Wohin, wenn du alt wirst? - Sen

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Wohin, wenn du alt wirst? - Sen
Sen-Se e.V. Senioren-Selbsthilfe für gemeinschaftliches Wohnen in der Presse
vom 12.03.2002
Betreutes Wohnen, Heim, Senioren-WG
Wohin, wenn du alt wirst?
(tjs)
141000 von 625000 Frankfurtern sind 60 und älter. Das entspricht einem Anteil von 22,5 Prozent. Die meisten leben seit Jahrzehnten in ihren Wohnungen.
Rund 6600 Wohneinheiten für Betreutes Wohnen gibt es in der Stadt, dazu
rund 4100 Plätze in Alten- und Pflegeheimen. Die meisten Älteren denken mit
Grausen an die Vorstellung, irgendwann in Altenheimen gehen zu müssen.
„Wir wollen im letzten Lebensviertel von 60 bis 80 Jahren nicht bevormundet
werden“, sagt Anke Mansky vom Verein Sen-Se (Senioren-Selbsthilfe für gemeinschaftliches Wohnen im Alter). Der Verein, der zu Zeit 23 Mitglieder hat,
sucht ein Haus mit Wohnungen und Gemeinschaftsräumen. „Es herrscht das
falsche Bild vor, dass wir Alten senil und gebrechlich seien. Aber das sind die
wenigsten. Nur zehn Prozent der Hochbetagten sind auf Pflege angewiesen“,
so Anke Mansky. Derzeit kämpfen sie und ihr Verein um eine Bleibe. Doch sie
stehen auf dem engen Wohnungsmarkt in Konkurrenz zu anderen Interessenten. Mansky und ihre Mitstreiter wollen selbstständig in Wohnungen leben,
aber im Haus die Möglichkeit für gemeinschaftliche Aktionen haben. Notfalls
sollten die Bewohner sich auch gegenseitig helfen.
„Wir wollen im letzten
Lebensviertel nicht
bevormundet werden.“
Anke Mansky, Senioren-Selbsthilfe
Weiter als Mansky mit Sen-Se ist Renate Rütten. Ihr Verein „anders leben –
anders wohnen“ steht kurz vor dem Erfolg. Ein Haus in Bergen-Enkheim wird
im Sommer bezogen. Fünf Wohnungen für Einzelpersonen und drei für junge
Familien stehen in dem generationenübergreifenden Wohnprojekt zur Verfügung.
Seit sieben Jahren kämpft Vereinsgründerin Rütten um das Haus. Es hat gedauert, bis der Erfolg sich einstellte. „Bei uns werden verschiedene Generationen zusammen leben und sich gegenseitig helfen“, so Renate Rütten. Die Senioren haben vielleicht Spaß daran, mal auf die Kinder aufzupassen. Dafür
gehen die Jungen für die Alteneinkaufen oder tragen die Einkaufstaschen die
Treppen hoch. Denn das sei eines der Probleme: Aus Kostengründen wurde
beim Bau des Hauses auf einen Lift verzichtet. Allerdings so Renate Rütten,
könne niemand die Hilfe einklagen. „Da müssen wir Vertrauen zueinander haFrankfurter Rundschau vom 12.03.2002, Seite 1 von 2
Betreutes Wohnen, Heim, Senioren-WG – Wohin, wenn du alt wirst?
Sen-Se e.V. Senioren-Selbsthilfe für gemeinschaftliches Wohnen in der Presse
ben.“ Ob das alles so funktionieren wird, wie es gedacht ist, zeige sich in der
Praxis. In der Nachbarschaft sei das Wohnprojekt wohl akzeptiert, berichtet
Renate Rütten. Die 66-jährige will eine der Wohnungen beziehen.
Renate Rütten, die das Projekt vor sieben Jahren angeleiert hat, hat den richtigen Weitblick bewiesen. Martin Berner, Geschäftsführer des Instituts für Sozialforschung, berichtet, dass es mehrere Jahre dauere, bis ein alternatives
Wohnprojekt für Senioren durchgesetzt sei. Am besten mache man sich schon
mit 50 oder 60 Jahren die ersten Gedanken.
„In Frankfurt gibt es nur eine Hand voll Senioren-Gruppen, die alternative
Wohnformen praktizieren oder dies vorhaben“, so Martin Bender. Als Pioniere
in der Stadt am Main müssen sie Türöffner sein – bei der Stadt und den Wohnungsbaugesellschaften. Es dauert, bis der Erfolg sich einstellt. Anka Mansky:
„Dabei sind wir die besten Mieter.“ 7,5 bis acht Euro pro Quadratmeter, das
können sie und ihre Mitstreiter sich leisten. Es fehlt an einer Immobilie.
Viele Menschen sind im Alter alleine. Die Kinder sind aus dem Haus, der Ehepartner gestorben oder die Ehe schon seit Jahren geschieden. Wenn mit dem
Alter die Gesundheitsprobleme kommen, die in vielen Fällen die Teilnahme
am gesellschaftlichen Leben verhindern, droht die Einsamkeit. Ein Ausweg,
den viele gehen, wenn sie vor der Wahl stehen: Wohnanlagen mit betreutem
Wohnen. Im Grunde selbstständig in den eigenen vier Wänden, kann man den
Rettungsarzt per Knopfdruck herbei rufen.
Diese und andere Fragen des Wohnens im Alter werden beim Stadtgespräch
des Hessischen Rundfunks diskutiert. Wie kann man auch mit schmalem
Geldbeutel eine Senioren-WG gründen? Müssen wir ein anderes System der
Altenpflege aufbauen, wenn im Jahr 2040 mehr als über drei Millionen Menschen pflegebedürftig sein werden? Das Stadtgespräch ist am 14. März,
20.15 Uhr im Altenpflegeheim, Alt-Praunheim 48.
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