur die körperliche
Entwicklung, sondern auch die soziale Kompetenz und das Selbstbewusstsein der Mädchen.
Das Kinderhilfswerk Plan fördert deshalb unter der Schirmherrschaft von Weltmeisterin Sonja
Fuss Mädchenfußball-Projekte in Brasilien, Ghana, Togo und Indonesien.
Kicken ist Mädchensache
Mädchen sind oft benachteiligt – auch in ihrer Freizeitgestaltung. Beim Fußball können sie ihrer
Begeisterung freien Lauf geben. Es wird aber nicht nur Fußball gespielt. Die Mädchen setzen
sich in den Plan-Projekten auch mit wichtigen Themen wie HIV/Aids oder häusliche Gewalt
auseinander.
In Ghana initiierte ein Mädchen aus einem Kinderclub das Projekt. Inzwischen spielen mehr als
425 Nachwuchs-Kickerinnen aus 40 Gemeinden in insgesamt 25 Teams. Im westafrikanischen
Togo entstehen in fünf Projektgebieten zehn Mädchen-Schulmannschaften. Ihr Ziel: Sie wollen
eines Tages zum Team der besten Nachwuchsspielerinnen Togos gehören.
"Ich bin sehr stolz, wenn sie mich Fußballerin rufen", sagt ein 15-jähriges Mädchen. Ein Spiel der
Mädchen-Mannschaften ist inzwischen eine Attraktion im Dorf und in der Region, auch Jungen
und Männer honorieren den Einsatz der jungen Kickerinnen.
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Volle Begeisterung für vollen EinsatzFoto: Plan Deutschland
Die jungen Mannschaften werden von der Kinderhilfsorganisation Plan mit Trikots, Schuhen,
Bällen sowie Tor-Netzen ausgestattet und bekommen einen Trainer oder eine Trainerin. Quasi
nebenbei wird über wichtige Fragen der Gesundheitsvorsorge und die Bedeutung von Bildung
informiert.
Mehr als nur Fußball spielen
Auch in Codó im Nordosten Brasiliens trainieren rund 600 Mädchen in Plan-Projekten. Die
Fußballerinnen sprechen nicht nur über Abseits und Freistoß, sondern über Themen, mit denen
viele früh konfrontiert sind: Kinderarbeit, Prostitution, sexueller Missbrauch, frühe
Schwangerschaft und Gewalt. Gemeinsam suchen sie Lösungen für ihre Probleme.
"Ich würde später so gerne in der Nationalmannschaft spielen", beschreibt ein Mädchen seine
Träume. Eine Plan-Mitarbeiterin erklärt, um das zu erreichen, müsse sie regelmäßig zur Schule
gehen, an sich glauben und vor allem nicht früh schwanger werden. In den Projekten lernen die
Mädchen auch ihre Rechte kennen und wie sie diese durchsetzen.
Dribbeln gegen Gewalt in Indonesien
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Gemeinsam stark - Mädchen am BallFoto: Plan Deutschland
"Wir sind indonesische Kinder. Und wir werden alles tun, um Gewalt an unseren Schulen in
Freundschaft umzuwandeln". Als die 14-jährige Asri Pratiwi vor einigen Monaten diese
Gedichtzeile einer Mitschülerin las, entschloss sie sich, am neuen Plan-Mädchenfußball-Projekt
in Jakarta teilzunehmen und sich so für die Kampagne "Lernen ohne Angst" stark zu machen.
Länderdirektor John McDonough erklärt die Bedeutung des Projektes: "Fußball ist sehr beliebt in
Indonesien. Das Mädchenfußball-Projekt eignet sich sehr gut, um Schüler und Schülerinnen
auch für andere wichtige Themen zu gewinnen, vor allem, um die zunehmende Gewalt an
Schulen einzudämmen". Aus Angst vor Schikane sänken nämlich die Leistungen und die
Abbrecherquote steige. Ziel des Plan-Projekts in Indonesien ist es, durch die Förderung des
Fußballsports für Mädchen die Gewalt an 15 Schulen in Jakarta zu reduzieren.
Dazu gehören neben Fußball-Training und Workshops auch die Erstellung einer Broschüre und
eines web-basierten Netzwerkes zum Thema. Hier können sich Kinder und Jugendliche
austauschen. Das Projekt dient als Modell für andere Schulen und die Bildungsbehörde.
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Shary Reeves besucht Mädchen-Fußballprojekt in IndonesienFoto: Plan Deutschland/Gätke
>> Video: Shary Reeves ("Wissen macht Ah!"-Moderatorin) besucht Fußballprojekt in Indonesien
"Mädchen können durch Fußball viel selbstbewusster werden. Außerdem lernen wir viel über
Teamarbeit, Fairplay und Respekt", stellt Asri fest. Ende April wählten die Schülerinnen des
Mädchenfußball-Projektes vier Kickerinnen, die im Juni als Teambotschafterinnen zu einem
Mädchenfußball-Workshop nach Deutschland fahren werden, unter ihnen auch Asri.
Mini-WM und Benefizspiel in Hamburg
Vom 20. bis 26. Juni werden jeweils vier Mädchen aus Brasilien, Ghana, Togo und Indonesien
an einer Projektwoche in Hamburg teilnehmen. Gemeinsam mit den AFC Deerns, einem
Mädchenfußballteam aus Hamburg, werden Fußballtrainings beim Hamburger SV stattfinden. In
Workshops setzen sich die Mädchen mit Kinderrechten auseinander und reden über Themen wie
frühe Schwangerschaft, HIV und Aids sowie Integration und Toleranz.
Einen Tag vor dem WM-Eröffnungsspiel, am 25. Juni, kicken Hamburger Mädchenfußballteams
und Spielerinnen aus aller Welt in einer Mini-WM zugunsten der internationalen MädchenfußballProjekte von Plan.
Mit dabei eine Promi-Mannschaft mit "Wissen macht Ah!"-Moderation Shary Reeves, FußballWeltmeisterin und WM-ZDF-Expertin Silke Rottenberg, Ex-Nationalspielerin Katja Kraus,
Meli, Sängerin und Mitglied von Sisters, sowie Queensberry Sängerin Leo.
Unterstützung von einer Weltmeisterin
Profi-Fußballerin Sonja Fuss hat die Schirmherrschaft für diese Projekte übernommen. "Ich
unterstütze die Mädchen-Fußballprojekte von Plan, weil dieser Mannschaftssport Werte wie
Respekt, Teamfähigkeit, Selbstbewusstsein vermittelt, die dazu beitragen, dass sich die jungen
Spielerinnen in ihrer Gesellschaft besser positionieren können", sagt die mehrmalige Welt- und
Europameisterin.
Die Schirmfrau zeigt sich überzeugt: "Das Vermitteln von sozialen und emotionalen Aspekten wie
zum Beispiel Nächstenliebe, Fairness, Aufrichtigkeit und Verantwortung geben nicht nur den
betroffenen Mädchen Stärke für ihre eigene Zukunft, sondern vielleicht einer ganzen Familie,
einem ganzen Dorf oder auch einem Land." (Quelle: Plan International Deutschland e.V.)
Gleichberechtigung – Grundsatz der deutschen Entwicklungspolitik "Gleiche Rechte, gleiche
Pflichten, gleiche Chancen und gleiche Macht für Frauen und Männer" ist ein Grundsatz der
deutschen Entwicklungspolitik. Die Förderung der Gleichberechtigung ist eine
deutschen Entwicklungspolitik. Die Förderung der Gleichberechtigung ist eine
Querschnittsaufgabe aller Bereiche der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Die
Bundesrepublik orientiert sich dabei an den internationalen Vereinbarungen für Frauenrechte.
Ziel ist, Frauen und Männer gleichberechtigt am Entwicklungsprozess zu beteiligen und
langfristig eine Verbesserung der Stellung von Frauen und ihre Machtgleichstellung zu erreichen.
Der entwicklungspolitische Aktionsplan für Menschenrechte 2008 bis 2010 des
Bundesentwicklungsministeriums befasst sich in besonderem Maße mit den Rechten von
Frauen. Zu den konkreten Maßnahmen des Plans gehören unter anderem das Engagement für
die Verwirklichung sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte und die Förderung der
Umsetzung internationaler Konventionen und Vereinbarungen zur Stärkung der Frauen.
Weitere Informationen
WM-Expertin Silke Rottenberg kickt für Plan
Lernen ohne Angst
Interview mit Sonja Fuss
Girls go for goals
Frauenrechte stärken - Magazin zur Entwicklungspolitik (pdf)
Gleichberechtigung - Grundsatz deutscher Entwicklungspolitik
Foto: Amandla EduFootball
Gemeinsam am Ball in Südafrika
Frauen am Ball
Mädchen auf den Platz holen!
Der Sommer steht im Zeichen des Frauenfußballs. Doch welche Rolle spielt der Fußball im
Leben von Frauen rund um die Welt? Ein Blick auf das streetfootballworld-Netzwerk zeigt, wie
verschiedenste Organisationen weltweit Fußball für die Unterstützung von Mädchen und Frauen
einsetzen.
Die gemeinnützige Organisation streetfootballworld hat ihren Sitz in Berlin. Durch die
Leidenschaft für den Fußball vereint streetfootballworld Menschen und Organisationen hinter
dem gemeinsamen Ziel, junge Menschen stark zu machen und ihr Umfeld positiv zu verändern.
Das Netzwerk besteht aus über 80 Organisationen in fast 60 Ländern. Diese nutzen den Fußball,
um soziale Probleme wie HIV/Aids, Kriminalität oder Obdachlosigkeit zu bekämpfen. Im Jahr
2010 unterstützten die Netzwerkmitglieder mehr als 600.000 junge Menschen auf der ganzen
Welt.
Streetfootballworld arbeitet mit dem Auswärtigen Amt (AA) und der Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums
zusammen. “Mit dem AA haben wir beispielsweise eine Turnierserie in verschiedenen Ländern
organisiert, bei denen Schüler der PASCH-Schulen („Schulen: Partner der Zukunft“,
außenkulturpolitische Partnerschulinitiative des AA) mitgespielt haben. Das internationale Finale
findet in wenigen Tagen in Berlin statt. Mit der GIZ arbeiten wir im Rahmen der Initiative ‚Youth
Development through Football‘ zusammen. Wir setzen dabei Capacity Development Workshops
(Workshops zur Verbesserung von Management, Kenntnissen und Fähigkeiten) mit unseren
kenianischen Netzwerkmitgliedern um“, so Sarah Bagel von streetfootballworld.
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Starke Mädchen - das Team gewinntFoto: Efrat Sa´ar
Frauen und Mädchen ins Spiel bringen
Nicht nur im WM-Jahr 2011 steht dabei auch die Gleichberechtigung der Geschlechter ganz
oben auf der Agenda. Rund um die Welt kämpfen streetfootballworld-Netzwerkmitglieder für eine
starke Position von Mädchen und Frauen – auf dem Fußballplatz und in der Gesellschaft.
Sie haben erkannt, dass Fußball ein sehr effektives Instrument ist, um Mädchen
zusammenzubringen, ihnen Selbstbewusstsein zu geben und sie ins aktive öffentliche Leben
einzubinden.
Fußball war lange Zeit ein von Männern dominierter Sport. Die Chancen für Frauen im Fußball
waren sehr begrenzt, in vielen Fällen sogar von Verboten und Strafen begleitet. Selbst in
Deutschland war organisierter Frauenfußball von 1950 bis 1970 offiziell verboten! Doch in den
letzten zwei Jahrzehnten ist ein Wandel spürbar, angeführt gerade von kleineren lokalen
Organisationen und Vereinen. Sie verzeichnen einen großen Zuwachs an weiblichen
Spielerinnen und fördern aktiv die Einbindung von Frauen und Mädchen.
Es geht um sehr viel mehr als um Tore
Bei den Programmen aus dem streetfootballworld-Netzwerk geht es dabei um sehr viel mehr als
nur um Tore und die richtige Spielstrategie. In vielen Ländern ist es gar nicht so einfach, die
Familien der Teilnehmerinnen überhaupt davon zu überzeugen, dass der Fußball auch etwas für
Mädchen ist. Aufklärungsarbeit fängt gerade in Entwicklungsländern bereits an, bevor das Spiel
überhaupt beginnen kann.
Diane Sousa, eine 19-jährige Mitarbeiterin von Formação, einem Netzwerkmitglied aus Brasilien,
berichtet über die Vorurteile gegenüber Frauen im Fußball in ihrer Region: „Es gab einige
Verwandte, die mich verurteilten, weil ich Fußball spielte. Es ist tief in der brasilianischen Kultur
verwurzelt, dass die Frau für dieses und jenes keine Kraft hat und dies und das nicht tun darf
oder kann.“
Inzwischen hat sich Diane genau wie zehntausende andere Frauen ihren Platz im Fußball und
im Leben erspielt. Für sie alle bedeutet der Sport eine einzigartige Möglichkeit, sich
auszudrücken, sich in ihren Gemeinden einzubringen und selbst an Entwicklungsprozessen
mitzuarbeiten. Denn für die streetfootballworld-Netzwerkmitglieder hört die Arbeit nicht mit dem
Schlusspfiff auf.
Perspektivenwechsel durch den Fußball
Teil eines Fußballprogrammes zu sein, bedeutet für Frauen in vielen Ländern gleichzeitig, aktiv
am Leben der Gemeinde teilzuhaben. Anstatt in ihrer Rolle nur auf den Haushalt und die Familie
beschränkt zu sein, rücken sie hier auf einmal ganz in den Mittelpunkt. In vielen Dörfern und
kleinen Städten ist der Fußballplatz ein Zentrum des öffentlichen Lebens, und die Spiele am
Wochenende sind der Höhepunkt für alle Bewohner. Durch die Arbeit der Netzwerkmitglieder
stehen die Frauen hier nicht mehr am Rande, sondern mittendrin.
Und manchmal führt der Weg auch weit über den lokalen Fußballplatz hinaus! Bei
internationalen Festivals wie dem von streetfootballworld und FIFA organisierten Football for
Hope Festival 2010 in Südafrika geht es vor allem um den interkulturellen Dialog und Fair Play.
Gerade für Mädchen und Frauen sind solche Veranstaltungen oft die erste Möglichkeit, um aus
ihrem eng begrenzten Umfeld herauszutreten und über den Tellerrand zu schauen.
Linda aus Kambodscha
“Fußball hat mein Leben sehr verändert: Er hat meine Vorstellungen und Blickwinkel verändert.
Nachdem ich von dem Festival in Südafrika zurückkam, wurde ich Young Leader und Trainerin
für die Kinder in meiner Provinz. Fußball hilft uns, zusammen zu spielen, Erfahrungen zu teilen
und uns um andere zu kümmern,” erklärt Linda Cheun aus Kambodscha. Ihre Organisation
"Spirit of Soccer" klärt junge Menschen in dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land mit Hilfe des
"Spirit of Soccer" klärt junge Menschen in dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land mit Hilfe des
Fußballs über die Gefahren von Landminen auf.
Sie kicken gemeinsam: Israelische und palästinensische Mädchen und
Jungen
Andere erkennen durch die Programme, dass sie selbst etwas zur Veränderung ihrer Situation
beitragen können. Die 14-jährige Yahav Zeguri spielt Fußball in einer der vom Peres Center for
Peace organisierten „Twinned Peace Soccer Schools“. Hierbei kommen regelmäßig israelische
und palästinensische Kinder zusammen und lernen über den Fußball die jeweils „andere Seite“
besser kennen und verstehen.
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Fußball verbindet - Spielerinnen der Mini-Frauen-Fußball-WM, organisiert vom Peres Center for
Peace, IsraelFoto: Efrat Sa´ar
“Durch den Fußball und in Friedensspielen begann ich mit den palästinensischen Mädchen zu
sprechen und so den Konflikt besser zu verstehen. Ich verstand plötzlich, wie wichtig es war,
unserer politischen Situation nicht teilnahmslos gegenüber zu stehen. Ich bin jetzt
leidenschaftlicher als je zuvor im Hinblick auf diese Situation. Ich liebe meine palästinensischen
Freundinnen und habe ein enges Verhältnis zu einigen von ihnen aufgebaut. Sie sind nette und
glückliche Mädchen, die das Leben lieben und denen Frieden genauso wichtig ist wie mir,”
berichtet Yahav über ihre Erfahrungen mit dem Fußball.
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Die Partnerschulinitiative PASCH
Hoffnung für den Nachwuchs - Magazin zur Entwicklungspolitik
streetfootballworld bei Deutschland - Land der Ideen
Fußball verbindet - die Welt
Frauen am Ball
Ein Tick mehr Leidenschaft
Martina Knief ist Sportreporterin beim Hessischen Rundfunk. Fußball ist ihr Spezialgebiet in der
Berichterstattung. Schon als kleines Mädchen war der Fußball ihre Leidenschaft. Die
Moderatorin war seit dem ersten Spiel in der Frauenfußball-Bundesliga mit dabei..
Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfußball. Doch wo genau liegen sie
eigentlich? Wer hat die besseren Manieren auf dem Platz, bei wem wird mehr gefoult?
Fragen dazu an Fußballexpertin Martina Knief von Silke Wünsch und Arnulf Böttcher von der
„Deutschen Welle“ (leicht gekürzt).
Frage: Frau Knief, macht es für Sie einen Unterschied, ob Sie ein Frauenfußballspiel oder
ein Männerfußballspiel kommentieren?
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Fußballleidenschaft am Mikrofon: Sportmoderatorin Martina KniefFoto: hr / Knabe
Martina Knief: Ich weiß nicht, diese Frage hat sich mir nie gestellt. Die Frage, die sich mir am
Anfang meiner Karriere als Fußballreporterin gestellt hat, ist eher: Wie übertrage ich ein Spiel?
Ein Fußballspiel – ohne Geschlecht. Und ich bin zu dem Ergebnis gekommen: Ich übertrage ein
Fußballspiel wie Martina Knief und mache keine männlichen Kollegen nach und keine weibliche
Kollegin, sondern versuche es so zu übertragen, so wie ich es mache. Und so übertrage ich
Eintracht Frankfurt und so übertrage ich auch den 1. Frauen Fußball Club Frankfurt.
Frage: Als genaue Beobachterin entgeht Ihnen ja nicht viel – gibt es denn typisch
weibliche Verhaltensweisen auf dem Platz?
Martina Knief: Zum einen ist es so, dass ich noch nie eine Fußballerin hab aus der Nase – darf
ich das Wort benutzen? – rotzen sehen, wie man das beim Männerfußball sieht, oder auch
ausspucken. Viele Spielerinnen haben natürlich ein Papiertaschentuch im Stutzen versteckt –
das sind so Sachen, die sind natürlich sehr angenehm.
Was ich noch angenehm finde beim Frauenfußball ist, dass sich das Modell der Schwalbe noch
nicht sehr weit verbreitet hat. Sondern dass es doch etwas fairer zugeht. Man fällt, wenn man
gefoult wird und nicht dann, wenn man gerne einen Elfmeter haben möchte.
Zudem ist es auch nicht weit verbreitet, absichtlich von hinten in die Beine zu treten anstatt den
Ball erreichen zu wollen – oder sich dann gar hinfallen zu lassen, wenn man nicht getreten wird.
All das sind so Machenschaften, die mir beim Männerfußball überhaupt nicht gefallen und die
man bisher beim Frauenfußball nicht häufig sieht.
Frage: Nun handelt es sich ja auf dem Platz doch um Gegnerinnen, teilweise um sehr
erbitterte Gegnerinnen – gibt es da nicht doch so was wie "Zickenkrieg"?
Martina Knief: Na, ich als Frau verwende den Begriff "Zickenkrieg" ja nun mal nicht gerne, weil
ich den nicht gut finde. Und immer wenn zwei Frauen sich streiten, dann heißt es gleich: Die sind
ich den nicht gut finde. Und immer wenn zwei Frauen sich streiten, dann heißt es gleich: Die sind
zickig – das ist ja absoluter Quatsch. Aber natürlich gibt es beim Frauenfußball Foulspiel. Das ist
doch ein Kampfsport! Das ist in weiten Teilen auch ein Zweikampfsport (...), sonst muss ich mir
eine andere Sportart suchen, wenn ich das nicht aushalte. Und natürlich werden auch Sprüche
gemacht, all das gehört zum Fußball dazu und so natürlich auch zum Frauenfußball.
Frage: Wie sieht es denn mit den weiblichen Fans aus, gibt es weibliche Hooligans?
Martina Knief: Glücklicherweise sind mir noch keine Hooligans beim Frauenfußball
untergekommen, weder weibliche noch männliche. Dass Emotionen zum Fußball gehören, das
ist ja wohl selbstverständlich. Wenn ich auf der Tribüne sitze, dann möchte ich auch meiner
Freude oder auch meinem Unmut durch Ausrufe und auch Schreie Luft machen. Und dass da
mal das eine oder andere Wort rauskommt, was nicht zitierfähig ist, das ist nun mal so.
Frage: Wie ist denn so die Stimmung im Stadion – ist es genauso wie beim Männerfußball,
laute Fangesänge, grölende Chöre oder ist das Publikum beim Frauenfußball einfach ein
bisschen anders?
Martina Knief: Ich würd' ja sagen: Grölende Gören! Also, will sagen: Das Publikum ist jünger,
sehr familienorientiert, es sind viele Kinder und Jugendliche im Stadion, daher ist auch der
Stimmpegel sehr viel höher. Da ist auch keine aggressive Stimmung. Da geht es mehr um Spaß
und Freude am Spiel, da ist ein Tick mehr Leidenschaft dabei, finde ich.
Da werden eben auch noch mit voller Leidenschaft Fähnchen geschwenkt oder Sprüche
gesungen. Ich halte das für eine sehr angenehme Stimmung. Manchmal denke ich, es ist ein
bisschen viel Gekreische, so wie beim Kindergeburtstag, auf der anderen Seite ist es eine
familiäre Stimmung, die weder Hooligans aufkommen lässt noch negatives Gegröle, ich würde
es als freundlich-nette Fangesänge umschreiben.
Frage: Wie sieht das denn nun aus, wenn Sie jetzt mal einen Spielzug beschreiben?
Gerade bei der Radio-Reportage muss man ja sehr viel reden, da hat man ja gar nicht so
viel Zeit alles unterzukriegen. Bei den Männern wird ja dann schnell gesagt:
Schweinsteiger – Podolski – Tor. Lässt man sich bei den Frauen doch mehr Zeit und
nennt sie wenigstens auch beim Vornamen?
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Martina Knief: Frauenfußball ist fairerFoto: DFB/Kunz
Martina Knief: Ich halte es ja stets so, dass ich auch bei Männerfußballreportagen die Vornamen
dazu sage, weil ich es unmöglich finde, wenn ein Mensch nur mit dem Nachnamen
angesprochen wird. Ich möchte das auch nicht, dass mich einer nur mit Nachnamen anredet.
Entsprechend halte ich es auch so beim Frauenfußball. Wobei man dazu sagen muss: Natürlich
kennen alle Nadine Angerer. Vielleicht auch noch Lira Bajramai und erst recht Birgit Prinz.
Aber bei manchen anderen deutschen Nationalspielerinnen wird's schon schwierig. Will damit
sagen: Wenn ich beim Männerfußball sage: Podolski hat den Ball, oder ich würde ja sagen
Lukas Podolski – dann weiß ich, der Ball ist in der Regel auf der linken Seite. Wenn ich aber
sage: Kerstin Garefrekes hat den Ball, dann weiß nicht jeder zwingend, dass der auf der rechten
Seite ist. Also, ich muss viel mehr beschreiben, wo sich der Ball befindet und dann, wer am Ball
ist. Denn das ist beim Frauenfußball noch nicht so weit verbreitet, dass, wenn man einen Namen
sagt, dann jeder sofort weiß, auf welcher Position sie spielt.
Frage: Warum können weibliche Fußballerinnen so gut wie nie eine männliche U16Mannschaft schlagen?
Martina Knief: Der wichtigste Punkt ist, dass die Jungs schon im Alter von 16 Jahren körperlich
fast jeder Frau überlegen sind. Und deswegen tut sich auch die Frauennationalmannschaft
schwer, U16-Mannschaften oder B-Junioren-Mannschaften von Bundesligisten zu besiegen. Das
ist aber auch nicht wichtig, dafür gibt's keinen Pokal. Man will sich messen, mit Leuten, die in
etwa das Niveau haben wie man selber... (Quelle: „Deutsche Welle“ )
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Elf Freundinnen
HR- Reporterin Martina Knief beim "Anstoß" im Eintracht Frankfurt Museum
Die einzelnen Stadien der FIFA-Frauen-WM 2011
Frauen durften lange nicht kicken
Der weibliche Kick - Frauenfußball im Film
Magazin Sporthilfe
Foto: Bundeswehr/IMZ
Training der Frauen: Sportfördergruppe Warendorf
Frauen am Ball
Zwischen Uniform und Fußball-Trikot - Sportlerinnen der Bundeswehr
Von Florian Schmidt, aktuell – Zeitung für die Bundeswehr
Die Bundeswehr hat sich seit Ende der 60er Jahre in besonderer Weise bei der Förderung des
Spitzensports engagiert. Derzeit werden 744 Sportlerinnen und Sportler in 67 verschiedenen
Sportarten durch die Bundeswehr und ihre Sportfördergruppen unterstützt.
Auch bei der Frauen-Fußball-WM sind sechs Spitzensportlerinnen der Bundeswehr für die
Nationalelf nominiert.
Der Kader der Frauen-Nationalelf für die Fußball-Weltmeisterschaft steht fest. Bundestrainerin
Silvia Neid hat 21 Spielerinnen für die WM nominiert. Sechs von ihnen gehören zur
Bundeswehrsportförderung.
Im eigenen Land will das deutsche Team zum dritten Mal in Folge den Weltmeister-Titel holen.
aktuell – Zeitung für die Bundeswehr stellt die Soldatinnen vor, deren Leidenschaft der
Fußballsport ist.
Fußball-Nationalspielerinnen aus der Bundeswehr
Hauptgefreite Lena Goeßling spielt beim SC 07 Bad Neuenahr. Sie ist sowohl als
Abwehrspielerin als auch im defensiven Mittelfeld einsetzbar. Für die Nationalmannschaft sieht
Trainerin Neid Goeßling in der Innenverteidigung vor.
Die 24-Jährige hat bereits mit der U19-Mannschaft einen großen Titel geholt: 2004 wurde sie mit
ihrem Team Weltmeister. Die nun anstehende WM im eigenen Land ist ihr erster großer
Wettbewerb mit der A-Nationalmannschaft.
Stabsgefreite Babett Peter tritt als Deutscher Meister bei der WM an. Mit dem 1. FFC Turbine
Potsdam wurde sie Erster in der Bundesliga. Peter ist Abwehrspielerin. Einer ihrer großen
Vorteile gegenüber den Teamkollegen ist, dass sie bereits viele internationale Erfahrungen
sammeln konnte.
Die 23-Jährige hat bereits 48 Länderspiele bestritten, 2007 war sie im WM-Aufgebot, das den
Titel verteidigen konnte. Außerdem stand sie sowohl im vergangenen als auch in diesem Jahr
mit Potsdam im Champions League Finale.
Das trifft auch auf Hauptgefreite Bianca Schmidt zu. Sie spielt ebenfalls bei Potsdam, auch sie
ist Verteidigerin. Die aus Gera stammende Spielerin zählt in der Nationalmannschaft mit einem
Alter von 20 Jahren zu den Jüngsten.
Dennoch erhofft sie sich, das eine oder andere Spiel bestreiten zu können. Seit ihrem Debüt
2009 lief sie schon 14 Mal für Deutschland auf. 2010 wurde sie mit der U20-Mannschaft bereits
einmal Weltmeister.
Mit der Rückennummer 19 wird Stabsgefreite Fatmire Bajramaj auflaufen. 2008 sicherten ihre
beiden Tore den Bronze-Erfolg bei den Olympischen Spielen.
Die Mittelfeldspielerin stammt aus dem Kosovo. Seit jeher galt sie als großes Talent im
Frauenfußball.
Bereits im Alter von 17 Jahren absolvierte sie in der Nationalmannschaft ihr erstes Länderspiel,
in 44 Spielen erzielte sie acht Tore.
Auch Stabsgefreite Simone Laudehr ist Mittelfeldspielerin. Im Testspiel gegen Nordkorea zeigte
sie eine sehr gute Defensiv-Leistung und konnte damit Bundestrainerin Neid von sich
überzeugen.
Laudehr ist in Regensburg geboren und spielte bisher unter anderem beim FC Bayern München.
Jetzt spielt sie bei Duisburg.
Jetzt spielt sie bei Duisburg.
Für Hauptgefreite Ursula Holl stehen die Chancen eher schlecht, dass sie während der WM
zum Einsatz kommt. Als Torwart fährt die gebürtige Würzburgerin als Nummer Zwei hinter
Nadine Angerer mit. Sollte diese sich aber verletzen, steht Holl bereit, um die guten Leistungen,
die sie beim FCR 2001 Duisburg erbringt, zu beweisen.
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Die Sportförderung bei der Bundeswehr
aktuell – Zeitung für die Bundeswehr
Das Y-Magazin der Bundeswehr im Internet
Die Bundeswehr bei YouTube
Foto: REGIERUNGonline/Denzel
Engagement für die Freiheit: Obama würdigt die Kanzlerin
Freiheitsmedaille
Freiheitsmedaille für die Bundeskanzlerin
Als Anerkennung ihrer Lebensleistung hat US-Präsident Barack Obama Bundeskanzlerin Angela
Merkel mit der "Presidential Medal of Freedom" ausgezeichnet. Die Freiheitsmedaille ist die
höchste zivile Auszeichnung, die der amerikanische Präsident vergeben kann. Obama sprach
von "einer bemerkenswerten Karriere", die die Bundeskanzlerin gemacht habe. Sie sei nicht nur
eine herausragende Hüterin der deutschen Wirtschaft und des europäischen Projekts, sondern
präsentiere in ihrer eigenen Lebensgeschichte die Wiedervereinigung Europas und die Fähigkeit,
die Vergangenheit zu überwinden.
Der amerikanische Präsident hob zudem die Führungsrolle der Kanzlerin hervor, die auch
zukünftig bei der Überwindung der wirtschaftlichen Probleme in der Eurozone eine sehr wichtige
Rolle spielen werde.
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Unter vier Augen: Merkel und Obama führen politische GesprächeFoto:
REGIERUNGonline/Denzel
Für sie sei die Medaille Ansporn und Bestätigung, betonte die Bundeskanzlerin. „Dass ich einmal
im Rosengarten des Weißen Hauses stehen würde und dass ich von einem amerikanischen
Präsidenten die Freiheitsmedaille empfangen würde, das lag jenseits aller meiner
Vorstellungskräfte", sagte Merkel in ihrer Dankesrede. „Diese Auszeichnung ist ein sehr
bewegender Moment für mich. Die Freiheitsmedaille sehe ich als Ausdruck der exzellenten
deutsch-amerikanischen Partnerschaft an", sagte sie bei der Verleihung in Washington.
Die Medaille "Presidential Medal of Freedom" wird jährlich an Menschen vergeben, die einen
besonders verdienstvollen Beitrag zur Sicherheit und zu den nationalen Interessen der USA,
zum Weltfrieden oder für bedeutende kulturelle oder andere wichtige öffentliche oder private
Vorhaben geleistet haben. Die Bundeskanzlerin ist nach Helmut Kohl die zweite deutsche
Regierungschefin, die diese Auszeichnung erhält.
Fotoreihe: Bundeskanzlerin Merkel in Washington
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Video: Freiheitsmedaille für Bundeskanzlerin Angela Merkel
Video: USA - Hohe Ehren für Angela Merkel
Freiheitsmedaille für Bundeskanzlerin Angela Merkel
Beziehungen zwischen Deutschland und den USA
Foto: BMU/Hans-Günther Oed
EU prüft alle AKW
Europa
EU prüft Sicherheit der Atomkraftwerke
Die Nuklearkatastrophe von Fukushima in Japan hat in Deutschland das Ende der
Kernkraftwerke eingeläutet. In vielen anderen Ländern der Europäischen Union (EU) wird aber
weiter Atomstrom produziert. Allerdings hat Fukushima die Frage nach der Sicherheit der
Kernkraftwerke in allen Ländern neu aufgeworfen.
Da Unfälle in Atomkraftwerken (AKW) grenzüberschreitende Folgen haben können, sind
natürlich alle EU-Länder an der Sicherheit der Anlagen auch ihrer Nachbarn interessiert. Aus
diesem Grund haben die EU-Staats- und Regierungschefs am 25. März entschieden, dass alle
AKW nach einheitlichen Kriterien einer umfassenden und transparenten Risiko- und
Sicherheitsbewertung unterzogen werden.
Insgesamt gibt es in der EU 143 Kernkraftwerke. Diese verteilen sich sehr unterschiedlich über
die 27 Mitgliedsländer. Darin drückt sich auch die Akzeptanz der Kernkraft in den EU-Ländern
aus, die sehr unterschiedlich ausgeprägt ist.
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143 Atomkraftwerke in der EUFoto: EU-Kommission
Frankreich hat mit 58 Meilern die meisten AKW. Diese erzeugen 80 Prozent des französischen
Stroms. Einige Länder haben keine AKW, weil sie bereits seit längerer Zeit aus der friedlichen
Nutzung dieser Energieform ausgestiegen sind oder nie welche hatten. Einige Länder planen
den Neubau von AKW, weil ihnen andere Energieformen nicht oder nur unzureichend zur
Verfügung stehen. Zuletzt haben die Italiener in einer Volksabstimmung den von der Regierung
geplanten Neubau von AKW abgelehnt.
Nachbarländer werden in Stresstests einbezogen
Auch die Nachbarländer mit Kernkraftwerken wollen die von der EU vorgeschlagenen
Auch die Nachbarländer mit Kernkraftwerken wollen die von der EU vorgeschlagenen
Stresstests durchführen. Dies teilte EU-Energiekommissar Günter Öttinger vor dem
Europäischen Parlament mit. Dazu fand am 1. Juni 2011 in Brüssel eine Zusammenkunft mit
Vertretern der Schweiz, Russlands, der Ukraine, Kroatiens, Armeniens, Weißrusslands und der
Türkei statt. Dabei bestand Einigkeit über die Teilnahme an diesem Prozess und der
Durchführung vergleichbarer Tests. Weitere Treffen mit diesen Ländern sind vereinbart.
Einheitliche Kriterien für Sicherheitsüberprüfung
Inzwischen haben sich die Europäische Kommission und die Europäische Gruppe der
Regulierungsbehörden für nukleare Sicherheit (ENSREG) auf die Kriterien verständigt, die bei
der Überprüfung anzuwenden sind.
Ab dem 1. Juni werden die Auswirkungen von Naturkatastrophen auf die Kraftwerke und Unfälle
untersucht, die von Menschen verursacht werden können.
Im Einzelnen werden die möglichen Folgen nachstehender Naturkatastrophen untersucht:
Erdbeben, Überflutungen, extreme Hitze und extreme Kälte, Schnee und Eis, Stürme und heftige
Regenfälle.
Bei den Unfällen, die von Menschen ausgelöst werden können, sind folgende Prüfungen
vorgesehen: Flugzeugabstürze, Explosionen im Umfeld eines AKW, zum Beispiel von Gas- oder
Öltankwagen oder ähnliches, aber auch terroristische Angriffe.
Stresstests in drei Phasen
Die sogenannten Stresstests erfolgen in drei Phasen: Zunächst gibt es eine Vorabprüfung durch
den Kraftwerksbetreiber. Dann folgen ein Bericht der nationalen Aufsichtsbehörde und
schließlich eine Überprüfung durch internationale Expertenteams. Fragen, die die nationale
Sicherheit der Mitgliedstaaten berühren, wie die Vermeidung von Terrorangriffen auf
Atomkraftwerke werden gesondert geprüft. Die Vorsorgemaßnahmen der Mitgliedstaaten gegen
terroristische Angriffe werden nicht veröffentlicht, da diese aus nahe liegenden Gründen geheim
sind.
Die internationalen Expertenteams bestehen aus sieben Personen und setzen sich aus
Vertretern der EU-Kommission und der ENSREG zusammen. Sie haben ausdrücklich die
Erlaubnis, die AKWs zu besuchen und vor Ort zu prüfen.
Erste Ergebnisse der Tests sollen Ende des Jahres dem Europäischen Rat vorgelegt werden.
Die Abschlussberichte über die Sicherheitsüberprüfungen sollen spätestens Mitte 2012
vorliegen. Die EU-Kommission hat zugesagt, diese in vollem Umfang zu veröffentlichen.
Weitere Informationen
EU-Kommissar Öttinger vor dem Europäischen Parlament
Nach Fukushima: EU-Stresstests beginnen am 1. Juni
Weitere Informationen finden Sie bei der EU-Kommission
EU-Erweiterung
Kroatien vor Beitritt zur Europäischen Union
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Kroatien auf dem Weg in die EUFoto: picture alliance / dpa
„In Vielfalt geeint“ ist das Motto der Europäischen Union (EU). Voraussichtlich 2013 wird die
europäische Familie um ein Mitglied größer. Dann hat die Gemeinschaft 28 Mitgliedsländer.
Die Europäische Kommission empfahl den Mitgliedsländern am 10. Juni 2011, Kroatien in die EU
aufzunehmen. Über sechs Jahre sei „hart, aber fair“ verhandelt worden, so
Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Nun könnten auch die letzten vier der 35 Kapitel
der Beitrittsverhandlungen als abgeschlossen betrachtet werden.
Barroso gratulierte der kroatischen Regierung für ihre harte Arbeit in den vergangenen Jahren.
Der erfolgreiche Abschluss der Verhandlungen mit Kroatien zeige den übrigen
Beitrittskandidaten, dass die EU-Erweiterung nicht abgeschlossen ist. Strukturreformen würden
sich lohnen, unterstrich Barroso. Der Europäische Rat am 23. Juni wird sich nun mit der
Empfehlung der EU-Kommission befassen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte mehrfach bekräftigt, wie sehr sie den Beitritt Kroatiens
befürwortet: „Deutschland hat sich immer dafür eingesetzt, dass Kroatien Mitglied der
Europäischen Union werden kann.“ Die Beitrittsbemühungen Kroatiens seien ein wichtiger Schritt
in Richtung Frieden und Stabilität in Südosteuropa sowie zu Versöhnung und Ausgleich aller
Länder.
Kroatische Vergangenheitsbewältigung
Gerade einmal acht Jahre ist es her, dass Kroatien am 21. Februar 2003 den Antrag auf
Aufnahme in die EU stellte. Nachdem es alle Beitrittskriterien erfüllt hatte, erhielt es am 18. Juni
2004 den Status eines Beitrittskandidaten zugesprochen.
Die kroatische Regierung arbeitete zunächst nur unzureichend mit dem Kriegsverbrechertribunal
in Den Haag zusammen. Daraufhin teilte der Europäische Rat der kroatischen Regierung mit,
dass die vollständige Zusammenarbeit unumgänglich für den Beginn der Beitrittsverhandlungen
sei. Erst als sie uneingeschränkt half, Kriegsverbrecher aus den Balkan-Kriegen der 1990er
Jahre auszuliefern, begannen die Verhandlungen am 3. Oktober 2005.
Die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien wurden mit großer Sorgfalt geführt. Insbesondere beim
Bereich Inneres und Justiz hat es lange gedauert, bis Kroatien die Anforderungen der EU
erfüllte. Neben der Strafverfolgung von Kriegsverbrechern standen die Beschleunigung der
Gerichtsverfahren sowie die Stärkung einer unabhängigen Justiz auf der Liste der EUForderungen an das Land. Aufgrund umfangreicher Reformen des Justizsystems sind letzte
Zweifel an der EU-Tauglichkeit Kroatiens ausgeräumt. Auch ein inzwischen beigelegter
Grenzstreit mit Slowenien verzögerte die Verhandlungen.
Kopenhagener Kriterien
Kopenhagener Kriterien
Jeder europäische Staat kann EU-Mitglied werden, sofern er sich zu den drei Kopenhagener
Kriterien bekennt. Das politische Kriterium verlangt institutionelle Stabilität, demokratische und
rechtsstaatliche Ordnung, Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von
Minderheiten. Das wirtschaftliche Kriterium erfordert eine funktionsfähige Marktwirtschaft und die
Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck innerhalb des EU-Binnenmarktes standzuhalten. Das so
genannte Acquis-Kriterium bedeutet, das gesamte bereits bestehende Recht der EU zu
übernehmen.
Das Beitrittsverfahren zur EU
Die Bedingungen für einen EU-Beitritt werden in einem Abkommen geregelt und kapitelweise
ausgehandelt. Es gibt 35 Kapitel, die alle Rechtsbereiche einschließen. Die Verhandlungen
gehen in der Regel über mehrere Jahre und werden von der EU-Kommission durch
Fortschrittsberichte dokumentiert. Dem abschließenden Abkommen müssen das Europäische
Parlament und der Europäische Rat mit absoluter Mehrheit beziehungsweise einstimmig
zustimmen. Danach wird es von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer sowie der
Beitrittskandidaten unterzeichnet. Da es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt, muss
er von allen EU-Ländern und dem Beitrittsland ihren verfassungsrechtlichen Regelungen
entsprechend ratifiziert werden. In Kroatien ist eine Volksabstimmung über den EU-Beitritt
vorgesehen. Der Beitrittskandidat wird Mitgliedstaat, sobald die Ratifikationsurkunden hinterlegt
sind.
Weitere Beitritte zur EU stehen an
Neben Kroatien sind Island, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro
und die Türkei offizielle Kandidatenländer. Hinzu kommen die potenziellen Kandidaten Albanien,
Bosnien und Herzegowina sowie Kosovo und Serbien. Letztere nehmen alle am Stabilisierungsund Assoziierungsprozess der EU teil.
Serbien hat durch die Auslieferung des Kriegsverbrechers Ratko Mladic an das Haager
Kriegsverbrechertribunal das Tor zur EU weiter aufgestoßen. Der serbische Präsident Boris
Tadic sieht durch Mladics Festnahme die Rechtsstaatlichkeit seines Landes bewiesen. Er fordert
nun die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU.
Beitrittsverhandlungen laufen derzeit mit Island und der Türkei. Da Island bereits dem
Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehört, wird mit einem vergleichsweise schnellen
Beitrittsverfahren gerechnet. Dagegen stocken die Verhandlungen mit der Türkei unter anderem,
weil das Land Forderungen der EU nicht erfüllt wie den ungehinderten Handel mit Zypern.
Weitere Informationen
Kommissionspräsident Barroso zu Kroatien
Mehr Informationen zu Kroatien
Die "Kopenhagener Kriterien"
Foto: picture alliance / Sueddeutsche
EU-Patent soll Kosten sparen
Europa
EU-Patentrecht: Mehr Wettbewerbsfähigkeit für Unternehmen
Über 30.000 Euro kostet einen Unternehmer die Anmeldung eines Patents in der Europäischen
Union (EU). Viel Geld gerade für kleine und mittlere Unternehmen. Allein mit der Erteilung des
Patents durch das Europäische Patentamt ist eine Erfindung allerdings nicht in allen EUMitgliedstaaten geschützt. Die jeweiligen nationalen Behörden prüfen das Patent noch einmal
selbst und erteilen daraufhin die Gültigkeit.
Dabei zählen gerade deutsche Unternehmer zu den kreativen Köpfen Europas und sind für
40 Prozent aller Patentanmeldungen in der EU verantwortlich: „Deutschland ist Europameister
bei den Patentanmeldungen. Aber hohe Kosten halten viele Unternehmen – insbesondere
Mittelständler – häufig von einem umfassenden Patentschutz in Europa ab“, stellt der
Vizepräsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Arend Oetker, fest. In den USA
kostet ein Patent umgerechnet nur 1.850 Euro. Und Sprachbarrieren gibt es dort auch nicht.
Will man ein Patent derzeit in anderen EU-Staaten anmelden, muss es in die jeweiligen
Amtssprachen übersetzt werden. Allein die Übersetzungen machen dadurch mehr als zwei
Drittel der Gesamtkosten aus. Die Restkosten entfallen auf Verwaltungsgebühren durch den
großen bürokratischen Aufwand.
Wirtschaft ist Gewinner des EU-Patents
Seit 36 Jahren ist ein Gemeinschaftspatent in der Schwebe. Die EU bemüht sich seit über zehn
Jahren intensiv um dessen Durchsetzung. Im Kern sieht das EU-Patent vor, dass Patente nur
noch in den Sprachen Deutsch, Englisch oder Französisch erteilt werden. Außerdem soll das
Patent nur noch einmal angemeldet werden, um überall in der EU zu gelten. Dadurch würde sich
der Kosten- und Verwaltungsaufwand um bis zu 80 Prozent verringern.
Von Kostensenkung und Bürokratieabbau würden insbesondere kleine und mittlere
Unternehmen in Deutschland profitieren. Dieser innovationsfreudige Wirtschaftszweig hätte mit
dem EU-Patent plötzlich die finanzielle Möglichkeit, seine Erfindungen zu registrieren. Damit
würde die Regelung zugleich die EU-weite Wettbewerbsfähigkeit fördern. Zudem wäre der
europäische Binnenmarkt für ausländische Investoren noch attraktiver.
Verstärkte Zusammenarbeit erzielt Fortschritte
Wegen der Sprachenregelung konnte sich der Rat der EU bislang jedoch nicht auf ein
gemeinsames Patentrecht einigen. Vor allem Italien und Spanien fühlen sich durch die geplante
Beschränkung auf drei Patentsprachen benachteiligt.
Deshalb fand im letzten Jahr ein Entwurf der Europäischen Kommission zu den
Übersetzungsregelungen keine Mehrheit. Daraufhin schlug sie am 14. Dezember 2010 auf
Antrag von zwölf Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, die sogenannte verstärkte
Antrag von zwölf Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, die sogenannte verstärkte
Zusammenarbeit vor. Diesem Antrag schlossen sich 13 weitere Mitgliedstaaten an. Am 15.
Februar 2011 stimmte das Europäische Parlament dem Antrag zu, den der Ministerrat am 10.
März 2011 gegen die Stimmen Italiens und Spaniens annahm. Die EU-Kommission muss nun
Vorschläge zum weiteren Verfahren machen.
Bundesregierung begrüßt Fortschritte beim EU-Patent
Für die Bundesregierung begrüßte der Parlamentarische Staatssekretär im
Bundesjustizministerium Max Stadler die erzielten Fortschritte beim EU-Patent als guten Tag für
die deutsche Wirtschaft.
Die „Verstärkte Zusammenarbeit“ existiert seit dem Vertrag von Amsterdam und ist durch die
Verträge von Nizza und Lissabon mehrfach reformiert worden. Sie ist ein Mittel, wenn die EU als
Ganzes bestimmte Ziele nicht erreichen kann. Sie soll dabei helfen, „die Verwirklichung der Ziele
der Union zu fördern, ihre Interessen zu schützen und ihren Integrationsprozess zu stärken“. Sie
kann vom Rat erlassen werden, wenn sich mindestens neun Mitgliedstaaten zur
Zusammenarbeit entschließen. Die in dieser Gruppe beschlossenen Entscheidungen sind nur für
die beteiligten Mitgliedstaaten verbindlich. Diese können ferner die Organe der EU und deren
Zuständigkeiten nutzen. Die Bestimmungen für die verstärkte Zusammenarbeit finden sich in
Artikel 20 des Vertrags über die Europäische Union, sowie in den Artikeln 326 bis 334 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
Inzwischen haben Italien und Spanien gegen die Entscheidung Klage beim Europäischen
Gerichtshof (EuGH) eingereicht. Sie befürchten, dass das Instrument der verstärkten
Zusammenarbeit den Binnenmarkt teilen und verzerren und zugleich von Nachteil für ihre
Unternehmen sein könnte.
Europäischer Gerichtshof lehnt eigenes Patentgericht ab
Der Weg hin zu einem gemeinsamen Patentrecht ist weiterhin schwierig. Am 8. März 2011
entschied der Europäische Gerichtshof in einem Gutachten, dass die Schaffung eines neuen
europäischen Patentgerichts europäischem Recht widerspreche. Das Patentgericht sollte auf
Grundlage eines internationalen Übereinkommens zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und
den dem europäischen Patentübereinkommen angehörenden Drittstaaten entstehen.
Zukünftig sollen alle europäischen Patente der Gerichtsbarkeit dieses Patentgerichts unterliegen.
38 europäische Staaten sind Teil des Patentübereinkommens, aber nicht die EU an sich. Das
Problem ist hierbei: Das europäische Patentgericht soll sowohl das internationale
Übereinkommen als auch europäisches Recht auslegen und anwenden. Der EuGH begründete
seine Entscheidung damit, dass den nationalen Gerichten Zuständigkeiten genommen würden,
„die für die Wahrung der Natur des Unionsrechts wesentlich sind.“
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Weitere Informationen finden Sie bei der EU-Kommission
Das Gutachten des EuGH
Der Vertrag von Lissabon
PStS Stadler zum EU-Patent
Foto: CARE Deutschland-Luxemburg/Hockstein
Sabine Wilke in einem Camp in Carrefour
Haiti - Erfahrungsbericht
"Haiti wird mich nicht mehr loslassen"
„Ich kam im November, zwei Wochen vor den Präsidentschaftswahlen in Haiti. Nun verlasse ich
das Land am 14. Mai, dem Tag, an dem der neue Präsident eingeschworen wird. Vielleicht ist
das ein gutes Omen, ich weiß es nicht. Sechs Monate, 180 Tage, 4.320 Stunden voller
Eindrücke, Begegnungen, Fragen, Trauer, Hoffnung, Pragmatismus, Frust, Arbeit,
Überraschungen, Verzweiflung, Energie und neuen Anfängen. Ich habe es schon im November
geahnt: So ganz wird mich Haiti sicher nie mehr loslassen.“
Die Frau beeindruckt. Sie ist 28 Jahre jung. Mit blitzenden Augen sitzt sie da und berichtet von
ihrer Zeit in Haiti. Ein halbes Jahr war sie jetzt dort, drei Tage zuvor ist sie erst wieder
zurückgekehrt. Immer wieder Augenkontakt zu ihren Zuhörern suchend, erzählt sie lebhaft, was
sie in der Hauptstadt Port-au-Prince und im Umland erlebt hat.
Sabine Wilke ist Mitarbeiterin von CARE Deutschland. Sie hat im letzten halben Jahr die
einheimischen Helferinnen und Helfer in Haiti vor allem in Fragen der Pressearbeit geschult. 579
Mitarbeiter – davon 36 internationale – sind zurzeit vor Ort, um die Folgen des schweren
Erdbebens vor 16 Monaten zu mildern und Aufbauhilfe zu geben.
Richtiges Händewaschen gegen Cholera
Der Ausbruch der Cholera im Norden Haitis stellte alle Hilfsorganisationen vor neue Aufgaben.
Die Wasserversorgung musste sichergestellt werden. Handwaschstationen mit geschulten
Mitarbeitern, die die „Händewäscher“ über richtiges Händereinigen informierten, wurden
eingerichtet. Im Erdbebengebiet konnte durch die Sofortmaßnahmen die Ausbreitung der
Cholera verhindert werden.
„An Cholera muss heute niemand mehr sterben. Durch Antibiotika und Flüssigkeitszufuhr kann
geholfen werden.“ Damit die Ansteckungsgefahr möglichst gering bleibt, muss auf Hygiene
geachtet werden. Das beschreibt Sabine Wilke sehr anschaulich, als sie ihr Erlebnis mit einem
jugendlichen „Handwasch-Beauftragten“ schildert. Dieser junge Mann hat sie sehr ernsthaft über
die Grundregeln des richtigen Händewaschens aufgeklärt. Wieder huscht ein Lächeln über
Sabine Wilkes Gesicht.
Überhaupt hat sie das Engagement der ortsansässigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
beeindruckt. Diese hätten ja nun mit ihren Familien einen Haufen eigener Probleme. Dass sie
sich dennoch für die anderen engagierten, das nötige ihr hohen Respekt ab.
Wiederaufbau in politischer Übergangszeit
Das halbe Jahr, in dem Sabine Wilke sich in Haiti im Auftrag von CARE betätigte, fiel in eine
politische Übergangszeit. Die Präsidentschaftswahlen hatten gerade stattgefunden, da gab es
Unruhen wegen des angeprangerten Wahlbetruges. Sabine Wilke berichtet, dass CARE für
seine Mitarbeiter kein Risiko eingeht. Wenn bekannt war, dass eine Straße unsicher war, wurde
die entsprechende Fahrt verschoben. Auf dem Höhepunkt der Unruhen sollten sämtliche
Mitarbeiter zu Hause bleiben. Lediglich die lebenswichtigen Leistungen wie die
Wasserversorgung in den Camps wurde gewährleistet. Die Zurückhaltung war aber
glücklicherweise nur drei Tage nötig. Immer noch 50.000 Menschen werden in den Camps mit
Frischwasser versorgt.
Sabine Wilke ist es wichtig, das Bild in der Öffentlichkeit zurechtzurücken. Es stimme nicht, dass
die Hilfe in Haiti versickere und keine Verbesserung festzustellen sei. Die Gründe, warum es
immer noch Camps in Port-au-Prince, Carrefour oder Légoâne gibt, seien für ausländische
Beobachter, die nur den begrenzten Blick quasi aus ihrem Hotelzimmer haben, nicht immer
ersichtlich. So wird die zentrale Lage der Zeltstädte gern ausgenutzt, um an bestimmten Tagen
seinen Marktstand dort zu installieren. Auch ist die Bewohnerzahl – verständlicherweise, wie
Sabine Wilke augenzwinkernd anmerkt – schwankend. Immer wenn die Verteilung von
Hilfsgütern ansteht, wohnen eben mehr Menschen in den Camps.
Hauptaugenmerk von CARE und den anderen in Haiti tätigen Hilfsorganisationen liegt darauf, die
Menschen in ihre Heimatdörfer zurückkehren zu lassen oder ihnen andere Flächen zur
Verfügung zu stellen. Wenn es um Grundstücke geht, ist es mit den Behörden auf Haiti nicht
immer einfach und auch oft langwierig. Erschwerend kam im letzten halben Jahr die politisch
ungeklärte Übergangszeit nach der Präsidentschaftswahl hinzu. Der neue rechtmäßige Präsident
musste erst einmal benannt werden und die alte Regierung war natürlich nicht mehr so
handlungsfähig.
Übergangshäuser für die Bedürftigsten
CARE stellt den besonders Bedürftigen Bausätze für Übergangshäuser zur Verfügung. Sie
bestehen zu einem Teil aus Holz, zu einem anderen Teil aus festen Planen. Gefragt ist die
Eigeninitiative, die Häuser mit Hilfe von Werkzeug-Kits weiter mit Holz zu verstärken, damit sie
Wind und Wetter standhalten. Die Furcht vor der Wirbelsturmsaison ist allgegenwärtig. Unter den
Haitianern besteht hier große Solidarität. Man hilft sich untereinander, gibt Erfahrungen und
Ideen weiter. Mehr als 2.500 Familien wohnen bereits in diesen Häusern.
Von ursprünglich 1,3 Millionen Obdachlosen nach dem Erdbeben sind es noch 600.000
Menschen, die in Camps leben müssen.
Familienangehörige auf dem Land, die plötzlich erheblich mehr Münder zu ernähren haben, weil
ihre Verwandten aus den Erdbebengebieten zu ihnen flohen, stehen vor großen Problemen.
Auch hier will CARE helfen, indem die Organisation Saatgut ausgibt und Hilfestellung leistet.
Cash for Work-Projekte vermitteln Einkommen und Nahrungssicherheit.
Dankbarkeit für die Hilfe
Haiti – Sabine Wilke hat mehrere Seiten kennengelernt. Sie hat das Elend gesehen, die
Schutthalden. Port-au-Prince, früher einmal luxuriöse Vorzeigestadt, hat sich sehr verändert.
Hier gibt es noch viel zu tun. Sie hat aber auch die Hoffnung, die Solidarität und die
Lebenseinstellung, die Dankbarkeit der Menschen erlebt.
Das macht sie bescheiden. Es hat sie beschämt, dass viele ihr dankten, dass sie ihr bequemes
Leben in Deutschland mit den Mühseligkeiten in Haiti getauscht hat. Für ein halbes Jahr hat sie
ein wenig helfen können – diese 28jährige, engagierte Frau mit den wachen Augen und dem
sympathischen Lächeln. Respekt!
Die Bundesregierung hat nach dem verheerenden Erdbeben im Januar 2010 humanitäre Hilfe für
die Bevölkerung Haitis in Höhe von 17 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Zudem beteiligte
sich Deutschland mit einem Beitrag von 24 Millionen Euro, also etwa 20 Prozent der
Gesamtmittel, an der humanitären Hilfe der EU (insgesamt 120 Millionen Euro). Die Mittel der
Bundesregierung wurden deutschen Nichtregierungsorganisationen, dem Technischen Hilfswerk
(THW), der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem World Food Program
(WFP) für Hilfsmaßnahmen bereitgestellt. Die Hilfsmaßnahmen für die Erdbebenopfer umfassten
Nahrungsmittelhilfe, medizinische und Trinkwasserversorgung sowie die Bereitstellung von
Notunterkünften.
Die vom Auswärtigen Amt bereitgestellte Summe für deutsche Nichtregierungsorganisationen
belief sich auf insgesamt 5,1 Millionen Euro. Auch was den Wiederaufbau Haitis angeht, leistete
die Bundesregierung die Zusage, Hilfe in Höhe von 39,4 Millionen Euro zu leisten. Der Fokus
liegt dabei auf den Bereichen Soziales, Bildung, Infrastruktur, nachhaltige
Wirtschaftsentwicklung, Dezentralisierung sowie Festlegung auf Transparenz und
Rechenschaftspflicht. Weitere vier Millionen Euro Nahrungsmittelhilfe sowie acht Millionen Euro
Rechenschaftspflicht. Weitere vier Millionen Euro Nahrungsmittelhilfe sowie acht Millionen Euro
für Notunterkünfte wurden vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung bereitgestellt.
Weitere Informationen
Video-Retrospektive Haiti
Humanitäre Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung
Entwicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe
Haiti - ein Jahr nach dem Erdbeben
Foto: picture-alliance / Eibner-Presse
Steffi Jones freut sich über jede helfende Hand bei der WM
Völkerverständigung
Hautnah dabei: Deutsche und französische Volunteers bei der FIFAFrauen-WM
Auch in unserem Nachbarland Frankreich wird das große Frauen-Sportevent in Deutschland
nicht nur wahrgenommen; junge Menschen bereiten sich auch aktiv darauf vor. Im Vorfeld gibt
es dort verschiedene Veranstaltungen, die sich mit dem Thema „Frauenfußball“ befassen.
Nach dem großen Erfolg der länderübergreifenden Fußballprojekte 2006 ist das DeutschFranzösische Jugendwerk (DFJW) auch dieses Mal Kooperationspartner eines sportlichen
Großereignisses. Es wird die WM-Organisatoren unterstützen und dabei mit der Fédération
Française de Football (FFF) und dem Fifa Organisationskomitee (LOK) zusammenarbeiten.
Die zentralen Leitgedanken des Turniers sind zugleich auch die Basis des DFJW-Projekts: ein
friedliches Miteinander, ein Zusammenkommen der Kulturen und ein harmonisches
Gemeinschaftserlebnis.
100 Volunteers unterstützen die Frauen-WM
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Helfen bei der Versorgung: Volunteers als Küchenmeister Foto: OFAJ/DFJW
50 junge französische Freiwillige werden gemeinsam mit 50 Volunteers aus Deutschland den
Spielerinnen der verschiedenen Mannschaften und den Zuschauern zur Seite stehen. So
beispielsweise im Medienbereich, beim Gästeservice, an Informationsständen, bei der
Akkreditierung, in den Mannschaftsräumen oder auf der Tribüne als Ansprechpartner.
.
Neben dem sportlichen Aspekt steht dabei natürlich das interkulturelle Lernen im Mittelpunkt. Ziel
ist es, den jungen Leuten ein gründliches gegenseitiges Kennenlernen zu ermöglichen. Die
gemeinsame Arbeit bei der WM bringt die junge Generation beider Länder zusammen. Sie wird
sowohl ein besseres Verständnis für die Kultur und Sprache des anderen fördern als auch
Kontakte festigen.
In die deutsche Kultur einzutauchen und dabei noch bei der Fifa-Frauen-WM in Deutschland
hautnah dabei zu sein, das will sich keiner der Volunteers aus dem Nachbarland entgehen
hautnah dabei zu sein, das will sich keiner der Volunteers aus dem Nachbarland entgehen
lassen.
Auf Du und Du in Paris
Auf einer Schulung am 29. und am 30. April in Paris wurden die Freiwilligen auf ihre große
Aufgabe vorbereitet. Traditionell duzen sich alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen des
Volunteers-Programms.
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Freuen sich ihren Einsatz bei der WM: VolunteersFoto: DFJW/OFAJ
Die Schulung bot die Gelegenheit, die anderen Volunteers, die Organisatoren und die
Programmpartner kennenzulernen. Die Freiwilligen erhielten Informationen über die Bedeutung
der deutsch-französischen Beziehungen in dem Austauschprogramm bei der Weltmeisterschaft.
Ehemalige Volunteers berichteten über ihre Erlebnisse und standen für Fragen zur Verfügung.
Die Volunteers wurden aber nicht nur theoretisch vorbereitet. Sie erhielten auch praktische
Hinweise zum Ablauf ihres Einsatzes. In Gruppendiskussionen und Rollenspielen setzten sie
sich mit den verschiedenen Aufgabenstellungen auseinander.
So sind sie praktisch auf mögliche Begebenheiten und Schwierigkeiten bei ihrem Einsatz
vorbereitet. Dies dient natürlich auch der Beseitigung von möglichen Hemmnissen.
Schüchternheit und Sprachbarrieren können so einfacher überwunden werden und
verschwinden während der Arbeit der Volunteers mit Sicherheit gänzlich.
Ein Höhepunkt der Frauen-WM wird für die Teilnehmer das Zusammentreffen der beiden
Nationalmannschaften am 5. Juli in Mönchengladbach sein. Ein Datum mit großer Bedeutung für
das DFJW. Am 5. Juli 1963 wurde es nämlich gegründet! Ein Ereignis, das es verdient, durch ein
schönes Fußballfest gekrönt zu werden!
Zitate von Volunteers:
"Das trifft's ganz gut: Fußball und Deutschland in einem - was für ein Glück!"
"Ich will sprechen, ich will jede Menge Leute treffen, ich will vor allem helfen. Das ist etwas
Einzigartiges!"
"Ich fahre oft nach Deutschland, um mir Spiele anzuschauen; und jetzt an der Organisation
teilnehmen zu können. Das ist genial!"
>> Video zum Volunteer-Workshop in Paris
Weitere Informationen
Deutsch-französische Vulonteers bereiten FIFA-Frauen-WM vor
Deutsch-französische Vulonteers bereiten FIFA-Frauen-WM vor
FIFA-Women`s-World-Cup Germany Germany
Homepage des französichen Fußballverbandes
Homepage des DFJW
Veranstaltungen in Frankreich zur Frauen-Weltmeisterschaft
Foto: picture-alliance / ZB
Kambodscha: Deutschland hilft die Minengefahr zu beseitigen.
Kambodscha
Für ein minenfreies Kambodscha
Deutschland hilft Kambodscha seit Jahren beim Minenräumen. Anfang Februar unterzeichneten
Kambodscha und Deutschland ein neues Abkommen über das Minenräumen im Königreich.
Deutschland wird für ein weiteres Jahr eine Million Euro für die Minenräumung in den Provinzen
Siem Reap und Odtar Manchey zur Verfügung stellen.
Sok An, stellvertretender Ministerpräsident des Landes, dankte Deutschland für dessen
großzügige Hilfe. Anerkennend unterstrich er auch den wichtigen Beitrag, den der deutschgeführte Minenräumverband (DU 6) für das Minenräumen in Kambodscha leistet.
Dieser Verband ist in Siem Reap stationiert und hat etwa 350 Minenräumer. Er wird von Peter
Willers geleitet. Dieser wurde vom Auswärtigen Amt im Rahmen der Humanitären
Minenräumung beauftragt, Kambodscha zu helfen, sich von der Minengefahr zu befreien.
Minenspezialist Willers ist mit seiner Truppe für das Minenräumen in den zwei Provinzen Siem
Reap und Odtar Manchey zuständig. „Willers: „Der Verband, der Teil des Cambodian Mine
Action Centre (CMAC) ist, wird mit dem bereitgestellten Geld dieses Jahr wieder etwa 400
Hektar Land entminen."
Neben Minen auch viele Blindgänger
Die Provinz Siem Reap ist mit dem Weltkulturerbe Angkor Wat und weiteren berühmten Tempeln
das Zentrum des Tourismus in Kambodscha. „Die Provinz Odtar Manchey ist eine Grenzprovinz
zu Thailand und deshalb ganz besonders von Minen betroffen“, berichtet uns der ehemalige
Bundeswehroffizier.
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Angkor-Wat: Minen haben lange den Tourismus ferngehalten..Foto: Peter Willers
In diesen beiden Provinzen wurden seit Übernahme des Minenräumprojektes durch Deutschland
im Jahre 1999 über 31 Millionen Quadratmeter entmint. „Dabei wurden über 35.000 Minen und
122.000 Blindgänger aufgenommen und vernichtet“, betont Willers nicht ohne Stolz.
Diese enormen Zahlen verdeutlichen, welch große Mengen an Minen und Blindgängern im Land
während der 30 Jahre Krieg und Bürgerkrieg verlegt beziehungsweise von den verschiedenen
Kriegsparteien zurückgelassen wurden.
Aber noch immer sind die schrecklichen Überreste aus den Kriegstagen nicht beseitigt.
Kambodscha gehört zu den Ländern mit den meisten Minenopfern, darunter sind viele Kinder.
Kambodscha hat die meisten Minen-Amputierten der Welt
Ein großes Problem neben den Minen sind Blindgänger. Man kann davon ausgehen, dass etwa
30 Prozent der verschossenen Artillerie-, Panzer- und Mörsermunition, aber auch Handgranaten
und Gewehrgranaten nicht explodieren. Dasselbe trifft für Fliegerbomben zu. Allein während des
Vietnamkrieges wurden etwa 2,8 Millionen Tonnen Bomben über Kambodscha abgeworfen.
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Tempel Ta Moin: Peter Willers mit Mönchen und einem MinenräumerFoto: Peter Willers
Durch Blindgänger werden in Kambodscha mehr Menschen getötet als durch Minen. Die meisten
Unfälle geschehen übrigens, weil Blindgänger gesammelt, auseinander montiert und als Schrott
verkauft werden. Blindgängerunfälle sind also in erster Linie ein Problem der Armut.
Die großen Anstrengungen beim Minenräumen in den letzten Jahren haben Wirkung gezeigt,
denn die Unfallzahlen sind deutlich zurückgegangen. Dennoch gibt es kaum einen Tag, an dem
nicht Menschen ihr Leben durch Unfälle mit Minen oder Blindgängern verlieren oder verstümmelt
werden.
Wertvolles Land wird wieder frei
Minen können aber noch mehr – sie verhindern, dass die Menschen sich selbst ernähren
können. Land, auf dem Minen liegen, kann natürlich nicht landwirtschaftlich genutzt oder
besiedelt werden.
„Heute ist deshalb die Rückgabe des entminten Landes an die arme Landbevölkerung fast noch
wichtiger als die Unfallprävention. In einem Lande, in dem eine Bauernfamilie mit zwei Hektar
Land schon ein Auskommen findet, ist dies ein ganz bedeutender Beitrag zur
Armutsbekämpfung“, betont Minenräumexperte Willers.
Seit letztem Jahr führt das Cambodian Mine Action Center mit so genannten „Basline Survey
Teams“ eine Überprüfung der als vermint gemeldeten Flächen durch. „Die Überprüfung in
unserer Provinz Otdar Meanchey konnte - auch dank Unterstützung und finanzieller Mittel aus
dem Auswärtigen Amt - im letzten Jahr abgeschlossen werden. Danach gibt es dort noch etwas
über 60 Quadratkilometer vermintes Land“, so Willers. Im Jahr 2002 waren es noch über 424
Quadratkilometer. Das heißt, durch konsequente Minenräumung ist es gelungen, dass nur noch
ein Siebtel der gemeldeten Fläche in Otdar Meanchey zu überprüfen beziehungsweise zu
räumen ist.“
Licht am Ende des Tunnels
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Minensuchen gestaltet sich mühsam.Foto: Peter Willers
Bei den stark verminten Flächen, wie beispielsweise in der Provinz Siem Reap, sind noch circa
27 Quadratkilometer vermint. 90 Hektar gehören dort zu der Fläche mit hoher Priorität. „Da ist
Licht am Ende des Tunnels zu sehen“, bestätigt Willers.
Insgesamt hat Deutschland bisher über sieben Millionen Euro für das Minenräumen in
Kambodscha aufgewendet. Die deutsche Hilfe zum humanitären Minenräumen hat vielen
Menschen in Kambodscha Leib und Leben gerettet und wertvolles Ackerland für die
Bauersfamilien freigemacht.
Auch der Tourismus konnte davon profitieren. Viele Touristen können die berühmten Tempel von
Angkor und andere Sehenswürdigkeiten ohne Gefahr von Minen besichtigen. Willers: „Wenn
man die eingesetzten Mittel im Verhältnis zum Ergebnis setzt, kann man feststellen, dass die
Hilfe Deutschlands außerordentlich Früchte getragen hat."
„Die neue zugesagte Hilfe aus Deutschland wird weiter helfen, einen großen Schritt vorwärts in
Richtung eines minenfreien Kambodscha zu tun“, sagt der deutsche Minenexperte abschließend
voraus.
Weitere Informationen
Minenräumen in Kambodscha
Landesinformationen zu Kambodscha
Die Minenwölfe von Koblenz
Landminen
Minenfreie Landwirtschaft in Ruanda
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