Rocken für Rainer

Transcrição

Rocken für Rainer
30
Tages-Anzeiger – Samstag, 10. Juli 2010
Bellevue
EVA
von
Jaermann/
Schaad
B-Side
Radio Bellevue
62-62
EVA_VORLAGE
1-M35 / ta35
Nähe im Regen
Heute verrät Markus Knauss, Fraktionschef der Stadtzürcher Grünen, welche
Lieder ihn seit seiner Kindheit begleiten.
Und wo er überall tanzt.
Was war Ihr erstes
Lieblingslied?
«Summer Wine» von
Nancy Sinatra & Lee
Hazelwood. Als Kind
der 60er-Jahre haben mich die Stimmen von Nancy Sinatra und Lee Hazel- Markus Knauss.
wood (eine dunklere
gab es nicht) tief beeindruckt.
Von welchem Lied können Sie den
Text auswendig?
Zum Leidwesen meiner Familie trällere
ich über Dylan, Stones bis Patent Ochsner bei vielen mit.
Welches Lied müsste an Ihrer Beerdigung gespielt werden?
«Hallelujah», in der Version von Rufus
Wainwright, nicht in der von Leonard
Cohen, das geht mehr unter die Haut.
Dieses Lied ist für den Herzschmerz,
und dann, wenn alle heulen, «Em Heugade obe» von der Familie Trüb, um wieder aufzubauen. Schliesslich sollen alle
getröstet nach Hause gehen.
Wozu haben Sie zuletzt getanzt?
Ich tanze immer wieder in der Küche,
wirklich intensiv aber an einem Konzert
von Patent Ochsner im Volkshaus.
Das beste Konzert Ihres Lebens?
Irgendwann 1979 beim Open Air auf der
Ruine Neutoggenburg. Es hat so fürchterlich geregnet, dass es niemals mehr
Nähe an einem Konzert geben wird. Witzigerweise hiess das Lied von Ocean, an
das ich mich noch erinnere, «Jamaica,
­Island in the Golden Sun».
Welches Lied holt Sie bei Wut auf den
Boden zurück?
Weil ich den Kopf voll Musik habe, ist
das immer wieder ein anderes; aber laut
gesungen oder gepfiffen muss es sein.
Ihr liebster Beatles-Song?
«Blackbird» – klein, aber fein.
Welches Lied bringt das Zürcher Lebensgefühl perfekt zum Ausdruck?
«Hits of Sunshine (For Allen Ginsberg)»
von Rusconi, ein Geschenk von Tom
Rist, und «Campari Soda» von Taxi, ein
Kulthit aus unserer bewegten Jugend.
Was inspiriert Sie beim Kochen?
Weil beim Kochen oft die Kinder mit­
geholfen haben, waren Schtärneföfi-Lieder obligatorisch, etwa «Heicho».
Rocken für Rainer
Der Fussballklub rief – und Winterthurs Bands schenkten ihm 32 Lieder.
Wie ein rot-weisses Doppelalbum den Rhythmus einer Stadt einfängt.
Von Patrick Kühnis
Im Kampf der Chöre hätten die Anhänger des FC Winterthur keinen Stich. Seit
Jahr und Tag feuern sie ihr Team mit
denselben vier, fünf Fangesängen an.
Erst «Es gibt nur ein (!) FCW», dann
«FCW olé, FCW». Und dazwischen wird
im Stakkato dem blonden Stürmerstar
gehuldigt: «Rai-ner-Bie-li-Fuss-ball-gott».
Einige Wagemutige versuchten einmal,
die musikalische Malaise zu beenden.
Ein Instantchörli übte unter der Woche
neue Melodien ein. Sogar Notenblätter
wurden verteilt. Doch es half alles nichts.
Das Repertoire blieb dasselbe.
Dabei wüssten nicht wenige auf den
Rängen, wie man rockt. Die «Bierkurve»
auf der Schützenwiese ist auch der Treffpunkt der Kultur- und Musikszene. Die
lautesten Punks, Rapper und Hard­
rocker der Stadt hängen sich einen rotweissen Schal um, wenn «Winti» spielt.
Und manchmal geben sie in der Pause
oder nach dem Abpfiff ein Konzert.
Der Trainer
FCW-Geschäftsführer Andreas Mösli
steht selber oft im Übungskeller. Als Gitarrist der legendären Ear tourte er einst
durch Europa und nahm gerade mit seiner neuen Band Catbird eine Platte auf.
«Es gibt nicht viele Sportvereine, die so
eng mit dem kulturellen Leben verbunden sind wie der FC Winterthur.» Lange
schon trug er deshalb die Idee mit sich
herum, die anderen fussballverrückten
Musiker der Stadt einzuladen, Lieder
über den FCW zu schreiben und auf
einer CD zu vereinen.
Wirklichkeit wurde die Idee, als sich
auch die Organisatoren der Winterthurer Musikfestwochen dafür begeisterten. Der FCW und das Festival gingen
eine Partnerschaft ein und nahmen auch
die Kosten auf sich. Zudem ist am 20. August die grosse Bühne auf der Steinberggasse für die Plattentaufe reserviert.
Auch die Bands liessen sich nicht lange
bitten. Die Stammgäste auf der Schützenwiese waren sowieso dabei – und das
Projekt sprach sich rasch herum. Mösli:
«Es meldeten sich plötzlich Musiker bei
uns, die wir noch gar nicht kannten.»
Gezielt sprach er zudem Bands ausserhalb der starken Rock- und Punk­
gemeinde an, um die ganze Vielfalt des
Musikschaffens abzubilden.
Rollentausch im Stadion Schützenwiese: Rita Peter und Fussballgott Rainer Bieli. Fotos: Urs Jaudas, PD
son auf der «Schützi». «Der FCW gehört
einfach zu den Sachen, die den Charme
dieser Stadt ausmachen.» Sein Ziel sei
gewesen, diese Stimmung im Stück einzufangen. Einen ganz anderen Blick aufs
Spielfeld wirft die Countrysängerin Rita
Peter alias Rita Hey: Ihr «Sunday Afternoon Drama» handelt von einer Frau,
die einsam zu Hause sitzt – während ihr
Liebster dem Fussball frönt. Sie sagt:
«An manchen Sonntagen trägt der Wind
die Spielgeräusche aus dem Stadion weit
über die Stadt. Ich höre sie und weiss:
Jetzt kannst du deine Freundinnen anrufen, sie haben bestimmt Zeit für dich.»
Das Tenü
Die Taktik und Aufstellung
32 Beiträge auf Englisch, Deutsch, Französisch und Mundart kamen zuletzt zustande – zu viel für eine CD. Aus «Winti
kickt. Winti rockt.» wurde ein Doppelalbum. Die Ironie der Geschichte: Wegen
des grossen Echos hatten Möslis eigene
Songs keinen Platz mehr darauf. Der
45-Jährige nimmts locker: «Mir ist wichtiger, den Nachwuchs zu fördern, als
­alten Säcken eine Plattform zu bieten.»
Jetzt ist der Sampler fertig – und zum
Schaulaufen der lokalen Musikszene
­geworden. My Name Is George, The
­Homestories, Admiral James T. oder der
Rapper Fogel: Sie alle und viele mehr
­haben Lieder geschrieben, die von den
Hochs und Tiefs des FCW, Fussball im
Allgemeinen und vor allem von ihrer
Heimatstadt handeln. «Mit em FC Winti
han i gläärnt, wie mer tapfer verlüüre
cha», zwitschern Les Amuses Bouches.
Pornolé beschwören «Pain or Glory».
Und Rapper Fogel fordert in seiner
Hymne auf Haldengut, Sirupkurve und
«Spitzguuge»: «Fuuscht i d Luft!»
Fogel (im richtigen Leben Mathias
­Vogel) ist gar kein grosser Fussballfan.
Trotzdem ist er fünf-, sechsmal pro Sai-
Rapper Fogel und Verteidiger Mattias Schnorf.
Chuck Fuck von Pornolé und FCW-Kicker Luis Frangao.
Fogel und Rita Peter posierten auch für
die Plakate, die für das Doppelalbum
werben. Sie streiften sich dafür FCW-­
Tenüs über, während sich die Fussballer
als Rapper, Pistolero oder Rocker verkleideten. Wahnsinnig wohl sei ihr in
dem Outfit nicht gewesen, sagt die Sängerin. «Stürmer Rainer Bieli machte sich
aber super als Cowboy!» Fogel tauschte
mit Verteidiger Mattias Schnorf die Rollen – und findet, dass das für beide Seiten ein Erlebnis war. «Sonst habe ich ja
mit Profifussballern nicht viel zu tun.»
Die Vereinsfarben wird auch der
Samp­ler tragen, der in einer Auflage von
3000 Stück gepresst wird: Es wird ein
rotes und ein weisses Album geben.
«Winti kickt. Winti rockt.» spielt damit
leise auf einen Meilenstein der Musik­
geschichte an. Das ist kein Zufall: Winterthur sei kein verschlafenes Kaff mehr,
das im Schatten Zürichs vor sich hindöse, sagt Mösli. Und der FCW kämpfe
sich Jahr für Jahr näher an die oberste
Liga heran. «Die CD soll das neue Selbstbewusstsein in die Welt hinaustragen.»
«Winti kickt. Winti rockt.» erscheint am
20. August und kostet 20 Franken.
Erhältlich an den Musikfestwochen
(www.musikfestwochen.ch) und beim
FC Winterthur (www.fcwinterthur.ch).
Das Rezept
Boeber mit Vanille-Rum-Bananen
Für 4–6 Personen
200 g Tapioka-Perlen
(über Nacht in Wasser
eingeweicht), 8 dl
Milch, 200 g Zucker,
1 TL gemahlener Zimt,
100 g Butter, 1 EL
Zucker, 1–2 Bananen
(in länglichen Scheiben), 1 Tahiti-Vanilleschote (ausgekratztes
Mark), 0,5 dl Rum. Tapioka-Perlen abgiessen
und in Milch aufkochen. Zucker, Zimt und
Butter beifügen und bei niedriger Temperatur
15–20 Minuten köcheln lassen. Häufig umrühren. Vor dem Servieren 1 EL Zucker in einer
beschichteten Pfanne erhitzen, bis er caramelisiert. Bananenscheiben, Vanillemark und
Rum zugeben, kurz anzünden, rühren.
Pudding mit den flambierten Bananen belegt
in Schalen servieren. Info: Dieses Kindheitsdessert bedeutet den Südafrikanern so viel
wie uns der Milchreis- oder Griesspudding.
Tapioka ist eine Wurzel, aus der ein Stärkemehl gewonnen wird. Die Tapioka-Perlen
wirken als Bindemittel und verlieren ihre Form
auch durchs Kochen nicht ganz.
Aus der
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das schafft sonst keiner!

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