The Walking Dead und Transmedia Storytelling

Transcrição

The Walking Dead und Transmedia Storytelling
 Bachelorthesis Transmedia Apokalypse – The Walking Dead und Transmedia Storytelling Von David Kippels Multimedia Production 6. Semester an der Fachbereich Medien Sommersemester 2013 Erstprüfer und Betreuer: Dr. phil. Patrick Rupert-­‐Kruse Zweitprüfer: Prof. Dr. Tobias Hochscherf Inhalt 1. Einleitung ................................................................................................................................. 2 2. Vom Comic zur Serie .......................................................................................................... 11 2.1. Adaption ....................................................................................................................................... 11 2.2. Comic vs. Fernsehserie ............................................................................................................ 13 2.3. Adaption des Comics ................................................................................................................ 17 2.4. Charaktere und Emotionen ................................................................................................... 26 2.5. Mythologie ................................................................................................................................... 35 2.6. Treue zum Original ................................................................................................................... 37 3. Spiele als Teil der Geschichte ......................................................................................... 43 3.1. The Walking Dead -­‐ Transmediale Adaption ................................................................... 44 3.2. Serielles spielen ........................................................................................................................ 47 3.3. Die Geschichte ............................................................................................................................ 51 3.4. Weiterführendes Angebot ...................................................................................................... 52 4. Internet – Zentrales Medium für Transmedia Storytelling .................................. 55 4.1. Webisodes ................................................................................................................................... 55 4.1.1. Von Serie zu Serie ................................................................................................................................ 57 4.1.2. Bicycle Girl – Torn Apart .................................................................................................................. 59 4.1.3. Cold Storage ........................................................................................................................................... 62 4.2. Knowledge Communities ........................................................................................................ 65 4.2.1. The Walking Dead Wiki .................................................................................................................... 66 4.3. Grassroots Movement .............................................................................................................. 69 4.4. Unterstützung von Oben ......................................................................................................... 70 5. The Walking Dead – Der Erfolg in Zahlen ................................................................... 75 6. Ausblick .................................................................................................................................. 79 7. Literaturverzeichnis .......................................................................................................... 81 8. Film-­‐ und Fernsehverzeichnis ........................................................................................ 88 9. Spieleverzeichnis ................................................................................................................ 90 1 1. Einleitung „Consumption has become a collective process“ (Jenkins 2006: 4) Mit dieser These fasst Henry Jenkins in seinem Buch Convergence Culture die Funktionsweise der heutigen Medienlandschaft treffend zusammen. Alles ist vernetzt. Wir fotografieren unser Mittagessen, stellen die Fotos über Dienste wie Instagram oder Facebook (meist sogar beides, da diese Dienste ebenfalls vernetzt sind) online, bekommen Kommentare von anderen Nutzern und kommentieren selbige wieder. Das Gleiche gilt für Filme und besonders Serien. Schon während der Ausstrahlung einer neuen Fernsehepisode kann man seine Meinung über Microbloggingdienste wie Twitter kundgeben, Hintergrundinfos bekommen oder schlicht Szenen kommentieren und diskutieren. Die frühere Medientheorie ging von einem passiven Konsumenten aus, der Signale der Massenmedien in etwa genauso aufnimmt wie sie gesendet werden. Der aktive Konsument als „mediatisierender Organismus“ (Bonfadelli 2004: 32) ersetzte diese Denkweise. Heute wird davon ausgegangen, dass der Konsument sehr wohl weiss was er sieht und welche Vorteile er für sich daraus ziehen kann. Diese Theorie der selektiven Auswahl des Konsumenten nach den eigenen Bedürfnissen nennt man den „Uses & Gratifications“ Ansatz, der auch heute noch Gültigkeit besitzt (ebd.: 33). Zwar helfen uns neue technische Errungenschaften wie das Internet und Smartphones dabei uns zu involvieren, jedoch sieht Jenkins den Grund für diesen Wandel vielmehr in unserem eigenen Denken: „I will argue here against the idea that convergence should be understood primarily as a technological process bringing together mutiple media functions within the same devices. Instead, convergence represents a cultural shift as consumers are encouraged to seek out new information and make connections among dispersed media content.“ (Jenkins 2006: 3) 2 Jenkins sieht also in der „convergence culture“ (ebd.: 2) wie der Name schon sagt ein Kulturphänomen. Technik ist der Katalysator, der Umschwung im kulturellen Denken das Ergebnis. Der reine Besitz eines Internetanschlusses stellt nicht sicher, dass wir diesen auch nutzen um uns eigenständig Informationen über die Serien, Filme und Spiele zu beschaffen die wir konsumieren. Der Konsument muss den Willen dazu haben sich zu involvieren. Jenkins spricht von den sogenannten „early adopters“ (2006: 23), welche für ihn Personen darstellen, die er in Amerika als „disproportional weiss, männlich, Teil der Mittelklasse und gut ausgebildet“ betrachtet: „These are people who have the greatest access to new media technologies and have mastered the skills needed to fully participate in these new knowledge cultures.“ (ebd.) Im Rahmen der von Jenkins beschriebenen Konvergenz der Kultur hat sich seit 2006 viel geändert. Die demographischen Gruppen vermischen sich online, immer mehr ältere Menschen fangen an Facebook zu nutzen, besitzen Smartphones oder bloggen. Die Bedienung von technischen Mitteln ist inzwischen oft so einfach und intuitiv, dass keine spezielle Ausbildung in diesem Bereich vonnöten ist, um sich zu beteiligen. Trotz allem bilden die erwähnten early adopters, von Jenkins zumeist als Fan eines Franchises, einer Serie oder eines Produktes den Kern dieser participitory culture, der heutigen Mitmachkultur, weshalb ich in der folgenden Arbeit auch meist von dieser Zielgruppe ausgehen werde. Wie Jenkins konstatiert haben diese Elitekonsumenten einen disproportional größeren Einfluss auf die Medienkultur, da Medienagenturen sehr bemüht sind ihre Aufmerksamkeit beizubehalten. Wo diese Konsumenten zu finden sind, sind auch die Medienkonzerne zu finden und andersherum (vgl. 2006: 23). Der moderne Konsument gibt sich meist nicht damit zufrieden eine Serie beispielsweise einfach nur zu konsumieren. Er will Zusatzinformationen über Charaktere, Settings und das komplette Universum in dem die Serie spielt bekommen. Dabei bedient er sich jedes Mediums, das dafür nötig ist. Diese medienübergreifende Suche nach neuen Informationen ist heute in vielen Onlinecommunities zu einer Freizeitbeschäftigung geworden: „In a hunting culture, kids play with bows and arrows. In an information society, they play with information.“ (ebd.: 134) 3 Zwar schränkt Jenkins im Folgenden diese These damit ein, dass es durchaus auch Konsumenten und Fans gibt, die „einfach nur zuschauen wollen“ (vgl. ebd.), jedoch geht die allgemeine Tendenz klar in Richtung von Grassroots-­‐ und Knowledge Communities, die einen Zusammenschluss von Fans, meist online, darstellen die es sich zur Aufgabe gemacht haben einen tieferen Sinn in dem jeweiligen Franchise (oder dem zutreffenden Produkt) zu finden, Fanfiction zu erstellen oder einfach Informationen zu sammeln. Mit dem Internet bieten sich dem Fan ungeahnte Möglichkeiten zur Involvierung, es entsteht die soeben genannte Fanfiction, ganze Enzyklopädien (sogenannte Wikis), die das Universum und seine Charaktere bis ins kleinste Detail beschreiben und themenbezogene Diskussionsrunden. Als Einzelner wäre es dem Konsumenten niemals möglich ein solches Maß an Informationen zu sammeln, doch durch die heutige weltweite Vernetzung können sich riesige Communities bilden, in denen jeder Nutzer seinen ganz eigenen Teil an Informationen beisteuern kann. Im Zentrum der Convergence Culture steht die Narration. Wir denken in Geschichten, halten Selbige fest und kommunizieren dadurch miteinander. Mit den Möglichkeiten der stärkeren Vernetzung und Beteiligung von Konsumenten hat auch die klassische Narration einen immensen Wandel erfahren. Als Autor darf man inzwischen oft nicht mehr nur an ein Medium denken, der Trend geht zum world building, der Erschaffung einer fiktionalen Welt die zu groß für ein einzelnes Medium wird: „ More and more, storytelling has become the art of world building, as artists create compelling environments that cannot be fully explored or exhausted within a single work or even a single medium. The world is bigger than the film, bigger even than the franchise – since fan speculations and elaborations also expand the world in a variety of directions.“ (Jenkins 2006: 116) Es reicht jedoch nicht, eine Welt zu erschaffen und diese dann in gleicher Form auf andere Medien zu projizieren. Jedes Medium muss seine Vorteile ausspielen und neue 4 Informationen beinhalten. Der moderne Autor muss sich des Transmedia Storytelling bedienen: „Transmedia refers to a new aesthetic that has emerged in response to media convergence – one that places new demands on consumers and depends on the active participation of knowledge communities. Transmedia storytelling is the art of world making.“ (Jenkins 2006: 21) „ A transmedia story unfolds across multiple media platforms, with each new text making a distinctive and valuable contribution to the whole. In the ideal form of transmedia storytelling, each medium does what it does best (...). Each franchise entry needs to be self-­‐contained so you don’t need to have seen the film to enjoy the game and vice versa.“ (Jenkins 2006: 98) Diese neue Art der Narration stellt nicht einfach nur eine crossmediale Vermarktung dar. Actionfiguren und Comics zum Film stellen kein Transmedia Storytelling sicher. Dem Konsumenten muss ein Mehrwert geboten werden. Die Geschichte, bzw. die Welt muss in neuen Medien ausgebaut und es müssen neue Aspekte und Informationen eingebaut werden. Der Comic zum Film darf nicht einfach den Film wiedergeben, sondern muss nach Möglichkeit einen neuen Blickwinkel zur Geschichte eröffnen, beispielsweise eine Hintergrundgeschichte zum Antagonisten. Es müssen die grundlegenden Elemente einer Geschichte in jedem neuen Medium erweitert, angepasst oder neu entwickelt werden: „[A] narrative text is one that brings a world to the mind (setting) and populates it with intelligent agents (characters). These agents participate in actions and happenings (events, plot), which cause global changes in the narrative world. 5 Narrative is thus a mental representation of causally connected states and events that captures a segment in the history of a world and of its members.“ (Ryan 2004: 337) In einem transmedialen Franchise, also einer Firma oder einem Konzern mit einer auf dem Transmedia Storytelling basierten Marketingstrategie, müssen Charaktere in neuen Medien oft nicht neu eingeführt werden, da selbige dem Konsumenten durch die Serie, den Film, etc. schon bekannt sind (vgl. Jenkins 2006: 123). Neue Charaktere und Informationen dürfen nicht mit der bestehenden Mythologie des jeweiligen Franchises kollidieren. Der fiktionalen Welt müssen klare Grenzen gesetzt werden, ohne jedoch die Fantasie des Fans zu sehr einzuschränken (vgl. Jenkins 2006: 115). Zwar sind die Bezeichnungen Crossmedial und Transmedial auf den ersten Blick als ähnlich zu betrachten, jedoch wird im Folgenden bei der Verwendung von Transmedia grundsätzlich die Begriffsfärbung von Jenkins genutzt. Crossmediale Vermarktung stellt einfach nur die Vermarktung über mehrere Medien dar, während transmediale Vermarktung sich an die von Jenkins aufgestellten Regeln des Transmedia Storytelling hält. Doch was hat das Alles mit Zombies zu tun? Mit dem erscheinen des Comics The Walking Dead 2003, geschrieben von Robert Kirkman und bis zur sechsten Ausgabe gezeichnet von Tony Moore (danach von Charlie Adlard) wurde der Grundstein für ein gewaltiges Franchise gelegt das völlig neue Maßstäbe für modernes Marketing und Geschichtenerzählen setzte und immer noch setzt. Die Adaption des Comics 2010 durch Regisseur Frank Darabont (Die Verurteilten 1994) in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Produktionsfirma AMC (Breaking Bad 2008, Mad Men 2007) zu einer Fernsehserie war immens erfolgreich, wovon auch die späteren Verkaufszahlen des Comics profitierten. War das Universum von The Walking Dead bis dato nur einem relativ kleinen Nischenpublikum vorbehalten, so wurde sie mit der Serie einem weltweiten Publikum zugänglich gemacht. 6 Die Thematik ist natürlich ein großer Lockfaktor, da es Zombies im Serienformat bis dato noch nie gab und das Make-­‐up der lebenden Toten von Kultmake-­‐up Artist Gregory Nicotero (Armee der Finsternis 1992) kann als extrem realitätsnah bezeichnet werden. Jedoch ist der massive Erfolg des Franchises nicht durch diese Aspekte allein zu begründen. Die folgende Arbeit soll herausstellen, dass ein konsequent umgesetztes Transmedia Storytelling als Disposition für den Erfolg der Serie (gemessen an den Verkaufszahlen, Einschaltquoten und der großen Fanbase) angesehen werden kann. Sofern nicht explizit anders vermerkt werde ich mich auf den amerikanischen Markt als Ursprungszielmarkt der Serie beziehen. Während die Adaption des Comics zur Serie noch kommentatorischer Natur ist, bei der „ein Original genommen und entweder bewusst oder ungewollt in mancher Hinsicht abgeändert wird“ (vgl. Wagner 1975: 223), sind die meisten darauf gefolgten Adaptionen auf verschiedene Medien klar transmedialer Natur. Die erste wirklich transmediale Narration im The Walking Dead Universum stellt die erste Staffel sogenannter Webisodes, also sehr kurzer Folgen von meist 1-­‐5 Minuten zur Überbrückung zwischen den normalen Serienstaffeln dar, die Online auf der Webseite von AMC konsumiert werden können. Mit Torn Apart wurde die Vorgeschichte eines in Fancommunities oft diskutierten und insgesamt beliebten Zombies erzählt -­‐ nämlich die des Bicycle Girls. Es wird sich dabei klar an die durch Jenkins aufgestellten Kernthesen zum Transmedia Storytelling gehalten: Es gibt keine redundanten Informationen, es wird sich an die Mythologie von The Walking Dead gehalten und eine neue Geschichte innerhalb des Universums erzählt. Der unbedarfte Betrachter kann die Webisodes auch konsumieren ohne den Comic oder die Serie zu kennen, wodurch diese als eigenständiger Einstiegspunkt zum Franchise betrachtet werden können. Auf die Webisodes folgten Konsolen-­‐ und Computerspiele, eine zweite Staffel Webisodes, Applikationen für Smartphone und Tablet, Onlineforen die dem Nutzer die Möglichkeit geben sich auszutauschen, Brettspiele, drei Romane, Merchandise und reale Events, wie den Zombie Run. Fast alle dieser Angebote sind mehr oder weniger transmedialer Natur, was The Walking Dead zu einem der ersten funktionierenden und durchdachten transmedialen Franchises macht. 7 Um herauszustellen, dass der transmediale Aspekt als Grund für den Erfolg des Franchises gewertet werden kann werde ich im Folgenden die Umsetzung der verschiedenen Medienangebote analysieren, um anhand der von Jenkins aufgestellten Thesen zum Transmedia Storytelling klarzustellen, dass die jeweilige Narration wirklich transmedialer Natur ist. In Kapitel 2 werde ich zuerst die Adaption des Comics zur Fernsehserie analysieren. Nachdem klargestellt wird, was Adaption überhaupt bedeutet gehe ich auf die Änderungen ein, die mit der Adaption einhergegangen sind. Dabei werde ich mich auf Thesen von Vladimir Propp berufen, der für russische Märchen 1920 eine Reihe von Handlungsfunktionen aufgestellt hat. Die Funktionen sind bei fast jedem Zaubermärchen in den Grundsätzen die gleichen und können auch auf viele Filme und Serien der heutigen Zeit angewendet werden. Zwar handelt es sich hier noch nicht um eine transmediale Adaption, wie ich sie im gleichen Kapitel definiere, jedoch bleiben die Handlungssequenzen, nach Propp das Durchspielen der Handlungsfunktionen von Anfang bis Ende, im Gesamtbild die gleichen (vgl. Propp 1986). Die drei großen Handlungsbögen von Ricks Suche nach seiner Familie (Atlanta), dem Aufenthalt auf Hershels Farm (Farm) und dem Auffinden des Gefängnisses sowie dem damit einhergehenden Konflikt mit Woodbury (Gefängnis/Woodbury) bleiben dem Comic (dem Original) treu. Diese mehr oder weniger vorsichtige Übernahme der Mythologie von The Walking Dead kann als Grundlage für die späteren transmedialen Weiterführungen des Franchises gewertet werden. Bei der Analyse einer Adaption spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Die Handlung als Element kann unabhängig von äußeren Einflüssen und Motiven des Autors untersucht werden. Die Unterschiede der Handlung und der Charaktere vom Original zur Adaption lassen sich mit den von Vladimir Propp in Morphologie des Märchens gegebenen Werkzeugen der Funktionen und Sequenzen gut herausstellen, was in Kapitel 2.2. behandelt wird. Außerdem spielt die Intertextualität einer Erzählung eine Rolle, wobei Themen, Stile und Schauspieler unabhängig von der Serie an sich Grund der Zuwendung durch den 8 Konsumenten darstellen (vgl. Whelehan 1999: 15-­‐17). Dieser Aspekt der Kultfaktoren einer Adaption wird in Kapitel 2.6. behandelt. Der kulturelle Aspekt, hier die Gründe und Motivationen für den Konsumenten eine Adaption zu konsumieren wird im weiteren Verlauf anhand der Thesen von Jenkins zum Transmedia Storytelling, bzw. der Covergence Culture erläutert. Eine historische Analyse, bei der die Zeit der Adaption eine große Rolle für die Grundthematik spielt kann hier vernachlässigt werden, da der Zeitraum zwischen der Erstauflage des Comics von The Walking Dead und der Erstausstrahlung der Serie nur acht Jahre beträgt. Zum Ende des zweiten Kapitels werden dann die Mythologie des The-­‐Walking-­‐Dead-­‐Universums, sowie die Frage der „Treue zum Original“ analysiert. Im dritten Kapitel wird auf eine der ersten transmedialen Adaptionen innerhalb des Franchises eingegangen. Das von Telltale Games entwickelte Spiel The Walking Dead erzählt episodisch die Geschichte des Protagonisten Lee Everett. Die Narration spielt im gleichen Zeitfenster der Serie und des Comics, erzählt jedoch eine völlig neue Geschichte. Nachdem der transmediale Aspekt des Spiels erläutert wurde, geht es in die Analyse der verwendeten Technik und ob diese typgerecht und intelligent eingesetzt wurde. Die Geschichte wird als wichtiges Element des Transmedia Storytelling ebenfalls anhand der ersten Episode analysiert. Zum Schluss des Kapitels werden Beispiele für weitere von AMC iniziierte Spiele gegeben um den transmedialen Marketinggedanken des Franchises noch einmal zu untermauern. Das vierte Kapitel behandelt das wichtigste Medium eines transmedialen Franchises, das Internet. Nachdem kurz in der Einleitung die verschiedenen Vorteile des Mediums und die Bedeutung für transmediales Marketing klargestellt werden geht es im Weiteren um die verschiedenen Aspekte wie Knowledge Communities, Grassroots Movement und inwiefern AMC und die Verantwortlichen des The Walking Dead Franchises diese Angebote und die Involvierung der Fans unterstützen. Zum Schluss wird der Erfolg von The Walking Dead anhand verschiedener Zahlen wie den Einschaltquoten, Verkaufszahlen und Preisen aufgezeigt, um den finanziellen Erfolg des Franchises darzustellen und darauf aufbauend ein Schlussfazit zu geben. Der Ausblick, in dem die Bedeutung von The Walking Dead für die Industrie und 9 weiterführende Überlegungen zum Einsatz von Transmedia Storytelling in anderen Marketingbereichen erläutert werden, bildet dann den Abschluss der Arbeit. 10 2. Vom Comic zur Serie 2.1. Adaption In diesem Kapitel soll unter anderem analysiert werden, wie der Comic zur Serie adaptiert wurde. Da die Adaption auch in späteren Kapiteln einen wichtigen Punkt einnimmt, muss erst geklärt werden was Adaption überhaupt bedeutet. Laut dem Duden ist Adaption eine „Umarbeitung eines literarischen Werkes mit der Absicht, es den Erfordernissen einer anderen literarischen Gattung oder eines anderen Kommunikationsmediums (z.B. Film, Fernsehen) anzupassen“ (Duden 2013). Aus dieser Definition lässt sich schließen, dass eine Adaption aufgrund der Eigenheiten der verschiedenen Medien immer mit einer Veränderung des Originalwerkes einhergehen muss. Den Grad der Veränderung klassifiziert Geoffrey Wagner in The Novel and the Cinema in drei Arten: In der Transposition wird ein Roman so originalgetreu wie möglich im Film wiedergegeben, im Kommentar wird das Original entweder zwangsweise oder gewollt in Teilen geändert und in der Analogie werden grundlegende Elemente, wie die Zeit oder ganze „Handlungssequenzen“ (vgl. Propp 1938: 60) geändert mit dem Ergebnis, dass das Original kaum noch erkenntlich ist (vgl. Wagner 1975: 223). Eine Transposition, wie sie Wagner als erste Art der Adaption beschreibt kann hier schon von vornherein ausgeschlossen werden, da es unmöglich ist eine Geschichte von einem Medium auf das Nächste zu übertragen ohne diese zu verändern. Beispielsweise spielen beim Roman die Fantasie des Lesers und seine Vorstellungskraft eine entscheidende Rolle. Die Schauplätze, wie sie sich die Allgemeinheit der Leser vorstellt können nie genauso auf Film gebannt werden. Eine Transposition muss daher prinzipiell immer auch als ein Kommentar betrachtet werden. Was in der Definition des Dudens und auch Wagners außer Acht gelassen wurde, ist die Adaption eines Universums als Grundlage für völlig neue Geschichten, die 11 trotzdem gleichzeitig in einem gemeinsamen Kontext gelesen werden können (vgl. Jenkins 2006: 115-­‐127). Wagners Definition einer Analogie kommt dieser Art der Adaption schon sehr nahe, da Zeit, Raum und auch essentielle Kontexte und Handlungen verändert werden dürfen. Wie schon in der Einleitung erwähnt ist Transmedia Storytelling das Erzählen einer Geschichte über verschiedene Medien und Plattformen hinweg, bei der jedes Medium seinen eigenen wertvollen Teil der Gesamtgeschichte erzählt, ohne dass es redundante Informationen gibt (vgl. Jenkins 2006: 97-­‐98). Kann dieses Weitererzählen einer Geschichte als eine Form der Adaption betrachtet werden? In den bis jetzt genannten Quellen wird die Adaption durch das geringfügige oder auch extreme Abändern des Originals im Rahmen der Anpassung an ein neues Medium definiert, jedoch wird dabei immer davon ausgegangen, dass die Handlung des Originals grundlegend die Gleiche bleibt. Zwar kann die Überführung vom Comic zur Serie bei The Walking Dead klar als eine kommentatorische Adaption betrachtet werden, trotzdem können die im weiteren Verlauf der Arbeit zu analysierenden Adaptionen auf andere Medien nur schwer in die genannten Kategorien eingeordnet werden. Danny Bilson, Executive Vice President bei Core Games, THQ Inc. konstatiert in einer Paneldiskussion, dass Transmedia keine Adaption ist: „That’s the key thing – it has to have complete versability from one piece to the other.” (in Beach 2011) Ich würde dagegen argumentieren, da eine Adaption die Überführung bestimmter oder disperser Narrationselemente, Settings und Charaktere des Originals in ein neues Medium (oder ein Remake im gleichen Medium) darstellt, was zumindest in Teilen mit der Definition von Transmedia Storytelling übereinstimmt. Cartmell stellt die These auf, dass es praktisch unmöglich ist, Adaptionen in vorgegebene Kategorien einzuordnen, da deren Anzahl „grenzenlos“ ist (1999:24). Aufgrund der immensen Zahl an unterschiedlichen Kategorien werde ich die 12 Adaption eines Universums als Grundlage für eine Handlung, die einen Teil der Gesamtgeschichte erzählt, jedoch grundsätzlich auch ohne Kenntnisse des Originals konsumiert werden kann und sich an Jenkins Vorgaben zum Transmedia Storytelling hält im weiteren Verlauf als eine transmediale Adaption bezeichnen. 2.2. Comic vs. Fernsehserie Um den Grund herauszustellen wieso auf welches Medium adaptiert wurde macht eine Gegenüberstellung der Medien Sinn. Sowohl der Comic, als auch das Serienformat im Fernsehen können nach Maletzke als Massenmedium bezeichnet werden: „Unter Massenkommunikation verstehen wir jene Form der Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich (also ohne begrenzte und personell definierte Empfängerschaft) durch technische Verbreitungsmittel (Medien) indirekt (also bei räumlicher oder zeitlicher oder raumzeitlicher Distanz zwischen den Kommunikationspartnern) und einseitig (also ohne Rollenwechsel zw. Aussagenden und Aufnehmenden) an ein disperses Publikum vermittelt werden.“ (Maletzke 1998:45) Eine aktive Beteiligung des Konsumenten wird hiermit vorerst ausgeschlossen, kann jedoch durch die Möglichkeiten des Internets gegeben sein (mehr dazu in Kapitel 4). Die Kommunikation mit dem Konsumenten ist daher bei beiden Medien als ähnlich zu betrachten. Hickethier gibt mit dem Begriff der Disposition eine Möglichkeit die Wirkungsweisen der Medien unabhängig von deren Inhalt herauszustellen: „Dispositive sind Anordnungen unterschiedlicher Art, die regeln, wie die Menschen innerhalb einer Kultur etwas wahrnehmen, die Sichtbarkeit erzeugen, ohne selbst sichtbar zu sein.“ (Hickethier 2003: 187). 13 Ich gehe hier von Medien als „gesellschaftlich institutionalisierte Kommunikationseinrichtung“ (ebd.: 20) aus. Hickethier nennt 2 Arten von Medien: Die informellen Medien, die nicht zwingend gesellschaftlich institutionell geregelt sind und die formellen Medien, die „auf manifeste Weise in gesellschaftlichen Institutionen organisiert“ sind (ebd.). Während die Fernsehserie klar in letztere Kategorie eingeordnet werden kann, besitzt der Comic Eigenschaften von Beiden, ist also eine Art Hybridmedium zwischen den Kategorien. Durch diese Tatsache besitzt der Comic wesentlich mehr künstlerische Freiheiten als die Fernsehserie. Im Folgenden werde ich zuerst die Eigenschaften der Medien Fernsehen und Comic für sich herausstellen, um sie dann am Ende des Kapitels zu vergleichen. Die Fernsehdisposition geht von einer „Mensch-­‐Apparat-­‐Anordnung“ (ebd.: 193) aus, bei der der Zuschauer in einer zentralen Achse auf ein Bild gerichtet ist und dadurch, einhergehend mit der Filmtechnik, ein Realitätseindruck -­‐ ein Abbild der Realität -­‐
entsteht. Die Tatsache, dass sich eine Mediendisposition mit neuen technischen Errungenschaften ändert (ebd.), kann an der Einführung des Tablets beobachtet werden. Fernsehen, bzw. Serien im speziellen als separate Videodateien werden immer mehr mobil, also ortsunabhängig konsumiert. Die klassische Blickposition des Zuschauers wird damit hinfällig. Im Gegensatz zum Kino gibt es beim Fernsehen als privatem Ablauf keine institutionelle, kulturell bedingte räumliche Fixierung. Der Zuschauer kann sich frei im Raum bewegen und damit das Bild verzerrt sehen, oder sogar beim Verlassen des Raumes nur den Ton der jeweiligen Sendung hören. In Zeiten des Internets wird das Fernsehen immer mehr als Begleitmedium betrachtet, was zur Folge hat, dass die „Wahrnehmungsdisziplinierung des Kinos“ (ebd.: 194), die dem Zuschauer einen erhöhten Rezeptionsgenuss verspricht immer mehr verloren geht. Hier muss jedoch klar ein Unterschied zwischen dem sogenannten Quality Television und anderen Formaten, wie dem Reality TV gesehen werden. Während Reality TV Sendungen den Wandel des Rezeptionsverhaltens beim Fernsehen meist akzeptieren und immer mehr Parallelen zum Radio entwickelt haben (wie z.B. durch Jingles, ausgeprägter oraler Beschreibung des Geschehens, etc.), gibt das Qualitätsfernsehen dem 14 Konsumenten einen Mehrwert und einen Grund, die Folgen ohne Ablenkung anzusehen. Dies geschieht durch eine erhöhte Intertextualität, filmähnlicher Qualität durch ein hohes Budget, mehreren parallel laufenden Storylines und vielen „Cliffhangern“, die ein kontinuierliches Zuschauen unabdingbar machen um dem Verlauf der Narration folgen zu können. Die Serienadaption von The Walking Dead kann aufgrund dieser Aspekte als Quality Television bezeichnet werden. Durch die bildhafte Erzählstruktur und die meist jüngere Zielgruppe bekamen Comics den Ruf eines zwar spaßigen, jedoch sinnlosen Zeitvertreibs. Zwar wurde dieses Medium deshalb lange Zeit in wissenschaftlichen Arbeiten weitestgehend ignoriert, jedoch gibt es heute immer mehr Werke, die sich ernsthaft mit dem Comic auseinandersetzen. So auch Will Eisner und Jeanne Ewert. In seinem Buch Comics and Sequential Art stellt Eisner klar, dass Comics, oder Sequential Art ebenfalls eine literarische Form darstellen, da Symbolik und Bilder solange wiederholt wurden und werden, bis praktisch gesehen eine eigene Sprache entsteht. Nach Eisner verlangt „die spezielle Natur von Sequential Art eine ernsthafte Auseinandersetzung durch Kritiker und Praktizierenden gleichermaßen“ (vgl. Eisner 2005: 5). Jeanne Ewert unterstützt diesen Gedanken und argumentiert anhand von Spiegelmans Maus: „Visual narrative is used throughout Maus to convey information subtly to the reader that would otherwise require (literally) writing out descriptive details.“ (2009: 182). Im weiteren Verlauf stellt Ewert den inhaltlichen Wert der visuellen Narration, wie Gesichtsausdrücke, Symbolik usw. heraus, wobei der Unterschied zu klassischen Romanen nur in der Art der Beschreibung liegt (bildhaft im Comic, textuell im Roman). Die Erschaffung eines Comics ist weniger eine einfache Applikation von Kunst, sondern vielmehr eine Art von Kommunikation. Man kann den Comic also ebenso als Kommunikationsmedium sehen wie das Fernsehen oder das Kino. Der Comic hat sich seit den 50er Jahren besonders in Amerika von einfachen Kollektionen verschiedener Kurzgeschichten zu eigenständigen Büchern, den „Graphic Novels“ (Eisner 2005: 7) entwickelt, die oft eine komplexe Narration beinhalten. 15 Geht man hier von der Begriffsdefinition Hickethiers aus kann man eine Comic-­‐
Disposition herausstellen. Ähnlich wie das Fernsehen gibt es beim Lesen eines Comics keine institutionell oder kulturell bedingte räumliche Fixierung. Die Rezeption ist kurzweiliger Natur und bedarf keiner großen Vorstellungskraft seitens des Konsumenten, da die Mise-­‐en-­‐Scène im Comic grafisch dargestellt wird. Um bei dem Begriff der Disposition zu bleiben ist die wohl auffälligste Gemeinsamkeit der Fernsehserie und des Comics der serielle Charakter. Sowohl der ursprüngliche Comic, als auch die adaptierte Fernsehserie können als „Endlos-­‐Serie“(Faulstich 2008: 109) betrachtet werden, da in beiden Medien die Handlung immer weiter gesponnen wird. Viele der heutigen Comicverfilmungen versuchen die Entwicklung einer Handlung, die meist über Jahrzehnte hinweg (gerade bei einem vergleichsweise alten Comicverlag wie Marvel) entstanden ist, oft ohne Rücksicht auf eine gewisse Kongruenz zum Comic umzusetzen, was gerade in der Fangemeinde auf harsche Kritik stößt. Durch die Adaption auf eine Serie kann die Geschichte ähnlich wie im Comic über einen längeren realen und filmischen Zeitraum hinweg erzählt werden. Zwar wird sich in der folgenden Analyse herausstellen, dass im Verlauf der Fernsehserie von The Walking Dead viele Handlungsfunktionen des Comics geändert, oder sogar völlig weggelassen werden, diese Tatsache doch aufgrund des gleichbleibenden seriellen Charakters (neben anderen Faktoren, die im späteren Verlauf der Arbeit beschrieben werden) der beiden Medien eher akzeptiert werden. Die Handlung wird nicht so konsequent auf einen festgelegten Zeitrahmen gekürzt wie im Film und auch die Charaktere bekommen wie im Comic viel Zeit sich zu entwickeln, was als einer der größten Vorteile des Serienformates gewertet werden kann. Frank Darabont, ausführender Produzent und Co-­‐Autor der ersten Staffel von The Walking Dead stellt das Gewicht dieses Aspektes in einem Interview klar: „The pilot I originally wrote I wound up splitting into two episodes, just to slow the narrative down and dig into the characters more deeply, so it’s not just plot-­‐
driven, event-­‐driven stuff. You really want to drag these characters into the equation.“ (in Sepinwall 2010) 16 Der Unterschied der Comic-­‐ und Fernsehdisposition liegt in der örtlichen Fixierung. Während der Comic orts-­‐ und auch zeitunabhängig konsumiert werden kann, verlangt die Fernsehserie vom Zuschauer eine kinoähnliche Konsumierung. Technische Mittel, wie die Aufnahmetechnik und ein späteres Abspielen, einhergehend mit der Möglichkeit diese zu pausieren und auf mobile Endgeräte zu transportieren heben diesen Unterschied jedoch im Großteil wieder auf. Die Adaption des Comics zu einer Fernsehserie kann also als eine begründete und sinnvolle Entscheidung betrachtet werden, die vielen Problemen bei der Überführung auf andere Medien, wie dem Film von vornherein entgegen wirkt. 2.3. Adaption des Comics Um die weiterführende Bedeutung der Adaption für das transmediale Geschichtenerzählen herauszustellen, muss zuerst die Art und Weise erörtert werden, wie die Comics von Robert Kirkman adaptiert wurden. In den 1920er Jahren analysierte und klassifizierte der russische Folklorist Vladimir Propp die Struktur von Zaubermärchen. Diese Strukturierung kann zumindest in Teilen auf die meisten heutigen Filme und auch Serien angewendet werden und wird daher auch in vielen Arbeiten zitiert. Im Verlauf der Arbeit stellten sich zwei Größen heraus, nämlich die konstanten (immer gleich bleibenden) Aktionen, bzw. Funktionen, sowie die variablen Attribute der handelnden Personen (vgl. Propp 1986: 1). Die Funktionen, „hier eine Aktion einer handelnden Person (...) , die unter dem Aspekt ihrer Bedeutung für den Gang der Handlung definiert [ wird ]“ (Propp 1986: 27) hat Propp im Verlauf der Arbeit auf eine Anzahl von 31 begrenzt. Diese Funktionen können wiederum in drei Kategorien eingeordnet werden. In der Einleitung (Funktion I.-­‐VII. (ebd.: 31-­‐36)) wird der Held eingeführt und die Situation dargestellt, beispielsweise wird ein Verbot, oder ein Ratschlag erteilt und durch den Helden 17 verletzt und der Antagonist (oder „Gegenspieler“(ebd.:27))wird eingeführt (vgl. ebd.: 31-­‐36). Darauf folgt die „Schürzung des Knotens“ (Funktion VIII. – XI. (vgl. ebd.: 36-­‐43)), aus dem sich nach Propp der weitere Verlauf der Handlung entwickelt (vgl.1984: 43). In diesem Abschnitt wird eine Mangelsituation, oder eine Schädigung durch den Antagonisten dargestellt, worauf die Verkündigung eines Unglücks, bzw. der Wunsch des Helden etwas zu besitzen folgt. Daraus entwickelt sich der Entschluss des Helden zur Gegenhandlung und dann sein Auszug oder die zeitlich unbegrenzte Abreise. Nachdem das Ziel des Helden nun relativ klar definiert wurde wird im weiteren Verlauf der Geschichte (Funktion XII. – XXII. (vgl. ebd.: 43-­‐60)) seine Suche beschrieben in dessen Verlauf er anderen handelnden Personen, wie dem „Schenker“, dem „Helfer“ und vielen weiteren begegnet (Propp 1986: 97ff). Die Zaubermärchen enden meist mit dem Sieg über den Gegenspieler, der Richtigstellung des Unglücks, bzw. Behebung des Mangels, sowie der Rückkehr des Helden (vgl. ebd.: 59). Propp konstatiert jedoch, dass viele Märchen nicht an diesem Punkt enden, sondern ein neues Unglück oder eine Mangelsituation eingeführt wird, die einen erneuten Auszug des Helden und eine neue Suche zur Folge hat. Diese Methode des immer fortwährenden Leidensweg des Helden kann in vielen „Endlos-­‐
Serien“ (Faulstich 2008: 108) beobachtet werden. Zwar werden hier noch neun weitere Funktionen definiert, jedoch können diese eher als optional angesehen werden. Die Reihung von Funktionen bezeichnet Propp als Sequenz: „ (...) viele Märchen [bestehen] aus zwei Funktionsreihen (...), die man als Sequenzen (Chody) bezeichnen kann. Ein neues Unglück löst eine neue Sequenz aus, und so werden in einer Erzählung oft eine ganze Reihe von Märchen kontaminiert.“ (1986: 60) Jede Sequenz markiert den Beginn einer neuen Suche ausgelöst durch ein neues Unglück oder eine Mangelsituation. Laut Propp kennt man im Märchen „7 handelnde Personen“(1986: 80), sowie Figuren, die eine rein kopulative Funktion im Märchen besitzen. Die Personen 18 werden auf einen Handlungskreis von verschiedenen Funktionen verteilt (anhand derer man erkennen kann um welche Person es sich im Märchen handelt). Es gibt folgende wichtige Personen im Märchen: Den Gegenspieler, den Schenker, den Helfer, die gesuchte Gestalt, den Sender, den Helden, sowie den falschen Helden (ebd.: 79-­‐80). Die (äußerlichen) Attribute der handelnden Charaktere kennzeichnen Selbige zwar oft, können jedoch als sehr variable Elemente nicht eindeutig zugeordnet werden. Die Analyse der Serie und des Comics von The Walking Dead anhand der von Propp gegebenen Werkzeuge ergab, dass die Narration mit kleineren Abweichungen den vorgegeben Funktionen folgt und auch viele der genannten handelnden Personen beinhaltet. So kann bestimmt werden, wie der Comic adaptiert wurde und wo es Abweichungen gibt. Im Vorfeld soll hier klargestellt werden, dass eine umfangreiche Analyse anhand jeder einzelnen Funktion im Rahmen dieser Arbeit zeitlich nicht möglich war, weshalb sich hier auf die wesentlichen drei Kategorien mit den wichtigsten Funktionen berufen wird. Zudem werde ich mich im Großteil auf den Handlungsverlauf der Staffeln als Ganzes und nicht der einzelnen Folgen beziehen. Die erste Staffel von The Walking Dead (AMC, USA, 2010 -­‐ ...) orientiert sich noch extrem stark am Comic. Rick wird angeschossen und wacht dann in einem völlig zerstörten Krankenhaus auf. Die Gefahr wird zuerst durch die verwüstete Mise-­‐en-­‐
Scène und der darauf folgenden erste Begegnung mit einem deutlich. Die Mangelsituation ergibt sich aus den vorangegangenen Gesprächen, in denen Rick mit Shane über seine Familie spricht. Rick weiß nicht wo selbige sich befindet. Die Warnung, bzw. das Verbot ist hier in beiden Medien eindeutig die auf eine verschlossene Tür geschmierte Botschaft „Don’t Open, Dead Inside“ (The Walking Dead, Staffel 1/Folge 1; The Walking Dead Vol.1). Diese Warnung kann im Prinzip auf den restlichen Verlauf der Serie angewendet werden, denn nachdem Rick das Krankenhaus verlässt (und damit die Warnung ignoriert) beginnt eine nicht enden wollende Verkettung von Unglücken und Tod. 19 Der Gegenspieler (Shane) wird zwar ebenfalls in der Einleitung eingeführt, es wird jedoch nicht klar ersichtlich, dass es sich hier um Ricks Gegenspieler handelt, da er ebenfalls sein bester Freund zu sein scheint. Die wirkliche Natur Shanes wird erst im weiteren Verlauf der Handlung deutlich. Diese Tatsache wird in der Serie und dem Comic gleich dargestellt. Die Schürzung des Knotens, also der Beginn der eigentlichen Geschichte kann fast perfekt mit den von Propp gegebenen Funktionen beschrieben werden. Ricks Familie ist nicht mehr im Haus aufzufinden, da sie von Shane (ob mit böser oder guter Absicht wird nicht klar) abgeholt wurde. Der Verlust seiner Familie löst Ricks Wunsch aus diese zu finden. In der ersten Folge taucht erstmals der Sender in Form von Morgan auf. Dieser erfüllt nur den Zweck der „Aussendung des Helden“ (vgl. Propp 1984: 43). Er erklärt Rick was passiert ist und gibt ihm das erste Ziel seiner Suche, nämlich Atlanta, woraufhin Rick sich dazu entschließt seine Familie zu finden (kann als unwissentliche Gegenhandlung gegenüber Shanes „Entführung“ der Familie gesehen werden) und nach Atlanta aufbricht. Nachdem die Handlung so in Fahrt gebracht wird trifft Rick in Atlanta auf den Schenker, in Form von Glenn. Sowohl im Comic, als auch in der Serie wird Rick von einer Horde Zombies attackiert gegen die ihm Glenn beisteht, jedoch gleichzeitig von Rick ein gewisses Maß an Selbstständigkeit erwartet, er „stellt den Helden auf die Probe“ (Propp 1986: 43). Auch wenn Rick es noch nicht weiß ermöglicht seine positive Reaktion auf die Handlungen von Glenn eine spätere Vereinigung mit seiner Familie. Er wird nach dem erfolgreichen Verlassen von Atlanta zu seiner Familie geführt. Nun gibt es einen großen Unterschied zwischen dem Comic und der Serie. Im Comic gibt es einen Kampf zwischen Rick und Shane in dessen Verlauf Shane von Ricks Sohn Carl (hier als Helfer zu betrachten) erschossen wird, was bedeutet dass der Antagonist besiegt wird. In der Serie wird dieser Kampf nur angedeutet, jedoch auf das Ende der zweiten Staffel verlegt. Metaphorisch können die Zombies und die von ihnen ausgehende Gefahr als der zweite „Gegenspieler“ der ersten Staffel (und auch der Folgenden) gesehen werden, da Rick durch die Gefahr die von ihnen ausgeht gezwungen wird das Camp 20 aufzugeben und neuen Schutz zu suchen. Er wird praktisch gesehen „verfolgt“ („Funktion XXI. Der Held wird verfolgt. Definition: Verfolgung“ (1986: 57)). Die (vermeintliche) Rettung vor dem Verfolger ist im Comic die Ankunft in den Wiltshire Estates und in der Serie die Ankunft im Schutzkeller des CDCs. Nachdem die Einführung eines neuen Unglücks sowohl im Comic ( Die Wiltshire Estates sind von Zombies bevölkert) als auch in der Serie (das CDC explodiert) eine neue Sequenz (in Form einer neuen Staffel bei der Serie) auslöst trifft die Gruppe durch die versehentliche Schussverletzung Carls, die in beiden Medien dargestellt wird (ebenfalls als Unglück zu sehen) auf Hershels Farm. Im Einleitungsteil für diesen Handlungsbogen der Serie und des Comics gleichermaßen gibt Hershel eine explizite Warnung sich der Scheune weder zu nähern noch diese zu betreten. Die Übertretung dieser Warnung („III. Das Verbot wird verletzt. Definition: Verletzung des Verbots“ (1986: 33)) geschieht erst zum Ende der zweiten Staffel und zieht eine Verkettung von Ereignissen mit sich die letztendlich zum Verlassen der Farm führt. Während der Aufenthalt auf der Farm im Comic nur als Einleitung zum Aufbruch und dem Finden des Gefängnisses vergleichsweise kurz beschrieben wird, wird er in der Serie auf eine komplette Staffel mit 13 Folgen ausgeweitet. Die Suche nach Sophia, der Tochter einer der Überlebenden in der Gruppe Ricks, birgt hier ein Kernthema der Sequenz, die so im Comic nicht existiert, da Sophia immer noch lebt. Der Konflikt zwischen Shane und Rick eskaliert immer mehr und im Laufe der Staffel gibt es viele Beispiele der klassischen Paarfunktionen des Helden und Gegenspielers von Propp, was bedeutet, dass manche Funktionen in Abhängigkeit mit anderen Funktionen eintreten (vgl. Propp 1986: 65). Auf der Suche nach Medikamenten und Lebensmitteln für die Gruppe geraten Rick und Shane in einem ersten Konflikt aneinander, der jedoch durch das Auftreten einer Horde Zombies vorzeitig beendet wird. Rick trägt vom Kampf klar erkenntliche, nicht lebensgefährliche Blessuren davon („Funktion XVII. Der Held wird gekennzeichnet“ (ebd.: 56)). Zum Ende der Staffel wird Shane durch Rick getötet, was als Sieg über den Gegenspieler gedeutet werden kann. Die Tötung leitet auch zur Einführung eines 21 neuen Unglücks über, da Shane ohne gebissen geworden zu sein wieder aufersteht (und danach durch Ricks Sohn Carl erschossen wird). Es wird klar, dass jeder das „Virus“ in sich trägt. Die Suche nach Sophia endet im negativen Sinne mit dem Öffnen der Scheune, in der selbige sich als Zombie befindet. Hershel übernimmt in beiden Medien zunächst die Funktionen des Helfers und des Schenkers. Er hilft Ricks Sohn Carl wieder gesund zu werden und gibt der Gruppe (für die Rick sich verantwortlich fühlt) zumindest vorübergehend einen sicheren Unterschlupf auf der Farm, auch wenn nur bedingt, da Hershel die Gruppe zum Verlassen der Farm drängt. Hershel kann in der Serie als unwissentlicher Gegenspieler betrachtet werden, da er Sophia die ganze Suche über in seiner Scheune versteckt hält (ob Hershel Wissen darüber besaß, wessen Kind das Mädchen ist bleibt unklar). Die Handlungsfunktionen sind im Comic nicht vorhanden, da es die Suche nach Sophia nicht gab. Shane übernimmt in der zweiten Staffel neben der Rolle des Gegenspielers auch die des falschen Helden, da er Otis bei der Suche nach den Medikamenten für Carl einer Horde Zombies zum Fressen hinterlässt und durch die Gruppe falsches Lob erntet, weil er dieses Detail bei der Beschreibung von Otis’ Tod auslässt. Rick entlarvt die Situation im späteren Gespräch mit Shane. Während die Gruppe im Comic durch Hershel gezwungen wird die Farm zu verlassen, brennt diese in der Serie ab und wird durch eine Horde Zombies überrannt (wie schon erwähnt, als eine Art Übergegenspieler zu betrachten). Zwar ist die Ausführung der Funktion im Comic und der Serie unterschiedlich, jedoch hat sie in beiden Fällen die gleiche Bedeutung der Einführung eines neuen Unglücks und dem erneuten Aufbruch der Gruppe. Die dritte Fernsehstaffel von The Walking Dead entfernt sich noch einen Schritt weiter vom Comic. Handlungssequenzen vom Comic, wie beispielsweise der eskalierende Konflikt mit den Gefängnisinsassen werden extrem gekürzt, Handlungsfunktionen komplett weggelassen. Im Comic wird der Konflikt zwischen 22 der Gruppe um Rick und den Gefängnisinsassen in zwei Büchern (bzw. zwölf Einzelcomics) ausgetragen und birgt im Prinzip eine in sich abgeschlossene Handlungssequenz. Die Insassen werden durch die Gruppe befreit und stellen von nun an Gefahrenpotential für die Gruppe dar, da diese nicht weiß welche Bedrohung von den verurteilten Verbrechern ausgeht. Bei dieser Handlung bleibt die Fernsehserie dem Comic treu, was sich ändert ist das Konfliktpotential der Insassen. Im Comic gipfelt der Konflikt darin, dass Hershels Töchter (die in der Fernsehserie nicht existieren) von einem Sexualstraftäter geköpft werden. Rick wird durch den stärker werdenden Druck immer mehr zum Antihelden, da er schwerwiegende Entscheidungen, wie die Ermordung eines potentiell gefährlichen Gefängnisinsassen treffen muss, die nicht immer mit heutigen Moralvorstellungen konform gehen. Der Konflikt mit den Gefängnisinsassen wird im Comic wesentlich weiter ausgeführt und bildet praktisch eine eigene Sequenz. In der Serie wird dieser Konflikt zugunsten der Handlung über Woodbury und den Governor marginalisiert. Zusammenfassend kann man klar erkennen, wie sich die Handlungsfunktionen und der Gebrauch der Charaktere in der Serie über die derzeitigen drei Staffeln hinweg immer gravierender vom Comic unterscheiden, die Mythologie von The Walking Dead jedoch erhalten bleibt. Die erste Staffel orientiert sich im Großteil noch stark am Comic. Es werden nur für den Gesamtverlauf der Geschichte unwichtige Handlungsstränge, wie der Aufenthalt im Altenheim hinzugefügt oder der Inhalt von Funktionen abgeändert. Im Comic findet die Gruppe vermeintlichen Unterschlupf in einer Neubausiedlung mit folgender Einführung eines neuen Unglücks, in der Serie erfüllt das CDC diese Funktion. Es gibt zwei gravierende Unterschiede der ersten Staffel der Fernsehserie zum Comic. Zum einen werden die Dixon-­‐Brüder (besetzt durch Kultschauspieler Michael Rooker und Norman Reedus) als völlig neue Charaktere eingeführt, zum anderen stirbt Shane nicht vor dem Auszug aus Atlanta. Robert Kirkman begründet die Entscheidung Shane noch länger in der Fernsehserie zu halten in einem Interview damit, dass er bei der Veröffentlichung des Comics nicht wusste ob dieser längerfristig heraus gegeben wird, weshalb er möglichst viel Geschichte in die ersten 6 Ausgaben packen wollte (vgl. Kirkman in Reeves 2011). Die Funktion der Dixon-­‐Brüder in der Serie ist die 23 Tatsache, dass selbst dem Comicleser ein völlig neuer Aspekt gegeben wird. Der Konflikt mit, bzw. die Existenz von Shane spielt neben der Suche nach Sophia ebenfalls eine große Bedeutung für die allgemeine Charakterenwicklung in der zweiten Staffel der Serie. Mehr dazu im nächsten Kapitel. Der Aufenthalt der Gruppe auf Hershels Farm stellt im Comic eine relativ kurze Sequenz dar, die nur eine Nacht dauert. In der Serie wird dieser Handlungsspielplatz bedingt durch die Suche nach Sophia auf eine komplette Staffel ausgeweitet, was zu viel Kritik durch die Fangemeinde führte, da die Handlung bis zum Finale nur schleppend vorangetrieben wurde. Die Charakterentwicklung durch den Druck der Suche, sowie die Existenz von Shane als ständigen Gegenspieler Ricks und als falschen Helden ist trotz der trägen Handlung immens. Ein anderer Grund für die Verlängerung der Farmsequenz kann jedoch auch klar auf die Kürzung des Budgets von 3,4 Millionen Dollar auf 2,7 Millionen Dollar pro Folge zur zweiten Staffel zurückgeführt werden (vgl. Ocasio 2012). Diese Tatsache führte auch zur letztendlichen Entlassung von Frank Darabont als Showrunner da er mit den Budgetkürzungen nicht einverstanden war: „I don't understand the thinking behind, 'Oh, this is the most successful show in the history of basic cable. Let's cut the budgets now.' I never did understand that and I think they got tired of hearing me complain about it.“ (in Yeoman 2012) In der dritten Staffel gibt es dann wieder wesentlich mehr „Action“, was auf die erneute Erhöhung des Budgets und die Übernahme durch einen neuen Showrunner Glen Mazzara zurückzuführen ist. Die Handlungssequenz im Gefängnis ist im Comic ausführlicher beschrieben, der Konflikt mit den Insassen eskaliert wesentlich schärfer. Möglicherweise war das Thema der Pädophilie und die Tötung von unschuldigen Kindern den Produzenten für das Medium Fernsehen zu heikel. Trotz des sehr blutigen und brutalen Grundschemas der Serie gibt es offensichtlich immer noch Themen, die für das in Amerika weitestgehend konservative Publikum außen vor gelassen werden. Michonne, eine Überlebende die zu Ricks Gruppe stößt, wird im Comic mehrfach durch einen weitaus weniger charismatischen Governor mit südamerikanischem 24 Aussehen vergewaltigt, was ebenfalls nicht in die Fernsehserie übernommen wurde. Im Comic geht Andrea eine Affäre mit Dale ein (ebenfalls beide Teil der Gruppe der Überlebenden). Da dieser jedoch am Ende der zweiten Staffel in der Fernsehadaption stirbt haben die Produzenten die Möglichkeit genutzt eine Liebesgeschichte zwischen Andrea und dem Governor aufzubauen, was der Narration mehr Dynamik gibt, da sie nicht um das wirkliche Wesen des Governors weiß. Es ist nach der eingehenden Analyse deutlich geworden, dass die Umsetzung des Comics zur Fernsehserie keine transmediale Adaption ist, jedoch wurden grundlegende Aspekte beachtet, die ein späteres transmediales Erzählen in weiteren Medienangeboten immens erleichtert haben. Die Mythologie von The Walking Dead, Themen wie Moral, Menschlichkeit, Brutalität und der kompromisslose Umgang mit den Charakteren des Universums wurden grundsätzlich zur Serie adaptiert. Es wurde, wahrscheinlich auch begründet durch die starke Involvierung von Kirkman als Co-­‐Autor der Serie, kein komplett neues Universum mit einer neuen Handlung geschaffen, wodurch die Fanbase des Comics erhalten blieb. Der Reiz der Serienadaption für diese Fans liegt im Entdecken von neuen Charakteren, Handlungssträngen und letztendlich der Diskussion über die Änderungen gegenüber dem Comic. Der Comic wurde in mehreren Interviews sowohl von Darabont als auch Kirkman als eine Art Landkarte bezeichnet und die Serie hält sich an die im Comic gesetzten Grenzen -­‐ ein Aspekt von Transmedia Storytelling. In der Handlung der Serie wurde das Universum daher nicht einfach nur inkonsistent, wie es bei anderen Franchises oft der Fall ist, sondern vielmehr abgeändert und durch das Format einem breiteren Publikum zugängig gemacht. Es wurde ein alternatives Universum erschaffen, das durch die gezielte Übernahme der wichtigsten Aspekte des Comics die Mythologie von The Walking Dead nicht zerstört, sondern vielmehr gefestigt hat: „We’re expanding Kirkman’s narrative. (...) We’re definitively following the Kirkman path, the breadcrumbs that he’s left us to follow. But we’re veering off the trail, to whatever degree we can. Because there’s so many great ideas in what he’s done that suggests other things along the way, and we don’t want to leave 25 anything on the table. So we’re giving ourselves permission to veer, to detour. My conception is that as long as we come back gracefully onto the path that Kirkman has set, anything’s fair. It’ll only make the thing richer if we give ourselves that permission.“ (Darabont in Sepinwall 2010) Die Einführung der Dixon-­‐Brüder in der Fernsehserie stellt einen transmedialen Aspekt dar, da sie im Comic nicht existieren und somit neue Handlungsstrukturen erzeugen. Es werden ebenfalls viele Handlungsfunktionen grundlegend oder in Teilen abgeändert, was ebenfalls eine Veränderung der ursprünglichen Geschichte zur Folge hat. Da jedoch die grundsätzlichen Handlungsbögen (Atlanta, die Farm, das Gefängnis/Woodbury) zur Fernsehserie hin übernommen wurden und keine völlig neue Geschichte ohne redundante Informationen entwickelt wurde kann man hier nicht von einer transmedialen Adaption ausgehen. Trotzdem wurde ein guter Grundstein für die transmediale Narration weiterführender Medienangebote des Franchises gelegt. 2.4. Charaktere und Emotionen „Man kann allgemein konstatieren, daß die Gefühle und Absichten der handelnden Personen sich in keinem Fall auf den Gang der Handlung auswirken.“ (Propp 1986: 78) Am vorangegangenen Vergleich zwischen Comic und Serie kann diese These Propps bestätigt werden. Beispielsweise ist es völlig unbedeutend, ob Hershel die Gruppe von der Farm vertreiben will oder nicht, im Endeffekt muss sie die Farm verlassen um die Geschichte voran zu treiben. Neben dem strukturellen muss jedoch auch der psychologische Aspekt besprochen werden, der beim transmedialen Erzählen eine bedeutende Rolle für die Fanbase spielt. 26 Ging man bis in die 50er Jahre von einem passiven Rezipienten aus, der den Kommunikationsinhalt von Medien in etwa identisch auffasst, verarbeitet und speichert (Bonfadelli 2004: 29), schrieb das sogenannte S-­‐O-­‐R-­‐Modell dem Rezipienten eine aktive Handlungsweise als „mediatisierender Organismus“ (ebd.) zu. Als Weiterentwicklung dieser reinen Frage, was die Medien beim Rezipienten bewirken entstand der Uses-­‐and-­‐Gratifications-­‐Ansatz, der nach dem Nutzen für den Rezipienten fragt. Er geht von einem aktiven Rezipienten aus, der aufgrund eigener Motive und Bedürfnisse auswählt welche Medienangebote er nutzt und diese als „mehr oder weniger befriedigende Gratifikationen“ (ebd.: 33) benutzt. Die Frage Warum Konsumenten verschiedene Medien nutzen ist zentral für das transmediale Geschichtenerzählen, da nur so eine bestmögliche und typgerechte Nutzung der Medien sichergestellt werden kann. Transmediales Erzählen muss den Konsumenten zur eigenen Involvierung verleiten indem ihm Vorteile wie Extrainformationen zur Serie bei Nutzung einer Applikation für Tablets oder Smartphones versprochen werden. Die Emotionen der Charaktere mögen im Verlauf der Geschichte eher unbedeutend sein, haben jedoch im Zusammenhang mit dem Konsumenten eine zentrale Bedeutung für den Erfolg der Serie, da sie eine Identifikation mit den Charakteren erleichtern. Diese Identifikation kann nach dem Uses-­‐and-­‐Gratifications-­‐Ansatz folgendermaßen erklärt werden: Der Konsument sucht eine Art Vorbild (sowohl positiv, als auch negativ) in den Charakteren einer Serie, oder eines Films und zieht aus einer gelungenen Umsetzung ein hohes Maß an Gratifikationen in Form der Projektion von idealen Verhaltensweisen. Jenkins bezeichnet das transmediale Geschichtenerzählen auch als „The Art of World Making“ (2006: 70). Zu dieser Erschaffung einer Welt zählen wie in der echten Welt logischerweise auch die Emotionen und Motive der einzelnen Charaktere. Transmediales Erzählen begrenzt sich nicht nur auf die durch die Produktionsfirma kontrollierten Medien, sondern fördert die aktive Beteiligung des Konsumenten in Grassroots Communities, Foren, Blogs, etc.: 27 „Transmedia isn’t limited to film and games, it’s also toys, it’s comics, it’s board games, it’s any kind of media that can extend the story, including supporting fan fiction. And the great thing about fan fiction is that it’s self-­‐sorting, so the good stuff . . . rises to the top.” (Bilson in Beach 2011) Natürlich kann man Zombies im Serienformat als einen klaren Lockfaktor der Serie betrachten, allein schon weil es diese Form noch nie gab. Was das The Walking Dead Universum trotz dieses dystopischen, fiktionalen Grundthemas glaubwürdig macht sind die Emotionen und Handlungsmotive der Charaktere. Die Definition von „Menschlichkeit“ nach Zusammenbruch einer genormten Gesellschaft wird immer wieder aufgegriffen und in Frage gestellt, da von Charakteren wie Shane der Wille zum Überleben immer konsequenter über geltende Moralvorstellungen gestellt wird. Da eine ausführliche Charakteranalyse den Rahmen der Arbeit überschreiten würde, sollen im Folgenden anhand der von Propp definierten Zuordnungen der handelnden Personen drei Charaktere, Rick Grimes, Shane Walsh und Daryl Dixon erläutert und der emotionale Nutzen bei der Kommunikation mit dem Konsumenten herausgestellt werden. Rick Grimes Sowohl im Comic als auch in der Serie ist Rick Grimes der Held der Geschichte. Einerseits aufgrund seiner funktionellen Handlungen in der Geschichte, wie beispielsweise dem Auszug zu einer Suche und dem Kampf mit seinem Gegenspieler, andererseits aber auch anhand seiner Motive und den damit verbundenen Emotionen. Rick wird als ein Polizist und somit Sinnbild einer alten Weltordnung eingeführt, wonach er auch handelt. Bis hin zur dritten Staffel drehen sich seine Handlungen darum „das Richtige“ zu tun, sowohl für seine Familie, als auch für die Gruppe zu dessen Führer er wird. Kirkman stellt sich klar gegen eine schwarzweiße Sicht von Gut und Böse. In beiden 28 Medien werden Ricks Entscheidungen immer drastischer und entsprechen bei weitem nicht mehr unseren heutigen Moralvorstellungen. Im Comic wird dieser emotionale Wandel von Rick wesentlich brutaler dargestellt, als in der Adaption für die Serie. Dort vollzieht sich dieser Wandel besonders in der Handlungssequenz des Gefängnisszenarios. Nachdem ein Häftling zwei Kinder von Hershel brutal ermordet, schlägt Rick diesen so brutal zusammen, dass er sich dabei sogar seine eigene Hand bricht. Er will den Häftling als eine Art Exempel hängen lassen (wozu es jedoch nicht kommt, da der Häftling durch Maggie erschossen wird). Danach erschießt Rick hinterrücks einen weiteren Häftling, den er als Gefahr für die Gruppe betrachtet. Er wirkt immer kälter und stellt nach und nach das Überleben als Ziel vor die Menschlichkeit. In der Serie geschieht dieser Wandel weniger drastisch, jedoch mit dem gleichen Effekt für die Handlung. Shane als Gegenspieler von Rick wird nach einem langen Konflikt, bei dem Shane durch seine Handlungen klar als der Antagonist stigmatisiert wird, getötet. Durch das Fehlen eines so drastischen Gegenspielers beginnt Rick jedoch an seine eigenen moralischen Ansichten anzuzweifeln. Am Ende der zweiten Staffel der Fernsehserie bezeichnet er sich sogar als der Anführer in einer Diktatur, da Demokratie in dieser neuen apokalyptischen Weltordnung keinen Platz mehr hat (vgl. The Walking Dead, Staffel 2/Folge 13) . Im Verlauf der Gefängnissequenz werden seine Handlungen immer extremer, was in dem Gedanken gipfelt eine unschuldige Michonne, eine Überlebende die im Verlauf der dritten Staffel zur Gruppe stößt, an den Governor auszuliefern, um die Gruppe zu schützen. Als Bezeichnend kann auch die Szene betrachtet werden, in der Rick in Folge 12 auf dem Weg nach Woodbury ist. Die Gruppe bestehend aus Michonne, Rick und Carl sieht unterwegs einen Tramper, der nach Hilfe sucht und offensichtlich mit dem Auto mitgenommen werden will und passiert diesen ohne anzuhalten. Auf dem Rückweg kommen sie an der gleichen Stelle vorbei, an der man nur noch eine große Blutlache und den Rucksack des Trampers sieht, was seinen Tod impliziert (vgl. The Walking Dead Staffel 3/Folge 12). Moralvorstellungen, wie wir sie kennen werden spätestens mit dieser offensichtlichen Darstellung des Verlustes der Menschlichkeit im Verhalten der 29 Charaktere von The Walking Dead negiert. Durch den Tod seiner Frau Laurie steht Rick im Verlauf der dritten Staffel kurz davor verrückt zu werden und bekommt Halluzinationen. Diese Schwäche offenbart den offenbar immer noch menschlichen und verletzbaren Kern des sonst nach außen hin emotional so abgestumpften Charakters. Die Emotionen und Motive von Rick Grimes als Protagonist der Serie und des Comics bleiben demnach in beiden Medien gleich. Er ist durchweg zwischen alten Moralvorstellungen im Kontrast zu der neuen Weltordnung hin und hergerissen. Auch das vor der Apokalypse geltende Rechtssystem, dass er als Polizist vertrat verliert immer mehr an Bedeutung. Im weiteren Verlauf der Handlung stellt er immer mehr die Sicherheit und das Wohlergehen der Gruppe über die Moral und stumpft merkbar emotional ab. Er wandelt sich von der stereotypen Figur des Polizisten als Vertreter von Recht und Ordnung immer weiter in eine Figur, die in moralischen Grauzonen operiert, bzw. klar gegen geltende Moralvorstellungen handelt. Die Tatsache, dass er einhergehend mit diesen emotionalen Veränderungen im Verlauf der Serie seine Polizistenuniform ablegt unterstreicht den Wandel metaphorisch. Für den Konsumenten vollzieht sich diese Verwandlung logisch über einen durch das Format der Serie und des Comics bedingten langen Zeitraum. Die Verwandlung Ricks von einem durch Propp definierten „suchenden Helden“ in einen „leidenden Helden“ (vgl. Propp 1986) wirkt extrem realistisch, da sich diese Entwicklung einhergehend mit immer mehr Problemen wie der ständigen Sorge um die Sicherheit der Gruppe und verschiedenen Tragödien wie dem Tod von Laurie vollzieht. Durch diesen Realismus kann der Konsument eine emotionale Bindung mit dem Charakter eingehen und wird dazu verleitet sich in Knowledge Communities und verschiedenen Onlinediskussionen mit Ricks Motiven und Emotionen auseinanderzusetzen. Hier als Beispiel ein User-­‐Kommentar aus dem Forum zu The Walking Dead von AMC: „just clearing some things not to be COLD OR APATHETIC like someone called him here again....Rick became a little crazy and things happen when people you 30 love, you want to protect with your life...dies and eaten by the walker......loads of problems and stressful burdens on his back for so long but he is A GOOD GUY always risking his life for a friend and even to a stranger if you remember him in the earlier seasons and episodes“ (The Walking Dead Talk Forum 2013) Man kann die emotionale Bindung die dieser Nutzer mit dem Protagonisten von The Walking Dead geschlossen hat sehr deutlich erkennen. Er spricht von Rick wie von einer realen Person und nicht einem fiktionalen Charakter einer Serie und verteidigt dessen Aktionen indem er sich in ihn hineinversetzt. Shane Walsh Shane Walsh spielt in beiden Medien die Rolle des Antagonisten. Obwohl ihm durch seine Handlungsfunktionen definitiv diese Rolle zugeschrieben werden kann, wird der Konsument trotz allem sowohl im Comic als auch der Fernsehserie dazu gezwungen sich mit Shanes Handlungen auseinander zu setzen und sich über die eigene Handlungsweise in dieser Situation Gedanken zu machen. Für Shane haben die klassischen Moralvorstellungen in der neuen dystopischen Welt keinen Wert mehr, was er mehrfach durch seine Handlungen unter Beweis stellt. Nachdem er Ricks Familie rettet, verliebt er sich in Ricks Ehefrau und fängt bedingt durch Ricks vermeintlichen Tod eine Affäre mit ihr an. In beiden Medien eskaliert dadurch die Situation zwischen Rick und Shane: Shane versucht seinen Widersacher umzubringen. Im Comic wird er durch Ricks Sohn Carl erschossen und in der Serie durch Rick selbst erstochen. Während der Charakter im Comic nur marginal eingebunden und sehr schnell beseitigt wird, nehmen sich die Autoren in der Serie wesentlich mehr Zeit Shanes Charakterzüge zu entwickeln und das Liebesdreieck zwischen ihm, Rick und Laurie langsam eskalieren zu lassen. Shanes Existenz über den Handlungsbogen der Farm hinweg stellt einen wichtigen Aspekt für die allgemeine Charakterentwicklung während dieser Zeit in der Serie dar. In der ersten Staffel gibt es schon Situationen, (wie beispielsweise eine Jagdszene im Wald bei der Shane auf Rick zielt, jedoch bedingt durch das Auftauchen von Dale nicht abdrückt) in denen der Konsument merkt wie sehr Shane emotional und moralisch 31 abstumpft. Dies wird in der zweiten Staffel auf die Spitze getrieben. Shane sieht sich immer mehr als den besseren Anführer und den besseren Familienvater und bezeichnet die moralischen Bedenken von Rick als Schwäche. Durch seine fortwährende Opposition gegenüber Rick und seinen Entscheidungen wird das Lager der Überlebenden gespalten, was eine immense Dynamik für die Dramaturgie zur Folge hat. Durch Shanes Handlungsfunktionen werden fast alle anderen Charaktere der Serie ebenfalls geprägt. Beispielsweise entwickelt sich Dale in der Fernsehserie zum moralischen Gegenpol Shanes, Andrea geht eine Affäre mit Shane ein und entfernt sich von Dale. Im Comic wird diese Geschichte durch die Abwesenheit Shanes völlig anders erzählt, da Andrea dort sogar eine Beziehung mit dem wesentlich älteren Dale eingeht. Obwohl Shanes Handlungen im Verlauf der zwei Staffeln immer extremer werden, wird er in diesem Medium menschlicher dargestellt als im Comic. Durch verschiedene Einstellungen, Verhaltensweisen und Erklärungsversuche Shanes wird deutlich, dass er sich zumindest im Bezug zu seiner Beziehung mit Laurie in einem emotionalen Konflikt befindet, da Rick trotz allem sein bester Freund ist. Brutale Handlungen, wie die Tötung Otis’ begründet Shane mit dem größeren Guten bei dem das Wohlergehen der Gruppenmitglieder über moralische Konflikte gestellt wird. Ähnlich wie Rick kann man Shane nicht einfach als gut oder böse bezeichnen und wird als Konsument gezwungen sich mit seinen Entscheidungen auseinander zu setzen und beispielsweise darüber nachzudenken wie man selbst in der Situation handeln würde. Er stellt daher einen wichtigen Charakter der Fernsehserie dar und gibt dem Konsumenten einen tiefen Einblick in den Wandel der Menschlichkeit nach dem Zusammenbruch der Gesellschaft wie wir sie kennen. Daryl Dixon Der Charakter des Daryl Dixon wurde für die Serie komplett neu entwickelt und existiert im Comic nicht. Ähnlich wie Rick stellt Daryl zu Anfang der Serie noch den Inbegriff eines Stereotypen dar, nämlich den brutalen, dummen „Proleten“. 32 Nach dem Verlust seines Bruders vollzieht Dixon über den Handlungsverlauf der jetzigen drei Staffeln hinweg einen krassen Wandel in Charakter, Emotionen und Motiven. In der ersten Staffel gilt Dixon noch als Außenseiter und macht die Gruppe für den vermeintlichen Tod seines Bruders verantwortlich. Mit der Suche nach Sophia in der zweiten Staffel vollzieht sich ein tiefgreifender Wandel im Denken dieses Charakters. Er wird immer mehr ein Teil der Gruppe und sieht sich selbst auch als solcher. Dem Zuschauer werden neue Charakterfacetten gezeigt, die ihn sympathisch machen, wie beispielsweise die unablässige Suche nach Sophia und der liebevolle Umgang mit deren Mutter Carol. Daryl Dixon vollzieht praktisch einen entgegengesetzten, positiven Wandel zu dem von Rick Grimes. Im Verlauf der Serie nimmt Dixon die Gestalt mehrerer von Propp definierter Figuren an. Beispielsweise kann er als Ricks Helfer betrachtet werden, da er sich an der Suche nach Sophia beteiligt und ihm bei vielen Belangen zur Seite steht. Zum anderen kann der Charakter Dixons ebenfalls als eine Art Held bezeichnet werden, da er im Handlungsbogen der zweiten Staffel eine Mangelsituation erfährt -­‐ nämlich den Verlust Sophias -­‐ aufbricht diese zu suchen (teils auch auf eigene Faust) und sie zum Ende hin, auch mithilfe anderer Seriencharaktere, in der Scheune findet. Daryl Dixon gilt inzwischen als einer der beliebtesten Charaktere des The Walking Dead Universums. Es gibt beispielsweise Petitionen zum Erhalt des Charakters in der Serie auf change.org und eine immense Masse an Fanfiction mit Dixon als Protagonisten. Dies kann man zum einen der Besetzung durch Kultschauspieler Norman Reedus zuschreiben, der eine Gewohnheit daraus macht Kultcharaktere auch auf Fanconventions und anderen Veranstaltungen zu verkörpern (neben Daryl Dixon auch Murphy MacManus aus Der blutige Pfad Gottes (1999)), wodurch Fans sich wesentlich besser mit ihm identifizieren können. Zum anderen kann diese Tatsache der sehr detaillierten Charakterentwicklung zugeschrieben werden, die seine Figur in der Serie erfährt. Daryl wirkt durch seine Handlungsfunktionen und die schauspielerische Leistung von Norman Reedus immer sympathischer und besitzt einen großen Fundus verschiedenster Emotionen, wie Wut, Liebe und Loyalitätsempfinden. 33 Die Hauptcharaktere der Serie haben sich über den Verlauf der jetzigen drei Staffeln wie auch im Comic zum Positiven und auch zum Negativen weiter entwickelt. Viele Charakteremotionen wurden in der Serie selbst nicht bis zum Letzten ausgeschöpft und dargestellt und Hintergrundinformationen, wie beispielsweise die Herkunft von Michonnes Zombies, die sie vor der Ankunft im Gefängnis noch an Ketten mit sich führt, offen gelassen (die Herkunft wurde später in einer Kurzgeschichte im amerikanischen Playboy Magazine erzählt). Dem Konsumenten wird die Möglichkeit gegeben, selbst aktiv zu werden, sich mit anderen über Knowledge Communities auszutauschen oder sogar selbst als Grassroots-­‐Autor tätig zu werden. Beispielsweise gibt es Fanfiction, die aus Sophias Sicht erzählt wie es dazu kam dass sie gebissen wurde, oder Merle Dixons Geschichte über den Zeitraum zwischen der Ankettung auf dem Dach des Hochhauses und der Ankunft in Woodbury (mehr dazu in Kapitel 4.2). Durch die Diskussion über die Motive und Emotionen der fiktionalen Charaktere wird eine wesentlich höhere Identifikation der Konsumenten mit selbigen erreicht und eine engere Bindung zum Franchise geschaffen, da man sich emotional involviert. Das Höchstmaß an Realismus beim Erschaffen der Charaktere und deren klare emotionale Struktur mit vielen Facetten bildet eine Grundlage für eine konsistente transmediale Erzählung durch die Produzenten und auch seitens der Fans. Bei allen Charakteren ist kaum etwas über deren Leben vor der Zombieapokalypse bekannt, was einen idealen Zustand für Transmedia Storytelling darstellt und durch alle Instanzen ausgeschöpft werden kann. 34 2.5. Mythologie Die Mythologie eines Franchises, als das man The Walking Dead inzwischen durch die Investition in viele verschiedene Medien betrachten kann ist von zentraler Wichtigkeit für eine konsistente transmediale Narration. Sie kann als eine Art Blaupause betrachtet werden, auf dessen Grundlage sich die in den vorherigen Kapiteln behandelten Handlungen und Charaktere entwickeln. Bei der Untersuchung des Matrix Franchises hat Jenkins folgende Beobachtung der Operationsweise der Wachowski Brüder herausgestellt: „The Wachowski brothers built a playground where other artists could experiment and fans could explore. For this to work, the brothers had to envision the world of the Matrix with sufficient consistency that each installment is recognizably part of the whole and with enough flexibility that it can be rendered in all of these different styles of representation (...).“ (Jenkins 2006: 115) Die Mythologie als Ergebnis der Erschaffung eines eigenen Universums muss demnach sowohl konsistent genug sein um den Fans und Künstlern klare Grenzen zur Erweiterung der Geschichte zu geben, jedoch auch flexibel genug um die Fantasie der Fans und damit interessante neue Geschichten nicht einzuschränken. Ähnlich wie bei dem Matrix Franchise wurde auch bei den verschiedenen Medienangeboten von The Walking Dead der ursprüngliche Erschaffer Robert Kirkman in fast jeden Produktionsablauf, sei es beispielsweise das Spiel von Telltale Games oder die Webisodes, mit eingebunden. Neben dem klaren Vorteil für die Argumentation der Treue zum Original, die im nächsten Kapitel behandelt wird hat dies schlicht auch den Vorteil, dass Kirkman dafür sorgen kann, dass seine Version des The Walking Dead Universums möglichst unverfälscht transmedial (bzw. crossmedial bei der Adaption der Serie) adaptiert wird. Durch die enge Zusammenarbeit mit den verschiedenen externen Dienstleistern, wie Telltale Games (The Walking Dead 2011) wurde sichergestellt, dass keine gravierenden Fehler in der Gesamtkonsistenz der Mythologie entstehen. 35 Die Mythologie von The Walking Dead borgt sich bei vielen Kultfilmen, wie George A. Romeros Zombie (1978) grundlegende Bausteine für den Aufbau des Universums. Beispielsweise wird in dem genannten Film ebenfalls kein Grund für den Ausbruch der „Seuche“ genannt. Diese Zitation schon vorhandener Filmmythologien steigert die Akzeptanz selbiger durch Fans und fördern Diskussionen und die Suche nach versteckten Anspielungen, wie beispielsweise einem T-­‐Shirt von Carl, das einen beliebten Charakter aus einer anderen Comicserie Kirkmans namens Invincible zeigt. Neben der Darstellung einer postapokalyptischen Welt, in der Zombies für einen andauernden Zustand der Angst und den Verfall von zivilisierten Moralvorstellungen wie wir sie kennen sorgen, spielt die Frage nach der Ursache für diese Katastrophe eine ungemein wichtige Rolle in der The Walking Dead Mythologie. Zwar wird am Ende der ersten Staffel durch das CDC mit dieser Frage gespielt, jedoch wird nie die Frage beantwortet, was genau die Zombieapokalypse verursacht hat und wieso: „One of the core rules which Kirkman established was that we would never be given an explanation for why there are zombies and we are never going to go back and fill in the first 20 days of the zombie apocalypse. Here’s one of the many times that Kirkman has explained his rationale: As far as the explanation for the zombies go, I think that aside from the zombies being in the book, this is a fairly realistic story, and that’s what makes it work. The people do real things, and it’s all very down to Earth…almost normal. ANY explanation would be borderline science fiction….and it would disrupt the normalness. In my mind, the story has moved on. I’m more interested in what happens next then what happened before that caused it all.“ (Jenkins 2011/I) Diese Realitätsnähe, die Kirkman erwähnt gibt der Geschichte einen weiteren wichtigen Grundpfeiler für die Mythologie. Die ständige Auseinandersetzung mit dem Thema der Menschlichkeit in einer postapokalyptischen Welt wird im The Walking Dead Universum ernsthaft und plausibel behandelt. Die Auswirkungen der neuen Weltordnung auf die Charaktere, wie zum Beispiel die moralische Abstumpfung 36 Shanes und später auch Ricks wird so realistisch dargestellt, dass man als Konsument meist nicht mehr nur passiv zuschaut, sondern beginnt sich in die Situation der Serie hineinzuversetzen und Überlegungen darüber anzustellen, was in dieser neuen Welt als „Gut und Böse“ gesehen werden kann. Der moralische Aspekt der Serie ist neben anderen fundamental für ihren Erfolg, was man an den Diskussionen in Foren und Messageboards sehen kann. Ursprünglich passive Zuschauer werden dazu gebracht sich aktiv in die Fangemeinde zu involvieren, um die Frage gemeinsam zu Erörtern, was „richtig“ und „falsch“ ist. Es wird klar, dass ein Kettensägen schwingender Protagonist wie Ash in Tanz der Teufel II (1987) nicht in das realitätsnahe The Walking Dead Universum passen würde. Eine Hommage an diesen Kultfilm gibt es trotzdem: Und zwar als Merle Dixons Messerapparatur an dem Stumpf seiner amputierten Hand. Durch die „Einhaltung gewisser Regeln“ (vgl. Jenkins 2011/I) wie sie hier als grundlegende Aspekte aufgeführt werden, wird ein Wiedererkennungswert innerhalb der verschiedenen Plattform-­‐ und Medienadaptionen geschaffen. Als Leser der Comics erkennt man beispielsweise sofort, dass es sich bei der Serie um eine Adaption handelt. Dies kann hauptsächlich an der Übernahme vieler Charaktere und der Mise-­‐en-­‐Scène (mehr dazu in Kapitel 2.6.) erklärt werden. Auf einer tieferen Ebene hat es aber auch sehr viel mit der Einhaltung der im Comic erschaffenen Mythologie zu tun. Im späteren Verlauf der Arbeit wird diese Tatsache bei den transmedialen Adaptionen, wie dem Spiel besonders deutlich, in dem Charaktere der Serie höchstens einen Cameoauftritt bekommen und man als Konsument trotzdem noch klar das The Walking Dead Universum erkennen kann. 2.6. Treue zum Original Die „Treue zum Original“ speziell bei Literaturadaptionen ist ein fortwährender Brennpunkt für ausgiebigste Diskurse verschiedenster Kritiker. Imelda Whelehan fasst den Grund dafür in der Einleitung zu Adaptions folgendermaßen zusammen: 37 „The field of adaptions has in the past been dominated by scholars working primarily from an ‚English li.’ Perspective, who may be inclined to privilege the originary literary text above its adaptions, thus favouring the slow individualized process of reading/interpretation above the ‚immediate’ short-­‐term and often shared pleasures of visual spectatorship (...)“ ( 1999: 17). Diese These bezieht sich auf die Adaption von Roman zum Film, kann jedoch fast gleichbedeutend auf die Adaption vom Comic zur Serie angewendet werden. Der Unterschied liegt in dem „kurzweiligen“ Erlebnis, der durch die Adaption zur Serie theoretisch zu einem auf lange Sicht praktisch endlosen Erlebnis wird. Das Problem, so Whelehan liegt oft auch in der kulturell bedingten unwissentlichen Priorisierung von Literatur zur Verfilmung, bei der wir durch langwierige Konditionierung grundsätzlich dem Roman mehr Bedeutungstiefe zuschreiben (vgl. ebd.: 17ff). Bei einer Adaption von einem Medium in das nächste ist eine Änderung verschiedenster Aspekte schon allein abhängig von den technischen Gegebenheiten vonnöten. Auch wenn es beim Comic als visuelle Narrationsform wie in Kapitel 2.2. schon herausgestellt viele Parallelen zu Film und Fernsehen gibt, ist es dort beispielsweise nicht möglich Audioinhalte zu verarbeiten. Handlungsfunktionen, die im Comic möglicherweise über mehrere Seiten hinweg Spannung aufbauen müssen in der Serie wesentlich kürzer geschnitten werden, um den gleichen Effekt zu erzielen: „So there might be instances where we go as dark as the comic in the show, but then we cut short and try to do something else and try to shift gears. People on a couch want to be entertained, they don’t want to be completely depressed.“ (Kirkman 2012/I) Werden grundlegende Handlungen und Charaktere des Originals geändert, oder komplett gestrichen, so löst dies fast unumgänglich eine negative Kritik durch Fans des Comics aus, da für sie das The Walking Dead Universum umstrukturiert wird, was bei der Adaption vom Comic zur Serie eine Notwendigkeit war. Robert Kirkman gibt in einem Interview eine interessante Begründung für die gravierenden Änderungen von Handlungen oder Charaktereigenschaften zur Serie: 38 „Einer der wichtigsten Aspekte bei The Walking Dead, weshalb der Comic so erfolgreich war und weshalb die Leute jeden Monat mehr wollen, ist die Tatsache, dass man nie weiß, was passiert. Die Figuren können sterben, die Serie verlassen oder neue kommen dazu. Das ist ein sehr flüchtiger Comic und man weiß nie, was passiert. Wenn wir die Show zu stark am Comic orientieren, verlieren wir diese Haupt-­‐Komponente.“ (Kirkman 2012/II) Zwar beschreibt Kirkman im weiteren Verlauf des Interviews auch, wie gewisse Handlungen, wie die Schussverletzung Carls in die Serie übernommen werden müssen um „der Serie treu zu bleiben“ (ebd.), jedoch setzt das soeben zitierte Argument einen zentralen Kritikpunkt bei Adaptionen außer Kraft. Nach Kirkman bleibt die Serie dem Comic gerade durch die Tatsache treu, dass es gravierende Veränderungen gibt und der Zuschauer dadurch nicht (immer) weiß was als nächstes passiert, selbst wenn er den Comic gelesen hat. Das Erweitern von Kirkmans Narration liegt im Kern des Transmedia Storytelling. Zwar war es bei der Adaption zur Serie noch nicht möglich (und nicht gewollt) eine völlig neue Handlung zu erschaffen, jedoch wollten sowohl Kirkman als auch Darabont dem Konsumenten neue Aspekte geben und Ideen einbringen, an die im Comic beispielsweise schlichtweg nicht gedacht wurden. Die Verantwortlichen wissen um die Gefahren bei der Abweichung vom Original. Trotzdem wird klar und eindeutig begründet wieso gewisse Änderungen vonnöten sind und dem Konsumenten sogar einen positiven Mehrwert bringen. Derek Paget beobachtet in Trainspotting: Speaking Out, dass die Aussage „nicht so gut wie der Roman“ gerade bei klassischen Autoren gern benutzt wird: „Such arguments are more stridently heard when the work of classic authors is at issue. It almost seems to constitute a kind of perverse pleasure for those jealous of canonical literature’s supposed superiority to continue to argue for the primacy of 39 print. When the author in question is, say, John Grisham or Catherine Cookson, defenders of the cultural faith tend to be less plentiful.“ (1999: 131) Zwar gilt der The Walking Dead Comic inzwischen unter Lesern von Graphic Novels schon weitestgehend als Kultobjekt, die Erste Ausgabe wurde vor kurzem auf der Internetauktionsplattform eBay für 10100$ verkauft (Couch 2012), jedoch kann Kirkman schon aufgrund der Entstehungszeit und natürlich der Art seiner Literatur nicht als klassischer Autor bezeichnet werden. Geht man von Pagets These aus beugt diese Tatsache allein schon vielen Kritiken an der Adaption vor, da die Konsumenten insbesondere im Zusammenhang mit Kirkmans genannter Argumentation eher bereit sind Abweichung bei der Adaption zu akzeptieren. Welsh als Autor von Trainspotting bezeichnet seinen Cameoauftritt in der Filmadaption seines Werks als einen Grund, weshalb selbige nicht vom ihm selbst (und damit auch dem Zuschauer) kritisiert werden kann, da er ein Teil des ganzen Prozesses war (vgl. Paget 2008: 130ff). Während Welsh abgesehen von seinem Auftritt im Film keine grundlegenden Exekutivfunktionen bei der Umsetzung des Films hatte, gingen die Macher von The Walking Dead noch einen Schritt weiter. Kirkman wird bis heute bei der Serie als ausführender Produzent und auch Co-­‐
Drehbuchautor eingesetzt und hat damit zentrale Machtpositionen zur Bestimmung des Verlaufs der Geschichte inne. Wie die ausführende Produzentin der Serie Gale Anne Hurd erklärt: „Robert Kirkman has been so involved with the show – he’s in the writer’s room and is part of the decision making process and what each episode is going to be like. We’ve got the creator in the room and he signs off on all of it. I think our feeling is that we have the man – without whom there wouldn’t be a Walking Dead – embracing the fact that they are two different mediums.“ (in Still 2012) Zwar gibt es bei groben Änderungen, wie dem Tod Dales, der im Comic eine der Hauptfiguren darstellt, in der zweiten Staffel der Serie offene Kritiken und Diskussionen seitens der Fanbase (vgl. Kirkman 2012/I), jedoch können für diese 40 Änderungen nicht etwa „schlechte Drehbuchautoren“ verantwortlich gemacht werden sondern ebenfalls der Erschaffer des Universums selbst. Da Kirkman in der Position des ursprünglichen Autors von The Walking Dead jedoch eine Art Gottposition in diesem Universum innehat akzeptieren Fans Veränderungen in selbigem eher, da sie meist Kirkmans Intentionen entspringen. Neben diesen Aspekten kann auch der von Jenkins beschriebene Kultfaktor im Zusammenhang mit der Treue zum Original betrachtet werden der die Akzeptanz von Veränderungen in der Adaption ebenfalls fördert: „(...) the Wachowskis sought animators and comic-­‐book writers who already had cult followings and were known for their distinctive visual styles and authorial voices. They worked with people they admired, not people they felt would follow orders.“ (Jenkins 2006: 111) Das Produktionsstudio AMC bedient sich bei der Erschaffung des The Walking Dead Universums massiv verschiedener Kultpersonen. Frank Darabont, der mit Filmen wie Die Verurteilten (1994) (für den er sowohl das Drehbuch geschrieben als auch Regie geführt hat) berühmt geworden ist, wurde bei der ersten Staffel der Serie als Produzent, Drehbuchautor und bei der ersten Folge sogar als Regisseur eingesetzt. Die Dixon-­‐Brüder wurden mit den Kultschauspielern Michael Rooker (Tombstone (1993)) und Norman Reedus (Der blutige Pfad Gottes (1999)) besetzt, was die Akzeptanz der neuen Charaktere immens gesteigert hat. Norman Reedus’ Charakter Daryl Dixon gilt inzwischen als einer der beliebtesten Charaktere innerhalb des The Walking Dead Universums, was mitunter den Sympathiepunkten durch das Mitwirken in Kultfilmen außerhalb von The Walking Dead zuzuschreiben ist. Gregory Nicotero, der als Makeup-­‐Artist für Horrorklassiker wie Armee der Finsternis (1992) einen Kultstatus innerhalb dieser Publikumsszene errungen hat wird bei der Serie ebenfalls eingesetzt. Man kann die Liste der Personen noch weiterführen, jedoch reichen die Genannten um folgendes Argument zu untermauern: Zwar mögen diese Individuen keinen oder wenig direkten Einfluss auf die Adaption der Handlung ausüben, jedoch spielen sie eine zentrale Rolle als Sympathieträger für 41 die von The Walking Dead zu erreichende Zielgruppe. Unabhängig von der Handlung können Selbige daher stark zu einer schnelleren Akzeptanz durch Fans beitragen. Die Beachtung all dieser Aspekte bei der Umsetzung der Adaption und später auch des kompletten transmedialen Franchise hat zu einer hohen Akzeptanz von etwaigen Änderungen vom Original zu anderen Medienangeboten geführt. 42 3. Spiele als Teil der Geschichte „Each medium does what it does best-­‐-­‐comics might provide back-­‐story, games might allow you to explore the world, and the television series offers unfolding episodes.“ (Jenkins 2011/II) Neben dem Comic und der TV Serie nennt Jenkins hier explizit das Spiel als Medium für transmediale Narration. Das Computerspiel ist das immersivste aller Medien, da der Konsument sich aktiv durch einen Controller oder andere Bedienungsoberflächen in der digitalen Welt bewegen kann. Ohne das Eingreifen des Spielers würde sich die Narration gar nicht erst entfalten. Um den Begriff der Mediendisposition wieder aufzugreifen, kann man hier ähnlich wie beim Fernsehen von einer „Mensch-­‐Apparat-­‐Anordnung“ (Hickethier 2003: 193) ausgehen, da der Konsument sich auf einer möglichst geraden optischen Achse zum Fernsehgerät befindet und dadurch ein größerer Realitätseindruck entsteht. Der Realitätseindruck ist bedingt durch die Technik und jeweilige Umsetzung von Spielen wesentlich geringer als bei einer Fernsehserie mit (meist) echten Schauplätzen und Schauspielern. Wie auch bei der Fernsehdisposition wird diese Spieledisposition durch neue technische Errungenschaften geprägt. Sogenannte Handhelds, mobile Spielgeräte wie beispielsweise Nintendos Gameboy oder Sonys PSP ermöglichen es dem Konsumenten ortsunabhängig zu spielen. Da das Spiel zu The Walking Dead, auf das ich im Folgenden eingehen werde, jedoch nur für stationäre Systeme erschienen ist, können Handhelds hier bei der Disposition vernachlässigt werden. Normale Computer-­‐ bzw. Konsolenspiele können zwar pausiert werden, sind jedoch im Allgemeinen auf ein extrem immersives Spielerlebnis ausgelegt, bei dem der Spieler nach Möglichkeit sein Umfeld völlig ausblendet und den Spielcharakter als eine Art Erweiterung seiner Selbst ansieht. Dieser extreme Realitätseindruck ist ein Grund, weshalb Spiele ein so wichtiges Medium für transmediales Erzählen darstellen. Während der Konsument beim Film oder Fernsehen trotz spektakulärer Technik und einer spannenden Handlung eine passive Beobachterrolle einnimmt, 43 muss der Spieler aktiv Entscheidungen treffen die den Spielverlauf verändern, sei es das schlichte Umlegen eines Schalters, oder wie bei The Walking Dead die Entscheidungen darüber zu fällen welchen Spielcharakter man rettet. Felix Schröter unterscheidet in Don’t show it, play it! zwischen filmischen und nicht-­‐
filmischen Figurenkonzeptionen, sowie einer Spielfigur mit der Logik eines Regelspiels und einer Erzählfigur, die auf den „Darstellungsmodus der Narration“ konzipiert ist (2013: 24ff). In der Arbeit stellt sich heraus, dass die soeben genannten Aspekte im modernen Computerspiel eng miteinander verwoben sind. Filmische Aspekte, wie die Mise-­‐en-­‐Scène, Kameraperspektiven und kinematografische cutscenes werden ebenso zur Konzeption einer Figur benutzt wie nicht-­‐filmische Konzepte, hier bespielswiese intra-­‐ oder extradiegetische Elemente wie dem „Heads Up Display (HUD)“(ebd.: 29). Schröter konstatiert: „Die klaren Ziele und konfliktorientierten Handlungen der Hauptfiguren stellen dabei eine direkte Übernahme filmischer Figurenkonzeptionen (...) dar und korrespondieren mit den häufig konfliktbetonten Spielhandlungen und Spielzielen auf der ludischen Ebene des Spiels.“ (ebd.: 26) Diese durch heutige technische Mittel immer besser umzusetzende Übernahme filmischer Figurenkonzeptionen bildet einen immensen Vorteil für ein transmediales Erzählen. Charaktere die schon in Serien oder Filmen etabliert wurden können ohne große Umstände in ein Computerspiel adaptiert werden, wo sie durch die Hand des Konsumenten durch ein immersives Universum gesteuert werden. 3.1. The Walking Dead -­‐ Transmediale Adaption Mit dem Spiel The Walking Dead gab AMC in Zusammenarbeit mit der Spieleproduktionsfirma Telltale Games im Juli 2012 dem Fan das erste Mal die Möglichkeit das The Walking Dead Universum auf eigene Faust zu erkunden. Die 44 Umsetzung des Spiels kann anhand der Thesen von Jenkins zum Transmedia Storytelling als Paradebeispiel einer transmedialen Adaption angesehen werden. Zuerst einmal werden im Spiel viele der fundamentalsten Vorteile von Computerspielen genutzt. Um zurück auf das Anfangszitat dieses Kapitels zu leiten: „Es tut, was es am besten kann“ (vgl. Jenkins 2011/II). Der Spieler ist ein aktiver Teil der Geschichte und wird bei jedem Schritt involviert. Er muss Entscheidungen treffen die den Verlauf der Geschichte verändern können und kann sich nebenher frei innerhalb gewisser Grenzen im Spiel bewegen. Zwar wurde das Universum vom Comic The Walking Dead als Grundlage für das Spiel übernommen, jedoch wurde hier eine völlig neue Geschichte entwickelt, die sich als Teil des Gesamtkonstrukts des Universums versteht. Dem Spieler wird eine Geschichte gegeben, in dessen Verlauf er Schauplätze der Serie und auch des Comics betritt, wie beispielsweise Hershels Farm, und Charaktere der Serie trifft, z.B. Glenn. Ein extrem wichtiger Punkt für transmediales Erzählen, der im Spiel gut umgesetzt wurde ist die Tatsache, dass keine redundanten Informationen gegeben werden. Wie Jenkins treffend konstatiert verringert Redundanz das Interesse des Fans, was zum Scheitern eines Franchises führen kann (vgl. 2006: 98). Bei der Umsetzung hat sich Spieleautor Sean Vanaman, der schon mit Kultspielen wie Monkey Island (LucasArts 1990) Erfolge feiern konnte, an die Mythologie und die Grenzen des The Walking Dead Universums gehalten. Der zeitliche Abstand zum Ausbruch der Apokalypse ist im Spiel extrem gering, was durch Radiosendungen und Militärpräsenz klar wird, jedoch wird dem Konsumenten auch hier keine klare Antwort auf die Ursache des Ausbruchs gegeben. Zuletzt ist die Geschichte des Spiels in sich geschlossen (wenn auch noch nicht abgeschlossen, da eine zweite Reihe schon in Planung ist): „Each franchise entry needs to be self-­‐contained so you don’t need to have seen the film to enjoy the game, and vice versa. Any given product is a point of entry into 45 the franchise as a whole. Reading across the media sustains a depth of experience that motivates more consumption.“ (Jenkins 2006: 98) Im Gegensatz der von Jenkins aufgezeigten Fehler des Matrixfranchises, bei dem vorausgesetzt wurde, dass der Konsument beispielsweise das Spiel gespielt hat um Handlungen im Film zu verstehen ist das Spiel zu The Walking Dead in sich geschlossen. Zwar erfährt der erfahrene Comicleser oder Konsument der Fernsehserie mehr Befriedigung beim Spielen, da er viele Schauplätze und Charaktere schon aus den anderen Medien kennt und so neue Aspekte und Hintergrundwissen akquiriert, jedoch wird nicht vorausgesetzt andere Medienangebote konsumiert zu haben um das Spiel zu verstehen. Erwähnenswert zum Aspekt des tieferen Eintauchens in das The Walking Dead Universum als Ziel von transmedialer Narration ist auch, dass das Spiel sowohl mit den Handlungsfunktionen der Serie als auch dem ursprünglichen Comic konsistent ist. Diese Tatsache kann als immense Leistung angesehen werden, da die Adaption zur Serie wie in Kapitel 2. herausgestellt wurde noch nicht transmedialer Natur war und viele Handlungsfunktionen geändert, neu entwickelt oder komplett herausgenommen wurden. Die Ästhetik des Spiels hält sich klar an die Gestaltung des Comics, wie Spielekritiker Adam Rosenberg formuliert: „The overall look of the game is great (...); it’s pure Charlie Adlard, except rendered in color.“ (2012). Charlie Adlard ist seit der sechsten Heftausgabe der Zeichner der Comics. Abgesehen von der Tatsache, dass bekannte Charaktere wie Hershel aufgrund der grafischen Orientierung am Comic wenig (äußerliche) Ähnlichkeit mit denen der Fernsehserie besitzen, gibt es trotzdem keine Inkonsistenz in den Handlungsfunktionen des Spiels gegenüber den bestehenden Medienangeboten. Anhand der aufgezeigten Argumente kann man das Spiel The Walking Dead als eine transmediale Adaption bezeichnen, da alle Aspekte des Transmedia Storytelling abgedeckt wurden. 46 3.2. Serielles spielen Nachdem im vorhergegangenen Kapitel herausgestellt wurde, dass es sich bei dem Spiel um eine transmediale Adaption handelt soll nun im Folgenden die Art und Weise erörtert werden, wie selbige umgesetzt wurde und welche Besonderheiten es gibt. Marie Laure-­‐Ryan unterscheidet bei der Kombination von Narration und Interaktivität zwischen zwei Formen des Computerspiels: „the narrative game, in which narrative meaning is subordinated to the player’s actions, and the playable story, in which the player’s actions are subordinated to narrative meaning.“ (2009: 45) Demnach ist The Walking Dead eine playable Story (oder auch spielbare Geschichte) (vgl. ebd.). Der Wert des Spiels liegt im transmedialen Aspekt. Es wird eine neue Geschichte innerhalb des Universums von The Walking Dead erzählt. Der Nutzen für den Fan des Franchises liegt im Akquirieren von neuen Informationen, das Spielen an sich hat eine sekundäre Bedeutung. Für neue Konsumenten bildet es einen in sich geschlossenen Einstiegspunkt zum Franchise. Ryan konstatiert, dass der Spieler das narrative game (narrative Spiel) spielt um zu gewinnen und bei der spielbaren Geschichte die Observation der Evolution der Spielwelt den Konsumgrund darstellt (vgl. ebd.). Obwohl das Ziel des Spiels, nämlich das Überleben als Protagonist, als eine Art Sieg bezeichnet werden kann, ist der Hauptnutzen des Spiels das Beobachten einer neuen Handlungssequenz. Daher spricht dieser Aspekt ebenfalls für eine Bezeichnung als spielbare Geschichte. Bei der Kommunikation, bzw. Interaktion mit der Welt wurde primär auf eine menübasierte Kommunikation zurückgegriffen (vgl. Ryan 2009: 49). Ryan beobachtet bei dieser Art der Interaktion gravierende Probleme: 47 „(...) the price to pay is a loss of fluidity, since narrative time must stop until a choice is made. The menu also clutters up the screen with an extra window that takes a toll on the player’s immersion in the fictional world.“ (ebd.) Die Macher vom Spiel wussten offensichtlich um diese Probleme und haben versucht selbige auszumerzen oder zumindest den negativen Effekt zu verringern. Bei der Auswahl der verschiedenen Möglichkeiten bei Gesprächen mit computergenerierten Personen oder bei der Interaktion mit der Welt an sich läuft ein Timer ab, der den Spieler dazu drängt schnell eine Auswahl zu treffen. Durch diesen Druck wird einerseits ein emotionaler Effekt beim Konsumenten ausgelöst, da dieser gerade in heiklen Situationen wie Zombieangriffen schnell eine Entscheidung treffen muss, andererseits bringt die menübasierte Kommunikation den Spielfluss nicht so stark wie sonst zu einem Stop. Die Zeit für die Auswahl muss jedoch angemessen lang sein, um dem Spieler genug Zeit zu geben, alle Auswahloptionen durchzulesen und kurz darüber reflektieren zu können. Daher gerät der Spielfluss trotz Timer oft stark ins Stocken, wodurch Ryans These trotz des dargestellten Lösungsversuchs bestätigt wird. Die Immersion des Spielers in die digitale Welt wird zugunsten der Narration geschmälert (bis zu dem Punkt, an dem die ständigen Auswahlmenüs anfangen zu stören). Die Menüfenster an sich sind klein gehalten und lassen viel Sicht auf die Spielewelt frei. Hier wird die Immersion nur geringfügig gestört, da die Fenster durch den Timer auch schnell wieder ausgeblendet werden. Bei den Systemen zur Erstellung einer interaktiven Narration gibt es nach Ryan ebenfalls zwei Formen: Das Bottom-­‐Up System, bei dem die Geschichte während des Spielens durch das System erzeugt wird; und das Top-­‐Down System, bei dem die Story durch vorgefertigte Elemente gelenkt wird (vgl. 2009: 51). Obwohl The Walking Dead auf den ersten Blick für ein Bottom-­‐Up System gehalten werden kann, ist es bei näherer Betrachtung ein Top-­‐Down System, oder zumindest ein Hybrid zwischen den beiden Systemen: „The player’s progression is a journey 48 along a path that is already traced and that leads to a fixed destination, or to several destinations when the system offers branching points.“ (2009: 52) Es gibt viele verschiedene Auswahlmöglichkeiten bei der Interaktion mit der Spielewelt von The Walking Dead, aber sie sind von vornherein vorgegeben und würden sich bei wiederholtem Spielen irgendwann ebenfalls wiederholen. Die Verbindung der menübasierten Auswahl in einem Top-­‐Down-­‐System mit den sogenannten „Point-­‐and-­‐Click“ Elementen, bei denen der Spieler Gegenstände mit dem Drücken von Tasten aufheben muss, oder im Fall von The Walking Dead beispielsweise einen Zombie endgültig tötet, führt schnell zu „Loss Points“: „A loss point happens when you believe that you can’t win. Loss points are a big problem in game design because they are the moments when players stop engaging. (...) [In] narrativist games, they are the moments when the player sees that he’s not really doing anything meaningful in the game, just following instructions.“ (Kelly 2012) Tadhg Kelly stellt in diesem Blogeintrag zu dem Spiel The Walking Dead eine der Hauptschwachstellen des Spiels heraus. Viele der Aktionen, die man als Spieler ausführen muss stellen schlicht eine unnötige Verlängerung der Komsumzeit dar. Aufgrund der Tatsache, dass das Spiel zu The Walking Dead als Teil des Franchises erschaffen wurde und den Konsumenten dazu verleiten soll, sich der anderen Medien zu bedienen um mehr über diese Welt zu erfahren, liegt der Wert des Spiels weniger im „Durchspielen“, sondern eher in der „spartiellen und visuellen Befriedigung sich selbst in einer bekannten fiktionalen Welt [zu befinden] und beliebte Charaktere zu treffen“(vgl. Laure-­‐Ryan 2009: 53). Die Möglichkeit die Welt zu erkunden, kann für Fans von The Walking Dead einen großen Anreiz darstellen, das Spiel zu konsumieren. Jedoch wird hier wie schon erwähnt eine neue Geschichte erzählt. Charaktere der Serie und des Comics haben höchstens Cameoauftritte und sind kein fester Bestandteil des Charakterensembles im Spiel. 49 Die Figurkonzeption ist die einer „Erzählfigur“ (Schröter 2013: 25), die im Zentrum der Narration steht, gliedert sich also in die allgemeine Art der spielbaren Geschichte ein. Der Spielcharakter besitzt „typische Konstellationen von Artefakt-­‐Eigenschaften filmischer Figuren sowie die gegenwärtig dominanten Formen ihrer Darstellungs-­‐ und Gestaltungskonventionen“ (ebd.). Er ist ein für den Mord an seiner Frau verurteilter Verbrecher, der jedoch im Verlauf des Spiels zu einer Art unfreiwilligem Helden wird, da er (bzw. der Spieler) beispielsweise das Mädchen Clementine rettet. Die Darstellung der Figur ist ebenso kinematografischer Natur. Im Gegensatz zu Spielen wie Grand Theft Auto: San Andreas (2009) ist die Kameraperspektive fest vorgegeben und kann nur minimal durch den Spieler bewegt werden. Bei Actionszenen, in denen z.B. der Protagonist beispielsweise angegriffen wird, wechselt die Kameraperspektive in die sogenannte First-­‐Person-­‐Perspektive, bei der der Spieler die Situation aus Sicht der Erzählfigur betrachtet. Kameratechnik, geskriptete Ereignisse, eine detailreiche Mise-­‐En-­‐Scène und der emotionale Soundtrack machen das Spiel letztendlich zu einem Erlebnis bei dem die Grenzen zwischen Spiel und Film verschwimmen. Durch diese Tatsache wird die transmediale Natur des Spieles gekennzeichnet. Der serielle Charakter kann ebenfalls zu diesem Aspekt angeführt werden. Die Struktur des Spiels ist wie bei einer Serie aufgebaut. Es gibt fünf Folgen, die abhängig vom Konsumenten jeweils ca. zwei Stunden Spielspass bieten. Telltale Games spricht sogar von der „ersten Staffel“ des Spiels (vgl. Telltale Games 2013). Die Strukturierung in mehrere Episoden suggeriert dem Konsumenten eine Serie zu spielen. Er erwartet demnach eine narrationsbasierte Spielewelt und das Entfalten einer Geschichte. Dadurch wird das Gefühl der Loss Points zumindest verringert, da der Spieler weiß, dass er mit dem Ziel spielt die Geschichte zu Ende erzählt zu bekommen. Alles in Allem kann also festgehalten werden, dass das Spiel von rein technischer Seite her eine gute Grundlage für ein transmediales Erzählen gelegt bekommt. 50 3.3. Die Geschichte Nachdem herausgestellt wurde wie das Spiel in den Gesamtzügen umgesetzt wurde, darf natürlich nicht die Beschreibung der Geschichte an sich fehlen. Im Folgenden soll weder ein Vergleich zweier Narrationen wie im zweiten Kapitel durchgeführt, noch Rückschlüsse auf die Komplexität der Geschichte gezogen werden. Daher reicht es die Grundzüge der Geschichte aufzuzeigen ohne näher auf Propps Handlungsfunktionen einzugehen, um am Ende herauszustellen ob es sich um eine transmediale Narration handelt. Abweichungen der Geschichte beim Durchspielen können von Spieler zu Spieler durch die Auswahlfunktionen und damit einhergehenden Veränderungen der Handlung auftreten. Eine kurze Zusammenfassung der ersten Folge reicht schon um herauszustellen, dass es sich um eine transmediale Adaption handelt und eine neue transmediale Geschichte in das Universum des Comics eingewoben wird: Das Spiel beginnt damit, dass der Protagonist namens Lee Everett in einem Polizeiwagen aus Atlanta heraus fährt und in ein Gefängnis gebracht werden soll. Er wurde wegen des Mordes an einem Senator verurteilt, der eine Affäre mit seiner Frau hatte. Die Zeit zum Ausbruch der Seuche ist extrem eng, was man durch die starke Militärpräsenz auf dem Highway und Radiodurchsagen erkennen kann. Nach einem Unfall wacht Lee benommen auf und sieht sich zum ersten Mal mit einem Zombie konfrontiert -­‐ nämlich dem reanimierten Fahrer des Wagens. Als dieser endgültig getötet wird findet Lee auf einem verlassenen Grundstück das Mädchen Clementine und beschliesst diese mit sich zu nehmen nachdem er die zombifizierte Mutter töten musste. Kurz darauf treffen Lee und Clementine auf den Sohn des aus dem Comic und der Serie bekannten Hershel Greene und werden zu dessen Farm mitgenommen. Nach einer misslungenen Rettungsaktion, bei der Hershels Sohn stirbt werden die Protagonisten zusammen mit einer anderen Familie von der Farm verbannt und fahren nach Macon in Georgia. 51 Dort trifft die Gruppe auf weitere Überlebende, die sich in der Apotheke von Lees Vater versteckt halten. Nach einem Streit mit Lee bekommt ein Gruppenmitglied einen Herzinfarkt, woraufhin er zusammen mit zwei weiteren Personen Medkamente sucht. Eine dieser Personen ist der aus der Fernsehserie und dem Comic bekannte Charakter namens Glenn, der später beschliesst seine Freunde im von Zombies überlaufenen Atlanta zu suchen. Lee findet im weiteren Verlauf heraus, dass seine Eltern mit hoher Wahrscheinlichkeit tot sind und muss seinen in einen Zombie verwandelten Bruder töten. Nach einem weiteren Streit in dessen Verlauf Lee bewusstlos geschlagen und durch Kenny, den er auf der Farm getroffen hat, gerettet wird findet sich die Gruppe zum Ende der ersten Folge in einem Motel wieder, wo der Strom ausfällt. Die Geschichte der ersten Folge des Spiels zu The Walking Dead hält sich an die durch Jenkins konstatierten Thesen zum Transmedia Storytelling. Es wird eine neue Geschichte im Universum des Comics erzählt, die viele Verweise auf die Originalgeschichte enthält, wie beispielsweise den Schauplatz Atlanta und Hershels Farm, sowie verschiedene Auftritte von aus den anderen Medien bekannten Charakteren wie Glenn. Es wird sich an die Regeln und die Mythologie des im Comic erschaffenen Universums gehalten. Beispielsweise wird hier ebenfalls kein Hinweis auf die Ursache des Ausbruchs der Seuche gegeben und extrem kompromisslos mit den Charakteren des Spiels umgegangen. Die Tatsache dass Lee schwerwiegende Entscheidungen über Leben und Tod seiner Mitstreiter treffen und zum Ende seinen eigenen zombifizierten Bruder endgültig töten muss gliedert sich ebenfalls in die Gesamtstimmung der Erzählungen der anderen Medien ein. 3.4. Weiterführendes Angebot Das Angebot an Spielen zu The Walking Dead ist inzwischen zu umfangreich um diese einzeln zu analysieren. Trotzdem macht es Sinn, zumindest einen Überblick zu bieten, um das transmediale Marketing des Franchises zu unterstreichen. 52 Survival Instinct Das für Computer und Konsolen von Activision entwickelte Survival Instinct wurde im März 2013 veröffentlicht. Das Spiel erzählt im transmedialen Gedanken die Geschichte der beliebten Dixon Brüder aus der Fernsehserie vor dem Zusammentreffen mit der Atlanta Gruppe. Das Spiel kommt technisch und narrativ nicht an die Qualität des ersten Spieles heran. Das Spielkonzept liegt hier auf dem allgemeinen Hack-­‐and-­‐Slay Prinzip, bei dem durch das Bedienen von Tasten auf Gegner eingedroschen wird. Jedoch ist die Ausführung der Bedienung durch den Spieler oft langsam und wiederholt sich. Robert Kirkman hatte nach eigener Angabe nur marginal bei der Produktion des Spieles seine Hand im Spiel: „I’m not as involved because that’s their thing. I’m looking at stuff. I’m aware of its existence. I know Activision is working very hard to make a cool-­‐looking game and I’m hopeful it will be something that is worthy of the Walking Dead brand, but it’s not something that I’m actively, intimately involved with.“ (Kirkman 2012/I) Anhand der im allgemeinen vernichtenden Kritiken kann man die These Jenkins bekräftigen, dass die meisten erfolgreichen transmedialen Franchises medienübegreifend den ursprünglichen Autor der fiktionalen Welt mit einbeziehen, um so eine gleichbleibende Qualität zu erreichen (vgl. 2006: 108). Trotz der Mängel in der Umsetzung kann Survival Instict als weiteres transmediales Medienangebot innerhalb des The Walking Dead Universums betrachtet werden. The Walking Dead Social Game Bei einem plattformübergreifenden Marketing darf heutzutage auf sogenannte „Social Media Games“ insbesondere bei Facebook nicht mehr verzichtet werden. Im August 2012 veröffentlichte AMC in Zusammenarbeit mit RockYou ein auf der Serie basierendes Spiel auf Facebook. Ähnlich wie beim ersten Computerspiel The Walking Dead wurden Missionen in verschiedenen „Chaptern“ veröffentlicht, die sich zeitlich in etwa an den Staffeln der Serie orientieren. 53 Der Spieler erstellt sich einen eigenen Charakter und bekommt im weiteren Verlauf die Verantwortung für eine eigene Gruppe Überlebender (die auch aus den Freunden auf Facebook bestehen kann). Zusätzlich dazu kann er mit bekannten Charakteren wie Rick Grimes, Daryl Dixon usw. interagieren und Missionen ausführen die selbige ihm auftragen. Das Spiel stellt eine transmediale Narration dar, da man seinen Charakter im The Walking Dead Universum bewegt und dabei seine eigene Geschichte erstellt. Zusätzlich dazu kann man mit beliebten Charakteren wie Otis agieren, der in der dritten Staffel der Serie getötet wird. Im Gegensatz zu vielen anderen Social Games ist es möglich im The Walking Dead Social Game zu scheitern, womit das Spiel beendet wird. Daran kann man sehen, dass das Grundprinzip der Serie, nämlich dass jede Entscheidung Konsequenzen nach sich zieht, auch in diesem Medium angewendet wurde. Die Ästhetik des Spiels ist sehr kindlich, die Figuren haben beispielsweise übergroße Köpfe und insgesamt ist der Grafikstil eher für jüngeres Publikum ansprechend, was auch zu Kritik seitens der Fanbase führte. Eine realitätsnähere Darstellung oder die Orientierung am Comic hätte zwar eine besserere Identifikation der Fans mit dem Spiel zur Folge, würde jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit kein breites Spektrum an Konsumenten anlocken. Anhand der fast eine Million Nutzer des Spiels ist dieses Medienangebot ein weiterer erfolgreicher Teil des transmedialen Franchises zu betrachten (vgl. Facebook 2013/I). Inzwischen gibt es neben den Online-­‐ und Computerspielen auch Brett-­‐ und Kartenspiele wodurch auch der Markt außerhalb des technikaffinen Publikums bedient wird. 54 4. Internet – Zentrales Medium für Transmedia Storytelling Das Internet als Möglichkeit einer weltweiten Vernetzung eines dispersen Publikums steht im Zentrum der konvergenten Medienkultur und stellt somit auch ein fundamentales Medium für das Transmedia Storytelling dar, das ein Produkt dieser Medienkonvergenz verkörpert (vgl. Jenkins 2006). Durch die Möglichkeit sich online zu einer Gruppe zusammenzuschließen und auch sozial miteinander zu interagieren bekommen Konsumenten eine ganz neue Machtposition innerhalb der Medienbranche und lernen immer besser diese auch zu nutzen. Jenkins greift einen Begriff geprägt von Pierre Lévy auf und spricht von dem Wandel zur „kollektiven Intelligenz“: „Consumption has become a collective process (...). None of us can know everything; each of us knows something; and we can put the pieces together if we pull our resources and combine our skills. Collective intelligence can be seen as an alternative source of media power. We are learning how to use that power through our day-­‐to-­‐day interactions within convergence culture.“ (Jenkins 2006: 4) Der Erfolg des Transmedia Storytelling im The Walking Dead Franchise stützt sich auf die Involvierung der Fans und die Verantwortlichen fördern diese gezielt durch Angebote wie Webisodes mit interaktiver Kommentarfunktion und einer großen Masse an Zusatzinformationen auf der Webseite. Im Folgenden sollen diese Angebote im Internet und die selbstständige Involvierung seitens der Fans in Knowledge Communities dargestellt und untersucht werden. 4.1. Webisodes Aus einer Studie der amerikanischen Analysefirma comScore geht hervor, dass im März 2013 84,5 % der Internetnutzer Amerikas Onlinevideos konsumierten (comScore 2013/I). Im selben Monat erreichte Google 12,8 Milliarden Videoaufrufe 55 über Tochterseiten wie YouTube. Insgesamt wurden mehr als 39 Milliarden Videoaufrufe in nur diesem Monat registriert (ebd.). Diese Zahlen zeigen klar die Wichtigkeit audiovisueller Inhalte für das Onlinemarketing in der heutigen Medienkultur. Als ein beliebtes Videoformat für das Internet haben sich in den letzten Jahren die sogenannten Webisodes herausgestellt: „Webisodes have been defined as short, scripted episodic and experimental videos intended for the Internet (Kornblum, 2007). They are relatively cheap to produce, usually distributed wide, and less monitored by the FCC compared to broadcasting (e.g., Kornblum, 2007; Wang, 2009).“ (Peirce/Tang 2012: 164) Die finanzielle Effektivität der Ausstrahlung von Webisodes kann bis heute nur schwer gemessen werden, da es noch keine eindeutige Messtechnik für den Traffic in diesem Gebiet gibt (vgl. ebd.: 165). Für firmen-­‐produzierte Inhalte sind die Einnahmen jedoch von eher zweitrangiger Relevanz, Webisodes werden gerade bei Fernsehserien als Marketinginstrument betrachtet, die den Konsumenten auf die Hauptserie aufmerksam machen oder eine engere Bindung mit bestehenden Konsumenten generieren sollen. Die Onlinevideos laufen meist entweder parallel zur Fernsehserie oder zwischen den Staffeln um das Interesse des Konsumenten auch während der Auszeit der eigentlichen Serie aufrecht zu halten. Meist werden in den firmenproduzierten Webisodes Hintergrundinformationen, Vorgeschichten oder neue Geschichten zum jeweiligen Franchise erzählt, was eine Einordnung ins Transmedia Storytelling ermöglicht. Neben dem firmenfinanzierten Inhalt gibt es natürlich noch den sogenannten „User-­‐
Generated Content“ (ebd.), den private Internetnutzer erstellen und durch Onlineplattformen der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen (mehr dazu in Kapitel 4.2.). Im Folgenden soll hier jedoch nur auf die von AMC und Generate produzierten Webisodes eingegangen werden. Die Involvierung des Konsumenten als Ziel des Transmedia Storytelling wird durch die Möglichkeiten der Interaktion mit Hyperlinks, Kommentarfunktionen und Foren 56 gefördert. Webisodes zeigen demnach viele Merkmale die eine Disposition für eine transmediale Narration unterstützen. Gerade Produktionsfirmen von Serien sehen darin eine große Chance für transmediales Marketing. Beispiele dazu sind Showtimes Dexter Early Cuts (2009), NBC’s Webisodes zu Heroes (2008) und natürlich AMC’s Webisodes zu The Walking Dead (2011-­‐heute), auf die im Folgenden eingegangen werden soll. 4.1.1. Von Serie zu Serie Mit der Staffel Torn Apart veröffentlichte AMC im Oktober 2011 zum ersten Mal eine Reihe Webisodes zum The Walking Dead Franchise und ging damit einen weiteren Schritt zum transmedialen Franchise. Durch die hohe Beliebtheit wurde 2012 die zweite Staffel Cold Storage veröffentlicht. Es handelt sich hier um eine transmediale Adaption, da die Webisodes im The Walking Dead Universum der Fernsehserie spielen, keine redundanten Informationen geben und neue Aspekte und Informationen anbieten. Jenkins konstatiert sogar, dass das Einführen von alternativen Blickpunkten auf die Handlung als einer der wertvollsten Beiträge von transmedialen Erweiterungen zu bezeichnen ist (vgl. 2011/I). Auf den ersten Blick wirkt die transmediale Adaption einer Fernsehserie zur Webserie als relativ einfaches Unterfangen, da schließlich beide in etwa die gleiche Struktur aufweisen. Bei näherer Betrachtung stellen sich jedoch gravierende Unterschiede in Produktion, Dramaturgie und Budget heraus. Insbesondere der Aspekt der geringen Produktionszeit und des Budgets erschweren die Produktion von Webserien. John Esposito, Drehbuchautor der Webisodes von The Walking Dead, teilt in einem einem Interview Erfahrungen vom Dreh: „We were shooting a prequel, and I wrote in helicopters and they say, ‘No. No budget’. A traffic helicopter keeps flying over the shoot so we used that. It appears over and over again in the webisodes. Later, we needed a car accident, and we were just gonna fake it when we saw a car damaged and paid the owner to let us push their car into a tree.” (in Costa 2012) 57 Wie Esposito weiter erklärt weiß der Fan im Allgemeinen nicht um die Budgetschwierigkeiten einer Webproduktion und akzeptiert daher keine gravierenden Qualitätsunterschiede zur Fernsehserie. Das Ziel bei der Produktion von Webisodes läge daher darin die Geschichte mit den vorhandenen Mitteln bestmöglich zu erzählen: „You have to gear the story to your limitations, understand the fan mentality. I’m a fan and I don’t like being cheated.” (ebd.) Einer Studie zufolge haben Webisodes eine Durchschnittslänge von 6,71 Minuten (Peirce/Tang 2012: 166). Viele Experten gehen trotz immer stärker aufkeimender Streamingdienste von der Prämisse aus, dass die meisten Internetnutzer keine Videos online konsumieren die länger als 5 Minuten sind (vgl. Jenkins 2011/I). Die Folgen von Torn Apart besaßen im Schnitt eine Länge von ca. 2 Minuten. Dadurch musste eine höchstmögliche Dichte der Narration erreicht werden, um den Zuschauer vor dem Bildschirm zu halten. Die Tatsache, dass wir das Internet in einer unberechenbaren Art und Weise nutzen und selten länger auf einer Seite bleiben, stellt ein Problem dar und macht die Anwendung klassischer Narration mit dem meist langsamen Aufbau einer Spannungskurve obsolet. Die Wahrscheinlichkeit des schnellen Wechsels zu einem anderen Angebot sobald der vorgeführte Inhalt seine Spannung verliert, ist extrem hoch und übt damit einen immensen Druck auf die Produzenten aus. Zwar kann diese These ebenfalls auf andere Medien angewendet werden, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit des Angebotwechsels bedingt durch die Nutzungsart des Computers und Internets wesentlich höher. Geht man wieder zurück auf die Begriffsdefintionen Hickethiers, kann man bei den Webisodes als Produkt eines informellen Mediums folgende Mediendisposition herausstellen: Der Konsument kann sich frei im Raum bewegen, hat jedoch beim Verlassen des Raumes oder Ausführung einer anderen Tätigkeit die Möglichkeit Videos zu pausieren. Es gibt keine kulturell bedingten vorgegeben Verhaltensmuster beim 58 Konsumieren von Internetvideos und meist werden sie allein konsumiert. Durch die Funktion des Pausierens kann zwar einerseits schnell der Spannungsbogen durchbrochen werden, jedoch bedeutet dies auch, dass keine extradiegetischen Mittel wie die orale Kommentation bei vielen Reality TV Serien vonnöten sind, da der Konsument sämtliche audiovisuellen Inhalte aufnimmt. 4.1.2. Bicycle Girl – Torn Apart Mit Torn Apart wurde die Geschichte einer der beliebtesten Zombies von The Walking Dead erzählt. Der Einsatz von Zweitcharakteren der Fernsehserie in Webisodes ist eine übliche Produktionsart (beispielsweise bei den Webisodes zu NBCs Chuck). Jenkins erklärt wieso diese Umsetzung in Ordnung ist, stellt dabei jedoch Rahmenbedingungen für den Erfolg des Konzeptes auf: „Often, transmedia extensions, for budget and contract reasons, end up working with secondary characters rather than the series leads. This is fine if the secondary characters are ones we care about, if they are ones who have a compelling role to play in the series.“ (Jenkins 2011/I) Das Bicycle Girl stellt sowohl im Comic als auch in der Serie einen richtungsweisenden Charakter des The Walking Dead Universums dar. Das endgültige Töten des Zombies durch den Protagonisten Rick wird in beiden Medien sehr emotional dargestellt und suggeriert dem Konsumenten auf drastische Weise die Tatsache, dass in diesem Universum eine völlig neue postapokalyptische Weltordnung besteht. Sie war zudem der erste Zombie, der als Individuum gezeigt wurde und offensichtlich einen langen Leidensweg hinter sich hat. Um diesen Charakter gab und gibt es bis zum jetzigen Zeitpunkt Spekulationen und Fanfiction seitens der Fanbase, was sie einerseits zu einer idealen Figur für eine transmediale Weiterentwicklung macht, jedoch auch die Gefahr birgt den Fans von The Walking Dead eine unbefriedigende Vorgeschichte zu geben. 59 Ich stimme mit Jenkins überein, dass die letztendliche Umsetzung der Webisodes um das Bicycle Girl, entsprechend der im letzten Kapitel aufgezählten Produktionsbeschränkungen, gut umgesetzt wurde und sich klar innerhalb der Grenzen des Universums bewegt (vgl. ebd.). Die Handlung Wie schon erwähnt erzählt Torn Apart die Vorgeschichte vom beliebten Zombie Bicycle Girl. Nach einem kurzen Gespräch, bei dem die Protagonistin Hanna mit ihrem Sohn über den Tod spricht, wacht sie in der nächsten Szene blutend in einem Unfallwagen auf. Das Erste was ihr bewusst wird ist das Fehlen ihrer Kinder, woraufhin sie sich auf die Suche nach ihnen macht. Sie findet die Kinder im Haus ihres Exmannes wo sie von ihm über die Situation aufgeklärt wird. Während der Abwesenheit des Exmannes greift seine vermeintlich tote Frau die Kinder an, die wiederum von Hanna gerettet werden. Nachdem der Vater von der Suche nach einem Wagen nicht zurückkehrt (er wird von den verwandelten Nachbarskindern getötet) entschliesst sich die Protagonistin dazu mit ihren Kindern auf eigene Faust loszuziehen. Unterwegs opfert sich Hanna dann um ihren Kindern die Chance auf eine Flucht zu ermöglichen und man sieht in mehreren Jumpcuts ihre Verwandlung in das dem Zuschauer bekannte Bicycle Girl. Die Handlung kann in den Grundzügen ebenfalls mit den in Kapitel 2 beschriebenen Analysemitteln Propps beschrieben werden: Die Protagonistin erfährt eine Mangelsituation und zieht aus um ihre Kinder zu suchen. Diese versucht sie zum Ende hin in Sicherheit zu bringen, wird durch den Antagonist in Form der Zombies verletzt und opfert sich letztendlich um die Kinder zu retten. Die Verantwortlichen haben es demnach trotz einer sehr geringen Erzählzeit geschafft die wichtigsten Handlungsfunktionen einzubauen. Elemente der Hauptgeschichte wie das CDC und Rick Grimes Heimatstadt als Startpunkt der 60 Fernsehserie werden in die Webisodes verwoben, was zusätzlich den Wiedererkennungswert für Fans steigert. Die Charaktere Zwar sind die wichtigsten Handlungsfunktionen in der Handlungssequenz der ersten Staffel vorhanden, jedoch sind die von Propp statierten Hauptcharaktere dafür extrem eingekürzt worden. Hanna stellt definiert durch ihre Handlungsfunktionen die Heldin der Geschichte dar und gibt dem Bicycle Girl durch ihre selbstlose Opferung für ihre Kinder eine weitere menschliche Facette. Der gezielte Aufbau der Sympathie für die Protagonistin seitens des Konsumenten gibt der sowieso schon tragischen Figur des Bicycle Girls eine noch tiefere Nuance. Alle anderen Charaktere können allenfalls als sogenannte „kopulative Elemente“ (Propp 1984: 80) betrachtet werden, da sie keine wichtige Rolle für die Handlung an sich spielen. Qualität Wie schon erwähnt stellt die Qualität bei Webisodes eine große Hürde für Produzenten dar. Aufgrund der geringen Zeit beinhaltet praktisch jede Kameraeinstellung einen wichtigen Aspekt für die Handlung der Geschichte, welche dadurch teilweise sehr hektisch wirkt. Der Ton übersteuert in manchen Einstellungen, was auf die geringe Zeit für die Produktion und ggf. auch den Mangel an Equipment zurück zu führen ist. Der Hauptteil der Geschichte wurde in geschlossenen Räumen gedreht, da diese Art der Produktion wesentlich billiger ist. Als Konsument merkt man zwar offensichtliche Qualitätsunterschiede zur Fernsehserie, jedoch wird diese Tatsache durch eine gut durchdachte Geschichte zu einem beliebten Charakter gemildert und fördert die Akzeptanz der Webisodes seitens der Fans. Wichtig ist, dass auch neue Konsumenten, die bis dahin keine 61 anderen Medienangebote des Franchises konsumiert haben die Geschichte verstehen. Torn Apart stellt demnach einen eigenständigen Einstiegspunkt in das Universum von The Walking Dead dar. 4.1.3. Cold Storage In der zweiten Staffel der Webisodes Cold Storage nehmen die Produzenten einen anderen transmedialen Aspekt in Angriff, weshalb diese hier auch noch einmal aufgeführt wird. Es wird nicht die Geschichte eines Zweitcharakters der Fernsehserie erzählt bzw. erweitert, sondern eine völlig neue Narration rund um einen Protagonisten namens Chase aufgebaut. Wie auch in Torn Apart wird sich hier streng an die Regeln des The Walking Dead Universums der Fernsehserie gehalten. Durch einen Establishing Shot am Anfang der ersten Folge wird klar, dass sich die Charaktere in Atlanta befinden, ein bekannter Schauplatz der Serie. Es handelt sich bei Cold Storage um eine transmediale Adaption in ihrer reinsten Form, da eine völlig neue Geschichte erzählt wird, die dem Zuschauer neue Aspekte des Universums nahebringen und moralische Themen ähnlich wie in der Fernsehserie ein zentrales Thema darstellen. Durch die Kommentarfunktion, haben die Verantwortlichen die Möglichkeit zu sehen, wie die Figuren der Webisodes von den Fans angenommen werden. Durch das offene Ende behält sich AMC vor, die Charaktere gegebenenfalls auch in die Serie einzugliedern. Betrachtet man die durchweg sehr positiven Kommentare zum Protagonisten, haben die Charaktere von Cold Storage eine gute Chance auf einen Auftritt im Fernsehen. Die Handlung Die Handlung dreht sich um den Protagonisten Chase und spielt in Atlanta. Chase und ein Mitstreiter namens Harris entdecken eine Lagereinheit und beschliessen trotz des Zeitdrucks (ihr Karavan verlässt die Stadt in wenigen Stunden) diese auszukundschaften. Nachdem Harris von Zombies attackiert und offensichtlich getötet wird flüchtet Chase sich in die Lagereinheit, wo er von einem Charakter 62 namens B.J. gerettet wird, der sich im weiteren Verlauf als der Antagonist herausstellt. Nach einem misslungenen Mordversuch seitens B.J. findet Chase heraus, dass B.J. eine Frau namens Kelly gefangen hält und missbraucht. Beim Rettungsversuch der Frau kommt es zum Showdown in dessen Verlauf der Antagonist durch Kelly geköpft wird. Die Staffel endet damit, dass Chase und Kelly in einem LKW die Szenerie verlassen und die Lagereinheit von Zombies überrannt wird. Wie bei Torn Apart lassen sich in Cold Storage die wichtigsten Handlungsfunktionen Propps wiederfinden. Der Held hat den Wunsch etwas zu besitzen (bzw. wird dazu gedrängt), wird durch den Antagonisten hintergangen und fast getötet und rettet am Ende die gesuchte Gestalt. In dieser Staffel werden die typischen moralischen Themen des The Walking Dead Universums wesentlich extremer aufgegriffen als in der vorhergehenden. Es wird klar, dass Kelly vom Antagonist über einen sehr langen Zeitraum hinweg missbraucht wurde, was auch heute noch ein kontroverses Thema für Fernsehen und Kino darstellt. Elemente wie die Fotoalben der Familie Grimes und der Schauplatz Atlanta stellen wieder die Verbindung zur Fernsehserie dar, geben dem treuen Fan neue Einblicke in die Welt von The Walking Dead und motivieren Erstkonsumenten dazu den Grund für diese offensichtliche Darstellung und die Herkunft der in den Fotos befindlichen Personen in der Fernsehserie herauszufinden. Die Charaktere Wahrscheinlich bedingt durch die Länge von 5-­‐10 Minuten pro Folge gegenüber der Länge von ca. 2 Minuten pro Folge in der ersten Staffel gibt es in Cold Storage zwar weniger, dafür jedoch wesentlich stärker charakterisierte Figuren. Dies fördert die Identifikation des Konsumenten mit den Charakteren der Staffel. Hinzu kommt, dass die Schauspieler in Cold Storage keine unbekannten Statisten mehr sind, sondern im Großteil bereits Kultstatus im Horrorgenre besitzen (James Roebuck (Halloween 2007), Cerina Vincent (Cabin Fever 2002) und Chris Nelson, der neben Greg Nicotero als einer der besten Makeup-­‐artists in Hollywood gilt). Diese Nutzung von 63 Kultelementen fördert wie in Kapitel 2 schon heraus gestellt ebenfalls eine engere Bindung mit den Fans. Chase stellt den Helden dar, der unfreiwillig in die Lagereinheit gerät und am Ende die Frau rettet (obwohl der Zuschauer im Unklaren darüber gelassen wird, ob dies seine Absicht war oder nicht). Durch seine Handlungen und die Erwähnung der Suche nach seiner kleinen Schwester wirkt Chases Charakter sehr sympathisch und bekommt eine Idolfunktion für den Konsumenten. B.J. spielt die Rolle des Antagonisten (vgl. Propp 1984: 79). Er nutzt die Fähigkeiten von Chase aus, versucht ihn umzubringen und hält eine Frau gefangen und missbraucht sie. Er verkörpert den moralischen Verfall nach der Apokalypse, was abgesehen von dem Missbrauch an Kelly durch sein menschenverachtendes Verhalten belegt werden kann. Kelly bekommt die Rolle der „gesuchten Gestalt“(Propp 1984: 79), da sie Chase beispielsweise indirekt die schwere Bürde ihrer Rettung auferlegt, B.J. (der behauptet sie gerettet zu haben) als falschen Helden entlarvt und letztendlich mit Chase nach dem Sieg über den Antagonisten flieht (vgl. ebd.). Qualität An der wesentlich umfangreicheren und detaillierteren Kulisse und dem höheren Anteil an Zombies, kann man eine starke Erhöhung des Budgets zur zweiten Staffel der Webisodes hin erkennen. Die längere Spieldauer pro Folge ermöglicht es durch längere Einstellungen und Szenen mehr Spannung aufzubauen und die Emotionen der Charaktere eher implizit wie auch zumeist in der Fernsehserie als explizit herauszuarbeiten. 64 4.2. Knowledge Communities „To truly appreciate what we are watching, we have to do our homework“ (Jenkins 2006: 96) Knowledge Communities stellen einen Teil der schon erwähnten kollektiven Intelligenz im Internet dar. Was Jenkins als Knowledge Communities bezeichnet, nennen Wenger et al. „Communities of Practice“: "Communities of Practice are groups of people who share a concern, a set of problems, or a passion about a topic, and who deepen their knowledge and expertise in this area by interacting on an ongoing basis. “ (2002: 4) Beide Begriffe meinen das Gleiche: Einen Zusammenschluss von mehreren Personen mit den gleichen Interessen online oder auch real. Das Ziel dieser Zusammenschlüsse ist der Austausch von Teilwissen und die Vertiefung des eigenen Wissens (vgl. Jenkins 2006; Wenger et al. 2002: 4). Gerade bei transmedialen Franchisen ist es bedingt durch die immense Masse an verschiedenen Geschichten und Informationen für ein Individuum allein fast unmöglich, sämtliche Informationen zu erfassen. An diesem Punkt treten die Knowledge Communities (im weiteren Verlauf der Begriff Jenkins’) in Aktion: „To fully experience any fictional world, consumers must assume the role of hunters and gatherers, chasing down bits of the story across media channels, comparing notes with each other via online discussion groups, and collaborating to ensure that everyone who invests time and effort will come away with a richer entertainment experience.“ (Jenkins 2006: 96) 65 Man kann also konstatieren, dass Knowledge Communities für das Transmedia Storytelling von fundamentaler Wichtigkeit sind, da der Konsument mithilfe der gesammelten Informationen der Gemeinschaft die Möglichkeit hat sich im jeweiligen Universum zurecht zu finden ohne zwangsweise die Narration jedes Mediums verfolgt zu haben. Kann man beispielsweise die Webisodes mangels Zeit nicht konsumieren, möchte aber trotzdem die zusätzlichen Informationen erhalten bedient man sich der jeweiligen Knowledge Community. Diese Kollektive können zum Erfolg eines Franchises beitragen. Sie besitzen jedoch gleichzeitig eine Machtposition gegenüber den Produzenten, die es in dieser Form für den Konsumenten bis dato nicht gab. Treten Widersprüche innerhalb einer transmedialen Mythologie oder grobe Produktionsmängel auf, werden diese gnadenlos publik gemacht und haben oft eine flächendeckende Kritik zur Folge. Die Macht der Knowledge Communities fasst Jenkins in einem knappen Gedankengang zusammen: „Imagine the kinds of information these fans could collect, if they sought to [collect information to expose] the government rather than the networks.“ (2006: 29) 4.2.1. The Walking Dead Wiki Wie in den vorangegangenen Kapiteln herausgestellt wurde gibt es zum The Walking Dead Franchise inzwischen eine große Masse an Hintergrundinformationen, Charakteren und Geschichten, sowie alternative Universen. Im Rahmen der Suche nach Informationen zum Franchise sind mehrere Knowledge Communities entstanden. Die momentan als wichtigstes Kollektiv für Informationen rund um The Walking Dead zu bezeichnende Knowledge Community ist die amerikanische Wiki-­‐Seite 66 walkingdead.wikia.com mit derzeit 2400 Seiten, 21961 Fotos, 453 Videos und 2669 Mitgliedern. „(...) wikis are intensely collaborative. They feature a loosely structured set of pages, linked in multiple ways to each other and to Internet resources and an open-­‐editing system in which anyone can edit any page.“ (Godwin-­‐Jones 2003) Durch Wikis können selbst internetaverse Nutzer auf eine einfache Art und Weise ihr Wissen mit der Welt teilen, da die Seitenstruktur allgemein sehr einfach gehalten ist und keine nähere Kenntnis der Technik erforderlich ist um Beiträge zu erstellen oder zu editieren. Prinzipiell kann jeder Internetnutzer Informationen der Seite bearbeiten, was bei einem Missbrauch durch Individuen zu Problemen führen und als die Achillesferse aller offenen Wissenskollektive dieser Art bezeichnet werden kann. Da es keine definitive Möglichkeit gibt herauszufinden wer verschiedene Artikel veröffentlicht oder bearbeitet hat (es sei denn der jeweilige Nutzer gibt diese Informationen preis) steht die Glaubwürdigkeit und Seriosität der Informationen von Wikis infrage. Wie Jenkins erklärt, braucht das allgemein geltende Paradigma des Experten einen beschränkten Wissensgehalt, den man als Individuum meistern kann. Die Knowledge Communities sind jedoch meist interdisziplinär, ungeordnet und folgen keinen bestimmten Regeln, was sowohl einen Vor-­‐, als auch Nachteil der Plattformen darstellt (vgl. Jenkins 2006: 52ff). Bei der Wiki-­‐Seite von The Walking Dead wurde daher auf eine gewisse Form der Hierarchie gesetzt, um den Informationsfluss steuern und kontrollieren zu können. Es gibt beispielsweise Moderatoren mit übergeordneten Nutzerrechten, die sich durch die Menge und Validität ihrer Beiträge ausgezeichnet haben und Mechanismen, die dafür Sorgen, dass Nutzer die sich des Missbrauchs der Seite schuldig gemacht haben gesperrt werden. Trotz allem sind die Artikel der Natur eines Wikis gemäß immer noch jedem Internetnutzer frei zugänglich und bearbeitbar, wodurch eine definitive Überprüfung jeder Information grundsätzlich nicht gewährleistet werden kann. Die Seite ist plausibel in Kategorien, wie „Comic“, „Serie“, „Spiel“ usw. aufgeteilt, jedoch werden die Informationen auf den extrem verschachtelten tieferen 67 Navigationsebenen sehr unübersichtlich. Die Suchfunktion vereinfacht das Akquirieren von bestimmten Informationen. Ebenfalls ein von Jenkins herausgestelltes Problem der Knowledge Communities ist die Frage, ob man als Nutzer des kollektiven Wissens noch das Recht besitzt etwas nicht zu wissen (vgl. 2006: 55). „Einer der wichtigsten Aspekte bei The Walking Dead, weshalb der Comic so erfolgreich war und weshalb die Leute jeden Monat mehr wollen, ist die Tatsache, dass man nie weiß, was passiert.“ (Kirkman 2012/II) Als aktiver Teil einer Knowledge Community bekommt man Informationen, die auch einen negativen Effekt auf den Genuss des jeweiligen Medienangebotes ausüben können, da der Überraschungseffekt ausbleibt. Eine explizite Warnung vor sogenannten Spoilern, also Informationen, die dem unbedarften Konsumenten die Freude an unbekannten Informationen nehmen können, steht in jedem Artikel an oberster Stelle. Die Entscheidung weiterzulesen liegt dann beim Nutzer. In der deutschen Version des Wikis gibt es vor der Nutzung der Seite sogar einen kurzen Fragebogen darüber in wie weit man welche Medienangebote konsumiert hat, den man ausfüllen muss, um so einen Spoilerschutz zu erstellen. Trotz aller Versuche Spoiler zu unterbinden kommt man beim Anwählen der zahlreichen Hyperlinks in den Artikeln nicht darum herum Informationen über Ereignisse in den verschiedenen Medien zu bekommen die man unter Umständen noch nicht kannte. Insgesamt kann die Wiki-­‐Seite trotz kleinerer Fehler als ein gutes Beispiel einer funktionierenden Knowledge Community gesehen werden. Informationen über das The Walking Dead Universum (in Comic-­‐ und Fernsehuniversum getrennt) werden gut strukturiert und extrem detailliert wiedergegeben. Jede Narration und jeder Charakter des transmedialen Franchises wird beschrieben und durch Querverweise bei Schlagwörtern im Text die Möglichkeit gegeben immer tiefer in die Materie hineinzusteigen. Außerdem gibt es viele Informationen außerhalb der eigentlichen Narration, wie Schauspielerhintergründe, Interviews und so weiter. Das transmediale 68 Erlebnis des Konsumenten vom The Walking Dead Universum wird dadurch unterstützt und erweitert. 4.3. Grassroots Movement „ Some of what amateurs create will be surprisingly good, and some artists will be recruited into commercial entertainment or the art world. Much of it will be good enough to engage the interest of some modest public, to inspire someone else to create, to provide new content which, when polished through many hands, may turn into something more valuable down the line. That’s the way the folk process worked, and grassroots convergence represents the folk process accelerated and expanded for the digital age.“ (Jenkins 2006: 141) Das Grassroots Movement, oder auch die „Graswurzelbewegung“ ist eine politische oder gesellschaftliche Initiative aus der Bevölkerung, die nicht durch die Industrie kontrolliert wird. Im Bereich des Fandoms beinhaltet Grassroot-­‐Involvierung meist die sogenannte Fanfiction, bei der Hintergrundgeschichten eroiert werden, oder auch die Geschichte aus der Sicht anderer Charaktere erzählt wird. Dies geschieht medien-­‐ und plattformübergreifend beispielsweise über die Publizierung von Romanen, Kurzgeschichten, Filmen, Webisodes und Comics, wobei das Internet als Publikationsmedium im Zentrum steht, da ohne großen Aufwand und Beschränkungen veröffentlicht werden kann. Fanfiction stellt demnach den nichtkommerziellen Part von Transmedia Storytelling um das Universum eines Franchises dar. Grassroots Kreativität steht in engem Zusammenhang mit den im vorherigen Kapitel erwähnten Knowledge Communities, da das Schreiben einer fiktiven Geschichte innerhalb der Fancommunity meist ein kollektiver Prozess ist, bei dem andere Nutzer ihre Werke online stellen um konstruktive Kritik durch die Community zu erhalten (vgl. Jenkins 2006: 175-­‐216). Anhand der in Knowledge Communities gesammelten Informationen zu einem transmedialen Universum kann Fanfiction wesentlich detaillierter ausgearbeitet werden ohne in Konflikt mit den Regeln des Universums zu treten. Gerade im Bereich 69 der Fanfiction wird großer Wert auf die Treue zum Original gelegt, da die Geschichten wiederum im Großteil von Fans des jeweiligen Universums konsumiert werden und der Verstoß gegen geltende Grenzen sehr negativ innerhalb der Community bewertet wird. Beim The Walking Dead Franchise gibt es zwei Universen derer sich Fans für ihre transmedialen Erweiterungen bedienen können. Die Welt des Comics als Ursprungskonzept und die Welt der Fernsehserie als Alternativuniversum, bei dem Handlungsfunktionen und Charaktere des Originals gestrichen, abgeändert oder beibehalten wurden. Zwar kann dies auch zu Verwirrungen des Konsumenten führen, sofern nicht explizit festgehalten wird in welchem Universum die jeweilige Narration spielt, jedoch gibt die Auswahl zwischen gleich zwei Universen dem Fan als Autor ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten für die Ausarbeitung seiner Geschichte. Die wohl am weitesten verbreitete Art von Fanfiction ist die klassische Narration in Form von Romanen oder Kurzgeschichten. Dies kann auch bei dem The Walking Dead Franchise beobachtet werden. Beispielsweise gibt es allein auf der Internetplattform fanfiction.net als größte Sammlung von Fanfiction der Welt momentan 2970 von Fans kreierte Geschichten rund um das The Walking Dead Universum. Eine der beliebtesten Geschichten dreht sich um Sophias Blickpunkt nach ihrem Verschwinden (jemlou 2013), welche sich zum Ende hin jedoch als eine Liebesgeschichte um den beliebten Charakter Daryl Dixon entpuppt. 4.4. Unterstützung von Oben „Establishing the fans’ loyalty often means lessening traditional controls that companies might exert over their intellectual properties and thus opening up a broader space for grassroots creative expression.“ (Jenkins 2006: 200) In Convergence Culture konstatiert Jenkins mehrfach die Unterschiedlichen Interessen des Konsumenten und Produzenten und daraus resultierende Probleme 70 (vgl. ebd.). Viele Firmen haben Schwierigkeiten die heutige Medienkonvergenz und damit einhergehende Veränderungen in der Art des Medienkonsums zu akzeptieren und versuchen über rechtliche Schritte die vermeintlichen Urheberrechtsverletzungen zu unterbinden (vgl. 2006: 194-­‐216). Diese Praktik ist in einer Welt in der sich Konsumenten schnell und effektiv über das Internet zusammen schließen und immensen öffentlichen Druck auf einen Konzern aufbauen können fehl am Platz. Jenkins gibt dafür ein Beispiel, bei dem die Produktionsfirma Warner versuchte Fanfiction zum Harry Potter Franchise zu unterbinden. Durch den immensen und geschlossenen Druck seitens der Fancommunity war Warner letztendlich gezwungen diese Taktik aufzugeben und sich öffentlich für die vielen rechtliche Schritte gegen Fans zu entschuldigen (vgl. ebd.). Dies kann als gutes Beispiel für die Macht des Konsumenten in Zeiten des Internets angeführt werden. Jenkins argumentiert zugunsten einer affektiven Ökonomie in der das Marketing auf die Gründe für den Konsum eines Medienangebotes ausgelegt wird und führt sowohl positive, als auch negative Folgen für die Industrie an: „affective economics has both positive and negative implications: allowing advertisers to tap the power of collective intelligence and direkt it toward their own ends, but at the same time allowing consumers to form their own kind of collective bargaining structure that they can use to challenge corporate decisions.“ (Jenkins 2006: 63) Die Verantwortlichen des The Walking Dead Universums wissen um diese Gefahr und haben sich trotzdem für einen Weg der Co-­‐Kreation mit den Fans entschieden, bei der selbige bis zu einem gewissen Grad aktiv die Fernsehserie beeinflussen können. Bei einem transmedialen Franchise stellt die Involvierung durch die Fancommunity ein wichtiges Kriterium für den Erfolg des Angebotes dar. Durch die große Masse an verschiedenen Narrationen zum The Walking Dead Universum sind Knowledge Communities als eine Art Enzyklopädie der Informationen wichtig für Verbraucher die nicht die Zeit haben sämtliche Medienangebote zu konsumieren. Grassroots Kreativität stellt für Fans die Möglichkeit dar, sich wesentlich besser in das jeweilige 71 transmediale Universum hineinzuversetzen (vgl. Jenkins 2006: 185). Daraus resultiert eine engere emotionale Bindung mit den Charakteren, der fiktionalen Welt und somit letztendlich auch dem Franchise, das davon profitiert. AMC und die Produzenten von The Walking Dead unterstützen die Involvierung der Fans und steigern diese durch eigene Angebote und Events. Im Folgenden sollen einige dieser Angebote aufgezeigt werden. StorySync StorySync ist eine Applikation von AMC für Tablets und Smartphones. Bei Nutzung der App während der Ausstrahlung der Serie gibt sie zeitgleich Zusatzinformationen oder Videomaterial zur jeweiligen Folge und es gibt die Möglichkeit Fragen von AMC zu beantworten. Die Informationen sind so auf die Ausstrahlungszeit der Episode verteilt, dass der Konsument nicht ständig auf sein mobiles Endgerät schauen muss und der eigentlichen Serie gut folgen kann. AMC reagiert damit direkt auf die Tatsache, dass viele heutige Jugendlichen oder junge Erwachsene auch während des Fernsehkonsums multimedial operieren, was beispielsweise an den immensen Aktivitäten auf der Microbloggingplattform Twitter während der Episodenausstrahlung von The Walking Dead zu erkennen ist. StorySync kann als Versuch angesehen werden die Onlineaktivitäten während der Serienausstrahlung zumindest in Teilen über Franchiseeigene Kanäle zu leiten, was auch funktioniert hat. Social Media Das The Walking Dead Franchise setzt beim Social Media Marketing ebenfalls neue Maßstäbe. Über 17 Millionen Fans folgen der Facebookseite von AMC und über eine Million dem offiziellen Twitteraccount (Facebook 2013/II; Twitter 2013). Durch regelmäßige Updates der Seiten mit verschiedenen Inhalten, wie Umfragen oder Bildmaterial iniziiert AMC den Austausch über die Serie auf den sozialen Plattformen und hält das Thema The Walking Dead am Laufen. Aufgrund der Natur des Facebooksystems, bei dem Seiten und Artikel die Freunden gefallen auch auf der 72 eigenen Pinnwand abgebildet werden, kann ein Nutzer die Fanseite von AMC viral weitervermitteln, ohne dass er es zwingend bemerkt. Auf Twitter nutzt AMC intelligente Hashtags, wie „#TheWalkingDaughter“, oder „#OneLeggedHershel“ um dem Fan einen Anreiz zu geben über The Walking Dead zu schreiben und durch die Hashtags auf die Twitterseite der Serie zu verlinken (McCook 2013). Soziale Netzwerke als Teil der kollektiven Intelligenz sind zu einer wichtigen Marketingplattform herangewachsen. Die Werbung in traditionellen Medien wie dem Fernsehen oder Printmedien reicht nicht mehr aus um ein möglichst breites Publikum zu erreichen. Serien wie The Event scheiterten trotz des Rückhalts durch große Produktionsfirmen schon nach der ersten Staffel mangels durchdachten Marketings in den sozialen Netzwerken (Guadalupe 2013), wohingegen The Walking Dead mit AMC als vergleichsweise kleiner Produktionsfirma inzwischen die vierte Staffel plant. Events Neben den Onlineangeboten gibt es ebenfalls regelmäßig Veranstaltungen in der realen Welt, die von AMC gesponsort oder komplett eigens für die Serie entwickelt sind. Ein Beispiel ist die The Walking Dead Escape Veranstaltung, die passend zur Zielgruppe des Franchises erstmals auf der ComicCon, der größten Comicmesse in Amerika, iniziiert wurde und inzwischen jährlich sowohl in Philadelphia als auch San Diego stattfindet (The Walking Dead Escape 2013). Es handelt sich dabei um einen Hindernislauf, bei dem Fans die Möglichkeit haben sich wie die Protagonisten durch nachgestellte Schauplätze der Serie, wie dem Gefängnis oder dem Krankenhaus zu Beginn der Geschichte zu kämpfen. Die Immersion des Konsumenten wird auf diese Weise bis ins Maximum gesteigert und gibt dem Event einen transmedialen Charakter. Es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele, wie die Talkshow Talking Dead direkt im Anschluss an jede Folge, bei der Fans live Fragen an die Gäste stellen oder Anmerkungen geben können. Außerdem gibt es die Homepage des Franchises, auf 73 der es Foren, Spiele und Bonusmaterial für die Fans gibt. Die Beschreibung aller Medienangebote würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten. Es ist deutlich geworden, dass die Verantwortlichen von The Walking Dead gerade das Medium Internet nutzen um den Fan zu involvieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Franchises werden Kanäle wie Social Media nicht (nur) dazu genutzt neue Merchandiseprodukte und das Franchise anzupreisen. Die Fancommunity wird aktiv eingebunden und dazu ermutigt eigene Beiträge zum Thema online zu stellen und Feedback zu Fernsehepisoden oder anderen Medienangeboten zu geben. Die Verantwortlichen haben den Umschwung im kulturellen Denken im Rahmen der Medienkonvergenz verstanden und die daraus resultierenden Produkte wie das Transmedia Storytelling, Knowledge Communities und Grassroots Kreativität trotz der damit einhergehenden Gefahren genutzt um die Konsumenten aktiv in das Franchise zu involvieren. Executive Producer Gale Anne Hurd erklärt in einem Interview, wie sie die Kommentare auf Twitter während der Ausstrahlung einer neuen Fernsehepisode obsessiv verfolgt und Rückschlüsse daraus zieht. Zwar ist es nicht mehr möglich grundlegende Änderungen nach den Wünschen der Fans umzusetzen, da die Produktion schon lange vor Ausstrahlung abgeschlossen ist. Jedoch können und werden beispielsweise die Schnitte geändert und die Kommentare in die Planung der nächsten Staffel miteinbezogen (vgl. in Beach 2011). In diesem Kapitel wurden die Nebenerscheinung zum Transmedia Storytelling behandelt, da sie in einer Synergie zueinander stehen und sich, wie herausgestellt wurde, gegenseitig ergänzen. 74 5. The Walking Dead – Der Erfolg in Zahlen „ (..) let’s be clear: there are strong economic motives behind transmedia storytelling. (...) Everything about the structure of the modern entertainment industry was designed with this single idea in mind-­‐ the construction and enhancement of entertainment franchises.“ (Jenkins 2006: 106) Es wurde im Verlauf dieser Arbeit herausgearbeitet, dass das The Walking Dead Franchise auf den Grundsätzen des Transmedia Storytelling aufgebaut wurde und die verschiedenen Medienangebote in einer selten dagewesenen kontinuierlichen Qualität und Präzision umgesetzt wurden. Um den Nutzen dieser Marketingstrategie plausibel herauszustellen müssen natürlich eindeutige Zahlen, wie Einschaltquoten und Verkaufszahlen des Comics nachgewiesen werden. Paperbacks stellen grundsätzlich eine Sammlung mehrerer Einzelausgaben von Comicheften in einer Art Buch dar. Zwar werden die The Walking Dead Comics auch monatlich in Einzelheften veröffentlicht, jedoch werde ich mich im Folgenden auf die Paperbackeditionen beziehen. Die Paperback Comiceditionen von The Walking Dead, eine Sammlung von jeweils 6 Einzelausgaben hatten bei der Erstveröffentlichung 2003 keinen Platz innerhalb der Top 100 Rangliste der meistverkauften Comics. 2004 änderte sich dies und „The Walking Dead Vol. 1 : Days Gone Bye“ gelangte auf Platz 9 innerhalb der Rangliste und schlug damit sogar Sammelbände der etablierten X-­‐Men Reihe (vgl. Comichron 2013). 2005 hatten die ersten drei Bände alle einen Platz innerhalb der Top 20 (Platz 10,11 und 12) und hatten dort von da an einen festen Platz (vgl. ebd.). Mit der Adaption der Serie durch AMC 2010, was lange vor der Erstausstrahlung bekanntgegeben wurde (vgl. Goldman 2010), schossen die Verkaufszahlen des Comics als Fundament des Franchises rapide in die Höhe. 2010 fanden neun Bände der Serie einen Platz in den Top 20, darunter Platz 1 und 3. Zum Vergleich waren in es 2009 nur 3 Ausgaben in den Top 10 (vgl. Comichron 2013). 75 Ausgabe 100 der Comichefte stellte mit 383612 verkauften, oder bestellten Ausgaben im Juli 2012 den meistverkauftesten Comics eines Verlages seit 1997 dar (vgl. Comic Book Resources 2012). 2010 gewann der Comic den renommierten Eisner Award für den besten fortlaufenden Comic (vgl. Comic Con 2013). Die extreme Wertsteigerung des Comics, basierend auf der Nachfrage durch Fans kann man an dem Verkaufspreis der Erstausgabe auf der Onlineauktionsplattform eBay erkennen: 2010 wurde eine sehr gut erhaltene Ausgabe #1 für 1825$ verkauft (vgl. Johnston 2010), 2 Jahre später wurde ebenfalls eine Erstausgabe für über 10000$ verkauft (vgl. Couch 2012). Mit einer Laufzeit von gerade 10 Jahren ist diese Wertsteigerung immens. Die Gesamtzuschauerzahl von 5,8 Millionen bei der Erstausstrahlung der The Walking Dead Serienadaption stellte die bis dahin größte Zuschauerzahl im Kabelnetzwerk der USA und die größte Zuschauerzahl überhaupt für die Produktionsfirma AMC dar (vgl. Hibberd 2010). Die Erstausstrahlung der ersten Folgen der beiden folgenden Staffeln 2011 und 2012 stellten neue Zuschauerrekorde auf. Die zweite Staffel debütierte mit über 7,4 Millionen Zuschauern (vgl. Andreeva 2011), die dritte Staffel mit 10,9 Millionen und stellt damit das meistgesehene Seriendrama innerhalb der Geschichte des amerikanischen Kabelnetzwerkes dar (vgl. Bibel 2012). Die Serie hat inzwischen zahlreiche Film-­‐ und Fernsehpreise gewonnen oder wurde nominiert. Darunter eine Golden Globe Nominierung für die beste Fernsehserie in der Kategorie Drama 2011 und den Emmy Award für das beste Makeup zwei Jahre in Folge 2011 und 2012 (vgl. IMDb 2013). Wie schon erwähnt setzte das the Walking Dead Franchise auch innerhalb sozialer Netzwerke neue Maßstäbe. Dort mag der direkte finanzielle Nutzen nicht sehr groß sein, jedoch ist der Involvierungseffekt beim Konsumenten immens und wirkt sich längerfristig auch auf Verkaufszahlen und Einschaltquoten aus. Die Facebookseite von The Walking Dead hat inzwischen über 17 Millionen (Facebook 2013/II), der Twitteraccount über eine Million Fans (Twitter 2013). Zum Vergleich hat die ebenfalls extrem beliebte US-­‐Serienadaption Game of Thrones gerade über 6 Millionen Fans auf der offiziellen Facebookseite (Facebook 2013/III). 76 Während der Ausstrahlung des Finales der zweiten Staffel maß die Social Media Analysefirma Trendrr über 366844 Erwähnungen der Serie gegenüber 99940 Erwähnung einer gleichzeitig stattfindenden Sportveranstaltung in den sozialen Netzwerken Facebook, Twitter, GetGlue und Miso (vgl. Trendrr 2012). Nach offiziellen Angaben hat das erste Computerspiel von The Walking Dead inzwischen über 80 „Spiel-­‐des-­‐Jahres-­‐Preise“ innerhalb der Branche gewonnen (vgl. Telltale Games 2013). Auf der weltweit größten Internetseite für Kritiken verschiedener Medienangebote metacritic.com bekommt die Playstationversion des Spiels eine Gesamtpunktzahl von 94, bei 100 zu erreichenden Punkten (vgl. Metacritic 2013). Dan Connor, Kopf der Firma Telltale Games konstatiert in einem Interview, dass Telltale Games Mitte 2013 8,5 Millionen Episoden verkauft hat, womit es als eines der erfolgreichsten episodenbasierten Computerspiele gilt (vgl. Thier 2013). Dies waren nur stichpunktartig die wichtigsten Zahlen der drei Hauptmedienangebote des The Walking Dead Franchises. Trotzdem kann man gerade an den Einschaltquoten der Serie den immer weiter wachsenden Publikumskreis und besonders einen Synergieeffekt beim Comic und der Fernsehserie erkennen, da die Verkaufszahlen nach der Veröffentlichung der Fernsehserie stark angestiegen sind (vgl. Comichron 2013). Die hohe Publikumsbeteiligung in den sozialen Netzwerken ist direkt auf die medienübergreifende, transmediale Marketingstrategie des Franchises zurück zu führen in der eine Konsumentenbeteiligung wie in den vorherigen Kapiteln herausgestellt extrem gefördert wird. Es wurde Schritt für Schritt ein Universum (bzw. die zwei Universen des Comics und der Fernsehserie) basierend auf den in dieser Arbeit anhand verschiedener Beispiele erläuterten Regeln des Transmedia Storytelling aufgebaut. Untote als Thema einer Geschichte allein sind kein Erfolgsgarant, was man beispielswiese an dem Scheitern der von Amazon und Rhett Reese entwickelten Serienadaption von Zombieland in der Pilotphase sieht (vgl. Dionne 2013). Durch die verschiedenen transmedialen Adaptionen haben es die Verantwortlichen von The Walking Dead geschafft ein extrem breites Publikum zu erreichen. Jedes Medienangebot stellt auch für 77 Neukonsumenten des Franchises einen in sich geschlossenen und mit den vorangegangenen Geschichten des jeweiligen Universums konsistenten Einstiegspunkt dar. Zwar können die Angebote auch einzeln konsumiert werden, jedoch wird meist sichergestellt, dass sich dem Konsumenten Fragen stellen die erst durch den Konsum weiterer Medienangebote gelöst werden können. Beispielsweise werden in der zweiten Staffel der Webisodes wie schon erwähnt die Fotoalben der Familie Grimes vergleichsweise lange und in Nahaufnahmen gezeigt. Diese Szene hat für die Geschichte der Webisodes keinen ausschlaggebenden Wert, jedoch wird dem Zuschauer eine Wichtigkeit der Fotos suggeriert, die erst im Zusammenhang mit den anderen Medienangeboten zu erschließen ist. Der Konsument des Franchises wird durch die Verwebung der Geschichten verschiedenster Medienangebote immer weiter in das Universum von The Walking Dead hineingeführt. Insgesamt kann man also die Anfangsthese, dass das Transmedia Storytelling, also die Erschaffung einer durchweg konsistenten Welt über mehrere Medien hinweg, eine Disposition für den Erfolg von The Walking Dead darstellt belegen. 78 6. Ausblick Wie Jenkins 2006 in Convergence Culture konstatiert steht das Konzept des Transmedia Storytelling noch in den Anfängen und es gibt kein Franchise das diese Art der medienübergreifenden Erzählung in seiner ganzen Kraft ausnutzt (vgl. 2006: 95-­‐134). The Walking Dead gilt momentan als eines der erfolgreichsten transmedialen Franchises und hat durch den großen Erfolg damit den Weg für viele neue, auch finanziell riskante, Projekte geebnet, die sich auf kreative Art des Transmedia Storytelling bedienen. Beispielsweise werden zum erfolgreichen Multiplayer-­‐
Onlinespiel EVE momentan Comics und Serien entwickelt die neue Geschichten aus dem Universum von EVE erzählen sollen (Harmer/Rainey 2013). Das Besondere dabei ist, dass dessen Mythologie und weit verzweigte Geschichten größtenteils von den Spielern selbst erschaffen wurden (vgl. Nelson 2013). Die Konsumenten wurden im Vorfeld dazu aufgefordert aktiv Ideen für die Entwicklung die Serie und den Comic online einzureichen. EVE ist nur ein Beispiel für unzählige transmediale Projekte die momentan aufkeimen. Doch Transmedia Storytelling beschränkt sich nicht nur auf den Bereich des Film und Fernsehens. Das Prinzip kann ebenfalls auf moderne Marketingstrategien von Produkten angewendet werden, bei denen dem Konsumenten durch die Nutzung verschiedener Medienangebote ein Mehrwert versprochen wird. Crossmediales Marketing, das dem Konsumenten prinzipiell auf jedem Medium die gleichen Informationen gibt erreicht nicht die Konsumentenbindung einer transmedialen Marketingstrategie, bei der dieser dazu verleitet wird aktiv Informationen über das jeweilige Produkt in den verschiedenen Medien zu suchen. Die emotionale Involvierung des Kunden in ein Produkt, auch „affective economics“ (Jenkins 2006: 63) genannt, wird in Zeiten der Medienkonvergenz immer wichtiger für den Erfolg. Wie sich in dieser Arbeit herausgestellt hat gibt The Walking Dead ein gutes Beispiel für die Anwendung von Transmedia Storytelling und dem Gebrauch und der Unterstützung der kollektiven Intelligenz im Internet. Die Möglichkeiten sind jedoch 79 bei weitem noch nicht ausgeschöpft und Medienkonzerne müssen sich immer weiter den Bedürfnissen einer konvergenten Kultur anpassen: „Welcome to convergence culture, where old and new media collide, where grassroots and corporate media intersect, where the power of the media producer and the power of the media consumer interact in unpredictable ways.“ (Jenkins 2006: 2) 80 7. Literaturverzeichnis Andreeva, Nellie (2011) 'The Walking Dead’ Premiere Shatters Cable Demo Ratings Records, Draws 7.3 Million Total Viewers. Online: http://www.deadline.com/2011/10/the-­‐walking-­‐dead-­‐premiere-­‐shatters-­‐cable-­‐demo-­‐
ratings-­‐records-­‐draws-­‐7-­‐3-­‐million-­‐total-­‐viewers/ [25.05.2013]. Beach, Celina (2011) Transmedia Experts Tell the Story to NABShow Attendees. Online: http://www.argn.com/2011/04/transmedia_experts_tell_the_story_to_nab show_attendees/ [27.05.2013]. Bibel, Sara (2012) 'The Walking Dead' Season 3 Premiere Hits Series High With 10.9 Million Total Viewers & 7.3 Million Adults 18-­‐49. Online: http://tvbythenumbers.zap2it.com/2012/10/15/the-­‐walking-­‐dead-­‐season-­‐3-­‐premiere-­‐
hits-­‐series-­‐high-­‐ranks-­‐as-­‐biggest-­‐basic-­‐cable-­‐telecast-­‐ever-­‐among-­‐total-­‐
viewers/153085/ [25.05.2013]. Bonfadelli, Heinz (2004): Medienwirkungsforschung I: Grundlagen und theoretische Perspektiven, Konstanz: UVK Verl.-­‐Ges.. Cartmell, Deborah (1999): Introduction, in: Cartmell/Whelehan, Adaptions: From Text to Screen, Screen to Text, S. 23-­‐28. Cartmell, Deborah/ Whelehan, Imelda (1999): Adaptions: From Text to Screen, Screen to Text, Routledge. Comic Book Resources (2012) "THE WALKING DEAD" #100 TOPS 380K IN SALES. Online: http://www.comicbookresources.com/?page=article&id=39858 [25.05.2013]. Comic Con (2013) http://www.comic-­‐con.org/awards/eisner-­‐award-­‐recipients-­‐2010-­‐
present 81 Comichron (2013) http://www.comichron.com/yearlycomicssales.html comScore (2013/I) comScore Releases March 2013 U.S. Online Video Rankings. Online: http://www.comscore.com/Insights/Press_Releases/2013/4/comScore_Releases_March
_2013_U.S._Online_Video_Rankings [30.04.2013]. Costa, Amanda Lin (2012) NYFF: Inside the Transmedia Buzz. Online: http://www.pbs.org/mediashift/2012/10/nyff-­‐inside-­‐the-­‐transmedia-­‐buzz290 [26.05.2013]. Couch, Aaron (2012) 'The Walking Dead' No. 1 Sells for $10,000 on eBay. Online: http://www.hollywoodreporter.com/live-­‐feed/walking-­‐dead-­‐no-­‐1-­‐sells-­‐390758 [02.05.2013]. Dionne, Zach (2013) Amazon’s Zombieland Show Got ‘Hated Out of Existence,’ Sad Writer Reports. Online: http://www.vulture.com/2013/05/amazon-­‐zombieland-­‐
dead.html [26.05.2013]. Duden (2013) http://www.duden.de/ Eisner, Will (1985): Comics and Sequential Art: Principles & Practice of the World’s Most Popular Art Form, Tamarac: Poorhouse Press. Ewert, Jeanne (2004): Art Spiegelman’s Maus and the Graphic Narrative, in: Laure-­‐
Ryan, Narrative across Media, S. 178-­‐193. Facebook (2013/I) https://www.facebook.com/AMCTheWalkingDeadGame?fref=ts Facebook (2013/II) https://www.facebook.com/TheWalkingDeadAMC 82 Facebook (2013/III) https://www.facebook.com/GameOfThrones Faulstich, Werner (2008): Grundkurs Filmanalyse, Stuttgart: UTB. Godwin-­‐Jones, Robert (2003) Blogs and Wikis: Environments for On-­‐line Collaboration. In: Language Learning & Technology, http://llt.msu.edu/vol7num2/pdf/emerging.pdf [18.05.2013]. Goldman, Eric (2010) AMC Orders Walking Dead Pilot. Online: http://www.ign.com/articles/2010/01/20/amc-­‐orders-­‐walking-­‐dead-­‐pilot [27.05.2013]. Guadalupe, Michael (2013) Infectious Social Media: What Advertisers Can Learn from "The Walking Dead". Online: http://socialmediatoday.com/guada/1337771/social-­‐
media-­‐advertising-­‐takeaways-­‐the-­‐walking-­‐dead-­‐TV [25.05.2013]. Harmer, Gareth/ Rainey, Chris (2013) EVE Expands into Transmedia. Online: http://eve.allakhazam.com/story.html?story=32285 [26.05.2013]. Hibberd, James (2010) 'Walking Dead' a Monster Smash. Online: http://www.hollywoodreporter.com/blogs/live-­‐feed/zombie-­‐tastic-­‐walking-­‐dead-­‐
ratings-­‐34098 [25.05.2013]. Hickethier, Knut (2003): Einführung in die Medienwissenschaft, Stuttgart/Weimar: J.B. Metzler. IMDb (2013) http://www.imdb.com/title/tt1520211/awards?ref_=tt_awd jemlou (2013) Loginquitas. Online: http://www.fanfiction.net/s/8006952/1/Loginquitas [18.05.2013]. 83 Jenkins, Henry (2006): Convergence Culture – Where Old and New Media Collide, New York: New York University Press. Jenkins, Henry (2011/I) Making My Peace with The Bicycle Girl: Reflections on The Walking Dead Web Series. Online: http://henryjenkins.org/2011/10/a_conversation_about_transmedi.html [27.05.2013]. Jenkins, Henry (2011/II) Seven Myths about Transmedia Storytelling debunked. Online: http://www.fastcompany.com/1745746/seven-­‐myths-­‐about-­‐transmedia-­‐
storytelling-­‐debunked [02.05.2013]. Johnston, Rich (2010) The Walking Dead #1 Sells For $1825. Online: http://www.bleedingcool.com/2010/11/09/the-­‐walking-­‐dead-­‐1-­‐sells-­‐for-­‐1825/ [25-­‐
05.2013]. Kirkman, Robert/ Moore, Tony (2006) The Walking Dead, Vol. 1: Days Gone Bye, Image Comics. Kirkman, Robert (2012/I) Interview: Robert Kirkman talks about ‘The Walking Dead’, continuity, and ‘Atom Eve’. Online: http://iamrickgrimesmissinghand.tumblr.com/post/18393409697/interview-­‐robert-­‐
kirkman-­‐talks-­‐about-­‐the-­‐walking [20.05.2013]. Kirkman, Robert (2012/II): The Walking Dead: Staffel 2, DVD 3. Laure-­‐Ryan, Marie (2004): Narrative across Media: The Languages of Storytelling, Lincoln: University of Nebraska Press. Laure-­‐Ryan, Marie (2004): Will New Media Produce New Narratives?, in: Laure-­‐Ryan, Narrative across Media, S. 337-­‐360. 84 Laure-­‐Ryan, Marie (2009): From Narrative Games to Playable Stories: Toward a Poetics of Interactive Narrative, in: StoryWorlds: A Journal of Narrative Studies, Vol. 1, S. 43-­‐59. Maletzke, Gerhard (1998) Psychologie der Massenkommunikation. In: Kommunikationswissenschaft im Überblick: Grundlagen, Probleme, Perspektiven. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 45 f. McCook, Megan (2013) The Walking Dead Revolutionizes Social Television. Online: http://socialmediatoday.com/mjmccook/1262626/walking-­‐dead-­‐revolutionizes-­‐social-­‐
television [25.05.2013]. Metacritic (2013) http://www.metacritic.com/game/playstation-­‐3/the-­‐walking-­‐dead-­‐
a-­‐telltale-­‐games-­‐series Nelson, Noah J. (2013) EVE ONLINE MAKES HISTORY. Online: http://turnstylenews.com/2013/04/11/eve-­‐online-­‐makes-­‐history/ [25.05.2013]. Ocasio, Anthony (2012) ‘The Walking Dead’: Why Frank Darabont Was Fired & The Chaotic Aftermath. Online: http://screenrant.com/walking-­‐dead-­‐frank-­‐darabont-­‐amc-­‐
aco-­‐127783/ [13.05.2013]. Paget, Derek (1999): Trainspotting: Speaking Out, in: Cartmell/Whelehan, Adaptions: From Text to Screen, Screen to Text, S. 128-­‐140. Peirce, Meghan/ Tang, Tang (2012) Refashioning Television: Business Opportunities and Challenges of Webisodes, in: International Journal of Business and Social Science 3, 13, S. 163-­‐171. Propp, Vladimir (1986): Morphologie des Märchens, Berlin: Suhrkamp Verlag KG. 85 Reeves, Ben (2011) Lord Of The Dead: An Interview With Robert Kirkman. Online: http://www.gameinformer.com/b/features/archive/2012/11/26/lord-­‐of-­‐the-­‐dead-­‐an-­‐
interview-­‐with-­‐robert-­‐kirkman.aspx [13.05.2013]. Rosenberg, Adam (2012) The Walking Dead: Episode One Review. Online: http://www.digitaltrends.com/gaming/the-­‐walking-­‐dead-­‐episode-­‐one-­‐review/ [02.05.2013]. Schröter, Felix (2013) „Don’t show it, play it!“: Filmische und nicht-­‐filmische Figurenkonzeptionen im Computerspiel, in: RabbitEye – Zeitschrift für Filmforschung 2013, 5, S. 22-­‐39. Sepinwall, Alan (2010) Comic-­‐Con interview: Frank Darabont on AMC's 'The Walking Dead'. Online: http://www.hitfix.com/blogs/whats-­‐alan-­‐watching/posts/comic-­‐con-­‐
interview-­‐frank-­‐darabont-­‐on-­‐amc-­‐s-­‐the-­‐walking-­‐dead [13.05.2013]. Still, Jennifer (2012) ‘The Walking Dead': Interview with Executive Producer Gale Anne Hurd. Online: http://hellogiggles.com/the-­‐walking-­‐dead-­‐interview-­‐with-­‐
executive-­‐producer-­‐gale-­‐ann-­‐hurd [25.04.2013]. Tadhg Kelly (2012) Great Story, Bad Game: Should The Walking Dead Be Nodal? Online: http://www.whatgamesare.com/2012/09/great-­‐story-­‐bad-­‐game-­‐should-­‐the-­‐
walking-­‐dead-­‐be-­‐nodal.html [26.05.2013]. Telltale Games (2013) http://www.telltalegames.com/walkingdead/episodes/#thegame The Walking Dead Escape (2013) http://www.thewalkingdeadescape.com/ The Walking Dead Talk Forum (2013) http://blogs.amctv.com/the-­‐walking-­‐
dead/talk/ 86 Thier, David (2013) Telltale Reveals Impressive Sales for 'The Walking Dead'. Online: http://www.forbes.com/sites/davidthier/2013/01/07/telltale-­‐reveals-­‐impressive-­‐sales-­‐
for-­‐the-­‐walking-­‐dead/ [20.05.2013]. Trendrr (2012) Social TV Numbers: Sunday. Online: http://blog.trendrr.com/2012/03/19/social-­‐tv-­‐numbers-­‐sunday-­‐3/ [25.05.2013]. Twitter (2013) https://twitter.com/WalkingDead_AMC Wagner, Geoffrey (1975): The Novel and the Cinema, Cranbury: Associated University Presses. Wenger, Etienne/ MacDermott, Richard Arnold/ Snyder, William M. (2002): Cultivating communities of practice: a guide to managing knowledge, Harvard Business Review Press. Whelehan, Imelda (1999): Adaptions: The contemporary dilemmas, in: Cartmell/Whelehan, Adaptions: From Text to Screen, Screen to Text, S. 3-­‐19. Yeoman, Kevin (2012) Frank Darabont Discusses ‘The Walking Dead’ Exit & New Series ‘L.A. Noir’. Online: http://screenrant.com/frank-­‐darabont-­‐walking-­‐dead-­‐reason-­‐
la-­‐noir-­‐yman-­‐147594/ [27.05.2013]. 87 8. Film-­‐ und Fernsehverzeichnis Armee der Finsternis (Army of Darkness, USA 1992, R: Sam Raimi) Breaking Bad (Breaking Bad, AMC, USA 2008 -­‐ 2013) Cabin Fever (Cabin Fever, USA 2002, R: Eli Roth) Chuck vs the Webisodes (Chuck vs the Webisodes, NBC, USA 2008) Der blutige Pfad Gottes (The Boondock Saints, USA 1999, R: Troy Duffy) Dexter Early Cuts (Dexter Early Cuts, Showtime, USA 2009 -­‐ ...) Die Verurteilten (The Shawshank Redemption, USA 1994, R: Frank Darabont) Halloween (Halloween, USA 2007, R: Rob Zombie) Heroes Webisodes (Heroes Webisodes, NBC, USA 2008) Mad Men (Mad Men, AMC, USA 2007 -­‐ ...) Talking Dead (Talking Dead, AMC, USA 2011 -­‐ ...) Tanz der Teufel 2 (Evil Dead II, USA 1987, R: Sam Raimi) The Event (The Event, NBC, USA 2011) The Walking Dead (The Walking Dead, AMC, USA 2010 -­‐ ...) The Walking Dead: Cold Storage (The Walking Dead: Cold Storage, AMC, USA 2012) 88 The Walking Dead: Torn Apart (The Walking Dead: Torn Apart, AMC, USA 2011) Tombstone (Tombstone, USA 1993, R: George P. Cosmatos) Zombie (Dawn of the Dead, USA 1978, R: George A. Romero) 89 9. Spieleverzeichnis Grand Theft Auto: San Andreas (Grand Theft Auto: San Andreas, Rockstar Games, 2009) Monkey Island (Monkey Island, LucasArts, 1990) The Walking Dead (The Walking Dead, Telltale Games, 2012) The Walking Dead Social Game (The Walking Dead Social Game, Rockyou, 2012) The Walking Dead: Survival Instinct (The Walking Dead: Survival Instinct, Activision, 2013) 90 

Documentos relacionados