Anleitung zur

Transcrição

Anleitung zur
Anleitung zur
Überwinterung von
Jungigeln
von
Kurt Volkmann
In Zusammenarbeit mit einer Gruppe langjähriger erfahrener
Igelbetreuer
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-2Inhaltsangabe:
1. Vorwort
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2. Einleitung
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3. Biologie des Igels in Stichworten
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4. Gründe zur Aufnahme von Igeln in häusliche
Gemeinschaft
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5. Erste Maßnahmen
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6. Unterbringung
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7. Ernährung
Seite 8
8. Überwinterung in menschlicher Obhut
Seite 9
9. Aussetzen im Frühjahr
Seite 11
10. Einige Besonderheiten
Seite 12
11. Igelkrankheiten
Seite 12
12. Igelbabies
Seite 14
13. Hilfe für freilebende Igel
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-31. Vorwort
Igel zählen wegen ihres bizarren Aussehens zu den markantesten Erscheinungen
unserer heimischen Fauna. Sie bewohnen unsere Erde seit rund 20 Millionen
Jahren, also erheblich länger als der Mensch.
Wenn Sie diesen langen Zeitraum überleben konnten, ohne dass ihre
Populationsdichte abgenommen hat, so verdanken sie das u. a. einer deutlich
ausgeprägten Anpassungsfähigkeit an veränderte Umweltbedingungen und einer
relativen Anspruchslosigkeit an den Lebensraum. Diese Eigenschaften sind jedoch
gegen Gefährdungen der modernen Zivilisation unwirksam. So werden die Verluste,
die durch Straßenverkehr, Einsatz von Chemikalien, Verminderung oder
Verschlechterung des Lebensraumes usw. entstehen, durch die natürliche
Reproduktionsrate nicht mehr ausgeglichen.
Die Folge davon ist eine langsame, aber permanente Abnahme der Igelbestände
sowohl in der offenen Landschaft, wie auch im menschlichen Siedlungsbereich. So
stehen Igel in einigen Bundesländern bereits auf der sogenannten „Roten Liste“.
Hier können Tierfreunde einen kleinen, aber verdienstvollen Beitrag zur Erhaltung
einer bedrohten Tierart leisten, wenn sie kranke oder verletzte Igel gesundpflegen
oder Jungigel, die für eine Überwinterung in der freien Natur zu klein sind, bei sich
aufnehmen und bis zum nächsten Frühjahr betreuen.
Da die häusliche Pflege eines Igels mit der Pflege eines Haustieres keinesfalls
vergleichbar ist und ein erhebliches Maß an Wissen erfordert, soll diese kleine
Überwinterungsanleitung mithelfen, grobe Fehler bei der Betreuung stachliger
Wintergäste zu vermeiden.
Der Autor ist für kritische Hinweise stets dankbar. Bei speziellen Problemen werden
auf Anfrage auch gern weitere Auskünfte erteilt (Anschrift am Schluss).
-42. Einleitung
Wenn Sie sich dazu entschließen sollten, das Leben eines Igels für die Natur zu
retten, sollten Sie sich von Anfang an darüber im Klaren sein, dass Sie bei
Wohnungsüberwinterung einige unabdingbare Voraussetzungen erfüllen müssen,
ohne die Ihre Bemühungen in jedem Fall scheitern würden:
a) der Igel braucht stets die ganze Nacht einen Auslauf von mindestens 2,0 m2.
Hat er diesen Auslauf nicht, gibt es in kurzer Zeit Lähmungserscheinungen an
den Hinterbeinen
b) die Temperatur soll am Boden gemessen nicht häufig unter 16° C absinken,
sonst verweigert er die Nahrungsaufnahme
(gelegentliche Temperaturschwankungen sind jedoch ohne Bedeutung),
c) Sie müssen wissen, dass Sie bis Ende April oder Anfang Mai des Folgejahres
die Verantwortung für ein Tier übernommen haben.
Wenn Sie dem Igel dann noch abwechslungsreiche Kost bieten, der Sie unbedingt
auch Mineralstoffe (u. a. Kalk) und Vitamine zusetzen müssen, sollte es Ihnen mit
Hilfe dieser Anleitung gelingen, das Tier gesund über den Winter zu bringen. Sie
werden dabei ein wenig Mühe aufwenden müssen, auch etwas Zeit und Geld opfern,
aber auch viel Freude haben, wenn Ihr Igel es im Frühjahr geschafft haben wird und
Sie Anfang Mai der Natur ein gesundes Wildtier zurückgeben können.
3. Biologie des Igels in Stichworten
Nachgewiesen durch Skelettfunde seit dem Tertiär, also etwa 20 Millionen Jahre alt.
In Europa zwei Arten:
Braunbrustigel und Weißbrustigel
Lebenserwartung:
theoretisch etwa 8 bis 10 Jahre,
in freier Natur vermutlich nur 3 bis
höchstens 4 Jahre
Nahrung:
Insekten, Tausendfüßler, Asseln, Käfer,
Regenwürmer, Schnecken, Spinnen
usw. Selten Obst (Birnen, Pflaumen)
Trächtigkeitsdauer:
ca. 35 Tage
Wurfgröße:
2 bis 6 Junge (selten mehr)
Geburtsgewicht:
15 bis 25 g
Sinneswahrnehmungen:
guter Geruchs- und Gehörsinn, jedoch
schlechtes Sehvermögen
Körpertemperatur:
ca. 36° C, im Winterschlaf auf 3 bis 5° C
zurückgehend
Herzfrequenz:
ca. 20 Schläge/min, im Winterschlaf
auf wenige Schläge/min zurückgehend
Stachelkleid:
ca. 8000 Stacheln bei erwachsenen
Tieren
-54. Gründe zur Aufnahme von Igeln in die häusliche Gemeinschaft
Igel zählen zu den geschützten Wildtierarten. Ihre Aufnahme ist nur unter ganz
bestimmten Bedingungen zulässig (§ 20 Bundesnaturschutzgesetz).
Hier ein Beispiel, das unter die Ausnahmeregelung fällt:
Igelinnen bringen häufig ihre Jungen zu spät zur Welt. Diese sogenannten Spätwürfe
erreichen bis zum Beginn der Frostperiode nicht mehr das notwendige Gewicht von
500 g, das für den Winterschlaf in freier Natur erforderlich ist, so dass die Jungtiere
der Spätwürfe fast ausnahmslos verhungern oder erfrieren.
Diese Tiere brauchen unsere Hilfe. Man sollte sie ins Haus nehmen und durch
optimale Ernährung (in freier Natur finden sie, wenn es kälter wird, nicht mehr
genügend Nahrung) zunächst auf ihr Winterschlafgewicht bringen. Dann sollen sie,
wie ihre freilebenden Artgenossen auch (aber unter Ihrer Kontrolle), Winterschlaf in
einem kalten Raum halten (Balkon, Gewächshaus, ungeheizter Dachboden o. ä.).
Die Zeit bis dahin müssen Sie aber nutzen, um ihn gesund zu pflegen.
Kein Igel, der in freier Natur Schnecken oder Regenwürmer (Überträger von Lungenund Darmparasiten) gefressen hat, kommt gesund in ihre Obhut. Jedoch löst zumeist
eine simple Wurmkur das Problem, und nur so können Sie im nächsten Frühjahr ein
gesundes Tier der Natur zurückgeben.
Nehmen Sie einen Igel jedoch nur dann auf, wenn eine der folgenden
Voraussetzungen zutrifft:
a) Der Igel muss für den Winterschlaf in freier Natur zu klein sein (Fundgewicht
Mitte Oktober unter 400 g, Mitte November unter 500 g).
b) Der Igel ist krank (verminderte Abwehrreaktionen, kein Zusammenrollen,
Husten, Röcheln) oder verletzt, häufig auch Befall mit Fliegeneiern oder
Maden.
c) Sie stellen fest, dass das Muttertier mit Sicherheit tot ist oder der Wurf über
einen längeren Zeitraum nicht mehr versorgt wird.
d) Der Igel irrt (unabhängig vom Gewicht) bei Frost oder Schnee umher. Diese
Tiere sind immer krank, oder ihr Winterschlafquartier wurde zerstört.
-65. Erste Maßnahmen
Wiegen Sie einen aufgenommenen Igel sofort und untersuchen Sie ihn, so gut es
geht, auf Verletzungen (er wird sich vermutlich nicht aufrollen, was man auch
niemals mit Gewalt versuchen sollte) und stellen Sie ihn warm. Suchen Sie alsbald
eine Igelstation zur Beratung auf. Die Anleitung, die Sie gerade lesen, kann Ihnen
niemals alles vermitteln, was Sie wissen müssen. Ist der Igel verletzt, ist für diesen
Besuch höchste Eile geboten. Solche Stationen gibt es in Berlin und im gesamten
Bundesgebiet. Adressen erfahren Sie bei den örtlichen Naturschutzorganisationen
oder Tierschutzvereinen. Erhalten Sie hier keine Hilfe, wenden Sie sich an den
nächsten Tierarzt.
Wiegt der Igel mehr als in Punkt 4 angegeben und ist er unverletzt, setzen Sie ihn
sofort an der Fundstelle wieder aus. Möglicherweise handelt es sich um ein
säugendes Muttertier und die Babies würden sonst verhungern!
Bleibt der Igel in ihrer Obhut, füttern Sie ihn umgehend; Sie wissen nicht, wie lange
er schon ohne Nahrung war. Die Futtermenge sollte jedoch zunächst nur gering sein
(etwa 1 Esslöffel voll). Tagsüber wird der Igel jedoch selten Nahrung aufnehmen,
üblicherweise frisst er nachts.
Beseitigung von Ungeziefer (Flöhen und Zecken):
Beschaffen Sie sich aus der Zoohandlung oder Drogerie ein Flohspray (z. B. „Bolfo“)
für Hund und Katze. Nehmen Sie den Igel in die linke Hand, er muss dabei auf dem
Rücken liegen. Halten Sie den Daumen über das Gesicht oder decken Sie es
anderweitig ab. Dann sprühen Sie ihn ein (es darf nichts in das Gesicht oder die
Ohren gelangen). Danach drehen Sie den Igel um und besprühen den Rücken und
die Flanken. Nach ca. 20 min. Wartezeit lauwarm abduschen und abtrocknen sowie
fönen. – Zecken (helle bohnenförmige Gebilde) mit einer Pinzette herausziehen.
(Pinzette so tief wie möglich ansetzen, damit der Kopf herauskommt).
Vorsicht:
Verwechseln Sie an der Körperunterseite die Zitzen nicht mit Zecken oder toten
Flöhen! Sollte der aufgenommene Igel stark unterkühlt sein und nur geringe
Abwehrreaktionen zeigen (Apathie, kein Zusammenrollen), darf er weder eingesprüht
noch sofort gebadet werden. Das trifft in jedem Falle für Igelbabies zu. Warten Sie
damit zumindest einen Tag. Unterkühlte Tiere (kalte Beine, kalter Bauch) sollten Sie
ganz vorsichtig auf einem Heizkissen erwärmen, aber nur die niedrigste Stufe
einstellen!
Ist der Igel von Fliegeneiern befallen, hilft Abduschen mit handwarmem Wasser und
Abbürsten mit einer alten Zahnbürste. Maden müssen sehr sorgfältig mit einer
Pinzette abgesammelt werden; darauf zusätzlich abduschen. Sind die Augen von
Maden befallen, versuchen Sie diese mit lauwarmem Wasser herauszuspülen (z. B.
mit einer Plastikspritze ohne Kanüle).
-76. Unterbringung
Bringen Sie den Igel zunächst in einem Raum mit Zimmertemperatur unter.
Tageslichteinfall und Frischluftzufuhr sind notwendig. Wenn ein Kellerraum diese
Voraussetzungen erfüllt, kann der Igel auch hier untergebracht werden. Nackter
Betonboden ist jedoch ungeeignet. Legen Sie den Boden des Igelauslaufes in jedem
Falle mit Pappe und mehreren Lagen Zeitungspapier aus, welches Sie je nach
Verschmutzungsgrad öfter erneuern müssen. Keinen Schaumstoff verwenden.
Umgeben Sie das Quartier des Igels mit einer mindestens 50 cm hohen Wand (Igel
können gut klettern). Die Wand soll möglichst aus glattem Holz (ohne Nägel und
Splitter) oder sehr starker Pappe sein.
Legen Sie einige Äste oder Zweige mit Blättern in den Auslauf, damit auch etwas
Natur in die für den Igel so triste Einöde gebracht wird. Stellen Sie auch eine flache
Schale (Fotoschale) mit normaler Gartenerde in den Auslauf (z. B. Grasnarbe,
kein steriler Kies). Wegen der Geruchsreize sollten Sie auch einen Ast von einer
Kiefer oder Fichte mit in den Auslauf legen.
Tagsüber braucht der Igel einen geschützten Platz (Schlafnest). Stellen Sie ihm
einen größeren Karton oder eine Kiste mit ausgeschnittenem Eingang und
abnehmbarem Deckel (wegen der besseren Reinigungsmöglichkeit) in den Auslauf.
Zusammengeknülltes Zeitungspapier (kein Kunstdruckpapier), Heu oder trockenes
Laub hineinlegen, jedoch keine Sägespäne, keine Streifen aus Aktenvernichtern.
Keine Holzwolle oder Katzenstreu verwenden, auch Stroh ist ungeeignet
(Verletzungsgefahr an den Augen). Den Igel tagsüber nicht stören: es ist seine
Schlafenszeit. Als Spieltier für Kinder sind Igel daher völlig ungeeignet.
Generell sind Igel Einzelgänger. Gemeinsame Unterbringung mehrerer Tiere kann zu
gefährlichen Beißereien führen, vornehmlich bei erwachsenen Tieren. Jungigel
vertragen sich anfangs besser, aber auch nicht auf Dauer.
Igel brauchen Wärme, vertragen aber keine Hitze. Im abgeteilten Auslauf sollen sich
daher keine Zentralheizungskörper oder -rohre befinden.
Wenn Sie für einen abgeteilten Auslauf keinen Platz in Ihrer Wohnung haben,
können Sie den Igel nachts frei laufen lassen, z. B. in der Küche. Dies ist aber nur
eine Notlösung. Der Igel wird sich Verstecke suchen, an die Sie nicht denken. Bei
freiem Auslauf in der Wohnung müssen Sie auch verhindern, dass der Igel hinter den
Kühlschrank oder hinter die Schrankwand geraten kann. Hat er sich dort einmal
eingeklemmt, ziehen Sie ihn nicht mit Gewalt hervor. Ausgerenkte Gelenke sind
zumeist die Folge.
Ist das Bad der freie Auslauf, muss das Abflussrohr unbedingt zugedeckt werden.
Legen Sie alle Ecken mit Zeitungspapier aus; der Igel wird sich, wenn Sie Glück
haben, eine dieser Ecken als ständige Toilette aussuchen. Morgens können Sie das
Papier dann mühelos entfernen.
Üben Sie besondere Vorsicht beim Öffnen der Tür. Sitzt der Igel dahinter, verletzen
Sie ihn mit Sicherheit.
Am Tage können Sie den Igel mit seinem Schlafhäuschen auf engerem Raum
unterbringen (z. B. Karton mit größeren Luftlöchern).
Bei verletzten Igeln den Karton mit einer Gardine abdecken, um Fliegen
fernzuhalten.
Denken Sie an die 2 m2 Grundfläche. Der Igel braucht Bewegungsfreiheit! Er ist ein
Wildtier und kein Kaninchen, das man in einen Stall sperren kann.
Die Unterbringung eines Igels, sei es auch nur für kurze Zeit, in Badewannen,
Eimern, Plastikbecken, Obstkisten, Aquarien o. ä. ist Tierquälerei!
-87. Ernährung
In der freien Natur besteht die Nahrung des Igels fast ausschließlich aus Fleisch
(Würmer, Käfer usw.). Das bedeutet, dass Sie ihn in häuslicher Gemeinschaft auch
überwiegend mit Fleisch ernähren müssen. Sie müssen die Fleischstückchen jedoch
stets sehr klein schneiden.
Zu seiner Hauptnahrung gehören:
a) Schabefleisch oder Rinderhackfleisch;
b) grätenfreier Fisch, roh, aufgetauter Tiefkühlfisch, auch ganze Köpfe
von grünen Heringen (keine Räucherware, kein Büchsenfisch);
c) Innereien (Nieren, Herz, Magen) gekocht, kleingeschnitten
(Innereien nicht zu oft, da Durchfallgefahr);
d) milder Käse, kleingeschnitten, auch Quark;
e) Rührei (ohne Gewürze), auch hartgekochte Eier, kleingeschnitten;
f) gekochtes Hühnerklein (niemals roh wegen der Salmonellengefahr),
also unzerkleinerte Flügel und Hälse mit Knochen. Knochen und
Knorpel sind unbedingt notwendig zur Erhaltung der Zähne und gegen
Zahnsteinbildung! (Sollte der Igel Durchfall bekommen, müssen Sie die Haut
vom Hühnerklein entfernen: nicht jeder Igel verträgt sie.);
g) Büchsenfutter für Hunde und Katzen (nur 1-2 x pro Woche), gemischt
mit rohen Haferflocken (ohne zusätzliche Ballaststoffe wie z. B.
Haferflocken wird der Kotgeruch nahezu unerträglich, auch bei zu
häufiger Fütterung mit Büchsenfutter);
h) zusätzlich kleingeschnittene Birnen und Bananen, Weintrauben, Avocados;
i) möglichst auch Lebendnahrung anbieten, geeignet sind Mehlwürmer (in
Zoohandlungen erhältlich), jedoch keinesfalls als Dauernahrung;
j) nur Wasser geben, keine Milch, auch nicht verdünnt (Durchfallgefahr);
das Wasser täglich erneuern;
k) keine Schnecken oder Regenwürmer verfüttern: sie sind Überträger
von Lungen- und Darmparasiten;
l) niemals Reste von Mittagessen, Kuchen oder Schokolade verfüttern;
m) Igelgeschirr (z. B. Deckel von Einweckgläsern) täglich auswaschen.
Unter das Weichfutter sind Ballaststoffe zu mischen (Haferflocken oder
Weizenkleie). Nichts direkt aus dem Kühlschrank, sondern bei Zimmertemperatur.
Täglich 3 bis 4 gehäufte Esslöffel (mehrere Sorten Futter) sind ausreichend für einen
heranwachsenden Jungigel. Das Gewicht soll jede Woche um 50 bis 75 g steigen.
Höchstgewicht nicht mehr als 900 bis maximal 1000 g.
Igelkinder (unter 100 g Körpergewicht) aufzuziehen erfordert fundiertes Fachwissen,
das der Laie in der Regel nicht hat. Ohne Zusammenarbeit mit einer versierten
Igelstation werden Sie kaum Erfolg haben. Versuchen Sie es zunächst mehrmals
täglich und auch mindestens ein Mal nachts mit einem Brei aus milchfreier
Babynahrung oder Haferschleim, möglichst mit Fencheltee und Traubenzucker, den
Sie aus einer 5-ml-Plastikspritze (Apotheke oder Tierarzt) sehr langsam und
vorsichtig körperwarm geben müssen.
Der Igel muss sich bei der Fütterung in senkrechter (sitzender) Haltung befinden. Die
Spritze von der Seite aus einführen. Der Nahrung bei Neigung zu Durchfall
ein Drittel Fencheltee (notfalls Kamillentee) zusetzen und anschließend zur
-9Verdauungsförderung mit Pinsel oder Finger den Bauch in Richtung After und auch
die Genitalöffnung massieren.
Ab ca. 100 g Körpergewicht immer wieder versuchen, das Baby zur selbständigen
Aufnahme von fester Nahrung zu bewegen, auch kranke und schwache erwachsene
Tiere sollten auf diese Weise zwangsernährt werden.
Zusätzlich ist zur Gesunderhaltung unbedingt notwendig:
a) Täglich 1 Tropfen Multibionta (Multivitaminpräparat aus der Apotheke)
unter die Nahrung mischen,
b) Mehrmals wöchentlich 1 größere Messerspitze Futterkalk unter die
Nahrung mischen (z. B. Mineralstoffmischung für Kleintiere aus der
Zoohandlung).
8. Überwinterung in menschlicher Obhut
Der Winterschlaf des Igels in freier Natur ist ein Anpassungsvorgang an
Nahrungsmangel und Kälte. Beides trifft für die Haltung im Warmen nicht zu, so dass
der Igel hier notfalls ohne Winterschlaf auskommt. Eine artgerechte Form der
Überwinterung ist das jedoch nicht, denn die Natur hat den Winterschlaf nun einmal
vorgesehen. Außerdem werden Sie mit dem Gewicht des Igels handfeste Probleme
bekommen, wenn er ständig im Warmen untergebracht ist und damit am
Winterschlaf gehindert wird. Er wird, wenn er entwurmt und ansonsten gesund ist,
ständig zunehmen und Sie setzen im Frühling entweder ein völlig übergewichtiges
(und damit krankes) Tier aus, oder Sie lassen ihn dauernd hungern. Sein
Aussetzungsgewicht soll keinesfalls mehr als 900 g betragen. 1000 g sind die
äußerste Grenze, auch wenn es in der Natur Igel mit höherem Gewicht gibt. Das sind
„Muskelpakete“, das, was Sie heranfüttern, hingegen „Speckpakete“. Eine verfettete
Leber ist eine häufige Todesursache für Igel, die in menschlicher Obhut waren.
Deshalb sollten Sie Jungigel (keine Babies!), die im Oktober als untergewichtige
„Herbstigel“ in menschliche Obhut kommen, von Anfang an bis Ende Mai des
nächsten Jahres bei Außentemperaturen unterbringen; man muss sie also nicht
unbedingt in einem warmen Raum überwintern lassen. Diese Form der
Überwinterung trägt den natürlichen Bedürfnissen des Igels besser Rechnung, es
müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein:
a) Der Igel muss Mitte Oktober ca. 300 g wiegen. Liegt sein Gewicht darunter,
müssen Sie ihn erst bis zum Erreichen dieses Gewichtes im Warmen
auffüttern und erst danach ins Kalte bringen. Er braucht auch dort
selbstverständlich einen großen Auslauf, und der Temperaturunterschied
zwischen „drinnen“ und „draußen“ darf bei der Umquartierung ins Kalte nicht
zu groß sein. (Nach dem 15. November aufgenommene Igel sollten Sie jedoch
nach dieser Methode nicht überwintern, sondern ständig bei warmen
Temperaturen unterbringen.)
b) Das Tier muss in einem guten Zustand sein (keine „Hungerfalte“ im Genick,
keine eingefallenen Flanken, keine Verletzungen).
c) Es muss eine Wurmkur erfolgt sein. Warten Sie jedoch damit, bis der Igel ca.
200 g wiegt, besser 300 g (s. Abschnitt 11).
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d) Die Unterbringung muss auf einem abgesicherten Balkon (keine Stäbe,
sondern Mauerwerk), auf der Terrasse, im Gartenhaus (mit Lichteinfall), in
einem abgesicherten Freigehege, im ungeheizten Gewächshaus o. ä.
erfolgen. Bei Unterbringung auf dem Balkon muss das Wasserablaufloch mit
einem fest einbetonierten Sieb verschlossen sein. Notfalls einen Mauerziegel
auf das Loch legen. – Vergessen Sie auch nicht, dass Igel bis ca. 50 cm hoch
klettern und sich auch z. B. in Freigehegen bis ca. 20 cm Tiefe unter der
Begrenzung hindurchgraben können. Wenn der Igel ausbricht, ist er verloren.
Ungeeignet ist auch eine Umzäunung mit Maschendraht. Bei betoniertem
Auslauf muss eine wirksame Isolierung gegen Bodenkälte erfolgen, z. B.
Linoleum o. ä., darauf Zeitungspapier (kein Kunstdruckpapier!). Das
Außenquartier muss sich wegen der ständig notwendigen Kontrollen jedoch in
unmittelbarer Hausnähe befinden. Tipp: Wenn Sie einen Garten haben und
dort auch wohnen, können Sie ein Freigehege auf einfache Art selbst bauen.
Es kostet Sie ca. 50,-- € und zwei Stunden Arbeit. – Gehen Sie in den
nächsten Baumarkt und kaufen Sie 10 m Wellpolyester, 1 m breit. Stellen Sie
es an einem schattigen Ort im Garten kreisrund auf (an den Enden ca. ½ m
überlappen lassen) und graben Sie es etwa 40 cm ein. Darin das
Winterschlafhaus des Igels aufstellen. So haben Sie ein völlig natürliches
Kleinbiotop geschaffen.
e) Das Schlafhaus soll geringfügig erhöht stehen (z. B. untergelegtes Brett) und
gegen Regen und Schnee mit Dachpappe o. ä. abgedeckt werden. Gute
Isolierung gegen Kälte ist notwendig, also das Häuschen dicht mit Heu,
zerknülltem Papier (kein Kunstdruckpapier), getrocknetem Laub usw.
ausstopfen und oben zusätzlich mit alten Decken usw. (mehrlagig) abdecken.
Schlafhaus nicht zu klein machen und nicht direkt an den Rand stellen, nach
oben gegen Nässe abdecken. Wichtig: Legen Sie neben das Schlupfloch
noch Nestbaumaterial. Der Igel wird sich das hereinziehen und sein
Winterschlafquartier damit ausbauen. Legen Sie ihm so lange etwas hin, bis
er nichts mehr in sein Quartier trägt.
f) Das Futter für unerwünschte Kostgänger (Katzen, Tauben usw.) unzugänglich
machen.
Der Igel wird, wenn Sie so verfahren, etwa zur selben Zeit in den Winterschlaf gehen
wie seine freilebenden Artgenossen. 500 g Gewicht sollte er erreicht haben (besser
mehr), sonst müssen Sie ihn im Frühjahr nach dem Aufwachen zu lange auffüttern,
bis er ausgesetzt werden kann. Einige Tage vor Beginn des Winterschlafes wird der
Igel zwar noch Kot absetzen, aber nichts mehr fressen. Das ist normal, weil er seinen
Darm völlig entleeren will. Ein typisches Zeichen für den beginnenden Winterschlaf
ist das von innen verstopfte Schlupfloch.
Auch dann müssen Sie weiter Futter hinstellen, sogenanntes „Kontrollfutter“. Sollte
der Igel zwischenzeitlich bei Temperatur- und Luftdruckschwankungen einmal wach
werden, muss er Futter vorfinden. Außerdem können Sie so kontrollieren, ob er
Futter verzehrt hat, denn dann muss er normal weitergefüttert werden. Geben Sie
ihm während des Winterschlafes der Einfachheit halber Trockenfutter, das Sie nicht
täglich erneuern müssen, z. B. kleingekackte Nüsse, Rosinen, Kekse, denn zumeist
wird es unberührt bleiben. Auch Wasser muss ständig zur Verfügung stehen, auch
wenn es gefriert.
- 11 Sollte der Igel Anfang Dezember noch keine 500 g wiegen, müssen Sie ihn
hereinnehmen und in einem warmen Raum überwintern lassen. Vermutlich ist er
krank (Igelstation oder Tierarzt aufsuchen). Wiegt der Igel deutlich über 500 g und
macht trotzdem keine Anstalten, in den Winterschlaf zu gehen, müssen Sie die
Nahrung reduzieren oder auch nur Trockenfutter geben. In den meisten Fällen wird
sich der Igel dann zum Winterschlaf zurückziehen.
Hat der Igel den Winter im Außenquartier gut überstanden, wird er nach dem
Aufwachen im Frühjahr vermutlich stark untergewichtig sein und hätte in freier Natur
(auf sich selbst gestellt) keine sichere Überlebenschance.
Sie aber haben ihn in Obhut und können ihn bis zum Aussetzen im Mai wieder
auffüttern. Wenn er dann mehr als 600 g wiegen sollte (besser 700 g), können Sie
ihn unbedenklich wieder in die Natur entlassen, jedoch keinesfalls vor Ende
April/Anfang Mai.
Durch diese Form der Überwinterung werden die Igel den natürlichen klimatischen
Verhältnissen nicht entwöhnt. Sie sind dann im Frühjahr erheblich gesünder und
widerstandsfähiger. Es werden auch bei häuslicher Überwinterung zwangsläufig
auftretende Stresssituationen (z. B. Lärm) vermieden. Der Igel ist für den Betreuer so
auch „pflegeleichter“: ein Igel, der schläft, kostet kein Geld und macht keine Arbeit.
9. Aussetzen im Frühjahr
Da Igel zu den geschützten Wildtieren zählen, ist es nicht gestattet, sie ganzjährig in
Gefangenschaft zu halten.
Setzen Sie Ihren Igel also etwa Anfang Mai an einem warmen, trockenen Abend zu
Beginn der Dämmerung wieder aus. Im März und April findet er in der freien Natur
noch nicht ausreichend Nahrung, es ist auch noch mit Nachtfrösten zu rechnen. Für
das Aussetzungsgebiet müssen folgende Voraussetzungen möglichst lückenlos
erfüllt sein:
a) Es muss ein igelfreundliches Biotop sein, z. B. Gartengelände, nicht etwa
Hochwald, auch nicht freies Feld oder Wiese;
b) für den Igel muss Durchgang zu den Nachbargrundstücken möglich sein, er
braucht zur Nahrungssuche etwa 3.000 bis 4.000 m2 Fläche;
c) es dürfen keine Wasserbecken mit glatten oder steilen Rändern in der Nähe
sein, in die der Igel fallen könnte. Er kann zwar schwimmen, aber nur kurze
Zeit;
d) es dürfen keine Straßen in der Nähe sein, die nachts befahren werden;
e) das Gelände muss dem Igel tagsüber Deckung bieten (Hecken, Gebüsch,
Unkrauthalden, Holzstapel usw.);
f) es darf in der Nähe der Aussetzungsstelle nicht mit Agrochemikalien
gearbeitet werden;
g) es muss ein Gelände sein, von dem Sie wissen, dass sich hier noch weitere
Igel befinden;
h) es sollte sicher sein, dass das Aussetzungsgebiet in den nächsten Jahren
durch Baumaßnahmen nicht wesentlich verändert wird (Baugruben sind
Todesfallen für Igel);
i) der Igel soll ein Gewicht von möglichst 700 g erreicht haben;
j) das Tier muss völlig gesund und voll lauffähig sein;
k) wenn möglich, stellen Sie in den ersten Tagen noch Futter in die Umstellung,
er muss erst lernen, dass man z. B. Kellerasseln fressen kann;
- 12 l) geben Sie dem Igel eine Zeit lang vor dem Aussetzen auch Lebendfutter
(Kellerasseln, Tausendfüßler, Käfer, jetzt auch schon Regenwürmer, jedoch
keine Schnecken). Er muss sich jetzt an diese Nahrung gewöhnen. Auch
Mehlwürmer sind dafür geeignet, jedoch nur in geringen Mengen;
m) kennzeichnen Sie den Igel nicht mit Farbe. Sie zerstören damit seine
natürliche Tarnung.
10. Einige Besonderheiten
Auf bestimmte Geruchsreize hin bedecken die Igel ihren Körper mit Speichel. Dies ist
eine für den Igel normale Reaktion und keinesfalls eine Krankheitserscheinung.
Bei Unterbringung des Igels in Räumen mit geringer Luftfeuchtigkeit besprengen Sie
das Tier öfter einmal mit lauwarmen Wasser.
In häuslicher Pflege nutzen sich zumeist die Krallen nicht genügend ab. Sie müssen
diese vor dem Aussetzen kürzen. Schneiden Sie, um Verletzungen zu vermeiden, an
den Vorderbeinen nur die Spitzen weg. An den Hinterbeinen ist die (von innen
gezählt), zweite Kralle am längsten, sie muss 15 mm lang bleiben.
Manche Igel versuchen gelegentlich zu beißen. Ziehen Sie, wenn der Igel
zugebissen haben sollte, Ihre Hand nicht gewaltsam zurück. Der Igel lässt nach
einigen Sekunden von selbst wieder los.
Obwohl sich Igel mit Haustieren vertragen würden, achten Sie bitte darauf, dass er
sich nicht an ihren Hund gewöhnt. Er darf sein natürliches Abwehrverhalten
gegenüber anderen Tieren nicht verlieren. – Im Verhältnis zwischen Igel und Katze
gibt es jedoch keine Probleme.
11. Igelkrankheiten
Wenn der Igel einmal krank werden sollte, kann dieser Abschnitt den Gang zum
Tierarzt selbstverständlich nicht ersetzen.
Trotzdem gibt es einige Symptome, aus denen der aufmerksame Tierfreund
Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des Igels ziehen kann.
So soll die Nase stets feucht sein, die Augen glänzend und halbkugelförmig
vorgewölbt, das Stachelkleid glänzend.
Der Igelkot muss bei gesunden Tieren fest geformt (Würstchen) und von
dunkelbrauner bis schwarzer Farbe sein.
Eine Grünfärbung ist bei Igelsäuglingen normal und tritt auch bei erwachsenen
Tieren auf, wenn Sie Käse verfüttern. Diese Grünfärbung ist ohne Bedeutung. Bei
unspezifischem Durchfall können Sie der Nahrung Kohlegranulat (aus der Apotheke)
zusetzen, ferner die Kalkmenge erhöhen. Geben Sie in diesen Fällen statt Wasser
verdünnten schwarzen Tee.
Grüner und zugleich schleimiger oder sogar blutiger Kot ist zumeist ein Hinweis auf
lebensgefährliche Darmparasiten.
Ein weiteres Gesundheitsbarometer ist die Gewichtsentwicklung, die Sie
aufmerksam verfolgen müssen (Igel 2 x wöchentlich wiegen und das Gewicht
- 13 notieren). Nimmt der Igel nicht mehr regelmäßig zu, ist er krank. Die normale
Gewichtszunahme muss pro Woche etwa 50 bis 75 g betragen.
Krankheitszeichen sind in jedem Falle:
Nahrungsverweigerung trotz warmer Haltung, Husten, Röcheln, Zittern, unsicherer
Gang, seitliches Umfallen.
Mögliche Ursache: Befall mit Lungen- oder Darmparasiten oder bakterielle Infektion
– wenden Sie sich bitte sofort an eine versierte Igelstation oder an einen Tierarzt!
Lähmungserscheinungen, zunehmende Gehunfähigkeit
Mögliche Ursachen: zu wenig Auslauf, Vitaminmangel, Kalkmangel, Unterbringung
ohne Tageslicht.
Weitere Krankheitszeichen:
Starke Schuppenbildung, borkige Beläge auf der Haut, extreme Unruhe, starker
Stachelausfall, blasse Schleimhäute, Eiterbeulen (Abszesse), Krämpfe.
Für eventuell notwendige Transporte des Igels benutzen Sie einen Henkelkorb, in
den Sie alte Tücher oder Zellstoff legen. Keine geschlossene Kunststofftasche
verwenden (Sauerstoffmangel!)
Entwurmung des Igels
Fast alle Igel weisen einen hochgradigen Befall mit Endoparasiten (Lungen- oder
Darmwürmer) auf. Deshalb ist eine baldige Wurmkur (außer bei Igelsäuglingen)
unumgänglich. Da sich diese Parasiten in menschlicher Obhut (bei warmer Haltung)
wesentlich stärker vermehren als in freier Natur, gelingt es ohne Wurmkur bestenfalls
ein lebendiges, aber niemals ein gesundes Tier wieder auszusetzen. In der Natur
lebende Tiere behandelt niemand. Deshalb sterben sie auch so früh.
Haben Sie Kontakt mit einer versierten Igelstation, wird die Wurmkur dort (zumeist
nach vorangegangener mikroskopischer Kotuntersuchung) gezielt gegen die
gefundenen Lungen- oder Darmparasiten durchgeführt.
Nur dann, wenn Ihnen die Zusammenarbeit mit einer Igelstation nicht möglich ist,
sollten Sie die Wurmkur in einer vereinfachten Form wie folgt selbst durchführen:
Die Wurmkur wird mit Telmin KH (rezeptpflichtig, Rezept vom Tierarzt ausstellen
lassen) durchgeführt und dauert 5 Tage:
Igel zwischen 200 und 300 g KM erhalten ⅓Tablette je Tag
Igel zwischen 300 und 500 g KM erhalten ½ Tablette je Tag
Igel zwischen 500 und 800 g KM erhalten ¾ Tablette je Tag
Igel über 800 g KM erhalten 1 Tablette je Tag.
Vorgenannte Dosis mit der Wölbung eines Esslöffels pulverisieren und unter die
Nahrung mischen. Am besten eignet sich Schabefleisch oder ein anderes
Weichfutter, auch Katzenfutter aus der Büchse oder durch den Fleischwolf gedrehtes
Hühnerklein. Die Nahrung aber während der Wurmkur verringern, damit der Igel alles
zu sich nimmt.
- 14 Nach Ende der Wurmkur sollte der Igel frühestens in 14 Tagen in den Winterschlaf
gehen (so lange im Warmen unterbringen), da in dieser Zeit noch abgetötete
Parasiten ausgeschieden werden.
Endoparasiten des Igels sind streng wirtsspezifisch, also auf Menschen oder
Haustiere nicht übertragbar.
12. Igelbabies
Finden Sie im Herbst ein Igelnest, stören Sie die Familie keinesfalls, sondern helfen
Sie durch regelmäßige Zufütterung.
Eine Aufnahme der gesamten Familie in häusliche Gemeinschaft ist nur ratsam,
wenn durch äußere Einflüsse (z. B. Baumaßnahmen oder verfrühten Wintereinbruch)
Gefahr droht.
Bringen Sie die Tiere wie beschrieben unter und vermeiden Sie (außer Fütterung)
jede Störung.
Haben die Babies ein Gewicht von ca. 200 g erreicht, können Sie das Muttertier noch
bis etwa Ende Oktober an geeigneter Stelle wieder aussetzen und nur die Kinder
überwintern. Ist es bereits Anfang oder Mitte November, müssen Sie auch das
Muttertier über den Winter behalten. Es würde wahrscheinlich in der freien Natur kein
Winterschlafquartier mehr finden. Sie müssen im Haus jedoch das Muttertier von den
Kindern sofort trennen, wenn es zwischen beiden Seiten Beißereien gibt oder die
Mutter anfängt, die Kleinen anzufauchen.
13. Hilfe für freilebende Igel
Eine wirksame Hilfe für freilebende Igel besteht darin, ihnen natürliche
Unterschlupfmöglichkeiten zu erhalten oder zu schaffen, z. B. Hecken mit dichtem
Bodenbewuchs.
Gartenbesitzer sollten, vornehmlich im Herbst, einen Laub- oder Reisighaufen in
einer Gartenecke belassen. Hier finden Igel oft einen Winterschlafplatz.
Stellen Sie eine flache Schale mit Wasser (keine Milch) in der Garten, denn auch Igel
haben Durst.
Wenn im Herbst das natürliche Nahrungsangebot in der Gärten geringer wird, sollten
Sie durch Zufüttern helfen.
Verwenden Sie keine toxisch wirkenden Agrochemikalien. Durch Insektizide z. B.
schädigen Sie die Igel nicht nur direkt (durch Fressen vergifteter Beutetiere), sondern
auch indirekt, indem Sie ihnen die Nahrungsgrundlage entziehen.
Befindet sich in Ihrem Garten ein offenes Wasserbecken, legen Sie ein Brett mit
aufgenagelten Quersprossen hinein und befestigen sie es am Beckenrand.
Hineingefallene Igel (die nicht lange schwimmen können), retten sich über dieses
Brett, wenn sie es denn finden, nach außen und somit vor dem Ertrinken. – Besser ist
freilich die Anlage eines abgeflachten Uferbereiches!
- 15 Da Igel tagsüber unter Gebüsch und Hecken Deckung suchen, müssen Sie hier mit
Sense, Sichel oder Rasenmäher besonderes vorsichtig sein.
Verbrennen Sie niemals Laub, Reisig oder Unrat im Garten, es ist ohnehin in den
meisten Bundesländern verboten (in Berlin seit dem 1.9.1993). Alljährlich erleiden
Igel einen qualvollen Tod in den Flammen, wenn dieses Verbot nicht beachtet wird.
Sollten Sie Ihr Obst oder Gemüse gegen unerwünschte Mitesser durch sogenannte
„Schutznetze“ gesichert haben, kontrollieren Sie die Netze täglich. Ein Igel, der sich
hier verfangen hat, kann sich nicht mehr alleine befreien. Netze von Bäumen nicht
bis auf die Erde herabhängen lassen.
Benutzen Sie keine sogenannten „Laubsauger“, es sind überaus tierfeindliche
Geräte. Auch keine Ratten- oder Mäusefallen aufstellen.
Gruben oder Gräben sind Todesfallen für Igel. Kontrollieren Sie morgens, ob über
Nacht ein Igel hineingefallen ist. Das trifft auch auf Öffnungen vor Kellerfenstern zu,
die man besser abdecken sollte. Auch in Zäunen aus Maschendraht verfangen sich
häufig Igel.
Wenn Sie den Komposthaufen umsetzen, prüfen Sie vorher, ob Sie einen
hineinführenden Gang entdecken. Bei losem Laub oder Zweigen können Sie das
Einschlupfloch nicht immer deutlich erkennen. Komposthaufen sind beliebte
Quartiere für Igel, also bitte nicht mit der Forke hineinstechen.
Die Igel werden Ihnen Ihre Fürsorge danken, indem sie mithelfen, Ihren Garten von
unerwünschten Insekten freizuhalten.
Viel Glück für Sie und Ihren Wintergast!
Kurt Volkmann
Kurt Volkmann
Dornröschenstraße 37
12555 Berlin

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