Netzschutz und Schutzkoordination
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Netzschutz und Schutzkoordination
TIP_Kap03_D 11.05.2005 3 15:51 Uhr Seite B Netzschutz und Schutzkoordination 3.1 Begriffe 3.2 Schutzgeräte für Niederspannungsnetze 3.3 Selektivität in Niederspannungsnetzen 3.4 Schutz von Kondensatoren 3.5 Schutz von Verteilungstransformatoren TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite C Netzschutz und Schutzkoordination kapitel 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 2 3 Netzschutz/Schutzkoordination Netzform Während in Gebäude- und Industrienetzen die Mittelspannung meist als Liniennetz aufgebaut ist, werden niederspannungsseitig eher radiale Netzformen (Strahlennetze, Doppelstichnetze) gewählt. Zur Aufteilung der Leistung von der Einspeisung bis zum Verbraucher ist eine Anzahl von Schaltanlagen und Verteilern notwendig, deren Schutzgeräte dann in Reihe geschaltet sind. Aufgaben des Netzschutzes Der Netzschutz hat die Aufgabe, Fehler zu erfassen und gestörte Netzteile selektiv aus dem Netz herauszutrennen. Er soll dabei durch kurze Abschaltzeiten die Fehlerenergie begrenzen und die Auswirkung von Störlichtbögen klein halten. Hohe Leistungsdichte, große Einzelleistungen und relativ kurze Entfernungen in Industrie- und Gebäudenetzen bedingen eine enge Verknüpfung von Nieder- und Mittelspannungsnetzen. Vorgänge im Niederspannungsnetz (Kurzschluss, Anlaufstrom) wirken sich auch im Mittelspannungsnetz aus. Umgekehrt hat der Schaltzustand des Mittelspannungsnetzes Einfluss auf die Selektivschutzkriterien im unterlagerten Netz. Gegenseitige Beeinflussung der Netze Netz- und Schutzgestaltung sind deshalb im gesamten Verteilungssystem abzustimmen und die Schutzfunktionen zu koordinieren. Dieses Kapitel umfasst im Wesentlichen die Errichtung von elektrischen Energieverteilungsanlagen im Niederspannungsnetz. Es wird deshalb auch bei der Betrachtung des Netzschutzes das Hauptgewicht auf die Nieder- 3/2 spannungsseite gelegt. Spezielle Anforderungen des Netzschutzes der Mittelspannung sind in Kapitel 4 „Mittelspannung“ und 8 „Schutzund Schaltanlagenleittechnik“ beschrieben. 3.1 Begriffe Der Schutz elektrischer Anlagen in einem Netz erfolgt entweder durch die den Anlagenteilen zugeordneten Schutzgeräte oder durch Kombinationen derselben. Reserveschutz Bei Versagen eines Schutzgerätes muss das übergeordnete Gerät den Schutz übernehmen (Reserveschutz). Bemessungs-Kurzschlussausschaltvermögen Das Bemessungs-Kurzschlussausschaltvermögen ist der Maximalwert des Kurzschlusses, welchen das Schutzgerät in der Lage ist, vorschriftsmäßig abzuschalten. Bis zu diesem Wert darf das Schutzgerät auch in einem Netz eingesetzt werden. Back-up-Schutz Tritt an einer Stelle des Netzes ein Kurzschluss auf, der höher als das Bemessungsschaltvermögen des eingesetzten Schutzgerätes ist, so muss der Back-up-Schutz durch ein vorgeordnetes Schutzgerät den Schutz des nachgeordneten Anlagenteils und den des Schutzgerätes sicherstellen (Staffelung). Selektivität Das Thema Selektivität wird besonders in den letzten Jahren immer mehr diskutiert und zum Teil pauschal in Ausschreibungen gefordert. Durch die Komplexität dieses Themas sind oft nur ungenügend Informationen zur Auswahl und Anwendung zu finden. Die Anforderungen Totally Integrated Power by Siemens als auch auch Auswirkungen nach Vollselektivität oder Teilselektivität in den Energieverteilungsnetzen sollten je nach Norm, Branche, Land, Netzform bzw. Netzstruktur mit den jeweiligen Netzplanern, Errichtern und Betreibern vorher geklärt werden. Zu beachten ist auch die Gesamtvernetzung mit den 5 Regeln der Stromkreisdimensionierung. Nachfolgend werden einige Begriffe und Definitionen zum besseren Verständnis beschrieben. Sollten Sie noch weitere und detailliertere Anwendungen wünschen, wenden Sie sich bitte an Ihren Siemens-Ansprechpartner. Vollselektivität Zur Wahrung der Versorgungssicherheit von Energieverteilungen wird immer mehr volle Selektivität gefordert. Als vollselektiv wird ein Netz bezeichnet, wenn in Energieflussrichtung gesehen (von der Einspeisung zum Verbraucher) nur das der Fehlerstelle vorgeordnete Schutzgerät abschaltet. Bemerkung: Volle Selektivität bezieht sich immer auf einen satten, dreiphasigen und damit auf den maximalen Kurzschlussstrom an der Einbaustelle. Teilselektivität Teilselektivität heißt, die betreffende Gerätekombination (vor- und nachgeordnet) ist nicht bis zu dem maximalen, dreiphasigen, satten Kurzschlussstrom I kmax selektiv. Unter gewissen Umständen reicht auch eine Teilselektivität bis zu einem bestimmten Kurzschlussstrom. Für ungünstige Fehlerfälle sind dann Wahrscheinlichkeit des Eintretens und Folgewirkungen für den Verbraucher gegeneinander abzuwägen. 1) Beschreibung und Arbeitsweise von Niederspannungs-Schalt- und Schutzgeräten, Begriffe und Definitionen siehe auch Siemens-Fachbuch „Schalten, Schützen, Verteilen in Niederspannungsnetzen“, Publicis MCD Verlag Erlangen TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 3 Netzschutz/Schutzkoordination stromabhängig verzögert t t stromabhängig stromunabhängig verzögert I 2 . t = konstant stromunabhängig Schnellauslösung unverzögert NH-Sicherung NiederspannungsLeistungsschalter mit Auslösern HH-Sicherung I I Veränderbare Kennlinienbzw. Einstellbereiche Veränderbare Kennlinienbzw. Einstellbereiche Grafik 3/1 Schutzkennlinie von NH-Sicherung und NiederspannungsLeistungsschalter mit Auslösern 3.1.1 Schutzeinrichtungen und Hauptmerkmale Niederspannungsseitige Schutzgeräte1) NH-Sicherungen NH-Sicherungen haben ein hohes Kurzschluss-Ausschaltvermögen und begrenzen durch ihr schnelles Abschmelzen den Kurzschlussstrom sehr stark. Die Schutzkennlinie ist durch die Auswahl der Betriebsklasse der NH-Sicherung – z. B. Ganzbereichssicherung als Überlast- und Kurzschlussschutz oder Teilbereichssicherung nur als Kurzschlussschutz – und des Bemessungsstroms gegeben (Grafik 3/1). NiederspannungsLeistungschalter, IEC 60947-2 Leistungsschalter für Energieverteilungsanlagen unterscheiden sich im Wesentlichen in der Bauart (offene oder kompakte Bauform), der Einbauart (Festeinbau, steckbar, Einschub), dem Bemessungsstrom (max. Nennstrom des Schalters), der Strombegrenzung (strombegrenzend (MCCB): oder nicht strombegrenzend (ACB)), den Schutzfunktionen (siehe Auslöser), der Kommunikationsfähigkeit (Fähigkeit der Datenübertragung aus und in den Schalter) und der Gebrauchskategorie (A oder B, siehe IEC 60947-2). Auslöser / Schutzfunktion Die Schutzfunktion des Leistungsschalters im Energieverteilungsnetz wird durch die Wahl des entsprechen- MittelspannungsLeistungsschalter mit Überstromzeitschutz Grafik 3/2 Schutzkennlinie von HH-Sicherung und mittelspannungsseitigem Überstromzeitschutz den Auslösers bestimmt. Die Auslöser unterscheiden sich in so genannte thermomagnetische Auslöser (früher auch als elektromechanische Auslöser bezeichnet) und elektronische Auslöser (ETU). C Überlastschutz Bezeichnung: L oder auch a (L = Long Time Delay) Stromabhängig, verzögerte Überlastauslöser werden je nach Auslösertyp mit optionalen Kennlinien angeboten. C Kurzschlussschutz, unverzögert Bezeichnung: I (früher auch n) (I = Instantaneous), z.B. Magnetauslöser. Je nach Applikation werden I-Auslöser sowohl mit fester, einstellbarer als auch mit Off-Funktion angeboten. C Kurzschlussschutz, verzögert Bezeichnung: S (früher auch z) (S = Short Time Delay). Für eine zeitliche Anpassung von Schutzfunktionen in Reihe. Neben den Standardkennlinien und Einstellungen werden auch optionale Funktionen für bestimmte Applikationen angeboten. Stromunabhängige Überstromauslöser: Bei dieser „Standard-S-Funktion“ wird die gewünschte Verzögerungszeit (tsd) ab einem eingestellten Stromwert (Schwellwert Isd) definiert eingestellt (definierte Zeit; definite time; ähnlich der UMZ-Funktion in der Mittelspannung) Stromabhängiger Überstromauslöser: Bei dieser optionalen S-Funktion ist das Produkt I 2t immer konstant. Diese Funktion wird im Allgemeinen zur Sicherstellung einer höheren Selektivität eingesetzt (ähnlich der AMZFunktion in der Mittelspannung; inverse time) C Erdschlussschutz Bezeichnung: G (früher auch g) (G = Ground Fault). Neben der Standardfunktion (strom-unabhängig) wird auch hier eine optionale Funktion (I 2t = stromabhängige Verzögerung) angeboten. C Fehlerstromschutz Bezeichnung: RCD (früher auch DI) (RCD = Residual Current Devise) zur Erfassung von Differenzfehlerströmen bis 3 A, ähnlich der FI-Funktion zum Personenschutz (bis 500 mA). Elektronische Auslöser bieten darüber hinaus neuartige Auslösekriterien, welche mit elektromechanischen Auslösern nicht realisierbar sind. Schutzkennlinien Die Schutzkennlinie ist durch den Schalter-Bemessungsstrom sowie die Einstell- und Ansprechwerte der Auslöser gegeben (siehe Tabelle 3/5). Niederspannungs-Leitungsschutzschalter (MCB) Leitungsschutzschalter können nach ihrer Arbeitsweise – stark und schwach strombegrenzend – unterschieden werden. Die Schutzfunktionen werden durch elektromechanische Auslöser bestimmt: 3/3 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 4 Auslöser C Überlastschutz durch stromabhängig verzögerte Überlastauslöser, z. B. Bimetallauslöser, C Kurzschlussschutz durch unverzögerte Überstromauslöser, z. B. Magnetauslöser. Mittelspannungsseitige Schutzgeräte HH-Sicherungen HH-Sicherungen können nur als Kurzschlussschutz eingesetzt werden. Sie haben keine Überlastschutzfunktion. Es ist deshalb ein Mindestkurzschlussstrom für einwandfreies Auslösen erforderlich. HH-Sicherungen begrenzen den Stoßkurzschlussstrom. Die Schutzkennlinie ist durch die Auswahl des Bemessungsstroms gegeben (Grafik 3/2). Mittelspannungs-Leistungsschalter Leistungsschalter erhalten eine Schutzfunktion durch Schutzeinrichtungen wie Überstromzeitschutz (stromunabhängig oder stromabhängig), Überstromzeitschutz mit zusätzlicher Richtungsfunktion oder Differenzialschutz. Distanzschutz wird in den betrachteten Verteilungsnetzen kaum eingesetzt. Schutzkennlinien Für Schutzeinrichtungen im Mittelspannungsnetz werden Sekundärrelais verwendet, deren Schutzkennlinie auch durch die Stromwandlerübersetzung bestimmt wird. In zunehmendem Maße werden statische, digitale Schutzeinrichtungen bevorzugt. 3.1.2 NiederspannungsSchutzgerätekombination Kombinationen von Schutzgeräten In Energierichtung können bei den nacheinander geschalteten Verteilern folgende Schutzgeräte in Reihe liegen: C Sicherung mit nachgeordneter Sicherung, 3/4 C Leistungsschalter mit nachgeordnetem Leitungsschutzschalter, C Leistungsschalter mit nachgeordneter Sicherung, C Sicherung mit nachgeordnetem Leistungsschalter, C Sicherung mit nachgeordnetem Leitungsschutzschalter, C mehrere parallele Einspeisungen mit oder ohne Kupplungen mit nachgeordnetem Leistungsschalter oder nachgeordneter Sicherung. Bei vermaschten Niederspannungsnetzen ist die Stromselektivität zu überprüfen. Bei den in das Niederspannungsnetz einspeisenden Transformatoren ist der ober- und unterspannungsseitige Schutz aufeinander und auf den weiteren Schutz des unterlagerten Netzes abzustimmen. Die Auswirkungen auf das überlagerte Mittelspannungsnetz müssen überprüft werden. Im Mittelspannungsnetz sind HHSicherungen in der Regel nur vor den Transformatoren der Niederspannungseinspeisung vorhanden. Bei den vorgeordneten Leistungsschaltern liegen meist nur ÜberstromZeitschutzeinrichtungen mit unterschiedlicher Charakteristik in Reihe. Differenzialschutz beeinflusst nicht oder nur gering die Staffelung der weiteren Schutzeinrichtungen. 3.1.3 Selektivitätskriterien Neben den primären Einsatzkriterien eines Schutzgerätes – Bemessungsstrom und Bemessungsschaltvermögen – ist für eine optimale Versorgungssicherheit vor allem die Selektivität ein wesentliches Kriterium. Für die selektive Arbeitsweise der in Reihe liegenden Schutzgeräte sind folgende Kriterien anwendbar: C nur der Zeitunterschied der Abschaltung (Zeitstaffelung), Totally Integrated Power by Siemens C nur der Stromunterschied der Ansprechwerte (Stromstaffelung), C die Kombination aus Zeit- und Stromstaffelung (stromabhängige Zeitstaffelung). Darüber hinaus werden Leistungsrichtung (Richtungsschutz), Impedanz (Distanzschutz) und Stromdifferenz (Differenzialschutz) eingesetzt. Voraussetzungen für selektives Verhalten der Schutzgeräte Selektivität lässt sich nur erreichen, wenn bei der Projektierung sowohl die höchsten (IKmax) als auch die niedrigsten (IKmin) Kurzschlussströme für die markanten Netzpunkte bekannt sind. Daraus ergibt sich: C Der höchste auftretende Kurzschlussstrom entscheidet über das erforderliche Bemessungskurzschlussschaltvermögen Icu/ Ics des Leistungsschalters. Kriterium: Icu/ Ics > IKmax C Der niedrigste auftretende Kurzschlussstrom ist für die Einstellung des Kurzschlussauslösers wichtig; der Ansprechwert dieses Auslösers muss niedriger sein als der kleinste auftretende Kurzschlussstrom am Ende der zu schützenden Strecke. Denn nur bei dieser Einstellung von Id bzw. Isd kann gewährleistet werden, dass der Überstromauslöser seine Personen- und Anlagenschutzfunktion erfüllen kann. Achtung: Bei diesen Einstellungen sind die zulässigen Einstell-Toleranzen von ± 20% zu beachten! Kriterium: Isd ≤ IKmin – 20 % C Die Forderung nach Einhaltung der Auslösebedingungen bestimmt die maximalen Leitungslängen oder deren Querschnitte. C Selektive Stromstaffelung lässt sich nur nach Kenntnis der Kurzschlussströme erreichen. C Eine Teilselektivität über die TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr a Seite 5 Netzschutz/Schutzkoordination Ik tg2 ta1 Ansprechzeit Schalter Q1 ta2 Ansprechzeit Schalter Q2 te1 Eigenzeit des Schalters Q1 Eigenzeit des Schalters Q2 td2 Verzögerungszeit Schalter Q2 ≈ Staffelzeit tst2 a te2 L I Q2 t v2 ≈150 ms td2 ≈ tst2 ta2 te2 tL2 to- 2 to-1 ta1 L I Q1 M Grafik 3/3 tö-1 = 3 bis 30 ms je nach Schalterart und Höhe des Kurzschlussstroms te1 tg1 tL1 tö1 Öffnungszeit Schalter Q1 tö2 Öffnungszeit Schalter Q2 tL1 Lichtbogendauer Schalter Q1 tL2 Lichtbogendauer Schalter Q2 tg1 Gesamtausschaltzeit Schalter Q1 tg2 Gesamtausschaltzeit Schalter Q2 (tg = tö+tL) Sicherheitszeit t Zeitablauf für den Ausschaltvorgang von zwei gestaffelten Niederspannungs-Leistungsschaltern bei Kurzschluss Stromstaffelung hinaus lässt sich auch durch aufeinander abgestimmte Schutzgerätekombinationen erreichen. C Grundsätzlich kann der höchste auftretende Kurzschlussstrom sowohl der dreipolige als auch der einpolige sein. C Im Bereich der Einspeisung ins Niederspannungsnetz wird der einpolige Fehlerstrom größer als der dreipolige, wenn Transformatoren mit der Schaltgruppe Dy im Einsatz sind. C Der einpolige Kurzschlussstrom wird dann zum kleinsten auftretenden Fehlerstrom, wenn die dämpfende Nullimpedanz der Niederspannungskabel wirksam wird. Für größere Anlagen ist es empfehlenswert, alle Kurzschlussströme über ein Rechnerprogramm zu ermitteln. Hierfür bietet unsere Dimensionierungs- und Berechnungssoftware SIMARIS design® optimale Voraussetzungen. Staffeln der Ansprechströme bei Anwendung der Zeitstaffelung Bei Anwendung der Zeitstaffelung wird auch die Staffelung der Ansprechströme einbezogen, d. h., der Ansprechwert des Überstromauslösers des vorgeordneten Leistungsschalters muss mindestens um den Faktor 1,25 höher eingestellt werden als der des nachgeordneten. Hierdurch wird die Streuung der Ansprechströme von unabhängig verzögerten Überstromauslösern S (≤ ± 10%) ausgeglichen. Zur Überprüfung und visuellen Darstellung der Selektivität empfiehlt es sich, die Auslösekennlinie der gestaffelten Schutzgeräte in ein Strom-ZeitDiagramm einzutragen. Zeitablauf bei Leistungsschaltern Bei der Staffelung der Ansprechströme ist auch der Zeitlauf für den Ausschaltvorgang der Leistungsschalter zu berücksichtigen. In Grafik 3/3 sind die einzelnen Zeitbegriffe am Beispiel von zwei gestaffelten Niederspannungs-Leistungsschaltern dargestellt. Staffelzeit, Verzögerungszeit Staffelzeit tsd ist der erforderliche Zeitabstand zwischen den Auslösekennlinien zweier in Reihe liegender Schutzgeräte, um mit Sicherheit nur das dem Fehler nächstvorgelegene Schutzgerät auszuschalten. Die Aufsummierung der Staffelzeiten ergibt die im Leistungsschalter einzustellende Verzögerungszeit tsd. 3.1.4 Anfertigen von Strom-Zeit-Diagrammen (Staffeldiagrammen) Anfertigen von Hand Allgemeine Hinweise Beim Eintragen der Auslösekennlinien in einem Doppel-Logarithmenpapier ist zu beachten: C Die Auslösekennlinien dürfen sich 3/5 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 6 Q1 120 100 40 t 20 min 10 Q2 Ik1 L (kalt) 4 2 1 weder überschneiden noch berühren, um eindeutig Selektivität zu erzielen. C Bei elektronischen stromabhängigen (lang)verzögerten Überstromauslösern gibt es nur eine Auslösekennlinie, denn sie wird vom Vorbelastungszustand nicht beeinflusst. Die gewählte Kennlinie muss daher für den betriebswarmen Motor oder Transformator geeignet sein. C Bei mechanischen stromabhängig (thermisch) verzögerten Überlastauslösern (L) gelten die in den Herstellerkatalogen dargestellten Kennlinien für den kalten Zustand. Bei betriebswarmem Zustand verringern sich die Öffnungszeiten tö bis auf 25%. Steuerbereich der Auslösekennlinien C Die in den Herstellerkatalogen enthaltenen Auslösekennlinien der Leistungsschalter stellen meist nur Mittelwerte dar und sind um die Streubereiche zu ergänzen (nur in den Grafiken 3/4, 3/20 und 3/24 vorgenommen). C Bei Überstromauslösern – unverzögerte Auslöser (I) und verzögerte Auslöser (S) – darf die Toleranz der Streubereiche ± 20% des Einstellstroms betragen (nach EN 60 947-2 / IEC 60 947-2 /VDE 0660 Teil 101). Maßgebende Auslösezeiten Übersichtshalber werden für Leistungsschalter mit stromunabhängig verzögerten Überstromauslösern (S) nur die Verzögerungszeit tsd und mit unverzögerten (I) die Öffnungszeit tö eingetragen. Wie staffeln? Verzögerungszeiten und Ansprechströme werden der Energierichtung entgegengesetzt gestaffelt, beginnend beim Endstromkreis: C ohne Sicherungen beim Verbraucherschalter mit dem größten Einstellstrom des Überstromauslösers, 3/6 s Ik2 20 10 4 2 1 400 200 100 ms I 40 20 10 2 3 4 6 102 2 3 4 6 103 2 3 4 6 104 2 3 4 6 105 Strom I (Effektivwert) Staffeldiagramm mit Auslösekennlinien der Schalter Q1 und Q2 von Grafik 3/3 C mit Sicherungen beim Sicherungsabzweig an der Sammelschiene mit dem größten Bemessungsstrom des Sicherungseinsatzes. Wenn sich bei Sicherungseinsätzen großer Bemessungsströme keine Selektivität zum stromunabhängig verzögerten Überstromauslöser (S) des Transformator-Einspeiseschalters oder nur bei sehr langen Verzögerungszeiten tsd (400 bis 500 ms) ergibt, dann werden anstelle der Sicherungen Leistungsschalter eingesetzt. Darüber hinaus werden Leistungsschalter eingesetzt, wenn eine hohe Anlagenverfügbarkeit gewünscht wird, da Störungen schneller behebbar sind und die Auslöser von Leistungsschaltern keiner Alterung unterliegen – insbesondere bei Abnehmern mit besonders langen Einspeisedistanzen. Vorgehen bei zwei oder mehreren Spannungsebenen Bei Betrachtung der Selektivitätsverhältnisse über zwei oder mehrere Spannungsebenen (Grafik 3/39 ff.) werden alle Ströme und Auslösekennlinien der Oberspannungsseite unter Berücksichtigung des TransformatorÜbersetzungsverhältnisses auf die Niederspannungsseite umgerechnet und übertragen. Totally Integrated Power by Siemens t v2 ≈180 ms to-1 <30 ms 2 101 Grafik 3/4 S tsdz ≈150 ms Arbeitshilfen zur Anfertigung von Staffeldiagrammen: C Vordrucke mit Stromwertepaaren bei gebräuchlichen Spannungen, z. B. für 20 / 0,4 kV, 10 / 0,4 kV, 13,8 / 0,4 kV und andere, C Schablonen zur Darstellung der Auslösekennlinien. Grafik 3/4 zeigt ein von Hand angefertigtes Staffeldiagramm mit Auslösekennlinien von zwei in Reihe geschalteten Leistungsschaltern ohne Berücksichtigung von Toleranzen. Hierbei wurde der Zeitablauf für den Ausschaltvorgang von Grafik 3/3 herangezogen (Zeitselektivität). Das Anfertigen der Staffeldiagramme von Hand ist nicht mehr notwendig bei Verwendung der Planungssoftware SIMARIS design. Niederspannungsseitige Zeitstaffelung Staffel- und Verzögerungszeiten Bei der Zeitstaffelung mehrerer in Reihe geschalteter Leistungsschalter oder in Verbindung mit NH-Sicherungen sind praktisch nur noch die Begriffe Staffelzeit tst und Verzögerungszeit tsd von Bedeutung (Grafik 3/5). Die Verzögerungszeit tsd2 des Schalters Q2 kann etwa mit der Staffelzeit TIP_Kap03_D 11.05.2005 a 15:52 Uhr Seite 7 Netzschutz/Schutzkoordination tst2 gleichgesetzt werden und die Verzögerungszeit tsd3 für den Schalter Q3 wird aus der Summe der Staffelzeiten tst2 + tst3 gebildet. Die dabei entstehenden Ungenauigkeiten werden durch die einkalkulierten Sicherheitszeiten wieder ausgeglichen und zur Vereinfachung werden nur die Staffelzeiten addiert. Bewährte Staffelzeiten tst Leistungsschalter in Reihe: Die so genannten „bewährten Staffelzeiten“ gelten als Richtwerte bzw. Faustformel. Exakte Angaben sind bei den jeweiligen Geräteherstellern zu erfragen. C Der zeitliche Abstand zwischen zwei Leistungsschaltern mit elektronischen Auslösern (Q1 und Q2) sollte ca. 70–80 ms betragen. C Der zeitliche Abstand zwischen Leistungsschaltern mit unterschiedlichen Auslösern (Q2 = ETU und Q3 = TM) sollte ca. 100 ms betragen. C Bei Leistungsschaltern mit ZSS (zeitverkürzte Selektivitäts-Steuerung) ist der zeitliche Abstand mit 50 ms vorgegeben. Unabhängig von der Ausführung des S-Auslösers – mechanisch oder elektronisch – ist zwischen einem Leistungsschalter und einer nachgeordneten NH-Sicherung eine Staffelzeit von 70 ms bis 100 ms erforderlich. Zwischen einer NH-Sicherung und einem nachgeordneten Leistungsschalter ist von der SchmelzzeitStromkennlinie der NH-Sicherung bis zur Schnittstelle der Auslösekennlinien l und i oder s eine Staffelzeit tst (Sicherheitsabstand) von mindestens 1 s unter Berücksichtigung des Streubandes des L-Auslösers einzuhalten (siehe Grafik 3/6). Back-up-Schutz Leitungsschutzschalter müssen gemäß Technischer Anschlussbedingungen (TAB) der Elektrizitäts-Versorgungsunternehmen (EVU) (siehe „Handbuch Elektrische Installations- technik“) zum Schutz gegen Beschädigung durch Kurzschlussströme Vorsicherungen mit höchstens 100 A Bemessungsstrom erhalten. Die Standards DIN VDE und IEC erlauben auch den Schutz eines Schaltgerätes durch eines der vorgeordneten Schutzgeräte mit dem entsprechenden BemessungskurzschlussSchaltvermögen, wenn dadurch sowohl der Abzweig als auch das nachgeordnete Schutzgerät geschützt wird (Back-up-Schutz). Literaturhinweis Literaturhinweis für Niederspannungsanlagen Weiterführende Hinweise über niederspannungsseitige Schalt- und Schutzgeräte können dem SiemensFachbuch „Schalten, Schützen, Verteilen in Niederspannungsnetzen“ und dem Handbuch „Elektrische Installationstechnik“, Publicis MCD Verlag Erlangen, entnommen werden. tö1 Öffnungszeit Schalter Q1 tst2 Staffelzeit für Schalter Q2 a Q3 L S tsd3 tst3 tsd3 Verzögerungszeit Schalter Q3 t sd3 ≈ (t st2 + t st3) t st3 Q2 L S tsd2 Staffelzeit für Schalter Q3 tsd2 Verzögerungszeit Schalter Q2 t sd2 ≈ t st2 L stromabhängig verzögert, Ir S stromunabhängig verzögert, Isd, tsd I unverzögert, Ii Sicherheitszeit t ö1 Q1 L I M Sicherheitszeit t Grafik 3/5 Zeitstaffelung mehrerer in Reihe geschalteter Leistungsschalter 3/7 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 8 Strom I Zeiteinstellung des überlagerten Schutzes Zeiteinstellung Staffelzeit t st des Schutzes Kommandozeit tk Kurzschlussstrom Ansprechstrom Streuzeit des Leistungs- Streuzeit Streuzeit des Schutzes schalters des Schutzes Laststrom Ausschaltzeit des Leistungsschalters Rückfallzeit Sicherheitszeit t Gesamtausschaltzeit t g des Leistungsschalters Grafik 3/6 Zeitstaffelung in Mittelspannungsanlagen Mittelspannungsseitige Zeitstaffelung Kommando- und Staffelzeit Mittelspannungsseitig ist beim Bestimmen der Staffelzeit tst zu beachten: Nach Anregung des Schutzgerätes (Grafik 3/6) läuft die eingestellte Zeit ab, bevor dieses den Auslösebefehl an den Arbeits- oder Ruhestromauslöser des Leistungsschalters gibt (Kommandozeit tk). Der Auslöser leitet die Unterbrechung der Leistungsschalter ein. Der Kurzschlussstrom ist nach Erlöschen des Lichtbogens unterbrochen. Die Staffelzeit tst zwischen aufeinander folgenden Schutzgeräten muss größer sein als die Summe aus der Gesamtausschaltzeit tg des Schalters und der Rückfallzeit des Schutzes. Da bei den Schutzgeräten (auch Leistungsschalter) mit einer von mehreren Faktoren abhängigen Zeitstreuung zu rechnen ist, wird in die Staffelzeit eine Sicherheitszeit einbezogen. Während bei Schutzgeräten mit mechanischen Auslösern keine kürzeren Staffelzeiten tst als 400 bis 300 ms erreicht werden, lassen die elektronischen und digitalen Auslöser Staffelzeiten von nur 300 oder 250 ms zu. Erst dann kehrt der Schutz in die Ruhe- bzw. Ausgangslage zurück (Rückfallzeit). 3/8 Totally Integrated Power by Siemens TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 9 Netzschutz/Schutzkoordination 3.2 Schutzgeräte für Niederspannungsnetze 3.2.1 Leistungsschalter mit Schutzfunktionen Die nachfolgenden Tabellen 3/1 und 3/2 geben einen Überblick der behandelten Schutzgeräte in Niederspannungsnetzen, wobei in Tabelle 3/2 auch die Schutzgeräte im Mittelspannungsnetz der Transformatorabzweige aufgeführt worden sind. Schutzaufgaben der Niederspannungs-Leistungsschalter Überstromschutz für Leitungen und Kabel Leitungen und Kabel müssen mit Überstromschutzgeräten gegen zu hohe Erwärmung geschützt werden, die sowohl durch betriebsmäßige Überlastung als auch durch vollkommenen Kurzschluss auftreten kann. (Handbuch „Elektrische Installationstechnik“, Publicis MCD Verlag Erlangen, Kapitel 1.7). Die in diesem Kapitel aufgeführten Schutzschaltgeräte und Sicherungssysteme sind in Kapitel 6 weitergehend beschrieben. C Leistungsschalter bei Verwendung im Motorstarter nach EN 60947-4-2 / IEC 60947-4-2 / DIN VDE 0660-102 C Leitungsschutzschalter für Kabel- und Leitungsschutz nach EN 60898 / IEC 60898 / DIN VDE 0641-11 Leistungsschalter dienen vor allem dem Überlast- und Kurzschlussschutz. Zur weiteren Erhöhung der Schutzwirkung können sie auch mit zusätzlichem Auslöser, z. B. für Abschaltung bei Unterspannung, oder mit Zusatzbausteinen zur Erfassung von Fehler-/Differenzströmen ausgerüstet werden (siehe hierzu auch Kapitel 6). Nullpunktlöscher/Strombegrenzer Entsprechend ihrer Arbeitsweise können Leistungsschalter als C Nullpunktlöscher oder als C Strombegrenzer (sicherungsähnlich strombegrenzend) ausgeführt sein. Beim Aufbau selektiver Verteiler eignen sich Nullpunktlöscher eher als vorgeordnete und Strombegrenzer mehr als nachgeordnete Schutzgeräte. Nach der Schutzaufgabe werden unterschieden: C Leistungsschalter für den Anlagenschutz nach EN 60947-2 / IEC 60947-2 / DIN VDE 0660-101 C Leistungsschalter für den Motorschutz nach EN 60947-2 / IEC 60947-2 / DIN VDE 0660-101 Überstromschutzgeräte Standard Überlastschutz Kurzschlussschutz Siehe auch Abschnitt Leitungsschutzsicherungen gL EN 60269/IEC 60269/DIN VDE 0636 × × Kap. 6.2.2 Leitungsschutzschalter EN 60898/IEC 60898/DIN VDE 0641-11 × × Kap. 6.2.4 Leistungsschalter mit Überlast- und Überstromauslöser EN 60947-2/IEC 60947-2/DIN VDE 0660-101 × × Kap. 6.2.1 Schaltgeräteschutzsicherungen aM EN 60269/IEC 60269/DIN VDE 0636 – × Kap. 6.2.2 EN 60269/IEC 60269/DIN VDE 0636 – × EN 60947-4-1/IEC 60947-4-1/DIN VDE 0660-102 × – EN 60947-2/IEC 60947-2/DIN VDE 0660-101 EN 60947-4-1/IEC 60947-4-1/DIN VDE 0660-102 – × × – Schaltgerätekombination aus Vorschaltsicherung der Betriebsklasse gL oder aM und Schütz mit Überlastrelais oder Starterschutzschalter und Schütz mit Überlastrelais × Schutz gegeben – Schutz nicht gegeben Tabelle 3/1 Übersicht über die in diesem Handbuch behandelten Überstromschutzgeräte für Leitungen und Kabel und deren Schutzbereich 3/9 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Eingesetzte Schutzgeräte Seite 10 MS Lasttrennschalter, HH-Sicherungen NS Leistungsschalter oder NH-Sicherungen gering Aufwand Leistungsschalter, Wandler, Überstromzeitschutz Lasttrennschalter, HH-Sicherungen Kuppelschalter Leistungsschalter Maschennetzschalter und -relais zweckmäßig hoch gering Mittelspannungsseite Transformatoren mit Wärmewächter oder Temperaturvollschutz Niederspannungsseite mit Reihenschaltungen verschiedener Schutzgeräte in Strahlennetzen sowie Parallelschaltungen von NH-Sicherungen im Netzverband I> I>> HH MS NS Einzelund Parallelbetrieb üblich HH MS NS MS NS Einzelund Parallelbetrieb üblich wahlweise ≤ 630 A nur Parallelbetrieb üblich S NH (Netzverband) ≤ 50 A, ≤ 100 A HH- bzw. NH-Sicherung I> I>> S Unabhängiger Überstromzeitschutz, zweistufig I> und I>>, an Stromwandler Maschennetzrelais (Leistungs-Richtungsrelais) an Stromwandler und Netzspannung Ausfahrbarer Leistungsschalter (mit Trennstelle) Blindleistungs-Regeleinheit Schütz Lasttrennschalter Überlastrelais Tabelle 3/2 Übersicht über die in diesem Handbuch behandelte Staffelung von Schutzgeräten in Transformator- und Niederspannungs-Abzweigen 3/10 Leistungsschalter Totally Integrated Power by Siemens TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 11 Netzschutz/Schutzkoordination Überlast- und Überstromschutz Die Tabellen 3/3 und 3/4 geben einen Überblick über Auslöser und Relais der Niederspannungs-Leistungsschalter. Tabelle 3/5 veranschaulicht die Ansprechbereiche der Überstromauslöser. Der Ansprechwert, bei dem die Auslösung erfolgt, darf nach den in Tabelle 3/1 genannten Standards um ± 20% vom eingestellten Wert abweichen. Überstromauslöser Die elektromagnetisch unverzögerten Überstromauslöser sind entweder fest eingestellt oder einstellbar, während die elektronischen Überstromauslöser bei Siemens-Leistungsschaltern grundsätzlich einstellbar sind. Bausteine Die Überstromauslöser können sowohl im Leistungsschalter eingebaut oder auch als Bausteine gesondert für späteren Einbau oder Austausch geliefert werden. Mögliche Ausnahmen sind den Herstellerangaben zu entnehmen. Überlastauslöser In Netzen mit hohem Oberwellenanteil sind stromabhängig (thermisch) verzögerte mechanische Überlastauslöser (L-Auslöser) nur bedingt geeignet. In diesem Fall sind Leistungsschalter mit elektronischen Überlastauslösern einzusetzen. Kurzschlussschutz mit S-Auslösern Bei Leistungsschaltern mit stromunabhängig (kurz) verzögerten Überstromauslösern (S) für den zeitselektiven Kurzschlussschutz ist zu beachten, dass die Leistungsschalter für eine bestimmte maximal zulässige thermische und dynamische Belastung ausgelegt sind. Wird durch die Zeitverzögerung diese Belastungsgrenze im Kurzschlussfall überschritten, so muss zusätzlich ein I-Auslöser Schutzfunktion Kurzzeichen Verzögerungsart des Auslösers Schaltzeichen nach EN 60 617/DIN 40 713 Schaltkurzzeichen oder Überlastschutz L Stromabhängig verzögert Selektiver Kurzschlussschutz (verzögert) S1) Stromunabhängig verzögert durch Zeitglied oder I2-abhängig verzögert Fehlerstrom-/ Differenzstrom-/ Erdschlussschutz (RCD) G1) Stromunabhängig verzögert oder I2-abhängig verzögert Kurzschlussschutz (unverzögert) I Schaltzeichen I> I> I Unverzögert I>> I> 1) Bei SENTRON 3WL- und SENTRON 3VL-Schaltern auch mit „Zeitverkürzter Selektivitäts-Steuerung“ (ZSS) In der weiteren Folge werden Auslöserkombinationen nur noch in der Kurzform als L, S und I-Auslöser usw. bezeichnet. Tabelle 3/3 Schaltzeichen für Auslöser nach Schutzfunktionen Aufgabe Auslöser Relais Überlastschutz Überlastauslöser stromabhängig verzögert oder elektronisch verzögert Überlastrelais thermisch verzögert oder elektronisch verzögert Thermistorschutz-Auslösegerät Kurzschlussschutz Überstromauslöser elektromagnetisch oder elektronisch unverzögert Überstromrelais elektromagnetisch unverzögert Selektiver Kurzschlussschutz Überstromauslöser elektromagnetisch oder elektronisch unverzögert – Tabelle 3/4 Auslöser und Relais der Leistungsschalter mit Schutzfunktion 3/11 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 12 verwendet werden, um bei sehr hohen Kurzschlussströmen den Leistungsschalter unverzögert auszuschalten. Für die Auswahl sind die Herstellerangaben zu beachten. Wiedereinschaltsperre nach einer Kurzschlussauslösung Einige Leistungsschalter können mit einer mechanischen und/oder elektrischen Wiedereinschaltsperre versehen werden, die verhindert, dass nach einer Kurzschlussauslösung eine Wiedereinschaltung auf den Kurzschluss erfolgt. Erst nach Fehlerbeseitigung und Entriegelung der Sperre von Hand kann der Leistungsschalter wieder eingeschaltet werden. Fehlerstrom-/Differenzstromschutz Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen haben wegen der hohen Schutzwirkung (Schutz von Menschenleben und Sachwerten) und des erweiterten Schutzumfangs (wechsel-, pulsstromsensitiv) weltweit in der Schutztechnik eine hohe Bedeutung erlangt. Neben Fehlerstrom-Schutzschaltern werden in Gewerbe und Industrie in zunehmendem Maße auch Schutzschaltgerätekombinationen wie beispielsweise Leitungsschutzschalter mit Fehlerstromauslösung eingesetzt. 3/12 Anwendungen, vorzugsweise bei der Kurzschlussstromauslösung Verzögerungsart Ansprechbereiche des stromabhängig verzögerten Überstromauslösers als Vielfaches des Einstellwertes Ir Leistungsschalter für den Generatorschutz Unverzögert oder kurzverzögert Etwa 3 bis 6 · Ir Leistungsschalter für den Leitungsschutz Unverzögert Etwa 6 bis 12 · Ir Leistungsschalter für den Motorschutz Unverzögert oder kurzverzögert1) Etwa 8 bis 15 · Ir 1) Evtl. kurzverzögert zur Rushstromüberbrückung Tabelle 3/5 Ansprechbereiche der Überstromauslöser nach EN 60947 / IEC 60947/ DIN VDE 0660 Leitungsschutz-(LS)-Schalter mit Fehlerstromauslösung Diese Schutzschaltgerätekombinationen stehen als fabrikfertige Kompaktgeräte zur Verfügung oder können aus einem Leitungsschutzschalter als Basisgerät und einem anbaubaren Zusatzbaustein zu der erforderlichen Kombination zusammengesetzt werden. Leistungsschalter mit Fehlerstrom-/ Differenzstromauslösung Für Leistungsschalter mit Bemessungsströmen In bis 400 A und Fehlerstrom-/Differenzstromauslösung hat sich die Kombination aus Leistungsschalter und anbaubarem Zusatzbaustein durchgesetzt. Technische Merkmale Der anbaubare Zusatzbaustein zur Differenzstromauslösung für den Anlagenschutz verfügt z. B. über folgende technische Merkmale: C Bemessungsdifferenzstrom I∆n in mehreren Stufen einstellbar, z. B.: 30 mA / 100 mA / 300 mA / 1000 mA / 3000 mA; C Auslösezeit ta in mehreren Stufen einstellbar, z. B.: unverzögert /60 ms / 100 ms / 250 ms / 500 ms / 1000 ms; C Funktion abhängig von der Netzspannung; C Sensitivität: Auslösung bei wechsel- und pulsierenden Gleichfehlerströmen (hier Zeichen); C Resettaste „R“ für Rückstellung nach einer Differenzstromauslösung; Totally Integrated Power by Siemens C Prüftaste „T“ zum Test der Schutzschaltgerätekombination; C Zustandsanzeige des aktuellen Ableit-/Differenzstromes I∆ im nachgeschalteten Stromkreis, z. B. mittels farbiger Leuchtdioden (LED): – grün: I∆ ≤ 0,5 I∆n – gelb: 0,25 I∆n < v∆ ≤ 0,5 v∆n – rot: cA > I∆ > 0,5 I∆n IA = Auslösestrom des DifferenzstromZusatzbausteins; C Abtrennung des Überspannungsschutzes der Elektronik vor Isolationsmessung in der Anlage; C „Fernauslösung (FA)“; C „Hilfsstromschalter (HS)“. Schnittstelle zu Bussystemen Zum Zwecke der Informationsübertragung und des Zusammenwirkens mit anderen Komponenten der elektrischen Anlage können die Schutzschaltergerätekombinationen mit entsprechenden Schnittstellen zu Bussystemen ausgerüstet werden. Allstromsensitive Schutzschaltgerätekombinationen Für elektrische Industrieanlagen, in denen im Fehlerfall glatte Gleichfehlerströme oder solche mit geringer Restwelligkeit auftreten, sind allstromsensitive Schutzschaltgerätekombinationen für Industrieanwendung erforderlich. TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 13 Netzschutz/Schutzkoordination Kurzschlussausschaltvermögen Icn (Effektivwert) kA 4,5 6 10 20 50 < < < < < I I I I I ≤ 6 ≤ 10 ≤ 20 ≤ 50 Leistungsfaktor cos ϕ Mindestwert n Kurzschlusseinschaltvermögen n= Kurzschlussausschaltvermögen 0,7 0,5 0,3 0,25 0,2 1,5 1,7 2,0 2,1 2,2 Tabelle 3/6 Verhältnis n zwischen Kurzschlussein- und -ausschaltvermögen und zugehörigem Leistungsfaktor (bei Wechselspannungsleistungsschaltern) Das Bemessungs-Kurzschlussausschaltvermögen wird in zwei Werten angegeben: Icu Ics BemessungsGrenzkurzschlussAusschaltvermögen BemessungsBetriebskurzschlussAusschaltvermögen Prüffolge O-t-CO O-t-CO-t-CO Prüfung von • GrenzkurzschlussAusschaltvermögen Nachweis der • Überlastauslösung • Isolationsfestigkeit • Erwärmung • BetriebskurzschlussAusschaltvermögen Nachweis der • Überlastauslösung • Isolationsfestigkeit • Erwärmung Schaltvermögen O Ausschaltung (O = Open) CO Ein- und Ausschaltung (C = Close) t Pause (t = time) Tabelle 3/7 Schaltungsleistungskategorien nach EN 60947 / IEC 60947 / DIN VDE 0660 und IEC 157-1 Standards Für Leistungsschalter mit anbaubarem Fehlerstrom- oder DifferenzstromZusatzbaustein gelten die Standards EN 60947-2 / IEC 60947-2 / DIN VDE 0660-101. Auswahlkriterien für Leistungsschalter Bei der Auswahl der Leistungsschalter hinsichtlich Netzschutz sind folgende kennzeichnende Merkmale zu beachten: C Art der Leistungsschalter und ihrer Auslöser nach Schutzfunktionen und -aufgaben, C Bemessungsspannungen, C Kurzschlussfestigkeit Icu/ Ics sowie Bemessungskurzschluss-Einschalt(Icm) und BemessungskurzschlussAusschaltvermögen (Icn), C Bemessungs- und maximale Lastströme. Die Netzspannung und Netzfrequenz sind maßgebend für die Auswahl der Schalter nach der C Bemessungsisolationsspannung Ui und der C Bemessungsbetriebsspannung Ue. Bemessungsisolationsspannung Ui Die Bemessungsisolationsspannung Ui ist der genormte Wert der Spannung, für die die Isolation der Leistungsschalter und ihrer Zubehörteile nach HD 625/IEC 60664/DIN VDE 0110, Isolationsgruppe C, bemessen ist. Bemessungsbetriebsspannung Ue Die Bemessungsbetriebsspannung Ue eines Leistungsschalters ist der Wert der Spannung, auf den sich das Bemessungskurzschluss-Einschalt- und Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen sowie die Kurzschlussleistungskategorie beziehen. Kurzschlussstrom Der maximale Kurzschlussstrom an der Einbaustelle ist maßgebend für die Auswahl der Leistungsschalter nach C der Kurzschlussfestigkeit Icu/ Ics sowie C dem BemessungskurzschlussEinschaltvermögen Icm und dem Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn. Dynamische Kurzschlussfestigkeit Die zulässige dynamische Kurzschlussfestigkeit wird als Stoßkurzschlussstrom angegeben. Es ist der größte Augenblickswert des unbeeinflussten Kurzschlussstroms in der höchst beanspruchten Strombahn. Thermische Kurzschlussfestigkeit (1-s-Strom) Die zulässige thermische Kurzschlussfestigkeit wird als Bemessungskurzzeitstrom Icw bezeichnet. Es ist der zulässige Strom, den der Leistungsschalter x s lang ohne Schaden zu nehmen führen kann. Normalerweise wird der Icw-Strom immer auf 1 s bezogen. Andere Zeitwerte können mit Icn = konstant umgerechnet werden. Bemessungsschaltvermögen Das Bemessungsschaltvermögen der Leistungsschalter wird als Bemessungskurzschluss-Einschaltvermögen und Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen angegeben. 3/13 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 Schaltertyp 15:52 Uhr Seite 14 Bemessungsstrom Anwendungsbeispiel Offener Leistungsschalter (ACB) 630 A bis 6300 A Für den Schutz von Verteileranlagen, Motoren, Transformatoren und Generatoren SENTRON 3VL – Hoher Bemessungskurzzeitstrom für Zeitselektivität – Zwei Reihen, SENTRON WL1 und SENTRON WL6, mit hohem und mittlerem Bemessungsschaltvermögen – Elektronische, fremdspannungsunabhängige Überstromauslöser auf Mikroprozessorbasis – Zeitverkürzte Selektivitätssteuerung (ZSS) mit 50 ms Gesamtverzögerungszeit Strombegrenzender Leistungsschalter (MCCB) SENTRON 3VL Gebaut und geprüft nach EN 60947 / IEC 60947 / DIN VDE 0660 und einsetzbar: Auslösekennlinie L S I G L S I TM-Auslöser: von 16 A bis 630 A ETU-Auslöser: von 63 A bis 1600 A Für den Anlagenschutz bis 1600 A Wahlweise einstellbare Überlastund Überstromauslöser: Genaue Anpassung an die Schutzanforderungen ETU-Auslöser: von 63 A bis 500 A Für den Motorschutz bis 500 A Elektronische Überlastauslöser mit einstellbarer Trägheitsklasse: Wirksamer Schutz bei voller Auslastung des Motors M-Auslöser: von 63 A bis 500 A L I L I Für Starterkombinationen bis 500 A Unempfindlich gegen Einschaltspitzenströme: kein Auslösen beim Direkteinschalten von Motoren I M-Auslöser: Als Leistungstrennschalter bis 2000 A von 100 A bis 1600 A mit eingebauten Überstromauslösern, keine Vorsicherung erforderlich Leistungsschalter 3RV1 0,16 bis 100 A I 3RV1-Leistungsschalter für Motorschutz mit Überlast- und Überstromschutz L I I L Überlastauslösung S Kurzverzögerte Überstromauslösung I Unverzögerte Überstromauslösung G Erdschlussauslösung Tabelle 3/8 Anwendungsbeispiele für moderne Siemens-Leistungsschalter und die hierfür charakteristischen Auslösekennlinien 3/14 Totally Integrated Power by Siemens TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 15 Netzschutz/Schutzkoordination Bemessungskurzschluss-Einschaltvermögen Icm Das Bemessungskurzschluss-Einschaltvermögen Icm ist der Kurzschlussstrom, den der Leistungsschalter bei Bemessungsbetriebsspannung +10%, Bemessungsfrequenz und festgelegtem Leistungsfaktor einschalten kann. Es wird durch den maximalen Scheitelwert des unbeeinflussten Kurzschlussstroms ausgedrückt und ist mindestens gleich dem Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn multipliziert mit dem Faktor n nach Tabelle 3/6. Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn Das Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn ist der Kurzschlussstrom, den der Leistungsschalter bei Bemessungsbetriebsspannung +10%, Bemessungsfrequenz und festgelegtem Leistungsfaktor cos ϕ ausschalten kann. Es wird durch den Effektivwert der Wechselstromkomponente ausgedrückt. Schaltleistungskategorie In EN 60947 / IEC 60947 / DIN VDE 0660 und nach IEC 157-1 sind für Leistungsschalter Schaltleistungskategorien festgelegt, die angeben, wie oft ein Leistungsschalter seinen Bemessungsstrom schalten kann und in welchem Zustand sich der Schalter nach dem angegebenen Schaltzyklus befinden muss (Tabelle 3/7). Hiernach wird dem angegebenen Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn die Prüffolge O-t-CO-t-CO zugrunde gelegt. Zusätzlich kann noch das Bemessungsbetriebsgrenzkurzschluss-Ausschaltvermögen Ics nach der verkürzten Schaltfolge O-t-CO angegeben werden (Erklärung von O, t, und C siehe Tabelle 3/7). Bemessungsströme von Leistungsschaltern Die Bemessungsbetriebsart, wie Dauerbetrieb, Aussetzbetrieb oder Kurzzeitbetrieb, ist maßgebend für die Auswahl der Schaltgeräte nach deren Bemessungsströmen. Bemessungsbetriebsart, durch die Gebrauchskategorie1), die Schaltstücklebensdauer und durch die Schutzart bestimmt wird. Nach dem thermischen Verhalten werden folgende Bemessungsströme unterschieden: Anwendungsbeispiele für Leistungsschalter mit Schutz In Tabelle 3/8 sind die wesentlichen Anwendungsbeispiele und die hierfür charakteristischen Auslösekennlinien heutiger moderner SiemensLeistungsschalter zusammengefasst. C Konventioneller thermischer Bemessungsstrom Ith C Bemessungsdauerstrom Iu C Bemessungsbetriebsstrom Ie Anwendungsbeispiele und Auslösekennlinien Konventioneller thermischer Bemessungsstrom Ith Bemessungsdauerstrom Iu Der konventionelle thermische Bemessungsstrom Ith oder Ithe für Motorstarter im Gehäuse ist als 8-h-Strom entsprechend EN 60947-1, -4-1, -3 / IEC 60947-1, -4-1, -3 / DIN VDE 0660-100, -102, -107 definiert. Er ist der maximale Strom, der in dieser Zeit geführt werden kann, ohne dass die Grenztemperatur überschritten wird. Der Bemessungsdauerstrom Iu kann entsprechend unbegrenzt geführt werden. Bei einstellbaren, stromabhängig verzögerten Auslösern und Relais ist der höchste Einstellstrom der Bemessungsdauerstrom Iu. Bemessungsstrom Ie Bemessungsbetriebsstrom Der Bemessungsbetriebsstrom Ie ist der Strom, der durch die Einsatzbedingungen des Schaltgerätes, die Bemessungsbetriebsspannung und die Bemessungsfrequenz, das Bemessungsschaltvermögen, die 1) Durch die Gebrauchskategorie werden Verwendungszweck und Beanspruchung der Schaltgeräte gekennzeichnet, siehe Gerätestandards EN 60947 / IEC 60947 / DIN VDE 0660. 3/15 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 16 L Leistungsschalter Sicherung Sicherung I L Leistungsschalter A I 3.2.2 Schaltkombinationen Schaltkombinationen mit Sicherungen Sicherung und Kompakt-Leistungsschalter Ist an der Einbaustelle des Leistungsschalters ein Kurzschlussstrom Ik zu erwarten, der das Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn des Schalters übersteigt, müssen dem Schalter Sicherungen vorgeschaltet werden (Grafik 3/7). Schutz und Wirkungsbereich Jedem Gerät der Schaltkombination ist ein bestimmter Schutz- und Wirkungsbereich zugeordnet. Überlastströme überwacht der L-Auslöser, Kurzschlussströme bis etwa zum Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen des Schalters erfasst der I-Auslöser. Der Leistungsschalter übernimmt den Schutz gegen alle Überströme bis zu seinem Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn und gewährleistet allpoliges Ausschalten und Wiedereinschaltbereitschaft. Erst bei höheren Kurzschlussströmen Ik übernehmen die Sicherungen die Kurzschlussausschaltung. Dabei schaltet der Leistungsschalter nahezu gleichzeitig, ausgelöst durch den Durchlassstrom ID der Sicherung, über seinen I-Auslöser ebenfalls allpolig aus. Die Sicherung muss daher so gewählt werden, dass ihr Durchlassstrom ID kleiner als das Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn des Leistungsschalters ist. 3/16 Unverzögerter elektromagnetischer Überstromauslöser Icn Bemessungskurzschlussausschaltvermögen A Schaltkombinationen sind Reihenschaltungen verschiedener Schaltund Schutzgeräte mit Aufgabenteilung für den Schutz einer Netzkomponente, wobei das erste Gerät, in Energierichtung gesehen, den Kurzschlussschutz übernimmt. L Stromabhängig verzögerter Überlastauslöser Ik Icn Ik Dauerkurzschlussstrom an der Einbaustelle Ik A Kennlinienabstände Es spricht an Es schaltet aus Grafik 3/7 L-Auslöser I I -Auslöser Sicherung Leistungsschalter Sicherung + Schalter Schaltkombination aus Sicherung und Leistungsschalter Sicherung, Schütz und thermisch stromabhängig verzögertes Überlastrelais Das Schütz wird zum Ein- und Ausschalten des Motors verwendet. Den Schutz gegen Überlastung des Motors, der Motorzuleitung und des Schützes übernimmt das Überlastrelais, den Kurzschlussschutz die dem Schütz und Überlastrelais vorgeschaltete Sicherung. Hierbei müssen die Schutzbereiche und Eigenschaften aller Komponenten (Grafik 3/8) sorgfältig aufeinander abgestimmt sein. Typ a Zerstörung und Austausch von Teilen bis hin zum ganzen Schaltgerät, Typ b Schaltstückverschweißen und eine bleibende Änderung der Auslösekennwerte des Überlastrelais, Typ c Schaltstückverschweißen und keine bleibende Änderung der Ansprechwerte des Überlastrelais. Die Schaltkombination Schütz und Überlastrelais wird Motorstarter, bei Direktanlauf eines Drehstrommotors auch Direktstarter genannt. Staffeldiagramm für einen Motorstarter Im Staffeldiagramm Grafik 3/8 sind die Schutzbereiche und die hierfür wichtigen Eigenschaften der Geräte einer Schaltkombination als Motorstarter eingetragen. Bestimmungen für Schütze und Motorstarter Für Schütze und Motorstarter bis 1000 V zum direkten Einschalten (unter voller Spannung) gelten die Standards EN 60947-4-1 / IEC 60947-4-1 / DIN VDE 0660-102. Bei der Zuordnung von Kurzschlussstrom-Schutzeinrichtungen für Schaltkombinationen werden je nach zugelassenem Schädigungsgrad nach EN 60947-4-1 / IEC 60947-4-1/ DIN VDE 0660-102 verschiedene Arten des Schutzes unterschieden:1) Totally Integrated Power by Siemens Schutz- und Wirkungsbereiche der Geräte 1) In EN 60947-4-1/IEC 60947-4-1/ DIN VDE 0660-102 wurde das Verhalten bei Kurzschluss in folgender modifizierter Form wieder eingeführt: Koordination Typ „1“: Die Zerstörung des Schützes und des Überlastrelais ist zulässig. Das Schütz und/oder Überlastrelais sind, falls erforderlich, zu ersetzen. Koordination Typ „2“: Am Überlastrelais dürfen keine Beschädigungen auftreten. Kontaktverschweißungen am Schütz sind jedoch zulässig, wenn sie leicht getrennt werden können oder wenn das Schütz leicht ersetzt werden kann. TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 17 Netzschutz/Schutzkoordination Baugruppe mit NH-Sicherung, Schütz und thermischem Überlastrelais (Motorstarter) t 1 1 min 1 Auslösekennlinie des stromabhängig verzögerten (thermischen) Überlastrelais 2 Zerstörungskennlinie des thermischen Überlastrelais 3 Bemessungsausschaltvermögen des Schützes 2 B A 3 4 (abhängig von Strombegrenzung durch Sicherung) 5 C 6 1 ms I 4 Kennlinie des Schützes für leicht aufbrechbares Verschweißen der Schaltstücke 5 Schmelzzeit-StromKennlinie der Sicherung, Betriebsklasse aM 6 GesamtausschaltzeitKennlinie der Sicherung aM A, B, C Grafik 3/8 Sicherungsabstände bei einwandfreiem Kurzschlussschutz Schaltkombination bestehend aus Sicherung, Schütz und thermisch stromabhängig verzögertem Überlastrelais In dieser Schaltkombination müssen die Sicherungen mehrere Bedingungen erfüllen: C Die Zeit-Strom-Kennlinien von Sicherungen und Überlastrelais müssen das Hochlaufen des Motors ermöglichen. C Die Sicherungen müssen das Überlastrelais vor Zerstörung durch Ströme schützen, die etwa den 10fachen Relais-Bemessungsstrom übersteigen. C Die Sicherungen müssen das Ausschalten von Überströmen übernehmen, die das Schütz nicht mehr beherrschen kann (Ströme über dem etwa 10fachen Bemessungsbetriebsstrom Ie des Schützes). C Die Sicherungen müssen das Schütz im Kurzschlussfall so schützen, dass keine Zerstörung über die vorgenannten Schädigungsgrade hinaus auftreten kann. Schütze müssen je nach Bemessungsbetriebsstrom Ie Motor-Einschaltströme von 8 –12 Ie ohne Verschweißen der Schaltstücke aushalten können. Zur Erfüllung dieser Bedingungen müssen im Staffeldiagramm folgende Sicherheitsabstände A, B und C zwischen bestimmten Kennlinien der Geräte eingehalten werden: Schutz des Überlastrelais Zum Schutz des Überlastrelais muss die Schmelzzeit-Strom-Kennlinie der Sicherung (in diesem Beispiel wurde eine NH-Schaltgeräteschutzsicherung der Betriebsklasse aM, siehe nächsten Abschnitt „Auswahl der Sicherungen“, eingesetzt) im Abstand A unterhalb des Schnittpunktes der Auslösekennlinie des Überlastrelais (1) mit dessen Zerstörungskennlinie (2) verlaufen. Schutz des Schützes Zum Schutz des Schützes vor zu hohem Ausschaltstrom muss die Schmelzzeit-Strom-Kennlinie der Sicherung ab dem Stromwert, der dem Ausschaltvermögen des Schützes (3) entspricht, im Abstand B unterhalb der Auslösekennlinie des Überlastrelais (1) verlaufen. Zum Schutz des Schützes vor Schaltstückverschweißen lassen sich für jedes Schütz Zeit-Strom-Kennlinien angeben, bis zu denen Belastungsströme anstehen können, die entweder zu C keinem Verschweißen oder C leicht aufbrechbarem Verschweißen (Kennlinie 4 in Grafik 3/8) führen. Die Sicherung muss daher in beiden Fällen rechtzeitig ausschalten. Die Gesamtausschaltzeit-Kennlinie der Sicherung (6) muss im Abstand C unterhalb der Kennlinie des Schützes für leicht aufbrechbares Verschweißen der Schaltstücke (4) verlaufen (Gesamtausschaltzeit = Summe aus Schmelz- und Löschzeit). Auswahl der Sicherungen NH-Schaltgeräteschutzsicherungen Sicherungen für Motorstarter werden nach vorgenannten Kriterien ausgewählt. NH-Schaltgeräteschutzsicherungen der Betriebsklasse aM bieten gegenüber NH-Sicherungen der Betriebsklasse gL für den Kabel- und Leitungsschutz den Vorteil des verschweißfreien Kurzschlussschutzes bei voller Nutzung der von den Schützen schaltbaren Motorleistung. Durch ihre im Verhältnis zu den Leitungsschutzsicherungen wirkungsvollere Strombegrenzung entlasten sie sehr stark Schütze von hohen Stoßkurzschlussströmen ip, denn sie sind im oberen Kurzschlussbereich flinker, wie der Vergleich in Grafik 3/9 zeigt. Bei höheren Betriebsströmen mit entsprechend geringer Dämpfung der Kurzschlussströme werden daher bei Relais-Einstellwerten > 80 A Schaltgeräteschutzsicherungen gegenüber Leitungsschutzsicherungen bevorzugt eingesetzt. Die Klassifikation der Sicherungen nach Funktionsmerkmalen ist in Tabelle 3/9 enthalten. 3/17 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 18 Funktionsklasse Bezeichnung Betriebsklasse BemessungsBemessungsBezeichnung dauerstrom bis ausschaltstrom Schutz von Schmelzzeit [s] 104 t s 103 Gesamtbereichssicherungen g In ≥ Ia min gL/gG gR gB Kabeln und Leitungen Halbleitern Bergbauanlagen Teilbereichssicherungen a In 102 Betriebsklasse gL aM 101 100 10-1 ≥ 4 In ≥ 2,7 In aM aR Schaltgeräten Halbleitern 10-2 8 10-3 Ia min kleinster Bemessungsausschaltstrom 4 10 2 103 104 I Tabelle 3/9 Klassifikation der NH-Sicherungen nach Funktionsmerkmalen gemäß EN 60269-1 / IEC 60269-1/ DIN VDE 0636-10 Klassifikation der NH-Sicherungen mit Kennlinienvergleich zwischen den Betriebsklassen gL und aM NH-Sicherungen werden entsprechend ihrer Bauart nach Funktionsund Betriebsklassen unterschieden. Sie können Ströme bis zu ihrem Bemessungsstrom dauernd führen. Funktionsklasse g (Ganzbereichssicherungen) Die Funktionsklasse g kennzeichnet Ganzbereichssicherungen, die Ströme vom kleinsten Schmelzstrom bis zum BemessungskurzschlussAusschaltstrom ausschalten können. Betriebsklasse gL Hierunter fallen die Sicherungen der Betriebsklasse gL für den Kabel- und Leitungsschutz. Funktionsklasse a (Teilbereichssicherungen) Die Funktionsklasse a kennzeichnet Teilbereichssicherungen, die Ströme oberhalb eines bestimmten Vielfachen ihres Bemessungsstroms bis zum Bemessungskurzschluss-Ausschaltstrom ausschalten können. Betriebsklasse aM Dieser Funktionsklasse sind die Schaltgeräteschutzsicherungen der Betriebsklasse aM zuzuordnen, deren kleinster Ausschaltstrom beim etwa 3/18 vierfachen Bemessungsstrom liegt und die daher allein dem Kurzschlussschutz dienen. Sicherungen der Funktionsklasse a dürfen deshalb nicht über ihrem Bemessungsstrom betrieben werden. Ein Überlastschutz, z. B. thermisch verzögertes Überlastrelais, ist daher immer erforderlich. Kennlinienvergleich der Betriebsklassen gL und aM Die Schmelzzeit-Strom-Kennlinien der NH-Sicherungen der Betriebsklasse gL und aM für 200 A sind in Grafik 3/9 zum Vergleich dargestellt. Schaltkombinationen ohne Sicherungen (sicherungslose Bauweise) Back-up-Schutz (Leistungsschalter in Kaskadenschaltung) Liegen in einer Strombahn zwei Leistungsschalter mit I-Auslösern gleicher Bauart in Reihe, dann schalten diese beim Fehler K nahe dem Verteiler gleichzeitig aus (Grafik 3/10, 3/11). Der Kurzschlussstrom wird somit von zwei hintereinander liegenden Löscheinrichtungen erfasst und wirkungsvoll gelöscht. Die Folge davon ist, dass der nachgeordnete Leistungsschalter mit niedrigerem Bemessungsschaltvermögen auch an einer Stelle eingesetzt werden kann, an Totally Integrated Power by Siemens Grafik 3/9 5 [A] Vergleich der Schmelzzeit-StromKennlinien von NH-Sicherungen der Betriebsklasse gL und aM, Bemessungsstrom 200 A der ein Kurzschlussstrom möglich ist, der sein Bemessungsschaltvermögen übersteigt. Schutz- und Wirkungsbereich der Schalter Grafik 3/10 zeigt den Übersichtsplan und Grafik 3/11 das Prinzip einer Kaskadenschaltung. Der Bemessungsstrom des vorgeordneten Leistungsschalters Q2 wird entsprechend seinem Bemessungsbetriebsstrom ausgewählt. Der Leistungsschalter Q2 wird beispielsweise als Hauptschalter oder als Gruppenschalter für mehrere Abzweige in Unterverteilern eingesetzt. Der Ansprechstrom seines I-Auslösers wird sehr hoch, wenn möglich bis zum Bemessungskurzschluss- Leistungsschalter mit I-Auslöser Q2 und Q1 Leistungsschalter mit L I -Auslösern K Grafik 3/10 Übersichtsplan einer Back-upSchutz-Schaltung (Kaskadenschaltung) in einem Unterverteiler TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 19 Netzschutz/Schutzkoordination Ausschaltvermögen (Icn) der nachgeordneten Schalter eingestellt. Der Abzweigschalter Q1 übernimmt den Überlastschutz und schaltet auch kleinere Kurzschlussströme, die bei Körperschluss, Isolationsfehlern oder Kurzschlüssen am Ende längerer Leitungen und Kabel auftreten, allein ab. Nur bei hohen Kurzschlussströmen, die bei einem satten Kurzschluss in der Nähe des Abzweigschalters Q1 zu erwarten sind, schaltet der vorgeordnete Schalter Q2 mit ab (eingeschränkte Selektivität). Leistungsschalter mit L- und I-Auslösern sowie Schütz Schutz- und Wirkungsbereich der Geräte Der Leistungsschalter übernimmt den Überlast- und Kurzschlussschutz auch des Schützes, das Schütz die Schaltaufgaben (Grafik 3/12). Es gelten auch hier die Bedingungen für den Leistungsschalter, die im Rahmen der Schaltkombination „Sicherung, Schütz und Überlastrelais“ an die Sicherung zu stellen sind (siehe Grafik 3/8). Starterschutzschalter mit I-Auslöser, Schütz und Überlastrelais (a) Wiedereinschaltbereitschaft Den Überlastschutz übernimmt das Überlastrelais in Verbindung mit dem Schütz, den Kurzschlussschutz der Starterschutzschalter. Der Ansprechstrom seines I-Auslösers wird so niedrig eingestellt, wie es der Einschaltvorgang zulässt, um auch kleine Kurzschlussströme in die schnelle Ausschaltung mit einzubeziehen (Grafik 3/13). Diese Schaltkombination bietet den Vorteil, dass je nachdem, ob das Schütz durch das Überlastrelais oder der Starterschutzschalter ausgeschaltet hat, festgestellt werden kann, ob Überlast oder Kurzschluss vorlag. Der Starterschutzschalter bietet darüber hinaus nach einer Kurzschlussauslösung den Vorteil des dreipoligen Trennens und der Wiedereinschaltbereitschaft. ip i i D1 i D(1+2) Die Schaltkombination mit dem Starterschutzschalter gewinnt im Rahmen sicherungsloser Steuerungen an Bedeutung. t Schaltkombinationen mit Thermistor-Motorschutzgeräten u Die Grenzen des Überlastschutzes durch Überlastrelais oder -auslöser liegen dort, wo aus dem Motorstrom nicht mehr auf die Wicklungstemperatur geschlossen werden kann. Das ist der Fall bei C C C C ue u B(1+2) u B1 t hoher Schalthäufigkeit, unregelmäßigem Aussetzbetrieb, behinderter Kühlung und erhöhter Umgebungstemperatur. In diesen Fällen werden Schaltkombinationen mit Thermistor-Motorschutzgeräten eingesetzt. Je nach Anlagenkonzept werden die Schaltkombinationen mit oder ohne Sicherungen aufgebaut. Temperaturfühler in Motorwicklung Der erreichbare Schutzumfang ist davon abhängig, ob der zu schützende Motor „ständerkritisch“ oder „läuferkritisch“ ist. Ansprechtemperatur, Koppelzeitkonstante und Lage der Temperaturfühler in der Motorwicklung spielen dabei ebenfalls eine wesentliche Rolle. Diese werden in der Regel vom Motorhersteller festgelegt. ip Stoßkurzschlussstrom (Scheitelwert) iD1 Durchlassstrom des Abzweigschalters Q1 iD (1+ 2) Tatsächlich auftretender Durchlassstrom (kleiner als iD1) ue Treibende Spannung (Betriebsspannung) uB (1+ 2) Summe der Lichtbogenspannungen des vorgeordneten Schalters Q2 und des Abzweigschalters Q1 uB1 Lichtbogenspannung des Abzweigschalters Q1 Grafik 3/11 Prinzip einer Back-up-SchutzSchaltung (Kaskadenschaltung) 3/19 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 20 Leistungsschalter mit li-Auslösern t t Leistungsschalter mit I-Auslöser für Starterkombinationen Schütz Stromabhängig verzögertes Überlastrelais mit L-Auslöser L Schütz L 1 2 I Einstellbereich I Icn 3 Icn I 1 Bemessungsausschaltvermögen des Schützes 2 Bemessungseinschaltvermögen des Schützes 3 Kennlinie des Schützes für leicht aufbrechbares Verschweißen der Schaltstücke L Kennlinie des stromabhängig verzögerten Überlastauslösers I Kennlinie des unverzögerten elektromagnetischen Überstromauslösers Grafik 3/12 Schaltkombination aus Leistungsschalter und Schütz b) L-Auslöser I-Auslöser Es schaltet aus Schütz Leistungsschalter L Kennlinie des stromabhängig verzögerten (thermischen) Überlastrelais Icn BemessungskurzschlussAusschaltvermögen des Leistungsschalters a) Es löst aus I Kennlinie des einstellbaren unverzögerten Überstromauslösers Grafik 3/13 Schaltkombination aus Leistungsschalter mit einstellbarem Überstromauslöser, Schütz und Überlastrelais c) Sicherung d) Sicherung Leistungsschalter mit L- und I-Auslösern Schütz Leistungsschalter mit L- und I-Auslösern Leistungsschalter mit I-Auslösern Schütz Schütz Überlastrelais ThermistorMotorschutz Überlastrelais ThermistorMotorschutz ThermistorMotorschutz ThermistorMotorschutz M M M M +ϑ +ϑ +ϑ +ϑ Grafik 3/14 Schaltkombination mit Thermistor-Motorschutzgerät und mit zusätzlichem Überlastrelais oder -auslöser (Prinzipschaltplan) „Ständerkritische“ Motoren „Ständerkritische“ Motoren können mit Thermistor-Motorschutzgeräten und Überlastrelais ausreichend gegen Überlastung und Übertemperatur geschützt werden. Der Kurzschlussund Überlastschutz der Zuleitungen ist entweder durch Sicherungen und Leistungsschalter (Grafik 3/14a) oder durch Sicherungen alleine (Grafik 3/14b) sicherzustellen. 3/20 I „Läuferkritische“ Motoren „Läuferkritische“ Motoren können nur mit einem zusätzlichen Überlastrelais oder -auslöser auch bei Zuschalten mit festgebremstem Läufer ausreichend geschützt werden. Das Überlastrelais bzw. der -auslöser übernimmt dabei auch den Überlastschutz der Leitungen (Grafik 3/14a, c und d). Totally Integrated Power by Siemens TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 21 Netzschutz/Schutzkoordination [kA] 100 2h cos ϕ 2,25 cos ϕ 0,3 ip , i D 63 A i D cos ϕ 0,5 13 10 iD 8 cos ϕ 0,7 t ip a, a´ 100 A a´ 10 s a 63 A 1 iD b 10 ms 1 iD Durchlassströme ip Stoßkurzschlussstrom 10 22 Kurzschlussstrom I k 100 [kA] z. B. ist bei Ik = 10 kA: iD Sicherung (100 A) 7,5 kA iD Leistungsschalter 8 kA Grafik 3/15 Strombegrenzung von Leistungsschalter (63 A) und NH-Sicherungen (63 A bzw. 100 A) 3.2.3 Auswahl der Schutzgeräte Kurzschlussschutz der Abzweige Abzweige in Verteilern und Steuerungen können zum Kurzschlussschutz mit Sicherungen oder sicherungslos mit Leistungsschaltern ausgerüstet werden. Bei der Auswahl der Schutzgeräte kann die Höhe der zu erwartenden Strombegrenzung, die bei Sicherungen kleiner Bemessungsströme größer ist als bei bemessungsstromgleichen, strombegrenzenden Leistungsschaltern, mitentscheidend für die eine oder andere Lösung sein. Vergleich der Schutzeigenschaften von Sicherungen mit strombegrenzenden Leistungsschaltern Beim Vergleich der Schutzeigenschaften zwischen Sicherungen und Leistungsschaltern ist zu beachten: C das Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen, das sehr unterschiedlich sein kann, C die Höhe der Strombegrenzung, die bei Sicherungen bis 400 A stets größer ist als bei bemessungsstromgleichen strombegrenzenden Leistungsschaltern, 1 2 3 A 3 B A 1 1,3 1,6Ir,(Ie) 1,05 1,2 1 2 b Grenzstrombereich Überlastbereich Kurzschlussstrombereich Prüfbereich für Sicherungsströme Icn Ik I 100 [kA] B Prüfbereich für Grenzauslöseströme des Leistungsschalters Icn BemessungskurzschlussAusschaltvermögen Grafik 3/16 Kennlinien und Bemessungsschaltvermögen von Sicherung (a) und Leistungsschalter (b) mit LI-Auslösern C der Verlauf der Schmelzzeit-StromKennlinien bei Sicherungen und der Auslösekennlinien bei Schaltern, C Abschaltbedingungen nach HD 384.4.41/IEC 60 364-4-41/DIN VDE 0100-410, Abschnitt 6.1.3 „Schutzmaßnahmen im TN-System“ (siehe Kapitel 2 im Handbuch „Elektrische Installationstechnik“). Vergleich der Strombegrenzung Strombegrenzung bei NH-Sicherungen und Leistungsschaltern Grafik 3/15 zeigt die strombegrenzende Wirkung eines Leistungsschalters, Bemessungsdauerstrom 63 A, bei 400 V, 50 Hz im Vergleich mit den NH-Sicherungen, Typ 3NA, Betriebsklasse gL, Bemessungsströme 63 A und 100 A. Wegen der hohen Motoranlaufströme muss der Bemessungsstrom der Sicherung jedoch höher liegen als der Bemessungsbetriebsstrom des Motors, d. h. für einen 30-kW-Motor ist mindestens ein 63-A-Leistungsschalter oder eine 100-A-Sicherung vorzusehen. Vergleich der Auslösekennlinien und des BemessungskurzschlussAusschaltvermögens zwischen Sicherungen und bemessungsstromgleichen Leistungsschaltern mit hohem Schaltvermögen Auslösekennlinien und Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn Im Zeit-Strom-Diagramm, Grafik 3/16, sind beispielsweise die SchmelzzeitStrom-Kennlinie a des Sicherungseinsatzes 63 A, Betriebsklasse gL, und die LI-Auslösekennlinie b eines Leistungsschalters eingetragen. Der Einstellstrom des stromabhängig verzögerten Überlastauslösers des Leistungsschalters entspricht dem Bemessungsstrom des Sicherungseinsatzes. Grenzstrombereich (1) Der Prüfbereich für Sicherungsströme (A) liegt z. B. zwischen dem 1,3- und 1,6fachen Bemessungsstrom, der Prüfbereich für Grenzauslöseströme des Überlastauslösers (B) dagegen zwischen dem 1,05- und 1,2fachen Einstellstrom. Mit dem einstellbaren Überlastauslöser kann sein Einstellstrom und damit der Grenzauslösestrom der Dauerbelastbarkeit des Schutzobjekts besser angepasst werden als mit einer Sicherung, deren Bemessungsstromabstufung 3/21 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:52 Uhr Seite 22 demgegenüber nur eine grobe Anpassung ermöglicht. Der Grenzstrom der Sicherung reicht für den Überlastschutz von Kabeln und Leitungen aus, nicht jedoch für den Anlaufstrom von Motoren. Hierfür müsste eine Sicherungskennlinie a’ betrachtet werden. Überlastbereich (2) Im Überlastbereich (2) verläuft die Schmelzzeit-Strom-Kennlinie der Sicherung steiler als die Auslösekennlinie des Überlastauslösers. Dies ist für den Überlastschutz von Kabeln und Leitungen erwünscht; für den Überlastschutz von Motoren jedoch ist die träge Auslösekennlinie b erforderlich. Kurzschlussbereich (3) Im Kurzschlussstrombereich (3) erfasst der unverzögerte Auslöser des Leistungsschalters Kurzschlussströme ab seinem Ansprechwert rascher als die Sicherung. Höhere Ströme schaltet die Sicherung schneller ab. Dementsprechend begrenzt sie den Kurzschlussstrom stärker als ein Schalter. Extrem hohes Bemessungsschaltvermögen von NH-Sicherungen Daraus ergibt sich für Sicherungen das extrem hohe Bemessungsausschaltvermögen von über 100 kA bei 690 V Betriebswechselspannung. Demgegenüber ist das Bemessungskurzschluss-Ausschaltvermögen Icn von Leistungsschaltern von einer Anzahl von Faktoren abhängig, z. B. von der Bemessungsbetriebsspannung Ue und der Bauart. Ein Vergleich der Schutzeigenschaften von Sicherungen und Leistungsschaltern sowie deren Schaltkombination ist in den Tabellen 3/10 und 3/11 zusammengestellt. Auswahl von Leistungsschaltern für Verteiler mit und ohne Sicherungen Verteiler und Steuerungen kann man mit Sicherungen oder ohne Sicherungen bauen. Verteiler mit Sicherungen Die übliche klassische Bauweise von Verteilern mit Sicherungen (Tabelle 3/12) enthält Schaltkombinationen von Leistungsschaltern und Sicherungen. Hierbei ist jeder Schutzeinrichtung ihre spezifische Aufgabe zugeordnet. Der Einspeiseschalter übernimmt den Überlast- und den selektiven Kurzschlussschutz des Transformators und Verteilers. Hierfür ist der SiemensLeistungsschalter SENTRON WL und 3VL geeignet. 3/22 Totally Integrated Power by Siemens Die Schaltkombination aus Sicherung und Leistungsschalter für den Anlagenschutz übernimmt den Überlastund Kurzschlussschutz der Leitung zum Unterverteiler. Die Schaltkombinationen aus Sicherung und Schalter für den Motorschutz sowie Sicherungen, Schütz und Überlastrelais übernehmen den Überlast- und Kurzschlussschutz der Motorzuleitung und des Motors. Verteiler ohne Sicherungen (sicherungslose Bauweise) Bei Verteilern ohne Sicherungen (Tabelle 3/13) werden zum Kurzschlussschutz Leistungsschalter für den Anlagenschutz und als Verbraucherschalter, Leistungsschalter für den Motorschutz alleine oder für Starterkombinationen zusammen mit dem Schütz vorgesehen. Die Schutzbereiche der Schaltkombinationen aus Leistungsschalter, Schütz und Überlastrelais wurden in diesem Kapitel bereits beschrieben. Weitere technische Angaben sind den Herstellerunterlagen zu entnehmen. TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 23 Netzschutz/Schutzkoordination Eigenschaft Sicherung Bemessungsschaltvermögen bei Wechselspannung > 100 kA, 690 V f (Ir Ue Bauart1)) Strombegrenzung f (Ir Ik) f (Ir Ik Ue Bauart1)) Zusätzlicher Lichtbogenraum keiner f (Ir Ik Ue Bauart1)) Äußerlich erkennbare Aussage der Funktionsfähigkeit ja nein Betriebssicheres Betätigen mit Aufwand2) ja Fernschalten nein ja Selbsttätiges allpoliges Ausschalten mit Aufwand3) ja Meldemöglichkeit mit Aufwand4) ja Verriegelungsmöglichkeit nein ja Wiedereinschaltbereitschaft nach Überlastausschaltung Kurzschlussausschaltung nein nein ja f (Zustand) Betriebsunterbrechung ja f (Zustand) Wartungsaufwand nein f (Schaltzahl und Zustand) Selektivität ohne Aufwand mit Aufwand Austauschbarkeit ja5) bei gleichem Fabrikat Kurzschlussschutz Leitung Motor sehr gut sehr gut gut gut Überlastschutz Leitung Motor ausreichend nicht möglich gut gut 1) 2) Bauart kann sein: Löschprinzip, Kurzschlussfestigkeit durch Eigenwiderstand, konstruktive Gestaltung z. B. mit Hilfe von berührungssicheren Sicherungslasttrennschaltern mit Schnelleinschaltung 3) 4) 5) Leistungsschalter Mit Hilfe der Sicherungsüberwachung und des zugeordneten Leistungsschalters Mit Hilfe der Sicherungsüberwachung Da genormt Tabelle 3/10 Vergleich der Schutzeigenschaften von Sicherung und Leistungsschalter 3/23 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 Schutzobjekte und Schalthäufigkeit 15:53 Uhr Seite 24 Schutzeinrichtungen mit Sicherungen Sicherung Leistungsschalter Schütz Überlastschutz ThermistorMotorschutz M 3~ M 3~ M M M M +ϑ +ϑ +ϑ +ϑ Überlastschutz – Leitung – Motor (ständerkritisch) – Motor (läuferkritisch) ++ ++1) ++1) ++ ++ ++ + ++ + + ++ + ++ ++ ++ ++ ++ ++ Kurzschlussschutz – Leitung – Motor ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ Schalthäufigkeit – ++ – ++ – ++ Schutzobjekte und Schalthäufigkeit Schutzeinrichtungen ohne Sicherungen – Leistungsschalter Schütz Überlastschutz ThermistorMotorschutz M 3~ M 3~ M M +ϑ +ϑ M 3~ M +ϑ Überlastschutz – Leitung – Motor (ständerkritisch) – Motor (läuferkritisch) ++ ++1) ++1) ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++1) ++1) + ++ ++ Kurzschlussschutz – Leitung – Motor ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ Schalthäufigkeit + + + + – – 1) Schutz mit geringer Einschränkung bei Ausfall eines Außenleiters ++ Sehr gut + Gut – Gering Tabelle 3/11 Vergleich der Schutzeigenschaften von Schaltkombinationen (Prinzipschaltpläne) 3/24 Totally Integrated Power by Siemens 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 25 Netzschutz/Schutzkoordination Nr. Art der Leistungsschalter Typ BemessungskurzschlussAusschaltvermögen Icn Typ des Auslösers bzw. Relais L S I EinFest EinFest Einstell- einge- stell- einge- stellbar stellt bar stellt bar Vorschaltsicherung Auslösekennlinie Icn > 100 kA ↔ TIP_Kap03_D ≥ Ik1 × – Auslöser ↔ einstellbar Einspeiseschalter 1 1 Leistungsschalter für den Selektivschutz 3W – × – × Icn t Ik1 I Ik1 Verteilerschalter 2 2 Ik2 Sicherung und Leistungsschalter für den Anlagenschutz 3NA 3VF 3VL ≥ Ik2 ≤ Ik2 ≤ Ik2 – – – – × × – – – – × × – – – × – – Icn t Ik2 I Verbraucherschalter 4 3 3 Ik3 Ik3 4 M 3~ M 3~ Sicherung und Leistungsschalter für den Motorschutz 3NA 3RV1 Sicherung und Direktstarter 3NA 3ND 3TW ≥ Ik3 ≤ Ik3 – × – – – – – × – – × – Icn t Ik3 I ≥ Ik3 ≥ Ik3 ≤ Ik3 – – × – – – – – – – – – – – – × × – Icn t Ik3 Tabelle 3/12 I Verteiler mit Sicherungen und Leistungsschaltern 3/25 3 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 26 Nr. Art der Leistungsschalter Typ BemessungskurzschlussAusschaltvermögen Icn Typ des Auslösers bzw. Relais L S I EinFest EinFest Einstell- einge- stell- einge- stellbar stellt bar stellt bar ≥ Ik1 × Auslösekennlinie ↔ TIP_Kap03_D Auslöser ↔ einstellbar Einspeiseschalter 1 1 Ik1 Leistungsschalter für den Selektivschutz 3W – × – × Icn t Ik1 I Verteilerschalter 2 2 3 Ik2 Ik2 3 ≥ Ik2 Leistungsschalter für den Anlagenschutz 3VL Leistungsschalter für den Selektivschutz SEN- ≥ Ik1 TRON WL – × – × – Icn t Ik2 I × – × – × Icn t Ik2 I Verbraucherschalter 4 5 4 5 Ik3 M 3~ Ik3 Leistungsschalter für den Motorschutz 3RV1 Leistungsschalter Direktstarter 3RA 3TW ≤ Ik3 – – × – Icn t Ik3 ≥ Ik3 – M 3~ Tabelle 3/13 Energieverteilung mit Leistungsschalter ohne Sicherungen 3/26 × Totally Integrated Power by Siemens – × – – – – – – × – I Icn t Ik3 I TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 27 Netzschutz/Schutzkoordination 3.2.4 Leitungsschutzschalter (LS-Schalter) Aufgabe Leitungsschutzschalter dienen in erster Linie dem Schutz von Kabeln und Leitungen gegen Überlast und Kurzschluss. Damit übernehmen sie den Schutz elektrischer Betriebsmittel gegen zu hohe Erwärmung nach den relevanten Standards, z. B. DIN VDE 0100-430. 1. Bedingung 2. Bedingung Ib ≤ In ≤ I z I2 ≤ 1,45 · Iz Ib Iz In 1,45·Iz I2 LS-Schalter finden ihren Einsatz in allen Verteilungsnetzen, sowohl im Zweckbau als auch in der Industrie. Den vielfältigen Anforderungen der unterschiedlichen Anwendungsgebiete und -fälle werden sie durch verschiedene Ausführungen und mit Hilfe von umfassendem Zubehör (z. B. Hilfsstrom- und Fehlersignalschalter, Arbeitsstromauslöser usw.) gerecht. I1 I2 Zulässiger Dauerbelastungsstrom für einen Leiter, bei dem die Dauergrenztemperatur der Isolierung nicht überschritten wird 1,45 ·Iz Maximal zulässiger, zeitlich begrenzter Überlaststrom, bei dem das kurzzeitig auftretende Überschreiten der Dauergrenztemperatur noch nicht zur sicherheitsrelevanten Reduzierung der Isolationseigenschaft führt I3 In Bemessungsstrom, d. h. der Strom, für den der Leitungsschutzschalter bemessen ist und auf den sich andere Bemessungsgrößen beziehen (Einstellwert) I1 Kleiner Prüfstrom, d. h. der Strom, der unter definierten Bedingungen nicht zur Abschaltung führt I2 Großer Prüfstrom, d. h. der Strom, der unter definierten Bedingungen innerhalb einer Stunde (In ≤ 63 A) abgeschaltet wird I3 I3 Toleranzeingrenzung I4 Haltestrom des unverzögerten elektromagnetischen Überstromauslösers (Kurzschlussauslöser) I5 Auslösestrom des unverzögerten elektromagnetischen Überstromauslösers (Kurzschlussauslöser) I5 I4 Auslösecharakteristik C Auslösecharakteristik A eignet sich besonders für den Schutz von Wandlern in Messkreisen, für Stromkreise mit großen Leitungslängen und der Forderung nach Iz I I Für den jeweils vorliegenden Anwendungsfall, bezogen auf das im zu schützenden Stromkreis angeschlossene Betriebsmittel, stehen vier Auslösecharakteristiken A, B, C und D zur Verfügung. Zu erwartender Betriebsstrom, d. h. durch den Verbraucher bestimmter Strom bei ungestörtem Betrieb Zeit t Unter bestimmten Voraussetzungen gewährleisten LS-Schalter im TN-System auch den Schutz gegen elektrischen Schlag bei zu hoher Berührungsspannung durch Isolationsfehler, z. B. nach HD 384.4.41/ IEC 364-4-41/ DIN VDE 0100-410. Einsatz Ib Grafik 3/17 Prinzipdarstellung der Bezugswerte von Leitungen und Schutzeinrichtung C Abschalten innerhalb 0,4 s nach HD 384.4.41 S2 / IEC 60364-4-41/ DIN VDE 0100-410. C Auslösecharakteristik B ist die Standardcharakteristik für Steckdosenstromkreise im Wohn- und Zweckbau. 3/27 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 28 C Auslösecharakteristik C ist von Vorteil beim Einsatz von Betriebsmitteln mit höheren Einschaltströmen, wie z. B. Lampen und Motoren. C Auslösecharakteristik D ist angepasst an stark impulserzeugende Betriebsmittel, wie Transformatoren, Magnetventile oder Kondensatoren. Wirkungsweise Leitungsschutzschalter sind Schutzschalter für Handbetätigung mit Überstrom-Fernauslösung (thermischer Überstrom-Schnellauslöser). Mehrpolige Geräte sind außen mechanisch über die Griffe und gleichzeitig innen über die Auslöser gekoppelt. Standards Internationaler Basis-Standard ist IEC 60898. Darauf beruhen die Europa-Norm EN 60868 und der nationale Standard DIN VDE 0641-11. Die Baugrößen sind in DIN 43880 beschrieben. Für den Personenschutz sind die Abschaltbedingungen nach den relevanten Standards, z. B. HD 384.4.41 S2 / IEC 60364-4-41/ DIN VDE 0100-410, einzuhalten. Ausführungen LS-Schalter gibt es in den verschiedensten Ausführungen 1-polig, 2-polig, 3-polig und 4-polig sowie mit geschaltetem Neutralleiter 1-polig+N und 3-polig+N. Gemäß der Vorzugsreihe nach IEC 60898 und nach DIN 43880 sind den LS-Schaltern folgende Bemessungsströme zugeordnet: C Geräte mit Bautiefe 55 mm 0,3 A bis 63 A, C Geräte mit Bautiefe 70 mm 0,3 A bis 125 A Durch den Anbau eines FI-Blockes an den LS-Schalter erhält man eine FI/LS-Kombination, die als komplettes System sowohl Leitungsschutz als auch Schutz gegen elektrisch gezündete Brände sowie Personenschutz beim indirekten und direkten Berühren bietet. Hilfsstromschalter (HS) melden den Schaltzustand des LS-Schalters und geben Auskunft darüber, ob eine Hand- oder automatische Ausschaltung vorgenommen wurde. Fehlersignalschalter (FS) zeigen die Ausschaltung des LS-Schalters durch Überlast oder Kurzschluss an. Arbeitsstromauslöser (AA) sind zur Fernschaltung von LS-Schaltern geeignet. Unterspannungsauslöser (UA) schützen im Stromkreis liegende Verbraucher gegen die Auswirkungen einer zu niedrigen Versorgungsspannung. Nachträglich anbaubar sind je nach Gerätebauart Hilfsstromschalter (HS), Fehlersignalschalter (FS), Arbeitsstromauslöser (AA), Unterspannungsauslöser (UA) und Fehlerstrom-SchutzeinrichtungsBlock (FI-Block). 3/28 Totally Integrated Power by Siemens Durch Anschluss des HS und FS an einen instabus® EIB®-Binäreingang können die Signale auch in ein instabus EIB-System eingelesen werden. Mittels instabus EIB-Binärausgang kann über den Arbeitsstromauslöser (AA) der LS-Schalter auch über instabus EIB fernausgelöst werden. Je nach Bauart haben Siemens-LSSchalter folgende weitere Merkmale: C sehr gute Strombegrenzung und Selektivität, C beidseitig identische Klemmen zum wahlweisen Einspeisen oben oder unten, C werkzeuglose Montage und Demontage, C schnelles und einfaches Lösen aus dem Verbund möglich, C Finger- und Handrückensicherheit der Klemmen nach VDE 0106-100 (VBG4), C Kombiklemmen zum gleichzeitigen Anschließen von Sammelschienen und Zuleitungen, C Hauptschaltereigenschaften nach EN 60204 / IEC 60204 / VDE 0113, C separate Schaltstellungsanzeige. LS-Schalter in Wechselstromausführung sind für alle Wechsel- und Drehstromnetze bis zu einer Spannung 240 / 415 V und alle Gleichstromnetze bis 60 V (einpolig) und 120 V (zweipolig) geeignet. Die Bemessungsspannung der LS-Schalter beträgt AC 230 / 400 V. LS-Schalter in Allstromausführung sind auch für DC 220 V (einpolig) und DC 440 V (zweipolig) einsetzbar. 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 29 Netzschutz/Schutzkoordination Bemessungsquerschnitt qn mm2 1,5 2,5 4 6 10 16 25 35 Bemessungsstrom In des LS-Schalters bei Schutz von 2 belasteten Leitern 3 belasteten Leitern A A 16 25 32 40 63 80 100 125 Iz (Leitung) Zulässiger Dauerbelastungsstrom bei 2 belasteten Leitern 3 belasteten Leitern A A 16 20 32 40 50 63 80 100 19,5 26 35 46 63 85 112 138 17,5 24 32 41 57 76 96 1190 Tabelle 3/14 Zuordnung von Leitungsschutzschaltern zu Leiterquerschnitten Beispiel: Stegleitung, mehradrige Leitung auf bzw. in der Wand, Verlegeart C1) bei 30 ºC Umgebungstemperatur Verlegeart C nach DIN VDE 0298-4 sowie DIN VDE 0100-430, Beiblatt 1. Die Leitungen sind dabei so befestigt, dass der Abstand zwischen ihnen und der Wandoberfläche kleiner als der 0,3fache Außendurchmesser der Leitungen ist. Damit im Fehlerfall die Leiterisolierungen nicht beschädigt werden, dürfen die Temperaturen bestimmte Werte nicht überschreiten. Dies sind für PVC-Isolierungen dauernd 70 °C bzw. 160 °C für maximal 5 s (Kurzschlussfall). Für den Überstromschutz der Leitungen haben die LS-Schalter üblicherweise zwei unabhängige Auslöser. Im Überlastfall schaltet ein Bimetall entsprechend der Stromstärke zeitverzögert ab. Ist jedoch ein bestimmter Schwellwert im Kurzschlussfall überschritten, schaltet ein elektromagnetischer Überstromauslöser sofort ohne Verzögerung ab. Der Auslösebereich (Zeit-Strom-Grenzband) der LS-Schalter nach EN 60898 / IEC 60898 / DIN VDE 0641-11 wird über Kenngrößen I1 bis I5 (Grafik 3/18) festgelegt. Die Kenngrößen Ib, Iz der Leitung (siehe Grafik 3/17) stehen dazu in Beziehung. 300 Zeit t LS-Schalter Auslösecharakteristiken B, C, D nach EN 60898 / IEC 60898 / DIN VDE 0641-11 I1 I2 A1) 60 Minuten 1) I1 (t > 1h) I2 (t < 1h) C D 1) Erfüllt die Anforderungen von DIN VDE 0100-410 1.45 x In 1.45 x In 1.45 x In 1.45 x In I4 (t > 0,1s) 2 x In I5 (t < 0,1s) 3 x In 10 B 1.13 x In 1.13 x In 1.13 x In 1.13 x In 3 x In 5 x In 5 x In 10 x In 20 x In 10 x In I3 1 10 5 Sekunden TIP_Kap03_D I3 1 0,4 A B C I5 0,1 I4 0,01 1 Abschaltbedingung nach HD 384.4.41S2/ IEC 60364-4-41 DIN VDE 0100-410 I4 2 D I5 I4 3 4 I5 I5 I4 6 8 10 20 30 40 60 80 100 x Bemessungsstrom In Grafik 3/18 Zeit-Strom-Grenzbereiche von LS-Schaltern 3/29 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 30 Mit dem Erscheinen des Standards IEC 60898 sind international neue Charakteristiken B, C und D festgelegt worden. Diese wurden auch von EN 60898 und DIN VDE 0641-11 übernommen. Siemens-LS-Schalter stehen dem Anwender mit den Auslösecharakteristiken B, C und D unter anderem mit dem VDE-Zeichen auf Basis des CCA-Verfahrens (CENELEC-Certification-Agreement) zur Verfügung. Die neuen Auslösebedingungen der LS-Schalter erleichtern die Zuordnung zu den Leiterquerschnitten. In den relevanten Standards, z. B. DIN VDE 0100-430, sind folgende Bedingungen aufgeführt: In Grafik 3/19 sind alle Auslösecharakteristiken dargestellt. Aufgrund der Lage der Auslösebänder nimmt steigend von Kennlinie A nach D C die Strompulsfestigkeit zu, C die zulässige Leitungslänge für den Personenschutz ab. 1. Bedingung Ib ≤ In ≤ Iz (Bemessungsstromregel), 2. Bedingung I2 ≤ 1,45 · Iz (Auslösestromregel). Dadurch dass bei den neuen Kennlinien die zweite Bedingung durch die Kennlinienfestlegung automatisch erfüllt ist (Iz = In gesetzt), braucht der LS-Schalter nur noch nach der vereinfachten Beziehung In ≤ Iz ausgewählt zu werden. Daraus folgend kann eine neue Zuordnung zwischen Bemessungsströmen von LS-Schaltern und Leiterquerschnitten (Tabelle 3/14) angegeben werden, bezogen auf eine Umgebungstemperatur von 30 °C, wie sie nach DIN VDE 0100 - 430, Beiblatt 1 als angemessen gilt, und in Abhängigkeit der Verlegart und -häufung. Standard Temperatureinfluss Die Auslösekennlinien sind nach den Standards bei einer Umgebungstemperatur von +30 °C definiert. Bei höheren Temperaturen verschiebt sich die thermische Auslösekennlinie in Grafik 3/18 nach links und bei tieferen Temperaturen nach rechts. Das bedeutet, dass die Auslösung schon bei niedrigeren Strömen (höhere Temperatur) oder erst bei höheren Strömen (niedrigere Temperatur) wirksam wird. Dies ist besonders zu beachten in heißen Räumen, bei Einbau in gekapselte Verteiler, in denen sich durch die Stromwärmeverluste der eingebauten Geräte höhere Temperaturen ergeben können, und bei im Freien Bemessungsschaltvermögensklassen EN 60898 / IEC 60898 / DIN VDE 0641-11 1 500 A 3 000 A 4 500 A 6 000 A 10 000 A 15 000 A 20 000 A 25 000 A Tabelle 3/15 Bemessungsschaltvermögensklassen bei Leitungsschutzschaltern 3/30 Totally Integrated Power by Siemens stehenden Verteilern. LS-Schalter können bei Temperaturen von – 25 °C bis + 55 °C eingesetzt werden. Die relative Luftfeuchtigkeit darf 95% betragen. Klimabeständigkeit Siemens-Leitungsschutz-Schalter sind nach IEC 68-2-30 klimabeständig. Sie wurden mit sechs Klimazyklen erfolgreich geprüft. Schutzart Da sie vorwiegend in Verteiler eingebaut werden, muss deren Schutzart den Anforderungen der jeweiligen Raumart entsprechen. LS-Schalter außerhalb einer Kapselung erreichen mit entsprechenden Klemmenabdeckungen die Schutzart IP30 nach EN 60529 / IEC 60529 / DIN VDE 0470-1. Alle LS-Schalter sind mit einer Schnappbefestigung für die schnelle Montage auf 45 mm breiten Hutschienen nach DIN EN 50022 ausgerüstet. Einige Ausführungen lassen zusätzlich das Aufschrauben auf Montageplatten zu. Montage Darüber hinaus steht bei einigen Reihen ein werkzeuglos handbetätigbares Schnellmontage- und -lösesystem zur Verfügung, welches sogar das Lösen von einzelnen LS-Schaltern aus dem verschienten Verbund ermöglicht. TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 31 Netzschutz/Schutzkoordination [A2 s] I2 t Zulässiger Wert I 2 t der Leitung 1,5 mm2 Transformator Diazed 50 A 1 2 3 Sicherung B 16 LS-Schalter 104 Ik [A] i i Ieff B 16 0 3 2 1 Sinus-Halbwelle 5 t 10 [ms] 103 10-1 3 6 100 3 6 Ik 101 [kA] Grafik 3/19 Selektivität von LS-Schaltern der Energiebegrenzungsklassen 1 2 und 3 zu Vorsicherungen. Kurve B16 gilt für Siemens-Schalter 16 A, Auslösecharakteristik B. Bemessungsschaltvermögen Energiebegrenzungsklassen Ein wesentliches Leistungsmerkmal der LS-Schalter ist neben der Kennlinientreue das Bemessungsschaltvermögen. Die Einteilung erfolgt nach EN 60898 / IEC 60898 / DIN VDE 0641-11 in Schaltvermögensklassen und gibt Auskunft darüber, bis zu welcher Höhe Kurzschlussströme abgeschaltet werden können (Tabelle 3/18). Siemens-LS-Schalter bieten je nach Ausführung Bemessungsschaltvermögenswerte bis zu 25 000 A mit VDE-Approbation. Als Aussage über die Selektivität zu vorgeschalteten Sicherungen werden LS-Schalter der Charakteristiken B und C bis 40 A entsprechend dem Grad ihrer Strombegrenzung in drei Energiebegrenzungsklassen eingeteilt. Die zulässigen Durchlass-I 2t-Werte sind den Standards EN 60898 / IEC 60898 / DIN VDE 0641-11 zu entnehmen. Laut den Technischen Anschlussbedingungen (TAB) der deutschen Energieversorgungsunternehmen (EVU) dürfen in Haushalts- und Zweckbauverteilern nach dem Zähler aus Selektivitätsgründen nur LS-Schalter mit einem Bemessungsschaltvermögen von mindestens 6 000 A und der Energiebegrenzungsklasse 3 eingesetzt werden. Die Geräte müssen die Aufschrift 6000 3 tragen. Selektivität Selektivität bedeutet, dass im Fehlerfall nur das Schutzorgan abschaltet, welches dem Fehlerort im Verlauf des Strompfades am nächsten liegt. Damit kann in parallel liegenden Stromkreisen der Energiefluss aufrechterhalten werden. In Grafik 3/19 ist der Stromverlauf einer Abschaltung in Bezug auf die Energiebegrenzungsklassen schematisch 3/31 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 32 dargestellt. Der Siemens-LS-Schalter B16 begrenzt die Energie auf wesentlich niedrigere Werte als für die Energiebegrenzungsklasse 3 vorgeschrieben. Grafik 3/19 zeigt die Selektivitätsgrenzen von LS-Schaltern mit verschiedenen Energiebegrenzungsklassen durch den Schnittpunkt der LS-Abschaltkennlinie mit der Schmelzkennlinie der Sicherung. Auch wirkt sich die sehr wirksame Energiebegrenzung des LS-Schalters auf die hohe Selektivität zur vorgeschalteten Sicherung aus. Kurve B16 gilt für Siemens-Schalter 16 A, Auslösecharakteristik B. Back-up-Schutz Übersteigt der Kurzschlussstrom an der Einbaustelle des LS-Schalters dessen Bemessungsschaltvermögen, muss ihm ein weiteres Kurzschlussschutzorgan vorgeschaltet werden. Ohne die Funktionsfähigkeit des LSSchalters in solchen Fällen zu beeinträchtigen, wird das Schaltvermögen der Kombination bis zu 50 kA erhöht. Obwohl die Leistungsschalter ein hohes eigenes Bemessungsausschaltvermögen besitzen, schalten sie im Bereich des Grenzschaltvermögens der LS-Schalter (6 kA/10 kA) noch nicht genügend strombegrenzend, sodass sie wenig Unterstützung bieten können. So sind die Leitungsschutzschalter der Bemessungsströme 6 bis 32 A durch vorgeschaltete Leistungsschalter (Typ 3VF1 bis 3VF6 und SENTRON WL 1 / S E N T R O N W L 5) nur bis zum definierten Bemessungsschaltvermögen des LS-Schalters geschützt (Back-up-Schutz). Eine weitergehende Beschreibung erfolgt in Kap. 6.1.2. Weitere Produktinformationen über Siemens-LS-Schalter enthält der Siemens-Katalog „BETA Installationseinbaugeräte“, Bestell-Nr. E86060-K8220-A101-A6 In einigen Ländern werden zunehmend anstelle von NH-Sicherungen Leistungsschalter vorgeschaltet, wobei je nach Typ das gemeinsame Schaltvermögen stark reduziert wird. 3/32 Totally Integrated Power by Siemens TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 33 Netzschutz/Schutzkoordination 3.3 Selektivität in Niederspannungsnetzen Selektivität und Selektivitätsarten Bei zwei in Reihe geschalteten Schutzgeräten besteht volle Selektivität, wenn im Fehlerfall nur das unmittelbar vor dem Fehlerfall befindliche Schutzgerät abschaltet. Selektivitätsarten/Selektivitätsgrenze Zwei Arten von Selektivität werden unterschieden: C Teilselektivität lt. IEC 60947-2, 2.17.2: Überstromselektivität von zwei Überstromschutzeinrichtungen in Reihe, wobei bis zu einem gegebenen Überstromwert die Schutzeinrichtung auf der Lastseite den Schutz übernimmt, ohne dass die andere Schutzeinrichtung wirksam wird. C Volle Selektivität lt. IEC 60947-2, 2.17.2: Überstromselektivität von zwei Überstromschutzeinrichtungen in Reihe, wobei die Schutzeinrichtung auf der Lastseite den Schutz übernimmt, ohne dass die andere Schutzeinrichtung wirksam wird. Selektivitätsarten C Stromselektivität Selektives Abschalten durch Staffelung der unverzögerten Kurzschlussschnellauslöser Ii. Leistungsschalter mit li-Charakteristik. C Zeitselektivität Staffelung der einstellbaren Auslösezeiten (tsd im S-Teil) der Kurzschlussauslöser. Dies gilt für Standard- als auch für optionale Kennlininen. Leistungsschalter mit LSI-Charakteristik. Einsatz häufig in Hauptverteilungen und Übergängen mit Geräten unterschiedlicher Hersteller notwendig. C Dynamische / Energie-Selektivität: Selektivität basierend auf der Betrachtung der Durchlassenergie des nachgeordneten Gerätes und Auslöseenergie des vorgeordneten Schutzorgans. Selektivitätsbestimmung Nach IEC 60947-2, Anhang A ist die Bestimmung bzw. der Nachweis der gewünschten Selektivitätsart in zwei Zeitbereiche aufgeteilt. Zeitbereich > 100 ms: Der Zeitbereich > 100 ms kann durch Kennlininenvergleich im L- bzw- S-Bereich erfolgen. Unter Beachtung der Toleranzen, erforderlichen Schutzeinstellungen, Darstellung im gleichen Maßstab, etc. Zeitbereich < 100 ms: Nach Bild A.2 in der Norm ist die Selektivität in diesem Bereich durch Prüfung nachzuweisen. Da der Aufwand (Zeit und Kosten) sehr hoch ist, unterschiedliche Geräte in Energieverteilungen einzusetzen, sind die Selektivitätsgrenzwerte meist nur von namhaften Geräteherstellern verfügbar. Daher werden in der Praxis häufig die jeweiligen Durchlassströme mit den Ansprechströmen bzw. die Durchlassenergien der Schutzgeräte verglichen. Dies setzt natürlich voraus, das die Werte der Gerätehersteller vorliegen und entsprechend exakt betrachtet werden. Alle Kennlinien – wenn nicht bereits vom Hersteller vorgegeben – müssen für eine sichere Selektivitätsbestimmung mit einem Streubereich versehen werden. Bei Schaltgeräten sind nach EN 60947-2 / IEC 60947-2 / DIN VDE 0660-101 für den unverzögerten Überstromauslöser ± 20% Streuung zu berücksichtigen. Für den elektromechanischen Überlastauslöser sind die teilweise erheblich reduzierten Ansprechzeiten bei betriebswarmem Zustand in Rechnung zu stellen. Selektivitätsgrenzwertbestimmung Grundsätzlich können alle Selektivitätsgrenzwerte zwischen zwei Schutzgeräten durch Messungen bzw. Tests ermittelt werden. Insbesondere bei der Beurteilung im Kurzschlussfall sind solche Messungen aufgrund der schnellen Schaltvorgänge bei der Verwendung strombegrenzender Schutzgeräte nahezu unumgänglich. Diese Messungen können jedoch einen beträchtlichen Aufwand verursachen, weshalb viele Hersteller entsprechende Selektivitätstabellen ihrer Schaltgeräte veröffentlichen (siehe Tabelle 3/16). Bei Benutzung von SIMARIS design werden alle Kriterien automatisch berücksichtigt. Kennlinienvergleich Für den Kennlinienvergleich stehen drei Diagrammarten zur Verfügung: C Zeit-Strom-Diagramm C Durchlasstrom-Diagramm C Durchlassenergie-Diagramm Traditionell werden wegen der Betrachtung über mehrere Größenordnungen hinweg die Kennlinien und deren Vergleich üblicherweise auf doppelt logarithmischem Papier durchgeführt. 3/33 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 34 Vorgeordnete Leistungsschalter Anlagenschutz Charakteristik In li Typ 3VL3 TM TM 160-200 3VL4 TM 200-250 160-200 200-250 250-315 A 1000-2000 1200-2500 1000-2000 1250-2500 1575-3150 Icn 40-100 40-100 45-100 45-100 45-100 Nachgeordnete Leitungsschutzschalter [A] [A] kA Selektivitätsgrenzen (kA) Art 5SY4 Charakteristik LI 6 10 13 16 20 25 32 40 50 63 B B B B B B B B B B 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 T T T T 9,2 8,6 7,5 7,7 6,7 6,2 T T T T T T T T T 9,0 T T T T 9,1 8,6 7,6 7,6 6,6 6,2 T T T T 8,8 8,0 6,4 6,4 6,4 6,1 T T T T T T T T T 8,0 6 10 13 16 20 25 32 40 50 63 C C C C C C C C C C 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 T T T T 8,6 8,5 8,5 7,5 6,6 6,2 T T T T T T T T 9,7 8,7 T T T T 8,5 8,5 8,5 7,6 6,5 6,1 T T T T 7,1 8,1 7,8 6,9 6,5 6,1 T T T T T T T T T 8.0 6 10 13 16 20 25 32 40 50 63 B B B B B B B B B B 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 T T T T 9,2 8,6 7,5 7,7 6,7 6,2 T T T T T T 14,3 11,1 11,1 9,0 T T T T 9,1 8,6 7,6 7,6 6,6 6,2 T T 12,9 11,5 8,8 8,0 6,4 6,4 6,4 6,1 T T T T T T 12,4 11,8 10,7 8,0 6 10 13 16 20 25 32 40 50 63 C C C C C C C C C C 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 T T T T 8,5 8,5 8,5 7,5 6,6 6,2 T T T T T 14,7 14,7 13,0 9,7 8,7 T T T T 8,5 8,5 8,5 7,6 6,5 6,1 T 14,3 11,1 11,1 7,1 8,1 7,8 6,9 6,5 6,1 T T T T T 13,7 13,4 12,0 10,2 8,0 Charakteristik LI Typ 5SY7 Charakteristik LI Charakteristik LI Tabelle 3/16 Bemessungskurzschlussausschaltvermögen Icn nach IEC 60898 Bemessungsgrenzkurzschlussausschaltvermögen Icu nach IEC 60947-2 3/34 Totally Integrated Power by Siemens TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 35 Netzschutz/Schutzkoordination 3VL5 TM 15 315-400 250-315 315-400 400-500 500-630 3VL5 ETU 10/20 3VL6 ETU 10/20 252-630 320-800 3VL7 ETU 10/20 400-1000 3VL8 ETU 10/20 500-1250 640-1600 3150 2000-4000 1575-3150 2000-4000 2500-5000 3150-6500 788-6300 1000-6400 1250-11000 1563-12500 2000-14400 0 45-100 45-100 45-100 45-100 45-100 45-100 50-100 50-100 50-100 50-100 T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T 14,6 T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T 13,8 13,0 T T T T T T T T 14,2 13,3 T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T 13,4 T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T 14,2 12,0 T T T T T T T T 14,6 12,3 T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T = volle Selektivität bis zum Icn = Bemessungskurzschlussausschaltvermögen des kleineren Schutzgerätes M = magnetischer Auslöser TM = thermomagnetischer Auslöser ETU = elektronische Auslöseeinheit 3/35 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 36 Nachgeordnete Leitungsschutzschalter Vorgeordnete Leistungsschalter Anlagenschutz 3WL1 ETU25/27 Art Serie Charakteristik IR li Icn MCCB 1000-2500 1280-3200 1600-4000 2000-5000 2520-6300 50000 50000 50000 50000 50000 55-100 80-100 100 100 100 [A] [A] [kA] 3VL1 Line Pro LI TM 16 20 25 32 40 50 63 80 100 125 160 300 300 300 300 600 600 600 1000 1000 1000 1500 40-70 40-70 40-70 40-70 40-70 40-70 40-70 40-70 40-70 40-70 40-70 T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T 3VL2 Line Pro LI TM 40-50 50-63 63-80 80-100 100-125 125-160 25-63 40-100 64-100 300-600 300-600 400-800 500-1000 625-1250 800-1600 80-693 125-1100 200-1760 40-100 40-100 40-100 40-100 40-100 40-100 40-100 40-100 40-100 T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T 3VL2 Line Pro LI TM ETU 160-200 200-250 80-200 100-250 1000-2000 1250-2500 250-2200 312-2750 40-100 40-100 40-100 40-100 T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T 3VL4 Line Protect TM 160-200 200-250 250-315 315-400 126-315 160-400 1000-2000 1250-2500 1575-3150 2000-4000 400-3465 500-4400 45-100 45-100 45-100 45-100 45-100 45-100 T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T ETU 250-315 315-400 400-500 500-630 252-630 1575-3150 2000-4000 2500-5000 3250-6500 788-6300 45-100 45-100 45-100 45-100 45-100 T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T 3VL6 Line Pro LI 320-800 1000-6400 50-100 T T T T T 3VL7 Line Pro LI ETU 400-1000 500-1250 1250-11000 1562-12500 50-100 50-100 41,4 41,4 41,4 41,4 41,4 41,4 41,4 41,4 41,4 41,4 3VL8 Line Pro LI 640-1600 2000-14400 50-100 41,4 41,4 41,4 41,4 41,4 ETU ETU 3VL5 Line Protect LI TM Tabelle 3/16 Bemessungskurzschlussausschaltvermögen Icn nach IEC 60898 Bemessungsgrenzkurzschlussausschaltvermögen Icu nach IEC 60947-2 3/36 Totally Integrated Power by Siemens TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 37 3LW1-3B ETU45B 00 252-630 320-800 400-1000 500-1250 640-1600 800-2000 1000-2500 1280-3200 1600-4000 2000-5000 787,5-7560 1000-9600 1250-12000 1562,5-15000 2000-19200 2500-24000 3125-30000 4000-38400 50000 50000 50-65 100 100 100 100 55-100 55-100 80-100 100 100 T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T = volle Selektivität bis zum Icn = Bemessungskurzschlussausschaltvermögen des kleineren Schutzgerätes T T T T T T T T T M = magnetischer Auslöser T T T T T T T T T T T T T T T T T T TM = thermomagnetischer Auslöser ETU = elektronische Auslöseeinheit 3/37 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 38 Nachgeordnete Leitungsschutzschalter Vorgeordnete Leistungsschalter Anlagenschutz 3VL1 TM Art Serie Charakteristik IR li 16 20 25 32 40 50 63 80 [A] 300 300 300 300 600 600 600 10 Icn 40-70 40-70 40-70 40-70 40-70 40-70 40-70 40 Motorschutzschalter [A] [A] [kA] Selektivitätsgrenzen [kA] 3RV1.1 LI 0.70-1.00 0.90-1.25 1.10-1.60 1.40-2.00 1.80-2.50 2.20-3.20 2.80-4.00 3.50-5.00 4.50-6.30 5.50-8.00 7-10 9-12 12 15 19 24 30 38 48 60 76 96 120 144 100 100 100 100 100 100 100 100 100 50 50 50 T T T 2,5 1,0 0,8 0,6 0,6 0,5 0,5 0,5 0,5 T T T 2,5 1,0 0,8 0,6 0,6 0,5 0,5 0,5 0,5 T T T 2,5 1,0 0,8 0,6 0,6 0,5 0,5 0,5 0,5 T T T 2,5 1,0 0,8 0,6 0,6 0,5 0,5 0,5 0,5 T T T T T 2,5 1,2 1,2 1,0 1,0 0,8 0,8 T T T T T 2,5 1,2 1,2 1,0 1,0 0,8 0,8 T T T T T 2,5 1,2 1,2 1,0 1,0 0,8 0,8 T T T T T T 8, 3, 2, 1, 1, 1, 3RV1.2 LI 0.70-1.00 0.90-1.25 1.10-1.60 1.40-2.00 1.80-2.50 2.20-3.20 2.80-4.00 3.50-5.00 4.50-6.30 5.50-8.00 7-10 9-12.5 11-16 14-20 17-22 20-25 12 15 19 24 30 38 48 60 76 96 120 150 192 240 264 300 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 50 50 50 50 T T T T T 5,0 2,0 0,6 0,6 0,6 0,6 0,6 T T T T T 5,0 2,0 0,6 0,6 0,6 0,6 0,6 0,5 T T T T T 5,0 2,0 0,6 0,6 0,6 0,6 0,6 0,5 T T T T T 5,0 2,0 0,6 0,6 0,6 0,6 0,6 0,5 T T T T T T T 20,0 6,0 3,0 2,0 1,5 1,2 1,0 0,8 0,8 T T T T T T T 20,0 6,0 3,0 2,0 1,5 1,2 1,0 0,8 0,8 T T T T T T T 20,0 6,0 3,0 2,0 1,5 1,2 1,0 0,8 0,8 T T T T T T T T 20 15 5, 4, 3, 2, 1, 1, 3RV1.3 LI 11-16 14-20 18-25 22-32 28-40 36-45 40-50 192 240 300 384 480 540 600 50 50 50 50 50 50 50 0,5 0,5 0,4 0,5 0,4 0,4 1,2 1,0 0,8 0,6 1,2 1,0 0,8 0,6 1,2 1,0 0,8 0,6 3, 2, 1, 1, 1, 1, 3RV1.4 LI 11-16 14-20 18-25 22-32 28-40 36-50 45-63 57-75 70-90 80-100 192 240 300 384 480 600 756 900 1080 1140 100 100 100 100 50-100 50-100 50-100 50-100 50-100 50-100 0,5 0,5 0,4 0,5 0,4 0,4 1,2 1,0 0,8 0,8 1,2 1,0 0,8 0,8 1,2 1,0 0,8 0,8 2, 2, 1, 1, 0, 0, Tabelle 3/16 Bemessungskurzschlussausschaltvermögen Icn nach IEC 60898 Bemessungsgrenzkurzschlussausschaltvermögen Icu nach IEC 60947-2 3/38 Totally Integrated Power by Siemens TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 39 Trenner 3VL1 M Anlagenschutz 3VL2 TM 80 100 125 160 100 160 40-50 50-63 63-80 80-100 1000 1000 1000 1500 1800 1800 300-600 300-600 400-800 500-1000 625-1250 800-1600 40-70 40-70 40-70 40-70 40-100 40-100 40-100 40-100 40-100 40-100 T T T T T T 8,0 3,0 2,5 1,5 1,5 1,2 T T T T T T 8,0 3,0 2,5 1,5 1,5 1,2 T T T T T T 8,0 3,0 2,5 1,5 1,5 1,2 T T T T T T T T 8,0 3,0 3,0 2,5 T T T T T T T T 30 6 4 4 T T T T T T T T 30,0 6,0 4,0 4,0 T T T T 4,0 1,5 1,0 1,0 0,8 0,8 0,6 0,6 T T T T 4,0 1,5 1,0 1,0 0,8 0,8 0,6 0,6 T T T T T 4,0 1,5 1,2 1,2 1,0 1,0 0,8 T T T T T 30,0 2,5 1,5 1,5 1,2 1,2 1,2 T T T T T T 5,0 2,5 2,0 1,5 1,5 1,2 T T T T T T T 5,0 4,0 2,0 2,0 1,5 T T T T T T T T 20,0 15,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,5 1,5 T T T T T T T T 20,0 15,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,5 1,5 T T T T T T T T 20,0 15,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,5 1,5 T T T T T T T T T T 10,0 8,0 5,0 4,0 3,0 3,0 T T T T T T T T T T 30,0 12,0 8,0 6,0 5,0 4,0 T T T T T T T T T T 30,0 12,0 8,0 6,0 5,0 4,0 T T T T T 20,0 8,0 2,5 1,5 1,2 1,2 1,0 0,8 0,6 0,6 T T T T T 20,0 8,0 2,5 1,5 1,2 1,2 1,0 0,8 0,6 0,6 T T T T T T T 20,0 6,0 4,0 2,0 1,5 1,2 1,0 0,8 0,8 T T T T T T T 20,0 6,0 4,0 2,5 2,0 1,5 1,2 1,2 1,0 T T T T T T T T 40,0 25,0 5,0 3,0 2,5 2,0 1,5 1,5 T T T T T T T T 40-50 30,0 5,0 5,0 4,0 2,5 2,0 1,5 3,0 2,0 1,5 1,2 1,2 1,0 3,0 2,0 1,5 1,2 1,2 1,0 3,0 2,0 1,5 1,2 1,2 1,0 6,0 4,0 3,0 2,5 2,0 2,0 2,0 10,0 6,0 4,0 3,0 3,0 2,5 2,5 10,0 6,0 4,0 3,0 3,0 2,5 2,5 0,8 0,8 0,6 0,8 0,8 0,6 1,2 1,0 0,8 0,8 0,6 0,6 1,5 1,2 1,2 1,0 0,6 0,6 3,0 2,0 1,5 1,2 0,6 0,6 4,0 2,5 2,0 1,5 0,6 0,6 0,6 2,5 2,0 1,5 1,2 0,6 0,6 2,5 2,0 1,5 1,2 0,6 0,6 2,5 2,0 1,5 1,2 0,6 0,6 5,0 3,0 3,0 2,0 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 8,0 5,0 4,0 3,0 2,0 2,0 2,0 2,0 8,0 5,0 4,0 3,0 2,0 2,0 2,0 2,0 2,0 2,0 0,8 0,6 0,6 0,6 1,2 1,0 0,8 0,8 0,6 0,6 1,5 1,2 1,2 1,0 0,6 0,6 2,5 1,5 1,5 1,2 0,6 0,6 3,0 2,0 2,0 1,2 0,6 0,6 0,8 0,6 0,6 0,6 100-125 125-160 T = volle Selektivität bis zum Icn = Bemessungskurzschlussausschaltvermögen des kleineren Schutzgerätes M = magnetischer Auslöser TM = thermomagnetischer Auslöser ETU = elektronische Auslöseeinheit 3/39 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 40 [s] ts 100 A Gr. 00 200 A (160 A) 200 A Gr. 1 Ik =1300 A 1,4 3.3.1 Selektivität in Strahlennetzen 50 A 50 A 100 A Ik =1300 A Selektivität in Reihe liegender Sicherungen Die Einspeiseleitung und die von der Sammelschiene eines Verteilers abgehenden Abzweige führen unterschiedliche Betriebsströme und haben daher auch verschiedene Querschnitte. Sie werden somit üblicherweise mit Sicherungen unterschiedlicher Bemessungsströme geschützt, welche aufgrund ihres unterschiedlichen Ansprechverhaltens eine Selektivität ermöglichen. Selektivität in Reihe liegender Sicherungen gleicher Betriebsklasse Die Selektivität bei Verwendung von Sicherungen gleicher Betriebsklasse – z. B. gL bzw. gG – ist grundsätzlich über den gesamten Überstrombereich bis zum Bemessungsschaltvermögen gewährleistet (absolute Selektivität), wenn sich die Bemessungsströme um den Faktor 1,6 oder mehr unterscheiden (Grafik 3/20). Bei hohen Kurzschlussströmen sollten die Stromwärmewerte (I2t-Werte) verglichen werden. Im dargestellten Beispiel wäre auch eine 160-A-NHSicherung zu einer 100-A-NH-Sicherung absolut selektiv. K1 101 a) Selektives Heraustrennen der Kurzschlussstelle K1 102 103 1,3 104 I [A] b) Schmelzzeiten bei Ik =1300 A Grafik 3/20 Selektivität in Reihe liegender NH-Sicherungen gleicher Betriebsklasse (Beispiel) Selektivität in Reihe liegender Leistungsschalter Selektivität durch Staffelung der Ansprechströme der unverzögerten Überstromauslöser (Stromstaffelung) Eine Selektivität kann durch Staffelung der Ansprechströme der unverzögerten Überstromauslöser (I-Auslöser) erreicht werden (Grafik 3/21). Voraussetzung hierfür ist: Stromstaffelung bei verschieden hohen Kurzschlussströmen Die Kurzschlussströme sind bei einem Kurzschluss an den jeweiligen Einbaustellen der Leistungsschalter ausreichend unterschiedlich. Stromstaffelung bei unterschiedlich eingestellten I-Auslösern Die Bemessungsströme und damit die I-Auslöser-Werte des vor- und nachgeordneten Leistungsschalters unterscheiden sich entsprechend. 5-Sekunden-Abschalt- und Leitungsschutzbedingungen Unter Berücksichtigung der 5-Sekunden-Abschaltbedingung nach HD 384.4.41 / IEC 60364-4-41 / DIN VDE 0100-410 oder der 5-Sekunden-Leitungsschutzbedingung nach DIN VDE 0100-430 (wenn der Leitungsschutz nicht anders sicher- 3/40 1,37 s 0,03 Totally Integrated Power by Siemens gestellt werden kann) ist es im Allgemeinen erforderlich, die I-AuslöserEinstellung mit 4000 A zu wählen, um beim kleinsten Kurzschluss an den Eingangsklemmen des nachgeordneten Leistungsschalters Q1 eine Abschaltung innerhalb der geforderten Zeit sicherzustellen. Über den Kennlinienvergleich bei der Stromstaffelung lässt sich nur eine Teilselektivität nachweisen, da die zu Recht oft gestrichelte Kennliniendarstellung im Bereich < 100 ms aufgrund der komplizierten dynamischen Schalt- und Auslösevorgänge eine Selektivitätsaussage nicht zulässt. Problemlösungsmöglichkeit: dynamische Selektivität Selektivität durch Leistungsschalterkoordination (dynamische Selektivität) Bei schnellen Vorgängen, z. B. im Kurzschlussfall, haben beim Zusammenwirken von in Reihe geschalteten Schutzgeräten, insbesondere bei Verwendung vom Strombegrenzern, die dynamischen Vorgänge im Stromkreis und in den elektromechanischen Auslösern einen wesentlichen Einfluss auf das Selektivitätsverhalten. TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 41 Netzschutz/Schutzkoordination [s] Öffnungszeit t 104 102 Sr = 400 kVA bei 400 V, 50 Hz min. U kr = 4% I r = 577 A I k ≈ 15 KA II 101 Ie = 600 A (L-Auslöser) Ie = 4000 A (I-Auslöser) Q2 I k = 10 kA 10 I 3 102 10 0 L L 101 II Q1 3,8 kA 100 Ie = 60 A (L-Auslöser) Ie = 720 A (I-Auslöser) I I 10-1 I 2,1 kA a) 10-2 M 3~ Übersichtsschaltplan Q1 Leistungsschalter für den Motorschutz (strombegrenzend) 4 5 102 2 5 103 2 5 104 2 Strom I 5 [A] b) Auslösekennlinien L Stromabhängig verzögerter Überlastauslöser I Unverzögerter elektromagnetischer Überstromauslöser Q2 Leistungsschalter (Nullpunktlöscher) Grafik 3/21 Stromselektivität von zwei in Reihe liegenden Leistungsschaltern bei verschieden hohen Kurzschlussströmen (Beispiel) Schaltet das nachgeordnete strombegrenzende Schutzgerät so schnell ab, dass der Durchlassstrom zwar den Ansprechwert des vorgeordneten Schutzgerätes kurzzeitig überschreitet, diese Zeit aber nicht ausreicht, um den „mechanisch trägen“ Auslöser zu entklinken, so besteht ebenfalls Selektivität. Der Durchlassstrom ist abhängig vom Stoßkurzschlussstrom und den Strombegrenzungseigenschaften. Selektivitätsgrenzen von zwei in Reihe liegenden Leistungsschaltern Für jede Schalterkombination lässt sich ein maximaler Kurzschlusswert – die Selektivitätsgrenze – ermitteln, bis zu dem der nachgeordnete Leistungsschalter schneller und alleine – selektiv – abschaltet. Tabelle 3/16 zeigt ein Beispiel einer Selektivitätstabelle. Die ablesbare Selektivitätsgrenze kann weit über dem Ansprechwert des unverzögerten Überstromauslösers im vorgeordneten Leistungsschalter liegen (siehe Grafik 3/22). Unabhängig davon sind die Selektivität im Überlastfall durch den Kennlinienvergleich und die Auslösezeiten nach den einschlägigen Vorschriften zu überprüfen. Mit der dynamischen Selektivität im Kurzschluss ist im Allgemeinen nur eine Teilselektivität erreichbar. Diese kann ausreichend sein (volle Selektivität), wenn der maximale Kurzschlussstrom an der Stelle des nachgeordneten Schutzgerätes kleiner ist als die ermittelte Selektivitätsgrenze. Die Berücksichtigung der dynamischen Selektivität ist eine gute Möglichkeit, bei Teilselektivität, wie sie bei der Stromstaffelung aufgrund der Abschaltbedingung meist entsteht (siehe Grafik 3/20), volle Selektivität nachzuweisen, ohne Schaltgeräte mit kurzverzögerten Überstromauslösern einsetzen zu müssen. Selektivität durch kurzverzögerte Überstromauslöser (Zeitstaffelung) Zeitstaffelung kurzverzögerter Überstromauslöser Ist eine Stromstaffelung aufgrund der auf Seite 36 angeführten Voraussetzungen nicht möglich und lässt sich diese auch durch eine Schaltergeräteauswahl nach Selektivitätstabellen (dynamische Selektivität) nicht erreichen, so kann Selektivität durch Zeitstaffelung von kurzverzögerten Überstromauslösern ermöglicht werden. Hierzu werden sowohl die Auslöseverzögerungen als auch die entsprechenden Ansprechströme gestaffelt. 3/41 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 Schalter Netz 15:53 Uhr Verzögerungszeit t v des S-Auslösers 3WL1 220 ms 3WL1 3VL 150 ms 3VL 80 ms 3VL 3RV Seite 42 unverzögert M Grafik 3/22 Einzustellende Verzögerungszeit des elektromagnetischen kurzverzögerten s-Auslösers für selektiven Kurzschlussschutz Zeitstaffelung bei annähernd gleich hohen Kurzschlussströmen Der vorgeordnete Leistungsschalter erhält kurzverzögerte Überstromauslöser (S), damit im Fehlerfall nur der nachgeordnete Leistungsschalter den vom Fehler betroffenen Anlagenteil vom Netz trennt. Zur Sicherstellung der Selektivität bei annähernd gleich hohen Kurzschlussströmen an den Einbaustellen kann die Zeitstaffelung 3/42 eingesetzt werden. Hierzu werden sowohl die Auslöseverzögerungen als auch die Ansprechströme der Überstromauslöser gestaffelt. Im Beispiel Grafik 3/22 ist neben dem Übersichtsplan mit vier in Reihe liegenden Leistungsschaltern das dazugehörige Staffeldiagramm dargestellt. Die notwendige Staffelzeit, bei der alle Streuungen berücksichtigt werden, hängt vom Arbeitsprinzip des Auslösers und von der Bauart des Leistungsschalters ab. Elektronische S-Auslöser Bei elektronischen kurzverzögerten Überstromauslösern (S-Auslösern) ist eine Staffelzeit von etwa 70 ms bis 100 ms von Leistungsschalter zu Leistungsschalter ausreichend, um auch alle Streuungen zu berücksichtigen. Ansprechstrom Der Ansprechstrom des kurzverzögerten Überstromauslösers sollte mindestens auf das 1,45fache (2-mal je 20% Streuung, wenn vom Hersteller nicht anders angegeben) des Wertes des nachgeordneten Leistungsschalters eingestellt werden. I-Auslöser zusätzlich Um die Kurzschlussbeanspruchung bei „sattem“ Kurzschluss am Leistungsschalter herabzusetzen, kann man die vorgeordneten Leistungsschalter neben den kurzverzögerten zusätzlich mit unverzögerten elektromagnetischen Überstromauslösern versehen (Grafik 3/23). Deren Ansprechstrom muss so hoch gewählt werden, dass die Auslöser nur bei unmittelbarem, „sattem“ Kurzschluss ansprechen und im Normalfall nicht die selektive Staffelung stören. Totally Integrated Power by Siemens Zeitverkürzte Selektivitäts-Steuerung Um bei der Reihenschaltung mehrerer Leistungsschalter unerwünscht lange Auslösezeiten zu vermeiden, ist für Leistungsschalter eine mikroprozessorgeführte „zeitverkürzte Selektivitäts-Steuerung“ (ZSS) entwickelt worden. Diese Steuerung ermöglicht eine Reduzierung der Auslöseverzögerung auf max. 50 ms für die der Kurzschlussstelle vorgeordneten Leistungsschalter. In Grafik 3/24 ist das Prinzip und die Funktionsweise der „ZSS“ dargestellt. Ein Kurzschluss am Punkt K1 wird von Q1, Q3 und Q5 erfasst. Bei aktivierter „ZSS“ werden durch entsprechende Kommunikationsleitungen Q3 durch Q1 und Q5 durch Q3 vorübergehend gesperrt. Da Q1 kein Sperrsignal erhält, löst er bereits nach 10 ms aus. Ein Kurzschluss am Punkt K2 wird nur von Q5 erfasst; da er kein Sperrsignal erhält, löst er bereits nach 50 ms aus. Ohne „ZSS“ würde die Auslösung erst nach 150 ms erfolgen. Selektivität zwischen Leistungsschalter und Sicherung Bei Selektivitätsbetrachtungen mit Sicherungen ist in den Zeit-StromKennlinien ein zulässiger Streubereich von ±10% in Stromrichtung zu berücksichtigen. TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 43 Netzschutz/Schutzkoordination [s] Öffnungszeit t 104 Sn =1000 kVA bei 400 V, 50 Hz U kr = 6% I n = 1445 A I k ≈ 24,1 KA 103 Q1 t v3 = 150 ms n (20 kA) Q3 Q2 Q3 102 L Hauptverteiler L L 101 t v2 = 80 ms Q2 S 100 I k = 17 kA Unterverteiler S t v3 = 150 ms t v2 = 80 ms 10 -1 Q1 I I k = 10 kA 10-2 102 M ~ 2 5 103 2 5 104 2 Strom I 5 105 [A] Grafik 3/23 Selektivität von drei in Reihe liegenden Leistungsschaltern mit Begrenzung der Kurzschlussbeanspruchung durch einen zusätzlichen i-Auslöser im Leistungsschalter Q3 [s] Öffnungszeit t 104 t d = 150 ms A t ZSS = 50 ms E Q5 103 K2 Q1/Q2 Q3/Q4 Q5 102 Q3 A E t d = 80 ms t ZSS = 50 ms Q4 A E t d = 10 ms t ZSS = t d 101 td = 150 ms 100 Q1 A E A E Q2 td = 80 ms tZSS 10-1 t d =10 ms t ZSS = t d Icn td = 10 ms 10-2 K1 Kommunikationsleitung 102 103 104 Strom I 105 [A] Grafik 3/24 Prinzipdarstellung der „zeitverkürzten Selektivitäts-Steuerung“ (ZSS) von in Reihe oder parallel liegenden Leistungsschaltern 3/43 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 44 F1 Q1 L I Q1 t F1 Sicherung Q1 Leistungsschalter Stromabhängig verzögerter L Überstromauslöser Unverzögerter elektromagnetischer I Überstromauslöser tA Sicherheitsabstand Ansprechstrom des I-Auslösers Ii L tA Die Zeit-Strom-Kennlinien (Streubänder) berühren sich nicht I F1 I Ii I Überstromgrenze I Grafik 3/25 Selektivität zwischen Leistungsschalter und nachgeordneter Sicherung im Überlastbereich F1 Q1 L S Q1 L S tA Id ts td t L S Überlastauslöser Kurzverzögerter Überstromauslöser Sicherheitsabstand Ansprechstrom des S-Auslösers Schmelzzeit der Sicherung Verzögerungszeit des S-Auslösers t A ≥ 100 ms F1 ts Ik Id td I Grafik 3/26 Selektivität zwischen Leistungsschalter mit ls-Auslöser und nachgeordneter Sicherung; Kurzschlussstrombereich Leistungsschalter mit nachgeordneter Sicherung Selektivitätsverhältnisse bei LI-Auslösern und Sicherungen mit sehr niedrigem Bemessungsstrom Im Überlastbereich bis zum Ansprechstrom I i des verzögerten Überstromauslösers ist Teilselektivität gegeben, wenn die Sicherungskennlinie mit ihrem oberen Streuband die Auslösekennlinie des voll vorbelasteten 3/44 unverzögerten Überstromauslösers nicht berührt und einen Sicherheitsabstand tA ≥ 1 s einhält (Grafik 3/25). Dabei ist – wenn vom Hersteller nicht anders angegeben – für den betriebswarmen Zustand eine Verringerung der Auslösezeit bis auf 25% zu berücksichtigen. Totally Integrated Power by Siemens Absolute Selektivität bei Verwendung von Leistungsschaltern ohne kurzverzögerte Überstromauslöser ist gegeben, wenn der Durchlassstrom der Sicherung I D nicht den Ansprechstrom des unverzögerten Überstromauslösers erreicht (s. Strombegrenzungsdiagramm für NH-Sicherungen, Abschnitt 4.1.1 im Handbuch Elektrische Installationstechnik). Dies ist allerdings nur bei einer Sicherung zu erwarten, deren Bemessungsstrom im Vergleich zum Bemessungsdauerstrom des Leistungsschalters sehr niedrig ist. Selektivitätsverhältnisse bei LSAuslösern und Sicherungen größerer Bemessungsströme Aufgrund der dynamischen Vorgänge in elektromagnetischen Auslösern ist auch absolute Selektivität mit Sicherungen erreichbar, deren I D kurzzeitig den Ansprechstrom übersteigen. Eine sichere Selektivitätsaussage ist hier jedoch wiederum nur durch Messungen bei I i möglich. Absolute Selektivität erreicht man beim Einsatz von Leistungsschaltern mit kurzverzögerten Überstromauslösern (S-Auslöser), wenn der Sicherheitsabstand beim Ansprechstrom I d zwischen dem oberen Streuband der Sicherungskennlinie und der Verzögerungszeit des S-Auslösers td mit tA ≥ 100 ms gewählt wird (Grafik 3/26). Selektivität zwischen Sicherung und nachgeordnetem Leistungsschalter Selektivitätsverhältnisse im Überlastbereich Für Selektivität im Überlastbereich ist zwischen dem unteren Streuband der Sicherung und der Kennlinie des stromabhängig verzögerten Überlastauslösers ein Sicherheitsabstand von tA ≥1 s erforderlich (Grafik 3/27). TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 45 Netzschutz/Schutzkoordination Q1 F1 t L L I Für den Kurzschlussfall muss berücksichtigt werden, dass nach dem Ansprechen der Auslöser im Leistungsschalter auch noch während der Lichtbogenzeit beim Ausschalten die Sicherung weiter aufgeheizt wird. Näherungsweise liegt die Selektivitätsgrenze dort, wo ein Sicherheitsabstand zwischen dem unteren Streuband der Sicherung und der Ansprechzeit des unverzögerten Überstromauslösers bzw. der Verzögerungszeit des kurzverzögerten Überstromauslösers von 70 ms unterschritten wird. tA ≥ 1 s Die Zeit-Strom-Kennlinien (Streubänder) berühren sich nicht I Q1 I I I Überlastgrenze Grafik 3/27 Selektivität zwischen Sicherung und nachgeordnetem Leistungsschalter; Überlastbereich Q1 Leistungsschalter (max. Durchlasswert) F1 Sicherung (min. Schmelzwert) ISel Selektivitätsgrenze F1 F1 Kurzschlussbereich Eine sichere und meist auch höhere Selektivitätsgrenze für den Kurzschlussbereich lässt sich im I 2t-Diagramm ermitteln. Verglichen wird in diesem der Maximalwert des Durchlass-I 2t-Wertes des Leistungsschalters mit dem Minimalwert des Schmelz-I 2t-Wertes der Sicherung (Grafik 3/28). Da es sich um Maximalund Minimalwerte handelt, entfallen die Streubereiche. I 2t Q1 Q1 Leitungsschutzschalter Ik ISel I Selektivitätsgrenze Grafik 3/28 Selektivität zwischen Sicherung und nachgeordnetem Leistungsschalter; Kurzschlussfall [s] t T1 F1 Sicherung Q1 Leistungsschalter L Stromabhängig verzögerter Überlastauslöser I Unverzögerter elektromagnetischer Überstromauslöser tA Sicherheitsabstand Ansprechstrom des n-Auslösers Ii F1 gleiche Leistung T2 einzeln parallel Q1 Q2 Q2+Q3 Basis IkΣ 104 L L L Ik Teil 103 Q2 L S I r = 600 A I sd = 3000 A Q3 L S I I k ≤ 10 kA Ik Teil 102 I k ≤ 10 kA 101 S I r = 200 A I i = 2400 A Q1 L I 100 10 IkΣ M ~ t v2/3 ≈150 ms (≥ 70 ms) Ii -1 102 102 tö1 2 4 6 103 2 4 3 104 6 I 2 4 [A] Grafik 3/29 Selektivität bei zwei gleichzeitig einspeisenden Transformatoren gleicher Leistung, Beispiel mit Abzweig in Sammelschienenmitte 3/45 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 T1 15:53 Uhr T2 Seite 46 T3 I k Teil 1 I kΣ < 30 kA L Q1 S I Ik <15 kA Ik <15 kA Q2 Q3 I k Teil 2 Q1 Q2 Q3 I kΣ 15 kA 15 kA Grafik 3/30 Selektivität bei drei gleichzeitig einspeisenden Transformatoren Selektivität bei parallelen Einspeisungen Verbesserung der Selektivität bei parallelen Einspeisungen Bei parallelen Einspeisungen auf eine Sammelschiene ergibt sich im fehlerbehafteten Abzweig der Summenkurzschlussstrom I K∑, der sich aus den Teilkurzschlussströmen I k Teil in den einzelnen Einspeisungen zusammensetzt und die Strombasis im Staffeldiagramm (Grafik 3/29) bildet. Dies gilt bei allen Fehlerarten. Zwei gleiche Einspeisungen Tritt im Abzweig nach dem Leistungsschalter Q1 ein Kurzschluss auf, fließt darüber der Summenkurzschlussstrom I k∑ von beispielsweise ≤ 20 kA, während die Einspeiseschalter Q2 und Q3 bei mittig an der Sammelschiene angeordnetem Abzweig und gleich langen Einspeiseleitungen jeweils nur die Hälfte davon, nämlich ≤ 10 kA, führen. Parallelbetrieb bringt zusätzliche Stromselektivität durch Verschiebung der Auslösekennlinie der LS-Auslöser des Einspeiseschalters Grafik 3/31 Kurzschlussaufteilung über den Kuppelschalter Q3 bei zwei Einspeisungen Q1 und Q2 Kennlinien-Verschiebungsfaktor Da sich der Summenkurzschlussstrom im Idealfall (ohne Berücksichtigung der Lastströme in den anderen Abzweigen) bei Anordnung des Abzweigs in der Sammelschienenmitte gleichmäßig auf jede Einspeisung aufteilt, kann die Auslösekennlinie der Leistungsschalter Q2 bzw. Q3 optimal um den Kennlinien-Verschiebungsfaktor 2 im Strommaßstab nach rechts bis zur Linie I k∑, der Basis für diesen Fehlerfall, verlegt werden. Dadurch ergibt sich neben der Zeitselektivität zusätzlich auch Stromselektivität. Wird nicht mit der verschobenen Kennlinie, sondern mit der des einzelnen Schalters gearbeitet, muss der exakte Kurzschlussstrom (Aufteilung), der über den Schalter fließt, berücksichtigt werden. Bei nichtsymmetrischer Ausführung und Anordnung der Einspeisungen und Abzweige an den Sammelschienen ist die Kurzschlussstromaufteilung je nach Impedanzverhältnis der Einspeiseleitungen unterschiedlich. Zusätzliche Stromselektivität bei Transformator-Parallelbetrieb Im Staffeldiagramm ist daher die Auslösekennlinie der Leistungsschalter Q2 und Q3 auf die Strombasis des Leistungsschalters Q1 zu beziehen. 3/46 Totally Integrated Power by Siemens Verminderte Selektivität bei NHSicherungen von 630 A bis 1000 A nahe einer Einspeisung Dies ist für Sicherungsabzweige besonders mit hoher Absicherung, z. B. von 630 A bis 1000 A, von besonderer Bedeutung. Es ist dabei darauf zu achten, dass der Sicherheitsabstand von ≥ 100 ms zwischen der Auslösekennlinie des S-Auslösers und der Schmelzzeit-Strom-Kennlinie der NH-Sicherung nicht nur bei Parallelbetrieb, sondern auch bei Einzelbetrieb der Transformatoren gegeben ist. Bei der Einstellung der Auslöser von Leistungsschalter Q1, Q2 und Q3 muss beachtet werden, dass Selektivität auch bei Betrieb mit einem Transformator und bei allen Kurzschlussströmen (ein- bis dreipolig) erreicht wird. Aus Kostengründen sollte auch bei kleineren und mittleren SicherungsBemessungsströmen auf S-Auslöser bei den Einspeise-Leistungsschaltern nicht verzichtet und dafür I-Auslöser eingesetzt werden, denn die gewonnene Stromselektivität ist dabei unzureichend. Drei gleiche Einspeisungen Die Selektivitätsverhältnisse werden bei Parallelbetrieb von drei Transformatoren grundsätzlich durch die zusätzlich gewonnene Stromselektivität günstiger als bei zwei Einheiten, denn der Kennlinien-Verschiebungsfaktor liegt zwischen > 2 und < 3. Auch hierbei werden zur Erzielung eindeutiger Selektivitätsverhältnisse für den Leistungsschalter in den Einspeisungen LS-Auslöser benötigt. TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 47 Netzschutz/Schutzkoordination a) Fehler im Abzweig des mittleren Schienenabschnitts Q1 I k Teil 1 Q4 Q2 I k Teil 2 b) Fehler im Abzweig des äußeren Schienenabschnitts Q3 Q1 I k Teil Q5 3 .I k I kΣ Q2 Q4 I k Teil Q3 Q5 2 .I k Teil I kΣ Grafik 3/32 Aufteilung der Kurzschlussströme für die Einstellung des Überstromauslösers – in den Kuppelschaltern Q4 und Q5 bei drei Einspeisungen und Fehlern a und b – in den Abzweigen verschiedener Schienenabschnitte Zusätzlich I-Auslöser erforderlich Darüber hinaus sind zusätzlich noch I-Auslöser zur Erfassung eines Fehlers zwischen Transformator und Einspeiseschalter gemäß Grafik 3/30 erforderlich. Hierfür müssen die S-Auslöser der Leistungsschalter Q1 bis Q3 auf einen Wert < I k und die I-Auslöser > I k, aber < I k∑ eingestellt werden. Hierbei sind die größten und kleinsten auftretenden Fehlerströme zu beachten. Durch die I-Auslöser wird dann nur der fehlerbehaftete Transformatorabzweig hoch- und niederspannungsseitig abgeschaltet. Die Leistungsschalter in den „gesunden“ Einspeisungen bleiben in Betrieb. Über Kuppelschalter parallel geschaltete Einspeisungen Schutzaufgaben im Fehlerfall Kuppelschalter sollen folgende Schutzaufgaben im Fehlerfall lösen: C Unverzögerte Auslösung bei Fehlern im Bereich der Sammelschiene und C Entlastung der Abzweige von den Wirkungen hoher Summen-Kurzschlussströme Auswahl der Leistungsschalter Die Auswahl der Schaltgeräte der Abzweige sowie die Selektivitätsverhältnisse werden wesentlich davon bestimmt, ob als Kuppelschalter Leistungsschalter mit Nullpunktlöschung, also ohne Strombegrenzung, oder mit Strombegrenzung eingesetzt werden. Strombegrenzende, schnell abschaltende Kuppelschalter entlasten die abgehenden Stromkreise von den Wirkungen hoher unbegrenzter Summen-Stoßkurzschlussströme I p und lassen damit die Verwendung leichter gebauter und kostengünstigerer Leistungsschalter zu. Hinweis zur Einstellung der Überstromauslöser in Kuppelschaltern: Die Überstromauslöser sind möglichst hoch einzustellen, um eine Beunruhigung des Betriebs durch Öffnen der Kupplungen bei relativ kleinen Kurzschlussströmen, z. B. in den Abzweigen der Unterverteiler, zu vermeiden. Bei zwei Einspeisungen Bei zwei Einspeisungen fließt über den Kuppelschalter Q3 je nach Fehlerort (linker oder rechter Sammelschienenabschnitt oder -abzweig) jeweils nur der zugehörige Teilkurzschlussstrom (z. B. I k Teil 2) wie in Grafik 3/31 dargestellt. Bei drei Einspeisungen mit Fehler Bei drei Einspeisungen sind die Verhältnisse unterschiedlich, je nachdem, welcher der beiden in Grafik 3/32a und b dargestellten Abzweige fehlerbehaftet ist. Im mittleren Schienenabschnitt Bei einem Fehler im Abzweig des mittleren Schienenabschnitts (Grafik 3/32a) fließen über die Kuppelschalter Q4 und Q5 etwa gleich große Teilkurzschlussströme. Im äußeren Schienenabschnitt Bei einem Fehler im Abzweig des äußeren Schienenabschnittes (Grafik 3/32b) fließen über den Kuppelschalter Q4 zwei Teilkurzschlussströme. Rechnergestützte Selektivitätsuntersuchung Genaue Werte der Kurzschlussströme, die über die Kuppelschalter fließen, sind eine Voraussetzung für die optimale Einstellung der Überstromauslöser. Sie geben Aufschluss über das selektive Verhalten bei einer Vielzahl unterschiedlich hoher Fehlerströme und werden über ein Rechnerprogramm ermittelt und entsprechend ausgewertet. Selektivität und Unterspannungsschutz Tritt ein Kurzschluss auf, dann bricht an der Kurzschlussstelle die Netzspannung auf eine Restspannung zusammen, die vom Fehlerwiderstand abhängt. Bei „sattem“ Kurzschluss wird der Fehlerwiderstand und damit auch die Spannung an der Kurzschlussstelle praktisch zu null. Im Allgemeinen treten aber bei Kurzschlüssen Lichtbögen auf, die erfahrungsgemäß Bogenspannungen von 3/47 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 48 a) Kurzschluss am Unterverteiler b) Kurzschluss am Hauptverteiler Q3 Q3 0,5.U 0,13.Ue e Hauptverteiler Q2 tv ≥ 70 ms 80 m 3 x 95 mm2 Cu 0,13.Ue Q2 K2 Unterverteiler Q1 Q1 tv = 0 K1 Ue Bemessungsbetriebsspannung tv Verzögerungszeit Grafik 3/33 Spannungsverhältnisse einer kurzschlussbehafteten Niederspannungs-Schaltanlage mit Haupt- und Unterverteiler Ik1 F1 F2 a Ik2 Ik3 F3 Ik3 = Ik1+Ik2 K1 Ik1+Ik2+Ik4 Ik Ik4 Ik b Ik Grafik 3/34 Kurzschlussbehaftetes Kabel mit seinen zwei Einspeise-Knotenpunkten a und b 3/48 Grafik 3/35 Beispiel für ein vermaschtes Netz mit Mehrstrangeinspeisung Totally Integrated Power by Siemens TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 49 Netzschutz/Schutzkoordination etwa 30 V bis 70 V besitzen. Diese Spannung, ausgehend vom Fehlerort, steigt in Richtung Energiequelle im Verhältnis der dazwischen liegenden Impedanzen an. Grafik 3/33 zeigt die Spannungsverhältnisse in einer kurzschlussbehafteten Niederspannungs-Schaltanlage bei „sattem“ Kurzschluss. Bei einem Kurzschluss an der Stelle K1 (Grafik 3/33a) sinkt die Bemessungsbetriebsspannung Ue an der Sammelschiene des Unterverteilers auf 0,13 · Ue, an der Sammelschiene des Hauptverteilers auf 0,5 · Ue. Den Fehler schaltet der unmittelbar davor liegende Leistungsschalter Q1 aus. Seine Gesamtausschaltzeit beansprucht je nach Schaltergröße und -typ bis 30 ms bei Nullpunktlöschern, bei strombegrenzenden Leistungsschaltern höchstens 10 ms. Bei einem Kurzschluss an der Stelle K2 (Grafik 3/33b) schaltet der Leistungsschalter Q2 aus. Er ist mit einem kurzverzögerten Überstromauslöser (S) versehen. Die Verzögerungszeit beträgt mindestens 70 ms. Während dieser Zeit ist die Bemessungsbetriebsspannung an der Sammelschiene des Hauptverteilers auf 0,13 · Ue abgesunken. Sinkt die Bemessungsbetriebsspannung auf den 0,7- bis 0,35fachen Wert und dauert die Spannungsverminderung länger als etwa 20 ms, so schalten alle Leistungsschalter ab, die mit einem Unterspannungsauslöser versehen sind. Ebenso fallen alle Schütze ab, wenn die Bemessungssteuerspeisespannung länger als 5 ms bis 30 ms unter 75% ihres Bemessungswerts zusammenbricht. Ausschaltverzögerung für Schütze und Unterspannungsauslöser Damit der selektive Überstromschutz nicht vorzeitig unterbrochen wird, sind Unterspannungsauslöser und Schütze mit Ausschaltverzögerung erforderlich. Bei Leistungsschaltern mit Strombegrenzung, deren Gesamtausschaltzeit höchstens 10 ms beträgt, kann darauf verzichtet werden. 3.3.2 Selektivität in Maschennetzen In einem Maschennetz bestehen zwei Selektivitätsaufgaben: 1. Es darf nur das kurzschlussbehaftete Kabel aus dem Netz getrennt werden. 2. Bei einem Kurzschluss an den Klemmen eines Einspeisetransformators darf nur die Fehlerstelle aus dem Netz herausgetrennt werden. Knotenpunktsicherungen In einem Niederspannungs-Maschennetz werden normalerweise Kabel gleichen Querschnitts und damit NH-Sicherungen der Betriebsklasse gL gleichen Typs und Bemessungsstroms in den Knotenpunkten des Netzes verwendet (Grafik 3/34). Bei einem Kurzschluss (K1) auf dem Maschennetzkabel fließen die Kurzschlussströme I k3 und I k4 zur Fehlerstelle. Der Kurzschlussstrom I k3 aus dem Knotenpunkt a setzt sich aus den Teilströmen I k1 und I k2 zusammen, die je nach den Impedanzverhältnissen sehr unterschiedlich sein können. Zulässiges Stromwerteverhältnis Selektivität der Sicherungen im Knotenpunkt a ist gegeben, wenn die vom Summenstrom I k3 durchflossene Sicherung F3 durchschmilzt und die vom Teilkurzschlussstrom I k1 oder I k2 durchflossene Sicherung F1 oder F2 betriebsbereit bleibt. Bei SiemensNH-Sicherungen liegt das für hohe Kurzschlussströme zulässige Stromverhältnis I k1 /(I k1 + I k2) bei 0,8. Leistungstransformatoren im Maschennetz Einspeiseschalter mit Maschennetzrelais In einem vermaschten Netz im Mehrstrangbetrieb, Grafik 3/35, d. h. mit Speisung über mehrere Mittelspannungsleitungen und Transformatoren, soll bei einem Fehler in einer Umspannstation oder in einer Mittelspannungsleitung die Rückspeisung vom Niederspannungsnetz zur Störstelle verhindert werden. Dazu sind ein Maschennetzrelais (Rückleistungsrelais) und ein „Maschennetzschalter“ erforderlich. Dies ist ein dreipoliger Leistungsschalter, eventuell ohne Überstromauslöser, jedoch mit einem Maschennetzauslöser (Arbeitsstromauslöser mit Speichergerät). Tritt an der Oberspannungsseite des Transformators (Stelle K1) oder zwischen Transformator und Maschennetzschalter (Stelle K2) oder auf dem Kabel (Stelle K3) ein Kurzschluss auf (Grafik 3/36), dann spricht auf der Oberspannungsseite die HH-Sicherung an; auf der Unterspannungsseite fließt zur Fehlerstelle – über den Maschennetzschalter – eine Rückleistung. Der Arbeitsstromauslöser erhält vom Maschennetzrelais den Auslöseimpuls. Damit wird die Fehlerstelle selektiv aus dem Netz herausgetrennt. 3/49 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 50 Maschennetzschalter ohne S-Auslöser Bei Schutz der Transformator-Abzweige durch Maschennetzrelais wird entweder kein S-Auslöser vorgesehen oder dieser so hoch eingestellt, dass die thermische Überlastungsfähigkeit des Transformators voll ausgenutzt werden kann. 120 Ue ms K3 0,6.Ue t 100 0,3.Ue 80 Maschennetzrelais Maschennetzrelais werden zusammen mit Maschennetzschaltern eingesetzt. Sie dienen in mehrfach gespeisten Niederspannungsnetzen zum schnellen, selektiven Abschalten eines schadhaften Mittelspannungskabels mit den angeschlossenen Transformatorstationen. Das Relais erfasst die Umkehr der Energierichtung, wenn bei einem Kurzschluss in einem mittelspannungsseitigen Speisekabel des Maschennetzes hohe Ströme über das Niederspannungsnetz und über die Transformatoren des schadhaften Mittelspannungskabels zur Fehlerstelle fließen. Um ein Fehlverhalten zu vermeiden, lässt das Maschennetzrelais jedoch bei Bemessungsspannung Ausgleichströme bis zur Höhe des Bemessungsstroms zu (durch Federvorspannung einstellbar von 2 A bis 6 A). Grafik 3/37 zeigt die Auslösekennlinie bei der Normaleinstellung 6 A und bei verschiedenen Spannungswerten. 3/50 a 60 K1 40 K2 b c S 20 a HH-Sicherungen b Maschennetzschalter mit Maschennetzrelais c Knotenpunktsicherungen Grafik 3/36 Prinzipschaltbild der Einspeisestelle eines NiederspannungsMaschennetzes Maschennetzschalter Auswahl des Maschennetzschalters Bei der Auswahl des Maschennetzschalters ist in Bezug auf sein erforderliches Bemessungsschaltvermögen zu berücksichtigen, dass der größte Kurzschlussstrom bei einem Kurzschluss zwischen den Anschlussklemmen des Transformators und dem Schalter zu erwarten ist. In diesem Fall fließt der Summenkurzschlussstrom aller Einspeisestellen über das Maschennetz und den Schalter auf die Kurzschlussstelle. Dieser kann größer sein als der Kurzschlussstrom des zugehörigen Transformators. Totally Integrated Power by Siemens 0 0 20 40 A 60 I Grafik 3/37 Auslösekennlinie des Maschennetzrelais 7RM bei normalem Einstellwert (6 A) Technische Einzelheiten für Maschennetzrelais und Maschennetzschalter sollten den Herstellerunterlagen entnommen werden. TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 51 Netzschutz/Schutzkoordination 3.4 Schutz von Kondensatoren Kondensatoreinheiten müssen nach IEC 60358 / VDE 00560 Teil 4 dauernd für den Betrieb mit einem Strom geeignet sein, dessen Effektivwert das 1,3fache des Stroms nicht übersteigt, der bei sinusförmiger Bemessungsspannung und Bemessungsfrequenz fließt. Aufgrund dieser Dimensionierung wird bei Kondensatoreinheiten in den überwiegenden Anwendungsfällen auf einen Überlastschutz verzichtet. Kondensatoren in oberschwingungsbehafteten Netzen Nur in Netzen mit großen Oberwellenerzeugern (z. B. Generatoren und stromrichtergespeiste Antriebe) können die Kondensatoren überlastet werden. Die Kondensatoren bilden mit der Reihenschaltung aus Transformator- und Kurzschlussreaktanz des übergeordneten Netzes einen Parallelschwingkreis. Es kommt zu Resonanzerscheinungen, wenn die Eigenfrequenz dieses Schwingkreises mit der Frequenz eines vom Stromrichter erzeugten Oberschwingstroms übereinstimmt oder in dessen Nähe liegt. Verdrosselte Kondensatoren Zum Vermeiden von Resonanzen müssen die Kondensatoren „verdrosselt“ werden (siehe Abschnitt 1.6 im Handbuch „Elektrische Installationstechnik“). An die Stelle des reinen Kondensators tritt ein LC-Schwingkreis, dessen Resonanzfreqenz unterhalb der im Laststrom vorhandenen Oberschwingung mit der niedrigsten Ordnungszahl (250 Hz) liegt. Hierdurch wird die Kondensatoreinheit für alle im Laststrom auftretenden Oberschwingungsströme induktiv und kann so mit der Netzreaktanz keinen Resonanzkreis mehr bilden. Absaugen der Oberschwingungen durch Filterkreise Eine andere Möglichkeit besteht darin, das übergeordnete Netz von Oberschwingungen weitgehend durch Filterkreise zu befreien (siehe Abschnitte 1.6.3 und 1.6.4 im Handbuch „Elektrische Installationstechnik“). Die Filterkreise sind ebenfalls Reihenresonanzkreise, die jedoch im Gegensatz zu den verdrosselten Kondensatoren genau auf die Frequenzen der abzusaugenden Oberschwingungsströme abgestimmt sind. Die Impedanz wird dadurch annähernd null. Einstellwerte des Überlastrelais Werden zum Schutz gegen Überströme thermisch verzögerte Überlastrelais eingesetzt, kann der Auslösewert auf das 1,3- bis 1,43fache des Kondensator-Bemessungsstroms eingestellt werden, da unter Berücksichtigung der zulässigen Kapazitätsabweichung der Kondensatorstrom das 1,1 · 1,3 = 1,43fache des Kondensator-Bemessungsstroms betragen kann. Kurzschlussschutz Zum Kurzschlussschutz werden in Kondensatoreinheiten am häufigsten NH-Sicherungen der Betriebsklasse gL eingesetzt. Um ein Ansprechen der Sicherungen im Überlastbereich und beim Schalten der Kondensatoren zu verhindern, wählt man einen Sicherungs-Bemessungsstrom vom 1,6- bis 1,7fachen Wert des Kondensator-Bemessungsstroms. Bei wandlerbeheizten Überlastrelais oder -Auslösern wird, durch das veränderte Übersetzungsverhältnis der Wandler durch die Oberschwingungen, ein höherer Sekundärstrom fließen. Dadurch können Frühauslösungen auftreten. 3/51 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 52 3.5 Schutz von Verteilungstransformatoren Als Schutzgeräte werden in Mittelspannungsnetzen verwendet: HH-Sicherungen Mittelspannungs-Hochleistungs-(HH)Sicherungen meist in Verbindung mit Lasttrennschalter zum Kurzschlussschutz von Stichleitungen und Transformatoren. Leistungsschalter mit Schutz Schutzrelais Mit Schutzrelais, die an Stromwandler (Schutzkern) angeschlossen werden, können alle Schutzaufgaben, unabhängig von der Höhe der Kurzschlussströme und der Bemessungsbetriebsströme der erforderlichen Leistungsschalter, erfüllt werden. Digitaler Schutz Moderne Schutzgeräte werden durch einen Mikroprozessor geführt (digitaler Schutz) und enthalten alle erforderlichen Schutzfunktionen für einen Mittelspannungsabzweig. Schutz als Komponente der LSA Der digitale Schutz bietet zusätzlich die Möglichkeit der Erfassung und Speicherung von Betriebs- und Störfalldaten, die über serielle Datenschnittstellen abgerufen werden können. Damit kann der digitale Schutz als autarke Komponente in die Leittechnik für Schaltanlagen (LSA) einbezogen werden. Stromwandler-Auslegung für Schutzzwecke Für Stromwandler gelten die Bestimmungen DIN VDE 0414 Teil 1 bis 3 sowie IEC 185 und IEC 186. Für den Anschluss von Schutzgeräten sind Stromwandler mit Kernen der Klasse 5P oder 10P einzusetzen. Die erforderliche Bemessungsleistung und Überstromziffer ist jeweils nach den Angaben in den SchutzrelaisBeschreibungen festzulegen. Überstromschutz Überstromschutz für Stromwandleranschluss zum Schutz von Kabeln und Transformator-Abzweigen kann jeweils zwei- oder dreiphasig ausgelegt werden. Dabei ist die Sternpunktbehandlung des Mittelspannungsnetzes zu beachten. Relais-Ansprechströme bei Netzersatzbetrieb Bei Netzersatzbetrieb mit Generatoren verhältnismäßig kleiner Bemessungsleistungen ist zu überprüfen, ob in Fehlerfällen auch die Ansprechströme der für den Netzbetrieb ausgelegten Schutzrelais erreicht werden. Dreiphasiger Überstromzeitschutz Im Interesse unbedingter Zukunftssicherheit empfiehlt es sich, den Überstromzeitschutz dreiphasig vorzusehen, unabhängig von der Sternpunktbehandlung. Standards für Schutzrelais Statische Schutzrelais müssen den Standards IEC 255 und DIN VDE 0435-303 entsprechen. 3/52 Totally Integrated Power by Siemens 3.5.1 Schutz mit übergreifender Selektivität Transformatorabzweige werden vorzugsweise geschützt durch: HH-Sicherungen Mittelspannungs-Hochleistungs-(HH)Sicherungen in Verbindung mit Lasttrennschaltern bei TransformatorBemessungsleistungen bis etwa 1250 kVA, wenn nur wenig geschaltet werden muss oder Leistungsschalter mit Schutz Leistungsschalter mit Schutz (siehe Seite 54) ab etwa 800 kVA und wenn häufig geschaltet werden muss; außerdem, wenn niederspannungsseitig mehrere Leistungsschalter mit S-Auslösern in Reihe angeordnet sind und zu übergeordneten HH-Sicherungen keine Selektivität erreicht wird. Vor der Auswahl und Festlegung des Schutzes sind daher die zu erwartenden Selektivitätsverhältnisse zu überprüfen. Schutz durch HH-Sicherungen Dimensionierung der HH-Sicherungen Für die Dimensionierung der HH-Sicherungen wird von den Herstellern zu jeder Transformator-Bemessungsleistung der Bemessungsstrom der HH-Sicherungen angegeben. Der kleinste Bemessungsstrom ist nach den Rush-Strömen beim Einschalten der Transformatoren dimensioniert und liegt beim 1,5- bis 2fachen Transformator-Bemessungsstrom. 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 53 Netzschutz/Schutzkoordination HH Kleinster Ausschaltstrom I a min Für die Festlegung des größten Bemessungsstroms gilt, dass bei Kurzschlüssen auf der Sekundärseite eines Transformators bis in den Sammelschienenbereich der Anlage der kleinste Ausschaltstrom der Sicherung I a min überschritten werden muss. In der Regel ergibt sich für I a min der 4- bis 5fache TransformatorBemessungsstrom. Zwischen den genannten Grenzwerten kann der Sicherungseinsatz nach der Selektivität ausgewählt werden. Reserveschutz mit Reichweite HH-Sicherungen müssen bei eventuellem Versagen des nachgeordneten Schutzorgans ausreichenden Reserveschutz bieten. Die erforderliche Reichweite ist für drei Schaltungsbeispiele aus Grafik 3/38 ersichtlich. Die Reichweite des Reserveschutzes ist umso größer, je kleiner der Sicherungs-Bemessungsstrom ist. Erforderliche Reichweiten des ReserveSchutzes HH HH S NH 3WL 3WL a 400 V c NH NH NH b S Maschennetzrelais 7RM Grafik 3/38 Erforderliche Reichweiten des Reserveschutzes von HH-Sicherungen bei Einsatz verschiedener Schutzgeräte auf der Niederspannungsseite 40 20 ts 10 min 400 A 630 A 10 kV Basis Ik < 9,5 kA TIP_Kap03_D 100 A 6 4 F3 400 kVA Ukr 6% 2 F2 1 40 F1 20 F1 s F2 6 4 Der Bemessungsstrom der HH-Sicherungseinsätze ist so zu wählen, dass zwischen dem errechneten maximalen Strom bei einem Kurzschluss im Bereich der Sammelschiene auf der Niederspannungsseite (umgerechnet auf die Mittelspannungsseite) und dem kleinsten Ausschaltstrom I a min (Kreis in der Schmelzzeit-Strom-Kennlinie) ein Mindest-Sicherheitsabstand von 25% von I a min zum Kurzschlussstrom I k des Transformators besteht (siehe Grafiken 3/39 bis 3/43). 1 630 A 0,4 kV ≤ 400 A F3 10 Sicherheitsabstände der Schmelzzeit-Strom-Kennlinie von HH-Sicherungen zu Kennlinien anderer Schutzgeräte 630 A I k <9,5 kA >25% Sicherheitsabstand 2 Ia min 600 400 200 ms 100 60 40 20 10 6 A bei 0,4 kV 1000 A bei 10 kV 40 2000 3000 80 120 5000 7500 10000 200 400 20000 50000 800 2000 t s Schmelzzeit bei Sicherungen Kleinster Ausschaltstrom Ia min der HH-Sicherung I Grafik 3/39 Beispiel einer Staffelung von HH- mit NH-Sicherungen in der Einspeisung 3/53 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 54 40 20 F1 630 A 10 min 100 A F2 (160) A 6 4 Basis Ik <15 kA t k, t vs 10 kV 2 1 40 F2 1000/ . . A Ringverbindung Q1 630 A Ik R.1 100 A (160 A wahlweise) S n = 630 kVA Ukr = 6% Ik max = 15 kA S Ringverbindung 630 A Ik R.2 IkT 0,4 kV Q1 F1 630 A 20 s IkΣ= Ik T+Ik R.1+Ik R.2 10 ≈25% Sicherheitsabstand Ia min erforderlich 6 4 Streuband 2 mit Rückwärtsschutz 1 600 400 200 ms 100 60 40 Hauptsächlicher Einsatz bei Transformatoren von Bemessungsleistungen bis 400 kVA unter Verwendung von NH-Sicherungslasttrennern oder -motortrennern (größter Bemessungsstrom 630 A); ab 500 kVA werden vorwiegend Leistungsschalter mit Überstromauslösern auf der Niederspannungsseite verwendet. Ein Tangieren der Schmelzzeit-StromKennlinien F2 (NH) und F3 (HH) – bezogen auf 0,4 kV – und eine eventuelle Auslösung des Lasttrennschalters auf der Mittelspannungsseite durch die vorgeschaltete HH-Sicherung kann in Kauf genommen werden, weil beide Sicherungen das gleiche Netzelement schützen und eine Unterbrechung in jedem Fall erfolgt (eingeschränkte Selektivität). HH-Sicherungen größeren Bemessungsstroms (z. B. 160 A wie in Grafik 3/40) wären hier nicht geeignet, denn deren kleinster Ausschaltstrom I a min liegt bei 12 kA, also weit über dem Kurzschlussstrom I k, den der Transformator durchlässt (max. 9,5 kA). 20 Staffelung von HH-Sicherungen mit Maschennetzschaltern und nachgeordneten NH-Sicherungen 10 6 A bei 0,4 kV 1000 A bei 10 kV tk t vs Ik Q1 40 2000 3000 80 5000 120 10000 200 400 20000 50000 800 2000 I Kommandozeit für Maschennetzrelais von Schalter Q1 Virtuelle Schmelzzeit für Sicherungen Kurzschlussstrom bei Transformator-Einzelbetrieb Auslösekennlinie des Maschennetzrelais S bei Einstellung auf 1,2 In Wandler = 1200 A Kleinster Ausschaltstrom Ia min der HH-Sicherung Grafik 3/40 Beispiel einer Staffelung von HH-Sicherungen – Maschennetzrelais in der Einspeisung – NH-Sicherungen im Abzweig bei einem 630-kVA-Transformator Weitere Angaben über Sicherheitsabstände, z. B. bei Staffelungen nach Grafik 3/38, Fall b und c, sind in den folgenden Ausführungen enthalten. 3/54 Staffelung von HH- mit NH-Sicherungen in der Einspeisung Staffelung mit NH-Sicherungen Beispiel für einen Transformator mit einer Bemessungsleistung von 400 kVA (Grafik 3/39): Totally Integrated Power by Siemens Wahl des HH-Sicherungs-Bemessungsstroms Im vermaschten Netz mit mehreren Transformatoren und Netz-Parallelbetrieb erhalten die Niederspannungseinspeiseschalter keine Überstromauslöser (LS), sondern getrennt angeordnete Maschennetzrelais 7RM19, die nur bei Rückströmen ansprechen. Bedingt durch den Wegfall des Staffelglieds „LS-Auslöser“ muss die Reichweite des Reserveschutzes der HH-Sicherung entsprechend Grafik 3/38 Fall b verlängert werden. Dies wird im Beispiel Grafik 3/40 durch die Wahl der HH-Sicherung mit dem kleineren Bemessungsstrom erreicht. 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 55 Netzschutz/Schutzkoordination Die Annäherung der Kennlinien F1 und F2 führt dabei zu keiner Beeinträchtigung der Selektivität, denn die Ringverbindungen wirken im Fehlerfalle auch als Einspeisungen, sodass durch die Aufteilung des SummenKurzschlussstroms I k∑ im Abzweig auf die Einspeisungen (in Grafik 3/40 mit den beiden Ringverbindungen) eine Verbesserung der Selektivität eintritt. Diese wird erreicht, weil über die NH-Sicherung F1 ein größerer Kurzschlussstrom (I k∑) fließt als über die HH-Sicherung F2 (I kT). Staffelung von HH-Sicherungen mit Niederspannungs-Leistungsschalter und nachgeordneten NH-Sicherungen am Beispiel eines 630-kVA-Transformators Voraussetzungen Zwischen den Schutzgeräten der Abzweige und denen in der Einspeisung, die eine Funktionseinheit bilden, ist Selektivität herzustellen, wobei zwischen der Kennlinie einer NH-Sicherung und der eines S-Auslösers ein Sicherheitsabstand von mindestens 100 ms erforderlich ist (Grafik 3/41). Zwischen NH-Sicherungen und S-Auslösern Bei dem im Beispiel gewählten NH-Sicherungseinsatz 400 A ist somit Selektivität gegeben. Beim S-Auslöser, Einstellwert 6 kA, müssen der Einstellwert und die Verzögerungszeit td angepasst werden. In derartigen Fällen ist Selektivität besser mit nachgeordneten Leistungsschaltern, z. B. SENTRON WL (Grafik 3/43), oder bei einem erheblich leistungsstärkeren Transformator erreichbar, dessen zugehöriger Leistungsschalter einen höheren Einstellwert am S-Auslöser ermöglicht. 40 10 kV 20 t s, tv 10 min F1 400 A (630 A) 6 4 F2 100 A (160 A) nicht selektiv Basis Ik <15 kA TIP_Kap03_D F2 630 kVA Ukr 6% 3 WL1 1000 A t v=220 ms L Q1 S 2 100 A (160 A wahlweise) Q1 1 40 F1 0,4 kV 400 (630) A 20 s selektiv 10 Isd=6 kA 6 4 Ik <15 kA Ia min ≈25% Sicherheitsabstand (erforderlich) Streuband 2 Einstellbereich S Q1 1 600 400 200 ms tv Sicherheitsabstand 100 ms Sicherheitsabstand 100 ms (erforderlich) 100 60 40 20 10 6 A bei 0,4 kV 1000 A bei 10 kV 40 2000 3000 80 120 5000 200 10000 400 t s Schmelzzeit bei Sicherungen t v Verzögerungszeit S-Auslöser (Q1) Kleinster Ausschaltstrom Ia min der HH-Sicherung 20000 50000 800 2000 I Grafik 3/41 Beispiel einer Staffelung von HH-Sicherungen F2 mit Leistungsschalter Q1 und nachgeordneter NH-Sicherung F1 im Abzweig 3/55 3 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 56 Zwischen HH-Sicherungen und S-Auslösern Nachdem die Schutzgeräte der Einspeisung eine Funktionseinheit bilden, wird bei Fehlern im Sammelschienenbereich eine Einschränkung der Selektivität im oberen Kurzschlussstrombereich, wie sie bei der HH-Sicherung 100 A in Grafik 3/42 (Kreis) gegeben ist, in Kauf genommen. 40 t s, tv min 630 A F2 nicht selektiv 100 A (160 A) (Q1 wählen) 6 4 Isd=6 kA Q2 10 6 4 200 ms 100 60 40 Q1 Ik <15 kA Ia min 0,4 kV 3 WL1 630 A tv1= 100 ms ≈25% Sicherheitsabstand (erforderlich) Streuband L-Kennlinie nicht dargestellt Q1 Isd=3,6 kA 1 600 400 630 kVA Ukr 6% 3 WL1 1000A t v2=220 ms F1 630 A 20 2 100 A (160 A wahlweise) l Q2 1 40 s F2 L Q2 S 2 Streubandbreite von HH-Sicherungen Nach EN 60282-1/ DIN VDE 0670-4 darf die Streubandbreite von HHSicherungseinsätzen ± 20% betragen. Siemens-Sicherungseinsätze haben eine Streubandbreite von ± 10%. 3/56 F1 10 Sicherheitsabstand HH-Sicherung/ S-Auslöser Wird dagegen Selektivität gefordert, z. B. bei verschiedener Schalthoheit auf den beiden Spannungsebenen oder zur Vermeidung von Eingriffen in die Mittelspannungs-Schaltanlage beim Auswechseln von HH-Sicherungen, dann soll auf der Basislinie I k ein Sicherheitsabstand von etwa 100 ms von der Kennlinie des S-Auslösers zur linken Begrenzung des Streubandes der Schmelzzeit-Strom-Kennlinie der HH-Sicherung gegeben sein. Ergebnis: Bei der Wahl von Leistungsschaltern anstelle von NH-Sicherungen hoher Bemessungsströme ist leicht Selektivität erreichbar, Überschneidungen der Kennlinien Q1 und F2 sind möglichst zu vermeiden, da sonst Gefahr von Fehlauslösungen gegeben ist. In solchen Fällen werden die HHSicherungseinsätze mit dem größeren Bemessungsstrom gewählt. 10 kV 20 Basis Ik <15 kA TIP_Kap03_D selektiv t v2=220 ms tv2 Sicherheitsabstand ≥100 ms t v1=100 ms tv1 Sicherheitsabstand ≈100 ms Größere Überschneidungen von Q1 und F2 möglichst vermeiden 20 10 6 A bei 0,4 kV 1000 A bei 10 kV 40 2000 3000 80 120 5000 200 10000 400 20000 50000 800 2000 t s Schmelzzeit bei Sicherungen t v1 Verzögerungszeit S-Auslöser (Q1) t v2 Verzögerungszeit S-Auslöser (Q2) Kleinster Ausschaltstrom Ia min Grafik 3/42 Beispiel einer Staffelung von HH-Sicherungen F2 mit Leistungsschalter Q2 und nachgeordnetem Leistungsschalter Q1 mit LS-Auslöser im Abzweig Totally Integrated Power by Siemens I 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 57 Netzschutz/Schutzkoordination 40 t s, tv,t ö 20 10 min F1 400 A 6 4 Q3 I> = 200 A 2 l Q2 1 40 20 s Basis IkT <15 kA (Einzelbetrieb) TIP_Kap03_D Isd = 6 kA Q2 10 6 4 Q3 60/1 A 10 kV 630 A t k ≈ 500 ms I> I>> 630 kVA U kr 6% 3 WL 1000A t v = 220 ms H.V. 0,4 kV L F1 I 400 A Q1 630 A I k <15 kA L Q2 S Einstellbereich S 2 1 t k ≈ 500 ms 600 400 Sicherheitsabstand ≈ 300 ms t v ≈ 220 ms 200 ms 100 i 6 kA 20 10 Q1 t ö 6 A bei 0,4 kV 1000 40 2000 3000 80 120 Voraussetzungen Die beiden Einspeiseschalter (in Grafik 3/43) bilden eine Funktionseinheit und sind gegen die niederspannungsseitigen Schutzgeräte selektiv zu staffeln. Abzweige mit NH-Sicherungen Sind NH-Sicherungen nachgeordnet, dann ist Selektivität bei Leistungsschaltern mit mechanischen Auslösern (3WF) nur bis zu einem bestimmten maximalen SicherungsBemessungsstrom erreichbar; im Beispiel Q2 mit mechanischen S-Auslösern (Einstellbereich 3 bis 6 kA) bis ≤ 400 A für F1. Bei Leistungsschaltern SENTRON WL mit dem S-Auslöser-Bereich 2 bis 12 · I r sind auch größere NH-Sicherungen selektiv. I>> = 792 A Q3 t k ≈ 50 ms 60 40 A bei 10 kV Q2 Sicherheitsabstand ≥ 100 ms Schutz durch Leistungsschalter mit unabhängigem Überstromzeitschutz (UMZ) 5000 200 t ö Öffnungszeit Schalter (Q1) t v Verzögerungszeit s-Auslöser (Q2) t vs Schmelzzeit bei Sicherungen F1 t k Kommandozeit des UMZ-Schutzes (Q3) 10000 400 20000 50000 800 2000 I Grafik 3/43 Beispiel einer Staffelung von Leistungsschalter mit UMZ-Schutz (Q3), Leistungsschalter SENTRON WL, 1000 A mit ls-Auslösern (Q2) und nachgeordneten Abzweigen, z. B. NH-Sicherung 400 A (F 1) und Verteilerschutzschalter 630 A (Q1) in einem Transformatorabzweig 630kVA Abzweige mit gemischter Bestückung Bei gemischter Gerätebestückung der Abzweige ist der Sicherheitsabstand von mindestens 100 ms zum größten zulässigen NH-Sicherungseinsatz für F1 ausschlaggebend für die Einstellung des S-Auslösers von Q2. Bei mechanischen S-Auslösern mit dem höchsten Einstellstrom von 6 kA ergibt sich beim kleinsten zulässigen Sicherheitsabstand von 100 ms eine Verzögerungszeit td von 220 ms. Damit ist die Ausgangslage für alle weiteren Staffelungen nach oben und unten im Diagramm gegeben. Abzweige mit Leistungsschalter Nachdem mit NH-Sicherungen größeren Bemessungsstroms (siehe Grafik 3/41) keine Selektivität erreichbar ist, werden Leistungsschalter für zeitoder, falls möglich, stromselektive Staffelung gewählt. 3/57 3 TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 58 Unter der Annahme, dass die Nachrechnung der Kurzschlussströme eine stromselektive Staffelung ermöglicht, wurde ein Verteilerschutzschalter 630 A (Q1) mit LI-Auslösern gewählt. Das Schneiden der Kennlinien Q2 und Q3 im mittleren Kurzschlussbereich kann zugelassen werden, weil C der Schutz des Transformators vor Überlastung, die praktisch nur im Bereich des 1- bis 1,3fachen Transformator-Bemessungsstroms auftritt, durch den L-Auslöser des Niederspannungs-Leistungsschalters Q1 (in Grafik 3/43 nicht dargestellt) gegeben ist; C ein Sicherheitsabstand von ≥ 150 ms (im Beispiel in Grafik 3/43 ≈ 300 ms) zwischen dem Ansprechwert der I >-Auslösung des UMZSchutzes und der NH-Sicherungskennlinie F1 vorhanden ist und damit Selektivität vorliegt. Je größer die Bemessungsleistung des Transformators und dementsprechend der Einstellbereich des s-Auslösers von Q2 ist, umso leichter kann die Kennlinie Q3 I > nach links von der Kennlinie Q2 s verschoben werden, wodurch zusätzlich ein gewisser Reserveschutz zum I -Auslöser des Schalters Q2 erreicht wird. UMZ-Schutz Als UMZ-Schutz werden heute fast nur noch digitale Geräte eingesetzt. Diese haben größere Einstellbereiche, die Wahlmöglichkeit zwischen unabhängigem (UMZ) oder abhängigem (AMZ) Überstromzeitschutz oder Überlastschutz, höhere und gleich bleibende Messgenauigkeit und sie überwachen sich selbst. Stromwandler-Auswahl für UMZSchutz Bei der Auswahl der Stromwandler für den UMZ-Schutz ist Folgendes zu beachten: (die Betrachtung ist an dem Beispiel in Grafik 3/43 durchgeführt.) Bei dem oberspannungsseitigen Bemessungsstrom von 36,4 A des 630-kVA-Transformators, der Lage der Kennlinie Q3 I > bei 200 A auf der Abszisse für 10 kA und den großen Einstellbereichen könnten Stromwandler von 40 A bis 200 A gewählt werden. Dabei dürfen die höheren Investitionen für Stromwandler kleiner Primärbemessungsströme nicht übersehen werden. Werden beispielsweise Stromwandler 60/1 A gewählt, dann sind die Stromgeber wie folgt einzustellen: Einstellen der Stromgeber I >, I >> und Zeitgeber Stromgeber I >: bei gewähltem Ansprechwert 200 A ergibt sich ein Einstellwert 200 A I p= ______ = 3,3 A 60/1 Zeitgeber für I >-Anregung: tI > = 0,5 s Stromgeber I >>: Der Stromgeber I >> soll nur bei oberspannungsseitigen Fehlern (schnellstmöglich) ansprechen. Ansprechstrom I >> etwa I kT · 1,20 (Sicherheitsabstand zu I kT) IrT · 100% __________ 36,4 A · 100% IkT = _______ = = 606,6 A ukr 6% Ansprechstrom = I kT · 1,2 = 728 A Ansprechstrom (sekundärseitig) = 728 A I p= ______ ≈ 12,1 A 60/1 3/58 Totally Integrated Power by Siemens 3.5.2 Schutzgeräte für Verteilungstransformatoren (gegen innere Fehler) Zur Erfassung innerer Fehler bei Transformatoren werden folgende Melde- und Schutzgeräte eingesetzt: C Geräte für das Überwachen und den Schutz von flüssigkeitsgekühlten Transformatoren, wie Buchholzschutz, Wärmewächter, Kontaktthermometer u. a. C Temperaturüberwachungssysteme für GEAFOL®-Gießharztransformatoren, bestehend aus: – Temperaturfühlern in der Unterspannungswicklung sowie – Melde- und Auslösegeräten im Einspeiseschaltfeld. Dieser Temperaturvollschutz schützt den Transformator vor unzulässiger Erwärmung bei erhöhter Umgebungstemperatur oder Überlast. Außerdem ermöglicht er das volle Ausnutzen der Transformatorleistung auch bei beliebigen Lastspielen ohne Gefahr für den Transformator. Diese Melde- und Schutzgeräte sind nicht im Staffeldiagramm (siehe z. B. Grafik 3/29) zu berücksichtigen. TIP_Kap03_D 11.05.2005 15:53 Uhr Seite 59 Netzschutz/Schutzkoordination 3/59 3