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Energie/Industrie
Samstag, 13. Juli 2013 · Nr. 54
13
Gurit senkt
die Prognose
Schweiz Erholung harzt
Gurit erholt sich
nach dem schwaKurs: 406.75 Fr.
Jahresstart
SPI-Gesamtindex angegl. chen
nicht so schnell wie
800
erhofft. Daher re600
duziert der Spezial400
kunststoffhersteller das Umsatz200
und das Margenziel
10 11 12 13
für 2013. Bisher
Quelle: Thomson Reuters / FuW
hatten die Wattwiler einen Umsatz von 300 Mio. Fr. und
eine Betriebsgewinnmarge von über 6%
angestrebt, neu rechnen sie noch mit
einem Umsatz von unter 300 Mio. Fr.
und einer Marge von lediglich 3 bis 5%.
Die Aktien Gurit verloren bis Freitagnachmittag fast 3%.
Als Grund nennt Gurit die langsamere Erholung im Windkraft-Markt, für
den die Gruppe Verbundwerkstoffe und
Bauteile herstellt. Besonders in China
drückten Überkapazitäten auf die Preise
von Windkraftinstallationen. Aber auch
in den USA sei die Nachfrage «bei weitem» nicht so hoch wie 2012. Der Umsatz im Hauptbereich Composite Materials (Windenergie, Aerospace und
Boots­bau) ist im ersten Semester verglichen zum Vorjahr 37% auf 109,1 Mio. Fr.
eingebrochen. Immerhin hat sich der
Rückgang im Vergleich zum ersten
Quartal 2013, wo er noch über 40% betrug, verlangsamt.
Im Bereich Composite Systems and
Engineering (Autokarosserieteile, Bauformen und Ingenieurdienste) fiel der
Halbjahresrückgang mit 12,9% auf 20,6
Mio. Fr. weniger heftig aus, allerdings
dürften Auftragsverzögerungen die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte
ebenfalls belasten. Unter dem Strich resultiert ein Semesterumsatz von 129,7
Mio. Fr. (–33,7%). Vollständige Halbjahreszahlen folgen am 23. August. Wue
Bild: ian Berry/magnum photos
Gurit I
Europäische Serviceunternehmen für die Öl- und Gasbranche sind meist nicht so breit aufgestellt wie die US-Gesellschaften und erbringen spezialisiertere Dienstleistungen.
Saipem belastet Ölservicesektor
International Kurssturz in Europa nach Gewinnwarnungen – Auch Subsea 7 kämpft mit Problemen – US-Dienstleister dagegen top
martin gollmer
A
nleger lieben zurzeit amerikanische Öl- und Gasfelddienstleister,
europäische meiden sie dagegen.
Das zeigt sich, wenn man die Kursentwicklung der Aktien der entsprechenden
Unternehmen seit Anfang Jahr anschaut.
In den USA flösst das Fortbestehen des
Booms in Schieferöl und -gas den Inves­
toren Vertrauen ein. In Europa hat Branchenleader Saipem in diesem Jahr schon
mit zwei Gewinnwarnungen überrascht,
was auch die Titel der Konkurrenten auf
dem Alten Kontinent belastet.
Öl- und Gasfelddienstleister erbringen
Services rund um das Suchen und das Fördern von Öl und Gas. Sie managen Projekte,
sie erkunden den Untergrund, sie bohren
und pumpen, sie konzipieren und bauen
Pipelines, Bohr- und Lager­anlagen sowie
Flüssiggasterminals. Solche Services sind
mehr denn je gefragt. Denn die einfach zu
erschliessenden Öl- und Gasfelder sind bereits gefunden und in Ausbeutung. Jetzt
geht es darum, die Lebensdauer alternder
Felder zu verlängern. Zudem macht es der
hohe Ölpreis möglich, technologisch immer
schwierigere Projekte in immer unwirtlicheren Umgebungen (Tiefsee, Arktis) anzupacken. Das erfordert mehr und bessere Services der Öl- und Gasfelddienstleister.
Kennzahlen wichtiger Öl- und Gasfelddienstleister
perf. Börsenseit 1.1. wert in
mrd.
in %
umsatz in mrd.
2012 2013 a 2014 a
gewinn/Verlust pro aktie
2012 2013 a 2014 a
KgV
2014
div.–rend.
2013
in %
Amerikanische Unternehmen
schlumberger ($)
halliburton ($)
Baker hughes ($)
10,6
27,4
19,5
102,0
41,3
21,6
42,1
28,5
21,4
45,7
29,7
21,7
50,8
32,8
23,5
4.06
2.78
2.90
4.62
2.86
3.06
5.67
4.02
4.17
13
11
12
1,7
1,1
1,3
US-schweizerische Unternehmen
transocean ($)
Weatherford ($)
10,6
27,2
17,8
10,9
9,2
15,2
9,6
16,2
10,8
17,7
–0.62
–1.02
4.31
0.70
5.89
1.26
8
11
3,7
–
–2,2
–49,9
–19,2
6,3
–13,9
9,6
6,4
4,6
3,1
39,2
8,2
13,4
4,0
4,2
36,6
9,4
13,3
4,3
4,2
41,5
10,7
13,2
4,8
4,5
45,6
4.41
2.04
1.17
0.69
12.98
5.51
–0.73
1.26
0.82
6.39
6.86
1.16
1.47
0.92
11.98
12
12
8
11
9
2,3
0,7
3,6
3,8
3,3
Europäische Unternehmen
technip (€)
saipem (€)
petrofac (£)
amec (£)
subsea 7 (nKr.)
Alle Finanzdaten zu Gurit
im Online-Aktienführer:
fuw.ch/GUR
1 $=0.96 Fr. 1 €=1.24 Fr. 1 £=1.44 Fr. 1 nKr.=0.16 Fr.
Probleme unter Wasser
Quelle: Bloomberg, Stand 12.7. (US–Daten vom 11.7.)
Aktienkurse der Öl- und Gasfelddienstleister
Saipem
Halliburton
Kurs: 14.67 €, Valor 577305
Mib-Index angeglichen
40
Petrofac
Kurs: 44.18 $, Symbol: HAL
S&P 500 angeglichen
1600
50
30
Kurs: 1312 Pence, Valor 2288748
FTSE-100-Index angeglichen
1400
40
1200
20
30
1000
Schieferöl treibt an
Ein Beispiel ist die Erschliessung von Schieferöl und -gas. Sie ist möglich geworden
dank neuer, von den Dienstleistern mit entwickelter Bohr- und Fördertechnologien
(etwa horizontales Bohren und Fracking).
Bisher unerreichbares unkonventionelles Öl
und Gas in Schiefergestein (Shale Oil/Gas)
oder dichtem Sandstein (Tight Oil/Gas)
kann angezapft werden. Das hat der Öl- und
Gasförderung in den USA neuen Schwung
verliehen. Vor allem die grossen, breit aufgestellten US- Dienstleister wie Schlumberger,
Halliburton und Baker Hughes profitieren
davon. Anleger glauben, dass dieser Boom
noch eine Weile anhält, und investieren seit
Anfang Jahr mehr oder weniger kräftig in
US-Serviceunternehmen. Zu empfehlen
sind besonders die Titel von Halliburton, die
im amerikanischen Schieferöl und -gas eine
starke Marktposition hält und in diesem Bereich auch Technologieführer ist.
Die europäischen Öl- und Gasfelddienstleister profitieren von diesem Boom
noch kaum. Das hängt einerseits damit
zusammen, dass in Europa die Förderung
von unkonventionellem Öl und Gas noch
in den Anfängen steht. Anderseits sind
die Serviceunternehmen auf dem Alten
Kontinent meist nicht so breit aufgestellt
und erbringen oft spezialisierte Dienstleistungen. Sie sind deshalb auch nur
­bedingt vergleichbar mit ihren amerika­
nischen Branchengenossen.
Ein Beispiel, das derzeit zu reden gibt,
ist Saipem. Der italienische Konzern, an
dem der Öl- und Gasmulti Eni eine Be­
teiligung von 43% hält, stellt Maschinen
und Anlagen für die Ölgewinnung sowie
schwimmende Lagerstätten und Plattformen her, konzipiert und baut Raffinerie-,
Petrochemie- und Gasverflüssigungswerke und ist auch noch im Bohrgeschäft
tätig. Saipem musste im Januar 2013 eine
in der Unternehmensgeschichte beispiellose Revision der Gewinnerwartungen für
2012 und 2013 kommunizieren und im
Juni unter neuem Management eine weitere Korrektur nachschieben. Anfang Juli
kam noch eine Havarie mit einer Hub­
bohr­insel vor der Küste Angolas dazu.
10
20
10
11
12
13
800
10
11
12
13
10
11
12
13
Quelle: Thomson Reuters / FuW
US-Schweizer sorgen für Schlagzeilen
Obwohl die Schweiz kein Öl- und Gasland
ist, haben sich hier in den vergangenen Jahren – hauptsächlich aus steuerlichen Überlegungen – zwei Dienstleister für die Branche
niedergelassen. Es sind Transocean und
Weatherford. Beide sind auch in der Schweiz
kotiert. Transocean ist der weltweit führende Tiefseebohrkonzern. Schlagzeilen
machte sie 2010 mit ihrer Verwicklung in
die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko, wo
es auf der Bohrplattform Deepwater Horizon
zu einer Explosion kam, die elf Arbeiter das
Leben gekostet und die grösste Ölpest in der
Geschichte der USA ausgelöst hat.
Schlagzeilen gab es aber auch im ver­
gangenen Frühjahr, als der US-Milliardär
und Aktionärsaktivist Carl Icahn dem
­Unternehmen vorwarf, mit unnützen Übernahmen Geld zu verschleudern, und versuchte, eine hohe Dividende durchzusetzen.
Schliesslich erreichte er die Abwahl des
­Verwaltungsratspräsidenten. Die Aussichten für Transocean haben sich inzwischen
aufgehellt dank des Verkaufs von Bohr­
aktiva niedrigerer Qualität und dank einer
­Einigung mit dem US-Justizministerium in
Sachen Golf von Mexiko. Trotzdem sind die
Aktien des Konzerns weiterhin nur etwas für
risikofähige Anleger.
Weatherford hat wie Transocean
amerikanische Wurzeln, offeriert aber
eine breite Palette von Öl- und Gasfeld­
services wie die US-Konkurrenten
Schlumberger, Halliburton und Baker
Hughes. Weatherford hat sich mit einer
Übernahmestrategie erfolgreich einen
Platz unter den Grossen der Branche
­ge­sichert und weist heute bedeutende
Marktanteile in Wachstumsregionen
wie Brasilien, China und Russland auf.
Aber auch Weatherford hat unrühmlich von sich reden gemacht, und zwar
durch Buchhaltungsprobleme, die zur Korrektur mehrerer Jahresergebnisse und
zu Abgängen im Top-Management führten.
Die Aktionäre verweigerten den Unternehmensverantwortlichen an der General­
versammlung im Juni die Entlastung. Die
Buchhaltungsprobleme scheinen nun gelöst, aber um das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen, braucht es jetzt eine anhaltend gute Unternehmensführung. MG
Statt mit einem Gewinn von 450 Mio. €
rechnet Saipem für 2013 jetzt mit einem
Verlust zwischen 300 und 350 Mio. €. Rund
die Hälfte des Minderertrags entfällt auf
das landseitige Servicegeschäft in Algerien, wo sich seit Bestechungsvorwürfen
die Beziehungen zum einheimischen
Grosskunden Sonatrach deutlich abgekühlt haben. Der Rest verteilt sich auf höhere Kosten in Kanada und Mexiko sowie
auf technische Probleme mit einem neuen
Unterwasser-Leitungsverlegungs-Schiff.
Kein Wunder bewegt sich der Kurs der
Saipem-Aktien seit Ende 2012 stetig abwärts und hat auch die Notierung anderer
europäischer Öl- und Gasfelddienstleister
mit sich gezogen. Dies, obwohl nur Subsea 7 auch noch mit Schwierigkeiten
kämpft. Der norwegische Unterwasser-­
Ingenieur- und Baukonzern musste in
einem Projekt vor der Küste Brasiliens Verzögerungen wegen Nachschub-, Zoll- und
Wetterproblemen sowie wegen des verspäteten Baubeginns einer Pipeline hinnehmen. Die Verzögerungen verursachen Projektmehrkosten von 250 bis 300 Mio. $.
Kaufgelegenheiten
Die Titel von Saipem und Subsea 7 sind
deshalb bis auf weiteres zu meiden. Wer
trotzdem auf einen europäischen Öl- und
Gasfelddienstleister setzen will, kann die
gedrückten Kurse nutzen und Papiere von
Technip (Frankreich), Petrofac oder Amec
(beide Grossbritannien) kaufen.
Technip entwirft und baut Fabriken, die
Ölprodukte, Gas und Chemikalien herstellen und verarbeiten sowie Strom erzeugen.
Dazu kommen noch Offshore-Anlagen für
die Öl- und Gasindustrie. Petrofac ist ein
Anbieter von integrierten Facility Services
für die Öl-, Gas- und Energieproduktion
sowie für verarbeitende Industrien. Amec
konstruiert komplexe Anlagen für die Ölund Gasgewinnung sowie -veredelung, für
die Energieproduktion und für den Bergbau. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis
von 8 für 2014 sind die Aktien von Petrofac
besonders günstig bewertet. Für 2013 wird
auch eine ansehnliche Dividendenrendite
von 3,6% erwartet (vgl. Tabelle).
Schneider
will Invensys
FR Bieterkampf möglich
Der französische
ElektrotechnikKurs: 55.60 €
konzern Schneider
Invensys angeglichen
Electric will das
60
britische Technologieunternehmen
40
Invensys für 3,3
Mrd. £ (4,75 Mrd.
20
Fr.) übernehmen.
10 11 12 13
Die Gespräche beQuelle: Thomson Reuters / FuW
fänden sich in
einem frühen Stadium, bestätigte
Schneider eine Erklärung des britischen
Spezialisten für Kontrollsysteme von
Chemiewerken, Öl- und Gasanlagen.
Eine Übernahme von Invensys stärke
die Sparte Industrieautomation (globaler Marktanteil gut 4%, Marktführer Siemens hat über 21%) und führe zu Kostensenkungen. Invensys erklärte, das
Unternehmen werde vermutlich eine
Annahme des Angebots von 505 p pro
Aktie empfehlen – dies wäre ein Aufschlag auf dem Schlusskurs vom Donnerstag von 15%. Schneider will 319 p
pro Aktie in Cash und 186 p in neuen Aktien bezahlen. Invensys hatte im Mai angekündigt, aus dem Verkaufserlös seiner
Bahntechniksparte an Siemens für 1,74
Mrd. £ sei eine Ausschüttung von 625
Mio. £ an die Aktionäre geplant.
Schneider-Anlegern missfällt das Angebot. Die Aktien verloren am Freitag
gut 4% (Invensys plus 16%). Analysten
von Société Générale taxieren die Avancen als unfreundlich. Das könnte andere
Bieter auf den Plan rufen. Vor einem Jahr
hatte Emerson aus den USA vergeblich
um Invensys gebuhlt. Informelle Kontakte mit den Briten wurden auch schon
Siemens, General Electric und ABB
nachgesagt. Gemäss Vontobel-Analysten dürfte ABB wegen zu grossen Überlappungen kein Angebot auflegen. ga
Schneider Electric