Predigt zu Psalm 37 2.2.14 Liebe Gemeinde, vielleicht geht es Ihnen

Transcrição

Predigt zu Psalm 37 2.2.14 Liebe Gemeinde, vielleicht geht es Ihnen
Predigt zu Psalm 37
2.2.14
Liebe Gemeinde,
vielleicht geht es Ihnen auch so:
Wenn man Psalm 37 betet, denkt man an Paul Gerhardts Lied:
„Befiehl du deine Wege“.
Psalm und Lied sind eng miteinander verbunden. Paul Gerhardt hat
ein kunstvolles Lied mit vielen Bildern zu diesem Psalm gedichtet.
Und er selbst hat für eine enge Verbindung zwischen Psalm und Lied
gesorgt. Setzt man die ersten Wörter der 12 Liedstrophen
hintereinander, ergibt sich der Psalmvers: „Befiehl dem Herrn deine
Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen.“
„Dieser Psalmvers und das Lied Paul Gerhardts haben ganz
wesentlich mit meinem Leben zu tun“ – viele empfinden das so.
Oft wird es gewünscht zu verschiedenen Anlässen, weil man sich
darin wiederfinden kann mit seinen Lebenserfahrungen.
Früher wurde es häufig in der Schule oder im
Konfirmandenunterricht auswendig gelernt. Und so mancher hat es
mit sich getragen auf dem Lebensweg.
Dietrich Bonhoeffer schreibt1943 im Gefängnis an seine Familie:
„Es ist gut, Paul Gerhardt Lieder zu lesen und auswendig zu lernen.“
Immer wieder hat Bonhoeffer davon gesprochen, wie sehr diese
Lieder ihn begleiten und Trost geben.
Wenn man Psalm und Lied nebeneinanderstellt fällt auf: die
Verbindung ist eng, aber es gibt auch unterschiedliche
Schwerpunkte.
-2In beidem geht es um das große Thema: „Gottvertrauen“
Wie kann ich Gott vertrauen?
Wenn wir Psalm 37 lesen, so wie er in der Bibel steht, begegnen wir
zunächst einmal den Gefühlen eines Menschen, der wütend und
zornig ist. Ihm sagt der Psalmbeter:
„Entrüste dich nicht über die Bösen, sei nicht neidisch auf die
Übeltäter.“
Da hat jemand erlebt: Menschen, die sich nicht an Gottes Gebote
halten, geht es gut. Sie haben Glück, Erfolg, leben im Überfluss. Wie
ungerecht ist das!
Warum soll man sich anstrengen für ein moralisch gutes Leben,
wenn man doch zurückstecken muss?
Warum soll man sich anstrengen, wenn die sich durchsetzen, die
andere mit ihrem unsozialen und ungerechten Verhalten verletzen?
„Der Ehrliche ist der Dumme“ - Wut und Bitterkeit über solche
Erfahrungen im Leben stecken in Psalm 37. Wer das selbst erlebt,
weiß: Das kann man nicht einfach verdrängen. Und die Fragen, die
damit verbunden sind, auch nicht:
Unabhängig davon, ob sich einer moralisch gut oder schlecht verhält,
gehören dazu auch solche Fragen wie:
Warum stehen die einen auf der Sonnenseite des Lebens und andere
kommen aus dem Schatten nicht heraus? Warum sind die einen
Gewinner, die anderen Verlierer?
Der Psalmbeter von Psalm 37 versucht eine Antwort, indem er
Gottes ausgleichende Gerechtigkeit beschreibt.
-3Die nicht so leben, wie Gott es will, werden am Ende das Nachsehen
haben: „noch eine kleine Zeit, so ist der Gottlose nicht mehr da, und
wenn du nach seiner Stätte siehst, ist er weg.“
Für die, die sich an Gott halten, aber gilt: „Befiehl dem Herrn deine
Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen und wird deine
Gerechtigkeit heraufführen wie das Licht und dein Recht wie den
Mittag. Sei stille dem Herrn und warte auf ihn.“
Am Ende sorgt Gott selbst für Recht und Gerechtigkeit.
Es gibt himmelschreiendes Unrecht in unserer Welt. Tag für Tag
hören wir davon oder erleben es selbst. Es gibt in der Bibel nicht
umsonst die Klagepsalmen. Sie bieten Worte an für alle, die Leiden
und Unrecht nicht in sich hineinfressen wollen und können.
Wie passen dazu aber die Psalmworte: “Sei stille dem Herrn und
warte auf ihn.“
Eine Aufforderung, sich stumm seinem Schicksal zu ergeben, ist das
nicht.
Und doch ermutigt Psalm 37 dazu, Abstand zu nehmen von allem,
was bedrängt. Er ermutigt, Gottvertrauen zu wagen. Weil unsere
Möglichkeiten, unser Leben zu beeinflussen, begrenzt sind:
„Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl
machen.“
Er wird’s gut machen mit meinem Leben.
Vertrauen ist immer ein Wagnis. Gottvertrauen garantiert uns kein
Leben ohne Leiden.
Aber mit Gottvertrauen können wir Überraschendes erleben.
-4Diese Erfahrungen beschreibt Paul-Gerhardt in seinem Lied. Er
beschreibt, wie Gottvertrauen auf unseren Lebenswegen geschieht
und was es bewirken kann.
Seine Botschaft ist kein einfaches: „Hoffe auf Gott und dann wird
alles gut!“ - als ob das so einfach wäre!
Wer die Lebensgeschichte Paul Gerhardts kennt, weiß wieviele
dunkle Zeiten er selbst erlebt hat. Gerade deshalb ist er so
glaubwürdig, wenn er in seinen Liedern trotzdem zum Gottvertrauen
ermutigt.
1653 als er diese Lied dichtete, hatte er bereits einige dunkle Zeiten
hinter sich Mensch.
Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt!
Was hat ihn bis dahin gekränkt?
Es war das Elend des 30-jährigen Krieges, der 1647 zu Ende ging –
unzähliges Sterben und Not von Menschen hat er mitansehen
müssen. Mit 12 Jahren verlor er den Vater, mit 14 die Mutter. Dazu
kamen Konflikte mit einem Kollegen auf seiner Pfarrstelle in
Mittenwalde.
„Was dein Herze kränkt“ – jede und jeder von uns mag da an
Persönliches denken. An das was kränkt oder krank macht.
Verletzungen, die Narben hinterlassen haben – ein Streit ohne
Lösung– Missverständnisse. Erlebnisse, die einem daran hindern,
aufrecht zu gehen.
-5Wer krank oder pflegebedürftig ist, muss gepflegt werden. Was uns
kränkt können wir der treuen Pflege des Gottes anvertrauen, der den
Himmel lenkt.
Gott, der die großen Dinge regelt, der Wolken, Luft und Winden
ihre Wege zeigt, der kümmert sich auch um das Kleine. Er wird auch
meinem Fuß Wege zeigen, damit ich den nächsten Schritt finde.
Wenn man vor einem Berg steht oder in eine Sackgasse geraten ist
und nicht weiter weiß, kann es helfen, Gott um den einen nächsten
Schritt zu bitten. Und manchmal öffnen sich dann Wege, mit denen
man nicht gerechnet hat.
Paul Gerhardt nimmt uns in vielen eindrücklichen Bildern in seinem
Lied mit auf den Weg des Gottvertrauens: Gott weiß und sieht, wie
es mir geht und er zeigt mir Wege, die ich gehen kann: „Weg hast du
allerwegen, an Mitteln fehlt dirs nicht. Dein Tun ist lauter Segen,
dein Gang ist lauter Licht.“
Auf dem Lebensweg gibt es die unterschiedlichsten Erfahrungen. Es
kann die Begegnung mit der Macht des Bösen geben- Paul Gerhardt
redet vom Teufel. Sie zeigt sich in der Macht der Menschen, die dem
Bösen Raum geben. Aber Gott begrenzt ihre Macht.
Das ist auch eine große Hoffnung für die Zukunft: dass die Mächte,
die anderen Gewalt antun, nicht für immer und ewig ihr tödliches
Spiel treiben können.
Auf dem Lebensweg kann es Situationen geben, in denen man sich
wie in einer Höhle fühlt. Es ist stockdunkel und außer den eigenen
-6Sorgen sieht man nichts mehr. Ich denke an Menschen, die trauern
und die sagen: ich muss da alleine durch.
„Nachts zwischen 3 und 4 rufen die meisten Menschen an“ - sagen
Mitarbeiter der Telefonseelsorge. Da erscheinen Probleme besonders
groß und schwierig.
Nachempfinden kann man das vielleicht nur, wenn man Ähnliches
erlebt hat. So wie Paul Gerhardt. Trotzdem ermutigt er zur Hoffnung,
dass Gott aus Dunkelheiten wieder herausholt: „Gott wird dich aus
der Höhle, da dich er Kummer plagt mit großen Gnaden rücken;
erwarte nur die Zeit, so wirst du schon erblicken die Sonn der
schönsten Freud.“
Helligkeit, Wärme und Freude erwartet uns jenseits der Höhle.
Darauf vertraut Paul Gerhardt. Welche guten Aussichten!
Neben dem Gottvertrauen kennt er auch die Zweifel an Gott. Er
spricht auch die Enttäuschung an, wenn man Gott um Hilfe angefleht
hat und nichts geschieht. Wenn man erlebt: „Ich bete, aber meine
Bitten werden nicht erfüllt“ - wie bitter kann das sein.
„Er wird zwar eine Weile mit seinem Trost verziehn…..“ – so dichtet
Paul Gerhardt. Und er spricht es an, dass man dann das Gefühl haben
kann: Gott fragt nicht nach mir.
Auch das wird uns manchmal zugemutet. Dann brauchen wir
Geduld. Geduld ist nicht einfach.
Es ist gut, dass Paul Gerhardt in seinem Lied auch der Stimme des
Zweifels Raum gibt. Weil auch das zum Lebens-und Glaubensweg
dazu gehören kann. Lebenswege führen durch Krisen und Zweifel
-7hindurch. Und sicher bleibt es dabei eine offene Frage, warum
manche mehr und manche weniger aushalten müssen.
Dass Gott von Lasten befreit und dass er hilft Belastungen zu tragen,
wenn wir ihm vertrauen, davon singen wir mit diesem Lied.
Am Ende steht die Hoffnung, dass alle Fragen, auf die wir keine
Antworten finden in der großen Weite des Himmels einmal
beantwortet werden.
Bis dorthin haben wir hier noch einen Weg vor uns. Einen Weg, auf
dem wir Gott um seine Pflege bitten können und um die Stärkung
unserer Füße und Hände.
AMEN