Freiheit fürs Traditionsbier - Braunschweigische Landessparkasse

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Freiheit fürs Traditionsbier - Braunschweigische Landessparkasse
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KURZ & BÜNDIG
02.11.2009
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RAT & TAT
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SOLL & HABEN
MORGEN & ÜBERMORGEN
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ä SUCCESS-STORY
LUST & LAUNE
Success-Story
E-Business
Emotionale Intelligenz
Eventplaner
Freiheit fürs
Traditionsbier
In der Hand eines globalen Brauereiriesen war das Hofbrauhaus Wolters
dem Untergang geweiht. Mit einem
regional verwurzelten Modell unter
Federführung der Braunschweigischen
Landessparkasse hat sich das Unternehmen aus dem Klammergriff befreit.
I
n letzter Sekunde ist das Überleben des Hofbrauhauses Wolters nachhaltig gesichert worden –
dank der Unterstützung aus der Region, in der das Unternehmen zu Hause
ist. Vor allem nach der Gilde-Übernahme durch den Brauereiriesen InterBrew stand die Zukunft des Betriebs
auf der Kippe. „Die Braunschweigische
Landessparkasse und die Stadt Braunschweig haben maßgeblich dazu beitragen, das Überleben des Hofbrauhauses Wolters zu sichern“, freut sich
Peter Lehna, einer von insgesamt vier
Wolters-Geschäftsführern.
Der Reihe nach: 1985 übernahm
die Gilde-Brauerei die Aktienmehrheit
an der Hofbrauhaus Wolters AG. Die
Gilde-Gruppe wurde 2003 wiederum
vom belgischen InterBrew-Konzern geschluckt. Nur zwei Jahre später fusionierten die Belgier mit dem brasilianischen AmBev-Unternehmen. Über
Nacht entstand mit InBev die weltweit
größte Brauereigruppe. Ein Zusammenschluss, auf den die Brauerei Wolters allzu gern verzichtet hätte. „InBev
hat die Marke Wolters bewusst nach
unten gewirtschaftet“, erinnert sich
Lehna. Vor allem in der Gastronomie
habe das InBev-Management alles daran gesetzt, die Eigenmarke Hasseröder stärker zu positionieren.
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NOVEMBER/DEZEMBER 2009
PROFITS
Hopfen und Malz gewonnen:
Wolters-Führungsquartett (v. l.)
Hanns-Bernd de Wall, Thomas Renneke,
Wilhelm Koch, Peter Lehna
Es kam, wie es kommen musste. Ende
2005 verkündete InBev Deutschland,
die Pforten der Brauerei Wolters zum
30. Juni 2006 zu schließen. Innerhalb
des weltweiten Brauereiimperiums
sei das Unternehmen nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben, hieß es damals.
Und dies, obwohl Wolters ein Jahr zu-
vor noch schwarze Zahlen geschrieben
hatte. Im Nu setzten Mitarbeiter, Bürger, die kommunale Politik, die Braunschweigische Landessparkasse sowie
die vier ehemaligen leitenden WoltersAngestellten Thomas Renneke, Wilhelm Koch, Hanns-Bernd de Wall und
Peter Lehna alle Hebel in Bewegung,
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S
um die Zukunft der Brauerei doch noch
zu sichern. Mit Erfolg: Für insgesamt
8,3 Mio. Euro übernahm das Führungsquartett Mitte 2006 die Firma, die seit
der Übernahme unter „Hofbrauhaus
Wolters GmbH“ firmiert. Ein mutiges
und riskantes Unterfangen, schließlich schrumpfte der deutsche Bierverbrauch zu diesem Zeitpunkt bereits
seit einigen Jahren. „Die gesamte Region stand von Beginn an hinter uns.
Sowohl die Bürger als auch der Handel
und die Gastronomie demonstrierten
mit zahlreichen Aktionen ihre Unterstützung“, so Lehna.
MARKENRECHTE IN GEFAHR
Richtig aufatmen konnten die neue
Wolters-Geschäftsführung und die
rund 100-köpfige Belegschaft zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht.
Grund: Die monatliche Rate in Höhe
von 110 000 Euro an InBev bereitete in
doppelter Hinsicht Kopfzerbrechen.
Zum einen belastete der Betrag die
Unternehmensliquidität. Zum anderen
lagen die Eigentumsrechte der Marke
Wolters bis zur endgültigen Ablösung
des Kaufpreises bei InBev.
„Die Tatsache, dass InBev dem Hofbrauhaus Wolters die Nutzung der
Markenrechte hätte entziehen können,
sobald eine Kaufpreisrate nicht fristgerecht überwiesen worden wäre,
schwebte permanent wie ein Damoklesschwert über uns“, erklärt Lehna.
Am 31. März 2009 war diese Gefahr
endlich gebannt. Mit der Auszahlung
des Restkaufpreises ist die Braunschweiger Traditionsbrauerei nun wieder „InBev-freie Zone“. Möglich mach-
Befreiungsschlag:
Stephan Reichel (l.),
Mathias Engel,
Firmenkundenberater
der Braunschweigischen Landessparkasse,
entwickelten eine
nachhaltige Lösung
te diesen Befreiungsschlag das sogenannte „Braunschweiger Modell“, das
Wolters gemeinsam mit den Experten
der Braunschweigischen Landessparkasse erarbeitet und realisiert hat.
„Wir haben von Anfang an das Vorhaben des Hofbrauhauses Wolters unterstützt – und waren vom nachhaltigen Geschäftserfolg überzeugt“, erklärt
Mathias Engel, Firmenkundenbetreuer
der Braunschweigischen Landessparkasse. „Der Markt hat die Einstellung
der Marke Wolters nicht verlangt. Im
Gegenteil: Sowohl die Bürger als auch
die Stadt und das Braunschweiger
Land forderten stets den Erhalt der eng
mit der Region verknüpften Traditionsbrauerei“, fügt Stephan Reichel, Leiter Firmenkunden der Braunschweigischen Landessparkasse, hinzu.
Der Kern des „Braunschweiger Modells“ ist ein Ratendarlehen der Braunschweigischen Landessparkasse in Höhe von insgesamt 4,5 Mio. Euro mit
einer Laufzeit von zehn Jahren – abgesichert durch eine 70-prozentige Landesbürgschaft. Die Stolpersteine für
eine erfolgreiche Zukunft sind somit
aus dem Weg geräumt. Durch den Landessparkassen-Kredit hat sich nicht
nur die monatliche Rate halbiert. Erfreulich ist zudem, dass nun die Eigen-
tumsrechte der Marke Wolters wieder
in den Händen des Hofbrauhauses
sind. „Die eigenständige Zukunft ist
jetzt nachhaltig gesichert“, freut sich
Brauereichef Lehna.
GEGEN DEN TREND GESTEMMT
Die Gefahr, dass Wolters künftig in finanzielle Schieflage gerät, ist äußerst
gering. Bereits seit Jahren kämpft
das Unternehmen gegen den allgemein negativen Trend an. Im laufenden Jahr entwickelt sich das Geschäft
ebenfalls besser als der Gesamtmarkt.
Während die deutschen Brauereien
2009 im Schnitt wohl ein Minus von
rund 5 Prozent verkraften müssen, produziert Wolters gegenüber dem Vorjahr rund 3 Prozent mehr.
„Das Unternehmen ist derzeit voll
ausgelastet und in der Kernregion
Braunschweig Marktführer“, bilanziert
Lehna. Auch die Auslandsexpansion
verläuft planmäßig. Nachdem 2008
erstmals in China und Spanien Wolters-Biere über die Ladentheke gingen,
folgten im laufenden Jahr die USA,
Mexiko und Irland. Das Besondere:
Die Ware verlässt nur gegen Vorkasse
den Hof. „Wir wollen risikofrei wach●
sen“, erklärt Lehna.
FRANZ VON DEN DRIESCH
Gut gebrüllt: Hofbrauhaus Wolters im Profil
Der deutsche Brauereimarkt besteht aus derzeit ca. 1200 Brauereien. Davon haben
lediglich 400 Betriebe einen Bierausstoß von mehr als 20 000 Hektolitern. Die Gesamtkapazität von Wolters liegt bei 800 000 Hektolitern. Die Hofbrauhaus Wolters GmbH ist
die größte Privatbrauerei Niedersachsens und zählt damit zu den 100 größten Brauereien
Deutschlands. Derzeit besteht ihr Sortiment aus sieben Biersorten. Statt den Biermarkt
mit kurzlebigen Modeprodukten oder Biermischgetränken zu verändern, setzt Wolters auf
etablierte Spezialitäten. Im Januar 2008 startete dafür der Aufbau eines eigenen Exportgeschäfts. www.hofbrauhaus-wolters.de
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