Kleine Anfrage - Claudia Hämmerling
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Kleine Anfrage - Claudia Hämmerling
Drucksache 15 / 10 119 Kleine Anfrage 15. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling (Bündnis 90/Die Grünen) SVZ: Sekundärrohstoffverwertungszentrum Schwarze Pumpe – oder weiteres Berliner Modell eines Steuergelder-Vernichtungs-Zentrums? Ich frage den Senat: 1. In welcher Höhe wurde in den vergangenen Jahren von den mehrheitlich landeseigenen Berliner Wasserbetrieben (BWB) in das SVZ investiert (bitte um detaillierte Angabe der Investitionsmaßnahmen mit der Höhe der jeweiligen Investitionskosten, sowie der Zeiträume, zu denen die Investitionen erfolgten)? 2. Wer war bei den Berliner Wasserbetrieben verantwortlich für die unter 1 genannten Investitionsentscheidung? 9. Seit wann hat der Senat Kenntnis darüber, dass im SVZ ab 2005 nicht wie geplant die Berliner Abfälle für einen vertretbaren Preis entsorgt werden können, und wie bewertet er diesen Umstand angesichts der enormen Bezuschussung des SVZ aus dem Berliner Landeshaushalt? 10. Welche Sanierungsanordnungen waren mit dem Verkauf des mit Altlasten verseuchten Grundstücks verbunden? Berlin, den 5. November 2002 3. Wer trug seitens des Landes Berlin die Verantwortung im Aufsichtsrat der BWB für die unter 1 genannten Investitionsentscheidungen im fachfremden Bereich der Abfallverwertung, der zudem technologisches Neuland war? 4. Wie hoch war der Verkaufspreis für das SVZ? 5. Wurde das Unternehmen vor dem Verkauf entschuldet? Wenn ja, in welcher Höhe ertrug die Kosten der Entschuldung? 6. Welche Vereinbarungen wurden mit dem Erwerber hinsichtlich der Altlastenbeseitigung getroffen? 7. Wurden Regressansprüche gegenüber den Verantwortlichen für die unwirtschaftliche und fachfremde Investitionsentscheidung geltend gemacht, wenn nein, warum nicht, wenn ja, mit welchem Ergebnis? 8. Teilt der Senat die Auffassung, dass die geplante Konzessionsabgabe in Höhe von 68 Mio. Euro von den BWB mit der Folge einer 18-prozentigen Preissteigerung für Trinkwasser der Spekulation eines skrupellosen Vorstandes zu verdanken ist, der von den zuständigen Senatsmitgliedern im Aufsichtsrat schlecht kontrolliert wurde? Wenn nein, warum nicht? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Abgeordnetenhaus Berlin – 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 10 119 Antwort Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Zu 1: Die Investitionen, die von der SekundärrohstoffVerwertungszentrum Schwarze Pumpe GmbH (SVZ) getätigt wurden, verteilen sich in den Jahren 1995-2001 wie folgt : Investitionen SVZ 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 Summe [Mio. €] 49,1 105,8 85,4 46,9 29,6 34,1 25,0 375,9 Die Investitionen sind vor allem für den Ausbau und Erweiterung der technischen Anlagen angefallen. Hier sind vor allem die Methanolanlage, der BGL-Vergaser, das GUD-Kraftwerk, die Abfallaufbereitungsanlage sowie die Teerschlammpelletierung zu nennen. Vom Gesellschafter Berliner Wasserbetriebe Anstalt öffentlichen Rechts (BWB) wurden der SVZ Finanzmittel gemäß der nachfolgenden Tabelle zur Verfügung gestellt. Dabei ist besonders darauf hinzuweisen, dass im Jahr 2002, zum Zeitpunkt der Veräußerung, eine Ablösung der Bankkredite durch Gesellschafterdarlehen stattfand. Massnahmen SVZ [Mio. €] 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 Summe Darlehensaufnahme SVZ 1) Darlehenstilgung SVZ Kapitalerhöhungen Zwischensumme Zinsen Summe 50,6 0,0 0,0 50,6 0,0 50,6 51,9 -102,5 101,7 51,1 0,0 51,1 18,7 -13,8 0,0 4,9 0,0 4,9 0,0 0,0 0,0 0,0 7,5 7,5 173,7 0,0 15,8 189,5 0,0 189,5 1,0 0,0 0,0 1,0 0,0 1,0 76,9 0,0 0,0 76,9 1,9 78,8 201,5 0,0 0,0 201,5 2,3 203,8 1) = i.w. Umschuldung der Bankdarlehen SVZ Zu 2.: Die Investitionsentscheidungen wurden durch den Aufsichtrat des SVZ, dessen Vorsitz zu jeder Zeit der Vorsitzende des Vorstandes der BWB oder der Berlinwasser Holding AG (BWH) innehatte, getroffen. Darüber hinaus waren im gesamten relevanten Zeitraum (19952002) weitere Vorstandsmitglieder der BWB im Aufsichtrat des SVZ vertreten. Der Aufsichtsratsvorsitzende des SVZ war bis zum 23.11.1999 Herr Dr. Bertram Wieczorek (damals Vorstandsvorsitzender der BWB). Die Beteiligungsverwaltung für das SVZ lag ab dem 1.11.1999, also nach der Teilprivatisierung der BWB, bei der BWH. Am 29.11.1999 wurde der Vorsitz von Herrn Dr. Thomas Mecke (damals Vorstandsvorsitzender der BWH) übernommen. Im Oktober 2001, nach der Rückabwicklung des Verkaufs an Global Energy, wurde die Beteiligungsverwaltung auf die BWB zurück übertragen und der Aufsichtsratsvorsitz der SVZ wurde an Herrn Jörg Simon übertragen. 2 574,3 -116,3 117,5 575,5 11,7 587,2 Abgeordnetenhaus Berlin – 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 10 119 Zu 3.: Im Aufsichtsrat der BWB war der Senat i.d.R. durch die jeweils amtierende Senatorin bzw. den jeweils amtierenden Senator für Wirtschaft vertreten. Im einzelnen waren dies Herr Pieroth als Senator für Finanzen Herr Pieroth als Senator für Wirtschaft Herr Branoner Frau v. Friesen Herr Dr. Gysi ab 13.07.1994 ab 21.05.1996 ab 21.07.1999 ab 26.06.2001 ab 26.02.02 bis zu seiner Amtsniederlegung Zu 4.: Der Verkaufspreis für das SVZ betrug 4 €. titionsentscheidung noch war absehbar, dass die Kaufentscheidung langfristig unwirtschaftlich sein könnte. Insofern stellt sich die Frage nach Regressansprüchen an die Verantwortlichen nicht. Zu 5.: Das SVZ wurde entschuldet übergeben. Dabei entfielen 127,6 Mio. € auf Bankdarlehen und 154,7 Mio. € auf Gesellschafterdarlehen. Zu 8.: Nein. Die von der Senatsverwaltung für Finanzen geplante Einführung einer Konzessionsabgabe ist eine Maßnahme, welche die Einnahmesituation des Landes verbessern soll. Sie ist auch in anderen Kommunen üblich und hat nichts mit Entscheidungen der BWB zu tun. Zu 6.: Nach den getroffenen Vereinbarungen mit dem Erwerber hat dieser bzw. die SVZ GmbH grundsätzlich die Kosten für die Beseitigung von Altlasten zu tragen. Der Erwerber hat die diesbezüglichen Verpflichtungen der BWB aus dem SVZ - Privatisierungsvertrag mit der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben übernommen. Gemäß Kaufvertrag besteht für die BWB noch ein Risiko aus Altlasten in der Gesamthöhe von max. 2,0 Mio. €. Dabei besteht eine beschränkte Verpflichtung der BWB zur Erstattung von Kosten, die der SVZ GmbH zur Durchführung einer Sanierung für am 01.07.2002 bestehende Umweltaltlasten auf einem begrenzten Areal der SVZ GmbH aufgrund einer bestandskräftigen behördlichen Anordnung entstehen. Soweit der Erwerber beabsichtigt, Ersatzansprüche gegen die BWB nach den obigen Regelungen geltend zu machen, ist er verpflichtet, die BWB unverzüglich über die Einleitung behördlicher Verfahren im Zusammenhang mit Umweltaltlasten zu informieren. Da den BWB bislang keine entsprechende Information vorliegt, wird unter Berücksichtigung des Zeitraums, der unter Ausschöpfung von Rechtsmitteln bis zur Bestandskraft einer behördlichen Anordnung erforderlich ist, davon ausgegangen, dass eine Inanspruchnahme der BWB nach obigen Regelungen in der dafür vorgesehenen Frist nicht mehr erfolgen wird. Zu 9.: Mit Schreiben vom 28.5.2002 unterbreitete das SVZ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ein vorläufiges Angebot zur Entsorgung von Berliner Siedlungsabfällen im SVZ. Am 30. Juni 2002 teilten die BWB mit, dass der Aufsichtsrat der Berliner Wasserbetriebe sich entschieden hat, die SekundärrohstoffVerwertungszentrum Schwarze Pumpe GmbH (SVZ) an die Nord GB Gesellschaft für Beteiligungen mbH, Hamburg, bzw. deren Tochtergesellschaft ORESTO - Ostdeutsche Gesellschaft für Reststoffverwertung mbH, Hamburg (Nord GB/ORESTO), zu verkaufen. Am 19.9.2002 fand eine Besprechung mit dem Unternehmen NordGB bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung statt. In diesem Gespräch teilte das Unternehmen mit, dass die bisherigen SVZ - Angebote zur Entsorgung von Abfällen nicht weiter aufrecht erhalten werden können. Dementsprechend ist dieses Datum (19.09.2002) als Zeitpunkt der Kenntnisnahme anzusehen. Die Tatsache, dass Berliner Abfälle nicht zu einem marktfähigen Preis durch die SVZ entsorgt werden können, ist äußerst bedauerlich, war aber zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung (s. Punkt 7) nicht absehbar. Zu 7.: Nein. Aus damaliger Sicht gab es gute Aussichten, das umweltpolitisch gewollte Ziel, unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit Abfälle bestmöglich zu verwerten, indem aus Klärschlämmen bzw. anderen Abfällen Methanol gewonnen wird, zu erreichen. Die sich im Verlauf des Betriebes ergebenden Schwierigkeiten, diese Technik zu beherrschen, waren damals ebenso wenig wie der Verfall der Preise für Methanol absehbar. Aufgrund einer 1994 von der SVZ GmbH aufgestellten und von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüften Geschäftsplanung konnten die damaligen Entscheidungsgremien davon ausgehen, dass bereits ab dem Jahr 1998 ein Liquiditätsüberschuss mit steigender Größenordnung in den folgenden Jahren erzielt wird. Nach Auffassung der Wirtschaftsprüfer beruhte diese Planung auf konservativen Ansätzen. Aus damaliger Sicht war der Kauf der SVZ GmbH daher weder eine fachfremde Inves- Zu 10.: Mit dem Verkauf der SVZ GmbHGesellschäftsanteile war keine Sanierungsanordnung zu Lasten der BWB verbunden. Im Übrigen ist, wie bereits zu Frage 6 ausgeführt, der Erwerber in alle Verpflichtungen des Privatisierungsvertrages und damit auch in eventuell bestehende Sanierungsverpflichtungen eingetreten. Berlin, den 06.01.03 In Vertretung Volkmar Strauch Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen 3