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AKTUELL CHRONOLOGIE LETZTE SEITE Der Bundesrat genehmigt den Entsorgungsnachweis Seite 1 Geschichte des Entsorgungsnachweises – vom Projekt Gewähr bis zum Projekt Opalinuston Seite 2/3 Infotour 2006: «Wann baut ihr ein Lager?» Seite 4 info Nagra informiert: Aktuelles zur nuklearen Entsorgung Nr. 21 August 2006 AKTUELL Der Bundesrat genehmigt den Entsorgungsnachweis Der Bundesrat hat am 28. Juni 2006 den Entsorgungsnachweis für hochaktive Abfälle (HAA) genehmigt. Er bestätigt mit diesem Entscheid die grundsätzliche Machbarkeit eines geologischen Tiefenlagers für HAA in der Schweiz. Die von der Nagra vorgelegte Machbarkeitsstudie wurde am Beispiel des Gesteins Opalinuston im Zürcher Weinland durchgeführt. Die wissenschaftlichen Resultate zeigen, dass die strengen behördlichen Schutzziele für den Lebensraum eingehalten werden können. Damit ist aber keine Standortwahl getroffen: Diese soll nun schrittweise im Rahmen des Verfahrens «Sachplan Geologische Tiefenlager» unter Leitung des Bundes, in Zusammenarbeit mit den Kantonen und unter Mitwirkung der Öffentlichkeit erfolgen. Es war ein langer Weg. Der Entsorgungsnachweis wurde erstmals im Bundesbeschluss vom 6. Oktober 1978 zum Atomgesetz gesetzlich verankert. Am 23. Januar 1985 reichte die Nagra im Auftrag der Abfallverursacher unter dem Titel «Projekt Gewähr» das Gesuch beim Bundesrat ein, den Nachweis für die Entsorgung aller radioaktiven Abfälle als erbracht zu genehmigen. Der Bundesrat entschied am 3. Juni 1988, dass der Entsorgungsnachweis für schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA) erbracht sei. Hinsichtlich der hochaktiven Abfälle (HAA) erachtete er den auf dem kristallinen Gestein der Nordschweiz beruhenden Nachweis jedoch als noch nicht erbracht. Es fehlten genügend ausgedehnte, geeignete Gesteinsbereiche im Untergrund. Daher beauftragte der Bundesrat die Nagra, die Forschungsarbeiten von Kristallin- auf Sedimentgesteine auszudehnen. Vom Kristallin zum Opalinuston Dieser Auftrag führte in den Jahren 1988 bis 1994 über die Abklärung verschiedener Gesteins- und Gebietsoptionen und unter Aufsicht der Behörden schrittweise zur Fokussierung auf das Gestein Opalinuston. Im Zürcher Weinland folgten im Rahmen des Projekts Opalinuston seismische und bohrtechnische Erkundungen, und am 19. Dezember 2002 wurden die Berichte beim Bundesrat eingereicht. Drei Jahre lang prüften die Aufsichtsbehörden und ihre Experten die Ergebnisse. Vom 13. September bis 12. Dezember 2005 lagen die Dokumente der Nagra und die Prüfungsberichte der Experten öffentlich auf. Bei der Beurteilung des Entsorgungsnachweises hat der Bundesrat alle Stellungnahmen der Behörden, Parteien und der Bevölkerung in Erwägung gezogen. Projekt Gewähr mit Entsorgungsnachweis abgeschlossen Der Entscheid des Bundesrates vom 28. Juni 2006 ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur nuklearen Entsorgung in der Schweiz. Was mit dem Projekt Gewähr 1985 im Kristallin begonnen hatte, ist nun Ende Juni 2006 mit dem Projekt Opalinuston abgeschlossen worden: Die gesetzliche Forderung für den Nachweis der Machbarkeit einer sicheren Lagerung aller Abfallkategorien in der Schweiz ist erfüllt. Die Nagra sieht im behördlichen Entscheid auch den Ausdruck des Vertrauens für ihre langjährige Forschungsarbeit. Wie geht es jetzt weiter? Die Genehmigung des Entsorgungsnachweises beschränkt sich auf die grundsätzliche Machbarkeit der nuklearen Entsorgung in der Schweiz. Den Antrag der Nagra, weitere Arbeiten auf den Opalinuston und das Zürcher Weinland zu fokussieren, hat der Bundesrat abgelehnt und sich stattdessen für ein schrittweises Vorgehen im Rahmen eines Sachplanverfahrens unter Leitung des Bundesamts für Energie (BFE) entschieden. Mehr Informationen dazu unter www.radioaktiveabfaelle.ch oder im Info Nr. 20. Tiefbohrung in Benken. (Foto Comet) CHRONOLOGIE 2 Geschichte des Entsorgungsnachw vom Projekt Gewähr bis zum Proje 1 2 4 1979 1980 1982 1983 1984 1985 1988 1991 1993 1994 1996 1997 1998 1999 2001 2002 2004/05 2005 2006 3 5 Inkrafttreten des Bundesbeschlusses zum Atomgesetz aus dem Jahr 1978. Gesetzliche Auflage, den Nachweis einer sicheren Entsorgung zu erbringen. Aufnahme eines geologischen Untersuchungsprogramms in der Nordschweiz zur Standortabklärung eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle. Bewilligung von Tiefbohrungen im Kristallin. Bohrungen in Böttstein AG 1982/83, Weiach ZH 1982/83, Riniken AG 1983/84, Schafisheim AG 1983/84, Kaisten AG 1983/84, Leuggern AG 1983/84, Siblingen SH 1988/89. Seismik-Kampagne in der Nordschweiz. Inbetriebnahme des Felslabors Grimsel für standortunabhängige Untersuchungen. Einreichung des Projekts Gewähr an die Bundesbehörden (erste Machbarkeitsstudie und Sicherheitsnachweis der Endlagerung radioaktiver Abfälle in der Schweiz). Beginn der Beurteilung durch Sicherheitsbehörden und Fachexperten. Anerkennung der Machbarkeit der Endlagerung radioaktiver Abfälle durch den Bundesrat. Nachweis für schwach- und mittelaktive Abfälle vollständig, Standortnachweis für die Endlagerung der hochaktiven Abfälle jedoch noch offen. Ausdehnung der geologischen Untersuchungen auf Sedimentgesteine. Regionale seismische Messungen in der Nordschweiz (AG, ZH, TG, SH) in Sedimentgesteinen. Einengung des Sondiergebiets Nordschweiz auf das Kristallin im Nordaargau und den Opalinuston im Zürcher Weinland. Einreichung Sondiergesuch für den Opalinuston im Zürcher Weinland (Benken ZH). Start der Felduntersuchungen im Felslabor Mont Terri (Kt. Jura) im Opalinuston. Bewilligung des Bundesrates für Sondierbohrung in Benken. Durchführung der 3D-Seismik im Zürcher Weinland. Beginn der Tiefbohrung in Benken ZH. Abschluss der Tiefbohrung in Benken ZH. Veröffentlichung der Untersuchungsberichte zur Bohrung in Benken und zur 3D-Seismik. Einreichung des Entsorgungsnachweises (Projekt Opalinuston) beim Bundesrat. Umfangreiche Überprüfung des Entsorgungsnachweises durch nationale und internationale Experten. Information der lokalen Bevölkerung und dreimonatige öffentliche Auflage der Berichte. Bestätigung des Entsorgungsnachweises durch den Bundesrat am 28. Juni. weises – ekt Opalinuston 6 3 7 8 9 10 Die Chronologie in Bildern 4 (Foto Comet) Stollen für Ventilationstest der GSF (Gesellschaft für Strahlenforschung, Deutschland) im Felslabor Grimsel. Der Ventilationstest gab Aufschluss über die Bewegung des im Gestein vorhandenen Wassers und lieferte erste Daten für die Sicherheitsanalyse der Endlagerung hochaktiver Abfälle. 1 (Fotostudio Beat Müller) Das Nagra-Hauptgebäude in Wettingen. Im Mai 1991 wechselte die Nagra den Hauptsitz von Baden an die Hardstrasse in Wettingen, wo sie noch heute ihr Domizil hat. 2 (Foto Nagra) Information des Gemeinderates Böttstein während den Verfüllarbeiten, Sondierstandort Böttstein. Im Vordergrund liegen fünf Packerelemente der 1689 m tiefen Bohrung, die nach 17 Jahren im Bohrloch noch intakt waren. 3 (Foto Nagra) Graffiti in Unterführung bei Rudolfingen. Direkte Meinungsäusserungen von Sprayern. Die Präsenz und die Arbeiten der Nagra rufen seit jeher kontroverse und emotionale Reaktionen hervor. 5 (Fotostudio Beat Müller) Hydrochemischer Versuch, Felslabor Mont Terri. Zur Zeit erforschen 11 Partnerorganisationen aus sechs Nationen das Verhalten von Gestein und Lagerelementen im Mont Terri. 6 (Foto Nagra) Bohrkernkisten im Materialdepot der Nagra. Total sind ca. 14’900 m Bohrkerne vorhanden (8’700 m Sedimente, 6’200 m Kristallin). 7 (Foto Comet) Geborgene Verrohrung der Tiefbohrung Schafisheim, vor dem Zementieren entfernt. Am 26. November 1983 wurde die Bohrung gestartet, am 30. Juni 1984 erreichte sie die Endtiefe von 2007 Metern. 8 (Foto Nagra) Am 23. Januar 1985 wurde zuhanden des EVED der achtbändige Bericht der Nagra zum Projekt Gewähr abgeliefert. Hinzu kam eine Reihe technischer Berichte, welche die in den acht Gewähr-Projekten verwendeten Daten und Methoden kommentierten. 9 (Foto Nagra) Am 4. November 1993 besuchten die Königin Beatrix und Prinz Claus der Niederlande zusammen mit dem damaligen Bundesrat Adolf Ogi das Felslabor Grimsel. 10 (Foto Nagra) Foto der Nagra-Mitarbeiter vor dem Nagra-Gebäude in Wettingen. Auf dem im September 2003 aufgenommenen Bild sind rund 50 der über 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nagra zu sehen. info21 LETZTE SEITE 4 etc. 10 Jahre Forschung im Mont Terri gefeiert Das Felslabor Mont Terri feierte vom 16. bis 20. Mai 2006 sein 10-jähriges Bestehen. • Das Jubiläumsprogramm begann mit einem zweitägigen Workshop für alle beteiligten 10 Forschungspartner aus sechs Nationen und der EU. • Am 18. Mai fand die offizielle Jubiläumsfeier mit Gästen aus Politik, Wirtschaft und Medien aus dem In- und Ausland statt. Ca. 150 Personen wohnten der Feier bei. • Am 19. Mai fand ein Tag der offenen Labortüre für Politikerinnen und Politiker der Kantone Zürich, Schaffhausen, Aargau und Solothurn statt. • Am 20. Mai konnte die Bevölkerung von St-Ursanne und Umgebung das Felslabor besichtigen. Wie das Felslabor Grimsel kann auch das Felslabor Mont Terri von Gruppen besucht werden. Mehr Informationen unter www.mont-terri.ch. Fragen? Antworten! Möchten Sie mehr zur nuklearen Entsorgung wissen? Fragen Sie uns. Wir antworten gerne – und können dies am schnellsten tun, wenn Sie uns via eMail kontaktieren: [email protected]. Wie viel atomarer Abfall fällt in der Schweiz pro Jahr an und wo wird dieser zurzeit gelagert? Über 98% der mit Kernenergie anfallenden Radioaktivität steckt in abgebranntem Uranbrennstoff. Die Schweizer Reaktoren enthalten gesamthaft 300 Tonnen Brennelemente. Jedes Jahr werden davon zwischen 20% und 30% ausgewechselt, also rund 75 Tonnen. 95% davon ist rezyklierbares, noch immer leicht angereichertes Uran, 5% entfallen auf Spaltprodukte (gespaltene Urankerne) und Aktivierungsprodukte (durch Neutronen aktivierte Stoffe). Nach dem Unterbrechen der Kettenreaktion im Reaktor nimmt die Radioaktivität in wenigen Monaten um einen Faktor 100 –1000 ab. Abgebrannte Brennelemente werden zuerst im Kernkraftwerk zum Abklingen mehrere Jahre unter Wasser gelagert (Nasslagerung). Nach der Nasslagerung 10-jähriges Jubiläum Mont Terri: Feierlichkeiten vom 18. Mai. werden sie entweder direkt im ZWILAG (Zentrales Zwischenlager Würenlingen, AG) Infotour 2006: «Wann baut ihr ein Lager?» Die Nagra besuchte im Juni mit ihrer Infotour acht Städte der Deutschschweiz. Am 12. Juni 2006 eröffnete sie die diesjährige Tour in Aarau, am 29. Juni endete sie in Zug. Dazwischen gastierte die Nagra in den Städten Brugg, Bern, Zürich, Schaffhausen, Winterthur und Basel. Interessante Begegnungen mit der Bevölkerung gab es an allen Orten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nagra diskutierten mit den Besucherinnen und Besuchern viele Fragen zu radioaktiven Abfällen. Auch Politiker und einige Medienvertreter besuchten die Nagra vor Ort. Fast alle interessierten sich für die konkrete Umsetzung der Entsorgung. «Wo und wann baut ihr ein Lager?» Die Crew der Nagra erklärte die nächsten Schritte, die mit dem neu lancierten Sachplan Geologische Tiefenlager des Bundes gestartet werden. Einige Besucherinnen und für die geologische Tiefenlagerung vorbereitet oder in die Wiederaufarbeitung Besucher gaben der Nagra auch Ratschläge, die intensiv diskutiert wurden. Man empfahl uns beispielsweise, die Abfälle doch einfach in alten Militärstollen der Alpen zu lagern – oder direkt unter den bestehenden Kernkraftwerken Tiefenlager zu bauen. gebracht. Die Wiederaufarbeitung in Frank- Der Kontakt mit der Öffentlichkeit hat sich sehr gelohnt, denn auch die Nagra-Crew konnte von den Besucherinnen und Besuchern vieles lernen. Wir freuen uns auf eine neue Tour im nächsten Jahr. Beim Betrieb und beim Abbruch der Kern- reich oder England trennt die «Ressource» (Uran, Plutonium) vom «Abfall» (Spaltprodukte), der in verglaster Form wieder in die Schweiz ins ZWILAG zurücktransportiert wird. 1,4 Tonnen Kernbrennstoff ergeben etwa eine Kokille à 150 l (oder 450 kg) verglaster Abfall. kraftwerke entstehen auch schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA). Die Konzentration der Radioaktivität ist viele Grössenordnungen kleiner als bei hochaktiven Abfällen (HAA), aber die Volumina sind wesentlich grösser: Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung (MIF) entsprechen rund 25 Volumenprozent des gesamten SMA. MIF-Abfälle lagern zurzeit im Bundeszwischenlager in Würenlingen, die SMA der KKWs gegenwärtig bei den Kraftwerken selbst. Volumenangaben: HAA erwarten wir rund 7500 m3, SMA (inkl. langlebige mittelaktive Abfälle, LMA) etwa 80’000 m3 (Volumenan- Ein Besucher diskutiert mit einer Nagra-Standbetreuerin. gaben lagerfähig verpackt). Basis: 50 Jahre Kernenergie und Medizin, Industrie und Forschung in der Schweiz. Kalte Füsse – heisse Köpfe: Energie woher? Der Verein Frauen-Info organisierte am 17. Juni 2006 im Hotel Marriott in Zürich eine sehr gut besuchte Tagung zur Energiezukunft der Schweiz. Dabei wurde festgestellt, dass Energie – in erster Linie Strom – bereits in zwanzig Jahren zu Mangelware wird. Die Tagung zeigte auf, wo die Engpässe in der Versorgung entstehen werden und welche Entscheide gefällt werden müssen, damit der Schweiz das Licht nicht ausgeht. nagra aus verantwortung Nagra Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle Vortragende der Energiebranche, der Nagra, des WWF Schweiz sowie aus der Politik zeigten unterschiedliche Szenarien auf. Hardstrasse 73 5430 Wettingen Schweiz Die Referate und Bilder zur Tagung finden Sie unter www.frauen-info.ch. www.nagra.ch [email protected] Das Team vom Frauen-Info. (Foto Iris Stutz) Impressum Redaktion: Heinz Sager, Nagra Auflage: 70’000 (d/f/i) Tel +41 56 437 11 11 Fax +41 56 437 12 07 Abdruck mit Quellenangabe gestattet.