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Wirtschaftsanthropologie: Zusammenfassung
Ökonomische Aktivitäten v. a. bei aussereuropäischen Gesellschaften; Versorgung mit
Dienstleistungen und Gütern: Prozesse der Versorgung
Bereiche: Produktion, Konsumption, Verteilung, politische und soziale Strukturen, natürliche
Bedingungen (dabei wichtig: teilnehmende Beobachtung)
Fokus: Wildbeuter / Jäger und Sammler, Pastoralisten, Bauern, Marktgesellschaften
Mensch
vor
2.5 Mio J.
1.7
400’000-130'000
200'000
90’000-45'000
50'000
35’000-15'000
Funde (Steinwerkzeuge) der Homo Gattung
Homo erectus in Afrika
Verbreitung Homo erectus in Asien, Europa (Neanderthaler)
Homo sapiens sapiens in Afrika: effiziente Technologie, komplexes
Sozialverhalten
Homo sapiens besiedelt andere Erdteile, verdrängt Neanderthaler?
nach Asien
nach Sibirien, Amerika
Nomadische Wildbeuter
Heutige NW nicht als Relikte der Vergangenheit wegen differenzierten Techniken,
komplexem Wissen. Beziehungen mit sesshaften Bauern, verdrängung in marginale Räume
Merkmale: Nutzung der Wildbestände nach Saisonalität (Mobilität), kleine Gruppen oft
ohne Hierarchie, wechselnde Gruppenzusammensetzung, klare
Verwandtschaftsvorstellungen, enge Sozialkontakte (Ressourcen teilen),
geschlechterspezifische Arbeitsteilung (M: Jagen, F: Sammeln), Ressourcennutzung durch
Gruppen oder Individuen
Bilder der Wildbeuterökonomien:
1) Armuts-Gesellschaft, Menschliche Vorstufe Evolutionismus
2) ursprünglicher Wohlstand: Bedürfnisse limitiert, Ressourcen im Vergleich zu Bedürfnissen
reich vorhanden, romantisches Bild des edlen Wilden Substantivismus
Pastorale Nomaden: Viehzucht in oft karger, gefährlicher Umwelt, wichtiges Mittel um
Ressourcen nicht zu übernutzen und zum Überleben: Mobilität zwischen Ebene, Berge
Nomadische Pastoralisten: Migration über grosse Strecken, Wasser als knappe
Ressource, Gefahren: Dürren, Viehraub
Transhumaner Pastoralismus: klar saisonal geregelte Migrationsmuster, Trockenzeit
Weide in Flussnähe, Regenzeit feste Dörfer
Weitere Strategien: flexible Haushalte, Herde aus diversen Tieren kombiniert, Entscheid je
nach Ressourcenlage oder Bedrohung, hohe Tierzahl, Grenzen die verteidigt werden,
Reziprozitätsregeln als Sicherheitsstrategie, kein Overstocking (Tierbestände fluktuieren,
keine Überweidung)
Bäuerliche Gesellschaften: Kontinuum von extensiver Bewirtschaftung (Hortikultur, Jagen
und Sammeln, Fischfang, Viehhaltung) hin zu intensiver (arbeitsintensive Bewirtschaftung:
Terassenbau, Bewässerung, Boserups Modell der agrarischen Intensivierung: forrest fallow
etc Zunahme Erträge pro ha, Abnahme der Arbeitsproduktivität, von offener bis
Kollektivressource oder Privateigentum
1
WA Themen: Ergologie und Technologie (Art der Gewinnung und Verarbeitung von
Materialien), Produktion und Verteilung und Konsum, Arbeitsteilung (Haushalt, Gruppen oder
Regionen), Wettbewerb (Konkurrenz um Statussymbole und Einkommen), Wert von Gütern
und Preis von Waren, Funktionieren von Märkten, Eigentum und –sbeziehungen (Eigentum
oder Nutzungsrecht, Teilung von Ressourcen, Organisation der Ressourcennutzung),
Gewinn und –maximierung und Ausbeutung, Kapitalbildung und –bewegung, Geld und Geld
als Kapital, Schichten und Klassen und ökonomische, soziale und politische Strukturen, die
damit zusammenhängen, Produktion und Religion, Macht und Ideologie in der Ökonomie,
Einbindung in globalisierte Welt
Synchronische Perspektiven
Analysieren, verstehen und systematisch
vergleichen von weltweit gegenwärtig
existierenden Ökonomien (in
vergleichbaren ökonom. Typen denken),
aber: Typen (JS, Hortikulturalisten)
existieren nicht in reiner Form, nicht
isoliert, Feldforschung wichtig
Diachronische Perspektiven
Entwicklung über eine längere Zeitspanne
hinweg, theoretisch-historischer Zugang,
Wandel bewusst wahrgenommen und in
Theorien einbezogen (Reflexion relativ),
aber ethnographisches Material kaum
einbezogen
Der ökonomische Diskurs im 19. Jh.
In der zweiten Hälfte des 19. Jh: zentrale ökonomische Themen behandelt, die den
wirtschaftlichen Aufschwung der europäischen Länder begründen (Aufklärung, techologische
Entwicklung, Fortschrittsideologie, Modernisierung, Aufbau von Nationalstaaten und
rechtsstaatlichen Prinzipien, europäische Expansion, koloniale Unterwerfung)
Aufklärung  Frage nach Kapitalismus, der den Aufschwang begründete
Kolonialisierung  Spekulationen zu „primitiven“ Gesellschaften und Wirtschaftsformen
Evolutionismus
bis ins 17. Jh. Eurozentrische Sicht, Aufteilung in Christen und Heiden
Aufklärung: Heiden als Menschen niedrigerer Entwicklungsstufe als Zivilisierte
Aufteilung: Wilde, Halbwilde und Zivilisierte evolutionistisches Denken (anhand weltweit
existierender Gesellschaften synchron die Entwicklungsgeschichte des Menschen erklären
diachronisch)
Wilde als Repräsentanten vormoderner Entwicklungsstufen (technische und ökonomische
Elemente waren wichtigste Kriterien zur Einordnung)
Ferguson: History of Civil Society; Menschheitsentwicklung in drei Stufen Wildheit, Barbarei
und Zivilisation insbesondere im 19. Jh. verwendet
Morgan: Urgesellschaft, Ancient Society: macht Dreistufenmodell bekannt und begründet es
ökonomisch, Fortschritt erklärt er mittels Gesetz der geometrischen Progression, er teilt den
jeweiligen Stufen technische Elemente zu (die Ökonomie bestimmen), jede Stufe stellt für die
Menschheit als Gesamtes eine Weiterentwicklung dar (Einteilung anhand technischer
Elemente, Gesellschaftsverfassung, Familie, Eigentum)
Sozialistische Bewegung: Bestätigung ihrer Theorie, Urkommunismus, Urkommunismus
schliesst auch Vorstellung einer künftigen kommunistischen Gesellschaft ein
Bürgerliche Theoretiker: gegen auf Gemeinschaftseigentum beruhenden Urkommunismus,
Privateigentum konnte dadurch nicht mehr als natürlich und ewig gegeben erklärt werden
(tritt in der Entwicklungsgeschichte erst spät auf), Urkommunismus schliesst auch
Vorstellung einer künftigen kommunistischen Gesellschaft ein: für sie undenkbar
Marx und Engels greifen Morgan auf, Engels verbreitet Idee der Stufenevolution:
Unterstützung des Modells sozialistischer Empanzipation
bürgerliche Kritik an Evolutionstheorie: Absage an sozialistischen Theorien (Tylor, Lowie,
White, Willhelm Schmitt)
2
Entstehung der klassischen Ethnologie im 20. Jh: vor dem Hintergrund der Ablehnung
einer evolutionistisch-sozialistischen Gesellschaftsbetrachtung
Ökonomische Sicht auf aussereuropäische Gesellschaft von ideologischen
Zuordnungen geprägt  der im 19. Jh angelegte Dualismus wird sich in FormalismusSubstantivismus-Debatte wieder zeigen
Politische Ökonomie
Ausgangspunkt der Betrachtung: im 17. Jh entstandene, sich rasch ausbreitende
Kapitalismus: sein Funktionieren, Bedeutung von Arbeit, -steilung, Kapital und Gewinn,
Deutung des Phänomens „Markt“, Beziehungen Kapitalismus-Markt, nichtkapitalistische
Gesellschaften nur auf kapitalistische Elemente hin untersucht
Merkantilismus (Jean Baptiste Colbert): Nationaler Reichtum ausschliesslich durch Handel
geschaffen, Besitz von Edelmetallen und Ausfuhr wichtig. Staat: soll Bergbau und Industrie
schützen, Ackerbau und Einfuhr durch Zölle beschränken. Handel und Gewerbe heben als
einzige Wohlstand eines Staates.
Physiokratismus (François Quesnay) Gegenmodell zum Merkantilismus, Herrschaft der
Natur, ausschliesslich Natur bringt Werte hervor, Grund und Boden einzige Quelle des
Reichtums, Landwirtschaft als einzige produktive Kraft, Reinertrag (produit net) aus
Ackerbau: Grundbesitzer müssen Steuern aufbringen (allgemeine Grundsteuer).
Individualistischer Standpunkt: Privateigentum betont, freies Wirtschaftsleben gefordert
Adam Smith erste umfassende Theorie der politischen Ökonomie 1776, Begründer der
Arbeitswertlehre: Arbeit allgemein Wertbilden (nicht spezifische Bereiche), Produktion von
Werten durch Einsatz „nützlicher Arbeit“ abstrakter Arbeitsbegriff (darauf verwendet im
Kapitalismus zur Definition des Lohnarbeit)
Arbeitsteilung: Vervollkommnung der Produktivkräfte der Arbeit
Ware enthält Gebrauchswert und Tauschwert
Markt: funktioniert am besten zum Wohle aller ohne Beschränkungs- und
Begünstigungssysteme
Begriffsinstrumentarium, das im 19. Jh zur Ausformulierung der politischen Ökonomie
diente: Ricardo (klassische Volkswirtschaftslehre), Marx: Theorie zum Verstehen des
Kapitalismus
Neoklass. Ökonomie (19. Jh): Theorie der Erklärung des Marktes und Marktprinzips,
Beziehung zwischen Angebot und Nachfrage, Marginaltheorien, mathemat. Modelle,
Definition: Ökonomie ist die Wissenschaft, die sich mit der Allokation der knappen
Ressourcen für alternative Verwendungszwecke zur Maximierung des individuellen Nutzens
beschäftigt.
Neoklass. Mikroökonomie: Akteurzentierter individualistischer Ansatz: Mensch als homo
oeconomicus, Individuum will subjektiven Nutzen maximieren, Maximierung: Basis
Knappheitsprämisse
Klassik
Historische Dynamik, hist. Gewachsener
Wohlstand durch Arbeit und Tausch
Produktion und Allokation wichtig
Neoklassik
Ahistorisch: Allokation von knappen
Ressourcen, Gewinnmaximierung, Allokation
wichitg
Tauschwerte und Preis durch Angebot und
Nachfrage, subjektiver Wert
Tausch durch Arbeit erhält natürichen Preis, Konsumption, Homo oeconomicus
Objektiver Wert der Waren, Produktion
wichtg
3
Sakralisierung des Privateigentums und „Entdeckung“ des Gemeineigentums
Hintergrund des Wissenschaftsdiskurses um die Eigentumsfrage: Ideologische Spaltung
zwischen polarisierenden politischen Kräften: Evolutionistisch-sozialistische Theoretiker,
reformerische Modernisierer (hoher Stellenwert der Gemeinschaftseigentum in vormodernen
Gesellschaften) gegen bürgerliche Ethnologen: Ideologiescher Dualismus
Übergang von feudalen zu bürgerlich-kapitalistischen Strukturen: Privateigentum als Natur
des Menschen angesehen
Luther: Eigentum gegenseitig respektieren; Rousseau: wahrer Begründer der bürgerlichen
Gesellschaft der erste der sein Land einzäunte.
„Rational handelnder Unternehmer“ investiert Kapital, nutzt Lohnarbeit, macht Gewinne
Max Weber: Verbindung zu Protestantismus: Verzicht auf Konsum, erneute Investition
Foucault: 18. Jh: bürgerlich-kapitalistisches Denken wurde geformt: Wandel der
Eigentumsbeziehungen: Delikte, Strafjustiz, Schutz des Eigentums
„Wilde“ noch nicht zu Privateigentum fähig, Privateigentum stand für Fortschritt und
Zivilisation (in Evolutionismus integriert: Privateigentum fortschrittlich erst auf Stufe der
Zivilisation, vorher Gemeineigentum primitiv)
These (Privateigentum liegt in der Natur des Menschen) der bürgerlichen Ökonomen (Mill,
Adam Smith) in Frage gestellt: Privateigentum als konstruiert
unterstützt evolutionistische Sicht der aufkommenden Sozialistischen Bewegung: Marx,
Engels schliessen auf Urkommunismus, Privateigentum als bürgerliches Klasseninteresse:
mittels Klassenkampf überwinden, auf höherer Ebene Kommunismus mit Gemeineigentum
begründen.
Eigentumsfrage war Diskussionspunkt Ende 19. und im 20. Jh (evolutionistische Sicht
spiegelt nicht Wirklichkeit, auch in höheren Gesellschaftsformen Gemeineigentum):
Georg Ludwig von Maurer: gemeinschaftliches Stammesland im MA,
Marktgenossenschaften
August von Haxthausen: Russland: bäuerliche Organisation auf Gemeineigentum basierend:
Mir (Gemeindeversammlung) oder Umteilungsgemeinde (Obscina) alle 6 bis 9 Jahre
Neuverteilung des Landes
Politische Diskussion: Modernisten gegen Slawophile (Hindernis für Entwicklung
Russlands oder ursprünglich und dem Volkscharakter entsprechend; modernisieren oder
nicht?)
südslawische Zadruga: auf Gemeineigentum basierende Siedlungsform, mehr bezogen auf
Stammesbeziehungen
Indien: Bodenfrage nicht individual-rechtlich sondern als Gemeineigentum, wie
modernisieren?
Henry Maine bekanntester Theoretiker: Indien definiert sich als Status-Gesellschaft
(persönliche Beziehungen), die in Zukunft zu Kontrakt-Gesellschaft (unpersönliche)
transformiert werde, für Maine Ziele der Kolonialverwaltung: Einführung des privaten
Landeigentums und der Kopfsteuer (nicht mehr Gemeinschaftssteuer)
Emile de Laveleye: 1878 zeigen, dass Gemeineigentum weltweit in vormoderner Zeit
vorherrschend war; unterstützt These Gemeineigentum nicht nur bei „Primitiven“
Bis gegen Ende 19. Jh dominierte evolutionistisch-sozialistische Sicht
Beginn 20. Jh in Ethno: Gegenbewegung: Boas, Thurnwald: in primitiven Gesellschaften war
Privateigentum dominant, anti-evolutionistisch, anti-sozialistisch: Pater Wilhelm Schmidt:
Privateigentum auch bei J und S Norm, daher Natur des Menschen und Wille Gottes
Beginn des Wirtschaftsethnologischen Denkens: Malinowski, Boas, Thurnwald, Mauss
4
Mit klassischen Ethnologie entstand Bedürfnis und Möglichkeit, „primitive“ Gesellschaften
genauer zu untersuchen: Feldforschung, längere Aufenthalte. Primitive Ökonomien viel
komplexer als erwartet, weder unterentwickelte Technologie noch primitive Eigentumsformen
Malinowski: 1922, einer der ersten mit teilnehmender Beobachtung: Trobriander holistisch
verstehen (Ökonomie, Sozialstruktur, politische Struktur, Religion, Magie, Rechtsformen)
Trobriander: Chiefdom, „primitive“ Wirtschaft, aber: ausgeklügeltes Produktions- und
Verteilungssystem (Überschüsse), Arbeitsteilung ausdifferenziert: individuelle und kollektive
Tätigkeiten, Wirtschaft verknüpft mit sozialem Leben, Religion und Magie. Chiefs: polygam;
fördert unter anderm ihre ökonomische Stellung
Kula: gegenseitiges Geben und Nehmen entlang sozialer Beziehungen, intertribales
Tauschzeremoniell: Existenz von Handels- und Tauschpartnerschaften: Eröffnungsgabe –
Ausgleichsgabe oder Zwischengabe (soziale Beziehungen mit Lebensdauer) geographische
Ausdehnung, Mannigfaltigkeit der Aktivitäten: grosse, komplexe Institution. Herstellen von
sozialen Beziehungen auf Basis von Gabe und Gegengabe, untergeordnet, aber durch Kula
ermöglicht: Tausch von Alltagsgütern übersee und auf Insel selbst: Nahrungsverteilung
Soziale, verwandtschaftliche Netze für Organisation von Ökonomie zentral
Kula als Zirkulationssystem, in dem Profite keinen Platz haben
Boas: Begründer der am. Kulturanthropologie, Kwakiutl (ansässige Lebensweise,
gesellschaftliche Hierarchie: Clans in Lineages unterteilt) chief: Verwalter der Ressourcen,
Potlatches (ein Ritual, das laut Boas der Zerstörung von Eigentum dient) Potlatch: Mittel zu
Prestige, Psychologie der Anhäufung und Vernichtung auch ausserhalb Potlatch:
beispielsweise verbrennen für Geister.
Kwakiutl-Chief als „kleiner Kapitalist“: Potlatch eine Art Kreditsystem: Gabe verpflichtet zu
Gegengabe mit Zins
Boas entwirft mit seiner Interpretation erstmals die Sicht, dass primitive Ökonomien
ökonomisch rational und gewinnorientiert handeln, weist Theorie der Urkommunismus der
Evolutionisten und Sozialisten zurück; Boas und Thurnwald als Vorläufer des
Formalismus
Thurnwald: Vergleich Primitive – Moderne Ökonomie: PÖ: direkter Tausch; MÖ:
Tauschmittel, PÖ: Wirtschaftseinheiten klein (autark, demokratisch, solidarisch),
Gesellschaften geschichtet, durch Abgaben und Verteilungssysteme gebunden, Fortschritt
durch technische Entwicklung, Arbeit, Kapital, Bedarf und Wettbewerb, Arbeitsbegriff nicht
unbedingt im Bezug auf Naturvölker, Bedarf physiologisch und sozial definiert, PÖ nicht
Geld- sondern Naturkapital, Wettbewerb, Geld
systematisch die ökonomische Begrifflichkeit auf Naturvölker übertragen, Vorläufer des
Formalismus
Mauss: Vorbedingung für später Substantivismus (Annahme: archaische und moderne
Ökonomien grundsätzlich verschieden und jede einer eigenen Logik folgen)
Gabe und Verpflichtung zur Gegengabe: System der totalen Leistungen
Was motiviert zur Gegengabe? Maori: Hau (Geist der gegebenen Sache), Inuit: Tausch der
Alltagsgüter, Trobriander: Gabentausch
Alle diese verschiedenen Institutionen: zeigen eine Tatsache, ein soziales System und eine
bestimmte Mentalität: alles ist Gegenstand der Gabe und Gegengabe
Geben, Nehmen, Erwidern Annahme: Weiterbestehen der Beziehung, Ablehung: Abbruch
Mauss: archaische Gesellschaften im Spiegel der Güterzirkulation betrachten (nicht
primär anhand von Technologie und Produktion) hatte Auswirkungen in: Ethno /
Strukturalismus, Amerikanische Sozioloige, Ethno / Substantivismus
Polanyi (1886-1964): substantieller und formaler Sinn der Ökonomie
The Great Transformation: Überblick über nichtmarktwirtschaftliche Gesellschafts- und
Wirtschaftsstrukturen, Adam Smiths Idee eines Systems der Sich selbst regulierenden
Märkte in der Geschichte als Wagnis und letztlich zur Vernichtung des Menschen führend,
5
The Economy as an instituted Process: Ökonomie mit substantieller und formaler Bedeutung
Substantieller Sinn
Ökonomie als geregelter Prozess des
Zusammenlebens (zwischen Menschen und
Umwelt) Folge: laufende Versorgung mit
materiellen Mitteln (Zweck:
Bedürfnisbefriedigung: materiell, wenn
durch materielle Mittel; physiologisch wenn
durch Dienstleistungen), in
nichtmarktwirtschaftlichen Gesellschaften
Ökonomie vor dem Hintergrund sozialer und
politischer Steuerung, Entstehung von Geld
als substantieller Prozess: früher Tausch von
Gebrauchswerten und vom Staat
kontrolliert, Geld zur Erhebung von Steuern
und Abgaben generiert
Formaler Sinn
Ökonomie als Bereitstellung knapper
Mittel für alternative (zusätzlich) Zwecke,
nur auf moderne Marktwirtschaft
anwendbar (weil seit 18. und 19 Jh:
Ökonomie aus Gesellschaft herausgelöst;
eigenen Gesetzen gehorchende
Marktwirtschaft, freies Spiel von Angebot
und Nachfrage an Märkten (Aristoteles:
„natürlicher Austausch“ zwischen
Produzenten und „unnatürliches
Austausch“: Händler wollen zu
unnatürlichem Reichtum gelangen.)
Über notwendige Bedürfnisse hinaus
Tönnie: Unterscheidung von Gemeinschaft und Gesellschaft, Maine: Aufteilung in
Gesellschaften nach Statuskonfigurationen oder nach Kontrakt, Weber: normale und
rationale Wirtschaftstätigkeit, Max: Trennung Gebrauchswert und Warenwert findet sich alles
in Polanyis Theorie.
 P. formuliert im 19. Jh debattierten Dualismus auf höherer Ebene (mit Formalismus
und Substantivismus) hier: Bedürfnisse, vorher: Eigentum
Drei Formen der Gütertransaktion: (von Polanyi)
1) Reziprozität: widerspiegelt Existenz von sozialen Segmenten, gegenseitige
Pflichtgeschenke, entspricht Gabentausch von Marcel Mauss
2) Redistribution: Existenz von gesellschaftlichen Schichten und sozialen oder politischen
Zentren, Abgaben (materiell oder immateriell) werden rückverteilt (Potlatchähnlich,
Chiefdoms in Afrika, moderne Umverteilung)
3)Markttausch: Marktmechanismus, System von ökonomischen Institutionen und Rollen
(ländliche und städtische Agrarmärkte in traditionellen Gesellschaften und Markttätigkeit in
modernen Gesellschaften)
Polanyi: die meisten Gesellschaften weisen alle drei Formen des Tausches auf, relative
Bedeutung jeweils abhängig vom vorherrschenden Wertesystem und Ausmass der
Differenzierung)
Substantivisten nehmen Polanyi voll auf (z. B.: Geld nicht dieselbe Bedeutung wie bei
uns, sondern Prestige, religös); Fomalisten nicht (nicht verschiedene Arten der
Gütertransaktion, eine universelle Ökonomie)
Formalismus Existenz einer universellen ökonomischen Logik, Homo oeconomicus,
Grundbegriffe aus rational-choice-Ansatz: wants (Bedürfnisse), scarcity (Mangel, Knappheit),
choice (Wahl), economizing (rationales wirtschaftliches Handeln), Bedürfnisse mit
Ressourcen befriedigen durch rationale Entscheidungen, Wettbewerb, Gewinnstreben und
Güterakkumulation zum Vorteil vom einen, zum Nachteil von anderen, zwischen
Gesellschaften nur quantitative und nicht qualitative Unterschiede (in archaischen
Gesellschaften natürlicher Egoismus weniger gut auslebbar als in modernen), ungefähr Sicht
von Boas und Thurnwald (gegen Bild von Malinowski und Mauss: natürliche Erwerbssucht
bei Trobriandern ausser Kraft) Malinowski und Mauss sehen Mensch in archaischen
Gesellschaften als nicht primär utilitaristisch; von Formalisten uminterpretiert: utilitaristische
Ziele dort anders. Von Mauss beschriebene Reziprozität nicht altruistisch sondern
utilitaristisch
Scarlett Epstein: Tolai: gewinnorientierte Wirtschaft, primitiver Kapitalismus mit Investition,
Gewinn, Zins und Unternehmerh (Kauri-Geld, potlatchähnliches Vuvue-Fest mit Gewinn, Big
Man als Kapitalist) regionale Arbeitsteilung
Sol Tax: indianische und ladinische Peasants mit rationales Ökonomie, Arbeitsteilung und
Cash-Crop-Produktion, „kleine“ Unternehmer
6
Formalismus als Reaktion auf Evolutionismus und sozialistische Ideen, universale
Idee von einem ökonomischen Denken, in jeder Gesellschaft Teil der menschlichnatürlichen Prinzipien: individuelle Bedürfnisse, rationales Entscheiden,
Gewinnstreben, unternehmerisches Denken, wenig Kenntnis nehmen von: sozialen
und politischen Faktoren (Schichtung, Klasse, Ausbeutung), Utilitarismus im
Vordergrund
Substativismus: hauptsächlich in 50er und 60er des 20. Jh, orientierten sich an Analysen
Polanyis, Suchen nach partikularen Ausprägungen von vormodernen, nichtwestlichen
Gesellschaften, wichtig: Vergleich Gesellschaften mit und ohne Marktdominanz, Primitives
Geld und Sphären der Güterzirkulation, Marktprinzip vs. Märkte, erste Überflussgesellschaft
Vergleiche mit und ohne Marktdominanz (Vorstellung moderner Gesellschaften mit
Marktwirtschaft, Individualisierung, progressive soziale Differenzierung, Rechtsstaatlichkeit
und Demokratie gegen vormoderne oder traditionale Gesellschaften)
Dalton (1967, Afrika) Produktionsformen in Afrika: keine maschinelle Technologie, geringe
Arbeitsteilung, Subsistenzproduktion vorherrschend, keine Abhängigkeit der Produzenten
vom Markt, Ökonomie nicht durch Preis-Mechanismen definiert, Produkte aber nicht Land
und Arbeitskraft verkaufen, Arbeitskraftverschiebung ist Ausdruck von sozialer Organisation
oder sozialer Bindung oder sozialem Recht, Zugang zu Land über Gemeinschaft oder
Verwandtschaft, Reziprozität, Redistribution und Markttausch als Tauschsysteme integriert,
multizentrische Ökonomien  afrikanische Ökonomien nicht allein mit einem Kriterium
(rational choice, gewinnorientiertes Handeln) erklären, unterschiedliche Ebenen zu
einem Gesamtbild mit Reziprozität, Redistribution, Markttausch und Handel, Geld
nicht als ökonomisches Mittel
Markt: formalist.: Ort für Nutzenmaximierung, substant.: Gabentausch
Primitives Geld und Sphären der Güterzirkulation (Formalisten: Geld macht nur Sinn,
wenn Güter abstrakten Wert haben, rational choice, historisch: Ausdruck der
Tauschwirtschaft, Ursprung und Funktion in Ökonomie) Substantivismus: Geld in
archaischen Gesellschaften auf gesellschaftliche Sphären reduziert, durch soziale, politische
oder religiöse Regeln definiert.
Armstrong (1967) Rossel-Island: ungewöhnliches monetäres System: lokale Politik,
Sozialstruktur, Rituale: zwei Geldarten mit „übernatürlichem“ Ursprung, differenzierte Regeln
für Gebrauch hauptsächlich im religiösen Bereich, Besitz signalisiert Status und Prestige
Bohannan (1955) Tiv in Nordnigeria, unterschiedliche Sphären des Gütertausches
(Subsistenzwirtschaft und Netz von Märkten), Unterschied Gaben- und Markttausch:
Gabentausch: zwischen Personen und Gruppen mit sozialen Beziehungen, manchmal
Reziprozität, Gaben ohne Tauschwert
Markttausch: ohne soziale Beziehungen, übervorteilen und feilschen, Güter mit Tauschwert
Drei Güterkategorien: Esswaren, Subsistenz- und Haushaltsgüter dürfen untereinander
getauscht werden, Prestigegüter dürfen ebenfalls untereinander getauscht werden, Rechte
über Menschen: Geldwährungen eingeführt, gefährdeten traditionelles Gütertauschsystem,
neue Kategorie für Geld (Geld also nur gegen Geld getauscht), Sphärenmodell unter
westlicher Geldökonomie zusammengebrochen
Marktprinzip vs. Märkte (Formalisten: Existenz von Märkten ein Schritt in Richtung Geldund Marktwirtschaft) Substantivisten haben differenziertere Sicht: Marktplatz als
supervisionierter und geregelter Raum und Marktprinzip: Determinierung von Preisen durch
Angebot und Nachfrage (auch ausserhalb von Marktplätzen)
Bohannan und Dalton (1962) Markets in Africa: drei Typen von Gesellschaften
a) Marktlose Gesellschaften: multizentrische Ökonomie, Gütertransaktionen durch moral
values, oft mit unterschiedlichen Gütertransaktionssphären (symbolische und materielle,
hierarchisch geordnet nach Prestige)
7
b) Gesellschaften mit peripheren Märkten: multizentrische Ökonomie, Markttransaktionen im
Alltag untergeordnete Rolle (Marktakteure „Target Marketers“) Marktprinzip (Angebot,
Nachfrage) existiert beschränkt auf Marktplatz, Land und Arbeit vom Marktprinzip unberührt
c) Marktgesellschaften: Marktprinzip als integrales Transaktionsprinzip, Angebot und
Nachfrage bestimmen das ganze wirtschaftliche Tun, Marktprinzip beeinflusst weite Teile
des sozialen Lebens
Studien zum Funktionieren von peripheren Märkten: Colson (1962): BaTonga in Simbabwe:
duale Ökonomie am entstehen, multizentrisches System durch traditionelle Konzepte des
Reichtums geprägt, zusehends marktorientierte Abhängigkeit droht dem traditionellen
System, Tardit und Tardit (1962): Gender-Aspekt in Bedienung von peripheren Märkten
Ankei (1984): Marktplätze bedürfen immer der Regelung damit Marktprinzip fuktioniert
(Beispiel: Bantu-Bäuerinnen und Eya-Fischer)
Die erste Überflussgesellschaft Marshall Sahlins: Stone Age Economics (1974): Ökonomie
von Jägern und Sammlerinnen (im Evolutionismus: auf der Stufe von Primaten, harte Arbeit
und geringeres Kapital als Bauern und Viehzüchter keine Musse, unterentwickelter Sinn für
Eigentum, fehlendes Interesse an Techologie) Sahlins: J und S als erste
Überflussgesellschaft (affluent society), unterschiedliche Sicht auf Mehrwertkonzept:
(formalistisch: Bedürfnisse des Menschen gross, Mittel zur Befriedigung beschränkt, Kluft
zwischen wants und ends am besten über Markt geschlossen) Zen-Ökonomie Sahlins: wenn
Bedürfnisse gering sind, gibt es schnell Überfluss, die Marktwirtschaft institutionalisiert
erstmals das scarcity-Prinzip, Mangel hängt von der spezifischen politischen Ökonomie ab
Mobilitätsthese: J und S nicht besitzorientiert (an nonsubsistance goods) wegen Mobilität,
Besitz als Last, geringerer Arbeitsaufwand zur Bedürfnisbefriedigung, könnten Aufwand
steigern, was aber keinen Sinn macht (underuse of economic possibilities), mehr leisure
time, Produktionssteigerung würde demographisches und ökologisches Gleichgewicht stören
Häusliche Produktionsweise (Domestic Mode of Production) J und S produzieren
unterhalb der ökonomischen Möglichkeiten und haben Bedürfnisse trotzdem befriedigt
Chayanov (1966) Theorie der bäuerlichen Produktion: Je grösser Arbeitskapazität, desto
kleiner Produktivität. Sahlins findet Chayanovsche Regel bei J und S und
Brandrodungsgesellschaften bestätigt (zyklische Bewegung, eingeschränktes
Konsumbedürfnis)
 ökonomische Ratinalität in J und S- und Brandrodungsgesellschaften untersteht
sozialer Steuerung (moral economy) und nicht rational choice, Unterproduktion als
Prinzip, das endliche Konsumbedürfnisse aufzeigt
Marxismus Marxistische Theorie bildet sich im 19. Jh heraus, im 20. Jh in frz.
Sozialwissenschaften auf anthropologisches Forschungsfeld umgearbeitet.
Marx und Engels berufen sich auf Evolutionismus und Morgan (Grundlage für historischmaterialistische Geschichtsschreibung, Boas und Schmidt gegen Evolutionismus (weil dieser
von Sozialisten verwendet), Substantivisten verwendeten marxistischen Erkenntnisfundus
(Polanyi indirekt, Sahlins direkt), poststrukturalistische Theoretiker mussten ich mit
Marxismus auseinandersetzen
Politische Ökonomie von Marx: Marx’ Werk in Phasen unterteil: Jugendphase, Einschnitt,
Reife: Kritik der politischen Ökonomie, das Kapital, Grundrisse der politischen Ökonomie
Verstehen des Phänomens Kapitalismus, was bedeutet er für Mensch und seine
Geschichte? (deutlicher Bruch im 19. Jh) Gesetze der neuen Wirtschaftsform
Historischer Materialismus Vorstellung, dass sich der Mensch zwar seine gesellschaftliche
Umwelt schafft, aber dieselbe Umwelt bestimmt sein Bewusstsein: Ideen vor dem
Hintergrund der gesellschaftlichen Wirklichkeit, die sie geschaffen hat, verstehen,
gesellschaftliche Praxis durch ökonomische Verhältnisse bestimmt, mit denen es die
Menschen zu tun haben. Anordnung von gesellschafts- und geschichtsrelevanten
Kräften ( Entwicklung des Marktes): Entwicklung der Produktivkräfte (Individuen)
Entwicklung der Produktionsverhältnisse (soziale Beziehungen in Produktion wichtig,
damit auch Verhältnisse in Gesellschaft) Entwicklung der sozialen OrdnungEntwicklung
8
der politischen Ordnung: dynamische und dialektische Sicht auf die Geschichte, nicht
mechanisch
Marx’ Analyse des Kapitalismus Einblick in das Funktionieren des Kapitalismus,
Bedeutung von Ware, Geld und Warenzirkulation, Arbeitsteilung Existenzbedingung der
Warenzirkulation und Ausdruck gesteigerter Produktivkraft, gesteigerte Produktivkraft
beeinflusst Wert einer Ware, Ware enthält Gebrauchs- und Tauschwert
Warenzirkulation: Besitzer von Privatarbeiten treten sich als Warenbesitzer gegenüber
(w – Ware, G – Geld, G’ – G<G’)
W – W Einfachste Form der Warenzirkulation, Gabentausch
W – G Wertausdruck für die Ware, qualitativ gleich, quatitativ vergleichbar, erster Schritt (W
– G) Metamorphose der Ware, Verkauf; zweiter Schritt (G – W) Schlussmetamorphose,
Verkauf, Warenproduktion bleibt in Gesellschaften noch beschränkt
G – W – G’ treibendes Motiv hier Mehrwert und nicht mehr Gütertausch, Geld wird in Kapital
verwandelt
Existenz von Handelskapital ist Grundvoraussetzung für Entwicklung der erweiterten
Warenproduktion und –zirkulation, mündet im Kapitalismus
Mehrwert entsteht nach Marx durch Mehrarbeit, absoluter Mehrwert hängt von Länge des
Arbeitstages ab, relativer Mehrwertrevolutioniert technische Prozesse der arbeit
Einfache und erweiterte Reproduktionschemata (Bewegungsgesetze des Kapitalismus):
C (konstantes Kapital) + V (variables Kapital) + M (Mehrwert) = Gesamtkapital
C wird als Kapital in Produktionanlagen investiert, V in Arbeitskräfte
Mehrwertrealisierung der industriell erzeugten Waren, Teil des Mehrwertes wird reinvestiert
Konkurrenz: Druck, Produktionskosten zu senken: Tauschwert sinkt im Verhältnis zum
Gebrauchswert (Wertgesetz)
Produktionskostensenkung durch Herabsetzen der Arbeitszeit, technische Verbesserung,
Investitionen in Produktionsmittel
Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate: Zusammensetzung des Kapitals ändert sich
zugunsten von C, Profitrate sinkt tendenziell
Fall der Profitrate verhindern: Expandieren, deshalb kein ruhender Kapitalismus
Krisenphänomene: Überproduktion, Mehrwert kann nicht mehr realisiert werden, erzwingt
weitere Technisierungs- und Rationalisierungsschübe
Kapitalismus entwickelt sich historisch in nichtkapitalistischem Milieu, Expansion:
naturalwirtschaftliche Bereiche werden transformiert in warenwirtschaftliche
 expansiver Charakter des Kapitalismus, Beschreibung der Globalisierung
Gesellschaftsformationen und deren Periodisierung
Universalistisch: Kapitalismus oder bürgerliche Gesellschaft nicht nur im Bezug zu einem
Volk, Kultur oder Nation: Gesellschaftsformation: bürgerliche Werte und kapitalistische
Produktionsweise, Entfesselung der Produktivkräfte erst im Kapitalismus: für Marx die
progressivste Gesellschaftsformation, vorangehende Formationen:
Urgemeinschaftliche GF: natürliches Gemeinwesen, die Auflösung führt zu asiatisch oder
antik
Asiatische GF: urgemeinschaftliche Kommune mit Gemeineigentum, darüber archaischer
Staat, Herrscher ist symbolisch Eigentümer des Landes, Besteuerung der Gemeinschaft,
Mehrwertabschöpfung, stagniert auf hohem Niveau, Staat und Gemeinschaft zu dominant
als dass Kapital entstehen könnte
Antike GF: urgemeinschaftliche Ordnung aufgelöst, Manufaktur und Handel gewinnen an
Bedeutung, Wucherkapital, Privatisierung des Bodens, Verschuldung, Versklavung,
Aufteilung Freie und Unfreie, Sklavengesellschaft, Mehrwertabschöpfung über Grundrente
und Handel, Sklavenarbeit
Feudale GF: Aufteilung in ländlichen Feudaladel und urbane Schicht, Emanzipation der
Städte, Bürgertum beginnt sich zu entwickeln
Kapitalismus: Mehrwertabschöpfung über Lohnarbeit
in der Sowjetunion stalinisiert, dogmatisches Schema, der wissenschaftlichen Diskussion
entzogen
9
Neomarxismus (versch. Produktionsverhältnisse in Frage gestellt, BSP. Afrika: keine
Klassen, Ausbeutung)
- welche Form von Mehrwertproduktion und –abschöpfung
- in archaischen Gesellschaften nicht nur Ökonomie und Technologie betrachtet, sondern
politische Ökonomie, These (nach Marx, mit bürgerlichen Gesellschaft): auch in archaischen
Gesellschaften die Gesellschaftsformationen mit Produktionsweise betrachten, in der die
politischen und sozialen Strukturen die Organisation des ökonomischen Lebens und
Eigentumsbeziehungen widerspiegeln.
- Mittelpunkt der Betrachtung: Verflechtung archaischer mit modernen Gesellschaftsformen
( Modernisierungs- bzw. Globalisierungsansatz)
Existiert eine afrikanische Produktionsweise? Diskutierte Gesellschaftsformationen: die
asiatische, bis ins 11. Jh der europäischen überlegen, führte aber nicht zu kapitalistischbürgerlicher Revolution Stagnationsthese
Neomarxisten: Konzept, das auf asiat. Gesellschaften angewendet, nicht allgemein für
vorkapitalistische Gesellschaften, insbesondere in Afrika, gültig?
Afrika: ähnliche Strukturen wie in Asien: Chiefdoms mit despotischer Regierungsform, in
Gemeinschaften: Gemeineigentum, Mehrwertabschöpfung über Tribute
spezifische, afrikanische Produktionsweise der Grund, warum Modernisierung und
Entwicklung nach der Entkolonialisierungsphase nicht Einzug halten.
Haben segmentäre Gesellschaften Klassen? Inwiefern müssen archaische, segmentäre
Gesellschaften vor dem Hintergrund einer marxistischen Betrachtungsweise analysiert
werden? (marxistisches Analyseinstrumentarium im Bezug auf Klassengesellschaften:
Klassenantagonismus, Klassenkampf als bewegender Faktor der Geschichte etc.)
Claude Meillassoux (1964): erster, der als Neomarxist eine Feldforschung durchführte bei
Guoro (Elfenbeinküste) These: Anders als in modernen Industriegesellschaften sind in
Lineage-Gesellschaften Verwandtschaftsbeziehungen Teil der Produktionsverhältnisse,
folglich dürfen Verwandtschaft und soziale Beziehungen im Allgemeinen nicht losgelöst von
der Ökonomie untersucht werden. (BSP: Lineage-Zugehörigkeit als Zugang zu Ressourcen,
Güterzirkulation an Lineage gebunden, Subsistenz und Cash Crop Produktion über Lineage
organisiert).
Pierre Philippe Rey (1971): Analyse zu segmentären Gesellschaften in Kongo-Brazaville,
Kritik an Meillassoux: die Existenz von Klassen nicht beachtet (damit auch Ausbeutung nicht)
Rey: sind die alten Männer (höchste der Lineage) als mehrwertabschöpfende Klasse zu
betrachten oder nicht? Ausbeutung in Gesellschaften ohne starke Differenzierung? Rey:
Ja, ausgebeutete Klasse: junge Männer und Frauen: Klassenatagonismus im Bezug auf
Geschlecht und Alter
Terray (1969): stützt die Sicht der Klasseneinteilung bereits in Lineage-Gesellschaften, aber
Unterschiede zwischen Ausbeutenden im Kapitalismus und in Lineage-Gesellschaften
(Lineage: geschlossen, durch existierende natürliche Kriterien wie Alter, Geschlecht etc; im
Kapitalismus: offen)
Hindess und Hirst (1977): Unterschied zwischen Mehrwertabschöpfung und Ausbeutung,
ähnlich wie Meillassoux: Mehrwertabschöpfung in segmentären Gesellschaften, aber: nicht
mit dem Hintergrund eines bestehenden Klassenantagonismus, sondern im Sinne der
Redistribution von Polanyi. Nach ihm entsprechen also segmentäre Gesellschaften dem im
19. Jh gebrauchten Konzept des primitiven Kommunismus
im Folgenden entstanden eine Reihe von Fallstudien: Existenz und Dynamik
vorkapitalistischer Produktionsweisen anhand konkreter Gesellschaften (Aneignung von
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Ressourcen, Produktionsprozesse und unterschiedliche Formen der Güterzirkulation
eingebettet in soziale und verwandtschaftliche Beziehungen diskutieren; also nicht formale
ökonomische Theorie anwenden auf solche Gesellschaften: vorkapitalistische unterscheiden
sich grundsätzlich von kapitalistischen Formationen.
Politische Ökonomie des Überganges von J/S-Gesellschaften zu
Brandrodungsgesellschaften
Substantivistische Sicht: in diesen Gesellschaften: Überfluss herrscht, Mehrwert kann
produziert werden, eigene Gesellschaftsformation
Maurice Godelier (1973) Mbuti in Namibia:
-Zwang zur Zerstreuung der J und S Gruppen und zur demographischen Begrenzung
-Zwang zur Kooperation der Individuen im Produktionsprozess nach Massgabe von Alter und
Geschlecht
-Zwang zur Fluktuation und Nichtgeschlossenheit der Horden, Fliessen, das sich im raschen
und häufigen Wechsel der Kopfzahlen in Gruppen und –Zusammensetzung ausdrückt.
Die drei Zwänge bilden ein System, dass soziale und materielle Reproduktion ermöglicht und
sich im gesellschaftlichen rituellen Gefüge niederschlägt.
Charakteristisch nach Meillassoux: politische Dezentralisation, diffuse Autoritätsstrukturen,
territoriale, nicht lineare Bands, anstelle von vertikaler horizontale Verflechtung, extrem
elementares Verwandtschaftssystem, der Tendenz nach Schwesterntauschheirat, schwach
ausgeprägtes Inzesttabu, oft Matrilokalität, die Nuklearfamilie hat als soziale Einheit eine
schwache Existenz. (nach Meillassoux: Situation der J und S als sie sesshaft wurden)
Weiter: Verwandtschaft nicht dauerhaft, nicht grundlegend für Sozialorganisation. Strukturell
betrachtet ändert sich dies im Übergang zu afrikanischen Stecklings- und
Ackerbauwirtschaften: Langfristige und dauerhafte Kooperation wird erforderlich, kompakte,
verwandtschaftlich organisierte Einheiten werden zwingend, eingegrenzte Territorialität
entsteht, erstmals bildet sich der Gegensatz von Dorf – Urwald bzw. Zivilisation – Natur.
Die Gründe dafür:
-Dauer der Produktionszyklen bringt verzögerte Produkteaneignung mit sich,
-eine Technologie der Vorratshaltung zur Überbrückung der Phasen zwischen den Ernten ist
erforderlich,
-ökonomische und soziale Kooperation ist unerlässlich (Arbeit, Vorratshaltung
-dauerhafte soziale Beziehungen über Verwandtschaft und Heirat, Verwandtschafts- und
Gemeinschaftssysteme sind Teil der Produktionsverhältnisse, werden aufgewertet,
-schwache Gemeinschaften müssen materielle und soziale Reproduktion sichern,
Aufwertung der Frauen als Gebärerinnen, Folge: Erstellen von Heiratsregeln und Inzesttabus
(Endogamie oder Exogamie)
-lineare/zyklische Zeitstruktur wird erforderlich (prognostisches Schauen vorwärts,
verarbeitendes rückwarts), Zeitschienen und –zyklen von Gemeinschaft rituell bearbeitet und
strukturiert
-Lineage-Strukturen und Ahnenverehrung widerspiegeln die soziale Organisation auf einer
Zeitachse
-Gemeinschaftsstrukturen folglich nicht naturwüchsig gegeben, entstehen erst im Zuge der
Entwicklung und Organisation von Ackerbau und Viehzucht
J/S- und Ackerbau- oder Viehzuchtgesellschaften haben je eigene Gesellschaftsformation. In
beiden Formen wird Mehrwert produziert, aber mit unterschiedlicher Form, unterschiedlichen
Zwecken, gemeinsam in vorkapitalistischen Gesellschaften: nicht Individuum oder Familie,
sondern Haus unterste Einheit;  Meillassoux: „häusliche Produktionsweise“
Von der häuslichen Produktionsweise zum Haushalt
Haushalt: über längere Zeit unter einem Dach lebende sanguine und affinale Gruppe; mit der
häuslichen Produktionsweise gab Meillassoux den Anstoss, den Haushalt als ökonomische
Einheit zu verstehen und in Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen, Begründung: nicht nur
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Produktion, sondern auch Reproduktion als Teil ökonomischer Strategie: produktive und
reproduktive Strategien (vor allem in vorkapitalistischen Gesellschaften) vereint im Haushalt;
80er und 90er: durch fokussieren auf Haus oder Haushalt entsteht eine Reihe von Studien
(in Peasant societies oder im urbanen Bereich) Tendenz, nicht mehr Gesellschaft oder
Gemeinschaft in den Mittelpunkt zu stellen, sondern den Haushalt; spezifische
Haushaltsstrategien:
-Wie im Haushalt Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau?
-Wer lebt in einem Haushalt?
-Welcher Linie gehören die Kinder an, wer beteiligt sich an deren Sozialisation?
-Wie gross sind Erwerbs- oder Einkommensteile aus Cash Crop, handwerklicher Tätigkeit,
Lohnarbeit?
-Wie sehen Haushaltsbudgets aus, wer kontrolliert sie?
-Welche Heiratsstrategien führen zur Gründung von Haushalten?
-Welchen Stellenwert hat, wie ist Reproduktion organisiert?
-Wie sind Haushalte mit dem weiteren gesellschaftlichen Umfeld - horizontal oder vertikal –
vernetzt?
-Welche Bedeutung hat Mobilität für Haushalt; temporäre Migration?
-Wie unterscheiden sich Strategien von Unter-, Mittel- oder Oberschicht-Haushalten?
Abkehr von den diskursen zur Gesellschaftsformation, Hinwendung zum Studium von
komplexen Gesellschaften (von gesellschaftlichen und ökonomischen Feldern, in denen
traditionelle, moderne, vorkapitalistische, kapitalistische, urbane, rurale verschränkt
auftreten)
Verschränkung: zweite Hälfte des 20. Jh: neue Phase makrotheoretischer Studien:
Modernisierungsansatz, Dependenzansatz, Verflechtungsansatz
Modernisierungsansatz
formalistische Sichtweise
Dependenz-, Verflechtungsansatz
substantivistische, neomarxistische Sichtweise
 diese Ansätze als Fortführung einer seit langem existierenden dichotomisierenden
Denkweise, in der „moderne“ von „traditionellen“ Gesellschaften getrennt werden.
Traditionell
Henry Maine
Modern
Status (Position)
Kontrakt
Civitas
Societas
Karl Marx
Vorkapitalistische
Kapitalistische Gesellsch.
F. Tönnies
Gemeinschaft
Gesellschaft
E. Durkheim
Mechanische
Organische Solidarität
Robert Park
Land
Stadt
Louis Wirth
Rural
Urban
Robert Redfield
Folk
Urban
Polanyi
Reziprozität
Markttausch
L. Lévi-Bruhl
Prälogisch
Logisch
L. H. Morgan
Modernisierung
Ansatz nach dem 2. Weltkrieg formuliert, in direkter Beziehung zur Entkolonialisierung, bzw.
zur neuen Aufteilung der Welt in „entwickelte“ und „unterentwickelte“ Länder;
Unterentwicklung verlangt danach, nach Diagnose und Benennung der Ursachen, behoben
zu werden; Massstab der Unterentwicklung: definiert durch westliche Welt, Ursachen für
Unterentwicklung in der Traditionalität der Länder der dritten Welt gesehen.
Julius Boeke (1953) modernistische Dualismus-Theorie:
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-unausgeglichene ökonomische Entwicklung in Indonesien: immanente Merkmale der
Eingeborenen, konfrontiert mit dem importierten kapitalistischen System: es ergibt sich eine
Zweiteilung, Städte: dort entwickeln sich moderne Institutionen, Marktwirtschaft; auf dem
Land bleiben traditionelle Strukturen und Subsistenzwirtschaft
-Verbreitung moderner Verhaltensmuster durch im Agrarsektor wirkende soziokulturelle
Elemente, Ruraler Sektor: Mangel an Profitstreben, Risikobereitschaft; dafür Apathie
gegenüber ökonom. Anreizen, feudale Strukturen / Resignation herrschen vor.
Ethnologen am Dualismus-Konzept (un-)bewusst mitgearbeitet: Erforschung des
traditionellen Sektors in der Dritten Welt, anstelle der „Primitiven“ oder „Stammes“ rückt
peasant oder peasant community (entspricht aus modernistischer Sicht jenen, die in
komplexen Gesellschaften leben, sich aber der Modernisierung widersetzen) eine Reihe
von Peasant-Community Studies (implizit Thema Entwicklung angesprochen)
Robert Redfield (1930): idealtypisches Konzept der „Folk Societiy“, repräsentiert durch
Dorfgemeinschaften, „little Communities“ (traditionelle Lebensweise, sozial und
technologisch wenig differenziert); „great Community“, Dorfgemeinschaften mehr oder
weniger immun gegen Einflüsse der Modern, der urbanen Zentren. Idividuen, die moderne
Elemente in die Dörfer bringen, werden durch das Einbinden in lokale World Views
neutralisiert, wodurch Entwicklung ausbleibt: „folk-urban continuum“: Auf der einen Seite
Traditionalität, auf der anderen Moderne.
Eric Wolf, bekanntester Peasant Forscher, Kriterien der Peasants:
-Landwirtschaft als hauptsächliches Involviertsein in produktive Tätigkeit
-effektive Kontrolle der Bauern über ihr Land
-starke Orientierung auf Subsistenz und wenig Hang zu „reinvestment“
Abgeschlossenheit und subsistenzorientierte Selbstgenügsamkeit von Peasant
Communities nur im Zusammenhang mit Kolonialisierung (nicht von Natur aus)
„closed corporate communities“: Abwehr von Fremden hinsichtlich Zugang zu Land,
Gemeinschaftseigentum etc. sind Produkt einer Kolonialherrschaft „open community“: starke
Mobilität, Parzelleneigentum, Handel mit Land, marktwirtschaftliche Orientierung
George Foster (1979): spezifische Weltsicht im Konzept des „limited good“ (sämtliche
Güter, materiell oder ideell, von der Menge her begrenzt; es lohnt sich nicht und ist ethisch
nicht vertretbar diese Begrenztheit mittels einem egoistischen, auf schnellen Gewinn
ausgerichteten wirtschaftlichen Tun durchbrechen zu wollen, Mexiko)
dualistisches Verständnis der Modernisierungstheorie (Entwicklung-Unterentwicklung,
Traditionalität-Moderne, Urban-Rural) bildete Grundlage für in den 40er Jahren einsetzende
Entwicklungshilfe, 70er zur Entwicklungszusammenarbeit geworden, in beiden Strömungen
applied anthropologists.
Entwicklungshilfe Koppelung von humanitärer Hilfe und Technologietransfer: döfliche
Entwicklung mittels Bekämpfung traditioneller Sozialstrukturen initiieren: Entwicklungshelfer
den zur Modernität führenden sozialen Wandel auslösen. Bildung von Bauernorganisation
und Kooperativen, Bewusstseinsbildung, Alphabtisierung, Landreform, Umstellung von
Subsistenz- auf Cash-Crop-Produktion
Entwicklungszusammenarbeit EZA: Humanitäre Hilfe und Technologietransfer,
Modernisierung aber nicht mehr über Zerstörung traditioneller Strukturen, Traditionalität als
entwicklungsfähige Ressource, local knowledge, und nicht mehr community sondern
Haushalt als Agent des Wandels, Extension Agricola, Genderspezifische Beratung und Hilfe,
PRA- und RRA-Methodologie
Dependenz
Modernisierungsansatz: positivistische Sicht
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Dependenz: Weiterentwicklung neomarxistischer Ideen
Hauptthese: Unterentwicklung nicht Produkt fehlender Entwicklung, sondern Resultat der
Abhängigkeit der Ökonomien der Dritten Welt von jenen der Ersten Welt.
-Rosa Luxemburg (1913): These: geschichtliche Bedingungen der Akkumulation des
Kapitals die Existenz von naturalwissenschaftlichen Sphären voraussetzt, innerhalb derer
Gewinne realisiert werden können.
-Immanuel Wallerstein (1974): Studie zur kapitalistischen Weltökonomie (Welt-SystemAnsatz): im 16. Jh bilden sich Kernländer heraus, Arbeitsteilung: andere werden zu
Rohstofflieferanten, Edelmetallen, Luxusgütern, Nahrungsmitteln, in Kernländern entstand
neue Produktionsformen (Landwirtschaft und Fertigwarenherstellung),
produktivitätssteigernd, münden in industrieller Revolution 18. Jh; konturen einer
hierarchischen Weltökonomie, Aufteilung in Zentren und Peripherien, Metropolen entwickeln
sich Dank Mehrwertanschöpfung in Zentren, Peripherien bleiben ökonomisch randständig
-Andre Gunder Frank (1969): eigentlicher Begründer der Dependenztheorie, Fallbeispiel
Brasilien, wie entsteht Unterentwicklung historisch:
-Zucker, Gold und Diamanten, Unterentwicklung der Industrie etc.
These: Lockern sich die Banden der Peripherie zum Zentrum, findet in der Peripherie
Entwicklung statt, wenn aber Abhängigkeiten sich verstärken, wird Entwicklung verhindert.
Unterentwicklung als Folge der Dependenz der Peripherien zu den Metropolen. Entwicklung
und Unterentwicklung sind Teil eines Weltsystems.
Abhängigkeit der Peripherien (3. Welt) manifestiert sich in einer auf die Bedürfnisse der
Metropolen abgestimmten Exportwirtschaft:
-Produktionsstruktur ist exportorientiert, durch rigide Spezialisierung und Monokultur in
ganzen Regionen gekennzeichnet
-Neben Exportsektoren entwickeln sich ergänzende ökonomische Aktivitäten, die vom
Exportsektor abhängig sind
-Peripherie hat gewöhnlich geringes Bruttosozialprodukt, Handel mit Zentrum grosser Anteil
davon, Peripherie anfällig für Nachfrage- und Preisschwankungen
-Subsistenzorientierter Sektor versorgt Exportsektor mit Arbeitskräften, solange
Exportbedingungen günstig, nimmt diese wieder zurück wenn Export zurückgeht.
 nicht traditionelle Kultur, sondern Ausbeutungsstruktur führt zu Ungleichheit (auf
Makroebene betrachtet)
Rodolfo Stavenhagen (1969) 7 falsche Thesen zu Lateinamerika (dependenzpolitisches
Credo, Kritik an Modernisierungsthesen und am Entwicklungstheorem des Marxismus):
1. dualistische Gesellschaften in Lateinamerikanischen Ländern
2. Fortschritt realisiert sich durch Verbreitung der Industrieprodukte
3. traditionelle, ländliche Gebiete bilden einen Widerstand für die Bildung eines internen
Marktes, und Entwicklung des fortschrittlichen Kapitalismus / Marktwirtschaft
4. nationale Bourgeoisie will Macht und Herrschaft der Landoligarchie brechen.
5. Entwicklung ist Schöpfung einer Mittelklasse, das Ziel der Wirtschafts- und Sozialpolitik:
Entwicklung dieser Klasse stimulieren
6. die nationale Integration ist Produkt der Mischung der Rassen.
7. Fortschritt realisiert sich nur mit Allianz von Arbeitern und Bauern
auch Dependenztheorie fand in entwicklungspolitischen Vorgaben (weniger als
Modernisierungstheorien) ihren Niederschlag in Konzepten wie: self-reliance, local
knowledge, regionale Entwicklung, Minderheitenschutz, Landrechte etc.
Illusorisch: radikalste These der Dependenztheoretiker: Peripherien sollen sich von
Metropolen abkoppeln (BPS: von westlichen Staaten abgesetzte Kommunisten hatten keine
alternative Entwicklungschancen.
Verflechtung
Dependenztheorie auf Makroebene, wenig Berührung mit anthropologischen Themen
Verflechtungsansatz als Weiterführung der Dependenztheorie, an sozialen und
ökonomischen Meso- und Mikroebenen interessiert.
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Ursprung des Verflechtungsansatzes in anthropologisch orientierter Migrationsforschung
Oscar Lewis (50er) abwandernde Peasants nach Mexico City
Philip Mayer (1962) afrikanische Wanderarbeiter zu Minen in Südafrika
-Zuwanderer bringen ländliche Kultur in Stadt, ethnische Enklaven entstehen
-Netz zwischen Herkunfts- und Zielort, Tausch von Gütern, Wissen, Symbolen etc
-Herkunftsgemeinden durch Abwanderungen unterstützt: Unterstützungsleistungen
-Land-Stadt-Wanderung führt also nicht zu Modernisierung, sondern zur Verschränkung von
unterschiedlichen sozialen, politischen und ökonomischen Strukturen
Claude Meillassoux (1983): über Migration werden verschiedene Produktionsweisen
verflochten (nicht nur differente gesellschaftliche Felder)
(gegen Modernisierungs- und Dependenztheorien) traditioneller Subsistenzsektor soll sich
aus folgenden Gründen bei der Einbindung in kapitalistische Systeme nicht auflösen:
-aus Subsistezsektor Billigarbeiter rekrutierbar bei Bedarf
-in häuslicher Produktion wird Arbeitskraft bereitgestellt (Sozialisation, Altersversorgung etc),
Lohnkosten können gedrückt werden, verbesserte Gewinnlage
-Rotationsmigration: Arbeitskraft für saisonale Arbeit oder temporär für Industrie, nachher
zurück in Subsistenzsektor
 marktwirtschaftliche Logik legt es nahe, traditionelle Sektoren gerade nicht zu
Modernisieren, um Reservoir an Billigarbeitskräften nicht zu verlieren.
In Ethno und Soziologie Themenbereiche:
1. Subsistenzarbeit im urbanen Umfeld: in Megastädten der Dritten Welt findet sich
Subsistenzsektor (auch im urbanen Umfeld wird der formal geregelte Arbeitsmarkt durch
Subsistenzsektor subventioniert, weil Reproduktionskosten durch Löhne nicht gedeckt), die
Slums also als eigentliche Stütze der formalen Wirtschaft
2. Formelle versus informelle Ökonomie: fehlende Durchsetzung formal staatsökonomischer
Prinzipien führt zur Einlagerung einer informellen Ökonomie, die zum formalen Markt
konkurrieren oder diesen unterstützen. Eigenschaften sind: Innovation, Flexibilität, hoher
Unsicherheitsfaktor, Akteure sind mit hohem Anteil Frauen Kleinunternehmer, traditionelle
Kreditzirkel sichern Geldfluss, informelle Ökonomie fand erst in letzten Jahren Beachtung
(vorher mit modernistischen Argumenten bekämpft, etc.)
3. Gender und Hausfrauisierung: Esther Boserup (1970): Doppelbelastung von
Reproduktionsarbeit und Einkommensgenerierung in afrikanischer informeller Ökonomie
Bielefelderschule: Dualismus zwischen formaler und informaler Ökonomie widerspiegelt sich
in Genderfrage, Reproduktionsarbeit als nichtvergütete Arbeitskraft
Diskussion der Hausfrauisierung, Reproduktionsarbeit als Bestandteil der Gesamtökonomie,
fand hauptsächlich in der ersten Welt Widerhall.
4. Transnationale Migration und Remittances: Beziehungen der Länder der Ersten und der
Dritten Welt unter dem Aspekt ökonomischer Verflechtung betrachten (wie bei Dependenz)
neu: schliesst Faktor transnationaler Migration ein, Verschränkung der Auswanderer- und
Einwandererlände: Geldrückschiebungen (remittances)
Verflechtungsansatz geht nicht mehr von sich gegenseitig aussschliessenden
ökonomischen Einheiten aus, sondern von der Existenz von differenten ökonomischen
Feldern, die interagieren; Verflechtungslogik verstehen (Ausbeutung wird nicht
ausgeblendet, aber Ausgebeutete nicht mehr als passive Subjekte, sondern als Akteure mit
eigenen Strategien) verweist auf Globalisierungsproblematik
Aussicht
Themen die Verschränkung von unterschiedlichen ökonomischen Sektoren sichtbar machen
rücken in Vordergrund, weiter auf Mikro- und Mesoebene
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