Auto • Steuern • Recht

Transcrição

Auto • Steuern • Recht
Auto • Steuern • Recht
Der aktuelle Informationsdienst für das Kfz-Gewerbe
Ausgabe 3
|
März 2014
INHALT
Kurz informiert
1
2
3
4
5
Fahrzeugverkauf an der Grenze von „neu zu gebraucht“
Mehrarbeit eines Angehörigen ist steuerlich unschädlich
NATO: Liste der amtlichen Beschaffungsstellen aktualisiert
Betriebsausfallschaden durch Werkstattaufenthalt?
BGH: Ebay-Verkaufsangebot steht unter Vorbehalt
Beratungspflicht des Händlers in Bezug auf Dieselpartikelfilter
Verjährungsklausel unwirksam – geringe Kompression ein Mangel
Preisabsprache bei Elektronikfehlersuche dringend geboten
Pauschale von 15 Euro für die Nacherstellung von Kontoauszügen
Umsatzsteuer
6
Differenz- oder Regelbesteuerung: Drei Fälle, in denen Sie
zur Regelbesteuerung optieren sollten
Umsatzsteuer
11
Preisnachlässe bei der Vermittlung von Neufahrzeugen mindern
nicht die Bemessungsgrundlage
Umsatzsteuer
12
Der Minderwertausgleich bei der Beendigung des Leasingvertrags
ist nicht steuerbar!
Buchführung/Bilanz
13
Aufwendungen für Kreditkarten im SKR 51 richtig buchen
Autokauf
14
Wer trägt die Kosten, wenn der Kunde zu Unrecht
einen Mangel rügt?
Unfallregulierung
17
Die wichtigsten BGH-Urteile zum Kfz-Unfall­schadenrecht
aus dem Jahr 2013 im Überblick
Praxiswissen
auf den Punkt gebracht
Ihr Plus im Netz: asr.iww.de
ONLINE | MOBILE | SOCIAL MEDIA
Steuern und Abgaben
UMSATZSTEUER
Differenz- oder Regelbesteuerung: Drei Fälle, in
denen Sie zur Regelbesteuerung optieren sollten
von Diplom-Finanzwirt Rüdiger Weimann, Dozent und Gutachter in Umsatzsteuerfragen, Partner der kmk Steuerberatungs-GmbH, Dortmund
| Die Differenzbesteuerung bezweckt unter anderem, Wettbewerbsnachteile von Autohäusern zu vermeiden. Das heißt aber nicht, dass die Anwendung der Sondervorschrift ausnahmslos vorteilhaft ist. Daher räumt § 25a
Abs. 8 UStG Ihnen die Möglichkeit ein, auf die Anwendung der Differenzbesteuerung zu verzichten und stattdessen „normal“ zu besteuern („Option
zur Regelbesteuerung“). Erfahren Sie, in welchen drei Fällen der Verzicht
auf die Differenzbesteuerung für Sie als Kfz-Händler sinnvoll ist und wie
Sie dann im Einzelfall konkret vorgehen müssen. |
Kein Verzicht im Privatkundengeschäft!
Unterschiedliche
Bemessungs­
grundlagen für
die Umsatzsteuer
Regel- und Differenzbesteuerung unterscheiden sich – grob betrachtet – dadurch, dass die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer
„„ bei der Regelbesteuerung das Gesamtentgelt und
„„ bei der Differenzbesteuerung nur ein Teil des Entgelts (die Marge) ist.
Absolut betrachtet führt die Regelbesteuerung immer zu einem höheren
Bruttokaufpreis (Zahlbetrag). Damit ist die Regelbesteuerung nur dann vorteilhaft, wenn der Kunde, weil er Unternehmer ist, einen Teil des Kaufpreises
über den Vorsteuerabzug vom Finanzamt erstattet bekommt.
Regelbesteuerung
nur im Firmenkundengeschäft sinnvoll
PRAXISHINWEIS | Sinnvoll ist eine Option damit nur im Firmenkundengeschäft.
Im Privatkundengeschäft sollte – wo immer möglich – differenzbesteuert werden.
Fallgruppe 1: Verkauf / Inlandsgeschäft
◼◼Beispiel 1
Autohaus A kauft ein Fahrzeug für 10.000 Euro von Privat an. Das Fahrzeug soll an
einen Unternehmenskunden mit einem Rohgewinnaufschlag in Höhe von 1.000
Euro verkauft werden und in Deutschland verbleiben.
A müsste den Verkaufspreis (VKP) wie folgt kalkulieren:
Alternative Rechnung aufmachen
6
◼◼Vergleichende Kalkulation / Inlandsgeschäft
Differenzbesteuerung
Regelbesteuerung
Einkaufspreis
10.000 Euro
10.000 Euro
+ Rohgewinnaufschlag
1.000 Euro
1.000 Euro
AUTO • STEUERN • RECHT
3-2014
Steuern und Abgaben
= Nettoverkaufspreis
11.000 Euro
11.000 Euro
+ Umsatzsteuer: 19 % auf …
… die Marge
190 Euro
… den NettoVKP
= VKP
2.090 Euro
11.190 Euro
13.090 Euro
Bei Differenzbesteuerung USt nie offen ausweisen!
Bei Anwendung der Differenzbesteuerung darf die Umsatzsteuer nie offen
ausgewiesen werden (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG). Das Verbot des gesonderten
Ausweises der Steuer in einer Rechnung gilt auch dann, wenn das Autohaus
– wie im Beispielsfall – das Fahrzeug an einen anderen Unternehmer liefert,
der eine gesondert ausgewiesene Steuer aus dem Erwerb als Vorsteuer abziehen könnte.
Zweifache Umsatzsteuerschuld droht
PRAXISHINWEIS | Weist ein Autohaus – entgegen der Regelung in § 14a Abs. 6
Satz 2 UStG – die auf die Differenz entfallende Steuer gesondert aus, entsteht aus
dem Verkauf eine zweifache Umsatzsteuerschuld (Abschnitt 25a.1. Abs. 16 Umsatzsteuer-Anwendungserlass [UStAE]):
„„ Das Autohaus schuldet die gesondert ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 2
UStG.
„„ Zusätzlich zu dieser Steuer schuldet das Autohaus für die Lieferung des Gegenstands die Steuer nach § 25a UStG.
Vorteile der Regelbesteuerung im Firmenkundengeschäft
Im Beispielsfall muss der Firmenkunde bei Anwendung der Differenzbesteuerung 11.190 Euro bezahlen und wäre mit diesem Betrag mangels Vorsteuerabzugs endgültig belastet. Bei der Regelbesteuerung muss der Firmenkunde
zunächst 13.090 Euro bezahlen, bekäme aber 2.090 Euro erstattet und wäre
endgültig nur mit 11.000 Euro belastet. Bei Anwendung der Regelbesteuerung spart der Firmenkunde damit – im Vergleich zur Differenzbesteuerung –
die Umsatzsteuer auf die Marge in Höhe von 190 Euro (1.000 Euro x 19 %).
Beachten Sie | Der Privatkunde ist immer mit dem VKP endgültig belastet.
Daher zeigt das Beispiel zugleich, dass beim Verkauf an Privatkunden die
Differenzbesteuerung immer die günstigere Alternative ist. Gleiches gilt für
den Verkauf eines Fahrzeugs an Firmenkunden, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Dazu zählen zum Beispiel Humanmediziner, Versicherungsvertreter oder Kleinunternehmer. Die Differenzbesteuerung kommt
aber immer nur in Betracht, wenn es nicht um ein Neufahrzeug handelt
(§ 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a) UStG).
Regelbesteuerung
vorteilhaft für
Firmenkunden ...
... aber nicht für
Privatkunden und
nicht vorsteuerabzugsberechtige
Unternehmer
Händler-Händler-Geschäft
◼◼Beispiel 2
Ein Autohaus erwirbt ein Fahrzeug (zulässigerweise) differenzbesteuert von einem Händler-Kollegen.
3-2014AUTO • STEUERN • RECHT
7
Steuern und Abgaben
Autohaus hat
Wahlrecht
Das Autohaus hat das Wahlrecht „Differenz- oder Regelbesteuerung“ auch
dann, wenn es einen Gebrauchtwagen von einem Händler-Kollegen ankauft,
den Letzterer an das Autohaus unter Anwendung der Differenzbesteuerung
verkauft.
PRAXISHINWEIS | Beim Ankauf von einem Händlerkollegen sollte dann aber
auch der Einkauf optimiert werden. Sehen Sie dazu unten.
Fallgruppe 2: Verkauf / EU-Geschäft
◼◼Beispiel 3
Autohaus A kauft ein Fahrzeug für 10.000 Euro von Privat an. Das Fahrzeug soll an
einen italienischen Unternehmenskunden mit einem Rohgewinnaufschlag in Höhe
von 1.000 Euro verkauft werden. Die Lieferung erfüllt die Voraussetzungen einer
steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung (§§ 4 Nr. 1 Buchst. b), 6a UStG).
Innergemeinschaft­
liche Lieferung
Für differenzbesteuerte Umsätze gelten die üblichen Steuerbefreiungen –
mit Ausnahme der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen
(§ 25a Abs. 5 Satz 2 UStG, Abschnitt 25a.1. Abs. 15 Sätze 3f. UmsatzsteuerAnwendungserlass). A müsste daher den VKP wie folgt kalkulieren:
◼◼Vergleichende Kalkulation / EU-Geschäft
Differenzbesteuerung
Regelbesteuerung
Einkaufspreis
10.000 Euro
10.000 Euro
+ Rohgewinnaufschlag
1.000 Euro
1.000 Euro
= Nettoverkaufspreis
11.000 Euro
11.000 Euro
+ USt: 19 % auf …
… die Marge
190 Euro
… den NettoVKP
= VKP
Firmenkunde
spart die Umsatzsteuer auf die Marge
0 Euro
11.190 Euro
11.000 Euro
Wieder spart der Firmenkunde bei Anwendung der Regelbesteuerung die
Umsatzsteuer auf die Marge – dieses Mal aber nicht wie beim Inlandsgeschäft über den Umweg des Vorsteuerabzugs, sondern direkt über einen umsatzsteuerfreien Warenbezug und damit einen günstigeren Kaufpreis.
Fallgruppe 3: Verkauf / Drittlandsgeschäft
◼◼Beispiel 4
Wie Beispiel 3. Der Kunde ist Russe; die Lieferung erfüllt die Voraussetzungen
der §§ 4 Nr. 1 Buchst. a), 6 UStG an eine steuerfreie Ausfuhrlieferung.
A müsste den VKP wie folgt kalkulieren:
8
AUTO • STEUERN • RECHT
3-2014
Steuern und Abgaben
◼◼Vergleichende Kalkulation / EU-Geschäft
Differenzbesteuerung
Regelbesteuerung
Einkaufspreis
10.000 Euro
10.000 Euro
+ Rohgewinnaufschlag
1.000 Euro
1.000 Euro
= Nettoverkaufspreis
11.000 Euro
11.000 Euro
+ USt: 19 % auf …
… die Marge
0 Euro
… den Netto VKP
= VKP
0 Euro
11.000 Euro
11.000 Euro
Hier ist es – bei einem Fahrzeugankauf von Privat – auf den ersten Blick egal,
welche der beiden Besteuerungsformen das Autohaus anwendet: immer erfolgt der Verkauf durch das Autohaus umsatzsteuerfrei. Denn bei Exporten in
Drittländer arbeitet das Gesetz nach der Devise: „Exporte bringen Devisen
und Devisen sind gut!“; beide Besteuerungsformen stellen daher die Umsätze steuerfrei.
Exporte in Drittländer steuerfrei
PRAXISHINWEISE |
„„ Es kann aber sinnvoll sein, die Differenzbesteuerung anzuwenden.Bei einem
unvollständigen Beleg- und Buchnachweis könnte dann das Finanzamt nur die
Differenzsteuer von Ihnen nachfordern.
„„ Auf der Rechnung müssen Sie sowohl auf die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG (§ 14a Abs. 6 UStG) hinweisen als auch auf die Anwendung der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. a), § 6
UStG (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG).
Fallgruppe 4: Einkauf / Händler-Händler-Geschäft
◼◼Beispiel 5
Autohaus B nimmt von einem Privatkunden ein sehr spezielles Fahrzeug in Zahlung und verkauft dieses sofort an Autohaus A weiter. A bietet derartige Fahrzeuge deutschlandweit an.
Auch wenn A das Fahrzeug von einem anderen deutschen Händler (B) ankauft, gelten die Ausführungen zu Fallgruppe 1 entsprechend. Das heißt: A
hat beim Verkauf die Wahl zwischen Differenz- und Regelbesteuerung.
Einkauf optimieren
Wichtig | Beim Ankauf des Fahrzeugs durch A steht noch nicht fest, ob für A
ein differenzbesteuerter oder ein regelbesteuerter Ankauf günstiger ist. Das
kann erst entschieden werden, wenn feststeht, ob A das Fahrzeug an einen
Firmenkunden oder an einen Privatkunden verkauft. Daher sollte das Fahrzeug unter den Händlerkollegen zunächst differenzbesteuert veräußert werden und – für den Fall der Veräußerung an einen Firmenkunden – drei Zusatzvereinbarungen getroffen werden:
3-2014AUTO • STEUERN • RECHT
9
Steuern und Abgaben
Drei Dinge regeln
1. Der Käufer (A) informiert den Händler-Kollegen (B), wenn er das Fahrzeug
regelbesteuert weiterverkauft.
2.B optiert in diesem Fall nachträglich zur Regelbesteuerung und erteilt A
eine berichtigte Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuer-Ausweis.
3.A zahlt B die daraus entstehende Mehrsteuer.
Im Händler-Händler-Vertrag könnte die Klausel wie folgt aussehen:
MUSTERKLAUSEL 
/ Option zur Regelbesteuerung
Der Käufer erwirbt das Fahrzeug zum Weiterverkauf.
Optiert der Käufer bei der Weiterveräußerung zur Regel-Umsatzsteuer, ist er berechtigt, dies dem Verkäufer mitzuteilen.
Der Verkäufer ist in diesem Fall verpflichtet, auch seinen Umsatz der Regelbesteuerung zu unterwerfen und dem Käufer darüber eine ordnungsgemäße Rechnung (§ 14 UStG) mit gesondertem Umsatzsteuerausweis zu erteilen. Letzteres
steht unter dem Vorbehalt, dass eine Option seitens des Verkäufers umsatzsteuerlich noch möglich ist, also die Jahressteuerfestsetzung noch nicht bestandskräftig ist.
Der Käufer verpflichtet sich in diesem Fall zur Zahlung der Mehr-Umsatzsteuer.
Grenze der nachträglichen Optionsmöglichkeit
Beachten Sie | Die nachträgliche Option ist dem Verkäufer nur bis zur formellen Bestandkraft der Jahressteuerfestsetzung möglich (BFH, Urteil vom
10.12.2008, Az. XI R 1/08; Abruf-Nr. 090668; Abschnitt 25a.1. Abs. 21 in Verbindung mit Abschnitt 9.1. Abs. 3 und Abs. 4 UStAE).
Checkliste für das Tagesgeschäft
Die folgende Checkliste fasst die vorstehenden Überlegungen für Ein- und
Verkäufer zusammenfassen. Damit können Sie auch auf einen Blick die drei
Fälle erkennen, in denen Sie zur Regelbesteuerung optieren sollten:
CHECKLISTE 
/ Differenzbesteuerung oder Regelbesteuerung?
DifferenzRegelbesteuerung
Verkauf / Inland / Privatkundengeschäft
✓
Verkauf / Inland / Firmenkundengeschäft
Verkauf / EU / Privatkundengeschäft
✓
✓
Verkauf / EU / Firmenkundengeschäft
10
✓
Verkauf / Drittland / Privatkundengeschäft
✓
Verkauf / Drittland / Firmenkundengeschäft
✓
Einkauf „Händler-Händler“ für ein differenz­
besteuertes Verkaufsgeschäft
✓
Einkauf „Händler-Händler“ für ein regelbesteuertes
Verkaufsgeschäft
AUTO • STEUERN • RECHT
besteuerung
✓
3-2014