Der Film “An Inconvenient Truth” von Al Gore aus

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Der Film “An Inconvenient Truth” von Al Gore aus
Bern 24. August 2006
Der Film “An Inconvenient Truth” von Al Gore aus wissenschaftlicher Sicht
Al Gore bringt mit dem Film “An Inconvenient Truth” dem Publikum das Problem der globalen Erwärmung
näher und zeigt die Dringlichkeit und Möglichkeiten von Massnahmen auf. In Form eines Vortrages wird
neben Einschüben persönlicher Gedanken und Erinnerungen Al Gores hauptsächlich wissenschaftliches
Wissen aus der Klimaforschung vermittelt.
Die wissenschaftlichen Grundlagen und Zusammenhänge zur globalen Erwärmung werden im Film sehr
gut erklärt, auch wenn das Laienpublikum aufgrund der Fülle an Informationen wohl nicht alles
aufnehmen kann. Die Präsentation vieler aktueller Forschungsergebnisse zeigt, dass sich Gore sehr
eingehend mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Die Einschübe von Erinnerungen aus seiner
Vergangenheit sowie persönlichen Gefühlen und Gedanken sind klar als solche erkennbar, sie werden
nicht mit den Fakten vermischt. Ab und zu werden ein paar witzige und zum Teil eher sarkastische
Bemerkungen zur aktuellen amerikanischen Klimapolitik eingestreut.
Sehr aufwändig werden die Folgen eines Abschmelzens des grönländischen Eisschildes dargestellt: Das
Verschwinden grosser Landflächen im Meer durch den ansteigenden Meeresspiegel wird auf
Luftaufnahmen simuliert. Diese Entwicklung erfolgt zwar über mehrere hundert Jahre und betrifft vor
allem zukünftige Generationen, wird aber bereits durch die Erwärmung in diesem Jahrhundert
unumkehrbar in Gang gesetzt. Sehr eindrücklich sind auch die vielen Bilder aus der ganzen Welt inkl. der
Schweiz, die den globalen Gletscherrückgang aufzeigen.
Bei komplizierten Sachverhalten begibt sich Gore nicht aufs Glatteis. Er zeigt zwar die Folgen des
Hurrikans Katrina in New Orleans, spricht aber den komplexen Zusammenhang zwischen Klimaänderung
und Extremereignissen nicht direkt an (die Klimaänderung löst keine Einzelereignisse aus, erhöht aber
deren Auftretens-Wahrscheinlichkeit). Bei der Darstellung der Entwicklung von CO2 und Temperatur in
den letzten 650’000 Jahren sowie in der nahen Zukunft steigt er in einen Lift, um der CO2-Kurve auf der
grossen Leinwand nach oben folgen zu können. Damit unterstreicht er die enorme Zunahme der CO2Konzentration gegenüber früheren Zeiten. Er zeigt jedoch keine Temperaturprognosen, sondern stellt nur
den Zusammenhang zwischen CO2 und Temperatur fest. Damit macht er den grossen Streubereich der
erwarteten Erwärmung gar nicht zum Thema. Es genügt ihm, dass eine Erwärmung zu erwarten ist, das
exakte Ausmass ist weniger wichtig.
Nur in wenigen Fällen führen vereinfachte Erklärungen zu wissenschaftlich nicht ganz korrekten
Darstellungen, die allerdings keinen Einfluss auf die Schlussfolgerungen haben. So erklärt er
beispielsweise bei der Diskussion der Eisbohrkerne, dass im Eis der Antarktis die Folgen der
Luftreinhaltemassnahmen in den USA unmittelbar erkannt werden könnten. Tatsächlich werden die
erwähnten Luftpartikel (Aerosole) zwar in Eisbohrkernen gefunden, jedoch nur in Gletschereis aus den
entsprechenden Regionen, nicht aber in der Antarktis.
Gore beschränkt sich nicht auf die naturwissenschaftlichen Fakten. Er erklärt deutlich, dass eine
Reduktion der Treibhausgasemissionen nicht nur notwendig ist für das Klima, sondern auch
wirtschaftliche Vorteile bringen kann. Er warnt davor, dass ein Abseitsstehen der USA bei der
Schadstoffreduktion die einheimische Industrie im weltweiten Handel stark benachteiligen wird. Als
Beispiel dazu dient ihm die Autoindustrie. Im Abspann des Films werden dann zahlreiche Beispiele
aufgeführt, wie der Einzelne zur Reduktion der Klimaerwärmung beitragen kann.
Alles in allem ist “An Inconvenient Truth” ein sehr gelungener und gut präsentierter Dokumentarfilm. Er
schafft es, Inhalte, wie sie sonst nur in Fernsehmagazinen wie beispielsweise “Menschen, Technik,
Wissenschaft” zu sehen sind, auf die Kinoleinwand zu bringen.
Prof. Thomas Stocker, Präsident
Dr. Urs Neu und Dr. Christoph Ritz, Geschäftsstelle
ProClimForum for Climate and Global Change
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