Netzschutz und Schutzkoordination

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Netzschutz und Schutzkoordination
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Netzschutz und Schutzkoordination
3.1 Begriffe
3.2 Schutzgeräte für Niederspannungsnetze
3.3 Selektivität in Niederspannungsnetzen
3.4 Schutz von Kondensatoren
3.5 Schutz von Verteilungstransformatoren
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kapitel 3
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3 Netzschutz/Schutzkoordination
Netzform
Während in Gebäude- und Industrienetzen die Mittelspannung meist als
Liniennetz aufgebaut ist, werden
niederspannungsseitig eher radiale
Netzformen (Strahlennetze, Doppelstichnetze) gewählt. Zur Aufteilung
der Leistung von der Einspeisung bis
zum Verbraucher ist eine Anzahl von
Schaltanlagen und Verteilern notwendig, deren Schutzgeräte dann in
Reihe geschaltet sind.
Aufgaben des Netzschutzes
Der Netzschutz hat die Aufgabe,
Fehler zu erfassen und gestörte Netzteile selektiv aus dem Netz herauszutrennen. Er soll dabei durch kurze
Abschaltzeiten die Fehlerenergie
begrenzen und die Auswirkung von
Störlichtbögen klein halten.
Hohe Leistungsdichte, große Einzelleistungen und relativ kurze Entfernungen in Industrie- und Gebäudenetzen bedingen eine enge Verknüpfung
von Nieder- und Mittelspannungsnetzen. Vorgänge im Niederspannungsnetz (Kurzschluss, Anlaufstrom)
wirken sich auch im Mittelspannungsnetz aus. Umgekehrt hat der Schaltzustand des Mittelspannungsnetzes
Einfluss auf die Selektivschutzkriterien im unterlagerten Netz.
Gegenseitige Beeinflussung der
Netze
Netz- und Schutzgestaltung sind deshalb im gesamten Verteilungssystem
abzustimmen und die Schutzfunktionen zu koordinieren.
Dieses Kapitel umfasst im Wesentlichen die Errichtung von elektrischen
Energieverteilungsanlagen im Niederspannungsnetz. Es wird deshalb auch
bei der Betrachtung des Netzschutzes
das Hauptgewicht auf die Nieder-
3/2
spannungsseite gelegt. Spezielle Anforderungen des Netzschutzes der
Mittelspannung sind in Kapitel 4
„Mittelspannung“ und 8 „Schutzund Schaltanlagenleittechnik“ beschrieben.
3.1 Begriffe
Der Schutz elektrischer Anlagen in
einem Netz erfolgt entweder durch
die den Anlagenteilen zugeordneten
Schutzgeräte oder durch Kombinationen derselben.
Reserveschutz
Bei Versagen eines Schutzgerätes
muss das übergeordnete Gerät den
Schutz übernehmen (Reserveschutz).
Bemessungs-Kurzschlussausschaltvermögen
Das Bemessungs-Kurzschlussausschaltvermögen ist der Maximalwert
des Kurzschlusses, welchen das
Schutzgerät in der Lage ist, vorschriftsmäßig abzuschalten. Bis zu diesem
Wert darf das Schutzgerät auch in
einem Netz eingesetzt werden.
Back-up-Schutz
Tritt an einer Stelle des Netzes ein
Kurzschluss auf, der höher als das
Bemessungsschaltvermögen des
eingesetzten Schutzgerätes ist, so
muss der Back-up-Schutz durch ein
vorgeordnetes Schutzgerät den
Schutz des nachgeordneten Anlagenteils und den des Schutzgerätes
sicherstellen (Staffelung).
Selektivität
Das Thema Selektivität wird besonders in den letzten Jahren immer
mehr diskutiert und zum Teil pauschal in Ausschreibungen gefordert.
Durch die Komplexität dieses Themas sind oft nur ungenügend Informationen zur Auswahl und Anwendung zu finden. Die Anforderungen
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als auch auch Auswirkungen nach Vollselektivität oder Teilselektivität in den
Energieverteilungsnetzen sollten je
nach Norm, Branche, Land, Netzform
bzw. Netzstruktur mit den jeweiligen
Netzplanern, Errichtern und Betreibern
vorher geklärt werden. Zu beachten ist
auch die Gesamtvernetzung mit den
5 Regeln der Stromkreisdimensionierung. Nachfolgend werden einige Begriffe und Definitionen zum besseren
Verständnis beschrieben. Sollten Sie
noch weitere und detailliertere Anwendungen wünschen, wenden Sie sich
bitte an Ihren Siemens-Ansprechpartner.
Vollselektivität
Zur Wahrung der Versorgungssicherheit von Energieverteilungen wird immer mehr volle Selektivität gefordert.
Als vollselektiv wird ein Netz bezeichnet, wenn in Energieflussrichtung
gesehen (von der Einspeisung zum
Verbraucher) nur das der Fehlerstelle
vorgeordnete Schutzgerät abschaltet.
Bemerkung:
Volle Selektivität bezieht sich immer
auf einen satten, dreiphasigen und
damit auf den maximalen Kurzschlussstrom an der Einbaustelle.
Teilselektivität
Teilselektivität heißt, die betreffende
Gerätekombination (vor- und nachgeordnet) ist nicht bis zu dem maximalen, dreiphasigen, satten Kurzschlussstrom I kmax selektiv.
Unter gewissen Umständen reicht
auch eine Teilselektivität bis zu
einem bestimmten Kurzschlussstrom. Für ungünstige Fehlerfälle
sind dann Wahrscheinlichkeit des
Eintretens und Folgewirkungen für
den Verbraucher gegeneinander
abzuwägen.
1) Beschreibung und Arbeitsweise von Niederspannungs-Schalt- und Schutzgeräten,
Begriffe und Definitionen siehe auch
Siemens-Fachbuch „Schalten, Schützen,
Verteilen in Niederspannungsnetzen“,
Publicis MCD Verlag Erlangen
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stromabhängig
verzögert
t
t
stromabhängig
stromunabhängig verzögert
I 2 . t = konstant
stromunabhängig
Schnellauslösung
unverzögert
NH-Sicherung
NiederspannungsLeistungsschalter
mit Auslösern
HH-Sicherung
I
I
Veränderbare Kennlinienbzw. Einstellbereiche
Veränderbare Kennlinienbzw. Einstellbereiche
Grafik 3/1
Schutzkennlinie von NH-Sicherung und NiederspannungsLeistungsschalter mit Auslösern
3.1.1 Schutzeinrichtungen
und Hauptmerkmale
Niederspannungsseitige
Schutzgeräte1)
NH-Sicherungen
NH-Sicherungen haben ein hohes
Kurzschluss-Ausschaltvermögen und
begrenzen durch ihr schnelles Abschmelzen den Kurzschlussstrom sehr
stark. Die Schutzkennlinie ist durch die
Auswahl der Betriebsklasse der NH-Sicherung – z. B. Ganzbereichssicherung
als Überlast- und Kurzschlussschutz
oder Teilbereichssicherung nur als
Kurzschlussschutz – und des Bemessungsstroms gegeben (Grafik 3/1).
NiederspannungsLeistungschalter, IEC 60947-2
Leistungsschalter für Energieverteilungsanlagen unterscheiden sich im
Wesentlichen in der Bauart (offene oder
kompakte Bauform), der Einbauart
(Festeinbau, steckbar, Einschub),
dem Bemessungsstrom (max. Nennstrom des Schalters), der Strombegrenzung (strombegrenzend (MCCB): oder
nicht strombegrenzend (ACB)), den
Schutzfunktionen (siehe Auslöser), der
Kommunikationsfähigkeit (Fähigkeit der
Datenübertragung aus und in den Schalter) und der Gebrauchskategorie (A oder
B, siehe IEC 60947-2).
Auslöser / Schutzfunktion
Die Schutzfunktion des Leistungsschalters im Energieverteilungsnetz
wird durch die Wahl des entsprechen-
MittelspannungsLeistungsschalter
mit Überstromzeitschutz
Grafik 3/2
Schutzkennlinie von HH-Sicherung und mittelspannungsseitigem Überstromzeitschutz
den Auslösers bestimmt. Die Auslöser unterscheiden sich in so genannte
thermomagnetische Auslöser (früher
auch als elektromechanische Auslöser
bezeichnet) und elektronische Auslöser (ETU).
C Überlastschutz
Bezeichnung: L oder auch a
(L = Long Time Delay)
Stromabhängig, verzögerte Überlastauslöser werden je nach Auslösertyp mit optionalen Kennlinien
angeboten.
C Kurzschlussschutz, unverzögert
Bezeichnung: I (früher auch n)
(I = Instantaneous), z.B. Magnetauslöser.
Je nach Applikation werden I-Auslöser sowohl mit fester, einstellbarer
als auch mit Off-Funktion angeboten.
C Kurzschlussschutz, verzögert
Bezeichnung: S (früher auch z)
(S = Short Time Delay).
Für eine zeitliche Anpassung von
Schutzfunktionen in Reihe. Neben den
Standardkennlinien und Einstellungen
werden auch optionale Funktionen für
bestimmte Applikationen angeboten.
Stromunabhängige Überstromauslöser: Bei dieser „Standard-S-Funktion“
wird die gewünschte Verzögerungszeit (tsd) ab einem eingestellten
Stromwert (Schwellwert Isd) definiert
eingestellt (definierte Zeit; definite
time; ähnlich der UMZ-Funktion in
der Mittelspannung)
Stromabhängiger Überstromauslöser:
Bei dieser optionalen S-Funktion ist
das Produkt I 2t immer konstant.
Diese Funktion wird im Allgemeinen
zur Sicherstellung einer höheren Selektivität eingesetzt (ähnlich der AMZFunktion in der Mittelspannung; inverse time)
C Erdschlussschutz
Bezeichnung: G (früher auch g)
(G = Ground Fault). Neben der Standardfunktion (strom-unabhängig)
wird auch hier eine optionale Funktion (I 2t = stromabhängige Verzögerung) angeboten.
C Fehlerstromschutz Bezeichnung:
RCD (früher auch DI) (RCD = Residual Current Devise) zur Erfassung
von Differenzfehlerströmen bis 3 A,
ähnlich der FI-Funktion zum Personenschutz (bis 500 mA).
Elektronische Auslöser bieten darüber
hinaus neuartige Auslösekriterien,
welche mit elektromechanischen
Auslösern nicht realisierbar sind.
Schutzkennlinien
Die Schutzkennlinie ist durch den
Schalter-Bemessungsstrom sowie
die Einstell- und Ansprechwerte der
Auslöser gegeben (siehe Tabelle 3/5).
Niederspannungs-Leitungsschutzschalter (MCB)
Leitungsschutzschalter können nach
ihrer Arbeitsweise – stark und
schwach strombegrenzend – unterschieden werden. Die Schutzfunktionen werden durch elektromechanische Auslöser bestimmt:
3/3
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Auslöser
C Überlastschutz durch stromabhängig verzögerte Überlastauslöser,
z. B. Bimetallauslöser,
C Kurzschlussschutz durch unverzögerte Überstromauslöser, z. B.
Magnetauslöser.
Mittelspannungsseitige
Schutzgeräte
HH-Sicherungen
HH-Sicherungen können nur als Kurzschlussschutz eingesetzt werden. Sie
haben keine Überlastschutzfunktion.
Es ist deshalb ein Mindestkurzschlussstrom für einwandfreies Auslösen
erforderlich. HH-Sicherungen begrenzen den Stoßkurzschlussstrom. Die
Schutzkennlinie ist durch die Auswahl des Bemessungsstroms gegeben (Grafik 3/2).
Mittelspannungs-Leistungsschalter
Leistungsschalter erhalten eine
Schutzfunktion durch Schutzeinrichtungen wie Überstromzeitschutz
(stromunabhängig oder stromabhängig), Überstromzeitschutz mit zusätzlicher Richtungsfunktion oder Differenzialschutz. Distanzschutz wird in
den betrachteten Verteilungsnetzen
kaum eingesetzt.
Schutzkennlinien
Für Schutzeinrichtungen im Mittelspannungsnetz werden Sekundärrelais
verwendet, deren Schutzkennlinie
auch durch die Stromwandlerübersetzung bestimmt wird. In zunehmendem Maße werden statische, digitale Schutzeinrichtungen bevorzugt.
3.1.2 NiederspannungsSchutzgerätekombination
Kombinationen von Schutzgeräten
In Energierichtung können bei den
nacheinander geschalteten Verteilern
folgende Schutzgeräte in Reihe liegen:
C Sicherung mit nachgeordneter
Sicherung,
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C Leistungsschalter mit nachgeordnetem Leitungsschutzschalter,
C Leistungsschalter mit nachgeordneter Sicherung,
C Sicherung mit nachgeordnetem
Leistungsschalter,
C Sicherung mit nachgeordnetem
Leitungsschutzschalter,
C mehrere parallele Einspeisungen
mit oder ohne Kupplungen mit
nachgeordnetem Leistungsschalter
oder nachgeordneter Sicherung.
Bei vermaschten Niederspannungsnetzen ist die Stromselektivität zu
überprüfen.
Bei den in das Niederspannungsnetz
einspeisenden Transformatoren ist
der ober- und unterspannungsseitige
Schutz aufeinander und auf den
weiteren Schutz des unterlagerten
Netzes abzustimmen. Die Auswirkungen auf das überlagerte Mittelspannungsnetz müssen überprüft werden.
Im Mittelspannungsnetz sind HHSicherungen in der Regel nur vor den
Transformatoren der Niederspannungseinspeisung vorhanden. Bei
den vorgeordneten Leistungsschaltern liegen meist nur ÜberstromZeitschutzeinrichtungen mit unterschiedlicher Charakteristik in Reihe.
Differenzialschutz beeinflusst nicht
oder nur gering die Staffelung der
weiteren Schutzeinrichtungen.
3.1.3 Selektivitätskriterien
Neben den primären Einsatzkriterien
eines Schutzgerätes – Bemessungsstrom und Bemessungsschaltvermögen – ist für eine optimale Versorgungssicherheit vor allem die
Selektivität ein wesentliches Kriterium. Für die selektive Arbeitsweise
der in Reihe liegenden Schutzgeräte
sind folgende Kriterien anwendbar:
C nur der Zeitunterschied der
Abschaltung (Zeitstaffelung),
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C nur der Stromunterschied der
Ansprechwerte (Stromstaffelung),
C die Kombination aus Zeit- und
Stromstaffelung (stromabhängige
Zeitstaffelung).
Darüber hinaus werden Leistungsrichtung (Richtungsschutz), Impedanz
(Distanzschutz) und Stromdifferenz
(Differenzialschutz) eingesetzt.
Voraussetzungen für selektives
Verhalten der Schutzgeräte
Selektivität lässt sich nur erreichen,
wenn bei der Projektierung sowohl die
höchsten (IKmax) als auch die niedrigsten (IKmin) Kurzschlussströme für die
markanten Netzpunkte bekannt sind.
Daraus ergibt sich:
C Der höchste auftretende Kurzschlussstrom entscheidet über das
erforderliche Bemessungskurzschlussschaltvermögen Icu/ Ics des
Leistungsschalters.
Kriterium: Icu/ Ics > IKmax
C Der niedrigste auftretende Kurzschlussstrom ist für die Einstellung
des Kurzschlussauslösers wichtig;
der Ansprechwert dieses Auslösers
muss niedriger sein als der kleinste
auftretende Kurzschlussstrom am
Ende der zu schützenden Strecke.
Denn nur bei dieser Einstellung von
Id bzw. Isd kann gewährleistet werden, dass der Überstromauslöser
seine Personen- und Anlagenschutzfunktion erfüllen kann.
Achtung: Bei diesen Einstellungen
sind die zulässigen Einstell-Toleranzen von ± 20% zu beachten!
Kriterium: Isd ≤ IKmin – 20 %
C Die Forderung nach Einhaltung der
Auslösebedingungen bestimmt die
maximalen Leitungslängen oder
deren Querschnitte.
C Selektive Stromstaffelung lässt
sich nur nach Kenntnis der
Kurzschlussströme erreichen.
C Eine Teilselektivität über die
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a
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Ik
tg2
ta1
Ansprechzeit Schalter Q1
ta2
Ansprechzeit Schalter Q2
te1
Eigenzeit des Schalters Q1
Eigenzeit des Schalters Q2
td2
Verzögerungszeit Schalter Q2
≈ Staffelzeit tst2
a
te2
L
I
Q2
t v2 ≈150 ms
td2 ≈ tst2
ta2
te2
tL2
to- 2
to-1
ta1
L
I
Q1
M
Grafik 3/3
tö-1 = 3 bis 30 ms
je nach Schalterart
und Höhe des
Kurzschlussstroms
te1
tg1
tL1
tö1
Öffnungszeit Schalter Q1
tö2
Öffnungszeit Schalter Q2
tL1
Lichtbogendauer Schalter Q1
tL2
Lichtbogendauer Schalter Q2
tg1
Gesamtausschaltzeit Schalter Q1
tg2
Gesamtausschaltzeit Schalter Q2
(tg = tö+tL)
Sicherheitszeit
t
Zeitablauf für den Ausschaltvorgang von zwei gestaffelten
Niederspannungs-Leistungsschaltern bei Kurzschluss
Stromstaffelung hinaus lässt sich
auch durch aufeinander abgestimmte Schutzgerätekombinationen erreichen.
C Grundsätzlich kann der höchste
auftretende Kurzschlussstrom sowohl der dreipolige als auch der
einpolige sein.
C Im Bereich der Einspeisung ins
Niederspannungsnetz wird der einpolige Fehlerstrom größer als der dreipolige, wenn Transformatoren mit
der Schaltgruppe Dy im Einsatz sind.
C Der einpolige Kurzschlussstrom
wird dann zum kleinsten auftretenden Fehlerstrom, wenn die dämpfende Nullimpedanz der Niederspannungskabel wirksam wird.
Für größere Anlagen ist es empfehlenswert, alle Kurzschlussströme
über ein Rechnerprogramm zu ermitteln. Hierfür bietet unsere Dimensionierungs- und Berechnungssoftware
SIMARIS design® optimale Voraussetzungen.
Staffeln der Ansprechströme bei
Anwendung der Zeitstaffelung
Bei Anwendung der Zeitstaffelung
wird auch die Staffelung der
Ansprechströme einbezogen, d. h.,
der Ansprechwert des Überstromauslösers des vorgeordneten Leistungsschalters muss mindestens um den
Faktor 1,25 höher eingestellt werden
als der des nachgeordneten. Hierdurch
wird die Streuung der Ansprechströme
von unabhängig verzögerten Überstromauslösern S (≤ ± 10%) ausgeglichen.
Zur Überprüfung und visuellen Darstellung der Selektivität empfiehlt es
sich, die Auslösekennlinie der gestaffelten Schutzgeräte in ein Strom-ZeitDiagramm einzutragen.
Zeitablauf bei Leistungsschaltern
Bei der Staffelung der Ansprechströme ist auch der Zeitlauf für den
Ausschaltvorgang der Leistungsschalter zu berücksichtigen. In Grafik
3/3 sind die einzelnen Zeitbegriffe am
Beispiel von zwei gestaffelten
Niederspannungs-Leistungsschaltern
dargestellt.
Staffelzeit, Verzögerungszeit
Staffelzeit tsd ist der erforderliche
Zeitabstand zwischen den Auslösekennlinien zweier in Reihe liegender
Schutzgeräte, um mit Sicherheit nur
das dem Fehler nächstvorgelegene
Schutzgerät auszuschalten. Die Aufsummierung der Staffelzeiten ergibt
die im Leistungsschalter einzustellende Verzögerungszeit tsd.
3.1.4 Anfertigen von
Strom-Zeit-Diagrammen
(Staffeldiagrammen)
Anfertigen von Hand
Allgemeine Hinweise
Beim Eintragen der Auslösekennlinien in einem Doppel-Logarithmenpapier ist zu beachten:
C Die Auslösekennlinien dürfen sich
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Q1
120
100
40
t
20
min 10
Q2
Ik1
L (kalt)
4
2
1
weder überschneiden noch
berühren, um eindeutig Selektivität
zu erzielen.
C Bei elektronischen stromabhängigen (lang)verzögerten Überstromauslösern gibt es nur eine Auslösekennlinie, denn sie wird vom Vorbelastungszustand nicht beeinflusst.
Die gewählte Kennlinie muss daher
für den betriebswarmen Motor oder
Transformator geeignet sein.
C Bei mechanischen stromabhängig
(thermisch) verzögerten Überlastauslösern (L) gelten die in den Herstellerkatalogen dargestellten Kennlinien für
den kalten Zustand. Bei betriebswarmem Zustand verringern sich die
Öffnungszeiten tö bis auf 25%.
Steuerbereich der Auslösekennlinien
C Die in den Herstellerkatalogen enthaltenen Auslösekennlinien der Leistungsschalter stellen meist nur Mittelwerte dar und sind um die Streubereiche zu ergänzen (nur in den Grafiken
3/4, 3/20 und 3/24 vorgenommen).
C Bei Überstromauslösern – unverzögerte Auslöser (I) und verzögerte
Auslöser (S) – darf die Toleranz der
Streubereiche ± 20% des Einstellstroms betragen (nach EN 60 947-2 /
IEC 60 947-2 /VDE 0660 Teil 101).
Maßgebende Auslösezeiten
Übersichtshalber werden für Leistungsschalter mit stromunabhängig
verzögerten Überstromauslösern (S)
nur die Verzögerungszeit tsd und mit
unverzögerten (I) die Öffnungszeit tö
eingetragen.
Wie staffeln?
Verzögerungszeiten und Ansprechströme werden der Energierichtung entgegengesetzt gestaffelt, beginnend beim
Endstromkreis:
C ohne Sicherungen beim Verbraucherschalter mit dem größten
Einstellstrom des Überstromauslösers,
3/6
s
Ik2
20
10
4
2
1
400
200
100
ms
I
40
20
10
2 3 4 6 102
2 3 4 6 103
2 3 4 6 104 2 3 4 6 105
Strom I (Effektivwert)
Staffeldiagramm mit Auslösekennlinien der Schalter Q1 und Q2 von Grafik 3/3
C mit Sicherungen beim Sicherungsabzweig an der Sammelschiene mit
dem größten Bemessungsstrom
des Sicherungseinsatzes.
Wenn sich bei Sicherungseinsätzen
großer Bemessungsströme keine
Selektivität zum stromunabhängig
verzögerten Überstromauslöser (S)
des Transformator-Einspeiseschalters
oder nur bei sehr langen Verzögerungszeiten tsd (400 bis 500 ms)
ergibt, dann werden anstelle der
Sicherungen Leistungsschalter eingesetzt. Darüber hinaus werden
Leistungsschalter eingesetzt, wenn
eine hohe Anlagenverfügbarkeit gewünscht wird, da Störungen schneller
behebbar sind und die Auslöser von
Leistungsschaltern keiner Alterung
unterliegen – insbesondere bei
Abnehmern mit besonders langen
Einspeisedistanzen.
Vorgehen bei zwei oder mehreren
Spannungsebenen
Bei Betrachtung der Selektivitätsverhältnisse über zwei oder mehrere
Spannungsebenen (Grafik 3/39 ff.)
werden alle Ströme und Auslösekennlinien der Oberspannungsseite unter
Berücksichtigung des TransformatorÜbersetzungsverhältnisses auf die
Niederspannungsseite umgerechnet
und übertragen.
Totally Integrated Power by Siemens
t v2 ≈180 ms
to-1 <30 ms
2
101
Grafik 3/4
S
tsdz ≈150 ms
Arbeitshilfen zur Anfertigung von
Staffeldiagrammen:
C Vordrucke mit Stromwertepaaren
bei gebräuchlichen Spannungen,
z. B. für 20 / 0,4 kV, 10 / 0,4 kV,
13,8 / 0,4 kV und andere,
C Schablonen zur Darstellung der
Auslösekennlinien.
Grafik 3/4 zeigt ein von Hand angefertigtes Staffeldiagramm mit Auslösekennlinien von zwei in Reihe geschalteten Leistungsschaltern ohne
Berücksichtigung von Toleranzen.
Hierbei wurde der Zeitablauf für den
Ausschaltvorgang von Grafik 3/3 herangezogen (Zeitselektivität). Das Anfertigen der Staffeldiagramme von
Hand ist nicht mehr notwendig bei
Verwendung der Planungssoftware
SIMARIS design.
Niederspannungsseitige
Zeitstaffelung
Staffel- und Verzögerungszeiten
Bei der Zeitstaffelung mehrerer in
Reihe geschalteter Leistungsschalter
oder in Verbindung mit NH-Sicherungen sind praktisch nur noch die Begriffe Staffelzeit tst und Verzögerungszeit tsd von Bedeutung (Grafik 3/5).
Die Verzögerungszeit tsd2 des Schalters Q2 kann etwa mit der Staffelzeit
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tst2 gleichgesetzt werden und die
Verzögerungszeit tsd3 für den Schalter
Q3 wird aus der Summe der Staffelzeiten tst2 + tst3 gebildet.
Die dabei entstehenden Ungenauigkeiten werden durch die einkalkulierten Sicherheitszeiten wieder ausgeglichen und zur Vereinfachung werden nur die Staffelzeiten addiert.
Bewährte Staffelzeiten tst
Leistungsschalter in Reihe:
Die so genannten „bewährten Staffelzeiten“ gelten als Richtwerte bzw.
Faustformel. Exakte Angaben sind
bei den jeweiligen Geräteherstellern
zu erfragen.
C Der zeitliche Abstand zwischen
zwei Leistungsschaltern mit elektronischen Auslösern (Q1 und Q2)
sollte ca. 70–80 ms betragen.
C Der zeitliche Abstand zwischen
Leistungsschaltern mit unterschiedlichen Auslösern (Q2 = ETU
und Q3 = TM) sollte ca. 100 ms
betragen.
C Bei Leistungsschaltern mit ZSS
(zeitverkürzte Selektivitäts-Steuerung) ist der zeitliche Abstand mit
50 ms vorgegeben.
Unabhängig von der Ausführung des
S-Auslösers – mechanisch oder elektronisch – ist zwischen einem Leistungsschalter und einer nachgeordneten NH-Sicherung eine Staffelzeit
von 70 ms bis 100 ms erforderlich.
Zwischen einer NH-Sicherung und
einem nachgeordneten Leistungsschalter ist von der SchmelzzeitStromkennlinie der NH-Sicherung bis
zur Schnittstelle der Auslösekennlinien l und i oder s eine Staffelzeit tst
(Sicherheitsabstand) von mindestens
1 s unter Berücksichtigung des Streubandes des L-Auslösers einzuhalten
(siehe Grafik 3/6).
Back-up-Schutz
Leitungsschutzschalter müssen
gemäß Technischer Anschlussbedingungen (TAB) der Elektrizitäts-Versorgungsunternehmen (EVU) (siehe
„Handbuch Elektrische Installations-
technik“) zum Schutz gegen Beschädigung durch Kurzschlussströme Vorsicherungen mit höchstens 100 A Bemessungsstrom erhalten.
Die Standards DIN VDE und IEC erlauben auch den Schutz eines Schaltgerätes durch eines der vorgeordneten Schutzgeräte mit dem entsprechenden BemessungskurzschlussSchaltvermögen, wenn dadurch sowohl der Abzweig als auch das nachgeordnete Schutzgerät geschützt
wird (Back-up-Schutz).
Literaturhinweis
Literaturhinweis für Niederspannungsanlagen
Weiterführende Hinweise über niederspannungsseitige Schalt- und
Schutzgeräte können dem SiemensFachbuch „Schalten, Schützen, Verteilen in Niederspannungsnetzen“
und dem Handbuch „Elektrische
Installationstechnik“, Publicis MCD
Verlag Erlangen, entnommen werden.
tö1
Öffnungszeit Schalter Q1
tst2
Staffelzeit für Schalter Q2
a
Q3
L
S
tsd3
tst3
tsd3 Verzögerungszeit Schalter Q3
t sd3 ≈ (t st2 + t st3)
t st3
Q2
L
S
tsd2
Staffelzeit für Schalter Q3
tsd2 Verzögerungszeit Schalter Q2
t sd2 ≈ t st2
L
stromabhängig verzögert, Ir
S
stromunabhängig verzögert, Isd, tsd
I
unverzögert, Ii
Sicherheitszeit
t ö1
Q1
L
I
M
Sicherheitszeit
t
Grafik 3/5
Zeitstaffelung mehrerer in Reihe geschalteter Leistungsschalter
3/7
3
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Strom I
Zeiteinstellung des überlagerten Schutzes
Zeiteinstellung
Staffelzeit t st
des Schutzes
Kommandozeit tk
Kurzschlussstrom
Ansprechstrom
Streuzeit
des Leistungs- Streuzeit
Streuzeit
des Schutzes schalters
des Schutzes
Laststrom
Ausschaltzeit
des
Leistungsschalters
Rückfallzeit
Sicherheitszeit
t
Gesamtausschaltzeit t g
des Leistungsschalters
Grafik 3/6
Zeitstaffelung in Mittelspannungsanlagen
Mittelspannungsseitige Zeitstaffelung
Kommando- und Staffelzeit
Mittelspannungsseitig ist beim
Bestimmen der Staffelzeit tst zu
beachten:
Nach Anregung des Schutzgerätes
(Grafik 3/6) läuft die eingestellte Zeit
ab, bevor dieses den Auslösebefehl
an den Arbeits- oder Ruhestromauslöser des Leistungsschalters gibt
(Kommandozeit tk).
Der Auslöser leitet die Unterbrechung der Leistungsschalter ein. Der
Kurzschlussstrom ist nach Erlöschen
des Lichtbogens unterbrochen.
Die Staffelzeit tst zwischen aufeinander folgenden Schutzgeräten muss
größer sein als die Summe aus der
Gesamtausschaltzeit tg des Schalters
und der Rückfallzeit des Schutzes.
Da bei den Schutzgeräten (auch
Leistungsschalter) mit einer von
mehreren Faktoren abhängigen Zeitstreuung zu rechnen ist, wird in die
Staffelzeit eine Sicherheitszeit einbezogen.
Während bei Schutzgeräten mit mechanischen Auslösern keine kürzeren
Staffelzeiten tst als 400 bis 300 ms
erreicht werden, lassen die elektronischen und digitalen Auslöser Staffelzeiten von nur 300 oder 250 ms zu.
Erst dann kehrt der Schutz in die
Ruhe- bzw. Ausgangslage zurück
(Rückfallzeit).
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3.2 Schutzgeräte für
Niederspannungsnetze
3.2.1 Leistungsschalter mit
Schutzfunktionen
Die nachfolgenden Tabellen 3/1 und
3/2 geben einen Überblick der behandelten Schutzgeräte in Niederspannungsnetzen, wobei in Tabelle 3/2
auch die Schutzgeräte im Mittelspannungsnetz der Transformatorabzweige aufgeführt worden sind.
Schutzaufgaben der Niederspannungs-Leistungsschalter
Überstromschutz für Leitungen
und Kabel
Leitungen und Kabel müssen mit
Überstromschutzgeräten gegen zu
hohe Erwärmung geschützt werden,
die sowohl durch betriebsmäßige
Überlastung als auch durch vollkommenen Kurzschluss auftreten kann.
(Handbuch „Elektrische Installationstechnik“, Publicis MCD Verlag Erlangen, Kapitel 1.7). Die in diesem Kapitel aufgeführten Schutzschaltgeräte
und Sicherungssysteme sind in
Kapitel 6 weitergehend beschrieben.
C Leistungsschalter bei Verwendung
im Motorstarter nach EN 60947-4-2 /
IEC 60947-4-2 / DIN VDE 0660-102
C Leitungsschutzschalter für
Kabel- und Leitungsschutz nach
EN 60898 / IEC 60898 /
DIN VDE 0641-11
Leistungsschalter dienen vor allem
dem Überlast- und Kurzschlussschutz. Zur weiteren Erhöhung der
Schutzwirkung können sie auch mit
zusätzlichem Auslöser, z. B. für Abschaltung bei Unterspannung, oder
mit Zusatzbausteinen zur Erfassung
von Fehler-/Differenzströmen ausgerüstet werden (siehe hierzu auch
Kapitel 6).
Nullpunktlöscher/Strombegrenzer
Entsprechend ihrer Arbeitsweise
können Leistungsschalter als
C Nullpunktlöscher oder als
C Strombegrenzer (sicherungsähnlich
strombegrenzend)
ausgeführt sein. Beim Aufbau
selektiver Verteiler eignen sich
Nullpunktlöscher eher als vorgeordnete und Strombegrenzer mehr
als nachgeordnete Schutzgeräte.
Nach der Schutzaufgabe werden
unterschieden:
C Leistungsschalter für den Anlagenschutz nach EN 60947-2 /
IEC 60947-2 / DIN VDE 0660-101
C Leistungsschalter für den Motorschutz nach EN 60947-2 /
IEC 60947-2 / DIN VDE 0660-101
Überstromschutzgeräte
Standard
Überlastschutz
Kurzschlussschutz
Siehe auch
Abschnitt
Leitungsschutzsicherungen gL
EN 60269/IEC 60269/DIN VDE 0636
×
×
Kap. 6.2.2
Leitungsschutzschalter
EN 60898/IEC 60898/DIN VDE 0641-11
×
×
Kap. 6.2.4
Leistungsschalter mit Überlast- und Überstromauslöser
EN 60947-2/IEC 60947-2/DIN VDE 0660-101
×
×
Kap. 6.2.1
Schaltgeräteschutzsicherungen aM
EN 60269/IEC 60269/DIN VDE 0636
–
×
Kap. 6.2.2
EN 60269/IEC 60269/DIN VDE 0636
–
×
EN 60947-4-1/IEC 60947-4-1/DIN VDE 0660-102
×
–
EN 60947-2/IEC 60947-2/DIN VDE 0660-101
EN 60947-4-1/IEC 60947-4-1/DIN VDE 0660-102
–
×
×
–
Schaltgerätekombination aus
Vorschaltsicherung der
Betriebsklasse gL oder aM
und Schütz mit Überlastrelais
oder
Starterschutzschalter
und Schütz mit Überlastrelais
× Schutz gegeben – Schutz nicht gegeben
Tabelle 3/1 Übersicht über die in diesem Handbuch behandelten Überstromschutzgeräte
für Leitungen und Kabel und deren Schutzbereich
3/9
3
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Eingesetzte Schutzgeräte
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MS
Lasttrennschalter,
HH-Sicherungen
NS
Leistungsschalter oder
NH-Sicherungen
gering
Aufwand
Leistungsschalter,
Wandler, Überstromzeitschutz
Lasttrennschalter,
HH-Sicherungen
Kuppelschalter
Leistungsschalter
Maschennetzschalter und -relais
zweckmäßig
hoch
gering
Mittelspannungsseite
Transformatoren mit
Wärmewächter oder
Temperaturvollschutz
Niederspannungsseite mit
Reihenschaltungen verschiedener Schutzgeräte
in Strahlennetzen sowie
Parallelschaltungen von
NH-Sicherungen im
Netzverband
I>
I>>
HH
MS
NS
Einzelund Parallelbetrieb
üblich
HH
MS
NS
MS
NS
Einzelund Parallelbetrieb
üblich
wahlweise
≤ 630 A
nur
Parallelbetrieb
üblich
S
NH
(Netzverband)
≤ 50 A, ≤ 100 A
HH- bzw. NH-Sicherung
I>
I>>
S
Unabhängiger Überstromzeitschutz,
zweistufig I> und I>>, an Stromwandler
Maschennetzrelais (Leistungs-Richtungsrelais)
an Stromwandler und Netzspannung
Ausfahrbarer Leistungsschalter
(mit Trennstelle)
Blindleistungs-Regeleinheit
Schütz
Lasttrennschalter
Überlastrelais
Tabelle 3/2 Übersicht über die in diesem Handbuch behandelte Staffelung
von Schutzgeräten in Transformator- und Niederspannungs-Abzweigen
3/10
Leistungsschalter
Totally Integrated Power by Siemens
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Netzschutz/Schutzkoordination
Überlast- und Überstromschutz
Die Tabellen 3/3 und 3/4 geben einen
Überblick über Auslöser und Relais
der Niederspannungs-Leistungsschalter. Tabelle 3/5 veranschaulicht die
Ansprechbereiche der Überstromauslöser. Der Ansprechwert, bei dem die
Auslösung erfolgt, darf nach den in
Tabelle 3/1 genannten Standards um
± 20% vom eingestellten Wert abweichen.
Überstromauslöser
Die elektromagnetisch unverzögerten
Überstromauslöser sind entweder
fest eingestellt oder einstellbar,
während die elektronischen Überstromauslöser bei Siemens-Leistungsschaltern grundsätzlich einstellbar
sind.
Bausteine
Die Überstromauslöser können sowohl im Leistungsschalter eingebaut
oder auch als Bausteine gesondert
für späteren Einbau oder Austausch
geliefert werden. Mögliche Ausnahmen sind den Herstellerangaben zu
entnehmen.
Überlastauslöser
In Netzen mit hohem Oberwellenanteil sind stromabhängig (thermisch)
verzögerte mechanische Überlastauslöser (L-Auslöser) nur bedingt geeignet. In diesem Fall sind Leistungsschalter mit elektronischen Überlastauslösern einzusetzen.
Kurzschlussschutz mit S-Auslösern
Bei Leistungsschaltern mit stromunabhängig (kurz) verzögerten Überstromauslösern (S) für den zeitselektiven Kurzschlussschutz ist zu
beachten, dass die Leistungsschalter
für eine bestimmte maximal zulässige thermische und dynamische
Belastung ausgelegt sind. Wird durch
die Zeitverzögerung diese Belastungsgrenze im Kurzschlussfall überschritten, so muss zusätzlich ein I-Auslöser
Schutzfunktion
Kurzzeichen
Verzögerungsart
des Auslösers
Schaltzeichen nach
EN 60 617/DIN 40 713
Schaltkurzzeichen
oder
Überlastschutz
L
Stromabhängig
verzögert
Selektiver
Kurzschlussschutz
(verzögert)
S1)
Stromunabhängig
verzögert durch
Zeitglied
oder
I2-abhängig
verzögert
Fehlerstrom-/
Differenzstrom-/
Erdschlussschutz (RCD)
G1)
Stromunabhängig
verzögert
oder
I2-abhängig
verzögert
Kurzschlussschutz
(unverzögert)
I
Schaltzeichen
I>
I>
I
Unverzögert
I>>
I>
1)
Bei SENTRON 3WL- und SENTRON 3VL-Schaltern auch mit
„Zeitverkürzter Selektivitäts-Steuerung“ (ZSS)
In der weiteren Folge werden Auslöserkombinationen nur noch in der Kurzform als
L, S und I-Auslöser usw. bezeichnet.
Tabelle 3/3 Schaltzeichen für Auslöser nach Schutzfunktionen
Aufgabe
Auslöser
Relais
Überlastschutz
Überlastauslöser
stromabhängig verzögert oder
elektronisch verzögert
Überlastrelais
thermisch verzögert oder
elektronisch verzögert
Thermistorschutz-Auslösegerät
Kurzschlussschutz
Überstromauslöser
elektromagnetisch
oder elektronisch unverzögert
Überstromrelais
elektromagnetisch
unverzögert
Selektiver
Kurzschlussschutz
Überstromauslöser
elektromagnetisch
oder elektronisch unverzögert
–
Tabelle 3/4 Auslöser und Relais der Leistungsschalter mit Schutzfunktion
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verwendet werden, um bei sehr
hohen Kurzschlussströmen den
Leistungsschalter unverzögert auszuschalten. Für die Auswahl sind die
Herstellerangaben zu beachten.
Wiedereinschaltsperre nach einer
Kurzschlussauslösung
Einige Leistungsschalter können mit
einer mechanischen und/oder elektrischen Wiedereinschaltsperre versehen werden, die verhindert, dass
nach einer Kurzschlussauslösung
eine Wiedereinschaltung auf den
Kurzschluss erfolgt.
Erst nach Fehlerbeseitigung und
Entriegelung der Sperre von Hand
kann der Leistungsschalter wieder
eingeschaltet werden.
Fehlerstrom-/Differenzstromschutz
Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen haben wegen der hohen Schutzwirkung
(Schutz von Menschenleben und
Sachwerten) und des erweiterten
Schutzumfangs (wechsel-, pulsstromsensitiv) weltweit in der Schutztechnik eine hohe Bedeutung erlangt.
Neben Fehlerstrom-Schutzschaltern
werden in Gewerbe und Industrie in
zunehmendem Maße auch Schutzschaltgerätekombinationen wie beispielsweise Leitungsschutzschalter
mit Fehlerstromauslösung eingesetzt.
3/12
Anwendungen,
vorzugsweise bei
der Kurzschlussstromauslösung
Verzögerungsart
Ansprechbereiche des stromabhängig verzögerten Überstromauslösers als Vielfaches des
Einstellwertes Ir
Leistungsschalter
für den
Generatorschutz
Unverzögert
oder kurzverzögert
Etwa 3 bis 6 · Ir
Leistungsschalter für
den Leitungsschutz
Unverzögert
Etwa 6 bis 12 · Ir
Leistungsschalter für
den Motorschutz
Unverzögert
oder kurzverzögert1)
Etwa 8 bis 15 · Ir
1)
Evtl. kurzverzögert zur Rushstromüberbrückung
Tabelle 3/5 Ansprechbereiche der Überstromauslöser nach EN 60947 / IEC 60947/ DIN VDE 0660
Leitungsschutz-(LS)-Schalter mit
Fehlerstromauslösung
Diese Schutzschaltgerätekombinationen stehen als fabrikfertige Kompaktgeräte zur Verfügung oder können aus
einem Leitungsschutzschalter als Basisgerät und einem anbaubaren Zusatzbaustein zu der erforderlichen Kombination zusammengesetzt werden.
Leistungsschalter mit Fehlerstrom-/
Differenzstromauslösung
Für Leistungsschalter mit Bemessungsströmen In bis 400 A und
Fehlerstrom-/Differenzstromauslösung
hat sich die Kombination aus Leistungsschalter und anbaubarem Zusatzbaustein durchgesetzt.
Technische Merkmale
Der anbaubare Zusatzbaustein zur
Differenzstromauslösung für den
Anlagenschutz verfügt z. B. über
folgende technische Merkmale:
C Bemessungsdifferenzstrom I∆n in
mehreren Stufen einstellbar,
z. B.: 30 mA / 100 mA / 300 mA /
1000 mA / 3000 mA;
C Auslösezeit ta in mehreren Stufen
einstellbar,
z. B.: unverzögert /60 ms / 100 ms /
250 ms / 500 ms / 1000 ms;
C Funktion abhängig von der Netzspannung;
C Sensitivität:
Auslösung bei wechsel- und pulsierenden Gleichfehlerströmen (hier
Zeichen);
C Resettaste „R“ für Rückstellung
nach einer Differenzstromauslösung;
Totally Integrated Power by Siemens
C Prüftaste „T“ zum Test der Schutzschaltgerätekombination;
C Zustandsanzeige des aktuellen
Ableit-/Differenzstromes I∆ im
nachgeschalteten Stromkreis, z. B.
mittels farbiger Leuchtdioden
(LED):
– grün: I∆ ≤ 0,5 I∆n
– gelb: 0,25 I∆n < v∆ ≤ 0,5 v∆n
– rot: cA > I∆ > 0,5 I∆n
IA = Auslösestrom des
DifferenzstromZusatzbausteins;
C Abtrennung des Überspannungsschutzes der Elektronik vor Isolationsmessung in der Anlage;
C „Fernauslösung (FA)“;
C „Hilfsstromschalter (HS)“.
Schnittstelle zu Bussystemen
Zum Zwecke der Informationsübertragung und des Zusammenwirkens
mit anderen Komponenten der elektrischen Anlage können die Schutzschaltergerätekombinationen mit entsprechenden Schnittstellen zu Bussystemen ausgerüstet werden.
Allstromsensitive Schutzschaltgerätekombinationen
Für elektrische Industrieanlagen, in
denen im Fehlerfall glatte Gleichfehlerströme oder solche mit geringer
Restwelligkeit auftreten, sind allstromsensitive Schutzschaltgerätekombinationen für Industrieanwendung
erforderlich.
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Netzschutz/Schutzkoordination
Kurzschlussausschaltvermögen Icn
(Effektivwert) kA
4,5
6
10
20
50
<
<
<
<
<
I
I
I
I
I
≤ 6
≤ 10
≤ 20
≤ 50
Leistungsfaktor
cos ϕ
Mindestwert n
Kurzschlusseinschaltvermögen
n=
Kurzschlussausschaltvermögen
0,7
0,5
0,3
0,25
0,2
1,5
1,7
2,0
2,1
2,2
Tabelle 3/6 Verhältnis n zwischen Kurzschlussein- und -ausschaltvermögen und
zugehörigem Leistungsfaktor (bei Wechselspannungsleistungsschaltern)
Das Bemessungs-Kurzschlussausschaltvermögen wird in zwei Werten angegeben:
Icu
Ics
BemessungsGrenzkurzschlussAusschaltvermögen
BemessungsBetriebskurzschlussAusschaltvermögen
Prüffolge
O-t-CO
O-t-CO-t-CO
Prüfung von
• GrenzkurzschlussAusschaltvermögen
Nachweis der
• Überlastauslösung
• Isolationsfestigkeit
• Erwärmung
• BetriebskurzschlussAusschaltvermögen
Nachweis der
• Überlastauslösung
• Isolationsfestigkeit
• Erwärmung
Schaltvermögen
O Ausschaltung (O = Open)
CO Ein- und Ausschaltung (C = Close)
t
Pause (t = time)
Tabelle 3/7 Schaltungsleistungskategorien nach EN 60947 / IEC 60947 / DIN VDE 0660
und IEC 157-1
Standards
Für Leistungsschalter mit anbaubarem
Fehlerstrom- oder DifferenzstromZusatzbaustein gelten die Standards
EN 60947-2 / IEC 60947-2 / DIN VDE
0660-101.
Auswahlkriterien für Leistungsschalter
Bei der Auswahl der Leistungsschalter hinsichtlich Netzschutz sind folgende kennzeichnende Merkmale zu
beachten:
C Art der Leistungsschalter und ihrer
Auslöser nach Schutzfunktionen
und -aufgaben,
C Bemessungsspannungen,
C Kurzschlussfestigkeit Icu/ Ics sowie
Bemessungskurzschluss-Einschalt(Icm) und BemessungskurzschlussAusschaltvermögen (Icn),
C Bemessungs- und maximale Lastströme.
Die Netzspannung und Netzfrequenz
sind maßgebend für die Auswahl der
Schalter nach der
C Bemessungsisolationsspannung Ui
und der
C Bemessungsbetriebsspannung Ue.
Bemessungsisolationsspannung Ui
Die Bemessungsisolationsspannung Ui
ist der genormte Wert der Spannung,
für die die Isolation der Leistungsschalter und ihrer Zubehörteile nach
HD 625/IEC 60664/DIN VDE 0110,
Isolationsgruppe C, bemessen ist.
Bemessungsbetriebsspannung Ue
Die Bemessungsbetriebsspannung Ue
eines Leistungsschalters ist der Wert
der Spannung, auf den sich das Bemessungskurzschluss-Einschalt- und
Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen sowie die Kurzschlussleistungskategorie beziehen.
Kurzschlussstrom
Der maximale Kurzschlussstrom an
der Einbaustelle ist maßgebend für
die Auswahl der Leistungsschalter
nach
C der Kurzschlussfestigkeit Icu/ Ics
sowie
C dem BemessungskurzschlussEinschaltvermögen Icm und dem
Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn.
Dynamische Kurzschlussfestigkeit
Die zulässige dynamische Kurzschlussfestigkeit wird als Stoßkurzschlussstrom angegeben. Es ist der größte
Augenblickswert des unbeeinflussten
Kurzschlussstroms in der höchst beanspruchten Strombahn.
Thermische Kurzschlussfestigkeit
(1-s-Strom)
Die zulässige thermische Kurzschlussfestigkeit wird als Bemessungskurzzeitstrom Icw bezeichnet. Es ist der
zulässige Strom, den der Leistungsschalter x s lang ohne Schaden zu
nehmen führen kann. Normalerweise
wird der Icw-Strom immer auf 1 s bezogen. Andere Zeitwerte können mit
Icn = konstant umgerechnet werden.
Bemessungsschaltvermögen
Das Bemessungsschaltvermögen der
Leistungsschalter wird als Bemessungskurzschluss-Einschaltvermögen
und Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen angegeben.
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Schaltertyp
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Bemessungsstrom
Anwendungsbeispiel
Offener
Leistungsschalter (ACB) 630 A bis 6300 A
Für den Schutz von Verteileranlagen,
Motoren, Transformatoren und Generatoren
SENTRON 3VL
– Hoher Bemessungskurzzeitstrom für Zeitselektivität
– Zwei Reihen, SENTRON WL1 und SENTRON WL6, mit
hohem und mittlerem Bemessungsschaltvermögen
– Elektronische, fremdspannungsunabhängige
Überstromauslöser auf Mikroprozessorbasis
– Zeitverkürzte Selektivitätssteuerung (ZSS) mit 50 ms
Gesamtverzögerungszeit
Strombegrenzender
Leistungsschalter
(MCCB)
SENTRON 3VL
Gebaut und geprüft nach
EN 60947 / IEC 60947 / DIN VDE 0660
und einsetzbar:
Auslösekennlinie
L
S
I
G
L
S
I
TM-Auslöser:
von 16 A bis 630 A
ETU-Auslöser:
von 63 A bis 1600 A
Für den Anlagenschutz bis 1600 A
Wahlweise einstellbare Überlastund Überstromauslöser:
Genaue Anpassung an die Schutzanforderungen
ETU-Auslöser:
von 63 A bis 500 A
Für den Motorschutz bis 500 A
Elektronische Überlastauslöser mit einstellbarer
Trägheitsklasse:
Wirksamer Schutz bei voller Auslastung des Motors
M-Auslöser:
von 63 A bis 500 A
L
I
L
I
Für Starterkombinationen bis 500 A
Unempfindlich gegen Einschaltspitzenströme:
kein Auslösen beim Direkteinschalten von Motoren
I
M-Auslöser:
Als Leistungstrennschalter bis 2000 A
von 100 A bis 1600 A mit eingebauten Überstromauslösern,
keine Vorsicherung erforderlich
Leistungsschalter
3RV1
0,16 bis 100 A
I
3RV1-Leistungsschalter für Motorschutz
mit Überlast- und Überstromschutz
L
I
I
L Überlastauslösung
S Kurzverzögerte Überstromauslösung
I Unverzögerte Überstromauslösung
G Erdschlussauslösung
Tabelle 3/8 Anwendungsbeispiele für moderne Siemens-Leistungsschalter und die hierfür charakteristischen Auslösekennlinien
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Totally Integrated Power by Siemens
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Netzschutz/Schutzkoordination
Bemessungskurzschluss-Einschaltvermögen Icm
Das Bemessungskurzschluss-Einschaltvermögen Icm ist der Kurzschlussstrom, den der Leistungsschalter bei Bemessungsbetriebsspannung +10%, Bemessungsfrequenz und festgelegtem Leistungsfaktor einschalten kann. Es wird
durch den maximalen Scheitelwert
des unbeeinflussten Kurzschlussstroms ausgedrückt und ist mindestens gleich dem Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn multipliziert mit dem Faktor n nach Tabelle
3/6.
Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn
Das Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn ist der Kurzschlussstrom, den der Leistungsschalter bei
Bemessungsbetriebsspannung +10%,
Bemessungsfrequenz und festgelegtem Leistungsfaktor cos ϕ ausschalten kann. Es wird durch den Effektivwert der Wechselstromkomponente
ausgedrückt.
Schaltleistungskategorie
In EN 60947 / IEC 60947 / DIN VDE
0660 und nach IEC 157-1 sind für
Leistungsschalter Schaltleistungskategorien festgelegt, die angeben,
wie oft ein Leistungsschalter seinen
Bemessungsstrom schalten kann und
in welchem Zustand sich der Schalter
nach dem angegebenen Schaltzyklus
befinden muss (Tabelle 3/7). Hiernach wird dem angegebenen Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn die Prüffolge O-t-CO-t-CO zugrunde gelegt. Zusätzlich kann noch
das Bemessungsbetriebsgrenzkurzschluss-Ausschaltvermögen Ics nach
der verkürzten Schaltfolge O-t-CO angegeben werden (Erklärung von O, t,
und C siehe Tabelle 3/7).
Bemessungsströme von Leistungsschaltern
Die Bemessungsbetriebsart, wie
Dauerbetrieb, Aussetzbetrieb oder
Kurzzeitbetrieb, ist maßgebend für
die Auswahl der Schaltgeräte nach
deren Bemessungsströmen.
Bemessungsbetriebsart, durch die
Gebrauchskategorie1), die Schaltstücklebensdauer und durch die
Schutzart bestimmt wird.
Nach dem thermischen Verhalten
werden folgende Bemessungsströme unterschieden:
Anwendungsbeispiele für
Leistungsschalter mit Schutz
In Tabelle 3/8 sind die wesentlichen
Anwendungsbeispiele und die hierfür charakteristischen Auslösekennlinien heutiger moderner SiemensLeistungsschalter zusammengefasst.
C Konventioneller thermischer
Bemessungsstrom Ith
C Bemessungsdauerstrom Iu
C Bemessungsbetriebsstrom Ie
Anwendungsbeispiele und
Auslösekennlinien
Konventioneller thermischer
Bemessungsstrom Ith
Bemessungsdauerstrom Iu
Der konventionelle thermische
Bemessungsstrom Ith oder Ithe für
Motorstarter im Gehäuse ist als
8-h-Strom entsprechend EN 60947-1,
-4-1, -3 / IEC 60947-1, -4-1, -3 /
DIN VDE 0660-100, -102, -107
definiert.
Er ist der maximale Strom, der in
dieser Zeit geführt werden kann,
ohne dass die Grenztemperatur überschritten wird. Der Bemessungsdauerstrom Iu kann entsprechend
unbegrenzt geführt werden.
Bei einstellbaren, stromabhängig verzögerten Auslösern und Relais ist der
höchste Einstellstrom der Bemessungsdauerstrom Iu.
Bemessungsstrom Ie
Bemessungsbetriebsstrom
Der Bemessungsbetriebsstrom Ie ist
der Strom, der durch die Einsatzbedingungen des Schaltgerätes, die
Bemessungsbetriebsspannung und
die Bemessungsfrequenz, das
Bemessungsschaltvermögen, die
1) Durch die Gebrauchskategorie werden
Verwendungszweck und Beanspruchung
der Schaltgeräte gekennzeichnet,
siehe Gerätestandards EN 60947 /
IEC 60947 / DIN VDE 0660.
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L
Leistungsschalter
Sicherung
Sicherung
I
L
Leistungsschalter
A
I
3.2.2 Schaltkombinationen
Schaltkombinationen
mit Sicherungen
Sicherung und Kompakt-Leistungsschalter
Ist an der Einbaustelle des Leistungsschalters ein Kurzschlussstrom Ik zu
erwarten, der das Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn des
Schalters übersteigt, müssen dem
Schalter Sicherungen vorgeschaltet
werden (Grafik 3/7).
Schutz und Wirkungsbereich
Jedem Gerät der Schaltkombination
ist ein bestimmter Schutz- und Wirkungsbereich zugeordnet. Überlastströme überwacht der L-Auslöser,
Kurzschlussströme bis etwa zum
Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen des Schalters erfasst der
I-Auslöser.
Der Leistungsschalter übernimmt
den Schutz gegen alle Überströme
bis zu seinem Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn und
gewährleistet allpoliges Ausschalten
und Wiedereinschaltbereitschaft.
Erst bei höheren Kurzschlussströmen
Ik übernehmen die Sicherungen die
Kurzschlussausschaltung. Dabei
schaltet der Leistungsschalter nahezu
gleichzeitig, ausgelöst durch den
Durchlassstrom ID der Sicherung,
über seinen I-Auslöser ebenfalls allpolig aus. Die Sicherung muss daher
so gewählt werden, dass ihr Durchlassstrom ID kleiner als das Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn des Leistungsschalters ist.
3/16
Unverzögerter
elektromagnetischer
Überstromauslöser
Icn Bemessungskurzschlussausschaltvermögen
A
Schaltkombinationen sind Reihenschaltungen verschiedener Schaltund Schutzgeräte mit Aufgabenteilung für den Schutz einer Netzkomponente, wobei das erste Gerät, in
Energierichtung gesehen, den Kurzschlussschutz übernimmt.
L Stromabhängig
verzögerter
Überlastauslöser
Ik
Icn
Ik Dauerkurzschlussstrom an der
Einbaustelle
Ik
A Kennlinienabstände
Es spricht an
Es schaltet
aus
Grafik 3/7
L-Auslöser
I
I -Auslöser Sicherung
Leistungsschalter
Sicherung
+ Schalter
Schaltkombination aus Sicherung und Leistungsschalter
Sicherung, Schütz und thermisch
stromabhängig verzögertes Überlastrelais
Das Schütz wird zum Ein- und Ausschalten des Motors verwendet. Den
Schutz gegen Überlastung des
Motors, der Motorzuleitung und des
Schützes übernimmt das Überlastrelais, den Kurzschlussschutz die
dem Schütz und Überlastrelais vorgeschaltete Sicherung. Hierbei müssen
die Schutzbereiche und Eigenschaften aller Komponenten (Grafik 3/8)
sorgfältig aufeinander abgestimmt
sein.
Typ a
Zerstörung und Austausch
von Teilen bis hin zum
ganzen Schaltgerät,
Typ b
Schaltstückverschweißen
und eine bleibende Änderung der Auslösekennwerte des Überlastrelais,
Typ c
Schaltstückverschweißen
und keine bleibende Änderung der Ansprechwerte
des Überlastrelais.
Die Schaltkombination Schütz und
Überlastrelais wird Motorstarter, bei
Direktanlauf eines Drehstrommotors
auch Direktstarter genannt.
Staffeldiagramm für einen Motorstarter
Im Staffeldiagramm Grafik 3/8 sind
die Schutzbereiche und die hierfür
wichtigen Eigenschaften der Geräte
einer Schaltkombination als Motorstarter eingetragen.
Bestimmungen für Schütze und
Motorstarter
Für Schütze und Motorstarter bis
1000 V zum direkten Einschalten
(unter voller Spannung) gelten die
Standards EN 60947-4-1 /
IEC 60947-4-1 / DIN VDE 0660-102.
Bei der Zuordnung von Kurzschlussstrom-Schutzeinrichtungen für Schaltkombinationen werden je nach zugelassenem Schädigungsgrad nach
EN 60947-4-1 / IEC 60947-4-1/
DIN VDE 0660-102 verschiedene
Arten des Schutzes unterschieden:1)
Totally Integrated Power by Siemens
Schutz- und Wirkungsbereiche der
Geräte
1) In EN 60947-4-1/IEC 60947-4-1/
DIN VDE 0660-102 wurde das Verhalten bei
Kurzschluss in folgender modifizierter Form
wieder eingeführt:
Koordination Typ „1“:
Die Zerstörung des Schützes und des Überlastrelais ist zulässig. Das Schütz und/oder
Überlastrelais sind, falls erforderlich, zu
ersetzen.
Koordination Typ „2“:
Am Überlastrelais dürfen keine Beschädigungen auftreten. Kontaktverschweißungen am
Schütz sind jedoch zulässig, wenn sie leicht
getrennt werden können oder wenn
das Schütz leicht ersetzt werden kann.
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Netzschutz/Schutzkoordination
Baugruppe mit
NH-Sicherung,
Schütz und
thermischem
Überlastrelais
(Motorstarter)
t
1
1 min
1 Auslösekennlinie des
stromabhängig verzögerten (thermischen)
Überlastrelais
2 Zerstörungskennlinie
des thermischen Überlastrelais
3 Bemessungsausschaltvermögen des
Schützes
2
B
A
3
4 (abhängig von
Strombegrenzung
durch Sicherung)
5
C
6
1 ms
I
4 Kennlinie des Schützes
für leicht aufbrechbares
Verschweißen der
Schaltstücke
5 Schmelzzeit-StromKennlinie der Sicherung,
Betriebsklasse aM
6 GesamtausschaltzeitKennlinie der Sicherung
aM
A, B, C
Grafik 3/8
Sicherungsabstände
bei einwandfreiem
Kurzschlussschutz
Schaltkombination bestehend aus Sicherung, Schütz und
thermisch stromabhängig verzögertem Überlastrelais
In dieser Schaltkombination müssen
die Sicherungen mehrere Bedingungen erfüllen:
C Die Zeit-Strom-Kennlinien von
Sicherungen und Überlastrelais
müssen das Hochlaufen des
Motors ermöglichen.
C Die Sicherungen müssen das
Überlastrelais vor Zerstörung durch
Ströme schützen, die etwa den
10fachen Relais-Bemessungsstrom
übersteigen.
C Die Sicherungen müssen das Ausschalten von Überströmen übernehmen, die das Schütz nicht mehr
beherrschen kann (Ströme über
dem etwa 10fachen Bemessungsbetriebsstrom Ie des Schützes).
C Die Sicherungen müssen das
Schütz im Kurzschlussfall so
schützen, dass keine Zerstörung
über die vorgenannten Schädigungsgrade hinaus auftreten kann.
Schütze müssen je nach Bemessungsbetriebsstrom Ie Motor-Einschaltströme von 8 –12 Ie ohne Verschweißen der Schaltstücke aushalten können.
Zur Erfüllung dieser Bedingungen
müssen im Staffeldiagramm folgende
Sicherheitsabstände A, B und C
zwischen bestimmten Kennlinien der
Geräte eingehalten werden:
Schutz des Überlastrelais
Zum Schutz des Überlastrelais muss
die Schmelzzeit-Strom-Kennlinie der
Sicherung (in diesem Beispiel wurde
eine NH-Schaltgeräteschutzsicherung
der Betriebsklasse aM, siehe nächsten Abschnitt „Auswahl der Sicherungen“, eingesetzt) im Abstand A
unterhalb des Schnittpunktes der
Auslösekennlinie des Überlastrelais
(1) mit dessen Zerstörungskennlinie
(2) verlaufen.
Schutz des Schützes
Zum Schutz des Schützes vor zu
hohem Ausschaltstrom muss die
Schmelzzeit-Strom-Kennlinie der
Sicherung ab dem Stromwert, der
dem Ausschaltvermögen des
Schützes (3) entspricht, im Abstand B
unterhalb der Auslösekennlinie des
Überlastrelais (1) verlaufen.
Zum Schutz des Schützes vor Schaltstückverschweißen lassen sich für
jedes Schütz Zeit-Strom-Kennlinien
angeben, bis zu denen Belastungsströme anstehen können, die entweder zu
C keinem Verschweißen oder
C leicht aufbrechbarem Verschweißen
(Kennlinie 4 in Grafik 3/8)
führen.
Die Sicherung muss daher in beiden
Fällen rechtzeitig ausschalten. Die
Gesamtausschaltzeit-Kennlinie der
Sicherung (6) muss im Abstand C
unterhalb der Kennlinie des Schützes
für leicht aufbrechbares Verschweißen
der Schaltstücke (4) verlaufen (Gesamtausschaltzeit = Summe aus
Schmelz- und Löschzeit).
Auswahl der Sicherungen
NH-Schaltgeräteschutzsicherungen
Sicherungen für Motorstarter werden
nach vorgenannten Kriterien ausgewählt.
NH-Schaltgeräteschutzsicherungen
der Betriebsklasse aM bieten gegenüber NH-Sicherungen der Betriebsklasse gL für den Kabel- und
Leitungsschutz den Vorteil des verschweißfreien Kurzschlussschutzes
bei voller Nutzung der von den
Schützen schaltbaren Motorleistung.
Durch ihre im Verhältnis zu den
Leitungsschutzsicherungen wirkungsvollere Strombegrenzung entlasten
sie sehr stark Schütze von hohen
Stoßkurzschlussströmen ip, denn
sie sind im oberen Kurzschlussbereich flinker, wie der Vergleich in
Grafik 3/9 zeigt.
Bei höheren Betriebsströmen mit
entsprechend geringer Dämpfung der
Kurzschlussströme werden daher bei
Relais-Einstellwerten > 80 A Schaltgeräteschutzsicherungen gegenüber
Leitungsschutzsicherungen bevorzugt eingesetzt.
Die Klassifikation der Sicherungen
nach Funktionsmerkmalen ist in
Tabelle 3/9 enthalten.
3/17
3
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Funktionsklasse
Bezeichnung
Betriebsklasse
BemessungsBemessungsBezeichnung
dauerstrom bis ausschaltstrom
Schutz von
Schmelzzeit [s]
104
t s 103
Gesamtbereichssicherungen
g
In
≥ Ia min
gL/gG
gR
gB
Kabeln und
Leitungen
Halbleitern
Bergbauanlagen
Teilbereichssicherungen
a
In
102
Betriebsklasse
gL
aM
101
100
10-1
≥ 4 In
≥ 2,7 In
aM
aR
Schaltgeräten
Halbleitern
10-2
8
10-3
Ia min kleinster Bemessungsausschaltstrom
4 10
2
103
104
I
Tabelle 3/9 Klassifikation der NH-Sicherungen nach Funktionsmerkmalen gemäß
EN 60269-1 / IEC 60269-1/ DIN VDE 0636-10
Klassifikation der NH-Sicherungen
mit Kennlinienvergleich zwischen
den Betriebsklassen gL und aM
NH-Sicherungen werden entsprechend ihrer Bauart nach Funktionsund Betriebsklassen unterschieden.
Sie können Ströme bis zu ihrem Bemessungsstrom dauernd führen.
Funktionsklasse g
(Ganzbereichssicherungen)
Die Funktionsklasse g kennzeichnet
Ganzbereichssicherungen, die
Ströme vom kleinsten Schmelzstrom
bis zum BemessungskurzschlussAusschaltstrom ausschalten können.
Betriebsklasse gL
Hierunter fallen die Sicherungen der
Betriebsklasse gL für den Kabel- und
Leitungsschutz.
Funktionsklasse a
(Teilbereichssicherungen)
Die Funktionsklasse a kennzeichnet
Teilbereichssicherungen, die Ströme
oberhalb eines bestimmten Vielfachen ihres Bemessungsstroms bis
zum Bemessungskurzschluss-Ausschaltstrom ausschalten können.
Betriebsklasse aM
Dieser Funktionsklasse sind die
Schaltgeräteschutzsicherungen der
Betriebsklasse aM zuzuordnen, deren
kleinster Ausschaltstrom beim etwa
3/18
vierfachen Bemessungsstrom liegt
und die daher allein dem Kurzschlussschutz dienen. Sicherungen der Funktionsklasse a dürfen deshalb nicht
über ihrem Bemessungsstrom betrieben werden. Ein Überlastschutz, z. B.
thermisch verzögertes Überlastrelais,
ist daher immer erforderlich.
Kennlinienvergleich der Betriebsklassen gL und aM
Die Schmelzzeit-Strom-Kennlinien der
NH-Sicherungen der Betriebsklasse
gL und aM für 200 A sind in Grafik 3/9
zum Vergleich dargestellt.
Schaltkombinationen ohne Sicherungen (sicherungslose Bauweise)
Back-up-Schutz (Leistungsschalter
in Kaskadenschaltung)
Liegen in einer Strombahn zwei
Leistungsschalter mit I-Auslösern
gleicher Bauart in Reihe, dann
schalten diese beim Fehler K nahe
dem Verteiler gleichzeitig aus
(Grafik 3/10, 3/11).
Der Kurzschlussstrom wird somit von
zwei hintereinander liegenden Löscheinrichtungen erfasst und wirkungsvoll gelöscht. Die Folge davon ist,
dass der nachgeordnete Leistungsschalter mit niedrigerem Bemessungsschaltvermögen auch an einer
Stelle eingesetzt werden kann, an
Totally Integrated Power by Siemens
Grafik 3/9
5
[A]
Vergleich der Schmelzzeit-StromKennlinien von NH-Sicherungen
der Betriebsklasse gL und aM,
Bemessungsstrom 200 A
der ein Kurzschlussstrom möglich ist,
der sein Bemessungsschaltvermögen
übersteigt.
Schutz- und Wirkungsbereich der
Schalter
Grafik 3/10 zeigt den Übersichtsplan
und Grafik 3/11 das Prinzip einer Kaskadenschaltung. Der Bemessungsstrom des vorgeordneten Leistungsschalters Q2 wird entsprechend
seinem Bemessungsbetriebsstrom
ausgewählt.
Der Leistungsschalter Q2 wird beispielsweise als Hauptschalter oder
als Gruppenschalter für mehrere Abzweige in Unterverteilern eingesetzt.
Der Ansprechstrom seines I-Auslösers wird sehr hoch, wenn möglich
bis zum Bemessungskurzschluss-
Leistungsschalter mit
I-Auslöser
Q2
und
Q1
Leistungsschalter mit
L I -Auslösern
K
Grafik 3/10 Übersichtsplan einer Back-upSchutz-Schaltung (Kaskadenschaltung) in einem Unterverteiler
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Netzschutz/Schutzkoordination
Ausschaltvermögen (Icn) der nachgeordneten Schalter eingestellt. Der
Abzweigschalter Q1 übernimmt den
Überlastschutz und schaltet auch
kleinere Kurzschlussströme, die bei
Körperschluss, Isolationsfehlern oder
Kurzschlüssen am Ende längerer Leitungen und Kabel auftreten, allein ab.
Nur bei hohen Kurzschlussströmen,
die bei einem satten Kurzschluss in
der Nähe des Abzweigschalters Q1
zu erwarten sind, schaltet der vorgeordnete Schalter Q2 mit ab (eingeschränkte Selektivität).
Leistungsschalter mit L- und
I-Auslösern sowie Schütz
Schutz- und Wirkungsbereich der
Geräte
Der Leistungsschalter übernimmt
den Überlast- und Kurzschlussschutz
auch des Schützes, das Schütz die
Schaltaufgaben (Grafik 3/12). Es
gelten auch hier die Bedingungen für
den Leistungsschalter, die im Rahmen
der Schaltkombination „Sicherung,
Schütz und Überlastrelais“ an die
Sicherung zu stellen sind (siehe Grafik
3/8).
Starterschutzschalter mit
I-Auslöser, Schütz und Überlastrelais (a)
Wiedereinschaltbereitschaft
Den Überlastschutz übernimmt das
Überlastrelais in Verbindung mit dem
Schütz, den Kurzschlussschutz der
Starterschutzschalter. Der Ansprechstrom seines I-Auslösers wird so
niedrig eingestellt, wie es der Einschaltvorgang zulässt, um auch
kleine Kurzschlussströme in die
schnelle Ausschaltung mit einzubeziehen (Grafik 3/13). Diese Schaltkombination bietet den Vorteil, dass
je nachdem, ob das Schütz durch das
Überlastrelais oder der Starterschutzschalter ausgeschaltet hat, festgestellt werden kann, ob Überlast oder
Kurzschluss vorlag. Der Starterschutzschalter bietet darüber hinaus
nach einer Kurzschlussauslösung den
Vorteil des dreipoligen Trennens und
der Wiedereinschaltbereitschaft.
ip
i
i D1
i D(1+2)
Die Schaltkombination mit dem
Starterschutzschalter gewinnt im
Rahmen sicherungsloser Steuerungen an Bedeutung.
t
Schaltkombinationen mit
Thermistor-Motorschutzgeräten
u
Die Grenzen des Überlastschutzes
durch Überlastrelais oder -auslöser
liegen dort, wo aus dem Motorstrom
nicht mehr auf die Wicklungstemperatur geschlossen werden kann. Das
ist der Fall bei
C
C
C
C
ue
u B(1+2)
u B1
t
hoher Schalthäufigkeit,
unregelmäßigem Aussetzbetrieb,
behinderter Kühlung und
erhöhter Umgebungstemperatur.
In diesen Fällen werden Schaltkombinationen mit Thermistor-Motorschutzgeräten eingesetzt. Je nach
Anlagenkonzept werden die Schaltkombinationen mit oder ohne Sicherungen aufgebaut.
Temperaturfühler in Motorwicklung
Der erreichbare Schutzumfang ist davon abhängig, ob der zu schützende
Motor „ständerkritisch“ oder „läuferkritisch“ ist. Ansprechtemperatur,
Koppelzeitkonstante und Lage der
Temperaturfühler in der Motorwicklung spielen dabei ebenfalls eine
wesentliche Rolle. Diese werden in
der Regel vom Motorhersteller festgelegt.
ip
Stoßkurzschlussstrom
(Scheitelwert)
iD1
Durchlassstrom des
Abzweigschalters Q1
iD (1+ 2) Tatsächlich auftretender
Durchlassstrom
(kleiner als iD1)
ue
Treibende Spannung
(Betriebsspannung)
uB (1+ 2) Summe der Lichtbogenspannungen des
vorgeordneten Schalters Q2
und des Abzweigschalters Q1
uB1
Lichtbogenspannung des
Abzweigschalters Q1
Grafik 3/11 Prinzip einer Back-up-SchutzSchaltung (Kaskadenschaltung)
3/19
3
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Leistungsschalter mit
li-Auslösern
t
t
Leistungsschalter
mit I-Auslöser
für Starterkombinationen
Schütz
Stromabhängig
verzögertes
Überlastrelais
mit L-Auslöser
L
Schütz
L
1
2
I
Einstellbereich
I
Icn
3
Icn
I
1 Bemessungsausschaltvermögen des Schützes
2 Bemessungseinschaltvermögen des Schützes
3 Kennlinie des Schützes
für leicht aufbrechbares
Verschweißen der Schaltstücke
L Kennlinie des stromabhängig verzögerten Überlastauslösers
I Kennlinie des unverzögerten elektromagnetischen
Überstromauslösers
Grafik 3/12 Schaltkombination aus Leistungsschalter und Schütz
b)
L-Auslöser
I-Auslöser
Es schaltet
aus
Schütz
Leistungsschalter
L Kennlinie des stromabhängig verzögerten
(thermischen) Überlastrelais
Icn BemessungskurzschlussAusschaltvermögen des
Leistungsschalters
a)
Es löst aus
I Kennlinie des einstellbaren
unverzögerten Überstromauslösers
Grafik 3/13 Schaltkombination aus Leistungsschalter mit einstellbarem
Überstromauslöser, Schütz und Überlastrelais
c)
Sicherung
d)
Sicherung
Leistungsschalter
mit L- und I-Auslösern
Schütz
Leistungsschalter
mit L- und I-Auslösern
Leistungsschalter
mit I-Auslösern
Schütz
Schütz
Überlastrelais
ThermistorMotorschutz
Überlastrelais
ThermistorMotorschutz
ThermistorMotorschutz
ThermistorMotorschutz
M
M
M
M
+ϑ
+ϑ
+ϑ
+ϑ
Grafik 3/14 Schaltkombination mit Thermistor-Motorschutzgerät und mit
zusätzlichem Überlastrelais oder -auslöser (Prinzipschaltplan)
„Ständerkritische“ Motoren
„Ständerkritische“ Motoren können
mit Thermistor-Motorschutzgeräten
und Überlastrelais ausreichend gegen
Überlastung und Übertemperatur
geschützt werden. Der Kurzschlussund Überlastschutz der Zuleitungen
ist entweder durch Sicherungen und
Leistungsschalter (Grafik 3/14a) oder
durch Sicherungen alleine (Grafik
3/14b) sicherzustellen.
3/20
I
„Läuferkritische“ Motoren
„Läuferkritische“ Motoren können
nur mit einem zusätzlichen Überlastrelais oder -auslöser auch bei Zuschalten mit festgebremstem Läufer
ausreichend geschützt werden. Das
Überlastrelais bzw. der -auslöser
übernimmt dabei auch den Überlastschutz der Leitungen (Grafik 3/14a, c
und d).
Totally Integrated Power by Siemens
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Netzschutz/Schutzkoordination
[kA] 100
2h
cos ϕ 2,25
cos ϕ 0,3
ip , i D
63 A i D
cos ϕ 0,5
13
10
iD
8
cos ϕ 0,7
t
ip
a, a´
100 A
a´
10 s
a
63 A
1
iD
b
10 ms
1
iD Durchlassströme
ip Stoßkurzschlussstrom
10
22
Kurzschlussstrom I k
100
[kA]
z. B. ist bei Ik = 10 kA:
iD Sicherung (100 A) 7,5 kA
iD Leistungsschalter 8 kA
Grafik 3/15 Strombegrenzung von Leistungsschalter (63 A) und
NH-Sicherungen (63 A bzw. 100 A)
3.2.3 Auswahl der Schutzgeräte
Kurzschlussschutz der Abzweige
Abzweige in Verteilern und Steuerungen können zum Kurzschlussschutz
mit Sicherungen oder sicherungslos
mit Leistungsschaltern ausgerüstet
werden. Bei der Auswahl der Schutzgeräte kann die Höhe der zu erwartenden Strombegrenzung, die bei
Sicherungen kleiner Bemessungsströme größer ist als bei bemessungsstromgleichen, strombegrenzenden
Leistungsschaltern, mitentscheidend
für die eine oder andere Lösung sein.
Vergleich der Schutzeigenschaften
von Sicherungen mit strombegrenzenden Leistungsschaltern
Beim Vergleich der Schutzeigenschaften zwischen Sicherungen und
Leistungsschaltern ist zu beachten:
C das Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen, das sehr unterschiedlich sein kann,
C die Höhe der Strombegrenzung, die
bei Sicherungen bis 400 A stets
größer ist als bei bemessungsstromgleichen strombegrenzenden
Leistungsschaltern,
1
2
3
A
3
B A
1 1,3 1,6Ir,(Ie)
1,05 1,2
1
2
b
Grenzstrombereich
Überlastbereich
Kurzschlussstrombereich
Prüfbereich für Sicherungsströme
Icn
Ik
I
100
[kA]
B Prüfbereich für Grenzauslöseströme des
Leistungsschalters
Icn BemessungskurzschlussAusschaltvermögen
Grafik 3/16 Kennlinien und Bemessungsschaltvermögen von
Sicherung (a) und Leistungsschalter (b) mit LI-Auslösern
C der Verlauf der Schmelzzeit-StromKennlinien bei Sicherungen und der
Auslösekennlinien bei Schaltern,
C Abschaltbedingungen nach HD
384.4.41/IEC 60 364-4-41/DIN VDE
0100-410, Abschnitt 6.1.3 „Schutzmaßnahmen im TN-System“
(siehe Kapitel 2 im Handbuch „Elektrische Installationstechnik“).
Vergleich der Strombegrenzung
Strombegrenzung bei NH-Sicherungen und Leistungsschaltern
Grafik 3/15 zeigt die strombegrenzende Wirkung eines Leistungsschalters, Bemessungsdauerstrom 63 A,
bei 400 V, 50 Hz im Vergleich mit den
NH-Sicherungen, Typ 3NA, Betriebsklasse gL, Bemessungsströme 63 A
und 100 A. Wegen der hohen Motoranlaufströme muss der Bemessungsstrom der Sicherung jedoch höher
liegen als der Bemessungsbetriebsstrom des Motors, d. h. für einen
30-kW-Motor ist mindestens ein
63-A-Leistungsschalter oder eine
100-A-Sicherung vorzusehen.
Vergleich der Auslösekennlinien
und des BemessungskurzschlussAusschaltvermögens zwischen
Sicherungen und bemessungsstromgleichen Leistungsschaltern
mit hohem Schaltvermögen
Auslösekennlinien und Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn
Im Zeit-Strom-Diagramm, Grafik 3/16,
sind beispielsweise die SchmelzzeitStrom-Kennlinie a des Sicherungseinsatzes 63 A, Betriebsklasse gL, und
die LI-Auslösekennlinie b eines
Leistungsschalters eingetragen. Der
Einstellstrom des stromabhängig verzögerten Überlastauslösers des
Leistungsschalters entspricht dem
Bemessungsstrom des Sicherungseinsatzes.
Grenzstrombereich (1)
Der Prüfbereich für Sicherungsströme (A) liegt z. B. zwischen dem
1,3- und 1,6fachen Bemessungsstrom,
der Prüfbereich für Grenzauslöseströme des Überlastauslösers (B)
dagegen zwischen dem 1,05- und
1,2fachen Einstellstrom. Mit dem einstellbaren Überlastauslöser kann sein
Einstellstrom und damit der Grenzauslösestrom der Dauerbelastbarkeit des
Schutzobjekts besser angepasst
werden als mit einer Sicherung,
deren Bemessungsstromabstufung
3/21
3
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demgegenüber nur eine grobe Anpassung ermöglicht. Der Grenzstrom
der Sicherung reicht für den Überlastschutz von Kabeln und Leitungen
aus, nicht jedoch für den Anlaufstrom
von Motoren. Hierfür müsste eine
Sicherungskennlinie a’ betrachtet
werden.
Überlastbereich (2)
Im Überlastbereich (2) verläuft die
Schmelzzeit-Strom-Kennlinie der
Sicherung steiler als die Auslösekennlinie des Überlastauslösers. Dies
ist für den Überlastschutz von Kabeln
und Leitungen erwünscht; für den
Überlastschutz von Motoren jedoch
ist die träge Auslösekennlinie b erforderlich.
Kurzschlussbereich (3)
Im Kurzschlussstrombereich (3) erfasst der unverzögerte Auslöser des
Leistungsschalters Kurzschlussströme ab seinem Ansprechwert
rascher als die Sicherung. Höhere
Ströme schaltet die Sicherung
schneller ab. Dementsprechend
begrenzt sie den Kurzschlussstrom
stärker als ein Schalter.
Extrem hohes Bemessungsschaltvermögen von NH-Sicherungen
Daraus ergibt sich für Sicherungen
das extrem hohe Bemessungsausschaltvermögen von über 100 kA bei
690 V Betriebswechselspannung.
Demgegenüber ist das Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn
von Leistungsschaltern von einer Anzahl von Faktoren abhängig, z. B. von
der Bemessungsbetriebsspannung
Ue und der Bauart.
Ein Vergleich der Schutzeigenschaften von Sicherungen und Leistungsschaltern sowie deren Schaltkombination ist in den Tabellen 3/10 und
3/11 zusammengestellt.
Auswahl von Leistungsschaltern
für Verteiler mit und ohne Sicherungen
Verteiler und Steuerungen kann man
mit Sicherungen oder ohne Sicherungen bauen.
Verteiler mit Sicherungen
Die übliche klassische Bauweise von
Verteilern mit Sicherungen (Tabelle
3/12) enthält Schaltkombinationen
von Leistungsschaltern und Sicherungen. Hierbei ist jeder Schutzeinrichtung ihre spezifische Aufgabe
zugeordnet.
Der Einspeiseschalter übernimmt den
Überlast- und den selektiven Kurzschlussschutz des Transformators und
Verteilers. Hierfür ist der SiemensLeistungsschalter SENTRON WL und
3VL geeignet.
3/22
Totally Integrated Power by Siemens
Die Schaltkombination aus Sicherung
und Leistungsschalter für den Anlagenschutz übernimmt den Überlastund Kurzschlussschutz der Leitung
zum Unterverteiler. Die Schaltkombinationen aus Sicherung und Schalter
für den Motorschutz sowie Sicherungen, Schütz und Überlastrelais übernehmen den Überlast- und Kurzschlussschutz der Motorzuleitung
und des Motors.
Verteiler ohne Sicherungen
(sicherungslose Bauweise)
Bei Verteilern ohne Sicherungen
(Tabelle 3/13) werden zum Kurzschlussschutz Leistungsschalter für
den Anlagenschutz und als Verbraucherschalter, Leistungsschalter für
den Motorschutz alleine oder für
Starterkombinationen zusammen mit
dem Schütz vorgesehen. Die Schutzbereiche der Schaltkombinationen
aus Leistungsschalter, Schütz und
Überlastrelais wurden in diesem
Kapitel bereits beschrieben.
Weitere technische Angaben sind den
Herstellerunterlagen zu entnehmen.
TIP_Kap03_D
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Netzschutz/Schutzkoordination
Eigenschaft
Sicherung
Bemessungsschaltvermögen bei
Wechselspannung
> 100 kA, 690 V f (Ir Ue Bauart1))
Strombegrenzung
f (Ir Ik)
f (Ir Ik Ue Bauart1))
Zusätzlicher Lichtbogenraum
keiner
f (Ir Ik Ue Bauart1))
Äußerlich erkennbare Aussage der
Funktionsfähigkeit
ja
nein
Betriebssicheres Betätigen
mit Aufwand2)
ja
Fernschalten
nein
ja
Selbsttätiges allpoliges Ausschalten
mit Aufwand3)
ja
Meldemöglichkeit
mit Aufwand4)
ja
Verriegelungsmöglichkeit
nein
ja
Wiedereinschaltbereitschaft nach
Überlastausschaltung
Kurzschlussausschaltung
nein
nein
ja
f (Zustand)
Betriebsunterbrechung
ja
f (Zustand)
Wartungsaufwand
nein
f (Schaltzahl und Zustand)
Selektivität
ohne Aufwand
mit Aufwand
Austauschbarkeit
ja5)
bei gleichem Fabrikat
Kurzschlussschutz
Leitung
Motor
sehr gut
sehr gut
gut
gut
Überlastschutz
Leitung
Motor
ausreichend
nicht möglich
gut
gut
1)
2)
Bauart kann sein: Löschprinzip, Kurzschlussfestigkeit durch Eigenwiderstand, konstruktive Gestaltung
z. B. mit Hilfe von berührungssicheren
Sicherungslasttrennschaltern mit
Schnelleinschaltung
3)
4)
5)
Leistungsschalter
Mit Hilfe der Sicherungsüberwachung und des zugeordneten
Leistungsschalters
Mit Hilfe der Sicherungsüberwachung
Da genormt
Tabelle 3/10 Vergleich der Schutzeigenschaften von Sicherung und Leistungsschalter
3/23
3
TIP_Kap03_D
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Schutzobjekte
und Schalthäufigkeit
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Schutzeinrichtungen mit Sicherungen
Sicherung
Leistungsschalter
Schütz
Überlastschutz
ThermistorMotorschutz
M
3~
M
3~
M
M
M
M
+ϑ
+ϑ
+ϑ
+ϑ
Überlastschutz
– Leitung
– Motor (ständerkritisch)
– Motor (läuferkritisch)
++
++1)
++1)
++
++
++
+
++
+
+
++
+
++
++
++
++
++
++
Kurzschlussschutz
– Leitung
– Motor
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
Schalthäufigkeit
–
++
–
++
–
++
Schutzobjekte
und Schalthäufigkeit
Schutzeinrichtungen ohne Sicherungen
–
Leistungsschalter
Schütz
Überlastschutz
ThermistorMotorschutz
M
3~
M
3~
M
M
+ϑ
+ϑ
M
3~
M
+ϑ
Überlastschutz
– Leitung
– Motor (ständerkritisch)
– Motor (läuferkritisch)
++
++1)
++1)
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++1)
++1)
+
++
++
Kurzschlussschutz
– Leitung
– Motor
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
Schalthäufigkeit
+
+
+
+
–
–
1)
Schutz mit geringer Einschränkung bei Ausfall eines Außenleiters
++ Sehr gut
+ Gut
– Gering
Tabelle 3/11 Vergleich der Schutzeigenschaften von Schaltkombinationen (Prinzipschaltpläne)
3/24
Totally Integrated Power by Siemens
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Seite 25
Netzschutz/Schutzkoordination
Nr. Art der
Leistungsschalter
Typ
BemessungskurzschlussAusschaltvermögen
Icn
Typ des Auslösers bzw. Relais
L
S
I
EinFest
EinFest
Einstell- einge- stell- einge- stellbar
stellt bar
stellt bar
Vorschaltsicherung
Auslösekennlinie
Icn
> 100 kA
↔
TIP_Kap03_D
≥ Ik1
×
–
Auslöser
↔ einstellbar
Einspeiseschalter
1
1
Leistungsschalter für
den Selektivschutz
3W
–
×
–
×
Icn
t
Ik1 I
Ik1
Verteilerschalter
2
2
Ik2
Sicherung
und
Leistungsschalter für
den Anlagenschutz
3NA
3VF
3VL
≥ Ik2
≤ Ik2
≤ Ik2
–
–
–
–
×
×
–
–
–
–
×
×
–
–
–
×
–
–
Icn
t
Ik2 I
Verbraucherschalter
4
3
3
Ik3
Ik3
4
M
3~
M
3~
Sicherung
und
Leistungsschalter für
den Motorschutz
3NA
3RV1
Sicherung
und
Direktstarter
3NA
3ND
3TW
≥ Ik3
≤ Ik3
–
×
–
–
–
–
–
×
–
–
×
–
Icn
t
Ik3 I
≥ Ik3
≥ Ik3
≤ Ik3
–
–
×
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
×
×
–
Icn
t
Ik3
Tabelle 3/12
I
Verteiler mit Sicherungen und Leistungsschaltern
3/25
3
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15:53 Uhr
Seite 26
Nr. Art der
Leistungsschalter
Typ
BemessungskurzschlussAusschaltvermögen
Icn
Typ des Auslösers bzw. Relais
L
S
I
EinFest
EinFest
Einstell- einge- stell- einge- stellbar
stellt bar
stellt bar
≥ Ik1
×
Auslösekennlinie
↔
TIP_Kap03_D
Auslöser
↔ einstellbar
Einspeiseschalter
1
1
Ik1
Leistungsschalter für
den Selektivschutz
3W
–
×
–
×
Icn
t
Ik1 I
Verteilerschalter
2
2
3
Ik2
Ik2
3
≥ Ik2
Leistungsschalter für
den Anlagenschutz
3VL
Leistungsschalter für
den Selektivschutz
SEN- ≥ Ik1
TRON
WL
–
×
–
×
–
Icn
t
Ik2 I
×
–
×
–
×
Icn
t
Ik2 I
Verbraucherschalter
4
5
4
5
Ik3
M
3~
Ik3
Leistungsschalter für
den Motorschutz
3RV1
Leistungsschalter
Direktstarter
3RA
3TW
≤ Ik3
–
–
×
–
Icn
t
Ik3
≥ Ik3
–
M
3~
Tabelle 3/13 Energieverteilung mit Leistungsschalter ohne Sicherungen
3/26
×
Totally Integrated Power by Siemens
–
×
–
–
–
–
–
–
×
–
I
Icn
t
Ik3
I
TIP_Kap03_D
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Netzschutz/Schutzkoordination
3.2.4 Leitungsschutzschalter
(LS-Schalter)
Aufgabe
Leitungsschutzschalter dienen in
erster Linie dem Schutz von Kabeln
und Leitungen gegen Überlast und
Kurzschluss. Damit übernehmen sie
den Schutz elektrischer Betriebsmittel gegen zu hohe Erwärmung
nach den relevanten Standards, z. B.
DIN VDE 0100-430.
1. Bedingung 2. Bedingung
Ib ≤ In ≤ I z
I2 ≤ 1,45 · Iz
Ib
Iz
In
1,45·Iz
I2
LS-Schalter finden ihren Einsatz in
allen Verteilungsnetzen, sowohl im
Zweckbau als auch in der Industrie.
Den vielfältigen Anforderungen der
unterschiedlichen Anwendungsgebiete
und -fälle werden sie durch verschiedene Ausführungen und mit Hilfe von
umfassendem Zubehör (z. B. Hilfsstrom- und Fehlersignalschalter,
Arbeitsstromauslöser usw.) gerecht.
I1
I2
Zulässiger Dauerbelastungsstrom für einen Leiter,
bei dem die Dauergrenztemperatur der Isolierung
nicht überschritten wird
1,45 ·Iz Maximal zulässiger, zeitlich
begrenzter Überlaststrom,
bei dem das kurzzeitig
auftretende Überschreiten
der Dauergrenztemperatur
noch nicht zur sicherheitsrelevanten Reduzierung der
Isolationseigenschaft führt
I3
In
Bemessungsstrom, d. h.
der Strom, für den der
Leitungsschutzschalter
bemessen ist und auf den
sich andere Bemessungsgrößen beziehen (Einstellwert)
I1
Kleiner Prüfstrom, d. h. der
Strom, der unter definierten
Bedingungen nicht zur
Abschaltung führt
I2
Großer Prüfstrom, d. h. der
Strom, der unter definierten
Bedingungen innerhalb einer
Stunde (In ≤ 63 A) abgeschaltet wird
I3
I3
Toleranzeingrenzung
I4
Haltestrom des unverzögerten elektromagnetischen
Überstromauslösers
(Kurzschlussauslöser)
I5
Auslösestrom des unverzögerten elektromagnetischen Überstromauslösers
(Kurzschlussauslöser)
I5
I4
Auslösecharakteristik
C Auslösecharakteristik A eignet sich
besonders für den Schutz von
Wandlern in Messkreisen, für
Stromkreise mit großen Leitungslängen und der Forderung nach
Iz
I
I
Für den jeweils vorliegenden Anwendungsfall, bezogen auf das im zu
schützenden Stromkreis angeschlossene Betriebsmittel, stehen vier Auslösecharakteristiken A, B, C und D
zur Verfügung.
Zu erwartender Betriebsstrom, d. h. durch den
Verbraucher bestimmter
Strom bei ungestörtem
Betrieb
Zeit t
Unter bestimmten Voraussetzungen
gewährleisten LS-Schalter im
TN-System auch den Schutz gegen
elektrischen Schlag bei zu hoher
Berührungsspannung durch Isolationsfehler, z. B. nach HD 384.4.41/
IEC 364-4-41/ DIN VDE 0100-410.
Einsatz
Ib
Grafik 3/17 Prinzipdarstellung der Bezugswerte von Leitungen und Schutzeinrichtung
C Abschalten innerhalb 0,4 s nach
HD 384.4.41 S2 / IEC 60364-4-41/
DIN VDE 0100-410.
C Auslösecharakteristik B ist die
Standardcharakteristik für Steckdosenstromkreise im Wohn- und
Zweckbau.
3/27
3
TIP_Kap03_D
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C Auslösecharakteristik C ist von Vorteil beim Einsatz von Betriebsmitteln mit höheren Einschaltströmen,
wie z. B. Lampen und Motoren.
C Auslösecharakteristik D ist angepasst an stark impulserzeugende
Betriebsmittel, wie Transformatoren, Magnetventile oder Kondensatoren.
Wirkungsweise
Leitungsschutzschalter sind Schutzschalter für Handbetätigung mit
Überstrom-Fernauslösung (thermischer Überstrom-Schnellauslöser).
Mehrpolige Geräte sind außen
mechanisch über die Griffe und
gleichzeitig innen über die Auslöser
gekoppelt.
Standards
Internationaler Basis-Standard ist
IEC 60898. Darauf beruhen die
Europa-Norm EN 60868 und der
nationale Standard DIN VDE 0641-11.
Die Baugrößen sind in DIN 43880
beschrieben. Für den Personenschutz sind die Abschaltbedingungen
nach den relevanten Standards, z. B.
HD 384.4.41 S2 / IEC 60364-4-41/
DIN VDE 0100-410, einzuhalten.
Ausführungen
LS-Schalter gibt es in den verschiedensten Ausführungen 1-polig, 2-polig, 3-polig und 4-polig sowie mit geschaltetem Neutralleiter 1-polig+N
und 3-polig+N. Gemäß der Vorzugsreihe nach IEC 60898 und nach
DIN 43880 sind den LS-Schaltern
folgende Bemessungsströme zugeordnet:
C Geräte mit Bautiefe 55 mm
0,3 A bis 63 A,
C Geräte mit Bautiefe 70 mm
0,3 A bis 125 A
Durch den Anbau eines FI-Blockes
an den LS-Schalter erhält man eine
FI/LS-Kombination, die als komplettes System sowohl Leitungsschutz
als auch Schutz gegen elektrisch
gezündete Brände sowie Personenschutz beim indirekten und direkten
Berühren bietet.
Hilfsstromschalter (HS) melden den
Schaltzustand des LS-Schalters und
geben Auskunft darüber, ob eine
Hand- oder automatische Ausschaltung vorgenommen wurde. Fehlersignalschalter (FS) zeigen die Ausschaltung des LS-Schalters durch
Überlast oder Kurzschluss an.
Arbeitsstromauslöser (AA) sind zur
Fernschaltung von LS-Schaltern
geeignet. Unterspannungsauslöser
(UA) schützen im Stromkreis liegende
Verbraucher gegen die Auswirkungen einer zu niedrigen Versorgungsspannung.
Nachträglich anbaubar sind je nach
Gerätebauart Hilfsstromschalter (HS),
Fehlersignalschalter (FS),
Arbeitsstromauslöser (AA),
Unterspannungsauslöser (UA) und
Fehlerstrom-SchutzeinrichtungsBlock (FI-Block).
3/28
Totally Integrated Power by Siemens
Durch Anschluss des HS und FS an
einen instabus® EIB®-Binäreingang
können die Signale auch in ein
instabus EIB-System eingelesen
werden. Mittels instabus EIB-Binärausgang kann über den Arbeitsstromauslöser (AA) der LS-Schalter
auch über instabus EIB fernausgelöst
werden.
Je nach Bauart haben Siemens-LSSchalter folgende weitere Merkmale:
C sehr gute Strombegrenzung und
Selektivität,
C beidseitig identische Klemmen
zum wahlweisen Einspeisen oben
oder unten,
C werkzeuglose Montage und
Demontage,
C schnelles und einfaches Lösen aus
dem Verbund möglich,
C Finger- und Handrückensicherheit
der Klemmen nach VDE 0106-100
(VBG4),
C Kombiklemmen zum gleichzeitigen
Anschließen von Sammelschienen
und Zuleitungen,
C Hauptschaltereigenschaften nach
EN 60204 / IEC 60204 / VDE 0113,
C separate Schaltstellungsanzeige.
LS-Schalter in Wechselstromausführung sind für alle Wechsel- und
Drehstromnetze bis zu einer Spannung 240 / 415 V und alle Gleichstromnetze bis 60 V (einpolig) und
120 V (zweipolig) geeignet.
Die Bemessungsspannung der
LS-Schalter beträgt AC 230 / 400 V.
LS-Schalter in Allstromausführung
sind auch für DC 220 V (einpolig) und
DC 440 V (zweipolig) einsetzbar.
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Netzschutz/Schutzkoordination
Bemessungsquerschnitt qn
mm2
1,5
2,5
4
6
10
16
25
35
Bemessungsstrom In des
LS-Schalters bei Schutz von
2 belasteten Leitern
3 belasteten Leitern
A
A
16
25
32
40
63
80
100
125
Iz (Leitung)
Zulässiger Dauerbelastungsstrom bei
2 belasteten Leitern
3 belasteten Leitern
A
A
16
20
32
40
50
63
80
100
19,5
26
35
46
63
85
112
138
17,5
24
32
41
57
76
96
1190
Tabelle 3/14 Zuordnung von Leitungsschutzschaltern zu Leiterquerschnitten
Beispiel: Stegleitung, mehradrige Leitung auf bzw. in der Wand, Verlegeart C1) bei 30 ºC Umgebungstemperatur
Verlegeart C nach DIN VDE 0298-4 sowie DIN VDE 0100-430, Beiblatt 1. Die Leitungen sind dabei so befestigt,
dass der Abstand zwischen ihnen und der Wandoberfläche kleiner als der 0,3fache Außendurchmesser der Leitungen ist.
Damit im Fehlerfall die Leiterisolierungen nicht beschädigt werden,
dürfen die Temperaturen bestimmte
Werte nicht überschreiten. Dies sind
für PVC-Isolierungen dauernd 70 °C
bzw. 160 °C für maximal 5 s (Kurzschlussfall).
Für den Überstromschutz der Leitungen haben die LS-Schalter üblicherweise zwei unabhängige Auslöser.
Im Überlastfall schaltet ein Bimetall
entsprechend der Stromstärke zeitverzögert ab. Ist jedoch ein bestimmter Schwellwert im Kurzschlussfall
überschritten, schaltet ein elektromagnetischer Überstromauslöser
sofort ohne Verzögerung ab. Der
Auslösebereich (Zeit-Strom-Grenzband) der LS-Schalter nach EN 60898 /
IEC 60898 / DIN VDE 0641-11 wird
über Kenngrößen I1 bis I5 (Grafik 3/18)
festgelegt. Die Kenngrößen Ib, Iz der
Leitung (siehe Grafik 3/17) stehen
dazu in Beziehung.
300
Zeit t
LS-Schalter
Auslösecharakteristiken B, C, D nach
EN 60898 / IEC 60898 / DIN VDE 0641-11
I1 I2
A1)
60
Minuten
1)
I1 (t > 1h)
I2 (t < 1h)
C
D
1)
Erfüllt die Anforderungen
von DIN VDE 0100-410
1.45 x In 1.45 x In 1.45 x In 1.45 x In
I4 (t > 0,1s) 2 x In
I5 (t < 0,1s) 3 x In
10
B
1.13 x In 1.13 x In 1.13 x In 1.13 x In
3 x In
5 x In
5 x In
10 x In 20 x In
10 x In
I3
1
10
5
Sekunden
TIP_Kap03_D
I3
1
0,4
A B
C
I5
0,1
I4
0,01
1
Abschaltbedingung nach
HD 384.4.41S2/
IEC 60364-4-41
DIN VDE 0100-410
I4
2
D
I5
I4
3 4
I5
I5
I4
6 8 10
20 30 40 60 80 100
x Bemessungsstrom In
Grafik 3/18 Zeit-Strom-Grenzbereiche von LS-Schaltern
3/29
3
TIP_Kap03_D
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Mit dem Erscheinen des Standards
IEC 60898 sind international neue
Charakteristiken B, C und D festgelegt worden. Diese wurden auch von
EN 60898 und DIN VDE 0641-11
übernommen.
Siemens-LS-Schalter stehen dem
Anwender mit den Auslösecharakteristiken B, C und D unter anderem
mit dem VDE-Zeichen auf Basis des
CCA-Verfahrens (CENELEC-Certification-Agreement) zur Verfügung.
Die neuen Auslösebedingungen der
LS-Schalter erleichtern die Zuordnung zu den Leiterquerschnitten. In
den relevanten Standards, z. B. DIN
VDE 0100-430, sind folgende Bedingungen aufgeführt:
In Grafik 3/19 sind alle Auslösecharakteristiken dargestellt. Aufgrund
der Lage der Auslösebänder nimmt
steigend von Kennlinie A nach D
C die Strompulsfestigkeit zu,
C die zulässige Leitungslänge für den
Personenschutz ab.
1. Bedingung
Ib ≤ In ≤ Iz (Bemessungsstromregel),
2. Bedingung
I2 ≤ 1,45 · Iz (Auslösestromregel).
Dadurch dass bei den neuen Kennlinien die zweite Bedingung durch
die Kennlinienfestlegung automatisch erfüllt ist (Iz = In gesetzt),
braucht der LS-Schalter nur noch
nach der vereinfachten Beziehung
In ≤ Iz ausgewählt zu werden.
Daraus folgend kann eine neue
Zuordnung zwischen Bemessungsströmen von LS-Schaltern und Leiterquerschnitten (Tabelle 3/14) angegeben werden, bezogen auf eine Umgebungstemperatur von 30 °C, wie
sie nach DIN VDE 0100 - 430, Beiblatt
1 als angemessen gilt, und in Abhängigkeit der Verlegart und -häufung.
Standard
Temperatureinfluss
Die Auslösekennlinien sind nach den
Standards bei einer Umgebungstemperatur von +30 °C definiert. Bei
höheren Temperaturen verschiebt
sich die thermische Auslösekennlinie
in Grafik 3/18 nach links und bei
tieferen Temperaturen nach rechts.
Das bedeutet, dass die Auslösung
schon bei niedrigeren Strömen
(höhere Temperatur) oder erst bei
höheren Strömen (niedrigere Temperatur) wirksam wird.
Dies ist besonders zu beachten in
heißen Räumen, bei Einbau in gekapselte Verteiler, in denen sich durch
die Stromwärmeverluste der eingebauten Geräte höhere Temperaturen
ergeben können, und bei im Freien
Bemessungsschaltvermögensklassen
EN 60898 / IEC 60898 /
DIN VDE 0641-11
1 500 A
3 000 A
4 500 A
6 000 A
10 000 A
15 000 A
20 000 A
25 000 A
Tabelle 3/15 Bemessungsschaltvermögensklassen bei Leitungsschutzschaltern
3/30
Totally Integrated Power by Siemens
stehenden Verteilern. LS-Schalter
können bei Temperaturen von – 25 °C
bis + 55 °C eingesetzt werden. Die
relative Luftfeuchtigkeit darf 95%
betragen.
Klimabeständigkeit
Siemens-Leitungsschutz-Schalter
sind nach IEC 68-2-30 klimabeständig. Sie wurden mit sechs Klimazyklen erfolgreich geprüft.
Schutzart
Da sie vorwiegend in Verteiler eingebaut werden, muss deren Schutzart
den Anforderungen der jeweiligen
Raumart entsprechen. LS-Schalter
außerhalb einer Kapselung erreichen
mit entsprechenden Klemmenabdeckungen die Schutzart IP30
nach EN 60529 / IEC 60529 /
DIN VDE 0470-1.
Alle LS-Schalter sind mit einer
Schnappbefestigung für die schnelle
Montage auf 45 mm breiten Hutschienen nach DIN EN 50022 ausgerüstet. Einige Ausführungen lassen zusätzlich das Aufschrauben auf
Montageplatten zu.
Montage
Darüber hinaus steht bei einigen
Reihen ein werkzeuglos handbetätigbares Schnellmontage- und -lösesystem zur Verfügung, welches
sogar das Lösen von einzelnen
LS-Schaltern aus dem verschienten
Verbund ermöglicht.
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Netzschutz/Schutzkoordination
[A2 s]
I2 t
Zulässiger Wert I 2 t der Leitung 1,5 mm2
Transformator
Diazed 50 A
1
2
3
Sicherung
B 16
LS-Schalter
104
Ik
[A]
i
i
Ieff
B 16
0
3
2
1
Sinus-Halbwelle
5
t
10
[ms]
103
10-1
3
6
100
3
6
Ik
101
[kA]
Grafik 3/19 Selektivität von LS-Schaltern der Energiebegrenzungsklassen 1 2 und 3 zu Vorsicherungen.
Kurve B16 gilt für Siemens-Schalter 16 A, Auslösecharakteristik B.
Bemessungsschaltvermögen
Energiebegrenzungsklassen
Ein wesentliches Leistungsmerkmal
der LS-Schalter ist neben der Kennlinientreue das Bemessungsschaltvermögen. Die Einteilung erfolgt
nach EN 60898 / IEC 60898 /
DIN VDE 0641-11 in Schaltvermögensklassen und gibt Auskunft darüber,
bis zu welcher Höhe Kurzschlussströme abgeschaltet werden können
(Tabelle 3/18). Siemens-LS-Schalter
bieten je nach Ausführung Bemessungsschaltvermögenswerte bis zu
25 000 A mit VDE-Approbation.
Als Aussage über die Selektivität zu
vorgeschalteten Sicherungen werden
LS-Schalter der Charakteristiken B
und C bis 40 A entsprechend dem
Grad ihrer Strombegrenzung in drei
Energiebegrenzungsklassen eingeteilt.
Die zulässigen Durchlass-I 2t-Werte
sind den Standards EN 60898 /
IEC 60898 / DIN VDE 0641-11 zu entnehmen.
Laut den Technischen Anschlussbedingungen (TAB) der deutschen
Energieversorgungsunternehmen
(EVU) dürfen in Haushalts- und
Zweckbauverteilern nach dem Zähler
aus Selektivitätsgründen nur
LS-Schalter mit einem Bemessungsschaltvermögen von mindestens
6 000 A und der Energiebegrenzungsklasse 3 eingesetzt werden.
Die Geräte müssen die Aufschrift
6000
3 tragen.
Selektivität
Selektivität bedeutet, dass im
Fehlerfall nur das Schutzorgan abschaltet, welches dem Fehlerort im
Verlauf des Strompfades am nächsten liegt. Damit kann in parallel
liegenden Stromkreisen der Energiefluss aufrechterhalten werden. In
Grafik 3/19 ist der Stromverlauf einer
Abschaltung in Bezug auf die Energiebegrenzungsklassen schematisch
3/31
3
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dargestellt. Der Siemens-LS-Schalter
B16 begrenzt die Energie auf wesentlich niedrigere Werte als für die
Energiebegrenzungsklasse 3 vorgeschrieben.
Grafik 3/19 zeigt die Selektivitätsgrenzen von LS-Schaltern mit verschiedenen Energiebegrenzungsklassen durch den Schnittpunkt der
LS-Abschaltkennlinie mit der
Schmelzkennlinie der Sicherung.
Auch wirkt sich die sehr wirksame
Energiebegrenzung des LS-Schalters
auf die hohe Selektivität zur vorgeschalteten Sicherung aus.
Kurve B16 gilt für Siemens-Schalter
16 A, Auslösecharakteristik B.
Back-up-Schutz
Übersteigt der Kurzschlussstrom an
der Einbaustelle des LS-Schalters
dessen Bemessungsschaltvermögen,
muss ihm ein weiteres Kurzschlussschutzorgan vorgeschaltet werden.
Ohne die Funktionsfähigkeit des LSSchalters in solchen Fällen zu beeinträchtigen, wird das Schaltvermögen
der Kombination bis zu 50 kA erhöht.
Obwohl die Leistungsschalter ein
hohes eigenes Bemessungsausschaltvermögen besitzen, schalten sie im
Bereich des Grenzschaltvermögens
der LS-Schalter (6 kA/10 kA) noch
nicht genügend strombegrenzend, sodass sie wenig Unterstützung bieten
können. So sind die Leitungsschutzschalter der Bemessungsströme 6 bis
32 A durch vorgeschaltete Leistungsschalter (Typ 3VF1 bis 3VF6 und
SENTRON WL 1 / S E N T R O N W L 5)
nur bis zum definierten Bemessungsschaltvermögen des LS-Schalters
geschützt (Back-up-Schutz).
Eine weitergehende Beschreibung
erfolgt in Kap. 6.1.2.
Weitere Produktinformationen über
Siemens-LS-Schalter enthält der
Siemens-Katalog „BETA Installationseinbaugeräte“,
Bestell-Nr. E86060-K8220-A101-A6
In einigen Ländern werden zunehmend anstelle von NH-Sicherungen
Leistungsschalter vorgeschaltet,
wobei je nach Typ das gemeinsame
Schaltvermögen stark reduziert wird.
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Totally Integrated Power by Siemens
TIP_Kap03_D
11.05.2005
15:53 Uhr
Seite 33
Netzschutz/Schutzkoordination
3.3 Selektivität in
Niederspannungsnetzen
Selektivität und Selektivitätsarten
Bei zwei in Reihe geschalteten
Schutzgeräten besteht volle Selektivität, wenn im Fehlerfall nur das
unmittelbar vor dem Fehlerfall
befindliche Schutzgerät abschaltet.
Selektivitätsarten/Selektivitätsgrenze
Zwei Arten von Selektivität werden
unterschieden:
C Teilselektivität lt. IEC 60947-2,
2.17.2: Überstromselektivität von
zwei Überstromschutzeinrichtungen in Reihe, wobei bis zu einem
gegebenen Überstromwert die
Schutzeinrichtung auf der Lastseite
den Schutz übernimmt, ohne dass
die andere Schutzeinrichtung wirksam wird.
C Volle Selektivität lt. IEC 60947-2,
2.17.2: Überstromselektivität von
zwei Überstromschutzeinrichtungen in Reihe, wobei die Schutzeinrichtung auf der Lastseite den
Schutz übernimmt, ohne dass die
andere Schutzeinrichtung wirksam
wird.
Selektivitätsarten
C Stromselektivität
Selektives Abschalten durch Staffelung der unverzögerten Kurzschlussschnellauslöser Ii. Leistungsschalter mit li-Charakteristik.
C Zeitselektivität
Staffelung der einstellbaren Auslösezeiten (tsd im S-Teil) der Kurzschlussauslöser. Dies gilt für Standard- als auch für optionale Kennlininen. Leistungsschalter mit
LSI-Charakteristik. Einsatz häufig in
Hauptverteilungen und Übergängen
mit Geräten unterschiedlicher Hersteller notwendig.
C Dynamische / Energie-Selektivität:
Selektivität basierend auf der Betrachtung der Durchlassenergie des
nachgeordneten Gerätes und Auslöseenergie des vorgeordneten Schutzorgans.
Selektivitätsbestimmung
Nach IEC 60947-2, Anhang A ist die
Bestimmung bzw. der Nachweis der
gewünschten Selektivitätsart in zwei
Zeitbereiche aufgeteilt.
Zeitbereich > 100 ms:
Der Zeitbereich > 100 ms kann durch
Kennlininenvergleich im L- bzw- S-Bereich erfolgen. Unter Beachtung der
Toleranzen, erforderlichen Schutzeinstellungen, Darstellung im gleichen
Maßstab, etc.
Zeitbereich < 100 ms:
Nach Bild A.2 in der Norm ist die Selektivität in diesem Bereich durch
Prüfung nachzuweisen. Da der Aufwand (Zeit und Kosten) sehr hoch ist,
unterschiedliche Geräte in Energieverteilungen einzusetzen, sind die
Selektivitätsgrenzwerte meist nur
von namhaften Geräteherstellern verfügbar. Daher werden in der Praxis
häufig die jeweiligen Durchlassströme mit den Ansprechströmen
bzw. die Durchlassenergien der
Schutzgeräte verglichen. Dies setzt
natürlich voraus, das die Werte der
Gerätehersteller vorliegen und entsprechend exakt betrachtet werden.
Alle Kennlinien – wenn nicht bereits
vom Hersteller vorgegeben – müssen
für eine sichere Selektivitätsbestimmung mit einem Streubereich versehen werden. Bei Schaltgeräten
sind nach EN 60947-2 / IEC 60947-2 /
DIN VDE 0660-101 für den unverzögerten Überstromauslöser ± 20%
Streuung zu berücksichtigen. Für den
elektromechanischen Überlastauslöser sind die teilweise erheblich
reduzierten Ansprechzeiten bei betriebswarmem Zustand in Rechnung
zu stellen.
Selektivitätsgrenzwertbestimmung
Grundsätzlich können alle Selektivitätsgrenzwerte zwischen zwei
Schutzgeräten durch Messungen
bzw. Tests ermittelt werden.
Insbesondere bei der Beurteilung im
Kurzschlussfall sind solche Messungen aufgrund der schnellen Schaltvorgänge bei der Verwendung strombegrenzender Schutzgeräte nahezu
unumgänglich.
Diese Messungen können jedoch
einen beträchtlichen Aufwand verursachen, weshalb viele Hersteller
entsprechende Selektivitätstabellen
ihrer Schaltgeräte veröffentlichen
(siehe Tabelle 3/16). Bei Benutzung
von SIMARIS design werden alle
Kriterien automatisch berücksichtigt.
Kennlinienvergleich
Für den Kennlinienvergleich stehen
drei Diagrammarten zur Verfügung:
C Zeit-Strom-Diagramm
C Durchlasstrom-Diagramm
C Durchlassenergie-Diagramm
Traditionell werden wegen der
Betrachtung über mehrere Größenordnungen hinweg die Kennlinien
und deren Vergleich üblicherweise
auf doppelt logarithmischem Papier
durchgeführt.
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Vorgeordnete Leistungsschalter
Anlagenschutz
Charakteristik In
li
Typ
3VL3
TM
TM 160-200
3VL4
TM
200-250
160-200
200-250
250-315
A
1000-2000 1200-2500 1000-2000 1250-2500 1575-3150
Icn
40-100
40-100
45-100
45-100
45-100
Nachgeordnete Leitungsschutzschalter
[A]
[A]
kA
Selektivitätsgrenzen (kA)
Art
5SY4
Charakteristik
LI
6
10
13
16
20
25
32
40
50
63
B
B
B
B
B
B
B
B
B
B
10
10
10
10
10
10
10
10
10
10
T
T
T
T
9,2
8,6
7,5
7,7
6,7
6,2
T
T
T
T
T
T
T
T
T
9,0
T
T
T
T
9,1
8,6
7,6
7,6
6,6
6,2
T
T
T
T
8,8
8,0
6,4
6,4
6,4
6,1
T
T
T
T
T
T
T
T
T
8,0
6
10
13
16
20
25
32
40
50
63
C
C
C
C
C
C
C
C
C
C
10
10
10
10
10
10
10
10
10
10
T
T
T
T
8,6
8,5
8,5
7,5
6,6
6,2
T
T
T
T
T
T
T
T
9,7
8,7
T
T
T
T
8,5
8,5
8,5
7,6
6,5
6,1
T
T
T
T
7,1
8,1
7,8
6,9
6,5
6,1
T
T
T
T
T
T
T
T
T
8.0
6
10
13
16
20
25
32
40
50
63
B
B
B
B
B
B
B
B
B
B
15
15
15
15
15
15
15
15
15
15
T
T
T
T
9,2
8,6
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7,7
6,7
6,2
T
T
T
T
T
T
14,3
11,1
11,1
9,0
T
T
T
T
9,1
8,6
7,6
7,6
6,6
6,2
T
T
12,9
11,5
8,8
8,0
6,4
6,4
6,4
6,1
T
T
T
T
T
T
12,4
11,8
10,7
8,0
6
10
13
16
20
25
32
40
50
63
C
C
C
C
C
C
C
C
C
C
15
15
15
15
15
15
15
15
15
15
T
T
T
T
8,5
8,5
8,5
7,5
6,6
6,2
T
T
T
T
T
14,7
14,7
13,0
9,7
8,7
T
T
T
T
8,5
8,5
8,5
7,6
6,5
6,1
T
14,3
11,1
11,1
7,1
8,1
7,8
6,9
6,5
6,1
T
T
T
T
T
13,7
13,4
12,0
10,2
8,0
Charakteristik
LI
Typ
5SY7
Charakteristik
LI
Charakteristik
LI
Tabelle 3/16 Bemessungskurzschlussausschaltvermögen Icn nach IEC 60898
Bemessungsgrenzkurzschlussausschaltvermögen Icu nach IEC 60947-2
3/34
Totally Integrated Power by Siemens
TIP_Kap03_D
11.05.2005
15:53 Uhr
Seite 35
Netzschutz/Schutzkoordination
3VL5
TM
15
315-400
250-315
315-400
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3VL5
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3VL6
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3VL8
ETU 10/20
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50-100
50-100
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T
T
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14,6
T
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T
T
13,8
13,0
T
T
T
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14,2
13,3
T
T
T
T
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13,4
T
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14,2
12,0
T
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14,6
12,3
T
T
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T
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T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T = volle Selektivität bis
zum Icn = Bemessungskurzschlussausschaltvermögen des kleineren
Schutzgerätes
M = magnetischer Auslöser
TM = thermomagnetischer
Auslöser
ETU = elektronische
Auslöseeinheit
3/35
3
TIP_Kap03_D
11.05.2005
15:53 Uhr
Seite 36
Nachgeordnete Leitungsschutzschalter
Vorgeordnete Leistungsschalter
Anlagenschutz
3WL1
ETU25/27
Art
Serie
Charakteristik
IR
li
Icn
MCCB
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1280-3200
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50000
50000
50000
50000
55-100
80-100
100
100
100
[A]
[A]
[kA]
3VL1 Line Pro LI
TM
16
20
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125
160
300
300
300
300
600
600
600
1000
1000
1000
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40-70
40-70
40-70
40-70
40-70
40-70
40-70
40-70
40-70
40-70
T
T
T
T
T
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T
T
T
T
3VL2 Line Pro LI
TM
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50-63
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100-125
125-160
25-63
40-100
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300-600
400-800
500-1000
625-1250
800-1600
80-693
125-1100
200-1760
40-100
40-100
40-100
40-100
40-100
40-100
40-100
40-100
40-100
T
T
T
T
T
T
T
T
T
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T
T
T
T
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T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
3VL2 Line Pro LI
TM
ETU
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200-250
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1000-2000
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312-2750
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40-100
40-100
40-100
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
3VL4 Line Protect
TM
160-200
200-250
250-315
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126-315
160-400
1000-2000
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1575-3150
2000-4000
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45-100
45-100
45-100
45-100
45-100
T
T
T
T
T
T
T
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T
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T
T
T
T
T
T
T
T
ETU
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45-100
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45-100
45-100
T
T
T
T
T
T
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T
T
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T
T
T
T
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T
T
T
T
T
T
T
T
3VL6 Line Pro LI
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1000-6400
50-100
T
T
T
T
T
3VL7 Line Pro LI
ETU
400-1000
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1250-11000
1562-12500
50-100
50-100
41,4
41,4
41,4
41,4
41,4
41,4
41,4
41,4
41,4
41,4
3VL8 Line Pro LI
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2000-14400
50-100
41,4
41,4
41,4
41,4
41,4
ETU
ETU
3VL5 Line Protect LI
TM
Tabelle 3/16 Bemessungskurzschlussausschaltvermögen Icn nach IEC 60898
Bemessungsgrenzkurzschlussausschaltvermögen Icu nach IEC 60947-2
3/36
Totally Integrated Power by Siemens
TIP_Kap03_D
11.05.2005
15:53 Uhr
Seite 37
3LW1-3B
ETU45B
00
252-630
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500-1250
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100
100
100
55-100
55-100
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100
100
T
T
T
T
T
T
T
T
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T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T = volle Selektivität bis
zum Icn = Bemessungskurzschlussausschaltvermögen des kleineren
Schutzgerätes
T
T
T
T
T
T
T
T
T
M = magnetischer Auslöser
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
TM = thermomagnetischer
Auslöser
ETU = elektronische
Auslöseeinheit
3/37
3
TIP_Kap03_D
11.05.2005
15:53 Uhr
Seite 38
Nachgeordnete Leitungsschutzschalter
Vorgeordnete Leistungsschalter
Anlagenschutz
3VL1
TM
Art
Serie
Charakteristik
IR
li
16
20
25
32
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50
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[A]
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300
300
300
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600
10
Icn
40-70
40-70
40-70
40-70
40-70
40-70
40-70
40
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[A]
[A]
[kA]
Selektivitätsgrenzen [kA]
3RV1.1
LI
0.70-1.00
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7-10
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12
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38
48
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144
100
100
100
100
100
100
100
100
100
50
50
50
T
T
T
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1,0
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0,6
0,5
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T
T
T
2,5
1,0
0,8
0,6
0,6
0,5
0,5
0,5
0,5
T
T
T
2,5
1,0
0,8
0,6
0,6
0,5
0,5
0,5
0,5
T
T
T
2,5
1,0
0,8
0,6
0,6
0,5
0,5
0,5
0,5
T
T
T
T
T
2,5
1,2
1,2
1,0
1,0
0,8
0,8
T
T
T
T
T
2,5
1,2
1,2
1,0
1,0
0,8
0,8
T
T
T
T
T
2,5
1,2
1,2
1,0
1,0
0,8
0,8
T
T
T
T
T
T
8,
3,
2,
1,
1,
1,
3RV1.2
LI
0.70-1.00
0.90-1.25
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1.40-2.00
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7-10
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14-20
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19
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48
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150
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100
100
100
100
100
100
100
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100
100
100
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50
50
50
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T
T
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0,6
0,6
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T
T
T
5,0
2,0
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T
T
T
T
T
5,0
2,0
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0,6
0,6
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T
T
T
T
T
5,0
2,0
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0,6
0,6
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T
T
T
T
T
T
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0,8
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T
T
T
T
T
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0,8
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T
T
T
T
T
T
20,0
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0,8
T
T
T
T
T
T
T
T
20
15
5,
4,
3,
2,
1,
1,
3RV1.3
LI
11-16
14-20
18-25
22-32
28-40
36-45
40-50
192
240
300
384
480
540
600
50
50
50
50
50
50
50
0,5
0,5
0,4
0,5
0,4
0,4
1,2
1,0
0,8
0,6
1,2
1,0
0,8
0,6
1,2
1,0
0,8
0,6
3,
2,
1,
1,
1,
1,
3RV1.4
LI
11-16
14-20
18-25
22-32
28-40
36-50
45-63
57-75
70-90
80-100
192
240
300
384
480
600
756
900
1080
1140
100
100
100
100
50-100
50-100
50-100
50-100
50-100
50-100
0,5
0,5
0,4
0,5
0,4
0,4
1,2
1,0
0,8
0,8
1,2
1,0
0,8
0,8
1,2
1,0
0,8
0,8
2,
2,
1,
1,
0,
0,
Tabelle 3/16 Bemessungskurzschlussausschaltvermögen Icn nach IEC 60898
Bemessungsgrenzkurzschlussausschaltvermögen Icu nach IEC 60947-2
3/38
Totally Integrated Power by Siemens
TIP_Kap03_D
11.05.2005
15:53 Uhr
Seite 39
Trenner
3VL1
M
Anlagenschutz
3VL2
TM
80
100
125
160
100
160
40-50
50-63
63-80
80-100
1000
1000
1000
1500
1800
1800
300-600
300-600
400-800
500-1000 625-1250 800-1600
40-70
40-70
40-70
40-70
40-100
40-100
40-100
40-100
40-100
40-100
T
T
T
T
T
T
8,0
3,0
2,5
1,5
1,5
1,2
T
T
T
T
T
T
8,0
3,0
2,5
1,5
1,5
1,2
T
T
T
T
T
T
8,0
3,0
2,5
1,5
1,5
1,2
T
T
T
T
T
T
T
T
8,0
3,0
3,0
2,5
T
T
T
T
T
T
T
T
30
6
4
4
T
T
T
T
T
T
T
T
30,0
6,0
4,0
4,0
T
T
T
T
4,0
1,5
1,0
1,0
0,8
0,8
0,6
0,6
T
T
T
T
4,0
1,5
1,0
1,0
0,8
0,8
0,6
0,6
T
T
T
T
T
4,0
1,5
1,2
1,2
1,0
1,0
0,8
T
T
T
T
T
30,0
2,5
1,5
1,5
1,2
1,2
1,2
T
T
T
T
T
T
5,0
2,5
2,0
1,5
1,5
1,2
T
T
T
T
T
T
T
5,0
4,0
2,0
2,0
1,5
T
T
T
T
T
T
T
T
20,0
15,0
5,0
4,0
3,0
2,0
1,5
1,5
T
T
T
T
T
T
T
T
20,0
15,0
5,0
4,0
3,0
2,0
1,5
1,5
T
T
T
T
T
T
T
T
20,0
15,0
5,0
4,0
3,0
2,0
1,5
1,5
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
10,0
8,0
5,0
4,0
3,0
3,0
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
30,0
12,0
8,0
6,0
5,0
4,0
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
30,0
12,0
8,0
6,0
5,0
4,0
T
T
T
T
T
20,0
8,0
2,5
1,5
1,2
1,2
1,0
0,8
0,6
0,6
T
T
T
T
T
20,0
8,0
2,5
1,5
1,2
1,2
1,0
0,8
0,6
0,6
T
T
T
T
T
T
T
20,0
6,0
4,0
2,0
1,5
1,2
1,0
0,8
0,8
T
T
T
T
T
T
T
20,0
6,0
4,0
2,5
2,0
1,5
1,2
1,2
1,0
T
T
T
T
T
T
T
T
40,0
25,0
5,0
3,0
2,5
2,0
1,5
1,5
T
T
T
T
T
T
T
T
40-50
30,0
5,0
5,0
4,0
2,5
2,0
1,5
3,0
2,0
1,5
1,2
1,2
1,0
3,0
2,0
1,5
1,2
1,2
1,0
3,0
2,0
1,5
1,2
1,2
1,0
6,0
4,0
3,0
2,5
2,0
2,0
2,0
10,0
6,0
4,0
3,0
3,0
2,5
2,5
10,0
6,0
4,0
3,0
3,0
2,5
2,5
0,8
0,8
0,6
0,8
0,8
0,6
1,2
1,0
0,8
0,8
0,6
0,6
1,5
1,2
1,2
1,0
0,6
0,6
3,0
2,0
1,5
1,2
0,6
0,6
4,0
2,5
2,0
1,5
0,6
0,6
0,6
2,5
2,0
1,5
1,2
0,6
0,6
2,5
2,0
1,5
1,2
0,6
0,6
2,5
2,0
1,5
1,2
0,6
0,6
5,0
3,0
3,0
2,0
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
8,0
5,0
4,0
3,0
2,0
2,0
2,0
2,0
8,0
5,0
4,0
3,0
2,0
2,0
2,0
2,0
2,0
2,0
0,8
0,6
0,6
0,6
1,2
1,0
0,8
0,8
0,6
0,6
1,5
1,2
1,2
1,0
0,6
0,6
2,5
1,5
1,5
1,2
0,6
0,6
3,0
2,0
2,0
1,2
0,6
0,6
0,8
0,6
0,6
0,6
100-125
125-160
T = volle Selektivität bis
zum Icn = Bemessungskurzschlussausschaltvermögen des kleineren
Schutzgerätes
M = magnetischer Auslöser
TM = thermomagnetischer
Auslöser
ETU = elektronische
Auslöseeinheit
3/39
3
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15:53 Uhr
Seite 40
[s]
ts
100 A
Gr. 00
200 A
(160 A)
200 A
Gr. 1
Ik =1300 A
1,4
3.3.1 Selektivität in
Strahlennetzen
50 A
50 A
100 A
Ik =1300 A
Selektivität in Reihe liegender
Sicherungen
Die Einspeiseleitung und die von der
Sammelschiene eines Verteilers abgehenden Abzweige führen unterschiedliche Betriebsströme und
haben daher auch verschiedene
Querschnitte. Sie werden somit
üblicherweise mit Sicherungen unterschiedlicher Bemessungsströme
geschützt, welche aufgrund ihres
unterschiedlichen Ansprechverhaltens eine Selektivität ermöglichen.
Selektivität in Reihe liegender
Sicherungen gleicher Betriebsklasse
Die Selektivität bei Verwendung von
Sicherungen gleicher Betriebsklasse
– z. B. gL bzw. gG – ist grundsätzlich
über den gesamten Überstrombereich bis zum Bemessungsschaltvermögen gewährleistet (absolute
Selektivität), wenn sich die Bemessungsströme um den Faktor 1,6 oder
mehr unterscheiden (Grafik 3/20). Bei
hohen Kurzschlussströmen sollten
die Stromwärmewerte (I2t-Werte)
verglichen werden. Im dargestellten
Beispiel wäre auch eine 160-A-NHSicherung zu einer 100-A-NH-Sicherung absolut selektiv.
K1
101
a) Selektives Heraustrennen
der Kurzschlussstelle K1
102
103
1,3
104
I
[A]
b) Schmelzzeiten bei Ik =1300 A
Grafik 3/20 Selektivität in Reihe liegender NH-Sicherungen
gleicher Betriebsklasse (Beispiel)
Selektivität in Reihe liegender
Leistungsschalter
Selektivität durch Staffelung der
Ansprechströme der unverzögerten Überstromauslöser (Stromstaffelung)
Eine Selektivität kann durch Staffelung der Ansprechströme der unverzögerten Überstromauslöser (I-Auslöser) erreicht werden (Grafik 3/21).
Voraussetzung hierfür ist:
Stromstaffelung bei verschieden
hohen Kurzschlussströmen
Die Kurzschlussströme sind bei
einem Kurzschluss an den jeweiligen
Einbaustellen der Leistungsschalter
ausreichend unterschiedlich.
Stromstaffelung bei unterschiedlich eingestellten I-Auslösern
Die Bemessungsströme und damit
die I-Auslöser-Werte des vor- und
nachgeordneten Leistungsschalters
unterscheiden sich entsprechend.
5-Sekunden-Abschalt- und
Leitungsschutzbedingungen
Unter Berücksichtigung der 5-Sekunden-Abschaltbedingung nach
HD 384.4.41 / IEC 60364-4-41 /
DIN VDE 0100-410 oder der 5-Sekunden-Leitungsschutzbedingung nach
DIN VDE 0100-430 (wenn der
Leitungsschutz nicht anders sicher-
3/40
1,37 s
0,03
Totally Integrated Power by Siemens
gestellt werden kann) ist es im Allgemeinen erforderlich, die I-AuslöserEinstellung mit 4000 A zu wählen,
um beim kleinsten Kurzschluss an
den Eingangsklemmen des nachgeordneten Leistungsschalters Q1 eine
Abschaltung innerhalb der geforderten Zeit sicherzustellen.
Über den Kennlinienvergleich bei der
Stromstaffelung lässt sich nur eine
Teilselektivität nachweisen, da die zu
Recht oft gestrichelte Kennliniendarstellung im Bereich < 100 ms aufgrund der komplizierten dynamischen
Schalt- und Auslösevorgänge eine
Selektivitätsaussage nicht zulässt.
Problemlösungsmöglichkeit:
dynamische Selektivität
Selektivität durch Leistungsschalterkoordination (dynamische
Selektivität)
Bei schnellen Vorgängen, z. B. im
Kurzschlussfall, haben beim Zusammenwirken von in Reihe geschalteten
Schutzgeräten, insbesondere bei Verwendung vom Strombegrenzern, die
dynamischen Vorgänge im Stromkreis
und in den elektromechanischen Auslösern einen wesentlichen Einfluss
auf das Selektivitätsverhalten.
TIP_Kap03_D
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Seite 41
Netzschutz/Schutzkoordination
[s]
Öffnungszeit t
104
102
Sr = 400 kVA
bei 400 V,
50 Hz
min.
U kr = 4%
I r = 577 A
I k ≈ 15 KA
II
101
Ie = 600 A
(L-Auslöser)
Ie = 4000 A
(I-Auslöser)
Q2
I k = 10 kA
10
I
3
102
10
0
L
L
101
II
Q1
3,8 kA
100
Ie = 60 A
(L-Auslöser)
Ie = 720 A
(I-Auslöser)
I
I
10-1
I
2,1 kA
a)
10-2
M
3~
Übersichtsschaltplan
Q1 Leistungsschalter für den Motorschutz
(strombegrenzend)
4
5
102
2
5
103
2
5
104
2
Strom I
5
[A]
b) Auslösekennlinien
L Stromabhängig verzögerter Überlastauslöser
I Unverzögerter elektromagnetischer Überstromauslöser
Q2 Leistungsschalter (Nullpunktlöscher)
Grafik 3/21 Stromselektivität von zwei in Reihe liegenden Leistungsschaltern
bei verschieden hohen Kurzschlussströmen (Beispiel)
Schaltet das nachgeordnete strombegrenzende Schutzgerät so schnell
ab, dass der Durchlassstrom zwar
den Ansprechwert des vorgeordneten Schutzgerätes kurzzeitig überschreitet, diese Zeit aber nicht ausreicht, um den „mechanisch trägen“
Auslöser zu entklinken, so besteht
ebenfalls Selektivität. Der Durchlassstrom ist abhängig vom Stoßkurzschlussstrom und den Strombegrenzungseigenschaften.
Selektivitätsgrenzen von zwei in
Reihe liegenden Leistungsschaltern
Für jede Schalterkombination lässt
sich ein maximaler Kurzschlusswert –
die Selektivitätsgrenze – ermitteln, bis
zu dem der nachgeordnete Leistungsschalter schneller und alleine – selektiv – abschaltet.
Tabelle 3/16 zeigt ein Beispiel einer
Selektivitätstabelle. Die ablesbare
Selektivitätsgrenze kann weit über
dem Ansprechwert des unverzögerten Überstromauslösers im vorgeordneten Leistungsschalter liegen
(siehe Grafik 3/22).
Unabhängig davon sind die Selektivität im Überlastfall durch den Kennlinienvergleich und die Auslösezeiten
nach den einschlägigen Vorschriften
zu überprüfen.
Mit der dynamischen Selektivität im
Kurzschluss ist im Allgemeinen nur
eine Teilselektivität erreichbar. Diese
kann ausreichend sein (volle Selektivität), wenn der maximale Kurzschlussstrom an der Stelle des nachgeordneten Schutzgerätes kleiner ist
als die ermittelte Selektivitätsgrenze.
Die Berücksichtigung der dynamischen Selektivität ist eine gute Möglichkeit, bei Teilselektivität, wie sie
bei der Stromstaffelung aufgrund der
Abschaltbedingung meist entsteht
(siehe Grafik 3/20), volle Selektivität
nachzuweisen, ohne Schaltgeräte mit
kurzverzögerten Überstromauslösern
einsetzen zu müssen.
Selektivität durch kurzverzögerte
Überstromauslöser (Zeitstaffelung)
Zeitstaffelung kurzverzögerter
Überstromauslöser
Ist eine Stromstaffelung aufgrund der
auf Seite 36 angeführten Voraussetzungen nicht möglich und lässt sich
diese auch durch eine Schaltergeräteauswahl nach Selektivitätstabellen
(dynamische Selektivität) nicht erreichen, so kann Selektivität durch
Zeitstaffelung von kurzverzögerten
Überstromauslösern ermöglicht
werden. Hierzu werden sowohl die
Auslöseverzögerungen als auch die
entsprechenden Ansprechströme
gestaffelt.
3/41
3
TIP_Kap03_D
11.05.2005
Schalter
Netz
15:53 Uhr
Verzögerungszeit t v
des S-Auslösers
3WL1
220 ms
3WL1
3VL
150 ms
3VL
80 ms
3VL
3RV
Seite 42
unverzögert
M
Grafik 3/22 Einzustellende Verzögerungszeit des elektromagnetischen
kurzverzögerten s-Auslösers für
selektiven Kurzschlussschutz
Zeitstaffelung bei annähernd
gleich hohen Kurzschlussströmen
Der vorgeordnete Leistungsschalter
erhält kurzverzögerte Überstromauslöser (S), damit im Fehlerfall nur der
nachgeordnete Leistungsschalter den
vom Fehler betroffenen Anlagenteil
vom Netz trennt. Zur Sicherstellung
der Selektivität bei annähernd gleich
hohen Kurzschlussströmen an den
Einbaustellen kann die Zeitstaffelung
3/42
eingesetzt werden. Hierzu werden sowohl die Auslöseverzögerungen als
auch die Ansprechströme der Überstromauslöser gestaffelt.
Im Beispiel Grafik 3/22 ist neben dem
Übersichtsplan mit vier in Reihe liegenden Leistungsschaltern das dazugehörige Staffeldiagramm dargestellt.
Die notwendige Staffelzeit, bei der
alle Streuungen berücksichtigt werden, hängt vom Arbeitsprinzip des
Auslösers und von der Bauart des
Leistungsschalters ab.
Elektronische S-Auslöser
Bei elektronischen kurzverzögerten
Überstromauslösern (S-Auslösern)
ist eine Staffelzeit von etwa 70 ms
bis 100 ms von Leistungsschalter zu
Leistungsschalter ausreichend, um
auch alle Streuungen zu berücksichtigen.
Ansprechstrom
Der Ansprechstrom des kurzverzögerten Überstromauslösers sollte
mindestens auf das 1,45fache (2-mal
je 20% Streuung, wenn vom Hersteller nicht anders angegeben) des Wertes des nachgeordneten Leistungsschalters eingestellt werden.
I-Auslöser zusätzlich
Um die Kurzschlussbeanspruchung
bei „sattem“ Kurzschluss am Leistungsschalter herabzusetzen, kann
man die vorgeordneten Leistungsschalter neben den kurzverzögerten
zusätzlich mit unverzögerten elektromagnetischen Überstromauslösern
versehen (Grafik 3/23). Deren Ansprechstrom muss so hoch gewählt
werden, dass die Auslöser nur bei unmittelbarem, „sattem“ Kurzschluss
ansprechen und im Normalfall nicht
die selektive Staffelung stören.
Totally Integrated Power by Siemens
Zeitverkürzte Selektivitäts-Steuerung
Um bei der Reihenschaltung mehrerer Leistungsschalter unerwünscht
lange Auslösezeiten zu vermeiden, ist
für Leistungsschalter eine mikroprozessorgeführte „zeitverkürzte Selektivitäts-Steuerung“ (ZSS) entwickelt
worden. Diese Steuerung ermöglicht
eine Reduzierung der Auslöseverzögerung auf max. 50 ms für die der
Kurzschlussstelle vorgeordneten
Leistungsschalter.
In Grafik 3/24 ist das Prinzip und die
Funktionsweise der „ZSS“ dargestellt. Ein Kurzschluss am Punkt K1
wird von Q1, Q3 und Q5 erfasst. Bei
aktivierter „ZSS“ werden durch entsprechende Kommunikationsleitungen Q3 durch Q1 und Q5 durch Q3
vorübergehend gesperrt. Da Q1 kein
Sperrsignal erhält, löst er bereits nach
10 ms aus. Ein Kurzschluss am Punkt
K2 wird nur von Q5 erfasst; da er kein
Sperrsignal erhält, löst er bereits nach
50 ms aus. Ohne „ZSS“ würde die
Auslösung erst nach 150 ms erfolgen.
Selektivität zwischen Leistungsschalter und Sicherung
Bei Selektivitätsbetrachtungen mit
Sicherungen ist in den Zeit-StromKennlinien ein zulässiger Streubereich
von ±10% in Stromrichtung zu
berücksichtigen.
TIP_Kap03_D
11.05.2005
15:53 Uhr
Seite 43
Netzschutz/Schutzkoordination
[s]
Öffnungszeit t
104
Sn =1000 kVA
bei 400 V,
50 Hz
U kr = 6%
I n = 1445 A
I k ≈ 24,1 KA
103
Q1
t v3 = 150 ms
n (20 kA)
Q3
Q2
Q3
102
L
Hauptverteiler
L
L
101
t v2 = 80 ms
Q2
S
100
I k = 17 kA
Unterverteiler
S
t v3 =
150 ms
t v2 =
80 ms
10
-1
Q1
I
I k = 10 kA
10-2
102
M
~
2
5
103
2
5
104
2
Strom I
5
105
[A]
Grafik 3/23 Selektivität von drei in Reihe liegenden Leistungsschaltern mit Begrenzung der Kurzschlussbeanspruchung
durch einen zusätzlichen i-Auslöser im Leistungsschalter Q3
[s]
Öffnungszeit t
104
t d = 150 ms
A t ZSS = 50 ms
E
Q5
103
K2
Q1/Q2
Q3/Q4
Q5
102
Q3
A
E
t d = 80 ms
t ZSS = 50 ms Q4
A
E
t d = 10 ms
t ZSS = t d
101
td = 150 ms
100
Q1
A
E
A
E
Q2
td = 80 ms
tZSS
10-1
t d =10 ms
t ZSS = t d
Icn
td =
10 ms
10-2
K1
Kommunikationsleitung
102
103
104
Strom I
105
[A]
Grafik 3/24 Prinzipdarstellung der „zeitverkürzten Selektivitäts-Steuerung“ (ZSS)
von in Reihe oder parallel liegenden Leistungsschaltern
3/43
3
TIP_Kap03_D
11.05.2005
15:53 Uhr
Seite 44
F1 Q1
L
I
Q1
t
F1 Sicherung
Q1 Leistungsschalter
Stromabhängig verzögerter
L
Überstromauslöser
Unverzögerter elektromagnetischer
I
Überstromauslöser
tA Sicherheitsabstand
Ansprechstrom des I-Auslösers
Ii
L
tA
Die Zeit-Strom-Kennlinien (Streubänder)
berühren sich nicht
I
F1
I
Ii
I
Überstromgrenze I
Grafik 3/25 Selektivität zwischen Leistungsschalter und
nachgeordneter Sicherung im Überlastbereich
F1 Q1
L
S
Q1
L
S
tA
Id
ts
td
t
L
S
Überlastauslöser
Kurzverzögerter Überstromauslöser
Sicherheitsabstand
Ansprechstrom des S-Auslösers
Schmelzzeit der Sicherung
Verzögerungszeit des S-Auslösers
t A ≥ 100 ms
F1
ts
Ik
Id
td
I
Grafik 3/26 Selektivität zwischen Leistungsschalter mit ls-Auslöser und
nachgeordneter Sicherung; Kurzschlussstrombereich
Leistungsschalter mit nachgeordneter Sicherung
Selektivitätsverhältnisse bei LI-Auslösern und Sicherungen mit sehr
niedrigem Bemessungsstrom
Im Überlastbereich bis zum Ansprechstrom I i des verzögerten Überstromauslösers ist Teilselektivität gegeben,
wenn die Sicherungskennlinie mit
ihrem oberen Streuband die Auslösekennlinie des voll vorbelasteten
3/44
unverzögerten Überstromauslösers
nicht berührt und einen Sicherheitsabstand tA ≥ 1 s einhält (Grafik 3/25).
Dabei ist – wenn vom Hersteller nicht
anders angegeben – für den betriebswarmen Zustand eine Verringerung
der Auslösezeit bis auf 25% zu
berücksichtigen.
Totally Integrated Power by Siemens
Absolute Selektivität bei Verwendung
von Leistungsschaltern ohne kurzverzögerte Überstromauslöser ist gegeben, wenn der Durchlassstrom der
Sicherung I D nicht den Ansprechstrom des unverzögerten Überstromauslösers erreicht (s. Strombegrenzungsdiagramm für NH-Sicherungen,
Abschnitt 4.1.1 im Handbuch Elektrische Installationstechnik). Dies ist
allerdings nur bei einer Sicherung zu
erwarten, deren Bemessungsstrom
im Vergleich zum Bemessungsdauerstrom des Leistungsschalters sehr
niedrig ist.
Selektivitätsverhältnisse bei LSAuslösern und Sicherungen größerer Bemessungsströme
Aufgrund der dynamischen Vorgänge
in elektromagnetischen Auslösern ist
auch absolute Selektivität mit Sicherungen erreichbar, deren I D kurzzeitig
den Ansprechstrom übersteigen. Eine
sichere Selektivitätsaussage ist hier
jedoch wiederum nur durch Messungen bei I i möglich. Absolute Selektivität erreicht man beim Einsatz von
Leistungsschaltern mit kurzverzögerten Überstromauslösern (S-Auslöser),
wenn der Sicherheitsabstand beim
Ansprechstrom I d zwischen dem oberen Streuband der Sicherungskennlinie und der Verzögerungszeit des
S-Auslösers td mit tA ≥ 100 ms
gewählt wird (Grafik 3/26).
Selektivität zwischen Sicherung
und nachgeordnetem Leistungsschalter
Selektivitätsverhältnisse im Überlastbereich
Für Selektivität im Überlastbereich ist
zwischen dem unteren Streuband der
Sicherung und der Kennlinie des
stromabhängig verzögerten Überlastauslösers ein Sicherheitsabstand
von tA ≥1 s erforderlich (Grafik 3/27).
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Netzschutz/Schutzkoordination
Q1
F1
t
L
L
I
Für den Kurzschlussfall muss berücksichtigt werden, dass nach dem Ansprechen der Auslöser im Leistungsschalter auch noch während der
Lichtbogenzeit beim Ausschalten die
Sicherung weiter aufgeheizt wird.
Näherungsweise liegt die Selektivitätsgrenze dort, wo ein Sicherheitsabstand zwischen dem unteren
Streuband der Sicherung und der
Ansprechzeit des unverzögerten
Überstromauslösers bzw. der Verzögerungszeit des kurzverzögerten
Überstromauslösers von 70 ms unterschritten wird.
tA ≥ 1 s
Die Zeit-Strom-Kennlinien (Streubänder)
berühren sich nicht
I
Q1
I
I
I
Überlastgrenze
Grafik 3/27 Selektivität zwischen Sicherung und nachgeordnetem
Leistungsschalter; Überlastbereich
Q1 Leistungsschalter
(max. Durchlasswert)
F1 Sicherung (min. Schmelzwert)
ISel Selektivitätsgrenze
F1
F1
Kurzschlussbereich
Eine sichere und meist auch höhere
Selektivitätsgrenze für den Kurzschlussbereich lässt sich im I 2t-Diagramm ermitteln. Verglichen wird in
diesem der Maximalwert des Durchlass-I 2t-Wertes des Leistungsschalters mit dem Minimalwert des
Schmelz-I 2t-Wertes der Sicherung
(Grafik 3/28). Da es sich um Maximalund Minimalwerte handelt, entfallen
die Streubereiche.
I 2t
Q1
Q1
Leitungsschutzschalter
Ik
ISel
I
Selektivitätsgrenze
Grafik 3/28 Selektivität zwischen Sicherung und nachgeordnetem
Leistungsschalter; Kurzschlussfall
[s]
t
T1
F1 Sicherung
Q1 Leistungsschalter
L
Stromabhängig verzögerter
Überlastauslöser
I
Unverzögerter elektromagnetischer
Überstromauslöser
tA Sicherheitsabstand
Ansprechstrom des n-Auslösers
Ii
F1
gleiche Leistung
T2
einzeln
parallel
Q1
Q2 Q2+Q3
Basis IkΣ
104
L
L
L
Ik Teil
103
Q2 L
S
I r = 600 A
I sd = 3000 A
Q3 L
S
I
I k ≤ 10 kA
Ik Teil
102
I k ≤ 10 kA
101
S
I r = 200 A
I i = 2400 A
Q1 L
I
100
10
IkΣ
M
~
t v2/3 ≈150 ms
(≥ 70 ms)
Ii
-1
102
102
tö1
2
4 6 103
2
4
3
104
6 I
2
4
[A]
Grafik 3/29 Selektivität bei zwei gleichzeitig einspeisenden Transformatoren gleicher Leistung,
Beispiel mit Abzweig in Sammelschienenmitte
3/45
3
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T1
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T2
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T3
I k Teil 1
I kΣ
< 30 kA
L
Q1 S
I
Ik
<15 kA
Ik
<15 kA
Q2
Q3
I k Teil 2
Q1
Q2
Q3
I kΣ
15 kA
15 kA
Grafik 3/30 Selektivität bei drei gleichzeitig
einspeisenden Transformatoren
Selektivität bei parallelen
Einspeisungen
Verbesserung der Selektivität bei
parallelen Einspeisungen
Bei parallelen Einspeisungen auf eine
Sammelschiene ergibt sich im fehlerbehafteten Abzweig der Summenkurzschlussstrom I K∑, der sich aus
den Teilkurzschlussströmen I k Teil in
den einzelnen Einspeisungen zusammensetzt und die Strombasis im
Staffeldiagramm (Grafik 3/29) bildet.
Dies gilt bei allen Fehlerarten.
Zwei gleiche Einspeisungen
Tritt im Abzweig nach dem Leistungsschalter Q1 ein Kurzschluss auf, fließt
darüber der Summenkurzschlussstrom I k∑ von beispielsweise ≤ 20 kA,
während die Einspeiseschalter Q2
und Q3 bei mittig an der Sammelschiene angeordnetem Abzweig und
gleich langen Einspeiseleitungen
jeweils nur die Hälfte davon, nämlich
≤ 10 kA, führen.
Parallelbetrieb bringt zusätzliche
Stromselektivität durch Verschiebung der Auslösekennlinie der
LS-Auslöser des Einspeiseschalters
Grafik 3/31 Kurzschlussaufteilung über den
Kuppelschalter Q3 bei zwei
Einspeisungen Q1 und Q2
Kennlinien-Verschiebungsfaktor
Da sich der Summenkurzschlussstrom im Idealfall (ohne Berücksichtigung der Lastströme in den anderen
Abzweigen) bei Anordnung des Abzweigs in der Sammelschienenmitte
gleichmäßig auf jede Einspeisung aufteilt, kann die Auslösekennlinie der
Leistungsschalter Q2 bzw. Q3 optimal
um den Kennlinien-Verschiebungsfaktor 2 im Strommaßstab nach
rechts bis zur Linie I k∑, der Basis für
diesen Fehlerfall, verlegt werden.
Dadurch ergibt sich neben der Zeitselektivität zusätzlich auch Stromselektivität.
Wird nicht mit der verschobenen
Kennlinie, sondern mit der des einzelnen Schalters gearbeitet, muss der
exakte Kurzschlussstrom (Aufteilung),
der über den Schalter fließt, berücksichtigt werden.
Bei nichtsymmetrischer Ausführung
und Anordnung der Einspeisungen
und Abzweige an den Sammelschienen ist die Kurzschlussstromaufteilung
je nach Impedanzverhältnis der Einspeiseleitungen unterschiedlich.
Zusätzliche Stromselektivität bei
Transformator-Parallelbetrieb
Im Staffeldiagramm ist daher die Auslösekennlinie der Leistungsschalter
Q2 und Q3 auf die Strombasis des
Leistungsschalters Q1 zu beziehen.
3/46
Totally Integrated Power by Siemens
Verminderte Selektivität bei NHSicherungen von 630 A bis 1000 A
nahe einer Einspeisung
Dies ist für Sicherungsabzweige besonders mit hoher Absicherung, z. B.
von 630 A bis 1000 A, von besonderer Bedeutung. Es ist dabei darauf zu
achten, dass der Sicherheitsabstand
von ≥ 100 ms zwischen der Auslösekennlinie des S-Auslösers und der
Schmelzzeit-Strom-Kennlinie der
NH-Sicherung nicht nur bei Parallelbetrieb, sondern auch bei Einzelbetrieb der Transformatoren gegeben
ist.
Bei der Einstellung der Auslöser von
Leistungsschalter Q1, Q2 und Q3
muss beachtet werden, dass Selektivität auch bei Betrieb mit einem
Transformator und bei allen Kurzschlussströmen (ein- bis dreipolig)
erreicht wird.
Aus Kostengründen sollte auch bei
kleineren und mittleren SicherungsBemessungsströmen auf S-Auslöser
bei den Einspeise-Leistungsschaltern
nicht verzichtet und dafür I-Auslöser
eingesetzt werden, denn die gewonnene Stromselektivität ist dabei unzureichend.
Drei gleiche Einspeisungen
Die Selektivitätsverhältnisse werden
bei Parallelbetrieb von drei Transformatoren grundsätzlich durch die zusätzlich gewonnene Stromselektivität
günstiger als bei zwei Einheiten,
denn der Kennlinien-Verschiebungsfaktor liegt zwischen > 2 und < 3.
Auch hierbei werden zur Erzielung
eindeutiger Selektivitätsverhältnisse
für den Leistungsschalter in den Einspeisungen LS-Auslöser benötigt.
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Netzschutz/Schutzkoordination
a) Fehler im Abzweig des mittleren
Schienenabschnitts
Q1
I k Teil 1
Q4
Q2
I k Teil 2
b) Fehler im Abzweig des äußeren
Schienenabschnitts
Q3
Q1
I k Teil
Q5
3 .I k
I kΣ
Q2
Q4
I k Teil
Q3
Q5
2 .I
k Teil
I kΣ
Grafik 3/32 Aufteilung der Kurzschlussströme für die Einstellung des Überstromauslösers
– in den Kuppelschaltern Q4 und Q5 bei drei Einspeisungen und Fehlern a und b
– in den Abzweigen verschiedener Schienenabschnitte
Zusätzlich I-Auslöser erforderlich
Darüber hinaus sind zusätzlich noch
I-Auslöser zur Erfassung eines
Fehlers zwischen Transformator und
Einspeiseschalter gemäß Grafik 3/30
erforderlich. Hierfür müssen die
S-Auslöser der Leistungsschalter Q1
bis Q3 auf einen Wert < I k und die
I-Auslöser > I k, aber < I k∑ eingestellt
werden. Hierbei sind die größten und
kleinsten auftretenden Fehlerströme
zu beachten. Durch die I-Auslöser
wird dann nur der fehlerbehaftete
Transformatorabzweig hoch- und niederspannungsseitig abgeschaltet. Die
Leistungsschalter in den „gesunden“
Einspeisungen bleiben in Betrieb.
Über Kuppelschalter parallel
geschaltete Einspeisungen
Schutzaufgaben im Fehlerfall
Kuppelschalter sollen folgende
Schutzaufgaben im Fehlerfall lösen:
C Unverzögerte Auslösung bei
Fehlern im Bereich der Sammelschiene und
C Entlastung der Abzweige von den
Wirkungen hoher Summen-Kurzschlussströme
Auswahl der Leistungsschalter
Die Auswahl der Schaltgeräte der
Abzweige sowie die Selektivitätsverhältnisse werden wesentlich
davon bestimmt, ob als Kuppelschalter Leistungsschalter mit
Nullpunktlöschung, also ohne Strombegrenzung, oder mit Strombegrenzung eingesetzt werden.
Strombegrenzende, schnell abschaltende Kuppelschalter entlasten die
abgehenden Stromkreise von den
Wirkungen hoher unbegrenzter
Summen-Stoßkurzschlussströme I p
und lassen damit die Verwendung
leichter gebauter und kostengünstigerer Leistungsschalter zu.
Hinweis zur Einstellung der Überstromauslöser in Kuppelschaltern:
Die Überstromauslöser sind möglichst hoch einzustellen, um eine
Beunruhigung des Betriebs durch
Öffnen der Kupplungen bei relativ
kleinen Kurzschlussströmen, z. B. in
den Abzweigen der Unterverteiler, zu
vermeiden.
Bei zwei Einspeisungen
Bei zwei Einspeisungen fließt über
den Kuppelschalter Q3 je nach Fehlerort (linker oder rechter Sammelschienenabschnitt oder -abzweig) jeweils
nur der zugehörige Teilkurzschlussstrom (z. B. I k Teil 2) wie in Grafik
3/31 dargestellt.
Bei drei Einspeisungen mit Fehler
Bei drei Einspeisungen sind die Verhältnisse unterschiedlich, je nachdem, welcher der beiden in Grafik
3/32a und b dargestellten Abzweige
fehlerbehaftet ist.
Im mittleren Schienenabschnitt
Bei einem Fehler im Abzweig des
mittleren Schienenabschnitts (Grafik
3/32a) fließen über die Kuppelschalter
Q4 und Q5 etwa gleich große Teilkurzschlussströme.
Im äußeren Schienenabschnitt
Bei einem Fehler im Abzweig des
äußeren Schienenabschnittes (Grafik
3/32b) fließen über den Kuppelschalter Q4 zwei Teilkurzschlussströme.
Rechnergestützte Selektivitätsuntersuchung
Genaue Werte der Kurzschlussströme, die über die Kuppelschalter
fließen, sind eine Voraussetzung für
die optimale Einstellung der
Überstromauslöser. Sie geben Aufschluss über das selektive Verhalten
bei einer Vielzahl unterschiedlich hoher Fehlerströme und werden über
ein Rechnerprogramm ermittelt und
entsprechend ausgewertet.
Selektivität und Unterspannungsschutz
Tritt ein Kurzschluss auf, dann bricht
an der Kurzschlussstelle die Netzspannung auf eine Restspannung zusammen, die vom Fehlerwiderstand
abhängt. Bei „sattem“ Kurzschluss
wird der Fehlerwiderstand und damit
auch die Spannung an der Kurzschlussstelle praktisch zu null. Im
Allgemeinen treten aber bei Kurzschlüssen Lichtbögen auf, die erfahrungsgemäß Bogenspannungen von
3/47
3
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a) Kurzschluss am Unterverteiler
b) Kurzschluss am Hauptverteiler
Q3
Q3
0,5.U
0,13.Ue
e
Hauptverteiler
Q2
tv ≥
70 ms
80 m
3 x 95 mm2 Cu
0,13.Ue
Q2
K2
Unterverteiler
Q1
Q1
tv = 0
K1
Ue Bemessungsbetriebsspannung
tv Verzögerungszeit
Grafik 3/33 Spannungsverhältnisse einer kurzschlussbehafteten Niederspannungs-Schaltanlage
mit Haupt- und Unterverteiler
Ik1
F1
F2
a
Ik2
Ik3
F3
Ik3 = Ik1+Ik2
K1
Ik1+Ik2+Ik4
Ik
Ik4
Ik
b
Ik
Grafik 3/34 Kurzschlussbehaftetes Kabel mit
seinen zwei Einspeise-Knotenpunkten a und b
3/48
Grafik 3/35 Beispiel für ein vermaschtes Netz mit Mehrstrangeinspeisung
Totally Integrated Power by Siemens
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Netzschutz/Schutzkoordination
etwa 30 V bis 70 V besitzen. Diese
Spannung, ausgehend vom Fehlerort,
steigt in Richtung Energiequelle im
Verhältnis der dazwischen liegenden
Impedanzen an.
Grafik 3/33 zeigt die Spannungsverhältnisse in einer kurzschlussbehafteten Niederspannungs-Schaltanlage
bei „sattem“ Kurzschluss.
Bei einem Kurzschluss an der Stelle
K1 (Grafik 3/33a) sinkt die Bemessungsbetriebsspannung Ue an der
Sammelschiene des Unterverteilers
auf 0,13 · Ue, an der Sammelschiene
des Hauptverteilers auf 0,5 · Ue. Den
Fehler schaltet der unmittelbar davor
liegende Leistungsschalter Q1 aus.
Seine Gesamtausschaltzeit beansprucht je nach Schaltergröße und
-typ bis 30 ms bei Nullpunktlöschern,
bei strombegrenzenden Leistungsschaltern höchstens 10 ms.
Bei einem Kurzschluss an der Stelle
K2 (Grafik 3/33b) schaltet der
Leistungsschalter Q2 aus. Er ist mit
einem kurzverzögerten Überstromauslöser (S) versehen. Die Verzögerungszeit beträgt mindestens 70 ms.
Während dieser Zeit ist die Bemessungsbetriebsspannung an der Sammelschiene des Hauptverteilers auf
0,13 · Ue abgesunken.
Sinkt die Bemessungsbetriebsspannung auf den 0,7- bis 0,35fachen
Wert und dauert die Spannungsverminderung länger als etwa 20 ms, so
schalten alle Leistungsschalter ab, die
mit einem Unterspannungsauslöser
versehen sind. Ebenso fallen alle
Schütze ab, wenn die Bemessungssteuerspeisespannung länger als
5 ms bis 30 ms unter 75% ihres Bemessungswerts zusammenbricht.
Ausschaltverzögerung für Schütze
und Unterspannungsauslöser
Damit der selektive Überstromschutz
nicht vorzeitig unterbrochen wird,
sind Unterspannungsauslöser und
Schütze mit Ausschaltverzögerung erforderlich. Bei Leistungsschaltern mit
Strombegrenzung, deren Gesamtausschaltzeit höchstens 10 ms beträgt,
kann darauf verzichtet werden.
3.3.2 Selektivität in
Maschennetzen
In einem Maschennetz bestehen zwei
Selektivitätsaufgaben:
1. Es darf nur das kurzschlussbehaftete Kabel aus dem Netz
getrennt werden.
2. Bei einem Kurzschluss an den
Klemmen eines Einspeisetransformators darf nur die Fehlerstelle
aus dem Netz herausgetrennt
werden.
Knotenpunktsicherungen
In einem Niederspannungs-Maschennetz werden normalerweise Kabel
gleichen Querschnitts und damit
NH-Sicherungen der Betriebsklasse
gL gleichen Typs und Bemessungsstroms in den Knotenpunkten des
Netzes verwendet (Grafik 3/34).
Bei einem Kurzschluss (K1) auf dem
Maschennetzkabel fließen die Kurzschlussströme I k3 und I k4 zur Fehlerstelle. Der Kurzschlussstrom I k3 aus
dem Knotenpunkt a setzt sich aus
den Teilströmen I k1 und I k2 zusammen, die je nach den Impedanzverhältnissen sehr unterschiedlich sein
können.
Zulässiges Stromwerteverhältnis
Selektivität der Sicherungen im Knotenpunkt a ist gegeben, wenn die
vom Summenstrom I k3 durchflossene
Sicherung F3 durchschmilzt und die
vom Teilkurzschlussstrom I k1 oder I k2
durchflossene Sicherung F1 oder F2
betriebsbereit bleibt. Bei SiemensNH-Sicherungen liegt das für hohe
Kurzschlussströme zulässige Stromverhältnis I k1 /(I k1 + I k2) bei 0,8.
Leistungstransformatoren im
Maschennetz
Einspeiseschalter mit Maschennetzrelais
In einem vermaschten Netz im Mehrstrangbetrieb, Grafik 3/35, d. h. mit
Speisung über mehrere Mittelspannungsleitungen und Transformatoren,
soll bei einem Fehler in einer Umspannstation oder in einer Mittelspannungsleitung die Rückspeisung vom
Niederspannungsnetz zur Störstelle
verhindert werden. Dazu sind ein
Maschennetzrelais (Rückleistungsrelais) und ein „Maschennetzschalter“ erforderlich. Dies ist ein dreipoliger Leistungsschalter, eventuell
ohne Überstromauslöser, jedoch mit
einem Maschennetzauslöser (Arbeitsstromauslöser mit Speichergerät).
Tritt an der Oberspannungsseite des
Transformators (Stelle K1) oder zwischen Transformator und Maschennetzschalter (Stelle K2) oder auf dem
Kabel (Stelle K3) ein Kurzschluss auf
(Grafik 3/36), dann spricht auf der
Oberspannungsseite die HH-Sicherung an; auf der Unterspannungsseite
fließt zur Fehlerstelle – über den
Maschennetzschalter – eine Rückleistung. Der Arbeitsstromauslöser
erhält vom Maschennetzrelais den
Auslöseimpuls. Damit wird die Fehlerstelle selektiv aus dem Netz herausgetrennt.
3/49
3
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Maschennetzschalter ohne
S-Auslöser
Bei Schutz der Transformator-Abzweige durch Maschennetzrelais wird
entweder kein S-Auslöser vorgesehen oder dieser so hoch eingestellt,
dass die thermische Überlastungsfähigkeit des Transformators voll ausgenutzt werden kann.
120
Ue
ms
K3
0,6.Ue
t
100
0,3.Ue
80
Maschennetzrelais
Maschennetzrelais werden zusammen mit Maschennetzschaltern eingesetzt. Sie dienen in mehrfach gespeisten Niederspannungsnetzen
zum schnellen, selektiven Abschalten
eines schadhaften Mittelspannungskabels mit den angeschlossenen
Transformatorstationen. Das Relais
erfasst die Umkehr der Energierichtung, wenn bei einem Kurzschluss in
einem mittelspannungsseitigen Speisekabel des Maschennetzes hohe
Ströme über das Niederspannungsnetz und über die Transformatoren
des schadhaften Mittelspannungskabels zur Fehlerstelle fließen.
Um ein Fehlverhalten zu vermeiden,
lässt das Maschennetzrelais jedoch
bei Bemessungsspannung Ausgleichströme bis zur Höhe des Bemessungsstroms zu (durch Federvorspannung einstellbar von 2 A bis 6 A).
Grafik 3/37 zeigt die Auslösekennlinie
bei der Normaleinstellung 6 A und bei
verschiedenen Spannungswerten.
3/50
a
60
K1
40
K2
b
c
S
20
a HH-Sicherungen
b Maschennetzschalter mit
Maschennetzrelais
c Knotenpunktsicherungen
Grafik 3/36 Prinzipschaltbild der Einspeisestelle eines NiederspannungsMaschennetzes
Maschennetzschalter
Auswahl des Maschennetzschalters
Bei der Auswahl des Maschennetzschalters ist in Bezug auf sein
erforderliches Bemessungsschaltvermögen zu berücksichtigen, dass
der größte Kurzschlussstrom bei
einem Kurzschluss zwischen den
Anschlussklemmen des Transformators und dem Schalter zu erwarten
ist. In diesem Fall fließt der Summenkurzschlussstrom aller Einspeisestellen über das Maschennetz und
den Schalter auf die Kurzschlussstelle. Dieser kann größer sein als
der Kurzschlussstrom des zugehörigen Transformators.
Totally Integrated Power by Siemens
0
0
20
40
A
60
I
Grafik 3/37 Auslösekennlinie des Maschennetzrelais 7RM bei normalem
Einstellwert (6 A)
Technische Einzelheiten für Maschennetzrelais und Maschennetzschalter
sollten den Herstellerunterlagen entnommen werden.
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Netzschutz/Schutzkoordination
3.4 Schutz von Kondensatoren
Kondensatoreinheiten müssen nach
IEC 60358 / VDE 00560 Teil 4 dauernd
für den Betrieb mit einem Strom geeignet sein, dessen Effektivwert das
1,3fache des Stroms nicht übersteigt,
der bei sinusförmiger Bemessungsspannung und Bemessungsfrequenz
fließt.
Aufgrund dieser Dimensionierung
wird bei Kondensatoreinheiten in den
überwiegenden Anwendungsfällen
auf einen Überlastschutz verzichtet.
Kondensatoren in oberschwingungsbehafteten Netzen
Nur in Netzen mit großen Oberwellenerzeugern (z. B. Generatoren und
stromrichtergespeiste Antriebe) können die Kondensatoren überlastet
werden. Die Kondensatoren bilden
mit der Reihenschaltung aus Transformator- und Kurzschlussreaktanz des
übergeordneten Netzes einen Parallelschwingkreis. Es kommt zu Resonanzerscheinungen, wenn die Eigenfrequenz dieses Schwingkreises mit
der Frequenz eines vom Stromrichter
erzeugten Oberschwingstroms übereinstimmt oder in dessen Nähe liegt.
Verdrosselte Kondensatoren
Zum Vermeiden von Resonanzen
müssen die Kondensatoren „verdrosselt“ werden (siehe Abschnitt 1.6 im
Handbuch „Elektrische Installationstechnik“). An die Stelle des reinen
Kondensators tritt ein LC-Schwingkreis, dessen Resonanzfreqenz unterhalb der im Laststrom vorhandenen
Oberschwingung mit der niedrigsten
Ordnungszahl (250 Hz) liegt. Hierdurch wird die Kondensatoreinheit für
alle im Laststrom auftretenden Oberschwingungsströme induktiv und
kann so mit der Netzreaktanz keinen
Resonanzkreis mehr bilden.
Absaugen der Oberschwingungen
durch Filterkreise
Eine andere Möglichkeit besteht
darin, das übergeordnete Netz von
Oberschwingungen weitgehend
durch Filterkreise zu befreien (siehe
Abschnitte 1.6.3 und 1.6.4 im Handbuch „Elektrische Installationstechnik“). Die Filterkreise sind ebenfalls
Reihenresonanzkreise, die jedoch im
Gegensatz zu den verdrosselten
Kondensatoren genau auf die Frequenzen der abzusaugenden Oberschwingungsströme abgestimmt
sind. Die Impedanz wird dadurch
annähernd null.
Einstellwerte des Überlastrelais
Werden zum Schutz gegen Überströme thermisch verzögerte Überlastrelais eingesetzt, kann der
Auslösewert auf das 1,3- bis 1,43fache des Kondensator-Bemessungsstroms eingestellt werden, da unter
Berücksichtigung der zulässigen
Kapazitätsabweichung der Kondensatorstrom das 1,1 · 1,3 = 1,43fache
des Kondensator-Bemessungsstroms
betragen kann.
Kurzschlussschutz
Zum Kurzschlussschutz werden in
Kondensatoreinheiten am häufigsten
NH-Sicherungen der Betriebsklasse
gL eingesetzt.
Um ein Ansprechen der Sicherungen
im Überlastbereich und beim Schalten
der Kondensatoren zu verhindern,
wählt man einen Sicherungs-Bemessungsstrom vom 1,6- bis 1,7fachen
Wert des Kondensator-Bemessungsstroms.
Bei wandlerbeheizten Überlastrelais
oder -Auslösern wird, durch das veränderte Übersetzungsverhältnis der
Wandler durch die Oberschwingungen, ein höherer Sekundärstrom
fließen. Dadurch können Frühauslösungen auftreten.
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3
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3.5 Schutz von Verteilungstransformatoren
Als Schutzgeräte werden in Mittelspannungsnetzen verwendet:
HH-Sicherungen
Mittelspannungs-Hochleistungs-(HH)Sicherungen meist in Verbindung mit
Lasttrennschalter zum Kurzschlussschutz von Stichleitungen und Transformatoren.
Leistungsschalter mit Schutz
Schutzrelais
Mit Schutzrelais, die an Stromwandler
(Schutzkern) angeschlossen werden,
können alle Schutzaufgaben, unabhängig von der Höhe der Kurzschlussströme und der Bemessungsbetriebsströme der erforderlichen Leistungsschalter, erfüllt werden.
Digitaler Schutz
Moderne Schutzgeräte werden durch
einen Mikroprozessor geführt (digitaler Schutz) und enthalten alle erforderlichen Schutzfunktionen für einen
Mittelspannungsabzweig.
Schutz als Komponente der LSA
Der digitale Schutz bietet zusätzlich
die Möglichkeit der Erfassung und
Speicherung von Betriebs- und Störfalldaten, die über serielle Datenschnittstellen abgerufen werden
können. Damit kann der digitale
Schutz als autarke Komponente in
die Leittechnik für Schaltanlagen
(LSA) einbezogen werden.
Stromwandler-Auslegung für
Schutzzwecke
Für Stromwandler gelten die Bestimmungen DIN VDE 0414 Teil 1 bis 3
sowie IEC 185 und IEC 186. Für den
Anschluss von Schutzgeräten sind
Stromwandler mit Kernen der Klasse
5P oder 10P einzusetzen.
Die erforderliche Bemessungsleistung
und Überstromziffer ist jeweils nach
den Angaben in den SchutzrelaisBeschreibungen festzulegen.
Überstromschutz
Überstromschutz für Stromwandleranschluss zum Schutz von Kabeln und
Transformator-Abzweigen kann jeweils
zwei- oder dreiphasig ausgelegt
werden. Dabei ist die Sternpunktbehandlung des Mittelspannungsnetzes zu beachten.
Relais-Ansprechströme bei Netzersatzbetrieb
Bei Netzersatzbetrieb mit Generatoren verhältnismäßig kleiner Bemessungsleistungen ist zu überprüfen, ob
in Fehlerfällen auch die Ansprechströme der für den Netzbetrieb
ausgelegten Schutzrelais erreicht
werden.
Dreiphasiger Überstromzeitschutz
Im Interesse unbedingter Zukunftssicherheit empfiehlt es sich, den
Überstromzeitschutz dreiphasig vorzusehen, unabhängig von der Sternpunktbehandlung.
Standards für Schutzrelais
Statische Schutzrelais müssen den
Standards IEC 255 und
DIN VDE 0435-303 entsprechen.
3/52
Totally Integrated Power by Siemens
3.5.1 Schutz mit übergreifender Selektivität
Transformatorabzweige werden vorzugsweise geschützt durch:
HH-Sicherungen
Mittelspannungs-Hochleistungs-(HH)Sicherungen in Verbindung mit Lasttrennschaltern bei TransformatorBemessungsleistungen bis etwa
1250 kVA, wenn nur wenig geschaltet
werden muss oder
Leistungsschalter mit Schutz
Leistungsschalter mit Schutz (siehe
Seite 54) ab etwa 800 kVA und wenn
häufig geschaltet werden muss;
außerdem, wenn niederspannungsseitig mehrere Leistungsschalter mit
S-Auslösern in Reihe angeordnet sind
und zu übergeordneten HH-Sicherungen keine Selektivität erreicht wird.
Vor der Auswahl und Festlegung des
Schutzes sind daher die zu erwartenden Selektivitätsverhältnisse zu überprüfen.
Schutz durch HH-Sicherungen
Dimensionierung der HH-Sicherungen
Für die Dimensionierung der HH-Sicherungen wird von den Herstellern
zu jeder Transformator-Bemessungsleistung der Bemessungsstrom der
HH-Sicherungen angegeben. Der
kleinste Bemessungsstrom ist nach
den Rush-Strömen beim Einschalten
der Transformatoren dimensioniert
und liegt beim 1,5- bis 2fachen Transformator-Bemessungsstrom.
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Netzschutz/Schutzkoordination
HH
Kleinster Ausschaltstrom I a min
Für die Festlegung des größten
Bemessungsstroms gilt, dass bei
Kurzschlüssen auf der Sekundärseite
eines Transformators bis in den
Sammelschienenbereich der Anlage
der kleinste Ausschaltstrom der
Sicherung I a min überschritten werden
muss. In der Regel ergibt sich für
I a min der 4- bis 5fache TransformatorBemessungsstrom. Zwischen den
genannten Grenzwerten kann der
Sicherungseinsatz nach der Selektivität ausgewählt werden.
Reserveschutz mit Reichweite
HH-Sicherungen müssen bei eventuellem Versagen des nachgeordneten
Schutzorgans ausreichenden
Reserveschutz bieten. Die erforderliche Reichweite ist für drei Schaltungsbeispiele aus Grafik 3/38
ersichtlich. Die Reichweite des
Reserveschutzes ist umso größer, je
kleiner der Sicherungs-Bemessungsstrom ist.
Erforderliche
Reichweiten
des ReserveSchutzes
HH
HH
S
NH
3WL
3WL
a
400 V
c
NH
NH
NH
b
S Maschennetzrelais 7RM
Grafik 3/38 Erforderliche Reichweiten des Reserveschutzes von HH-Sicherungen bei Einsatz verschiedener Schutzgeräte auf der Niederspannungsseite
40
20
ts
10
min
400 A
630 A
10 kV
Basis Ik < 9,5 kA
TIP_Kap03_D
100 A
6
4
F3
400 kVA
Ukr 6%
2
F2
1
40
F1
20
F1
s
F2
6
4
Der Bemessungsstrom der HH-Sicherungseinsätze ist so zu wählen, dass
zwischen dem errechneten maximalen Strom bei einem Kurzschluss im
Bereich der Sammelschiene auf der
Niederspannungsseite (umgerechnet
auf die Mittelspannungsseite) und
dem kleinsten Ausschaltstrom I a min
(Kreis in der Schmelzzeit-Strom-Kennlinie) ein Mindest-Sicherheitsabstand
von 25% von I a min zum Kurzschlussstrom I k des Transformators besteht
(siehe Grafiken 3/39 bis 3/43).
1
630 A
0,4 kV
≤ 400 A
F3
10
Sicherheitsabstände der Schmelzzeit-Strom-Kennlinie von
HH-Sicherungen zu Kennlinien
anderer Schutzgeräte
630 A
I k <9,5 kA
>25% Sicherheitsabstand
2
Ia min
600
400
200
ms
100
60
40
20
10
6
A bei 0,4 kV 1000
A bei 10 kV
40
2000 3000
80
120
5000 7500 10000
200
400
20000
50000
800
2000
t s Schmelzzeit bei Sicherungen
Kleinster Ausschaltstrom Ia min der HH-Sicherung
I
Grafik 3/39 Beispiel einer Staffelung von HH- mit NH-Sicherungen in der Einspeisung
3/53
3
TIP_Kap03_D
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40
20
F1
630 A
10
min
100 A
F2
(160) A
6
4
Basis Ik <15 kA
t k, t vs
10 kV
2
1
40
F2
1000/ . . A
Ringverbindung
Q1
630 A
Ik R.1
100 A
(160 A
wahlweise)
S n = 630 kVA
Ukr = 6%
Ik max = 15 kA
S
Ringverbindung
630 A
Ik R.2
IkT
0,4 kV
Q1
F1
630 A
20
s
IkΣ=
Ik T+Ik R.1+Ik R.2
10
≈25% Sicherheitsabstand
Ia min
erforderlich
6
4
Streuband
2
mit Rückwärtsschutz
1
600
400
200
ms
100
60
40
Hauptsächlicher Einsatz bei Transformatoren von Bemessungsleistungen bis 400 kVA unter Verwendung
von NH-Sicherungslasttrennern oder
-motortrennern (größter Bemessungsstrom 630 A); ab 500 kVA werden
vorwiegend Leistungsschalter mit
Überstromauslösern auf der Niederspannungsseite verwendet.
Ein Tangieren der Schmelzzeit-StromKennlinien F2 (NH) und F3 (HH) –
bezogen auf 0,4 kV – und eine eventuelle Auslösung des Lasttrennschalters auf der Mittelspannungsseite
durch die vorgeschaltete HH-Sicherung kann in Kauf genommen werden, weil beide Sicherungen das gleiche Netzelement schützen und eine
Unterbrechung in jedem Fall erfolgt
(eingeschränkte Selektivität). HH-Sicherungen größeren Bemessungsstroms (z. B. 160 A wie in Grafik 3/40)
wären hier nicht geeignet, denn deren
kleinster Ausschaltstrom I a min liegt
bei 12 kA, also weit über dem Kurzschlussstrom I k, den der Transformator durchlässt (max. 9,5 kA).
20
Staffelung von HH-Sicherungen
mit Maschennetzschaltern und
nachgeordneten NH-Sicherungen
10
6
A bei 0,4 kV 1000
A bei 10 kV
tk
t vs
Ik
Q1
40
2000 3000
80
5000
120
10000
200
400
20000
50000
800
2000
I
Kommandozeit für Maschennetzrelais von Schalter Q1
Virtuelle Schmelzzeit für Sicherungen
Kurzschlussstrom bei Transformator-Einzelbetrieb
Auslösekennlinie des Maschennetzrelais S bei Einstellung auf 1,2 In Wandler = 1200 A
Kleinster Ausschaltstrom Ia min der HH-Sicherung
Grafik 3/40 Beispiel einer Staffelung von HH-Sicherungen – Maschennetzrelais in der
Einspeisung – NH-Sicherungen im Abzweig bei einem 630-kVA-Transformator
Weitere Angaben über Sicherheitsabstände, z. B. bei Staffelungen nach
Grafik 3/38, Fall b und c, sind in den
folgenden Ausführungen enthalten.
3/54
Staffelung von HH- mit NH-Sicherungen in der Einspeisung
Staffelung mit NH-Sicherungen
Beispiel für einen Transformator mit
einer Bemessungsleistung von
400 kVA (Grafik 3/39):
Totally Integrated Power by Siemens
Wahl des HH-Sicherungs-Bemessungsstroms
Im vermaschten Netz mit mehreren
Transformatoren und Netz-Parallelbetrieb erhalten die Niederspannungseinspeiseschalter keine Überstromauslöser (LS), sondern getrennt angeordnete Maschennetzrelais 7RM19,
die nur bei Rückströmen ansprechen.
Bedingt durch den Wegfall des
Staffelglieds „LS-Auslöser“ muss die
Reichweite des Reserveschutzes der
HH-Sicherung entsprechend Grafik
3/38 Fall b verlängert werden. Dies
wird im Beispiel Grafik 3/40 durch die
Wahl der HH-Sicherung mit dem
kleineren Bemessungsstrom erreicht.
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Netzschutz/Schutzkoordination
Die Annäherung der Kennlinien F1
und F2 führt dabei zu keiner Beeinträchtigung der Selektivität, denn die
Ringverbindungen wirken im Fehlerfalle auch als Einspeisungen, sodass
durch die Aufteilung des SummenKurzschlussstroms I k∑ im Abzweig
auf die Einspeisungen (in Grafik 3/40
mit den beiden Ringverbindungen)
eine Verbesserung der Selektivität
eintritt. Diese wird erreicht, weil über
die NH-Sicherung F1 ein größerer
Kurzschlussstrom (I k∑) fließt als über
die HH-Sicherung F2 (I kT).
Staffelung von HH-Sicherungen
mit Niederspannungs-Leistungsschalter und nachgeordneten
NH-Sicherungen am Beispiel eines
630-kVA-Transformators
Voraussetzungen
Zwischen den Schutzgeräten der Abzweige und denen in der Einspeisung,
die eine Funktionseinheit bilden, ist
Selektivität herzustellen, wobei zwischen der Kennlinie einer NH-Sicherung und der eines S-Auslösers ein
Sicherheitsabstand von mindestens
100 ms erforderlich ist (Grafik 3/41).
Zwischen NH-Sicherungen und
S-Auslösern
Bei dem im Beispiel gewählten
NH-Sicherungseinsatz 400 A ist somit
Selektivität gegeben. Beim S-Auslöser, Einstellwert 6 kA, müssen der
Einstellwert und die Verzögerungszeit
td angepasst werden.
In derartigen Fällen ist Selektivität
besser mit nachgeordneten Leistungsschaltern, z. B. SENTRON WL (Grafik
3/43), oder bei einem erheblich
leistungsstärkeren Transformator erreichbar, dessen zugehöriger Leistungsschalter einen höheren Einstellwert am S-Auslöser ermöglicht.
40
10 kV
20
t s, tv
10
min
F1
400 A
(630 A)
6
4
F2
100 A (160 A)
nicht
selektiv
Basis Ik <15 kA
TIP_Kap03_D
F2
630 kVA
Ukr 6%
3 WL1
1000 A
t v=220 ms
L
Q1 S
2
100 A
(160 A wahlweise)
Q1
1
40
F1
0,4 kV
400 (630) A
20
s
selektiv
10
Isd=6 kA
6
4
Ik <15 kA
Ia min
≈25% Sicherheitsabstand
(erforderlich)
Streuband
2
Einstellbereich S
Q1
1
600
400
200
ms
tv
Sicherheitsabstand 100 ms
Sicherheitsabstand 100 ms
(erforderlich)
100
60
40
20
10
6
A bei 0,4 kV 1000
A bei 10 kV
40
2000 3000
80
120
5000
200
10000
400
t s Schmelzzeit bei Sicherungen
t v Verzögerungszeit S-Auslöser (Q1)
Kleinster Ausschaltstrom Ia min der HH-Sicherung
20000
50000
800
2000
I
Grafik 3/41 Beispiel einer Staffelung von HH-Sicherungen F2 mit Leistungsschalter Q1 und nachgeordneter NH-Sicherung F1 im Abzweig
3/55
3
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Seite 56
Zwischen HH-Sicherungen und
S-Auslösern
Nachdem die Schutzgeräte der Einspeisung eine Funktionseinheit bilden,
wird bei Fehlern im Sammelschienenbereich eine Einschränkung der Selektivität im oberen Kurzschlussstrombereich, wie sie bei der HH-Sicherung
100 A in Grafik 3/42 (Kreis) gegeben
ist, in Kauf genommen.
40
t s, tv
min
630 A
F2
nicht selektiv
100 A (160 A)
(Q1 wählen)
6
4
Isd=6 kA
Q2
10
6
4
200
ms
100
60
40
Q1
Ik <15 kA
Ia min
0,4 kV
3 WL1
630 A
tv1=
100 ms
≈25% Sicherheitsabstand
(erforderlich)
Streuband
L-Kennlinie
nicht dargestellt Q1
Isd=3,6 kA
1
600
400
630 kVA
Ukr 6%
3 WL1
1000A
t v2=220 ms
F1
630 A
20
2
100 A
(160 A wahlweise)
l Q2
1
40
s
F2
L
Q2 S
2
Streubandbreite von HH-Sicherungen
Nach EN 60282-1/ DIN VDE 0670-4
darf die Streubandbreite von HHSicherungseinsätzen ± 20% betragen.
Siemens-Sicherungseinsätze haben
eine Streubandbreite von ± 10%.
3/56
F1
10
Sicherheitsabstand HH-Sicherung/
S-Auslöser
Wird dagegen Selektivität gefordert,
z. B. bei verschiedener Schalthoheit
auf den beiden Spannungsebenen
oder zur Vermeidung von Eingriffen in
die Mittelspannungs-Schaltanlage
beim Auswechseln von HH-Sicherungen, dann soll auf der Basislinie I k ein
Sicherheitsabstand von etwa 100 ms
von der Kennlinie des S-Auslösers zur
linken Begrenzung des Streubandes
der Schmelzzeit-Strom-Kennlinie der
HH-Sicherung gegeben sein.
Ergebnis:
Bei der Wahl von Leistungsschaltern
anstelle von NH-Sicherungen hoher
Bemessungsströme ist leicht Selektivität erreichbar, Überschneidungen
der Kennlinien Q1 und F2 sind möglichst zu vermeiden, da sonst Gefahr
von Fehlauslösungen gegeben ist.
In solchen Fällen werden die HHSicherungseinsätze mit dem größeren
Bemessungsstrom gewählt.
10 kV
20
Basis Ik <15 kA
TIP_Kap03_D
selektiv
t v2=220 ms
tv2
Sicherheitsabstand
≥100 ms
t v1=100 ms
tv1
Sicherheitsabstand ≈100 ms
Größere Überschneidungen
von Q1 und F2 möglichst vermeiden
20
10
6
A bei 0,4 kV 1000
A bei 10 kV
40
2000 3000
80
120
5000
200
10000
400
20000
50000
800
2000
t s Schmelzzeit bei Sicherungen
t v1 Verzögerungszeit S-Auslöser (Q1)
t v2 Verzögerungszeit S-Auslöser (Q2)
Kleinster Ausschaltstrom Ia min
Grafik 3/42 Beispiel einer Staffelung von HH-Sicherungen F2 mit Leistungsschalter Q2
und nachgeordnetem Leistungsschalter Q1 mit LS-Auslöser im Abzweig
Totally Integrated Power by Siemens
I
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15:53 Uhr
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Netzschutz/Schutzkoordination
40
t s, tv,t ö
20
10
min
F1
400 A
6
4
Q3
I> = 200 A
2
l Q2
1
40
20
s
Basis IkT <15 kA (Einzelbetrieb)
TIP_Kap03_D
Isd = 6 kA
Q2
10
6
4
Q3
60/1 A
10 kV
630 A
t k ≈ 500 ms
I>
I>>
630 kVA
U kr 6%
3 WL
1000A
t v = 220 ms
H.V.
0,4 kV
L
F1
I
400 A
Q1
630 A
I k <15 kA
L
Q2 S
Einstellbereich S
2
1
t k ≈ 500 ms
600
400
Sicherheitsabstand ≈ 300 ms
t v ≈ 220 ms
200
ms
100
i
6 kA
20
10
Q1 t ö
6
A bei 0,4 kV 1000
40
2000 3000
80
120
Voraussetzungen
Die beiden Einspeiseschalter (in
Grafik 3/43) bilden eine Funktionseinheit und sind gegen die niederspannungsseitigen Schutzgeräte
selektiv zu staffeln.
Abzweige mit NH-Sicherungen
Sind NH-Sicherungen nachgeordnet,
dann ist Selektivität bei Leistungsschaltern mit mechanischen Auslösern (3WF) nur bis zu einem bestimmten maximalen SicherungsBemessungsstrom erreichbar; im
Beispiel Q2 mit mechanischen
S-Auslösern (Einstellbereich 3 bis
6 kA) bis ≤ 400 A für F1. Bei Leistungsschaltern SENTRON WL mit dem
S-Auslöser-Bereich 2 bis 12 · I r sind
auch größere NH-Sicherungen selektiv.
I>> = 792 A
Q3
t k ≈ 50 ms
60
40
A bei 10 kV
Q2
Sicherheitsabstand
≥ 100 ms
Schutz durch Leistungsschalter
mit unabhängigem Überstromzeitschutz (UMZ)
5000
200
t ö Öffnungszeit Schalter (Q1)
t v Verzögerungszeit s-Auslöser (Q2)
t vs Schmelzzeit bei Sicherungen F1
t k Kommandozeit des UMZ-Schutzes (Q3)
10000
400
20000
50000
800
2000
I
Grafik 3/43 Beispiel einer Staffelung von Leistungsschalter mit UMZ-Schutz (Q3), Leistungsschalter SENTRON WL, 1000 A mit ls-Auslösern (Q2) und nachgeordneten Abzweigen,
z. B. NH-Sicherung 400 A (F 1) und Verteilerschutzschalter 630 A (Q1) in einem
Transformatorabzweig 630kVA
Abzweige mit gemischter
Bestückung
Bei gemischter Gerätebestückung der
Abzweige ist der Sicherheitsabstand
von mindestens 100 ms zum größten
zulässigen NH-Sicherungseinsatz für
F1 ausschlaggebend für die Einstellung des S-Auslösers von Q2. Bei
mechanischen S-Auslösern mit dem
höchsten Einstellstrom von 6 kA ergibt sich beim kleinsten zulässigen
Sicherheitsabstand von 100 ms eine
Verzögerungszeit td von 220 ms.
Damit ist die Ausgangslage für alle
weiteren Staffelungen nach oben und
unten im Diagramm gegeben.
Abzweige mit Leistungsschalter
Nachdem mit NH-Sicherungen größeren Bemessungsstroms (siehe Grafik
3/41) keine Selektivität erreichbar ist,
werden Leistungsschalter für zeitoder, falls möglich, stromselektive
Staffelung gewählt.
3/57
3
TIP_Kap03_D
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15:53 Uhr
Seite 58
Unter der Annahme, dass die Nachrechnung der Kurzschlussströme eine
stromselektive Staffelung ermöglicht,
wurde ein Verteilerschutzschalter
630 A (Q1) mit LI-Auslösern gewählt.
Das Schneiden der Kennlinien Q2 und
Q3 im mittleren Kurzschlussbereich
kann zugelassen werden, weil
C der Schutz des Transformators vor
Überlastung, die praktisch nur im
Bereich des 1- bis 1,3fachen Transformator-Bemessungsstroms auftritt, durch den L-Auslöser des Niederspannungs-Leistungsschalters
Q1 (in Grafik 3/43 nicht dargestellt)
gegeben ist;
C ein Sicherheitsabstand von
≥ 150 ms (im Beispiel in Grafik 3/43
≈ 300 ms) zwischen dem Ansprechwert der I >-Auslösung des UMZSchutzes und der NH-Sicherungskennlinie F1 vorhanden ist und damit Selektivität vorliegt.
Je größer die Bemessungsleistung
des Transformators und dementsprechend der Einstellbereich des s-Auslösers von Q2 ist, umso leichter kann
die Kennlinie Q3 I > nach links von
der Kennlinie Q2 s verschoben werden, wodurch zusätzlich ein gewisser
Reserveschutz zum I -Auslöser des
Schalters Q2 erreicht wird.
UMZ-Schutz
Als UMZ-Schutz werden heute fast
nur noch digitale Geräte eingesetzt.
Diese haben größere Einstellbereiche,
die Wahlmöglichkeit zwischen unabhängigem (UMZ) oder abhängigem
(AMZ) Überstromzeitschutz oder
Überlastschutz, höhere und gleich
bleibende Messgenauigkeit und sie
überwachen sich selbst.
Stromwandler-Auswahl für UMZSchutz
Bei der Auswahl der Stromwandler
für den UMZ-Schutz ist Folgendes zu
beachten: (die Betrachtung ist an
dem Beispiel in Grafik 3/43 durchgeführt.)
Bei dem oberspannungsseitigen
Bemessungsstrom von 36,4 A des
630-kVA-Transformators, der Lage
der Kennlinie Q3 I > bei 200 A auf der
Abszisse für 10 kA und den großen
Einstellbereichen könnten Stromwandler von 40 A bis 200 A gewählt
werden. Dabei dürfen die höheren
Investitionen für Stromwandler
kleiner Primärbemessungsströme
nicht übersehen werden.
Werden beispielsweise Stromwandler
60/1 A gewählt, dann sind die Stromgeber wie folgt einzustellen:
Einstellen der Stromgeber I >, I >>
und Zeitgeber
Stromgeber I >:
bei gewähltem Ansprechwert 200 A
ergibt sich ein Einstellwert
200 A
I p= ______ = 3,3 A
60/1
Zeitgeber für I >-Anregung:
tI > = 0,5 s
Stromgeber I >>:
Der Stromgeber I >> soll nur bei oberspannungsseitigen Fehlern (schnellstmöglich) ansprechen.
Ansprechstrom I >> etwa I kT · 1,20
(Sicherheitsabstand zu I kT)
IrT · 100% __________
36,4 A · 100%
IkT = _______
=
= 606,6 A
ukr
6%
Ansprechstrom = I kT · 1,2 = 728 A
Ansprechstrom (sekundärseitig) =
728 A
I p= ______ ≈ 12,1 A
60/1
3/58
Totally Integrated Power by Siemens
3.5.2 Schutzgeräte für
Verteilungstransformatoren
(gegen innere Fehler)
Zur Erfassung innerer Fehler bei
Transformatoren werden folgende
Melde- und Schutzgeräte eingesetzt:
C Geräte für das Überwachen und
den Schutz von flüssigkeitsgekühlten Transformatoren, wie Buchholzschutz, Wärmewächter, Kontaktthermometer u. a.
C Temperaturüberwachungssysteme
für GEAFOL®-Gießharztransformatoren, bestehend aus:
– Temperaturfühlern in der Unterspannungswicklung sowie
– Melde- und Auslösegeräten im
Einspeiseschaltfeld.
Dieser Temperaturvollschutz schützt
den Transformator vor unzulässiger
Erwärmung bei erhöhter Umgebungstemperatur oder Überlast. Außerdem
ermöglicht er das volle Ausnutzen der
Transformatorleistung auch bei beliebigen Lastspielen ohne Gefahr für
den Transformator.
Diese Melde- und Schutzgeräte sind
nicht im Staffeldiagramm (siehe z. B.
Grafik 3/29) zu berücksichtigen.
TIP_Kap03_D
11.05.2005
15:53 Uhr
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Netzschutz/Schutzkoordination
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