Kokzidien - Medizinische Kleintierklinik

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Kokzidien - Medizinische Kleintierklinik
DIE SPEZIALISTEN
Tödliche Gefahr - Kokzidien
Vor einigen Monaten überwies uns ein praktischer
Tierarzt am Wochenende im Notdienst einen Wurf
Chihuahua-Welpen. Alle Hunde zeigten Schlappheit, Erbrechen, Durchfall und reduzierte Futteraufnahme. Der
Wurf war 8 Wochen alt und drei der Welpen waren schon
akut verstorben. Die Kleinen waren bereits sorgfältig
mehrmals entwurmt und korrekt geimpft worden.
Anhand des Vorberichts und der klinischen Symptome, die die kleinen Hunde zeigten, waren wir äußerst
besorgt, noch weitere kleine Patienten zu verlieren.
Sofort wurden von allen Welpen Blut, Urin und Kotuntersuchungen eingeleitet. Parallel bekamen alle intensivste Therapie (spezielle Infusionen, um den Blutdruck
aufrechtzuerhalten, Antibiotika gegen Sekundärinfektionen, Wärmetherapie, künstliche Ernährung und
Mittel gegen die Übelkeit). Uns fiel sofort auf, dass alle
Welpen eine relative niedrige Herzfrequenz hatten. Sofort wurden die Herzabteilung und unsere Notfall- und
Intensivmediziner mit einbezogen. Bei den Kleinen, die
nur wenige hundert Gramm wogen und wirklich in die
hohle Hand passten, wurde nun eine sehr intensive und
regelmäßige Überwachung mit EKG, Blutdruck-, Temperatur-, Herz- und Atemfrequenzkontrollen durchgeführt.
Eine Palette Notfallmedikamente wurde vorbereitet, um
schnellstmöglich in einer Krise eingreifen zu können.
Diese Maßnahmen haben dann zwei kleinen Welpen
das Leben gerettet. Sie fingen an zu erbrechen, es kam
zu einem massiven Abfall der Herzfrequenz und des
Blutdruckes, die Atmung stoppte und sie kollabierten.
Sofort wurden die schon vorbereiteten Medikamente in
die Vene gegeben, Sauerstoff wurde verabreicht und
beide Patienten konnten so gerettet werden. Innerhalb
!
!
Kokzidien sind besonders häufig vorkommende
gastrointestinale Parasiten beim Welpen. Die einzelligen Parasiten treten bereits kurz nach der Geburt vor
allem bei Hundewelpen auf. Aktuellen Studien zufolge leidet etwa jeder vierte Welpe in Deutschland an
einem Befall mit Kokzidien. Nicht selten treten zudem
Mischinfektionen unter Beteiligung von Rund- bzw.
Spulwurmbefall auf.
weniger Stunden nach Einlieferung war dann auch klar,
warum dieser Welpenwurf so krank war, sie litten alle
an der Infektionskrankheit durch Kokzidien. Nun, diese
Infektionserkrankung verläuft in der Regel nicht mit
Todesfällen, da gab es noch einen weiteren Grund…
Die Infektion und die damit einhergehende massive
Entzündung des Verdauungstraktes führten zu einer
übersteigerten Erregbarkeit (Vagotonie) des (vegetativen) Nervensystems (Parasympathikus), das für den
Blutdruck, die Herzfrequenz, Lungenfunktion und Verdauung zuständig ist. Nur durch unseren guten Vorbericht bei Aufnahme, gründlichste Untersuchungen und
die dann folgende engmaschige Betreuung der Patienten fiel uns diese Abnormalität auf und so konnte nach
7 Tagen eine kleine Rasselbande von fünf munteren
Welpen wieder nachhause entlassen werden.
Dr. Christine Hall
Dr. Christine Hall arbeitet als internistische
Oberärztin in der Medizinischen Kleintierklinik
der Universitätstierklinik in München. Sie hat
in München studiert, promoviert und ihren
Fachtierarzt für innere Medizin erhalten. Nach
ihrer Münchner Zeit ist sie nach Schottland und
nach England gegangen; sie hat an der Tiermedizinischen Fakultät der Universität Edinburgh
gearbeitet und war dann in Südengland lange
an einer der besten Überweisungskliniken
(NDSR) tätig. Nun hat sie ihre „Münchner Zeit“
nach 14 Jahren wieder aufgenommen und geniest das heimische Wetter und die Berge. Frau
Dr. Hall ist ebenfalls Besitzerin eines 4-jährigen
Katers, der schon einen in jungen Jahren einen
schlimmen Autounfall erlitt und einer 5-jährigen
Mischlingshündin, die vor einem Jahr an einem
Bandscheibenvorfall operiert wurde. Somit
kann sie die Ängste und Nöte der Patientenbesitzer immer gut nachvollziehen. Wichtig ist es
der Autorin, darauf hinzuweisen, dass sie für
ihren Hund und ihrer Katze eine Krankenversicherung hat, die alle anfallenden Rechnungen
ihre beiden Vierbeiner immer übernimmt.