Gutes Motorradfahren beginnt im Kopf - TÖFF

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Gutes Motorradfahren beginnt im Kopf - TÖFF
HINTERGRUND
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Von Michael Kutschke (Text & Fotos) und Prof. Hans Eberspächer (Fotos)
Werde, wer du bist: Viel zu wenig Menschen
begreifen, dass sie selbst die wichtigste Ressource sind, um Töff-Unfälle zu vermeiden.
R
aser, schwere Motorradunfälle, Tote,
Verletzte... So oder ähnlich tönt es Tag
für Tag in den Medien. Überhöhte Geschwindigkeit scheint aber auch für viele Verkehrsexperten die einzig passende Erklärung
für derart tragische Ereignisse zu sein.
Herr Professor Eberspächer, Sie sind
Töfffahrer, Wissenschaftler und Autor.
Sie sagen, «gutes Motorradfahren
beginnt im Kopf, schlechtes auch» – wie
sehen Sie die Raser-Problematik?
Natürlich gibt es Leute, die zu schnell fahren.
Schnelligkeit ist in unserer Gesellschaft ja
eigentlich ein Zeichen von Aktivität und dadurch
anerkennenswert, da Leistung und Fortkommen in
unserem Alltag häufig den einzigen Sinn des
Lebens spenden. Die Erklärung «überhöhte
Geschwindigkeit» im Zusammenhang mit
Motorradunfällen ist daher eine Begründung, die
meist stimmig scheint. Aber sie ist nicht immer
erklärungsstark. Wenn man die Faktenlage jedoch
wissenschaftlich angeht, stellt man also zunächst
einmal fest, dass wir es mit einem gesellschaftli-
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toeff-magazin.ch
chen Problem zu tun haben, weil sich viele Leute
in fast allen möglichen Lebensbereichen etwas
zutrauen, das sie eigentlich nicht können. Sei es
beim Skifahren oder auch nur bei der Wahl der
aktuellen Mode – in unserer Gesellschaft ist es
doch normal, etwas zeigen zu wollen, was man
nicht ist, beziehungsweise was man glaubt,
anderen zeigen zu müssen.
Was hat das mit Töffunfällen zu tun?
Dann denken Sie mal an die Showkurve auf der
Hausstrecke. Wer primär für die Show fährt,
macht Dinge, von denen er glaubt, dass sie von
ihm erwartet werden. Solche Menschen sind
verkrampft und versucht, Manöver von sich zu
verlangen, die sie nicht wirklich beherrschen.
Solche Pseudo-Rossis fahren also gar
nicht wirklich aus Freude am Fahren?
Ja, das könnte man so formulieren.
Und wie lautet die Botschaft des
Professors an die lernfähigen Töfffahrer?
Mach nur, was du kannst, und versuche nach
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Freude am Fahren
und nach, da Zuverlässigkeit und Präzision
hineinzubringen.
Wenn man nur tut, was man kann, dann
ist doch kein Lernen möglich. Muss man
nicht auch Dinge tun, von denen man
nicht sicher ist, ob man sie bewältigt?
Das ist aus der Sicht des Psychologen schon
richtig, generell entwickelt man sich nur, wenn
man sich selbst gemässigt neue Anforderungen
stellt. Aber man sollte nur mit Mass Leistungen
von sich selbst abfordern, die einen anstrengen.
Und man sollte eine gute Chance haben, dass
man sie bewältigen kann, wenn man sein Bestes
gibt. Vergleiche dich mit dir selbst. Als gewöhnlicher Motorradfahrer den Valentino Rossi spielen
zu wollen, ist nicht nur grössenwahnsinnig,
sondern auch brandgefährlich. Dennoch können
neben Sicherheitstrainings auch Rennstreckenund Enduro-Trainings ein fundamental wichtiges
Element zur Senkung von Unfallzahlen sein.
Warum? Weil man auf der Rennstrecke Manöver
ausprobieren kann, die man im Strassenverkehr
tunlichst unterlassen sollte. Auf der Rennpiste
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1. Training im Kopf: Gutes Töfffahren beginnt nicht körperlich-real,
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sondern gedanklich. 2. Guckst du blöd: Der Helm des Töff-Profs.
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HINTERGRUND
BESSER MOTORRAD FAHREN
Der Prof in Aktion: Falsche
ZUR PERSON
Blickführung und Selbstüberschätzung als Hauptunfallursache.
fährt man mehr Schräglage, höheres Tempo, man
lernt dezidierter, also heftiger, aus hohen Tempi
zu bremsen.
Ist das Rennstreckenverbot der Schweizer Behörden also auch kontraproduktiv
in Sachen Unfallprävention?
Der Transfer von Rennstreckenlehrgängen auf
den Strassenverkehr ist nicht – wie einige
konservative Verkehrsexperten glauben machen
wollen – die übersetzte Geschwindigkeit oder
zum Rennfahrer zu werden, sondern zu erfahren,
was mein Motorrad alles kann. Und wer auf der
Rennstrecke gefahrlos seine Limits austesten
darf, fährt im Strassenverkehr sicherer, weil man
im Notfall weiss, was noch geht. Nur wer die
maximale Schräglage seines Motorrades kennt
und seinen Töff auch aus hohen Geschwindigkeiten situativ sicher verzögern kann, der wird mit
brenzligen Situationen bei Tempo 50 oder 120
kaum zu überfordern sein.
Steht der Wissenschaftler Eberspächer
sonst noch im Clinch mit der allgemein
vorherrschenden Lehrmeinung?
Ja. Überall wird dir erzählt, du müsstest die
anderen Verkehrsteilnehmer im Auge haben. Das
stimmt aber nur bedingt. Man sollte besser sagen,
«immer auf die Lücke achten, die einem die
anderen Verkehrsteilnehmer lassen». Ein extrem
unterschätztes und wichtiges Faktum zur
Vermeidung von Unfällen ist die richtige Blickführung. Da, wo man hinschaut, fährt man auch hin,
das sogenannte «Figurgrundphänomen» ist
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wissenschaftlich belegbar: Wenn sich in der
Fussgängerzone zwei entgegenkommende
Passanten gegenseitig anschauen, rempelt man
unweigerlich zusammen. Im Strassenverkehr ist
das genauso. Wenn ich den berühmten Schweizer
Postbus, der unerwartet in einer Kurve auftaucht,
in einer Schrecksekunde fixiere anstatt mit kühlem
Kopf den freien Teil der Fahrbahn, werde ich mit
hoher Wahrscheinlichkeit genau zwischen den
beiden Scheinwerfern einschlagen. Oder nehmen
wir zum Beispiel hier die Übungen zum Töfffahrer
des Jahres. Man darf nicht den Pylon als Figur
sehen, auf den sich das Handeln bezieht, sondern
den Raum dazwischen. Richtige Blickführung und
das Weit-voraus-Schauen sind übrigens die
fundamentalsten Themen bei allen Renn- und
Enduro-Trainings. Ein weiterer Punkt ist der
Schreck. Panikreaktionen sind immer unzweckmässig, denn es kommt zu einer ganz systematischen
Struktur: der Sogenannten Null-eins-Reaktion.
Alles oder nichts mit fatalen Folgen. Man greift
zum Beispiel in der Kurve voll in die Vorderbremse.
Blank Mind wird das in der Wissenschaft genannt.
Der Schrecken lässt sich doch gar nicht
immer vermeiden, oder?
Stimmt, aber es lässt sich lernen, mit dem
Erschrecken umzugehen. Man kann für solche
brenzlige Situationen mentale Navigationssysteme entwickeln. Genau damit habe ich mich in
meinem Buch «Gutes Motorradfahren beginnt im
Kopf» auseinandergesetzt. Denn nur, wenn Kopf
und der Körper optimal zusammenarbeiten, fährt
•
man gut und sicher.
Hans Eberspächer wurde 1943 geboren. Er
startete seine berufliche Karriere an der Universität Heidelberg und war dort bis 2007 Professor für Sportpsychologie mit dem Forschungs- und Arbeitsschwerpunkt Selbstmanagement in Leistungssituationen und für
Mentales Training. Im Rahmen dieser Tätigkeit sammelte Eberspächer einschlägige Erfahrungen als Coach verschiedener Sportler,
Nationalmannschaften und von Piloten und
Managern. Eberspächer war der erste akreditierte Sportpsychologe bei olympischen
Spielen (1976). Er war unter anderem als Berater der Motorrad-Rennfahrer Stefan Bradl
und Anton Mang tätig. Viele bekannte Grössen der angewandten Sportpsychologie sind
aus Eberspächers Schule in Heidelberg hervorgegangen. Sein Arbeitsgebiet war und ist
bis heute die Sportpsychologie und besonders das Thema Mentales Training. Mentales
Training ist selbst in der Raumfahrt heute
nicht mehr wegzudenken. Deshalb ist Hans
Eberspächer ein gefragter Redner auf Kongressen, hält Seminare, berät Unternehmen
und ist Autor zahlreicher Fachpublikationen.
Eberspächer fährt seit 1978 aktiv Motorrad
und ist seit über 25 Jahren regelmässig auf
der Nürburgring Nordschleife unterwegs.
Beim Swiss Perfektionstraining von TÖFF ist
der Professor als Teilnehmer und Referent
seit Jahren gern gesehen.
Als hochkarätiger Gastredner war der BikerProfessor eigens mit seiner BMW R 1200 RT zu
den Biker-Prävi-Days (Bericht S. 4) angereist.
Sein Vortrag «Gutes Motorradfahren beginnt
im Kopf – schlechtes auch» fand eine begeisterte Zuhörerschaft. Mentales Training und die
perfekte Balance zwischen Kopf, Körper und
Maschine steht auch im
Zentrum des jüngsten Buches von Hans Eberspächer. Dieses Perfektionstraining der anderen Art
hilft, die individuelle Leistungsfähigkeit zu verbessern – nicht nur
beim Motorradfahren.
Motorbuch Verlag,
ISBN-10: 3613031604