Interview in der Tageszeitung „Vecernje novosti“ mit Bischof Fotije
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Interview in der Tageszeitung „Vecernje novosti“ mit Bischof Fotije
Interview in der Tageszeitung „Vecernje novosti“ mit Bischof Fotije von Dalmatien - Als zwei Jahre nach der „Oluja“ die ersten Serben in ihre Heimatstätten zurückgekehrt sind, waren wir Zeugen der „biblischen Armut“ dieser Rückkehrer. Solche Situationen gibt es leider auch heute. Wenn wir die Rückkehrer besuchen, begegnen wir einer unglaublichen Armut. Sie kommen in Häuser zurück, wo es nichts mehr gibt, nicht mal einen Stuhl. Die Priester besuchen, versuchen ihnen zu helfen, und auch die Diözese hilft und hat geholfen, soviel sie konnte. Wir kaufen Nahrungsmittel, Möbel, Elektrogeräte, Geschirr…wir bemühen uns auch den Kindern finanziell zu helfen, wenn es sie in den Rückkehrerfamilien gibt. * Was würde heute die Rückkehr von jungen Menschen begünstigen? - Jetzt ist das wichtigste, dass die Region wirtschaftlich belebt wird. Pensionisten sind zurückgekehrt, aber das dies auch junge Menschen machen, ist eine wirtschaftliche Sicherheit notwendig. Man könnte leben, wenn sich die Menschen mehr mit Viehzucht, Gemüse-, Wein- und Olivenanbau beschäftigen würden. * Ist dies denn ein Problem wenn sie auf ihre Güter zurückkehren? - Die Jungen haben sich überall, so auch jene die nach Dalmatien zurückkehren würden, von einem solchen Leben entfremdet. Sie verachten es. Sie denken, dass es überholt sei, alle wollen Bürostellen. Aber dass der Mensch hier leben kann, ist es notwendig, dass er sich von der Arbeit nicht fürchtet, sondern sie annimmt. * Es sieht aber so aus, dass die meisten Jungen, die zurückkehren würden, dennoch am meisten die Provokationen und Drohungen fürchten. - Das ist die Wahrheit. Denn die politische und nationale Freiheit der Serben in Kroatien muss erst noch erobert werden. Und geben wird es sie erst, wenn wir hier die volle Freiheit als Menschen haben werden. Wenn der Staat wirklich die Präsenz der Serben in dieser Region achten wird, unsere Schrift, Traditionen, kulturelle und historische Denkmäler. Wenn er, für den Anfang, die Buchstaben der eigenen Gesetze respektieren würde und in den Gemeinden, wo heute ein Drittel Serben leben, die Aufstellung von Beschriftungen auf Kyrillisch und Tafeln an staatlichen Institutionen und öffentlichen Orten, erlauben würde. Darüber hinaus, damit sich die Serben in Kroatien wie zu Hause fühlen, sollte der kroatische Staat sie insofern akzeptieren, als dass beispielsweise mit dem gängigen Wiederholen der Geschichte, die Serben seien die Aggressoren und Mörder, aufgehört wird. Wie kann das serbische Volk Aggressor auf dem Boden sein, auf dem es seit Jahrhunderten lebt? * Die mittelalterlichen Klöster Krupa, Krka und Dragovic sind die besten Zeugen der Präsenz der Serben in Dalmatien. Wie oft kommen die übriggebliebenen Serben in die Kirchen? - Es gibt jene die regelmäßig kommen und die wir kennen. Sie tragen in sich viel Kirchlichkeit, haben eine liturgische Kultur, kommen sonntags und an Feiertagen. Auf der anderen Seite gibt es Serben, die ungenügend mit ihrem Glauben vertraut sind, so dass sie von der Kirche entfernt sind, aber sie überraschen uns, wenn sie zu an Heilig Abend, Weihnachten und Ostern in die Kirche kommen. Zu diesen Feiertagen ist die Kirche in Sibenik zu klein, um alle Gläubigen aufzunehmen. * Gibt es Versuche der gewaltsamen Übernahme von Kirchengebäuden der Serbisch-orthodoxen Kirche? - Gott sei Dank nicht. Es gibt eine Nichtregierungsorganisation, die sich als „kroatisch orthodoxe Kirche“ bezeichnet und die es geschafft hat sich als NGO zu registrieren. Die Idee ihrer Anhänger hat nämlich ihre Wurzeln im Zweiten Weltkrieg, von Ante Pavelic und den Ustasa. Diese Leute propagieren einen Extremismus, eine Ausschließlichkeit, die Verneinung anderer Konfessionen und Nationen, besonders der Serben. Das ist ihr Programm. Erschreckend ist, dass solche Gebilde wiedererwachen, aber leider leben wir in einer Zeit wo alles möglich ist, auch so etwas. Zum Glück haben wir Besitzurkunden unserer Heiligtümer. * Können die Serben in Dalmatien die Orte ihrer Leiden während des Bürgerkriegs der 1990er Jahre kennzeichnen? - Sie haben es versucht, aber das geht sehr schwer, denn diese Denkmäler wurden über Nacht zerstört. In Golubici bei Knin, just auf kirchlichem Grund, wurde ein Gedenkmal für die Getöteten im Krieg von 1991 bis 1995 aufgestellt. In der gleichen Nacht wurde es zerstört. Jene, die das getan haben, hat sogar das Erwähnen der Umgekommenen gestört, aber auch das Kyrillisch, auf dem die Inschrift verfasst worden war. Dies spricht darüber, dass die Serben immer noch nicht ihre wahre Stellung in Kroatien bekommen haben. Dass sie Bürger zweiter Klasse sind, die kein Recht haben die Orte ihrer Leiden zu kennzeichnen und diese mit ihrer Schrift zu verfassen. * Gibt es Umtaufungen von Serben in Katholiken? - Gewaltsame zum Glück nicht. Aber leider gibt es Serben die sich von der Kirche entfernt haben. Sie sind meistens in den sog. Mischehen, so dass sie ein Problem in der religiösen und nationalen Zugehörigkeit haben. Sie sind, würde ich sagen, am meisten unter Druck. In ihrem Verhalten gibt es ein Verstecken und Flüchten vor den eigenen Wurzeln. Nach ungeschriebenen Regeln verlassen sie leichter die Orthodoxie und werden katholisch. Dies wird zumeist wegen den Kindern gemacht, insbesondere wenn diese die einzigen Orthodoxen in der Klasse sind. Vielleicht ist der Grund auch das Überleben. Am meisten gab es diese Fälle während des Krieges und danach. Eine unserer Herausforderungen und wichtigen Aufgaben ist in der Diözese, genau diese Menschen wieder zur Orthodoxie und zur Kirche ihrer Väter zurück zu führen. * Wie ist das Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche in Dalmatien? - Die römisch-katholische Kirche ist die hier die Mehrheitskirche und das ist Realität. Wir respektieren das und bemühen uns eine korrekte, menschliche und christliche Beziehung zu pflegen. Wir machen unsere Arbeit, unsere Askese, die Sorge um unsere Kirche, um unsere Heiligtümer. Die römischkatholischen Würdenträger machen ihre Arbeit. Manchmal treffen wir uns bei Veranstaltungen und Festen. *Wird es solche Treffen beim bevorstehenden Besuch des Patriarchen Irinej im Kloster Krka geben? - Seine Heiligkeit kommt vor dem Fest der Verklärung Christi zu einem zweitägigen Besuch der Eparchie von Dalmatien, anlässlich der Feier des großen Jubiläums – 400 Jahre Priesterseminar im Kloster Krka. Es ist geplant, dass der Patriarch am 18. August zuerst unsere Kirche des Heiligen Elias in Zadar besuchen wird, und dann auch die römisch-katholische Kirche der Heiligen Anastasija von Sirmium (im kroatischen Hl. Stosija), in der die Reliquien der frühchristlichen Heiligen und Großmärtyrerin aufbewahrt werden. Dort wird er auch den Erzbischof von Zadar Zelimir Puljic treffen, der gleichzeitig auch der Vorsitzende der kroatischen Bischofskonferenz ist. * Im März 2012 wurde ein Protokoll zwischen den Kulturministerien von Kroatien und Serbien unterzeichnet, über die Rückführung von Kulturgütern, gerettet während des Krieges, von Serbien nach Kroatien. Wie ist ihre Meinung über die Rückführung der serbischen Kulturgüter? - Es gibt keinen Grund für Eile. Während des Krieges haben einige Serben nüchtern nachgedacht und einen Teil der Schätze in das Museum der Serbisch-orthodoxen Kirche in Belgrad und das Museum in Sremski Karlovci gebracht. Auf der anderen Seite, viel von dem, was zurückblieb, wurde verbrannt, zerbrochen und zerstört. Zum Glück, was den geretteten Schatz der in Serbien ist, können wir jetzt sagen, dass wir ihn haben und dass er möglicherweise eines Tages nach Kroatien zurückgebracht werden kann. Wir wollen ihn wieder zurückbringen und werden das tun, wenn die Umstände dafür gegeben sein werden. * Welches sind die wichtigsten? - Die Rückkehr des Volkes und die entsprechende Ausstattung der Schatzkammern. Das serbische Volk hat diese Ikonen und diesen Schatz hervorgebracht. Dieses gehört, in erster Linie, den Serben in Dalmatien, und erst im weiteren Kontext dem Staat Kroatien. Es bedeutet uns nichts, in die Kirchen die wertvollen Reliquien zurück zu holen, wenn es in ihnen keine Menschen mehr gibt. Denn, das Volk ist der Bewahrer der Heiligtümer und daher muss es mit diesen vereint sein. Die zweite Voraussetzung ist die Sicherheit der Schatzkammern, die mit modernen Alarmanlagen, Klimaanlagen und anderen Anlagen für die Aufbewahrung von Reliquien ausgestattet sein müssen. Wir dürfen nicht zulassen, dass z. B. Handschriften aus dem 14. Oder 15. Jahrhundert oder Bücher mit Originalsignaturen von Vuk Karadzic, Nikola Tesla, Simo Matavulj und anderer bedeutender Serben, auf irgendeine Weise gefährdet sind. * Freut sich das Volk, die Mönche und Priester der Diözese von Dalmatien über den bevorstehenden Besuch von Patriarch Irinej? - Wie alle freuen uns unheimlich und bereiten uns, so würde ich sagen, asketisch vor. Umso mehr, da der letzte Patriarch, der das Kloster Krka besucht hat, Patriarch German war, und vor ihm Patriarch Dimitrije Mitte der 1920er Jahre. Seit langem also haben wir keinen so freudigen Besuch gehabt, denn es war immer ein Feiertag für das hiesige Volk, wenn der serbische Patriarch nach Dalmatien kommt. Der Besuch Seiner Heiligkeit wird das Leben unseres Volkes in dieser Region bestärken. Das Kloster Krka hat im Juli 1929 auch der König Aleksandar I Karadjordjevic besucht.