Freiheit fürs Traditionsbier - Braunschweigische Landessparkasse
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Freiheit fürs Traditionsbier - Braunschweigische Landessparkasse
36_37_Prof_Success_korr2DSV.qxd:0 KURZ & BÜNDIG 02.11.2009 14:59 Uhr RAT & TAT Seite 36 SOLL & HABEN MORGEN & ÜBERMORGEN 36 38 40 42 ä SUCCESS-STORY LUST & LAUNE Success-Story E-Business Emotionale Intelligenz Eventplaner Freiheit fürs Traditionsbier In der Hand eines globalen Brauereiriesen war das Hofbrauhaus Wolters dem Untergang geweiht. Mit einem regional verwurzelten Modell unter Federführung der Braunschweigischen Landessparkasse hat sich das Unternehmen aus dem Klammergriff befreit. I n letzter Sekunde ist das Überleben des Hofbrauhauses Wolters nachhaltig gesichert worden – dank der Unterstützung aus der Region, in der das Unternehmen zu Hause ist. Vor allem nach der Gilde-Übernahme durch den Brauereiriesen InterBrew stand die Zukunft des Betriebs auf der Kippe. „Die Braunschweigische Landessparkasse und die Stadt Braunschweig haben maßgeblich dazu beitragen, das Überleben des Hofbrauhauses Wolters zu sichern“, freut sich Peter Lehna, einer von insgesamt vier Wolters-Geschäftsführern. Der Reihe nach: 1985 übernahm die Gilde-Brauerei die Aktienmehrheit an der Hofbrauhaus Wolters AG. Die Gilde-Gruppe wurde 2003 wiederum vom belgischen InterBrew-Konzern geschluckt. Nur zwei Jahre später fusionierten die Belgier mit dem brasilianischen AmBev-Unternehmen. Über Nacht entstand mit InBev die weltweit größte Brauereigruppe. Ein Zusammenschluss, auf den die Brauerei Wolters allzu gern verzichtet hätte. „InBev hat die Marke Wolters bewusst nach unten gewirtschaftet“, erinnert sich Lehna. Vor allem in der Gastronomie habe das InBev-Management alles daran gesetzt, die Eigenmarke Hasseröder stärker zu positionieren. 36 NOVEMBER/DEZEMBER 2009 PROFITS Hopfen und Malz gewonnen: Wolters-Führungsquartett (v. l.) Hanns-Bernd de Wall, Thomas Renneke, Wilhelm Koch, Peter Lehna Es kam, wie es kommen musste. Ende 2005 verkündete InBev Deutschland, die Pforten der Brauerei Wolters zum 30. Juni 2006 zu schließen. Innerhalb des weltweiten Brauereiimperiums sei das Unternehmen nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben, hieß es damals. Und dies, obwohl Wolters ein Jahr zu- vor noch schwarze Zahlen geschrieben hatte. Im Nu setzten Mitarbeiter, Bürger, die kommunale Politik, die Braunschweigische Landessparkasse sowie die vier ehemaligen leitenden WoltersAngestellten Thomas Renneke, Wilhelm Koch, Hanns-Bernd de Wall und Peter Lehna alle Hebel in Bewegung, 36_37_Prof_Success_korr2DSV.qxd:0 02.11.2009 14:59 Uhr Seite 37 S um die Zukunft der Brauerei doch noch zu sichern. Mit Erfolg: Für insgesamt 8,3 Mio. Euro übernahm das Führungsquartett Mitte 2006 die Firma, die seit der Übernahme unter „Hofbrauhaus Wolters GmbH“ firmiert. Ein mutiges und riskantes Unterfangen, schließlich schrumpfte der deutsche Bierverbrauch zu diesem Zeitpunkt bereits seit einigen Jahren. „Die gesamte Region stand von Beginn an hinter uns. Sowohl die Bürger als auch der Handel und die Gastronomie demonstrierten mit zahlreichen Aktionen ihre Unterstützung“, so Lehna. MARKENRECHTE IN GEFAHR Richtig aufatmen konnten die neue Wolters-Geschäftsführung und die rund 100-köpfige Belegschaft zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht. Grund: Die monatliche Rate in Höhe von 110 000 Euro an InBev bereitete in doppelter Hinsicht Kopfzerbrechen. Zum einen belastete der Betrag die Unternehmensliquidität. Zum anderen lagen die Eigentumsrechte der Marke Wolters bis zur endgültigen Ablösung des Kaufpreises bei InBev. „Die Tatsache, dass InBev dem Hofbrauhaus Wolters die Nutzung der Markenrechte hätte entziehen können, sobald eine Kaufpreisrate nicht fristgerecht überwiesen worden wäre, schwebte permanent wie ein Damoklesschwert über uns“, erklärt Lehna. Am 31. März 2009 war diese Gefahr endlich gebannt. Mit der Auszahlung des Restkaufpreises ist die Braunschweiger Traditionsbrauerei nun wieder „InBev-freie Zone“. Möglich mach- Befreiungsschlag: Stephan Reichel (l.), Mathias Engel, Firmenkundenberater der Braunschweigischen Landessparkasse, entwickelten eine nachhaltige Lösung te diesen Befreiungsschlag das sogenannte „Braunschweiger Modell“, das Wolters gemeinsam mit den Experten der Braunschweigischen Landessparkasse erarbeitet und realisiert hat. „Wir haben von Anfang an das Vorhaben des Hofbrauhauses Wolters unterstützt – und waren vom nachhaltigen Geschäftserfolg überzeugt“, erklärt Mathias Engel, Firmenkundenbetreuer der Braunschweigischen Landessparkasse. „Der Markt hat die Einstellung der Marke Wolters nicht verlangt. Im Gegenteil: Sowohl die Bürger als auch die Stadt und das Braunschweiger Land forderten stets den Erhalt der eng mit der Region verknüpften Traditionsbrauerei“, fügt Stephan Reichel, Leiter Firmenkunden der Braunschweigischen Landessparkasse, hinzu. Der Kern des „Braunschweiger Modells“ ist ein Ratendarlehen der Braunschweigischen Landessparkasse in Höhe von insgesamt 4,5 Mio. Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren – abgesichert durch eine 70-prozentige Landesbürgschaft. Die Stolpersteine für eine erfolgreiche Zukunft sind somit aus dem Weg geräumt. Durch den Landessparkassen-Kredit hat sich nicht nur die monatliche Rate halbiert. Erfreulich ist zudem, dass nun die Eigen- tumsrechte der Marke Wolters wieder in den Händen des Hofbrauhauses sind. „Die eigenständige Zukunft ist jetzt nachhaltig gesichert“, freut sich Brauereichef Lehna. GEGEN DEN TREND GESTEMMT Die Gefahr, dass Wolters künftig in finanzielle Schieflage gerät, ist äußerst gering. Bereits seit Jahren kämpft das Unternehmen gegen den allgemein negativen Trend an. Im laufenden Jahr entwickelt sich das Geschäft ebenfalls besser als der Gesamtmarkt. Während die deutschen Brauereien 2009 im Schnitt wohl ein Minus von rund 5 Prozent verkraften müssen, produziert Wolters gegenüber dem Vorjahr rund 3 Prozent mehr. „Das Unternehmen ist derzeit voll ausgelastet und in der Kernregion Braunschweig Marktführer“, bilanziert Lehna. Auch die Auslandsexpansion verläuft planmäßig. Nachdem 2008 erstmals in China und Spanien Wolters-Biere über die Ladentheke gingen, folgten im laufenden Jahr die USA, Mexiko und Irland. Das Besondere: Die Ware verlässt nur gegen Vorkasse den Hof. „Wir wollen risikofrei wach● sen“, erklärt Lehna. FRANZ VON DEN DRIESCH Gut gebrüllt: Hofbrauhaus Wolters im Profil Der deutsche Brauereimarkt besteht aus derzeit ca. 1200 Brauereien. Davon haben lediglich 400 Betriebe einen Bierausstoß von mehr als 20 000 Hektolitern. Die Gesamtkapazität von Wolters liegt bei 800 000 Hektolitern. Die Hofbrauhaus Wolters GmbH ist die größte Privatbrauerei Niedersachsens und zählt damit zu den 100 größten Brauereien Deutschlands. Derzeit besteht ihr Sortiment aus sieben Biersorten. Statt den Biermarkt mit kurzlebigen Modeprodukten oder Biermischgetränken zu verändern, setzt Wolters auf etablierte Spezialitäten. Im Januar 2008 startete dafür der Aufbau eines eigenen Exportgeschäfts. www.hofbrauhaus-wolters.de PROFITS NOVEMBER/DEZEMBER 2009 37