country report für investoren und exporteure ungarn

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country report für investoren und exporteure ungarn
COUNTRY REPORT
FÜR INVESTOREN UND
EXPORTEURE
UNGARN
INHALTSVERZEICHNIS
1 2 3 4 5 6 7 ALLGEMEINE INFORMATIONEN .......................................................................................................................... 3 WIRTSCHAFTSINFORMATIONEN ........................................................................................................................ 4 2.1 AKTUELLE WIRTSCHAFTSLAGE ............................................................................................................... 4 2.2 WIRTSCHAFTSPOLITIK ............................................................................................................................ 4 2.3 WIRTSCHAFTSSTANDORTE UND WIRTSCHAFTSSTRUKTUR .................................................................... 5 2.4 AUSSENHANDEL..................................................................................................................................... 6 2.5 WIRTSCHAFTSKENNZAHLEN................................................................................................................... 8 POLITISCHE SITUATION ..................................................................................................................................... 9 3.1 INLAND ................................................................................................................................................... 9 3.2 UNGARN UND DIE EU ........................................................................................................................... 10 3.3 ABKOMMEN MIT ÖSTERREICH .............................................................................................................. 11 RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN ............................................................................................................. 12 4.1 GESELLSCHAFTSRECHT ....................................................................................................................... 12 4.2 RECHNUNGSLEGUNG UND JAHRESABSCHLUSS .................................................................................. 14 4.3 STEUERRECHT UND ZOLLRECHT .......................................................................................................... 15 4.4 STREITBEILEGUNG ................................................................................................................................ 19 4.5 INSOLVENZ ........................................................................................................................................... 20 4.6 RECHTE DER SICHERHEITEN ................................................................................................................. 22 4.7 ARBEITSRECHT ..................................................................................................................................... 24 4.8 GRUNDERWERB .................................................................................................................................... 25 DOING BUSINNESS IN UNGARN....................................................................................................................... 26 5.1 MÖGLICHKEITEN DES MARKTZUGANGS ............................................................................................... 26 5.2 ZAHLUNGSKONDITIONEN UND LIEFERKONDITIONEN........................................................................... 26 5.3 BETREIBUNG ......................................................................................................................................... 29 5.4 HALTUNG GEGENÜBER AUSLÄNDISCHEN INVESTOREN ....................................................................... 30 5.5 RISIKOEINSCHÄTZUNG ......................................................................................................................... 31 5.6 Korruption ............................................................................................................................................. 32 WICHTIGE INFORMATIONEN IM ÜBERBLICK ..................................................................................................... 33 WEITERE KONTAKTE IM WEB ............................................................................................................................ 34 Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
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ALLGEMEINE INFORMATIONEN
Die Republik Ungarn ist ein Staat in Mitteleuropa, der zum Großteil im Pannonischen Becken liegt. Nachbarstaaten
sind Österreich, Slowakei, Ukraine, Rumänien, Serbien, Kroatien und Slowenien. Ungarn ist seit dem 31.10.1918
wieder ein eigenständiger Staat und im Oktober 1989 wurde die demokratische Republik Ungarn ausgerufen. Seit
1999 ist Ungarn Mitglied der NATO, sowie seit dem 1.5.2004 Mitgliedstaat der Europäischen Union.
Staatsform:
Verwaltungsapparat:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Offizielle Sprache:
Währung:
Hauptstadt:
Wirtschaftsstandorte:
Ethnische Gruppierungen:
Religion:
Rohstoffe:
Wichtigste Sektoren:
Mitglied in internationalen
Organisationen:
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Republik
7 Regionen
93.030 km²
9.908.798; Dichte: 107,5 Einwohner/km²
Ungarisch
1 Forint (HUF) = 100 Filler (in der Praxis nur Rechengröße)
Budapest - 1,7 Mio. Einwohner
Debrecen 208.016 Einwohner
Szeged
170.285 Einwohner
Miskolc
168.075 Einwohner
Pécs
157.721 Einwohner
92 % Ungarn (Magyaren), Minderheiten von Roma (1,9 %),
Deutschen, Slowaken, Kroaten, Rumänen u.a.
55 % Katholiken, 16 % Calvinisten, 3 % Lutheraner,
Minderheitenreligionen
Bauxit, Kohle, Braunkohle und Erdgas
Bergbauindustrie, Metallurgie, Landwirtschaft, Baustoffe,
Lebensmittelverarbeitung, Textilindustrie, Chemie (insb.
Pharmazeutische Produkte) und Automobilindustrie
UNO, WTO, IWF, Weltbank, Europarat, OECD, NATO, OSCE, EU
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2
WIRTSCHAFTSINFORMATIONEN
Coface Country
Risk Assessment
B
2.1
Ungarn galt lange als Vorzeigeland unter den Transformationsstaaten. Durch
umfassende Privatisierungen wurde das Land seit Mitte der Neunziger auf einen
konsequenten Wachstumspfad gebracht. Dieser war jedoch mit einer hohen
Verschuldung der öffentlichen Hand verbunden. Mit Ausbruch der weltweiten
Finanzkrise wurde die hohe Verschuldung deutlich spürbar. Ungarn wurde von der
Krise 2008 besonders stark getroffen: Einerseits musste gegen die Rezession
angekämpft werden, andererseits kam es zu erheblichen Kursverlusten des Forint.
2010 und 2011 verzeichnete Ungarn jeweils ein leichtes Wachstum (1,2 % bzw. 1,6
%), gefolgt von einer Rezession mit -1,7 % in 2012. In 2013 konnte wiederum ein
leichtes Wachstum ( 1,1 %) verzeichnet werden.
AKTUELLE WIRTSCHAFTSLAGE
Die Prognosen für das Jahr 2014 erwarten einen weiteren Anstieg des BIP um 2,3 %. Dies ist nach einem Schrumpfen
des BIP im Jahr 2012 um 1,7 % und dem leichten Wachstum in 2013 mit 1,1 % ein Hoffnungsschimmer für Ungarn.
Neben dem Einbruch der Exporte zeichnete der Rückgang der heimischen Nachfrage für die geringere Produktion
verantwortlich. Im Dienstleistungssektor war vor allem der Tourismus betroffen.
Die konstant steigende Arbeitslosigkeit deutet auf eine nur langsame Erholung des heimischen Konsums hin (im Jahr
2011 war Ungarn mit 55,4 % Beschäftigungsrate bei den 15-64 Jährigen das Schlusslicht der Europäischen Union).
Auch wird es dauern, bis die ausländische Nachfrage nach ungarischen Exporten wieder ansteigt.
Die Inflationsrate lag im Jahr 2013 durchschnittlich bei 1,7 %. Im Speziellen kam es bei Energiekosten, alkoholischen
Getränken, Tabak und Dienstleistungen zu Preiserhöhungen. Für die zukünftige Entwicklung Ungarns dürften die nur
langsam voranschreitende Erholung der Exporte, die weiterhin hohe Verschuldung der öffentlichen Hand, sowie eine
langsame Anpassung der Inflationserwartungen die größten Risiken darstellen.
2.2
WIRTSCHAFTSPOLITIK
Das Budgetdefizit lag 2013 bei -2,3 % des BIP. Jedoch wird von der Europäischen Kommission keine dauerhafte
Stabilität des Budgetdefizits prognostiziert. Die Gesamtverschuldung betrug im Jahr 2013 792 % des BIP und liegt
somit über der Maastricht-Grenze. Laut ungarischem Statistikamt belief sich die Gesamtverschuldung auf 961.266
Mio. HUF.
Im Februar 2009 stellte die ungarische Regierung ein Steuerpaket vor, mit dessen Hilfe die enorme Lohnsteuerlast
für Firmen und Arbeitnehmer gesenkt werden sollte. Finanziert wurde diese Initiative durch eine Erhöhung der
Mehrwertsteuer. Außerdem hat die ungarische Regierung zahlreiche Konjunkturprogramme gestartet, um die
ungarische Wirtschaft in Zeiten der Krise zu stützen. Dieses Konjunkturpaket richtet sich unter anderem an die
Infrastruktur- und Bauwirtschaft, den Energiesektor, die Automobilindustrie, das Gesundheitswesen, sowie an
Umweltschutzmaßnahmen. EU-Strukturfondsmittel werden an private UnternehmerInnen in Form von Subventionen,
Kredithilfen, Kapitaleinlagen und Garantien verteilt.
Überdies werden staatliche Mittel zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen freigemacht sowie Projekte gezielt
unterstützt.
Im Jänner 2011 stellte Regierungschef Viktor Orbán ein neues Sparpaket vor, dass das Budget sanieren und die
sehr hohe Verschuldungsrate von über 80 % des BIP in nur einem Jahr auf 70 % des BIP herunterbringen sollte.
Saniert werden sollte das Budget vor allem durch Änderungen im Pensionssystem (im Speziellen bei den privaten
Pensionskassen). Als Reaktion auf die Sanktionen der EU (Auszahlungssperre von Geldern aufgrund des
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Stabilitätspaktes) hat die Regierung Orbán in April 2012 ein neues Sparpaket vorgelegt und fünf neue Steuern
eingeführt. So wollte die Regierung bis 2013 bis zu 2,2 Mrd. EUR einsparen. Es wurde eine Finanztransaktionssteuer,
eine Telekomsteuer, Sondersteuer auf gewisse Versicherungen und eine Staubsteuer für Budapest für PKWs
einführen. Dieses Sparpaket musste im Oktober 2012 weiter nachgebessert werden, da es nicht zu den gewünschten
Erfolgen verhalf und die Maßnahmen von der Europäischen Kommission kritisiert wurden. Im Jänner 2013 wurden
weitere Maßnahmen angekündigt, wie das Anheben der Mehrwertsteuer auf 27 %. Die Investitionen wurden drastisch
zurückgefahren. Hier vor allem im Energiesektor, wo Unternehmen aufgrund der niedrigen Energiepreise keine
Investitionen mehr tätigen können.
Im Jahr 2008 musste wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und hohen Kursverlusten der Zinssatz auf 11,5 %
angehoben werden. Die Europäische Zentralbank sprang mit einem Swap in Höhe von 5 Mrd. EUR ein, weil ungarische
Banken die Vergabe von Devisenkrediten weitgehend eingestellt hatten. Nachdem auch der Markt für ungarische
Staatsanleihen weggebrochen ist, bat Ungarn den IWF um Hilfe. Ende Oktober 2008 gab der IWF bekannt, Ungarn mit
einem Rettungspaket zu unterstützen. Die Europäische Union und die Weltbank beteiligten sich ebenfalls an dem
Rettungspaket, das Ungarn ein Kreditvolumen von über 20 Mrd. EUR zusichert. Inzwischen wurde der Leitzinssatz
wieder gesenkt. Er betrug im Mai 2012 7 %. Mit Juni 2014 steht der Leitzinssatz bei 2,3 %.
2.3
WIRTSCHAFTSSTANDORTE UND WIRTSCHAFTSSTRUKTUR
Neben dem bedeutendsten ungarischen Wirtschaftssektor der Sachgütererzeugung, der 22 % der gesamten
Wertschöpfung ausmacht, tragen Wirtschaftsdienstleistungen zirka 21 %, der Handel 11,4 % und das Bauwesen einen
Anteil von rund 5,3 % bei.
In Ungarn gibt es zahlreiche Cluster, die auch ungarische Klein- und Mittelbetriebe stark einbinden. Erwähnenswert
ist der Automotive Cluster, der sich rund um die Stadt Györ entwickelt hat. Im Jahr 2000 wurde dieser von den
ungarischen Niederlassungen von Audi, Suzuki und Opel, aber auch dem ungarischen Traditionsunternehmen Rába
und der Széchényi Universität Györ mitbegründet.
Der Pannon Mechatronik-Cluster ging aus dem Elektronikcluster hervor und wurde 2005 von ungarischen Niederlassungen internationaler Großunternehmen wie Flextronic oder EPCOS mitbegründet. Der PANFA Holz- und
Möbelcluster (nur ungarisch), gegründet 2001, umfasst 127 Partner entlang der gesamten Holz-Wertschöpfungskette
von der Forstwirtschaft bis hin zu Möbelherstellung/Holzbau.
Der Pannon Cluster für Erneuerbare Energie (nur ungarisch) ist einer der jüngeren Cluster in Westungarn mit derzeit elf
Partnern aus den Bereichen Planung, Energiegewinnung, Beratung und Zulieferung. Im Pannon Logistik Cluster (nur
ungarisch) sind neben den Schlüsselakteuren Donau-Hafen Györ-Gönyü und Flughafen Györ-Pér weitere 26
Unternehmen aus dem Logistiksektor vertreten.
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2.4
AUSSENHANDEL
Erdöl und Erdölerzeugnisse, Metallwaren, Maschinen und Geräte, Straßenfahrzeuge, Kraftmaschinen und
Ausrüstungen zählen unter anderem zu den wichtigsten Importgütern Ungarns.
Zu den wichtigsten Exportgütern Ungarns zählen Maschinen aller Art, Fahrzeuge, Telekommunikationsgeräte,
Computer und Peripheriegeräte. Ebenso Eisen-, Stahl- bzw. Metall-waren, pharmazeutische Produkte,
wissenschaftliche Instrumente und Messapparate.
Österreich stellt sich sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite als sehr wichtiger Handelspartner
und Markt Ungarns dar. Im Jahr 2012 war Österreich nach Deutschland, Russland, China und der Slowakei Ungarns
fünftgrößter Handelspartner im Importbereich und der viergrößte Exportmarkt.
Die Exporte in die EU-27 stiegen um 3,2 % im Vergleich zum Vorjahr und erreichten ein Volumen von 63.042 Mio.
EUR. Ungarn importiert auch Großteils aus den EU-Ländern. Mit Mio. 53.519 EUR stiegen die Importe um 3 % an.
Wichtigste Handelspartner Ungarns
Importe in Mio. EUR
EU-27
Deutschland
China
Russland
Slowakei
Polen
Italien
Österreich
Frankreich
Tschechische Republik
USA
Rumänien
Niederlande
Japan
Ukraine
Südkorea
Taiwan
Spanien
Belgien
Schweden
Slowenien
Quelle: Statistikamt Ungarn
2009
50.119,00
14.125,20
3.673,20
4.155,20
2.391,30
2.324,60
2.357,60
2.336,60
2.499,60
1.926,80
1.137,50
1.330,30
2.695,70
1.433,50
1.124,40
1.473,40
835,1
855,2
1.368,50
487,6
527,5
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
2010
38.260,00
15.567,30
4.585,80
5.066,10
2.694,90
3.421,50
2.777,20
3.131,90
2.398,20
2.100,40
1.170,20
1.692,20
2.931,00
1.408,50
1.219,00
2.125,70
1.005,90
814,5
1.433,40
591,3
636
2011
44.710,00
15.526,70
3.924,30
5.698,40
3.535,70
3.021,40
2.928,10
3.653,70
2.369,60
2.234,20
1.250,30
2.084,90
2.721,10
1.017,80
1.331,60
1.356,00
844
765,5
1.367,80
719,6
729,7
2012
50.715,00
17.995,60
4.177,90
6.376,40
4.039,30
3.435,10
3.247,70
3.748,80
2.630,50
2.514,80
1.468,40
2.057,80
2.984,50
982,9
1.389,30
1.120,60
909,3
850,9
1.557,00
789,6
762,4
Oktober 2014/ Seite 6
Exporte in Mio. EUR
EU-27
Deutschland
Rumänien
Österreich
Slowakei
Italien
Frankreich
UK
Polen
Tschechische Republik
Russland
USA
Niederlande
Spanien
Ukraine
China
Türkei
Belgien
Serbien
Kroatien
Slowenien
VAE
Quelle: Statistikamt Ungarn
2009
57.802,00
15.545,50
3.196,50
2.916,90
3.029,00
3.482,70
3.309,20
3.221,10
2.252,70
1.980,90
2.165,60
1.395,80
2.257,50
2.047,90
919,9
895,3
785,9
1.066,00
690,9
889,4
662,8
526,3
2010
48.062,00
17.642,10
3.785,90
3.345,10
3.759,70
3.888,40
3.516,10
3.821,70
2.589,00
2.435,30
2.513,40
1.432,80
2.222,00
2.231,90
1.433,40
1.137,50
1.187,30
1.056,60
829,9
851,3
742,8
673,5
2011
55.226,00
17.695,80
4.357,40
3.775,10
4.199,40
3.564,10
3.333,40
3.273,70
2.741,90
2.661,40
2.295,80
1.462,40
1.776,90
1.878,80
1.459,20
1.080,60
1.201,20
1.018,00
965,6
1.033,30
792,5
1.259,60
2012
60.820,00
19.865,00
4.780,00
3.692,90
4.668,80
3.692,00
3.686,10
3.298,60
3.028,50
3.077,90
2.541,30
1.897,00
2.185,40
1.838,00
1.765,40
1.397,30
1.204,80
1.157,80
1.231,30
1.246,00
921,1
917,2
Österreichs Außenhandel mit Ungarn:
Werte in TEUR
Export
Veränderung
Import
Veränderung
Quelle: Statistik Austria
2009
2.336,6
-27,6 %
2.916,9
-30,8 %
2010
3.131,9
34,0 %
3.345,1
14,7
2011
3.653,7
16,7 %
3.775,1
12,9 %
2012
3.748,8
2,6 %
3.692,9
-2,2 %
2013
3.935,6
6,7 %
3.676,5
-2,2 %
Österreich exportierte von Jänner bis Dezember 2013 Waren im Wert von gerundet 3,93 Mrd. EUR nach Ungarn
(+6,7 % im Vergleich zu 2012) und importierte Waren aus Ungarn im Wert von 3,67 Mrd. EUR (-2,2 %). Zu den
wichtigsten Gütern auf beiden Seiten zählen Maschinenbauerzeugnisse, Fahrzeuge sowie bearbeitete Waren und
Fertigwaren.
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Oktober 2014/ Seite 7
2.5
WIRTSCHAFTSKENNZAHLEN
In der folgenden Tabelle finden Sie einige Kennzahlen zur Wirtschaftsentwicklung Ungarns:
Kennzahlen
Reales BIP-Wachstum
(Veränderung in %)
Inflation (in %)
Staatshaushalt
(Saldo in % des BIP)
Leistungsbilanz
(Saldo in % des BIP)
Auslandsverschuldung
(in % des BIP)
2011
1,6
2012
-1,7
2013
1,1
2014 (P)
2,3
3,9
4,2
5,7
-2,2
1,7
-2,3
0,5
-2,9
0,9
1,1
3,0
1,7
80
79
79
81
(P)
Prognose
Quelle: Coface
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Oktober 2014/ Seite 8
3
POLITISCHE SITUATION
Staatsoberhaupt der Republik Ungarn ist der Präsident. Das Parlament wählt den Präsidenten der Republik, den
Ministerpräsidenten, die Mitglieder des Verfassungsgerichts, den Ombudsmann der Minderheiten, den Präsidenten
des Obersten Gerichts und den Generalstaatsanwalt. Das Einkammerparlament hat 386 Abgeordnete, die auf vier
Jahre gewählt werden. 2010 wurde ab der nächsten Wahl (2014) eine Senkung der Zahl der Abgeordneten
beschlossen, es werden dann nur noch höchstens 200 Abgeordnete sein.
3.1
INLAND
Präsident:
János Áder
Ministerpräsident: Viktor Orbán
Regierungsform:
Parlamentarische Republik
Im April 2011 wurde mit Stimmen der Fidesz eine neue Verfassung erlassen, die mit 1.1.2012 in Kraft trat. Als Grundlagen der Nation bekennt sich das Grundgesetz in seiner Präambel unter anderem zu Gott, Krone und Vaterland,
Christentum, Familie und Nationalstolz. Der offizielle Staatsname wurde von Republik Ungarn in Ungarn geändert. Die
Staatsform hat sich nicht geändert. Viele Staaten in Europa sind sehr besorgt über diese Entwicklung. Die neue
ungarische Verfassung unterminiert das Rechtsstaatsprinzip. Sie nimmt dem Verfassungsgericht dauerhaft das Recht,
Steuer- und Haushaltsgesetze zu überprüfen. Sie schafft so Spielräume, verfassungswidriges Recht in Kraft zu setzen,
ohne dass irgendjemand etwas dagegen unternehmen könnte, und rüttelt damit an der Autorität des Gerichts. Aber
auch das Demokratieprinzip droht substanziell Schaden zu nehmen. Die Verfassung schränkt den Handlungsspielraum
jeder künftigen Regierung ein. Viele Gesetze, etwa grundlegende Steuer- und Rentenreformen, können künftig nur
noch mit einer Zweidrittelmehrheit geändert werden. Dass Regierungen Zweidrittelmehrheiten im Parlament haben,
wie derzeit Premier Orbáns Partei Fidesz, ist aber nicht die Regel, sondern die Ausnahme.
Im April 2014 fanden in Ungarn Wahlen statt. Das Wahlbündnis aus Fidesz und KDNP hat die Parlamentswahlen
gewann als stärkste Partei mit 44 % und stellt seit April 2014 133 Parlamentsmandate. Das ist genau die Anzahl
die für eine 2/3 Mehrheit notwendig ist. Viktor Orbán, Führer der bisherigen Oppositionspartei Fidesz bleibt
Ministerpräsidenten. Die bis zu den letzten Wahlen im April 2010 führende sozialistische Partei (MSzP) erreichte
gemeinsam mit seinem Wahlbündnis insgesamt nur 38 Mandate. Die Wahlbeteiligung lag bei 61 %.
Der Niedergang der Sozialisten ist auf die Misswirtschaft der letzten Jahre zurückzuführen. Seit September 2006
befand sich Ungarn in einer innenpolitischen Krise. Seit der sozialistische Premierminister Ferenc Gyurcsány
eingestanden hatte, vor den Wahlen im April 2006 gelogen zu haben, forderte die Opposition seinen Rücktritt. Im
September und Oktober 2006 kam es vor allem in Budapest wiederholt zu gewalttätigen Ausschreitungen, die auch
die Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Volksaufstands von 1956 überschatteten. Vor diesem Hintergrund und
angesichts der schweren Wirtschaftskrise in Ungarn verlor Gyurcsàny fast völlig den Rückhalt in der Bevölkerung. Am
21.3.2009 erklärte Gyurcsány seinen Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten.
Im April 2012 trat Pál Schmitt aufgrund einer Plagiatsaffaire um seine Doktorarbeit als Präsident zurück. Seit 2.5.2012
ist János Áder im Amt.
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Oktober 2014/ Seite 9
3.2
UNGARN UND DIE EU
Im Referendum vom 12.4.2003 sprach sich eine überwältigende Mehrheit der ungarischen Bevölkerung für einen
Beitritt zur EU aus, wobei sich jedoch nur 46,5 % der Stimmberechtigten an der Abstimmung beteiligten. Am 1.5.2004
wurde Ungarn als neues Mitglied in die EU aufgenommen.
Mit der Unterzeichnung des Beitrittsvertrages wurde Ungarn eine funktionierende Marktwirtschaft, eine weit reichende
Anpassung an den gemeinschaftlichen Rechtsbestand sowie die Fähigkeit bescheinigt, dem innergemeinschaftlichen
Wettbewerbsdruck standzuhalten. Seit dem Beitritt gelten in Ungarn, vorbehaltlich der ausgehandelten Übergangsbestimmungen, sämtliche Vorteile des freien Waren-, Personen- und Kapitalverkehrs innerhalb des Gemeinschaftsgebiets der nunmehr 28 Mitgliedstaaten. Seit 1.1.2008 sind die früheren reziproken Maßnahmen betreffend der
Einschränkungen hinsichtlich der Dienstleistungsfreiheit aufgehoben. Das frühere zweistufige Genehmigungsverfahren
wurde abgeschafft.
Aus den diversen Fördertöpfen der EU stehen Ungarn für den Zeitraum 2007 bis 2013 Fördermittel in der Höhe
von 24,6 Mrd. EUR zur Verfügung. Angesichts der Kreditklemme bei den Banken wurde im Dezember 2008 per
Regierungsverordnung die automatische Auszahlung eines Vorschusses für ungarische Unternehmen verankert,
die sich erfolgreich um EU-Gelder beworben haben.
Die Außenhandelsverflechtungen Ungarns mit der EU sind sehr eng. Insgesamt 69,4 % aller Güterimporte stammten
im Jahr 2012 aus der Europäischen Union. Gegenüber 2011 ist der Anteil der Importe aus den EU-27 an den
gesamten Importen leicht angestiegen. Unter den Warenexporten sind 2012 76,1 % für den EU-Raum bestimmt.
Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies ein Gleichbleiben.
Als weiterer relevanter Integrationsschritt Ungarns in die EU gilt die Einführung des Euro. Ungarn wollte ursprünglich
2010 den Euro einführen. Aufgrund der derzeitigen Haushaltslage und der wirtschaftlichen wie auch politischen
Instabilität kann derzeit kein konkretes Datum für die Einführung genannt werden.
Aufgrund des hohen Haushaltsdefizits und seiner unsoliden Haushaltspolitik wurde von den EU-Finanzministern im
März 2012 eine halbe Milliarde EUR aus den Entwicklungstöpfen für Ungarn gesperrt. Orbán reagierte darauf mit
einem weiteren Sparpaket, um nicht noch weitere Sanktionen zu erhalten.
Auch machte Ungarn mit seiner Medienpolitik und anderen Politikbereichen Schlagzeilen in den letzten Jahren. Die
europäische Kommission leitete daraufhin drei Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn ein, eines wegen der
zweifelhaften Unabhängigkeit der Justiz, ein weiteres wegen der Infragestellung der Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde und wegen der Zusammenlegung der Zentralbank und der Finanzaufsichtsbehörde. Im April 2014
urteilte der Europäische Gerichtshof, dass Orbán mit der Entlassung des obersten Datenschützers András Jóri 2012,
fast drei Jahre vor dem Ende von dessen Amtszeit, EU-Recht gebrochen habe und auch der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte urteilte im selben Monat, dass ungarische Kirchengesetz gegen die Menschen-rechtskonvention
verstoße. Die neue Verfassung Ungarns sorgte für viel Aufsehen, auch innerhalb der EU. Im Juni 2012 wurde das
Gesetz über die Zusammenlegung der Zentralbank und der Finanzaufsichtsbehörde geändert und die
zwischenzeitliche Sperre der Mittel aus dem Kohäsionsfonds wurde im Juli 2012 wieder aufgehoben.
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Oktober 2014/ Seite 10
3.3
ABKOMMEN MIT ÖSTERREICH
Zwischen Österreich und Ungarn bestehen eine Reihe bilateraler Abkommen. Darunter fallen insbesondere:
 Doppelbesteuerungsabkommen auf den Gebieten der Nachlass- und Erbschaftssteuern, sowie von Einkommen,
Ertrag und Vermögen (BGBl. 51 und 52/1976)
 Investitionsschutzabkommen (BGBl. 339/1989)
 Gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit von beruflichen Prüfungszeugnissen (BGBl. Nr. 894/1994) >
Änderung der Anlage zu Artikel 3 am 25.03.2010
 Sozialversicherungsabkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Beitragsleistungen für Kranken-, Unfall-,
Arbeitslosen- sowie Pensionsversicherung (BGBl. 199/2000)
 Vereinbarung zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Ungarn über die
Errichtung von Grenzabfertigungsstellen und über die Zusammenarbeit bei der Kontrolle des Grenzverkehrs (BGBl.
31/2004)
 Vereinbarung in Form eines Notenwechsels zwischen Österreich und Ungarn über die gegenseitige Vertretung in
Verfahren der Visumerteilung (BGBl III 91/2011) (Sichtvermerk)
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Oktober 2014/ Seite 11
4
RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
Im Rahmen einer großen Zivilrechtsreform wurde das Gesellschaftsrecht in das Zivilgesetzbuch eingegliedert. Das
neue Zivilgesetzbuch trat am 15.3.2014 in Kraft. Das neue ungarische Gesellschaftsrecht wird jetzt zwar stark vom
Grundsatz der Privatautonomie geprägt, gleichzeitig wurden aber die Regelungen zur Geschäftsführerhaftung erheblich
verschärft. Die Novellierung des ungarischen Zivilgesetzbuches bedeutet allerdings nicht nur eine Verortung alter
Vorschriften an neuen Stellen. Der ungarische Gesetzgeber hat in den acht Büchern des neuen Gesetzes auch viele
Vorschriften inhaltlich geändert, die teilweise eine gesetzliche Neuausrichtung bedeuten.
4.1
GESELLSCHAFTSRECHT
Insgesamt ist das Gesellschaftsrecht vom Gedanken der Privatautonomie geprägt. Das Recht räumte der Satzungsautonomie einen weiteren Spielraum ein, indem es mehr dispositive und weniger zwingende Regelungen trifft. Das
Gesellschaftsrecht, das im dritten Buch des neuen Gesetzes geregelt ist, steckt lediglich die Rahmenbedingungen
ab, im Rahmen welcher sich juristische Personen bewegen sollen. Dabei gilt, dass sofern eine Regelung nicht
ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben ist, sie von den Parteien weggelassen oder abgeändert werden kann.
Selbstverständlich gibt es aber auch solche Regelungen, die von der Autonomie der Gründer oder Mitglieder der
Gesellschaften ausgenommen sind. Hierzu zählen zum Beispiel die Bestimmung der einzelnen Formen der Wirtschaftsgesellschaften oder sämtliche Bestimmungen, die die staatliche Aufsicht der Wirtschaftsgesellschaften sichern.
Die bislang bekannten Formen der Wirtschaftsgesellschaften, wie die am meisten gebräuchliche „Kft.“ (ungarische
GmbH) oder „Rt.“ (ungarische AG) bleiben unverändert bestehen. Jedoch kann die neue Vertragsfreiheit dazu genutzt
werden, die Ansprüche der Gesellschafter oder Aktionäre an den Betrieb der einzelnen Gesellschaften möglichst
dynamisch auszugestalten. So werden die bislang parallel zu Gesellschaftsverträgen bestehenden Syndikats-Verträge,
die in oft umständlicher Weise versucht haben, zwingende Regelungen des Gesellschaftsgesetzes zu umgehen,
praktisch hinfällig. Zur Sicherung des Geschäftslebens wurden die Regelungen der Haftung der Geschäftsleitung der
einzelnen Wirtschaftsgesellschaften einheitlich und strenger geregelt. In diesem Sinne haften die Mitglieder der
Geschäftsleitung für sämtliche im Zuge ihrer Geschäftsführungstätigkeit der Gesellschaft verursachten Schäden
gegenüber dieser gemäß den Haftungsregelungen für Vertragsschäden, die im schuldrechtlichen Teil des neuen
Zivilgesetzbuches behandelt werden.
Gänzlich neu ist auch die gesamtschuldnerische Haftung gemeinsam mit der Gesellschaft gegenüber Dritten für den
Schaden, der aus einer Pflichtverletzung ihrer leitenden Tätigkeit resultiert. Wurden bislang die leitenden Repräsentanten einer Gesellschaft im Innenverhältnis gemäß den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln (Schadenersatzregelungen) haftbar gemacht, so haften sie ab März 2014 gemäß den strengeren Haftungsregelungen für Vertragsschäden. Ebenso haften die leitenden Repräsentanten nun generell als Gesamtschuldner, während bisher - mit
Ausnahme der Situation der drohenden Zahlungsunfähigkeit einer Gesellschaft - nur die Gesellschaft im
Außenverhältnis haftbar war.
Nach wie vor zeigt sich am Aufbau des ungarischen Gesellschaftsrechts die historische Verknüpfung mit dem
österreichischen System. Es wird zwischen Gesellschaften mit Rechtspersönlichkeit bzw. ohne Rechtspersönlichkeit
differenziert.
Rechtsform
Aktiengesellschaft (AG)
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Kommanditgesellschaft (KG)
Offene Gesellschaft (OG)
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Einzelunternehmen (EU)
Handelsvertretung, Zweigniederlassung
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Ungarische Bezeichnung
Reszvenytársaság (Rt.)
Korlátolt Felelössegü Társaság (Kft.)
Betéti Társaság (Bt.)
Közkereseti Társaság (Kkt.)
Közös vállalat (Kv.)
Egyéni
Kereskedelmi Képviselet, Fioktelep
Oktober 2014/ Seite 12
Aktiengesellschaft
Der Aufbau ist mit dem einer Aktiengesellschaft im österreichischen Recht vergleichbar. Sie kann auch als
Einmanngesellschaft gegründet werden.
Das Grundkapital beträgt 20 Mio. HUF (ca. 66.091,- EUR), wobei die Mindestbareinlage
10 Mio. HUF (ca. 33.045,-EUR) oder 30 % des Grundkapitals beträgt.
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Der Aufbau ist mit dem einer GmbH im österreichischen Recht vergleichbar und kann auch als Einmanngesellschaft
gegründet werden. Die GmbH wird mit einem Stammkapital gegründet, das aus den Stammeinlagen eines vorher
festgelegten Betrages besteht. Für die Verpflichtungen der Gesellschaft haftet nicht der einzelne Gesellschafter,
sondern die Gesellschaft mit dem gesamten Gesellschaftsvermögen. Auch ausländische juristische Personen oder
Privatpersonen können Gesellschafter der GmbH sein. Als Stammkapital sind seit der Novelle des Zivilgesetzbuches
mindestens 3 Mio HUF (ca. 9.800,- EUR), davon sind mindestens 50 % als Bareinlage zu leisten.
Kommanditgesellschaft
Die Haftungsregelungen für die Gesellschafter entsprechen dem österreichischen Recht. Es haftet zumindest ein
Gesellschafter (Komplementär) unbeschränkt. Die anderen Gesellschafter (Kommanditisten) haften solidarisch für
die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Die Haftung des Kommanditisten ist auf die Höhe seiner Einlage beschränkt.
Offene Gesellschaft
Die Haftungsregelungen entsprechen dem österreichischen Recht. Alle Gesellschafter haften unbeschränkt (auch
mit ihrem Privatvermögen) für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, falls das Gesellschaftsvermögen zur Deckung
der Verbindlichkeiten nicht ausreicht.
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Vergleichbar zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach österreichischem Recht wird die „Közös vállalat“ zumeist zur
Erreichung eines gemeinsamen Ziels, beispielsweise bei der Abwicklung von Projekten, gegründet. Für Verbindlichkeiten haftet das Gesellschaftsvermögen sowie, mangels Deckung, die Mitglieder gemeinsam im Verhältnis ihrer
Beteiligungen.
Einzelunternehmen
Die Anmeldung eines Einzelunternehmens in Ungarn erfolgt üblicherweise auf Gemeindeebene beim zuständigen
ungarischen Bürgermeisteramt. Es sind keine Mindestkapitalvorschriften vorgesehen. Voraussetzung zur Anmeldung
eines Einzelunternehmens ist die Übernahme der persönlichen Haftung für die Unternehmensverbindlichkeiten.
Handelsvertretung, Zweigniederlassung
Ausländische Unternehmen können in Ungarn konkrete unternehmerische Tätigkeiten auch als Zweigniederlassung
im Sinne des Betriebsstättengesetzes (Fioktelep) ausüben. Sie können eine oder mehrere ungarische Zweigniederlassungen gründen und diese mit Eigen- oder Fremdkapital finanzieren. Die Zweigniederlassung ist beim Firmengericht
ins Firmenregister einzutragen und beim Finanzamt anzumelden. Erst nach der Firmenregistereintragung kann sie ihre
Tätigkeit aufnehmen. Sie verfügt nach ungarischem Recht nicht über Rechtspersönlichkeit.
Abgesehen von einer Zweigniederlassung, beziehungsweise Tochtergesellschaft (Leányvállalat), ist eine permanente
ausländische Repräsentanz in Ungarn auch in Form einer Handelsvertretung möglich (Kereskedelmi Képviselet). Die
Handelsvertretung muss als solche ins Firmenregister eingetragen werden, jedoch unterliegt sie nicht den Bestimmungen des ungarischen Rechnungslegungsgesetzes. Sie kann im eigenen Namen keine Geschäfte abschließen,
sondern nur Vermittlungs- bzw. Akquisitionstätigkeiten ausüben. Handelsvertretungen können von solchen
ausländischen Rechtsträgern gegründet werden, die entsprechend der Rechtslage des Heimatstaates über eine
Firma verfügen oder in einem Firmenregister (oder einem anderem Wirtschaftsverzeichnis) eingetragen sind.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 13
4.2
RECHNUNGSLEGUNG UND JAHRESABSCHLUSS
Seit 1.1.1992 ist der Rechnungslegungsstandard in Ungarn gesetzlich geregelt. Die Rechtslage orientiert sich an den
EU-Standards und wurde in den letzten Jahren sukzessive an diese angepasst. Die novellierten Vorschriften stehen
nunmehr praktisch im Einklang mit den entsprechenden Richtlinien der EU bzw. den internationalen Grundsätzen der
Rechnungslegung. Zentrale Anforderung an Unternehmen ist es, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes
Bild ihrer Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln. Der Jahresabschluss ist in ungarischer Sprache zu
erstellen. Ungarische AGs, GmbHs und OGs müssen ihren Jahresabschluss veröffentlichen.
Grundsätzlich sind alle Unternehmen, deren Jahresabschluss auf doppelter Buchführung basiert, verpflichtet, diesen
durch einen Wirtschaftsprüfer überprüfen zu lassen. In Anpassung an den EU-Standard ist seit 2008 eine Abschlussprüfung nicht erforderlich, wenn der durchschnittliche Jahresnettoumsatz des Unternehmens in den zwei Jahren vor
dem aktuellen Geschäftsjahr 200 Mio. HUF (ca. 644.612,- EUR) nicht überstiegen hat. Für die AG ist eine Abschlussprüfung jedoch immer obligatorisch. Bei der GmbH ist sie nur in bestimmten Fällen erforderlich. Die Wertgrenze ist
seit 2014 auf 300 Mio. HUF angehoben (ca. 966.918,- EUR).
Seit 2012 ist ein besonderer vereinfachter Jahresabschluss unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich:
 Bilanzsumme 65 Mio. HUF (ca. 214.796,-EUR),
 Jahresnettoumsatz 130 Mio. HUF (ca. 429.592,-),
 durchschnittlicher Mitarbeiterstand im Geschäftsjahr zehn Personen.
Auch für ungarische Unternehmen ist seit 2012 ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr möglich, wenn es
durch die Geschäftstätigkeit begründet werden kann.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 14
4.3
STEUERRECHT UND ZOLLRECHT
Im Jahr 2010 wurden einige wesentliche Neuerungen im Bereich der Einkommens- und der Körperschaftsteuer
vorgenommen. Im Oktober 2010 wurde eine temporäre Sondersteuer für den Handel, die Telekommunikationsbranche und die Energielieferanten als Maßnahme gegen die Finanzkrise beschlossen. Mit Jänner 2011 wurde das
Steuerrecht umfassend reformiert, es wurde eine Flat Tax in der Einkommensteuer eingeführt. Dadurch werden vor
allem besser verdienende Familien mit vielen Kindern entlastet. In der Unternehmensbesteuerung bestand bis 2012
eine extreme Differenzierung, als Folge von Sektoralen Sondersteuern für bestimmte Dienstleistungsbranchen. 2012
wurden u.a. die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie Sachleistungen an Mitarbeiter geändert. Mit 1.7.2012
trat eine Telekommunikationssteuer in Kraft, mit der Telefonate und SMS-Kurznachrichten belastet werden. Seit dem
1.1.2013 wird eine Finanztransaktionssteuer eingehoben, diese beträgt 0,1 %, max. jedoch 6.000,- HUF (ca. 19,EUR). Weiters wurden mit dem 1.1.2013 auch die Verbrauchersteuern auf Tabakwaren und Alkohol erhöht. Zusätzlich
wurde auch eine Versorgungsnetzsteuer für jeden Meter Energieversorgungsnetz eingeführt.
Körperschaftssteuer
Gesetzliche Grundlage ist das Gesetz über die Körperschaft- und Dividendensteuer. Der Körperschaftsteuer
unterliegen, mit Ausnahme der Einzelgewerbetreibenden, sämtliche Wirtschaftsgesellschaften (OG, KG, GmbH, AG)
sowie deren Zweigniederlassungen und Betriebsstätten ausländischer Unternehmen. Steuerpflichtige mit Sitz oder Ort
der Geschäftsleitung in Ungarn unterliegen mit ihrem globalen Einkommen der Körperschaftsteuer, es sei denn, ein
einschlägiges Doppelbesteuerungsabkommen sieht etwas anderes vor. Für nichtansässige Wirtschaftsgesellschaften
besteht lediglich eine beschränkte Steuerpflicht für ihre in Ungarn erzielten Einkünfte.
Seit 1.1.2010 beträgt die Körperschaftsteuer 19 % für Einkommen über 500 Mio. HUF (ca. 1,7 Mio. EUR). Darunter
beträgt die Körperschaftsteuer 10 %. Die meisten Steuerbefreiungsregelungen entfallen, so wie die Befreiung von
Zinsforderungen bzw.-verbindlichkeiten zwischen verbundenen Unternehmen oder die Abzugsfähigkeit von direkten
Kosten für Forschung und Entwicklung. Mit Jänner 2013 traten einige vereinfachte Steuervarianten für Unternehmen
in Kraft. Eine vereinfachte Gewerbesteuer ersetzt die Körperschaftssteuer, die Umsatzsteuer sowie die Einkommenssteuer auf Dividenden und beträgt 37 % der Bemessungsgrundlage von höchstens 30 Mio. HUF (ca. 99.136,- EUR).
Weiters wurde eine Pauschalsteuer für Kleinsteuerzahler in der Höhe von 50.000,- HUF (ca. 165,- EUR) eingeführt
sowie eine Kleinunternehmenssteuer, die bei einer Bemessungsgrundlage, die sich aus dem Ergebnis nach
Einnahmen/Ausgaben-Rechnung zusammensetzt, 16 % beträgt. Seit 2012 vermindern Spenden an besondere
gemeinnützige Organisationen die Körperschaftsbemessungsgrundlage. Seit 2012 darf auch der gewählte Schlüssel
für die Abschreibung für Abnutzung niedriger sein als der im Gesetz vorgesehene Satz. Im Bereich Forschung und
Entwicklung gibt es nun eine eigene Definition und der Verweis auf das Frascati-Handbuch wurde entfernt.
Am 1.1.2007 wurde eine Mindeststeuer in Höhe von 2 % des Jahresumsatzes eingeführt. Diese wird auf Grundlage des
„erwarteten Einkommens“ von Unternehmen erhoben, auch wenn das tatsächlich erzielte Einkommen unter diesem
Betrag liegt. Die Höhe des „erwarteten Einkommens“ wird vom Finanzamt auf Basis der Einkünfte der vorherigen Jahre
geschätzt. Liegt das erzielte Einkommen über dem geschätzten Betrag, so bildet dieses die Besteuerungsgrundlage im
Rahmen der üblichen Körperschaftsteuersätze. Diese Maßnahme wird damit begründet, dass zu viele Unternehmen
über Jahre Verluste schreiben, um der Körperschaftsteuer auszuweichen. Die Gemeinden können eine lokale Steuer
von maximal 2 % des Umsatzes einheben, wenn wirtschaftliche Unternehmungen dauerhaft ausgeführt werden.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 15
Einkommenssteuer
Mit dem Jahreswechsel 2011 wurde in Ungarn ein fixer Steuersatz von 16 % für die Einkommensteuer festgelegt. Für
Einkommen bis 5.000.000,- HUF (ca. 16.522,- EUR), die vorher einen 17 %igen Steuersatz hatten (Bemessungsgrundlage inklusive 27 % Sozialversicherungsbetrag), kommt es zu keiner großen Entlastung. Für Einkommen ab
5.000.000,- HUF (ca. 1.652,- EUR) betrug die Einkommensteuer 2010 noch 32 % und bei diesen Einkommen kommt
es mit dem neuen Steuersatz von 16 % zu einer großen Entlastung. Steuergutschriften wurden 2012 abgeschafft, und
dadurch kommt der 16 %ige Steuersatz in der niedrigsten Einkommensstufe wirklich zur Geltung.
Umsatzsteuer
In Ungarn besteht ein modernes Umsatzsteuersystem mit Vorsteuerabzug nach dem Vorbild des EU-Mehrwertsteuersystems. Der Steuer unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer in Ungarn
gegen Entgelt erbringt, sowie der Eigenverbrauch des Unternehmers und Güterimporte. Der Normalsteuersatz,
welcher auf praktisch alle Güter und Dienstleistungen angewendet wird, wurde 2012 von 25 % auf 27 % erhöht. Auf
Fernwärmeversorgung sowie auf die gewerbliche Vermietung von Unterkünften und einige Grundnahrungsmittel
(Milchprodukte und Backwaren) wird ein ermäßigter Prozentsatz von 18 % erhoben. Der niedrige Satz von 5 % gilt vor
allem bei Medikamenten, medizinischen Hilfsmitteln und Büchern.
Eine wesentliche Neuerung war die Steuersatzerhöhung bei Sachzuwendungen auf 54 %. Seit 1.9.2006 unterliegen
private Telefon- und Sprachübertragungen über das Internet der Besteuerung als Sachzuwendung.
Im Jahr 2010 übernahm Ungarn die Richtlinie 2008/8/EG des Rates bezüglich des Erfüllungsorts der Dienstleistungen. In Folge ist monatlich bzw. vierteljährlich eine zusammenfassende Meldung über die innergemeinschaftlichen Dienstleistungen einzureichen. Gemäß der Richtlinie haben ausländische Unternehmen die Steuerrückerstattungsanträge bezüglich der in einem anderen Mitgliedsstaat bezahlten Steuer beim Steueramt des
Mutterstaates einzureichen.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 16
Verbrauchssteuer
Als Luxusgüter geltende Waren unterliegen der Verbrauchsteuer. Darunter fallen im wesentlichen
Personenkraftwagen, Kaffee- und Edelmetallerzeugnisse.
Der Monopolsteuer unterliegen Alkohol, Tabak und Mineralöle. Die Tabaksteuer wurde mit Jänner 2013 um 5 % bis
6 % angehoben, die Alkoholsteuer stieg um 3 %. Die Steuer auf Kraftstoffe erhöhte sich um 6 % bis 7 %. Diese Steuern
werden nicht in %-Sätzen sondern in HUF Beträgen abgegeben.
Grunderwerbsteuer
Die Grunderwerbsteuer ist eine Gebühr und beträgt 4 % des Kaufpreises (seit 2010). Bei der Übertragung von
Wohnraum gelten Sätze von 2 % bis zu einem Verkehrswert von 4 Mio. HUF (ca. 13.218,- EUR), darüber hinaus
4 %. Beim Ankauf von Baugrundstücken gilt eine Ausnahme. Wenn eine Erklärung abgegeben wird, dass innerhalb
von vier Jahren gebaut wird und dies auch eingehalten wird, entfällt die Grunderwerbsteuer (sonst muss die doppelte
Grunderwerbsteuer bezahlt werden).
Lokale Abgaben
Die Höhe der Gewerbesteuer wird von der jeweiligen Kommune festgelegt. Die Obergrenze beträgt 2 % der
Umsatzerlöse abzüglich der Waren- bzw. Materialkosten. Die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist deutlich
höher als bei vielen europäischen Gewerbeertragssteuern, da sie auf den Umsatz und nicht auf den Gewinn der
Unternehmen erhoben wird. Für diese Steuern sind seit Juni 2010 wieder die kommunalen Behörden zuständig.
Sondersteuer (Solidaritätssteuer)
2011 wurde für bestimmte Dienstleistungsbranchen (Banken, Einzelhandel, Energieversorger und Telekom) eine
Sondersteuer eingeführt. Diese bezieht sich auf den Jahresumsatzerlös und nicht auf den Jahresgewinn. Die
Steuersätze sind nach Umsätzen gestaffelt und betragen für die Telekommunikation 4,5 % bis 6,5 %, für den Sektor
Energie 0,3 % bis 1,05 % und für den Einzelhandel 0,1 % bis 2,5 %. Die Steuern gelten rückwirkend auch für 2010. Sie
sind auch von Unternehmen zu erbringen, die mit Verlusten arbeiten. Letzteres galt zuletzt vor allem für Banken und
Einzelhändler. 2012 wurden weitere Sondersteuern im Bereich der Finanzorganisationen eingeführt. Auch diese
beziehen sich auf die Bilanzsumme und betragen bei Kreditinstituten 0,15 % bis 0,53 %; bei Versicherungen 10 %
bis 15 %; bei Finanzunternehmen 6,5 %; bei Börsen und Risikokapitalfonds 5,6 % und für Investmentfondsverwalter
0,028 %. Für Kreditinstitute wurde noch eine Sondersteuer eingeführt, diese beträgt 30 % des Ergebnisses vor
Steuern. Eine neu eingeführte Finanztransaktionssteuer wurde von 0,2 % bei Überweisungen auf 0,3 % und bei
Barbehebungen von 0,3 % auf 0,6 % erhöht. Weiters existiert eine Fernwärmesteuer, die von
Energieversorgungsunternehmen abzuführen ist, in der Höhe von 31 %.
Zinssteuer
Eine weitere Neuerung war die Einführung einer Kapitalertragssteuer mit 1.9.2006 von 20 % auf alle Erträge aus
angelegtem Kapital, wie z.B. die Zinsen auf Sparguthaben. Zinseinkünfte, die aus vorher erworbenen Werten kommen,
sind davon ausgenommen. Ebenso bleiben z.B. bei privater Altersvorsorge und bei Bausparverträgen die Kapitalerträge
steuerfrei. Darüber hinaus werden die Veräußerungsgewinne aus Transaktionen an Börsen und ähnlichen Handelsplätzen in einem EU- oder OECD-Mitgliedstaat, mit 25 % besteuert. Dividendeneinkommen werden von anderen
Einkommen getrennt besteuert und automatisch vom Auszahler abgezogen. Die Höhe der Steuer für das
Dividendeneinkommen beträgt 16 %.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 17
Allgemeine Steuerbegünstigungen
Steuerbegünstigungen für Investitionen und Entwicklungsvorhaben werden, für einen begrenzten Zeitraum von zehn
Jahren, bei Mindestinvestitionssummen von 3 Mrd. HUF (ca. 9,9 Mio. EUR), bzw. von 1 Mrd. HUF (ca. 3,3 Mio. EUR) in
strukturschwachen Gebieten gewährt. Kriterien für die Vergabe solcher Förderungen beinhalten insbesondere die Zahl
neu geschaffener Arbeitsplätze (zusätzlich 100 im Vergleich zum Jahr vor der Investition, bzw. 50 in besonders
geförderten Gebieten), die Einbindung ungarischer Zulieferer, die Verwendung neuer Anlagen sowie die Umweltrelevanz des Vorhabens. Insgesamt ist eine maximale Ermäßigung der abzuführenden Steuer von 80 % vorgesehen.
Für kleinere und mittlere Unternehmen sind bei Investitionen Steuerermäßigungen bis zu 30 Mio. HUF (ca. 96.691,,EUR) vorgesehen.
Zölle und Handelsschranken
Ungarn ist als EU-Mitgliedsstaat Teil der europäischen Zollunion. Es bestehen also keine Zollschranken für den innergemeinschaftlichen Handel. Gegenüber Drittstaaten ist Ungarn durch seine Mitgliedschaft in der WTO zum Abbau von
Zollschranken verpflichtet.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 18
4.4
STREITBEILEGUNG
Die Gerichte sind häufig überlastet. Eine Verfahrensdauer von mehreren Jahren ist eher der Regelfall als die
Ausnahme. Seit eine Reform der Zivilprozessordnung die bessere Ausstattung der Gerichte sowie zusätzliche
Ausbildungsmöglichkeiten für Richter vorsieht, hat sich die Situation etwas gebessert. Daher kann die Vereinbarung
eines Schiedsgerichtes empfohlen werden.
Aufgrund des EU-Beitritts gilt nun auch in Ungarn die „EG-Vollstreckungstitel-Verordnung zur Einführung eines
Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen“ (EuGVVO) über die gerichtliche Zuständigkeit
und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.
Gerichtsorganisation
In der Republik Ungarn üben das Oberste Gericht, die Oberlandesgerichte, das Hauptstädtische Gericht Budapest
und die Komitatsgerichte sowie die Amtsgerichte und die Arbeitsgerichte die Rechtsprechung aus.
In erster Instanz sind die Amtsgerichte (Stadtgerichte, Bezirksgerichte) und die Komitatsgerichte (bzw. das
Hauptstädtische Gericht) zuständig. In zweiter Instanz sind es die Komitatsgerichte (bzw. das Hauptstädtische
Gericht) in Sachen, für die in erster Instanz ein Amtsgericht (Stadtgericht, Bezirksgericht) zuständig war, die
Tafelgerichte in Sachen, für die in erster Instanz ein Komitatsgericht (bzw. das Hauptstädtische Gericht in Budapest)
zuständig war, das Oberste Gericht in Sachen, die aus der Zuständigkeit der Oberlandesgerichte stammen, sowie in
den in Artikel 235 Absatz 3 aufgeführten Fällen. Das Oberste Gericht entscheidet außerdem über Revisionsanträge
(außerordentlicher Rechtsbehelf).
Schiedsgerichtsbarkeit
Im Vertrag mit einem ausländischen Vertragspartner kann die Zuständigkeit des Internationalen Schiedsgerichts
der Wirtschaftskammer Österreich, der Internationalen Handelskammer (ICC) oder eines anderen Schiedsgerichts
vereinbart werden. Österreichischen Unternehmen und Mitgliedern der Wirtschaftskammer steht das Internationale
Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Österreich zur Verfügung. Diese Nahebeziehung kann einen starken
ausländischen Partner unter Umständen stören. Die Internationale Handelskammer (in Österreich durch die ICC
Austria vertreten) hingegen ist eine weltweit vertretene Organisation.
Die Schiedsklausel des Internationalen Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Österreich lautet: „Alle Streitigkeiten,
die sich aus diesem Vertrag ergeben oder auf dessen Verletzung, Auflösung oder Nichtigkeit beziehen, werden nach
der Schieds- und Schlichtungsordnung des Internationalen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Österreich in Wien
(Wiener Regeln) von einem oder mehreren gemäß diesen Regeln ernannten Schiedsrichtern endgültig entschieden."
Die Schiedsklausel der Internationalen Handelskammer (ICC) lautet: "All disputes arising out of or in connection with
the present contract shall be finally settled under the Rules of Arbitration of the International Chamber of Commerce
by one or more arbitrators appointed in accordance with the said Rules."
Beide Klauseln sind auch noch in vielen anderen Sprachen verfügbar. Detaillierte Auskünfte erhalten Sie im Internet
unter http://wko.at/arbitration (Internationales Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Österreich) oder unter
www.icc-austria.org (ICC Austria, Internationale Handelskammer).
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 19
4.5
INSOLVENZ
Insolvenzrecht
Ein Spezifikum im ungarischen Insolvenzrecht ist die Terminologie. Sowohl Konkurs als auch Insolvenz werden in
einem Gesetz (Konkursgesetz) behandelt. Dieses regelt Konkursverfahren, Liquidationsverfahren und freiwillige
Liquidation. Der österreichische Begriff „Konkursverfahren“ entspricht etwa dem ungarischen Liquidationsverfahren.
Der österreichische Terminus „Ausgleichsverfahren“ läuft in Ungarn hingegen unter Konkursverfahren. Schlussendlich
wird das in Österreich genannte Liquidationsverfahren in Ungarn „freiwillige Liquidation“ genannt. Ein Privatkonkurs ist
in Ungarn nicht möglich.
Die freiwillige Liquidation zielt in Ungarn auf Löschung des Unternehmens ab und bedient im Allgemeinen alle
Gläubiger. Erst wenn das nicht mehr möglich ist, wird ein Liquidationsverfahren eingeleitet. In diesem Falle wird
ein Masseverwalter eingesetzt, der ein universelles Schuldenregulierungsverfahren eröffnet.
Die Möglichkeiten der Gläubiger, auf das Verfahren und den Insolvenzverwalter Einfluss zu nehmen, sind sehr
beschränkt und die Gläubigerinteressen damit nur unzureichend vertreten. Insolvenzverfahren dauern zwei bis
vier Jahre und setzen die Bezahlung von 1 % der Gerichtsgebühren voraus.
Im Herbst 2009 ist eine neue Vergleichsordnung in Kraft getreten, welche Zahlungsmoratorien erleichtern und
Firmenabwicklungen möglichst vermeiden will. Da es im Anschluss an Liquidationsverfahren in mehr als der Hälfte
der Fälle zu Firmenneugründungen kommt, soll mit dieser Vergleichsordnung gegengesteuert werden.
Im März 2012 traten wichtige Neuerungen im Insolvenzrecht in Ungarn in Kraft. Einerseits wird dem Gläubiger das
Recht genommen, gegen die Schuldnergesellschaft das Insolvenzverfahren zu beginnen. Nach dem Inkrafttreten der
Änderungen ist ausschließlich der Leiter der Schuldnergesellschaft berechtigt, Konkursverfahren mit Rücksicht auf die
im Insolvenzgesetz bestimmten Bedingungen einzuleiten. Andererseits ist es eine Neuheit im Konkursverfahren, dass
der Vermögensverwalter über die Wirtschaftstätigkeit der unter Moratorium stehenden Firma tägliche Aufsicht ausübt.
Die Auszahlungen aus dem Vermögen der Schuldnergesellschaft werden nämlich dem Gesetz nach ausschließlich
durch die Gegenzeichnung (durch die vorherige Genehmigung) des Vermögensverwalters erlaubt.
Liquidation eines Unternehmens
Beim Liquidationsverfahren, das vom Schuldner, den Gläubigern oder dem Liquidator eingeleitet wird, wird das
gesamte bestehende und das im Laufe des Verfahrens entstehende Vermögen herangezogen. Der entsprechende
Antrag wird von der Unternehmensleitung bei Gericht eingebracht und in Form eines nichtstreitigen Verfahrens
abgewickelt, wobei die Zuständigkeit bei dem Komitatsgericht (Hauptstädtischen Gericht) liegt, in dessen Sprengel
sich der Hauptsitz des Unternehmens befindet. Die Bezahlung der Verfahrensgebühr und der Veröffentlichungsgebühr
sind die Voraussetzung für die Anmeldung des Liquidationsverfahrens.
Neu geregelt wurde mit Wirkung vom 1.7.2006 die Haftung des Geschäftsführers in Insolvenzverfahren. Der
Geschäftsführer hat nun nicht mehr den Interessen der Gesellschaft, sondern denen der Gläubiger Priorität
einzuräumen und kann für ein Versäumnis dieser Pflicht nach den Regeln des geänderten Insolvenzrechts direkt
haftbar gemacht werden (sog. „wrongful trading“). Dabei wurde der Begriff des „Geschäftsführers“ auch auf solche
Personen ausgedehnt, die bei der Entscheidungsfindung der Wirtschaftsorganisation einen maßgeblichen Einfluss
ausüben. Geschäftsführer sind Entscheidungsträger, unabhängig davon, ob eine Amtsträgereigenschaft besteht
oder nicht. Geltend gemacht werden kann diese Pflichtverletzung durch zwei nacheinander angestrebte Verfahren.
Das erste Verfahren kann bereits während des Liquidationsverfahrens eingeleitet werden und richtet sich auf die
Feststellung der Pflichtverletzung durch den Geschäftsführer sowie die Höhe der durch die Pflichtverletzung im
Gesellschaftsvermögen eingetretenen Wertminderung. Dieses kann sowohl vom Masseverwalter als auch von den
Gläubigern angestrebt werden. Das zweite Verfahren können ausschließlich die Gläubiger bis spätestens 90 Tage
nach rechtskräftiger Beendigung des Insolvenzverfahrens anstreben. Dieses Verfahren hat den Ersatz des
entstandenen Schadens zum Ziel. Dabei kann der Geschäftsführer jedoch höchstens für die im ersten Verfahren
festgestellte Wertminderung im Vermögen der Gesellschaft haftbar gemacht werden.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 20
Im Zusammenhang mit den Änderungen der Regeln des Liquidationsverfahrens muss hervorgehoben werden, dass der
Gläubiger verpflichtet ist, zwischen dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung (z.B. dem Ablauf der Zahlungsfrist der
Rechnung) und dem Zeitpunkt dem Zuschickens des Aufforderungsschreibens mindestens 20 Tage zu warten (statt
der vorherigen 15 Tage). Das Insolvenzgesetz bestimmt auch die verbindlichen inhaltlichen Elemente des
Aufforderungsschreibens des Gläubigers. Der Rechtstitel (z.B. Lieferungsvertrag), die Zahlungsfrist und jene letzte
Frist müssen angegeben werden, nach deren Ablauf der Gläubiger das Liquidationsverfahren oder ein anderes
Gerichtsverfahren einleiten darf.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 21
4.6
RECHTE DER SICHERHEITEN
Zum 15. März 2014 ist das neue Ungarische Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft getreten. Im Zuge dieser
Neukodifizierung wurde auch das System der Kreditsicherheiten grundlegend geändert. Unter anderem sind zukünftig
sämtliche Vereinbarungen nichtig, im Rahmen derer Kaufoptionen, Sicherungsabtretungen oder Sicherungsübereignungen zur Besicherungen eines Kredits gewährt werden. Die ungarische Privatrechtsordnung bietet ähnliche
Sicherungsmöglichkeiten wie die österreichische Rechtsordnung. Inhaltlich weichen diese Regelungen zum Teil aber
erheblich von den österreichischen Vorschriften ab. Neben den vertraglich vereinbarten Forderungssicherungen gibt
es auch gesetzliche Sicherungsmittel, die einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung nicht bedürfen. So sieht
das ungarische Recht ein Zurückbehaltungsrecht bei zweiseitigen Verträgen (insbesondere Kauf-, Werk-, Mietvertrag)
vor. Ferner wird dem Vermieter wegen ausständiger Mietentgelte ein gesetzliches Pfandrecht an den eingebrachten
Sachen des Mieters eingeräumt. Als vertragliche Kreditsicherungen kommen insbesondere Pfand, Eigentumsvorbehalt, Bürgschaft, (Bank-) Garantie und Wechsel in Betracht. Das ungarische Recht kennt keinen Unterschied
zwischen dem Pfandrecht an beweglichen Sachen und an Liegenschaften.
Hypothek
Im ungarischen Recht gibt es das besitzlose Registerpfandrecht, das durch Eintragung in ein Pfandrechtsregister
begründet wird. Es kann an beweglichen Sachen, an Liegenschaften, am (gesamten) Vermögen sowie Forderungen
bestehen. Weiters gibt es das selbstständige (nicht-akzessorische) Pfandrecht, das im Zusammenhang mit dem
Registerpfandrecht an beweglichen Sachen und an Liegenschaften auch ohne eine zugrunde liegende Forderung
bestellt werden kann. Das Pfandrecht kann durch schriftlichen Vertrag, Gesetz, gerichtliche Entscheidung und durch
behördlichen Bescheid begründet werden.
Pfandrechte an Liegenschaften müssen im Grundbuch eingetragen werden. Auszüge aus dem Grundbuch kosten etwa
20,- EUR.
Bei der Verwertung von Liegenschaften im Zwangsvollstreckungsverfahren ist zu beachten, dass den Ansprüchen
aufgrund einer Hypothek die Befriedigung anderer Forderungen, wie Unterhaltspflichten oder Arbeitsgehältern,
vorgeht.
Pfandrecht
Nur an beweglichen Sachen kann das Faustpfand begründet werden. Dieses ist wegen der Möglichkeit der
Begründung des besitzlosen Pfandes nicht sehr gebräuchlich.
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Oktober 2014/ Seite 22
Garantie
Unabhängig von den Vorschriften zur gesetzlichen Gewährleistung können Vertragsparteien auch eine Garantiepflicht
vereinbaren, wodurch der Schuldner für die vertragsmäßige Erfüllung eine über die gesetzliche Verpflichtung
hinausgehende Verantwortung zu tragen hat. Sofern der Schuldner die fehlerlose Erfüllung garantiert hat, wird er
von der Haftung nur befreit, wenn er beweist, dass die Ursache eines Mangels nach der Erfüllung entstanden ist.
Auch Bankgarantien können nach den Bestimmungen des ungarischen Zivilrechts zur Besicherung einer Verpflichtung
eingeräumt werden.
Forderungsabtretung
Eine Zession kann schriftlich, mündlich oder sogar konkludent abgeschlossen werden. Allerdings ist es notwendig,
den Drittschuldner von der Zession zu verständigen.
Gewährleistung
Im ungarischen Zivilgesetzbuch sind die Gewährleistungsverpflichtungen geregelt. Danach kann der Käufer, wenn
die gelieferte Ware den vertraglich zugesicherten Eigenschaften nicht entspricht, wahlweise Besserung oder eine
entsprechende Verringerung des Kaufpreises verlangen. Erweist sich die Ware als für den bestimmungsgemäßen
Gebrauch ungeeignet, so kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten. Für dauerhafte Konsumgüter und Maschinen
gelten Sonderregelungen. Die Gewährleistungsfristen in Ungarn betragen ein Jahr oder zwei Jahre.
Eigentumsvorbehalt
Das ungarische Recht, das im Zivilgesetzbuch steht, regelt die Vereinbarung des Eigentumsvorbehaltes. Dieser
bietet dem ausländischen Verkäufer die Möglichkeit, sich sein Eigentumsrecht bei Vertragsabschluss schriftlich
und höchstens bis zur vollständigen Begleichung des Kaufpreises vorzubehalten.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 23
4.7
ARBEITSRECHT
Das Arbeitsgesetzbuch regelt alle wesentlichen Bereiche des individuellen und kollektiven Arbeitsrechtes. Mit Stand
vom 1.1.2014 lag der monatliche Mindestlohn bei Vollzeitbeschäftigung bei 101.500,-HUF (ca. 327,- EUR). Der
Mindestlohn für Facharbeiter lag am 1.1.2014 bei HUF 118.000,- (ca. 380,- EUR).
Mit 1.7.2012 trat ein neues Arbeitsgesetzbuch in Kraft. Eine allgemeine Eigenartigkeit des neuen Arbeitsgesetzbuches ist, dass es größeren Spielraum für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sichert.
Die wichtigsten Änderungen betreffen die Feststellung der ordentlichen und außerordentlichen Arbeitszeit, die
Urlaubsvergabe, den Prozentsatz der Lohnzulagen sowie die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Das neue Gesetz
regelt auch die Schadenersatzpflicht des Arbeitnehmers sowie führt die Institution der sog. Arbeitnehmergarantie
für Arbeitnehmer ein, die im Rahmen ihres Arbeitskreises Geld oder andere Werte von einem anderen Arbeitnehmer
oder einer Drittperson übernehmen oder für sie Auszahlungen bzw. Übergaben leisten. Die neuen Vorschriften des
Arbeitsrechts machten eine bedeutende Änderung der Arbeitsverträge und aller anderen mit dem Arbeitsrecht
verbundenen Dokumente bei jeder Firma bis Ende Juni 2012 erforderlich. Mit 1.1.2013 traten einige weitere
Bestimmungen des neuen Arbeitsgesetzbuches in Kraft. Diese Neuerungen enthalten u.a. Vorschriften zur
Berechnung und Gewährung von Urlaub. Darüber hinaus wird ein einseitig vom Arbeitgeber beschlossener Einsatz
eines Arbeitnehmers in einer vom Arbeitsvertrag abweichenden Weise erleichtert.
Arbeitsbewilligung
In Ungarn ansässigen Unternehmen ist es gestattet, ausländische Arbeitnehmer zu beschäftigen. Für EU- und EWRBürger muss keine Arbeitsgenehmigung eingeholt werden. Bei Entsendungen wurde das frühere zweistufige
Genehmigungsverfahren mit Wirkung vom 1.1.2008 abgeschafft. Es besteht weder eine Genehmigungs- noch eine
Registrierungspflicht. Der Arbeitnehmer ist lediglich verpflichtet, den Beginn bzw. das Ende des Arbeitsverhältnisses
beim zuständigen Arbeitsamt zu melden.
Kündigungsrecht
Nach dem neuen Arbeitsgesetzbuch gibt es eine Kündigung und anstelle der außerordentlichen Kündigung eine
Kündigung mit sofortiger Wirkung. Eine Kündigung während einer Erwerbsunfähigkeit wegen Krankheit ist möglich.
Die Kündigung kann nach Vereinbarung für das erste Jahr für beide Seiten ausgeschlossen werden. Kündigungen
durch den Arbeitgeber müssen schriftlich erfolgen und einen Hinweis auf die dem Arbeitnehmer zur Verfügung
stehenden Rechtsmittel und deren Ausschlussfristen beinhalten. Die Kündigungsfrist ist abhängig von der Dauer
des Arbeitsverhältnisses. Sie muss jedoch mindestens 30 Tage sein und darf maximal ein Jahr umfassen. Der
Arbeitnehmer muss für die Hälfte der Kündigungsfrist von der Arbeit freigestellt werden. Die Kündigung eines
Arbeitnehmers kann sowohl betrieblich-organisatorisch oder durch Umstände in der Person des Arbeitnehmers
begründet werden.
Sozialversicherungsbeiträge
Der Arbeitnehmeranteil an den Sozialabgaben beträgt 28 % vom Bruttolohn seit 2012. Die Mindestbemessungsgrundlage der Beitragszahlung der Arbeitgeber im Zusammenhang mit den im Arbeitsverhältnis
beschäftigten Personen beträgt 150 % des Mindestlohns. Nähere Informationen finden sich beim Steuer- und
Finanzprüfungsamt.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 24
4.8
GRUNDERWERB
Seit dem EU-Beitritt können Staatsangehörige und Unternehmen aus EWR-Staaten Grund- und Gebäudeeigentum
grundsätzlich ohne Genehmigung erwerben. Die Übergangsfrist für Erwerbsbeschränkungen im land- und
forstwirtschaftlichen Bereich endete mit dem 30.4.2011. Zur Übertragung des Eigentumsrechts an einer Immobilie
ist, ebenso wie in Österreich, eine Eintragung ins Grundbuch erforderlich. Der Kaufvertrag über eine Liegenschaft in
Ungarn muss entweder als Notariatsakt oder als Privaturkunde, die von einem Rechtsanwalt errichtet und gegengezeichnet ist, abgefasst werden.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 25
5
DOING BUSINNESS IN UNGARN
Ungarn bietet eine gute Infrastruktur und vernünftige Rahmenvorschriften für Unternehmen. Die Wirtschaft ist
diversifiziert und es gibt einen hohen Anteil an qualifizierten Arbeitskräften. Generell ist der Bestand an ausländischen
Direktinvestitionen hoch. Dennoch leidet Ungarn unter der hohen Staatsverschuldung und hat einen erheblichen
Finanzierungsbedarf im Ausland. Der autoritäre Kurs der Regierung schwächt das Land und Kreditnehmer kämpfen
mit einem hohen Wechselkursrisiko.
5.1
MÖGLICHKEITEN DES MARKTZUGANGS
Mit der Erweiterung des Schengen-Raumes auf Ungarn wurden per 21.12.2008 die Passkontrollen an Land- und
Seegrenzen abgeschafft. Seit dem 30.3.2008 sind selbige auch an den Flughäfen gefallen.
Für längere Aufenthalte von mehr als 90 Tagen bedarf es einer Aufenthaltsgenehmigung. Das Melderegister wird
dezentral geführt und ist nicht öffentlich zugänglich.
Für die touristische Einreise nach Ungarn benötigen die Staatsbürger folgender europäischer Länder ein
Einreisevisum: Albanien, Mazedonien, Moldawien, Russland, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro, Ukraine,
Weißrussland und die Türkei, wobei für die ersten acht Länder erleichterte Bestimmungen gelten. Touristen können
ein Visum für die einmalige, zweimalige oder mehrfache Einreise nach Ungarn beantragen. Das Einreisevisum
berechtigt zum Aufenthalt innerhalb seiner Gültigkeitsdauer oder für maximal 90 Tage. Mit einem Transitvisum
kann man maximal fünf Tage in Ungarn bleiben. Einreisevisa kann man bei der für den Wohn- bzw. ständigen
Aufenthaltsort zuständigen ungarischen Botschaft, dem Konsulat bzw. der diplomatischen Vertretung beantragen.
5.2
ZAHLUNGSKONDITIONEN UND LIEFERKONDITIONEN
Zahlungskonditionen können zwischen den Partnern frei vereinbart werden, wobei alle inter-national üblichen
Formen möglich sind. Bei Erstgeschäften ist eine Abwicklung über Akkreditiv oder Dokumenteninkasso zu empfehlen.
Grundsätzlich empfiehlt es sich, bei Geschäftsanbahnungen und -abschlüssen, in jedem Fall jedoch bei Zahlung gegen
offene Rechnung, eine Bonitätsauskunft einzuholen.
Zahlungsmittel
Weder der Wechsel noch der Scheck stellen in Ungarn gebräuchliche Zahlungsweisen dar, da eine gültige Erstellung
dieser Zahlungsmittel von der Einhaltung bestimmter Formvorschriften abhängig ist. Gleichwohl ist es sowohl beim
Wechsel als auch beim Scheck möglich, bei einem Zahlungsrückstand und korrekt durchgeführtem Protest das
beschleunigte Mahnbescheidsverfahren anzustrengen. Der Blankosolawechsel (üres átruházás) ist in Ungarn weitaus
weniger gebräuchlich als in Polen. Hierbei handelt es sich um ein Zahlungsmittel, bei dem zum Zeitpunkt der
Ausstellung lediglich das Wort „Solawechsel“ und die Unterschrift des Ausstellers aufgeführt sind. Die fehlenden
Angaben werden erst bei Einlösung eingetragen. Die SWIFT-Überweisung stellt das mit Abstand am weitesten
verbreitete Zahlungsmittel dar, nachdem die wichtigsten ungarischen Banken nach der Privatisierungsphase, auf die
eine Phase der Konzentration folgte, nunmehr an das SWIFT-System angeschlossen sind.
Zahlungsverhalten
Von Lieferanten geforderte Zahlungsfristen betragen zwischen acht und 30 Tagen, der durchschnittliche Zahlungsverzug beträgt 30 bis 90 Tage. Dies variiert jedoch von Branche zu Branche. 80 % der Transaktionen werden mit
Verzug beglichen. Jedoch werden überfällige Rechnungen nach 32 Tagen bezahlt. Zahlungsausfälle kommen am
häufigsten in den Branchen Großhandel, Bekleidungsproduktion und Bau vor.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 26
Bonitätsauskünfte
Es wird dringend empfohlen vor Lieferung auf offene Rechnung Bonitäts- und Wirtschaftsinformationen über mögliche
Geschäftspartner einzuholen und bestehende Kreditlinien der Bonität der Kunden anzupassen. Coface Central Europe
bietet hierfür maßgeschneiderte Lösungen im Rahmen eines umfangreichen Produktportfolios.
Teilzahlung
Es konnten keine Informationen gefunden werden, welche darauf hindeuten würden, dass Ratenzahlungen in Ungarn
nicht möglich oder nicht üblich sind.
Verzugszinsen
Die Zahlung von Verzugszinsen ist üblich und bedarf keiner gesonderten Vereinbarung. Es wird dennoch empfohlen,
die Höhe der Verzugszinsen im Vertrag festzuschreiben. Die Gerichte akzeptieren Verzugszinsen als Teil der Schuld,
wenn sie gemäß dem Gesetz vorgeschrieben werden.
Seit dem 1.5.2004 fallen Verzugszinsen ab dem ersten Tag nach der im Vertrag vermerkten Fälligkeit der Forderung
an. Wenn von den Vertragsparteien nichts Anderweitiges vorgesehen ist, gilt hierfür der Basiszins der ungarischen
Nationalbank (Magyar Nemzeti Bank), der am letzten Tag vor Beginn des Referenzsemesters gültig ist und zu dem 7
Prozentpunkte hinzugerechnet werden. Eine amikale Begleichung der Verzugszinsen funktioniert bei internationalen
Verträgen nur in 5 % der Fälle, bei lokalen Vereinbarungen in 30 % bis 35 % der Fälle. Höhere Verzugszinsen, welche
über der rechtlichen Vorgabe liegen, führen naturgemäß eher zur zeitgerechten Zahlungserfüllung.
Bankwesen
Ausländische Finanzinstitute können in Ungarn Niederlassungen haben und grenzüberschreitende Tätigkeiten
ausüben. Mehr als 80 % der Bankaktiva sind in ausländischem Besitz.
Aufgrund der vollständigen Liberalisierung des ungarischen Devisenrechts können inländische Unternehmen ihre
Verpflichtungen im Inland auch in Fremdwährung bezahlen. Die Eröffnung von Konten und die Aufnahme von Krediten
in Fremdwährung im Inland und in Forint im Ausland sind genehmigungsfrei, können aber meldepflichtig sein. Mit
Wirkung vom 26.2.2008 hat die ungarische Zentralbank den Wechselkurs-Korridor des Forint gegenüber dem Euro
abgeschafft, womit der Wechselkurs nun frei vom Markt bestimmt wird. Aufgrund der starken Abwertung des
ungarischen Forint gegenüber dem Euro erhöhte sich die Anzahl der zahlungsunfähigen Schuldner, welche Kredite in
Euro aufgenommen haben. Daraufhin verschärfte die Ungarische Nationalbank unter anderem die
Kreditvergaberichtlinien.
Verschärfte Kreditkonditionen und hohe Zinsen charakterisieren den gesamten Kreditmarkt in Ungarn und halten
insbesondere KMU vom Kreditmarkt fern. Regierungsmaßnahmen zur Krisenbekämpfung sind unter anderem
Kredithilfen für KMU, welche mit Unterstützung der EU, EIB und EBWE angeboten werden.
Die ungarischen Banken igeln sich ein, da sie Angst vor einem Forintabsturz haben. Die Quote der ausfallenden
Kredite wird nach Prognosen der ungarischen Nationalbank im nächsten Jahr auf 22 % steigen, derzeit liegt sie bei 17
%. Auch sorgt sich die Nationalbank um die Profitabilität der Banken. Die Regierung sollte zusehen, umgehend zu einer
IWF-Vereinbarung zu kommen, diese sei "entscheidend" dafür, dass die Kosten für Zinsen sowohl für den Staat als
auch für die Bankkunden sinken könnten, so die Nationalbank. Im Mai 2013 startete ein neues Programm, bei dem
Schuldner ihre Forex-Kredite in Forintkredite umwandeln können. Dieses hat aber nicht so hohe Kosten wie das
vorherige.
In den letzten Monaten haben die Mutterbanken der ausländischen Bankentöchter in Ungarn 1,2 Mrd. EUR an Kapital
nachgeschossen, was deren Lage verbessert hat, aber nichts an der "Kreditklemme" ändert. Insgesamt hat sich die
externe Finanzierung der in Ungarn tätigen Banken seit Juni 2010 immer stärker verringert, in den letzten anderthalb
Jahren haben die Banken so rund 12 Mrd. EUR weniger nach Ungarn geführt als zuvor.
Auch politisch sind in Ungarn ausländische Banken ein Thema. Premierminister Orbán hält ausländische Banken für
„ungesund“ und will die ausländischen Banken zurückdrängen. Er kündigte auf einer Wirtschaftstagung in Budapest im
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 27
März 2013 Maßnahmen an, damit sich der ungarische Finanzsektor künftig „mindestens zu 50 Prozent“ in
inländischer Hand befinden werde. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Kriterien der Kreditvergabe ausländischer
Banken, die so gut wie keine Kredite mehr vergeben um ihre Mutterbanken zu stützen. Dies sei, so Orbán, katastrophal für die ungarische Wirtschaft und er will daher die nationalen Banken stärken. Derzeit wird ein Gesetz zur
Rückzahlung von Zinsen durch die Banken an Bankkunden im Parlament diskutiert. Aufgrund einer höchstgerichtlichen
Entscheidung sollen Banken, die bei Fremdwährungskrediten für die Kunden nachteilige Wechselkurse verrechnet
haben, die Zinsdifferenz zurückzahlen. Bankanalysten in Budapest schätzen die Belastung für die Banken auf bis zu 1,6
Mrd. Euro.
Incoterms
Incoterms werden von der International Chamber of Commerce (ICC) erarbeitet und herausgegeben und finden sich
in fast jedem grenzüberschreitenden Warenverkaufsvertrag weltweit.
Incoterms regeln Zeit und Ort des Übergangs der Risiken und Kosten einer Lieferung vom Verkäufer auf den Käufer.
Weiters regeln sie die Pflichten von Käufer- und Verkäufer betreffend Be- und Entladung, Transport, Versicherung,
Zollabwicklung, etc. Sie sind standardisierte Klauseln, die eine unkomplizierte und weltweit einheitliche Kauf- und
Transportabwicklung garantieren sollen.
Incoterms erleichtern daher den internationalen Handel und unterstützen somit Geschäftsleute in verschiedenen
Ländern eine „einheitliche Sprache" zu sprechen. Nähere Informationen dazu bietet die International Chamber of
Commerce http://www.icc-austria.org.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 28
5.3
BETREIBUNG
Zahlreiche ungarische Firmen haben aufgrund der im Allgemeinen eher geringen Kapitalausstattung
Liquiditätsprobleme. Eine Bonitätsprüfung ist daher schon bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen ratsam,
nicht zuletzt auch deshalb, weil das ungarische Insolvenzsystem nach wie vor substanzielle Schwächen aufweist.
Eine rasche Übergabe von offenen Forderungen an ein lokales Inkassobüro wird dringend empfohlen. Coface Central
Europe verfügt über ein dichtes Netzwerk in der gesamten CEE Region und kooperiert mit Partnern weltweit.
Seit dem 21.10.2005 gilt in sämtlichen EU-Mitgliedstaaten die neue „EG-Vollstreckungstitel-Verordnung zur
Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen“ (EuVTVO). Mit der Verordnung
wird in allen EU-Mitgliedsstaaten ein neuer "Europäischer Vollstreckungstitel" geschaffen. Mit einem solchen Titel
kann in sämtlichen Mitgliedsstaaten der EU unmittelbar auf das Schuldnervermögen zugegriffen werden, ohne das
bislang erforderliche zeit- und kostenaufwändige Erklärungsverfahren der Vollstreckbarkeit durchlaufen zu müssen.
Dieser Vollstreckungstitel ist jedoch kein selbständiger Titel, es wird nur die Vollstreckung auf die anderen
Mitgliedsstaaten ausgeweitet. Die Verordnung erfasst vorerst nur Titel über Geldforderungen, die vom Schuldner
anerkannt oder nicht bestritten worden sind. Die Novelle wurde im Dezember 2012 beschlossen, die Änderungen
treten jedoch erst ab 2015 in Kraft.
Soweit möglich, ist von einem Verfahren vor Ort aufgrund der einzuhaltenden Formvorschriften, der hohen
Verfahrenskosten und der langen Bearbeitungszeiten durch die Gerichte abzuraten.
Ein gerichtlicher Mahnbescheid ohne Einspruch des Schuldners führt in Ungarn, genauso wie in Österreich,
unmittelbar zu einem vollstreckbaren Titel. Bei Einspruch des Schuldners ist eine Zwangsvollstreckung nur mit
einem rechtskräftigen Urteil möglich. In einigen Fällen, z.B. wenn der Vertrag eindeutig und von einem Notar
beurkundet wurde, ist diese Urkunde sofort vollstreckbar. Für die Erlangung eines vollstreckbaren Titels muss
von einem Zeitraum von fast zwei Jahren ausgegangen werden. Gründe hierfür sind zum einen der Mangel an in
marktwirtschaftlichen Rechtsfällen gut ausgebildeten Richtern und zum anderen eine nicht ausreichende
Materialausstattung. Es wird jedoch zurzeit spürbar an einer Effizienzsteigerung der Gerichte gearbeitet. Eine normale
gerichtliche Betreibung dauert in der Regel drei bis vier Monate für unbestrittene Forderungen und zwei bis vier Jahre
für bestrittene Forderungen. Die Anwalts- und Gerichtskosten können mit etwa 3 % des ausständigen Betrages für
unbestrittene Forderungen und etwa 6 % des geschuldeten Betrages für bestrittene Forderungen veranschlagt werden.
Die Kosten müssen vor Beginn des Verfahrens entrichtet werden. Die Regelungen betreffend nicht honorierte
Rechnungen folgen dem Genfer Abkommen. Anwaltliche Vertretung ist verpflichtend.
In einer dem Schuldner zusammen mit den Forderungsnachweisen zugestellten Mahnung wird dieser auf seine
Zahlungsverpflichtungen und die Erhebung von Verzugszinsen aufmerksam gemacht. Es ist stets ratsam, eine gütliche
Einigung anzustreben. Dies geschieht durch einen notariell erstellten Zahlungsplan, der eine Vollstreckungsklausel
aufweist. Auf diese Weise kann die Vollstreckung bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners unmittelbar eingeleitet
werden, nachdem der vollstreckbare Charakter dieses Dokumentes zuvor gerichtlich anerkannt wurde. Sofern der
Gläubiger über einen Nachweis seiner fälligen Forderung (Schuldanerkenntnis, Wechsel, unbezahlter Scheck etc.)
verfügt, kann er mittels Formularvordruck auf das beschleunigte und kostengünstige Verfahren des Mahnbescheids
(fizetézi meghagyás) zurückgreifen. Hierbei kann der Richter, sofern er die Forderung als begründet betrachtet, ohne
Anhörung des Beklagten eine Verfügung erlassen, in der dieser dazu verurteilt wird, innerhalb von 14 Tagen nach
Zustellung der Verfügung den Forderungsbetrag und die Gerichtskosten zu begleichen. Im Falle eines nicht
beglichenen Wechsels beträgt diese Frist lediglich drei Tage. Mittlerweile ist diese Rechtsmaßnahme obligatorisch für
alle Forderungen bis zu 1 Mio. HUF (ca. 3.223,- EUR) und kann seit dem 1.7.2009 über ein elektronisches Formular
durchgeführt werden.
Seit dem 1.6.2010 wird das Verfahren zum Forderungseinzug durch die Notare geführt, um die Zivilgerichte zu
entlasten. Um in diesem vereinfachten Verfahren schneller ermitteln zu können, hat die nationale Kammer der
ungarischen Notare zudem ein EDV-System eingerichtet. Die Zahlungsforderung muss von juristischen Personen in
elektronischer Form erfolgen, während natürliche Personen noch die Papierform nutzen können. Die Hinzuziehung
eines Anwalts ist bei dieser Art der Intervention nicht unbedingt erforderlich, wird aber empfohlen.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 29
Die vom Kläger zu tragende Vorauszahlung für die Gerichtskosten beträgt 3 % der Forderungssumme. Legt der
Schuldner Widerspruch ein, kommt das Streitverfahren zum Tragen, und es erfolgt eine Verweisung zur Entscheidung
in der Sache.
Die Parteien werden später zu einer oder mehreren Verhandlungen vorgeladen, bei denen sie angehört werden und
ihre Forderungen vortragen können. Der Kläger hat weitere 3 % der Forderungssumme als Vorauszahlung auf die
Gerichtskosten zu zahlen.
Seit Jänner 2009 ist für alle Streitigkeiten, an denen Handelsgesellschaften beteiligt sind, vorgeschrieben, dass einem
Gerichtsverfahren ein Schlichtungsversuch vorausgehen muss, um zu versuchen, die Streitigkeit gütlich beizulegen.
Das herkömmliche Gerichtsverfahren wird zum Teil schriftlich geführt. Hierbei sind die Schlussforderungen der
Parteien bzw. ihrer Anwälte stets zusammen mit sämtlichen Forderungsnachweisen im Original bzw. in beglaubigter
Kopie einzureichen. Der mündliche Verfahrensteil besteht aus der Anhörung der Parteien und ihrer jeweiligen Zeugen
am Tag der Hauptverhandlung. Es liegt im Ermessen des Richters, jederzeit im Verfahren einen Einigungsversuch
zwischen den Parteien anzustreben. In der Praxis kommt es recht oft zu einer direkten Klage auf Herbeiführung der
Konkursanmeldung des Schuldners, um eine schnellere Reaktion bzw. Zahlung zu bewirken.
Seit Juni 2007 ist dieses Verfahren durch eine Änderung im ungarischen Konkursrecht fest verankert. Hiernach hat
ein Gläubiger die Möglichkeit, Klage auf Liquidation gegen einen Schuldner zu erheben, wenn dieser 15 Tage nach
dem Versand der In-Verzugsetzung weder reagiert noch gezahlt hat. In Abhängigkeit vom Streitwert sind für
Handelsstreitsachen entweder die örtlichen Gerichte (Helyi Bíróság), die als Handelskammer konstituiert sind, oder
die regionalen Gerichte (Megyei Bíróság) zuständig.
Verjährung
Die Verjährungsfrist beträgt im Allgemeinen fünf Jahre und beginnt mit Fälligkeit der Rechnung. Sie wird durch ein
Gerichtsverfahren, Betreibung, Anerkennung oder Vertragsänderung unterbrochen.
5.4
HALTUNG GEGENÜBER AUSLÄNDISCHEN INVESTOREN
Für ausländische Investoren besteht in nahezu sämtlichen Wirtschaftsbereichen die Möglichkeit der 100 %Beteiligungen. In einigen Bereichen, wie z.B. Bank- und Versicherungswesen, sind Mitteilungen an die Behörden
erforderlich. Ausländischen Unternehmen steht ein weites Spektrum von Möglichkeiten und Formen einer
Unternehmensgründung oder –beteiligung zur Verfügung. Diese reichen von einfachen Handelsrepräsentanzen über
Zweigniederlassungen bis hin zu eigenständigen Wirtschaftsgesellschaften. Diese können sich im alleinigen Eigentum
des ausländischen Investors befinden oder aber auch die Beteiligung eines inländischen Partners aufweisen („Joint
Venture“). Seit dem EU-Beitritt können in Ungarn auch Europäische Wirtschaftliche Interessensvereinigungen (EWIV)
gegründet werden.
Für Investitionsvorhaben mit einem Mindestumfang von 10 Mio. EUR stellt die ungarische Regierung unterschiedliche
Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Diese beinhalten z.B. Direktförderungen basierend auf einem Regierungsbeschluss, Steuerbegünstigungen oder nicht zurückzahlbare Förderungen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze bzw.
zur Ausbildung.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 30
5.5
RISIKOEINSCHÄTZUNG
Wachstum durch äußere Faktoren gefördert
Das Wachstum wird 2014 im Wesentlichen durch die stärkere Nachfrage aus Europa (76 % der Warenausfuhren)
und insbesondere aus Deutschland (26 %) gefordert. Die ungarische Exportindustrie konzentriert sich auf
Multimediaprodukte und Haushaltsgerate(40 % der Warenausfuhren) sowie den Automobilmarkt (20 %). Tatsachlich
nehmen Automobilhersteller zahlreiche Investitionen in Ungarn vor, mit denen sie ihre Lohnfertigung sicherstellen.
Außerdem durften die Landwirtschaft, Dienstleistungen (Finanzen und Telekommunikation) und die Baubranche
weiter wachsen. Demgegenüber wird der Konsum privater Haushalten nach wie vor durch die seit 2009 herrschende
Verknappung von Bankkrediten beeinträchtigt. Kredite in Fremdwahrungen (Schweizer Franken und Euro), die in der
Vergangenheit übermäßig zugenommen haben und durch Kapital aus dem Ausland gestutzt wurden, werden 2014
parallel zum Schuldenabbau privater Haushalte und zu den Regulierungsmaßnahmen im Bankenwesen weiter
zurückgehen. Das Bankensystem zeichnet sich nämlich durch einen erheblichen und weiter steigenden Bestand an
notleidenden Krediten (18 % des gesamten Kreditvolumens), strenge Regulierungsvorschriften (Moratorium bei
Hypotheken, eingefrorene Wechselkurse bei Krediten in Fremdwahrungen) und die höchsten Steuern in Europa
aus. Seit 2010 hat sich die Rentabilität der Banken verschlechtert. Sie werden ihre Finanzierung der Privatwirtschaft
weiter einschränken, was die Investitionstätigkeit 2014 belastet. Die Inflation hat sich Ende 2013 schließlich stark
abgeschwächt und den geringsten Zuwachs seit 1993 verzeichnet. Ursachlich hierfür waren die bewirtschafteten
Preise für Gas und Strom, die im Januar um 10 % und im November dann um 11 % gesenkt wurden. Die akkommodierende Geldpolitik der Zentralbank, deren Hauptleitzins im Dezember 2013 einen historischen Tiefstand von
3 % erreichte, durfte von daher anhalten.
Hohes Haushaltsdefizit
Im Juni 2013 beendete die Europäische Kommission ihr Defizitverfahren, das sie vor neun Jahren gegen Ungarn
eingeleitet hatte. Öffentliche Investitionen haben 2013 stark zugelegt. Daran zeigt sich, welche Konsequenzen die
Anwandlungen der Regierung im Zuge des Wahlkampfs haben. Ungarn weist die höchste Verschuldung unter den
mittel- und osteuropäischen Ländern auf, und der Staatshaushalt leidet unter einer Zinslast von 10 %. Politisch kann
sich die Fidesz-Partei allerdings einen Rückfall in das Defizitverfahren nicht leisten. Von daher durfte sie darauf
achten, dass ein Staatsdefizit von 3 % nicht überschritten wird. Die stärkere Nachfrage aus Europa wird 2014 dem
Überschuss in der Leistungsbilanz zugutekommen. Die ungarische Zentralbank will gegenüber dem Euro eine flexible
Kursparitat mit Schwankungsbreiten von +/–15 % einfuhren. Auch wenn der Leistungsbilanz Überschuss den
Ungarischen Forint unterstutzt, erscheinen Wahrungsreserven im Umfang von fünf Monatsimporten angesichts einer
andauernden Vertrauenskrise an dem Finanzmarkten unzureichend. Dies gilt insbesondere dann, wenn der
Staatshaushalt (wie im Wahlkampf 2010) aus dem Ruder läuft.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 31
5.6
Korruption
Der Korruptionsindex von Transparency International, welcher die Wahrnehmung von Korruption im Land durch
Umfragen ermittelt, liegt für Ungarn im Jahr 2013 bei 5,4 Punkten auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 10 das beste
Ergebnis darstellt. Ungarn befindet sich somit in der Hälfte der Skala und teilt sich mit den Seychellen Platz 47 des
Rankings. Deutschland und Österreich belegten im Vergleich die Plätze 12 und 26.
Unter 183 Volkswirtschaften nimmt Ungarn beim „Doing Business“-Report, der von der Weltbank herausgegeben wird,
wie im letzten Jahr den 54. Platz im Jahr 2014 ein. In diesen Indikator fließen viele Elemente ein, wie beispielsweise
der Aufwand um ein Unternehmen zu gründen, Einfachheit, Land zu erwerben, Personal anzustellen, sowie einen
Kredit zu erhalten.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 32
6
WICHTIGE INFORMATIONEN IM ÜBERBLICK
Die folgende Tabelle soll die für Investoren und Exporteure relevanten Informationen über Ungarn übersichtlich
zusammenfassen. Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Gesellschaftsrecht:
Steuern:
Investitionen:
Devisenrecht:
Arbeitsrecht:
Zollrecht:
Einreise und Aufenthalt:
 Mindeststammkapital der ungarischen GmbH 3.000.000,- HUF (ca. 9.800,EUR)
 Mindestgrundkapital der ungarischen AG 20 Mio. HUF (ca. 64.461,- EUR)
 Mehrwertsteuer generell: 27 %, Körperschaftsteuer: 10 %, 19 % (über 500 Mio.
HUF netto – ca. 1,6 Mio. EUR)
 Einkommensteuer: 16 % fixer Steuersatz für alle
 Regionale “Förderzonen” (Gewerbe- und Industrieparks) bieten
Steuervergünstigungen für ausländische Investoren
 Ausländern stehen alle Kapital- und Personengesellschaften offen
 Beteiligung an inländischen Gesellschaften bis 100 % möglich
 Devisenrecht vollständig liberalisiert
 Mindestlohn 101.500,- HUF (ca. 327,- EUR) für ungelernte Arbeiter,
118.000,- HUF (ca. 380,- EUR) für gelernte Arbeiter
 Ungarn ist Teil der Zollunion der EU (einheitlicher Außenzoll) und Mitglied der
WTO
 Seit Dezember 2007 Mitglied des Schengen-Raumes
 Längere Aufenthalte genehmigungspflichtig
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 33
7
WEITERE KONTAKTE IM WEB
Bei folgenden Organisationen und deren Webseiten finden Sie zusätzliche Informationen zu Ungarn.
Börse (nur in Englisch verfügbar)
Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer
Internationale Wirtschaftskammer Ungarns
Investitions- und Entwicklungsagentur
Joint-Venture-Vereinigung
Rechtsinformationen
Statistisches Zentralamt (nur in Englisch verfügbar)
Steuer- und Finanzprüfungsamt
Ungarische Wirtschaftskammer
(nur in Englisch verfügbar)
http://www.bse.hu
http://www.ahkungarn.hu
http://www.icc.co.hu
http://www.itd.hu
http://www.jointventure.hu
http://www.hidasi.hu
http://www.ksh.hu
http://de.apeh.hu/
http://www.mkik.hu
Quellenverzeichnis
Internet
http://en.afsz.hu
http://www.ahk.de
http://www.ahkungarn.hu
http://www.ameco.online.eu
http://www.bankaustria.at
http://www.bfai.de
http://www.budapester.hu
http://www.centrope.info
http://www.cofacecentraleurope.com >> Country Risk and Economic Research
http://www.dsgv.de
http://www.ebrd.com
http://www.eos-solutions.com
http://www.europa.eu
http://www.gtai.de
http://www.hidasi.hu
http://www.itdh.com
http://portal.ksh.hu
http://www.magyarorszag.hu
http://www.meh.hu/english
http://www.mfa.gov.hu
http://www.mnb.hu
http://www.oenb.at
http://www.trading-safely.com
http://www.wko.at
Print
Handbuch Länderrisiken 2014, Coface Deutschland AG, Mainz 2014
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 34
Impressum
Medieninhaber und Herstellung: Coface Central Europe Holding AG, Stubenring 24, 1010 Wien, Austria; Editor:
Vorstand Mag. Christian Berger; Redaktion: Ing. Susanne Krönes, Mag. Karin Proschko, Inhalt: Mag.iur. Stefanie
Saghy. Layout: Barbara Boyer; KSV1870 Holding AG, Wagenseilgasse 7, 1120 Wien
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Publikation ist unter der Voraussetzung gestattet, dass diese keiner gewerblichen Nutzung dient und Coface Central
Europe Holding AG als der Urheber angeführt wird. Die Coface Central Europe Holding AG hat nach bestem Wissen
und Gewissen für die Richtigkeit der Informationen gesorgt, eine Haftung für die Richtigkeit sämtlicher Inhalte wird
jedoch seitens der Coface Central Europe Holding AG ausgeschlossen.
Das Coface Country Risk Assessment wurde mit Stichtag 30.4.2014 in diesen Leitfaden aufgenommen. Für spätere
Veränderungen übernimmt die Coface Central Europe Holding AG keine Gewähr.
Country Report für Investoren und Exporteure Ungarn
Oktober 2014/ Seite 35
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