Softbots und Avatare

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Softbots und Avatare
Soziale Aspekte virtueller Präsenz
– Softbots und Avatare
Cornelia Knee
Seminar „Virtuelle Präsenz“
Universität Ulm
WS 03/04
1. Einleitung
2. Softbots
2.1 Definition
2.1.1 NSCs
2.1.2 Sofware-Guides
2.1.3 Chatbots
2.1.4 Assistenten
2.2 Anwendung mit sozialer Komponente
2.2.1 Projekt „ViSiCAST“
2.2.2 TESSA
3. Avatare
3.1 Definition
3.1.1 Spielercharaktere in Computerspielen
3.1.2 Interaktive 3D – Welten
3.2 Soziale Konventionen in 3D-Welten
3.2.1 Kontaktaufnahme
3.2.2 Bindung an Gesprächspartner
3.2.3 Konventionen innerhalb von Gruppen
3.2.4 Signalisieren von Privatsphäre
3.2.5 Räumliche Distanz zwischen Avataren
3.2.6 Zusammenfassung
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1. Einleitung
Im Rahmen dieser Arbeit werden Softbots, wie NSCs, Software-Guides, Chatbots und
Assistenten, sowie Avatare in interaktiven Welten vorgestellt und auf ihre sozialen Aspekte
untersucht. Bei der Betrachtung der Softbots wird näher auf das Projekt ViSiCAST
eingegangen, welches Anwendungen mit einer großen sozialen Komponente, die Gehörlosen
die Kommunikation mit Hörenden erleichtern, entwickelt. Außerdem werden im zweiten Teil
der Abhandlung die sozialen Konventionen bei der zwischenmenschlichen Kommunikation
über Avatare genauer beleuchtet.
2. Softbots
2.1 Definition
Der Begriff Softbot stammt aus dem Englischen und setzt sich aus den beiden Worten
„Software“ und „Robot“ zusammen. Softbots sind Programme, die mit dem Benutzer auf eine
mehr oder weniger intelligente Art kommunizieren können. Sie werden auf dem Bildschirm
meist durch eine natürlich anmutende Gestalt repräsentiert, welche im allgemeinen
Sprachgebrauch auch häufig als Avatar bezeichnet wird.
Es gibt bereits mehrere verschiedene Ansätze zur Kategorisierung von Softbots, welche ich
im Folgenden zusammengefasst habe.
2.1.1 NSCs
NSCs sind vom Computer gesteuerte Nicht-Spieler-Charaktere, die häufig in PCRollenspielen ihre Verwendung finden, zum einen um die virtuelle Welt zu beleben aber auch
um den Spielverlauf zu lenken, zum Beispiel dadurch, dass sie dem Spieler Tipps geben.
Auf dem nebenstehenden Bild kann man einen
Spieler (gekennzeichnet durch einen grünen Kreis)
sehen, der sich gerade mit einem Bürger (NSC)
unterhält um Informationen über den weiteren
Verlauf seiner Mission zu bekommen. NSCs
helfen dem Spieler so beim Bestehen seiner
Abenteuer. Durch sie erhält die Information eine
persönlichere Note.
Quelle:
PC-Rollenspiel „Dungeon Siege“
Gas powered Games, Microsoft
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2.1.2 Sofware-Guides
Software-Guides sind die Weiterentwicklung der Hilfe-Funktion innerhalb von Programmen.
Sie versuchen das Benutzerverhalten zu analysieren um dem User dann Tipps zum weiteren
Vorgehen zu geben. Diese Analyse erfolgt über Vergleich von eingegebenen
Schlüsselwörtern mit Informationen in der Hife-Datei. Bei Übereinstimmung wird dann die
vorgesehene Information ausgegeben.
Beispiele für Software-Guides sind Betreuer innerhalb einer Lernsoftware oder auch TourGuides, die ein Programm anhand einer Führung durch die verschiedenen Funktionen
erklären. Häufig werden Assistenz-Funktionen in Programmen mittlerweile durch Softbots
ersetzt, da die Kommunikation mit der natürlich wirkenden Gestalt einen persönlicheren
Eindruck vermittelt und dem Benutzer deshalb leichter fällt.
Ein bekanntes Beispiel für einen Software-Guide ist Karl Klammer,
der, wie auf nebenstehendem Screenshot gezeigt, über die Eingabe
der Schlüsselwörter „Lieber Karl,“ feststellt, dass der Benutzer
einen Brief schreiben möchte und nun versucht ihm dabei zu
assistieren.
Quelle: Microsoft Word 2002
2.1.3 Chatbots
Bei Chatbots handelt es sich um Programme mit denen man sich in Grenzen unterhalten kann.
Man findet sie häufig als „Gesicht“ einer Firma, Organisation oder Institution auf
Internetseiten, wo sie als virtuelle Berater und damit als animierte Version der Frequently
Asked Questions fungieren und das Web persönlicher machen sollen.
Nachfolgender Screenshot zeigt Nomi, die auf der Homepage der Firma Novomind Fragen
zum Unternehmen und dessen Angeboten beantwortet.
Quelle: www.novomind.de
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Findulin ist der Adler, der auf der Homepage
des Bundeskanzlers zu Fragen rund um den
Kanzler, seine Politik und seinen
Regierungssitz Berlin Rede und Antwort
steht.
Quelle: www.bundeskanzler.de
Eve repräsentiert die Firma YellowStrom im Internet und
beantwortet auf deren Homepage einerseits Fragen zum
Thema Strom, ist allerdings andererseits auch darauf
programmiert mit dem Besucher zu chatten um den
Unterhaltungswert der Webpage zu steigern und den
Besucher bei Laune zu halten.
Quelle: www.yellowstrom.de
Der Kölner Dom hat unter www.derdom.de seinen eigenen
Internetauftritt und erzählt
interessierten Surfern auf Anfrage
etwas über Köln oder über sich selbst,
ist aber auch dazu in der Lage mit
dem Besucher eine einfache
Unterhaltung zu führen.
Quelle: www.der-dom.de
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2.1.4 Assistenten
Assistenten vermitteln dem Benutzer Informationen. Sie können keine Fragen beantworten,
sind aber in Grenzen dazu in der Lage menschliche Assistenz zu ersetzen.
Ein Beispiel dafür ist der Softbot Ananova, welcher im
Internet Nachrichten verliest. Zwar ist die Aussprache
noch nicht perfekt, doch hat Ananova im Vergleich zu
Nachrichtensprechern im Fernsehen den Vorteil, dass sie
jederzeit verfügbar ist.
Quelle: www.ananova.com/video
Ein weiteres, jedoch weniger populäres Beispiel
ist TESSA. Sie ist in der Lage
Audioinformationen in Gebärdensprache zu
übersetzen.
Quelle: www.visicast.sys.uea.ac.uk
2.2 Anwendung mit sozialer Komponente
Im Folgenden werde ich nun näher auf TESSA, die im Rahmen des Projekts ViSiCAST
entwickelt wurde eingehen, da es sich bei ihr um einen Softbot handelt, durch dessen
Entwicklung die soziale Einbindung einer Randgruppe unserer Bevölkerung, nämlich die der
Gehörlosen, beachtlich verbessert werden konnte und durch Weiterentwicklung der
Technologie noch weiter verbessert werden kann.
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2.2.1 Projekt „ViSiCAST“
Der Begriff ViSiCAST setzt sich aus den Wörtern Virtual Signing, Capture, Animation,
Storage und Transmission zusammen und bedeutet soviel wie Virtuelles Gebärden, DatenErfassung, Animation, Speicherung und Übertragung.
Die Mitarbeiter des Projekts beschäftigen sich mit der Entwicklung von Softbots, die Textund Audioeingaben in Gebärdensprache übersetzen, mit dem Ziel Übersetzungsleistungen
dort bereitzustellen, wo sie nicht von menschlichen Dolmetschern erbracht werden können.
Dies ist zum Beispiel beim Fernsehen der Fall, da die Übertragung eines animierten Avatars
weniger aufwändig ist, als jede Sendung durch einen Dolmetscher übersetzen zu lassen.
Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Situationen in denen Dolmetscher nicht schnell genug
zur Stelle sein können, zum Beispiel bei Warn- und Notmeldungen aber auch im Internet, wo
nicht vorhergesehen werden kann, welche Information ein Gehörloser anfordert und in
Gebärdensprache übersetzt haben möchte.
Auch im Zusammenhang mit Face-to-Face-Transaktionen, die nur gelegentlich und
unregelmäßig auftreten und zeitlich zu kurz sind, um dafür dauerhaft einen Dolmetscher
vorhalten zu können, zum Beispiel an den Schaltern der Post, in Banken oder in öffentlichen
Einrichtungen, die seltener von Gehörlosen besucht werden, können die Softbots eine große
Hilfe sein.
ViSiCAST-Systeme sollen Gebärdensprache also sowohl im Fernsehen übertragen, als auch
in Echtzeit generieren können.
Die Hauptziele sind die Verbesserung der Kommunikation zwischen Hörenden und
Gehörlosen sowie die Intensivierung der Teilnahme Gehörloser am sozialen und politischen
Geschehen der Gesellschaft.
In der Entwicklung befinden
sich im Moment Anwendungen
zur Übersetzung von
Fernsehsendungen und
Internetseiten.
Quelle: www.wissenswandel.de
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Die Software zur Übersetzung von
Webpages soll dann später auch für andere
Multimedia-Anwendungen, wie zum
Beispiel Lernprogramme, die einen
Gebärden-Avatar als Tutor einsetzen wollen,
oder Sprachlernprogramme, zum Erlernen
von Gebärdensprache, genutzt werden.
Quelle: www.visicast.sys.uea.ac.uk
2.2.2 TESSA
Der Begriff TESSA setzt sich aus den Wörtern Text and Sign Support Assistent zusammen
und beschreibt die erste bereits realisierte Anwendung des Projekts ViSiCAST.
TESSA ist ein Softbot der Audioeingaben
erkennt, übersetzt und die entsprechenden
Gebärden generiert.
Quelle: www.visicast.sys.uea.ac.uk
Das System ist zur Zeit halbautomatisch. Das heißt, dass ein Großteil der Gebärden in einer
Datenbank gespeichert ist. TESSA kann aber bereits Zeichen für variable Daten, wie zum
Beispiel für Zahlen, die mit den referenzierten Nomen wie Uhrzeit oder Geld eingegeben
werden, adhoc generieren und in den Datenstrom einbetten.
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TESSA wird bereits in mehreren Postämtern in Großbritannien eingesetzt. Ein Beispiel zeigen
die nachfolgenden Aufnahmen. Ganz rechts im Bild sieht man die Postbeamtin. Sie gibt ihre
Fragen und Antworten über ein Mikrofon an das System weiter. Die gehörlose Kundin, links
im Bild, bekommt die Informationen der Postbeamtin, durch TESSA in Gebärdensprache
übersetzt, auf einem Bildschirm am Schalter angezeigt.
Quelle: http://www.wissenswandel.de/index.php?article_id=78
Leider funktioniert die Kommunikation auf diese Weise bisher nur in eine Richtung, weshalb
zunächst zwei Erweiterungen geplant sind. Zum einen soll die Lautspracherkennung noch
deutlich verbessert werden, so dass die Postbeamtin nicht mehr an bestimmte Sätze oder
Begriffe gebunden ist. Zum anderen ist es aber auch ein sehr wichtiger Aspekt zusätzlich die
Kommunikation in die entgegengesetzte Richtung abzudecken. Dies soll darüber realisiert
werden, dass die Äußerungen des gehörlosen Kunden durch eine Kamera erkannt und dem
Postbeamten in Text oder Audioform ausgegeben werden können.
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3. Avatare
3.1 Definition
Der Begriff Avatar hat seinen Ursprung im Sanskrit und bedeutet „Herabkunft“. Im
Hinduismus bezeichnet man mit Avatar das „Gestaltwerden der Götter“.
Heutzutage wird der Ausdruck aber häufiger in Verbindung mit der virtuellen Realität
gebraucht und meint die 3D-Repräsentation einer natürlichen Person in der virtuellen Welt,
welche zum einen dem Teilnehmer selbst hilft sich innerhalb der Gemeinschaft zu
identifizieren, es aber auch den anderen Anwesenden vereinfacht, jemanden als Persönlichkeit
wahrzunehmen und dadurch das Gefühl der virtuellen Präsenz bei den Benutzern verstärkt.
Zunächst werde ich im Folgenden wieder kurz die verschiedenen Typisierungen definieren
um dann auf deren soziale Eigenheiten einzugehen.
3.1.1 Spielercharaktere in Computerspielen
Im Gegensatz zu den vom Computer gesteuerten NSCs, die wir im Abschnitt 2.1.1 kennen
gelernt haben, sind die Spielercharaktere in Computerspielen nicht künstlich intelligent
sondern werden vom Benutzer gelenkt.
Auf nebenstehendem Bild
sieht man eine größere
Gruppe von Spielern eines
Online-Rollenspiels, die sich
nach bestandenem Abenteuer
zu einem spontan von der
Spielleitung organisierten
Straßenfest getroffen haben
um nun gemeinsam virtuell zu
grillen und zu feiern.
Quelle:
Rollenspiel „Anarchy Online“,
Bigben Interactive
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Nebenstehender Screenshot zeigt eine Gruppe von
Avataren, die für gewöhnlich im Rahmen eines OnlineRollenspiels zusammen Abenteuer erleben, sich aber
zusätzlich regelmäßig einmal wöchentlich zu einer Art
Stammtisch treffen.
Quelle: Rollenspiel „Anarchy Online“, Bigben Interactive
3.1.2 Interaktive 3D – Welten
Interaktive 3D-Welten sind eine weiterentwickelte Form des einfachen Chats. Zur
herkömmlichen Textkommunikation kommen die Möglichkeiten Gestik und Mimik im
Gespräch mit anderen einzusetzen. Zusätzlich kann der Benutzer sich in Form eines Avatars
durch eine grafisch erzeugte Welt bewegen und dort Abenteuer erleben oder sich die Zeit, wie
im richtigen Leben auch, mit alltäglichen Dingen, wie Einkaufen oder mit Freunden ausgehen,
vertreiben.
Durch den Avatar nimmt der Benutzer die künstliche Welt intensiver wahr und es wird ein
natürlicherer Mensch-Mensch-Dialog im Cyberspace möglich.
Auf nachfolgendem Screenshot sieht man ein Beispiel für eine Unterhaltung bei der beide
Beteiligten sich wirklich in der virtuellen Welt befindlich fühlen, da sie sich über ihr
Aussehen, eigentlich das ihres Avatars, unterhalten.
Quelle:
Active Worlds
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3.2 Soziale Konventionen in 3D-Welten
Da die Benutzer offenbar wirklich in den virtuellen Welten „leben“ und so handeln als wären
sie dort tatsächlich präsent, stellt sich nun die Frage ob dieses Leben und Handeln genauso
von sozialen Konventionen geprägt ist wie das reale Leben.
Diese Fragestellung werde ich nun anhand zweier Beispielwelten, Onlive Traveller, im
Folgenden mit OT abgekürzt, und Active Worlds, im Folgenden mit AW abgekürzt,
untersuchen und in diesem Zusammenhang die unterschiedlichen Verhaltensweisen der
Benutzer in den beiden Welten beobachten und erläutern. Dabei habe ich mich an einer Arbeit
von Barbara Becker und Gloria Mark orientiert, welche im Rahmen des Buches „The Social
Life of Avatars“ von Ralph Schroeder veröffentlicht wurde. Alle Ergebnisse wurden von mir
in den Beispielwelten überprüft und verifiziert. Im Rahmen dieser Nachforschungen
entstanden auch die folgenden Screenshots, welche die Ergebnisse illustrieren.
Zunächst ein kurzer Vergleich der Voraussetzungen, die die beiden Welten prägen.
Bei Onlive Traveller ist der Benutzer lediglich
durch einen Avatarkopf repräsentiert. Zur
mimischen Äußerung seiner Emotionen stehen
ihm die vier verschiedenen Gesichtausdrücke
„glücklich“, „traurig“, „überrascht“ und
„ärgerlich“ zur Verfügung.
Der Screenshot links zeigt einen überraschten
Avatar.
Quelle: Onlive Traveller
Im Gegensatz dazu bewegen sich durch
Active Worlds Ganzkörperavatare, die
ihre Emotionen zwar durch Gesten wie
Winken, Hüpfen, Tanzen und Jubeln
zum Ausdruck bringen können, jedoch
über keinerlei mimische Fähigkeiten
verfügen.
Nebenstehend ist ein jubelnder Avatar
abgebildet.
Quelle: Active Worlds
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Des Weiteren zeigt der Vergleich, dass die Bewohner von Active Worlds auf
Textkommunikation angewiesen sind, während man bei Onlive Traveller zusätzlich die
Möglichkeit der Audiokommunikation hat.
Gemeinsam haben die beiden Welten, dass man Privatmessages an Einzelpersonen senden
kann.
Will man sich jedoch in einer Gruppe unterhalten so ist dies bei OT auf die Möglichkeit der
Audiokommunikation beschränkt, wobei die Benutzer sich räumlich möglichst nah
beieinander positionieren sollten, da mit zunehmenden Abstand zum Gesprächspartner die
Lautstärke abnimmt.
Im Gegensatz dazu erscheinen bei AW alle öffentlichen Nachrichten sowohl in Sprechblasen
über den Avatarköpfen als auch in einem Textfeld, welches auf dem Bildschirm des
Benutzers unterhalb der grafischen Repräsentation der Welt zu sehen ist, weshalb es möglich
ist auch Unterhaltungen weiter entfernt stehender Avatare zu folgen.
3.2.1 Kontaktaufnahme
Die ersten sozialen Konventionen machen sich schon bei der Kontaktaufnahme bemerkbar.
Während bei AW direkt nach dem Betreten der Welt zunächst alle Anwesenden begrüßt
werden, ist es bei OT allgemein üblich erst nach einer kurzen Orientierungsphase, während
welcher der Benutzer feststellt welche Avatare anwesend sind, nur ein bestimmtes
Individuum oder eine bestimmte Gruppe anzusprechen.
Ein weiterer Unterschied ist in der Art der Kontaktaufnahme erkennbar, die bei OT
audiobasiert und bei AW textbasiert erfolgt.
Zur Einleitung der Kontaktaufnahme
nähert sich der Avatar in OT
zunächst seinem Gesprächspartner,
um sich dann in dessen Blickrichtung
zu positionieren.
Quelle: Onlive Traveller
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Im Gegensatz dazu ist bei Active
Worlds eine Annäherung an einen
bestimmten Gesprächspartner nur in
Einzelfällen erfolgt.
Quelle: Active Worlds
Nach der Begrüßung kommt es bei OT im Regelfall zu einer Rückmeldung durch den
Angesprochenen, während bei AW eher selten eine Reaktion der anwesenden Avatare zu
beobachten war. Dieser Unterschied lässt sich dadurch erklären, dass bei OT meist eine
bestimmte Person angesprochen wird, die sich dann eher dazu veranlasst fühlt zu antworten,
während sich bei AW durch die allgemeine Begrüßung kaum einer der Avatare betroffen fühlt.
In beiden Welten war zu beobachten, dass weder von den Möglichkeiten der mimischen
Emotionsäußerung, zum Beispiel Einsatz eines Lächelns um „Blickkontakt“ herzustellen,
noch von Gesten zur Kontaktaufnahme Gebrauch gemacht wurde.
Ferner fällt bei OT auf, dass weiter entfernte Avatare nur selten angesprochen werden, was
wohl darauf zurückzuführen ist, dass die Kommunikation über größere Entfernungen kaum
möglich ist, da die Audiosignale dann zu stark gedämpft sind. Währenddessen war bei AW
kaum eine Differenz zwischen der Häufigkeit der Kontaktaufnahme zu räumlich näheren
Avataren im Vergleich zu der zu weiter entfernten Avataren zu erkennen.
3.2.2 Bindung an Gesprächspartner
Bei OT lässt sich klar eine stärkere Verbundenheit zum Gesprächspartner feststellen, was
vermutlich auf den, das Gespräch intensivierenden Blickkontakt zurückzuführen ist. Der
Benutzer hat das Gefühl einer sozialen Verpflichtung, zumindest kurz verweilen zu müssen
sobald der Kontakt hergestellt wurde.
Im Gegensatz dazu ist bei AW ein häufigerer Wechsel der Gesprächspartner zu beobachten,
was auf eine weniger intensive Beziehung zum Gegenüber hinweist. Vermutlich ist diese
Sprunghaftigkeit dadurch bedingt, dass es bei AW ganz leicht möglich ist den
Gesprächspartner zu wechseln indem man im Textfeld einen anderen Namen eingibt. Man
muss sich nicht extra in die nähere Umgebung des Angesprochenen begeben sondern kann
über das allgemein sichtbare Textfeld Kontakt zum nächsten Avatar aufnehmen.
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Dieser Sachverhalt erklärt auch die Tatsache, dass bei AW eher selten eine explizite
Verabschiedung von einem bestimmten Avatar zu beobachten ist, da man das Gespräch ja
jederzeit weiterführen kann. Der Benutzer verabschiedet sich in der Regel lediglich beim
Verlassen der Welt allgemein von allen Anwesenden, während bei OT jedes Gespräch durch
eine persönliche Verabschiedung beendet wird.
3.2.3
Konventionen innerhalb von Gruppen
Die Gruppenzusammengehörigkeit ist
bei OT zumeist klar an der räumlichen
Positionierung der Avatare erkennbar.
Sie ordnen sich, wie links auf dem
Screenshot sichtbar, in einer Art Kreis
an, einerseits um sich gegenseitig gut
verstehen zu können, aber auch damit
jeder Avatar alle anderen
Gruppenmitglieder sehen kann.
Quelle: Onlive Traveller
Im Gegensatz dazu ist die
Gruppenzusammengehörigkeit bei AW
in der Regel nur am Textfluss
erkennbar. Die Benutzer sehen meist
keinen Grund dafür sich zu einer
zusammengehörigen Einheit zu
positionieren, da die Gespräche,
dadurch, dass alle Nachrichten
zusätzlich zu den Sprechblasen über
den Köpfen im Textfeld erscheinen,
nicht von der räumlichen Entfernung
abhängig sind.
Quelle: Active Worlds
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Stößt bei OT ein neues Mitglied
zur Gruppe, so kommt es zu einer
Neupositionierung der Avatare
um den Neuling, sofern seine
Anwesenheit erwünscht ist, in
den Gesprächskreis aufzunehmen.
Auf nebenstehendem Screenshot
kann man erkennen wie der Kreis
geöffnet wurde um mich mit
einzubinden.
Quelle: Onlive Traveller
Bei AW wiederum ist wesentlich
seltener eine Neupositionierung
zu beobachten, da Sichtkontakt
für den Gesprächsfluss weniger
wichtig ist als das Textfeld.
Auf dem Bild links kann man gut
erkennen, dass die Avatare ohne
offensichtliche Zusammengehörigkeit im Raum stehen,
weshalb Außenstehenden anhand
der Positionen nicht klar werden
kann wer sich mit wem unterhält.
Quelle: Active Worlds
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3.2.4 Signalisieren von Privatsphäre
In beiden Welten wurde beobachtet, dass der Wunsch nach Privatsphäre häufig durch eine
bestimmte Körperhaltung vermittelt wird.
Wie auf dem nebenstehenden Screenshot erkennbar,
erfolgt dies bei AW durch Einnahme einer Position,
die nur geringen räumlichen Abstand zwischen den
Avataren zulässt.
Quelle: Active Worlds
Die Bewohner von OT wiederum stellen sich auf den
Kopf um den Wunsch nach Privatsphäre zu
signalisieren.
Quelle: Onlive Traveller
Weitere häufig beobachtete Verhaltensweisen um sich ungestört unterhalten zu können, sind
in OT der Rückzug an einen weiter entfernten Ort, da die Stimmen für die anderen Avatare
dann nicht mehr oder nur sehr leise hörbar sind, und die Nutzung der Möglichkeit
Privatmessages auszutauschen.
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Bei AW waren dieselben Verhaltensweisen zu beobachten, wobei der Rückzug an einen
„versteckten“ Ort wohl mehr das Gefühl des Ungestörtseins zur Folge hat als die tatsächliche
Wahrung der Privatsphäre, da die Nachrichten weiterhin von allen Benutzern im Textfeld
mitgelesen werden können, sofern es sich nicht um Privatmessages handelt.
Wagte es dennoch ein außenstehender Avatar sich einer Gruppe, die den Wunsch nach
Privatsphäre signalisierte, anzunähren, so führte dies in beiden Welten zu wortloser Ignoranz.
Aggressives Vertreiben des Störenfrieds war nicht zu beobachten. Im Gegenteil, die Avatare
ließen sich nicht aus der Ruhe bringen und verweilten in ihrer Position
3.2.5
Räumliche Distanz zwischen Avataren
Nähert sich jedoch ein Avatar zu eng an einen
anderen an so führt dies in beiden Welten beim
bedrängten Benutzer zu Verärgerung, wie man auf
dem nebenstehenden Screenshot erkennen kann.
Quelle: Onlive Traveller
Die Avatare versuchen sich dann durch eine
schnelle Rückwärtsbewegung oder Abwenden zur
Seite Luft zu verschaffen.
Quelle: Active Worlds
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Die Vermutung, dass die Verärgerung vom Verdecken des Sichtfelds herrühren könnte,
wurde jedoch in beiden Welten durch Befragungen der betroffenen Avatare widerlegt. Die
Benutzer verspürten in der Tat ein Gefühl der Bedrängnis und versuchten sich davon zu
befreien.
3.2.7 Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bei OT eine ausgeprägtere Übernahme von RealLife Konventionen zu beobachten war, was sich auf die Tatsache zurückführen lässt, dass OT
durch die Möglichkeit der Audiokommunikation wesentlich immersiver ist. Es lässt sich
folglich festhalten, dass die Wahrscheinlichkeit der Übernahme von Konventionen der
Realwelt in eine virtuelle Welt, je größer ist, je immersiver die virtuelle Realität ist.
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Quellen:
http://www.heise.de/newsticker/result.xhtml?url=/newsticker/data/cp-01.07.01001/default.shtml&words=Avatar
http://www.intranetberater.de/inhalte/knowhow/praxis/avartar.php
http://www.novomind.de
http://www.bundeskanzler.de
http://www.yellowstrom.de
http://www.der-dom.de
http://www.ananova.com/video/
http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/bstuecke/07540/
http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/bstuecke/07540/
http://www.wissenswandel.de/index.php?article_id=77
http://www.visicast.sys.uea.ac.uk/Visicast_index.html
http://www.neue-welten.info/avatar/kategorie-avatare.html
http://www.nemos.net/deutsch/wissen/philosophie/vortragx/avatar.htm
http://www.digitalspace.com/traveler
http://www.activeworlds.com
Ralph Schroeder, The social Life of Avatars, London, Springer 2002
PC-Rollenspiel „Dungeon Siege“, Gas powered Games, Microsoft
PC- Rollenspiel „Anarchy Online“, Bigben Interactive
Microsoft Word 2002
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