015 Klardeutsch mit Louis van Gaal und Mark van Bommel

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015 Klardeutsch mit Louis van Gaal und Mark van Bommel
Steffen Wettengl | 11.05.2010 | Organisation & Führung
Herzlichen Glückwunsch: Der FC Bayern München ist Deutscher Fußballmeister
2009/10. Allerdings war das der Verein auch schon 21 Mal vorher. Keine wirklich
herausragende Nachricht also. Doch machen Trainer Louis van Gaal und Mannschaftskapitän Mark van Bommel mit zwei weiteren Auszeichnungen ein eindrucksvolles Triple perfekt (schon vor den Endspielen in Champions League und Dt.
Pokal):
Louis van Gaal (linkes Bild) erreichte bei der Wahl zum “Sprachwahrer des Jahres”
2009 den dritten Platz. Wohlgemerkt, es ging um die Wahrung der deutschen, nicht
der niederländischen Sprache. Er ließ in der Publikumsgunst sogar “Tokio Hotel”
hinter sich, obwohl die vermutlich noch fanatischere Fans haben als der FC Bayern.
Van Gaal betätigte sich als Wortschöpfer und erfand das Verb “fußballen” (“Wir
haben diszipliniert gefußballt”). Auf die Frage eines deutschen Journalisten, ob er
ein Interview auf englisch oder spanisch führen wolle (tolle Frage!) antwortete der
holländische Erfolgstrainer: “In welchem Land befinden wir uns gerade, was denken
Sie?” – Das Gespräch fand auf deutsch statt (hier geht’s zur Seite “Sprachwahrer”
der “Deutschen Sprachwelt” mit mehr Informationen). Ich bin übrigens kein Sprachtaliban. An van Gaal gefällt mir, dass er sich am Ort seiner Berufstätigkeit auf die
dortige Kultur einlässt. Mit Begriffen wie Prallkissen, Denkrunde und Klapprechner
etablierte Anglizismen zu bekämpfen (lesen Sie hier welche), ist für mich Quatsch
von vorgestern.
Mark van Bommel (in der Mitte) hat den Sprachenpreis 2010 der Vrijen Universiteit
Amsterdam für seine klare Sprache gewonnen. Anhand von jeweils mindestens
drei Fernsehinterviews wurden die Sprechgewohnheiten von 26 niederländischen
Nationalspielern untersucht. Die Sprachwissenschaftler meinten, van Bommels
Argumentationen seien am besten gewesen. Er spreche bewusst mit dem Publikum.
Van Bommel benutze kaum typische Fußball-Floskeln und könne Spiele verständlich analysieren. Bei der Beurteilung waren Sprechtempo, Betonung, Verständlichkeit und Argumentation wichtig. Die Forscher begutachteten auch ein unterhaltsames Interview mit van Bommel aus dem “Aktuellen Sportstudio” (hier auf Youtube).
Der Sprachtrainer Markus Reiter hält eine klare und verständliche Ausdrucksweise
für einen maßgeblichen Karrierefaktor. Einige seiner Beispiele sind 2007 im sehr
lesenswerten Artikel “Jetzt mal Klartext” im Manager Magazin erschienen (hier
online als pdf-Datei verfügbar). Reiters Buch “Klardeutsch” gibt’s übrigens auch in
der Bibliothek der Hochschule Ulm (Signatur 159.946.3 Rei). Ich finde aber, der
MM-Artikel reicht, um die Kernaussage zu verstehen, dass Phrasendeutsch (auch in
Abschlussarbeiten) Zuhörer bzw. Leser nervt und den Schwaflern in puncto Karriere
wenig nutzt.
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PS. Ganz eindeutig ist der Zusammenhang zwischen klarer Sprache und sportlichem Erfolg von Fußballtrainern nicht. Felix Magath (rechtes Bild): “Der Vorteil von
Trainern wie Branko Zebec und Ernst Happel war ihre kuriose Sprache. Die Spieler
mussten sich stark konzentrieren, um zu verstehen, was sie meinten. Deshalb kam
ihre Botschaft so gut rüber.”
Tags: Buchtipp/Buchrezension, Einstellungskriterien und Karrierefaktoren, FC
Bayern München, Fußball, Klardeutsch, Präsentationen/Präsentieren