Tenor Gründe
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Tenor Gründe
VGH München, Beschluss v. 23.07.2014 – 6 ZB 12.1871 Titel: Normenketten: VwGO § 124 II Nr. 1 BLV § 29 I § 29 Abs. 1 BLV VwGO § 124 II Nr. 1 BLV § 29 I § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO Orientierungsatz: Bundesbeamtenrecht; Probezeit (höherer technischer Verwaltungsdienst); Anrechnung von Tätigkeiten als Zeitsoldat; Technischer Offizier, Sicherheitsingenieur Schlagworte: Zulassungsverfahren, Beamter, Probezeit, Soldat Vorinstanz: VG München Beschluss vom 10.07.201221 K 11.1626 Tenor I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. Juli 2012 - M 21 K 11.1626 - wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 14.531,95 € festgesetzt. Gründe 1 Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Zweimonatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). 2 1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall. 3 Der Kläger war bis Ende Juni 2009 Soldat auf Zeit mit zwölfjähriger Verpflichtungsdauer und hatte am 30. April 2004 ein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik mit der Diplomprüfung abgeschlossen. Im Dienstgrad eines Hauptmanns war er von Juni 2005 bis Juli 2006 als Sachbearbeiter in der Auftragssteuerung bei der Heeresinstandsetzungslogistik GmbH eingesetzt, ab August 2006 bis zum Ende seiner Dienstzeit als Technischer Offizier und - nach Ablegung des entsprechenden Fachkundenachweises im April 2008 - zudem als leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sicherheitsingenieur) bei einem Feldjägerbataillon. Nach Ablegung der großen Staatsprüfung für den höheren Technischen Verwaltungsdienst wurde der Kläger mit Wirkung vom 27. November 2010 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Technischen Regierungsrat ernannt. Das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung setzte die Probezeit auf drei Jahre fest. Der Antrag des Klägers, seine Tätigkeiten als Zeitsoldat von Juni 2005 bis zum Ende der Dienstzeit auf die Probezeit anzurechnen, blieb auch im Widerspruchsverfahren ohne Erfolg. 4 Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage auf Neuverbescheidung des Antrags auf Verkürzung der Probezeit abgewiesen. Die früheren Tätigkeiten des Klägers als Soldat auf Zeit erfüllten nicht die Anforderungen, unter denen sie nach § 29 Abs. 1 BLV auf die Probezeit angerechnet werden könnten. Die Einwände, die der Zulassungsantrag den ausführlichen und überzeugenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts entgegenhält, greifen nicht durch. Der Senat teilt vielmehr die Auffassung der Vorinstanz, dass die Anrechnungsvoraussetzungen des § 29 Abs. 1 BLV nicht vorliegen. 5 Die Frage, ob hauptberufliche Tätigkeiten nach Art und Schwierigkeit mindestens der Tätigkeit in einem Amt der betreffenden Laufbahn im Sinn von § 29 Abs. 1 BLV entsprochen haben, beurteilt sich maßgebend nach der im Einzelfall tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. Es genügt, ist aber auch erforderlich, dass im Einzelfall die Tätigkeit überwiegend einer Tätigkeit in der jetzigen Laufbahn entsprochen hat und von ihr maßgeblich geprägt worden ist (vgl. BVerwG, U. v. 24.11.1983 - 2 C 17.82 - Buchholz 232.1 § 7 BLV Nr. 1, BayVGH, B. v. 28.9.2010 - 6 ZB 09.2901 - juris Rn. 5 f.). Wenn für den Kläger eine Anrechnung in Betracht kommen soll, müssen demnach die von ihm als Zeitsoldat bei der Bundeswehr im Dienstgrad eines Hauptmanns (BesGr. A 12) ausgeübten Tätigkeiten nach Art und Schwierigkeit mindestens der Tätigkeit in einem Amt der Besoldungsgruppe A 13, dem Eingangsamt der jetzigen Laufbahn des höheren technischen Verwaltungsdienstes, entsprochen haben. Das ist aus den vom Verwaltungsgericht dargelegten Gründen nicht der Fall, ohne dass dies weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfte. 6 Dass die Tätigkeit als Sachbearbeiter in der Auftragssteuerung (Juni 2005 bis Juli 2006) die Voraussetzungen für eine Anrechnung nicht erfüllt, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt und wird mit dem Zulassungsantrag auch nicht mehr bezweifelt. Nichts anderes gilt entgegen der Auffassung des Klägers auch mit Blick auf die anschließende Tätigkeit als Technischer Offizier und zusätzlich - nach Ablegung des entsprechenden Fachkundenachweises im April 2008 - als leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sicherheitsingenieur) in einem Feldjägerbataillon. Ausweislich des Tätigkeitsbildes (VGAkt Bl. 42 f.) unterstützt der Sicherheitsingenieur Bundeswehr den Dienststellenleiter und nachgeordnete Vorgesetzte in allen Fragen der Arbeitssicherheit einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Voraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit ist unter anderem die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen, oder der Erwerb eines Bachelor- oder Masterabschlusses der Studienrichtung Ingenieurwissenschaften und eine mindestens zweijährige praktische technische Tätigkeit in dieser Qualifikation. Die Tätigkeit als Sicherheitsingenieur Bundeswehr ist für Soldaten mit Dienstgrad vom Oberleutnant (BesGr. A 10) bis zum Oberst (BesGr. A 16/B 3) und vergleichbare Beamte oder Beschäftigte vorgesehen. 7 Unter Berücksichtigung der vorausgesetzten Ausbildung und des Tätigkeitskatalogs im Einzelnen ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Funktion eines Sicherheitsingenieurs für sich allein nichts darüber aussagt, ob sie nach Art und Schwierigkeit mindestens der Tätigkeit im Eingangsamt des höheren technischen Dienstes entspricht. Es liegt auf der Hand, dass es für die Bewertung der „unterstützenden Tätigkeit in allen Fragen der Arbeitssicherheit“ vielmehr im Wesentlichen auf die Aufgabenstellung und Ausrüstung der konkreten Einheit ankommt, in der der Soldat unterstützend tätig wird. Als - widerlegbares - Indiz kann dabei auf die rechtliche Bewertung des übertragenen Dienstpostens zurückgegriffen werden, also die Zuordnung zu einem Statusamt einer bestimmten Besoldungsgruppe (vgl. BayVGH, B. v. 28.9.2010 - 6 ZB 09.2901 - juris Rn. 5). Das war für den vom Kläger wahrgenommenen Dienstposten bei einem Feldjägerbataillon ein Amt der Besoldungsgruppe A 12, also ein Amt des gehobenen, nicht des höheren Dienstes. Dienstposten für Sicherheitsingenieure, die höher bewertet und damit dem höheren Dienst zuzuordnen wären, gibt es nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nur in Bataillonen und Regimentern mit übergreifender Fachtechnik oder mit umfangreichem komplexem Gerät, zu denen die damalige Einheit des Klägers nicht gehörte. Diese Feststellungen hat der Kläger ebenso wenig in Zweifel zu ziehen vermocht, wie die Indizwirkung der Dienstpostenbewertungen. Es ist mit dem Zulassungsantrag nichts Greifbares dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die vom Kläger tatsächlich ausgeübte Tätigkeit ihrer Art und Schwierigkeit nach entgegen der Dienstpostenbewertung überwiegend nicht mehr dem gehobenen, sondern schon dem höheren Dienst zuzuordnen wäre. Insbesondere lässt sich weder der dienstlichen Beurteilung vom 29. Januar 2008 noch der Stellungnahme des ehemaligen Bataillonskommandeurs vom 5. Juni 2012 entnehmen, inwiefern der vom Kläger wahrgenommene Aufgabenbereich als Technischer Offizier und Sicherheitsingenieur durch Tätigkeiten mit einem spürbar höheren Verantwortungsumfang geprägt gewesen sein könnte, die denen eines Technischen Stabsoffiziers des höheren Dienstes in Bataillonen und Regimentern mit übergreifender Fachtechnik oder mit umfangreichem komplexen Gerät entsprechen. Deshalb bedurfte und bedarf es auch keiner weiteren Sachaufklärung. 8 2. Die Berufung ist nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die aufgeworfenen Fragen lassen sich auf der Grundlage der Rechtsprechung anhand der vorliegenden Unterlagen ohne weiteres in dem vom Verwaltungsgericht entschiedenen Sinn beantworten. 9 3. Die Streitsache hat schließlich keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen, „inwieweit Soldaten auf Zeit bei einer späteren Verwendung ihre konkrete Tätigkeit auf die Probezeit angerechnet bekommen können“ und „inwieweit Sicherheitsingenieure dem gehobenen und höheren Dienst zuzurechnen sind“, sind in dieser allgemeinen Form weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig. Der Sache nach zielen sie lediglich auf die für unzutreffend gehaltene Würdigung im Einzelfall. 10 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 71 Abs. 1, § 47, § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 GKG in der bis 31. Juli 2013 geltenden Fassung. 11 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).