Hengstkauf oder Deckservice?

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Hengstkauf oder Deckservice?
zucht
Hengstkauf
oder
Deckservice?
von Mirjam Balsiger
Schweiz
Für die Faserindustrie ist in Zukunft nur noch
ein Tier konkurrenzfähig, das feine, für die
Verarbeitung geeignete Faser liefert, . Jede
durchschnittliche Faser verkauft sich schlecht
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Foto: Mirjam Balsinger
L
assen Sie sich nicht blenden! Schauen
Sie der Wahrheit ins Auge! Das Ziel
eines jeden Züchters ist es, seine Stuten mit dem bestmöglichen Hengst zu decken.
Es ist ein wirtschaftlicher Aspekt und liegt
in der Verantwortung eines Alpakazüchters,
einen konstanten Fortschritt in seine Herde zu
bringen. Erst seit einigen Jahren ist dies mit
Hengsten aus Europa auch möglich. Einige
Züchter haben mit guter Genetik aus Australien, Amerika und Peru enorme Fortschritte
gemacht. Diese Züchter haben riesige Investionen getätigt und sind grosse Risiken eingegangen um diese hierher zu bringen. Und wer
lässt schon mehrere hunderttausend Euro einfach bei Nacht und Nebel auf der Weide stehen? Diese qualitativ hochstehenden Hengste
dann auf europäischen Stuten einzusetzen
brachte aussergewöhnliche Resultate mit sich.
Die Nachzucht dieser Hengste ist generell den
hiesigen Tieren voraus, sei es in Körperbau
oder Faser. Somit katapultiert diese Genetik
die gesamte Herde um einige Generationen
vorwärts. Schön und gut, doch was bringt es
diese wunderbaren Hengste nur auf den eigenen Stuten einzusetzen? Wäre es nicht sinnvoller auch auswärtigen Züchtern diese Tiere
zur Verfügung zu stellen? Denn was macht ein
Züchter, der sich diese teuren Hengste nicht
leisten kann? Er „züchtet“ mit durchschnittlichen Hengsten. Was ist das Resultat? Durchschnittliche Nachzucht. Wie in jeder Tierzucht wird es sich auch bei den Alpakas nicht
anders verhalten. Qualitativ gute Nachzucht
ist immer zu verkaufen, durchschnittliche
Tiere werden ein hartes Los haben. Die Preise
dieser Tiere werden sinken und der Absatz
wird immer schwieriger. Denn sei es für die
Faserproduktion oder die Hobbytierhalter, wer
kauft nicht das Schönere und Feinere, wenn
beide zum gleichen Preis erhältlich sind?
und nur für die feinste Faser kann ein guter
Faserpreis realisiert werden. Der kritische
Hobbytierhalter kauft gerne ein korrektes Alpaka, denn die Zeiten der X-Beine und Lamaohren sind vorbei. Die laufende Aufklärung
der Neuhalter ermutigt diese zum Vergleich.
Auch ein Neuhalter braucht nicht mehr lange,
bis er den Unterschied in der Qualität der Tiere sieht.
Durch das grössere Angebot von Kursen werden die Kunden sensibilisiert. Lassen Sie es
also als Züchter nicht soweit kommen, dass
Sie sich mit durchschnittlichen Hengsten begnügen. Die Zeit ist nun gekommen, wo die
Möglichkeit des professionellen Deckservices
besteht. Starten Sie risikofrei, ohne jeglichen
Aufwand und lassen Sie Ihre Zuchtstuten
auswärts decken oder bestellen Sie einen mobilen Deckservice. Dies reduziert Ihren Aufwand auf ein Minimum. Profitieren Sie vom
Know-How eines erfahrenen Deckhengsthalters, denn das Wissen um den Zeitpunkt der
Deckung und die korrekte Durchführung des
Deckakts ist nicht zu unterschätzen. Schlussendlich ist es in einer wirtschaftlichen Zucht
entscheidend, ob und wann die Stute aufnimmt. Kein Züchter will die Fohlen zu früh
oder zu spät im Jahr oder gar ein Jahr lang
kein Fohlen! Die Beratung für die Auswahl
des richtigen Hengstes für die entsprechende Stute ist Ehrensache, zumal auch das Re-
sultat die Visitenkarte der eigenen Zucht ist.
Es kommt dazu, dass das Management der
Stutenherde erheblich einfacher ist, als wenn
zusätzlich Hengste gehalten werden. Der
Aufwand für die Haltung einer Hengstherde
ist enorm. Hengste müssen besser eingezäunt
werden als Stuten, denn wenn sie die Damen
in Sichtweite haben, ist kein Strom zu stark,
kein Zaun zu hoch und keine Lücke zu schmal
um durchzuschleichen. Liebe geht über alles. Die Konkurrenten neigen dazu, auch mal
die Kräfte zu messen. Dies sieht meist etwas
furchterregend aus, geht aber in den meisten
Fällen harmlos aus. Essentiell dabei ist, dass
die Hengstzähne gekürzt wurden. Dies sind
messerscharfe Zähne, welche die Hengste benutzen um den Konkurrenten „auszuschalten“.
Das heisst, der eine Hengst kann damit den
anderen verletzen oder sogar kastrieren, was
nicht gerade im Interesse des Züchters ist.
Es ist aber auch durchaus möglich, dass
gewisse Hengste nicht mit anderen vereint
werden können. Dann wird der Aufwand
nochmals grösser. Auch dieser Hengst hat den
Anspruch auf Wetterschutz und eine Weide.
Einige Alpakahalter halten den Hengst einfach bei der Stutenherde in der Hoffnung, dass
dann zum Ende des Jahres alle Stuten tragen.
Doch dies funktioniert nicht. Je nach Hengst
ist er nicht dominant genug und überspringt
mal die eine oder andere. Dies führt dann zu
zucht
Wir ziehen Bilanz - Investitionsberechnung
für Decktaxen im Vergleich zu eigenen
Hengsten: Im Voraus muss ich sagen, dass
es immer ein heisses Eisen ist, sich über die
Preise zu äussern. Die Preisvorstellungen der
Züchter liegen teils weit auseinander und ich
möchte hier keinen Rahmen setzen. Trotzdem
wage ich es, einige Annahmen aus eigener
Erfahrung zu machen, um eine möglichst
realistische Berechnung aufzustellen. Dabei
setze ich eine Qualitätsunterscheidung voraus. Ein guter Hengst ist kein SEHR guter,
und der durchschnittliche Hengst bringt eine
Zucht nicht weiter. Es dürfen also nur Hengste
und Deckservice der gleichen Qualitätsstufe einander gegenübergestellt werden. Beim
Vergleich von Deckservice und Hengstkauf
muss auch berücksichtigt werden, dass beim
Deckservice eine Trächtigkeit garantiert
werden sollte. Nicht so beim Hengstkauf, wo
oftmals die Hengste nicht auf Deckfähigkeit
geprüft sind, da sie zum Zeitpunkt des Kaufs
noch zu jung sind. Dies ist ein sehr relevanter
Punkt und nicht zu unterschätzen! Des Weiteren gilt es zu beachten, dass die Hengste auf
ihre Nachzucht nicht mehr eingesetzt werden
können. Somit nimmt der Wert des Hengstes über kurz oder lang für die eigene Herde
ab. Wir stellen uns vor, unsere Zucht besteht
anfangs aus fünf Zuchtstuten. Wir rechnen
mit jährlich 50% Stutfohlen, welche wir in die
eigene Zucht aufnehmen. Der Einfachheit halber sind unsere Stutfohlen bereits nach einem
Jahr deckbereit. Unsere Herde wächst also
stetig an. Wir sind von einer Decktaxe von
EUR 600,- bei guter Qualität (B) ausgegangen
und von EUR 1.000,- bei sehr guter Qualität (A). Die Hengstkäufe werden über 5 Jahre
getätigt. Für den guten Hengst treffen wir die
Annahme von EUR 13.000,- (B), der sehr gute
Hengst EUR 25.000,- (A). Die Investition in
Hengste müssen wir dreimal tätigen. Es ist zu
beachten, dass die jährlichen Kosten addiert
sind. Wir sehen im Diagramm, dass bei beiden Qualitätsstufen der „break even“ zwischen
5 und 6 Jahren mit einer Stutenherde von ca.
25 Tieren erreicht ist!
Alpakaland Schweiz
Mirjam Balsinger
CH 3132 Riggisberg
Tel. (+41) 079 - 332 16 94
www.alpakaland.ch
Wo ist der "break even"?
40
35
30
Service B
25
20
15
Anzahl Tiere
Fazit: Der Züchter mit einer Stutenherde bis
25 Stuten sollte sich nicht für eigene Hengste entscheiden. Er profitiert von der Auswahl
an Deckhengsten verschiedener Anbieter und
betreibt seine Zucht wirtschaftlich! Wer nicht
konstant gute Deckhengste verwendet, ist wie ein
90 €
Fahrradfahrer der am Hü80 €
gel fährt, wenn er nicht in
70 €
die Pedale tritt, so rollt er
60 €
rückwärts. Es macht mehr
50 €
Sinn, wenn wenige Züchter
40 €
30 €
sehr gute Hengste halten
20 €
als wenn viele Züchter nur
10 €
durchschnittliche Hengste
0€
haben – Europa darf nicht
1
stehenbleiben!
Kosten in Tausend
Verlusten. Wer sich trotz all dieser Vor- und
Nachteile immer noch eigene Hengste kaufen
will, der muss sich mit folgenden Fragen auseinandersetzen. Weiss ich genug, um Deckhengste für meine Stuten selber zu selektionieren? Habe ich eine gute Übersicht über die
europaweite Qualität, um abzuschätzen was
ich suchen muss? Habe ich das Auge genügend
geschult, um die Unterschiede in Körperbau
und Faser zu erkennen? Finde ich die richtigen
Hengste für meine Stuten? Kann und will ich
das Kapital für diese langfristige Investition
aufbringen?
10
5
0
2
Service A
3
Jahre
Hengst B
4
5
Hengst A
6
Anzahl Tiere
anzeige
25